Medizintechnologie.de Virtuelle Warnung vor realer Gefahr 3D-Simulation des Herzens sagt plötzlichen Herztod voraus Die 3-D-Simulation von Forscherinnen der Johns Hopkins University kann mit hoher Wahrscheinlichkeit den plötzlichen Herztod voraussagen. Quelle: Johns Hopkins University 25.05.2016 Medizintechnische Implantate können Herzpatienten vor lebensbedrohlichen Rhythmusstörungen schützen. Ein virtuelles Herz hilft, das individuelle Risiko dafür präziser vorherzusagen. von Philipp Grätzel Rhythmusstörungen der Herzkammern gehören zu den gefährlichsten Komplikationen kranker Herzen. Akut lebensbedrohlich ist insbesondere das Kammerflimmern, bei dem die Herzmuskelzellen so oft hintereinander elektrisch stimuliert werden, dass das Herz am Ende gar nicht mehr schlägt. Viele Herzpatienten erhalten deswegen einen implantierbaren Defibrillator („ICD“), der derartige Rhythmusstörungen erkennt und sie elektrisch beendet, bevor der Herztod eintritt. Bisher wird die Indikation zur ICD-Therapie klinisch gestellt: Ärzte empfehlen zum Beispiel nach einem Herzinfarkt dann einen ICD, wenn die Pumpfunktion des Herzens schlecht ist. Das Risiko eines plötzlichen Herztods ist bei schlechter Pumpfunktion höher, aber dieser Parameter ist trotzdem nicht ideal. Einige Patienten mit ICD haben niemals Probleme mit Herzrhythmusstörungen. Andere sterben am plötzlichen Herztod, obwohl ihr Herz noch gut pumpt. Virtueller Risikorechner schlägt Leitlinie Hier setzen die Computerexpertin Natalia Trayanova und die Kardiologin Katherine Wu von der Johns Hopkins University in Baltimore an. Sie haben gerade eine Computerexpertin Natalia Trayanova und Kardiologin Katherine Wu von der Johns Hopkins University haben ihr Modell bislang an 41 Patienten getestet. Ein große Studie soll nun folgen. Quelle: Johns Hopkins University Studie mit 41 Patienten beendet, bei denen nach einem Herzinfarkt aufgrund einer geringen Pumpfunktion des Herzens eine ICP-Implantation anstand. Bei allen Patienten erfolgte vor dem Eingriff eine MRTUntersuchung des Herzens. Aus dem Datensatz berechnete eine Software ein individuelles, dreidimensionales Herzmodell, das die Anatomie exakt wiedergab – inklusive jener Areale, die von dem Herzinfarkt betroffen waren. Mit Hilfe aufwändiger Computeralgorithmen wurde in diesen Modellen dann die elektrische Reizleitung des Herzens simuliert. An insgesamt 17 Stellen setzten die Wissenschaftler (virtuelle) elektrische Impulse, und sie beobachteten, ob sich daraus bedrohliche Herzrhythmusstörungen entwickelten oder nicht. War das der Fall, galten die entsprechenden Patienten als Risikopatienten. Die Experten nennen das mittlerweile patentierte Verfahren „VARP-Test“ für „Virtual-Heart Arrhythmia Risk Predictor“. Nach der Bildgebung erhielten alle Patienten gemäß den derzeit gültigen Leitlinien ein ICDImplantat und wurden dann im Mittel 4,8 Jahre lang begleitet. Dabei zeigte sich, dass lebensbedrohliche Rhythmusstörungen bei Patientenmit positivem VARP-Test vier Mal häufiger waren als bei Patienten, bei denen der VARPTest negativ ausfiel. Bei schlechter Pumpfunktion dagegen traten nicht häufiger Herzrhythmusstörungen auf als bei guter. Anders formuliert: Die nicht-invasive Risikoabschätzung mit Hilfe des virtuellen Herzens scheint – zumindest bei dieser kleinen Patientengruppe – den plötzlichen Herztod deutlich zuverlässiger vorherzusagen als das bisher in den Leitlinien niedergelegte Vorgehen bei der Risikoabschätzung. Im nächsten Schritt wollen die Experten ihre Ergebnisse jetzt an einer größeren Patientenkohorte verifizieren. Mehr dazu im Internet: Publikation der Studie von Trayanova und Wu in Nature Communications © Medizintechnologie.de