"Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Grenzen der EU" (OeNB

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PAUL LAZARSFELD GESELLSCHAFT FÜR SOZIALFORSCHUNG
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"Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
Grenzen der EU"
(OeNB-Jubiläumsfondsprojekt 10557)
In der Phase der immer weiter voranschreitenden Expansion der EU erscheint es von
großem Interesse, zu untersuchen, wo denn nun eigentlich die Grenzen der EU sind.
Im gegenständlichen Forschungsprojekt wurde einerseits durch Aufarbeitung vorhandener
Literatur, andererseits auf Basis von Sekundäranalysen eine Diskussionsgrundlage zur
Frage erarbeitet, ob für Staaten mit mittel- bis langfristigen Assoziations- bzw.
Beitrittswünschen zur Europäischen Union die Möglichkeit besteht, aufgrund ihrer
wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Voraussetzungen bzw. Gegebenheiten Vollmitglieder
oder assoziierte Mitglieder der EU zu werden.
In die Untersuchung wurden neben EU-Mitgliedsländern folgende Staaten einbezogen:
Kroatien, Serbien und Montenegro, Mazedonien, Bosnien und Herzegowina, Albanien,
Rumänien, Bulgarien, Moldawien, Belarus, Ukraine und die Türkei.
Folgende Aspekte wurden in die gegenständliche Studie einbezogen:
•
ökonomische Aspekte,
•
politische Kriterien - rechtliche Aspekte sowie
•
gesellschaftliche Aspekte.
INHALTSVERZEICHNIS
der Projektteile und deren Verfasser
„Ökonomische Aspekte“ (Dr. Rupert Weinzierl)................................ Seite 3
„Politische Kriterien“ (Mag. Sigrid Kroismayr) ................................. Seite 7
„Pressefreiheit“ (Mag. Marc Bittner) ............................................. Seite 11
„Gesellschaftliche Aspekte"
(Dr. Michaela Hudler-Seitzberger/ Mag. Marc Bittner) ..................... Seite 13
2
Projektteil „Ökonomische Aspekte“
Die Grenzen Europas - Ökonomische Aspekte
Dr. Rupert Weinzierl
Einleitungsthese
Eine Differenzierung zwischen politischen und ökonomischen Motivationen der europäischen
Einigung ist zwar nicht leicht trennscharf zu bewerkstelligen, macht aber durchaus Sinn:
Die EU–Erweiterungen der Vergangenheit waren WU-Professor Fritz Breuss
zufolge
bis
1995,
als
Finnland,
Österreich
und
Schweden
beitraten,
im
wesentlichen wirtschaftlich motiviert, die Aufnahme der 10 neuen Staaten im Jahr
2004 und die geplanten neuen Erweiterungen sieht er hingegen als primär
politisch motiviert. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus im Jahr 1989 haben
die
Staats-
und
Regierungschefs
integrationspolitischen
Überlegungen
der
die
EU
versucht,
ehemals
auch
aus
kommunistischen
sicherheitsStaaten
in
und
die
europäische Union zu integrieren.
Trotz dieser laut Breuss primär politischen Motivation der Erweiterungen ab 2004 ist auch
die jüngste Erweiterung eine ökonomische Erfolgsgeschichte: Die 10 neuen Mitgliedsstaaten
erreichten durch ihren Beitritt im Schnitt 1% mehr Wachstum pro Jahr (vor allem jene, die
schon Handelsintegration mit der EU hatten). Die alten 15 Mitgliedstaaten wuchsen durch
die Erweiterung um 0.1% pro Jahr mehr, am stärksten Österreich (rund 0.2% zusätzliches
Wachstum).
Nach dem „Nein“ zur EU-Verfassung von Frankreich und den Niederlanden rückt das oft
übersehene vierte Kopenhagener Kriterium, nämlich dass sich die Europäische Union selbst
für reif befinden muss, neue Mitglieder aufzunehmen, in den Mittelpunkt. Es ist bei
Gesamtansicht der Effekte der bisherigen Erweiterungen aber zu argumentieren, dass die
EU auch von den geplanten Erweiterungsschritten profitieren würde und realistische
Beitrittsperspektiven in allen potenziellen Mitgliedsländern wichtige Strukturreformen
beschleunigen würden.
3
1. Erweiterungsfahrplan
Bulgarien und Rumänien
Die Verhandlungen mit Bulgarien und Rumänien sind abgeschlossen und es ist ein
Beitrittsvertrag ausgehandelt worden, der von allen 25 EU-Staaten ratifiziert werden muss.
Der Beitritt dieser beiden Staaten soll am 1. Januar 2007 erfolgen – die beiden
Staaten
müssen
allerdings
(Korruptionsbekämpfung,
Verwaltungssystems
und
noch
einige
Auflagen
Reform-Anstrengungen
der
Justiz).
Der
der
im
frühere
Union
erfüllen
Bereich
des
Erweiterungskommissar
Verheugen schloss angesichts zahlreicher Defizite die Verzögerung der Aufnahme
um ein Jahr nicht aus. Gleichzeitig bescheinigte Verheugen den beiden Staaten
aber, die Voraussetzungen für funktionierende Marktwirtschaften zu erfüllen. Laut
einer Prognose der EU-Kommission wird Bulgariens BIP 2005 und 2006 um jeweils stattliche
5% wachsen.
Rumänien
liegt
Zahlungsdisziplin
etwas
die
hinter
Bulgarien
Modernisierung
zurück,
des
da
Kapitalstocks
neben
und
Problemen
die
mit
der
Verbesserung
der
Wettbewerbsfähigkeit nur langsam vorangehen. Das Bruttoinlandsprodukt Rumäniens
wuchs 2003 trotz schwieriger Weltwirtschaftslage im Vergleich zu 2002 um 4,9%, 2004
waren es sensationelle 7,8%. 2005 und 2006 wird Rumäniens BIP um 5 bzw. 5,5%
wachsen.
Kroatien
Die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien hätten am 17. März 2005 beginnen sollen, wurden
ausgesetzt, weil die Regierung in Zagreb aus EU-Sicht zu wenig mit dem Haager
Kriegsverbrecher-Tribunal zusammenarbeitet. Kroatien liegt von allen 11 in dieser
Studie untersuchten Staaten am besten bei der Erfüllung der ökonomischen
Kriterien
für
wirtschaftliche
einen
Lage
EU-Beitritt
des
Landes
(noch
ist
seit
vor
2000
Bulgarien
durch
eine
und
Rumänien).
zunehmende
Die
Erholung
gekennzeichnet. Im Jahr 2003 erreichte Kroatien ein beachtliches BIP-Wachstum von 4,3%,
die BIP-Wachstumsraten für 2005 und 2006 werden auf jeweils 3,5% geschätzt.
4
Türkei
Die Beitrittsgespräche mit der Türkei sollen fahrplanmäßig am 3. Oktober 2005 beginnen.
Bis zum Referendum in Frankreich verliefen die Vorbereitungen für diese Gespräche
planmäßig. Was wären die wirtschaftlichen Effekte eines Beitritts der Türkei? Die
Effekte sind aus heutiger Sicht sehr schwer abzuschätzen. Die publizierten
Studien schwanken zwischen 1% und 5% zusätzliches BIP durch den Beitritt. Die
EU würde eher längerfristig sehr profitieren, weil die Türkei ein sehr schnell
wachsender Markt ist. Die Entwicklung der letzten Jahre ist jedenfalls positiv: 2002 und
2003 wies die Türkei mit 7,8% bzw. 5,3% wirklich imposante BIP-Wachstumsraten auf.
Wirtschaftlich läuft also ein erstaunlicher Aufholprozess der Türkei ab, aber das absolute
Level des Inlandsprodukts ist noch recht niedrig (BIP pro Kopf zu laufenden Preisen 3383
Euro, zu Kaufkraft 6800 im Vergleich zu 22000 Euro für d. EU-15).
2. Assoziationsabkommen
Albanien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Serbien plus
Montenegro
Mit
dem
seit
1999
entwickelten
Assoziierungsprozesses
(SAP)
hat
Konzept
die
EU
des
Stabilisierungs-
Mazedonien,
Albanien,
und
Bosnien-
Herzegowina sowie Serbien plus Montenegro (auch als Balkan-4 bezeichnet)
langfristig die Perspektive einer späteren Mitgliedschaft eröffnet. Mazedonien hat
schließlich am 22. März 2004 einen Beitrittsantrag gestellt – dazu liegt aber noch
keine Bewertung der Kommission vor. Die vier Volkswirtschaften sind in den
letzten
Jahren
rasch
gewachsen,
allerdings
von
sehr
niedrigen
Niveaus
ausgehend: Das BIP/Kopf von Albanien betrug 2002 1653 Dollar, dasjenige von BosnienHerzegowina 1464 Euro, das von Mazedonien 1805 Dollar und das von Serbien plus
Montenegro 1889 Dollar. Zum Vergleich: Die ÖsterreicherInnen verfügten 2002 über rund
15-mal soviel Einkommen pro Kopf wie der Durchschnitt der Balkan-4!
Die Balkan-4-Volkswirtschaften wachsen allerdings mit einem guten Tempo: Das BIP/Kopf
von Albanien wuchs 2004 um 6%, das von Bosnien-Herzegowina 2004 um 6%, das von
Mazedonien soll laut EU-Kommission um 4% im Jahr 2005 wachsen und das von Serbien
plus Montenegro um 7% im Jahr 2004.
Die
Wirtschaftsentwicklung
institutionellen
Sicherheit
wird
aber
gefährdet:
Es
durch
fehlt
5
gewichtige
weitgehend
Defizite
an
im
Bereich
der
Rechtssicherheit
(ein
Schlüsselindikator für potenzielle Investoren), die staatliche Governance ist schwach und
teilweise korrupt.
3. Ring of Friends
Ukraine, Moldawien und Weißrussland
Drei der in der Studie untersuchten Staaten, nämlich Ukraine, Moldawien und
Weißrussland, wird derzeit von der EU kein Beitritt in Aussicht gestellt, sondern
eine neue europäische Nachbarschaftspolitik unter dem Header „Ring of Friends“.
Idee des „Ring of Friends“: Zunächst intensivere Handelsbeziehungen mit der EU.
Weiters sollen die „Friends“ an das Wertesystem der EU herangeführt werden. Es
laufen bereits diverse Programme, Hilfsprogramme und finanzielle Unterstützungsaktionen.
Die Ukraine ist das zweitärmste unserer 11 Untersuchungsländer - das BIP/Kopf betrug
2002 nur 860 Dollar (!), das ist etwa die Hälfte von jenem Albaniens, das lange als
"Armenhaus Europas" galt. Die Wirtschaft durchläuft aber einen Aufholprozess: Das
Wirtschaftswachstum 2004 hat 12% erreicht und für 2005 sind wieder 9% prognostiziert.
Moldawien ist das mit Abstand ärmste Land der 11 untersuchten Länder: Das BIP/Kopf
betrug 2002 nur 473 Euro (!!), das ist etwa ein Sechzigstel von jenem Österreichs! Das
bedeutet auch, dass den EinwohnerInnen Moldawiens pro Tag weniger als 1,50 Euro zur
Verfügung stehen. Elemente staatswirtschaftlichen Handelns konnten u.a. aufgrund
parlamentarischer Hürden bis heute nicht restlos beseitigt werden.
Weißrussland steht mit einem BIP/Kopf von 1758 Dollar im Jahr 2003 deutlich besser da
als Moldawien oder die Ukraine. Die wirtschaftliche Lage bleibt aber schwierig und die
Regierung
hält
am
System
einer
zentralistischen
Lenkungswirtschaft
fest.
Die
Wachstumsdaten sind aber gut: 2004 betrug der BIP-Zuwachs nach Angaben der EUKommission beachtliche 11% nach 7% im Jahr 2003.
6
Projektteil „Politische Kriterien“
DIE POLITISCHEN KRITERIEN VON KOPENHAGEN
UND IHRE UMSETZUNG IN DEN EU-NACHBARLÄNDERN
Mag. Sigrid KROISMAYR
Die politischen Kriterien von Kopenhagen beinhalten die Stabilität der politischen
Institutionen, den Minderheitenschutz sowie die Einhaltung der Menschenrechte.
a) Stabilität der politischen Institutionen
Ingesamt lassen sich fünf Entwicklungen bei der Charakterisierung der politischen
Institutionen hervorheben:
-
Festhalten am alten System:
Jene Gruppe von Ländern, die an dem vor der Wende bestehenden Parteiensystem
festhalten. Dazu zählen Albanien, Moldawien, Weißrussland. Die Ukraine konnte durch
die „Orange Revolution“ einen Machtwechsel herbeiführen. In diesen Ländern sind
(außer in Moldawien) Unregelmäßigkeiten bei Wahlen aufgetreten.
-
Bildung von Parteibündnissen:
Sowohl die Regierung wie auch die Opposition nützen dieses Mittel, um ihren Erfolg bei
Wahlen zu erhöhen. Diese Praxis ist vor allem in Mazedonien, Serbien und Montenegro
anzutreffen. Der Zusammenschluss umfasst zumeist viele Parteien.
-
Erfolg von Parteineugründungen
In manchen Ländern konnten Parteien, die erst kurz vor einer Wahl gegründet wurden,
beachtliche Erfolge erzielen und sogar Regierungsverantwortung übernehmen, wie in
Bulgarien, Lettland, Rumänien und der Türkei.
7
-
Regierungsparteien schaffen nicht den Einzug Parlament
Der schnelle Erfolg mancher Parteibündnisse bzw. einzelner Parteien kann bei der
nächsten Wahl oft nicht fortgesetzt werden, da es trotz des Wechsels an der Spitze des
Staates zu keiner Besserung der Lebenslage gekommen ist. Durch den Unmut der
Wähler schaffen dann ehemalige Regierungsparteien nicht einmal mehr den Einzug ins
Parlament wie in Lettland, Serbien und der Türkei.
-
Rechtsruck gewählter Parteien in den Balkanländern
In allen Balkanländern haben (bis auf Mazedonien) nationalistisch gesinnte Parteien
Stimmengewinne verbucht. Hier ist die EU mehr den je gefordert.
Situation der Minderheiten
-
In allen neuen Nachbarländern leben Minderheitenvölker
In allen neuen Nachbarstaaten der EU einschließlich der Balkanländer und der
Türkei lebt ein mehr oder weniger großer Bevölkerungsanteil an Minderheiten.
In Mazedonien, Moldawien und der Türkei beträgt der Anteil über 30%, in der
Ukraine, Weißrussland, Bulgarien und Serbien-Montenegro um die 20%, in
Rumänien, Kroatien und dem Kosovo um die 10% (wie in Österreich). Albanien ist
diesbezüglich das homogenste Land, da die albanische Volksgruppe 98% der
Gesamtbevölkerung ausmachen.
-
Die Lage der Minderheiten in den Balkanländern ist durch die
Kriegsgeschehnisse bestimmt.
In diesem Zusammenhang gilt es die Statusfrage des Kosovos zu klären, die Zukunft
Serbien-Montenegros auf friedlichem Wege zu lösen sowie das UN-Protektorat in
Bosnien-Herzegowina in die Eigenverantwortung der Landesbewohner zu legen.
-
Volksgruppe der Roma ist am häufigsten Diskriminierung ausgesetzt
Die Volksgruppe der Roma stellt durch ihre mangelnde gesellschaftliche
Integration in den Balkanländern (Ausnahme: Kroatien und Albanien) sowie in
Rumänien und Bulgarien ein Problem eigener Qualität dar.
8
-
In den Staaten Weißrussland, Ukraine und Moldawien gibt es eine mehr oder
weniger oppositionelle Haltung gegenüber dem Russischen.
Da meistens Russen wichtige Regierungsämter bekleiden, tendiert die Politik dazu, das
aufkeimende Nationalbewusstsein der Mehrheitsbevölkerung zu unterdrücken.
-
Verbesserung der Minderheitensituation durch EU
Die EU hat einen bedeutenden Beitrag für die Minderheitensituation, sei es
in rechtlicher Beratungsfunktion (z. B. bei der Ausarbeitung von Verfassungen) oder
durch das Mittel der „Konditionalisierung“ (z. B. durch das Ohrider Abkommen in
Mazedonien) in den neuen Nachbarstaaten geleistet.
b) Menschenrechtslage in den EU-Nachbarländern
-
Die EU-Nachbarländer haben noch nicht europäischen Standard erreicht.
In allen EU-Nachbarländern sind Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung,
wenngleich in einem mehr oder minder ausgeprägten Ausmaß.
-
Folterungen, insbesondere nach der Festnahme, sind in vielen Ländern
verbreitet.
Minderheiten sind von Übergriffen eher betroffen als die Mehrheitsbevölkerung.
-
Oppositionelle und Journalisten sind in manchen Ländern besonders starken
Bedrohungen ausgesetzt.
Vor allem in Bosnien-Herzegowina, Türkei, die Ukraine sowie Weißrussland haben
politisch Oppositionelle und Journalisten polizeiliche Übergriffen zu fürchten.
-
Ein faires Gerichtsverfahren ist in keinem der EU-Nachbarländer garantiert.
Historisch bedingt ist eine Unterordnung das Justizsystem der Politik und den relevanten
Partei- und Staatsorganen untergeordnet. Regierung und Exekutive haben maßgeblichen
Einfluss auf die Justiz (z. B. durch die Ernennung der Richter). Eine Rechtspraxis, die für
Individual- und Menschenrechte eintritt, muss erst entwickelt werden.
9
Demokratie- und Rechtsstaatlichkeitsscores: Jahresbericht 2004 des Freedom
House
Wahlprozess
Zivilgesellschaft
Unabhängige Medien
Regierung
Demokratisierung
Rahmenbedingungen
von Verfassung,
Gesetz und Justiz
Korruption
Rechtsstaatlichkeit
Wahlprozess
Zivilgesellschaft
Unabhängige Medien
Regierung
Demokratisierung
Rahmenbedingungen
von Verfassung,
Gesetz und Justiz
Korruption
Rechtsstaatlichkeit
Albanien
3.75
3.75
4.00
4.25
3.94
4.25
Bosnien
3.75
4.00
4.25
5.25
4.31 ⇑
5.00
Bulgarien
2.00
3.25
3.50
3.75
3.13 ⇓
3.50
Kroatien
3.25
3.00
3.75
3.75
3.44 ⇓
4.25
Lettland
1.75
2.00
1.75
2.25
1.94
2.25
Mazedonien
3.50
3.75
4.00
4.50
3.94 ⇑
4.50
5.00
4.63 ⇑
5.00
5.00
4.25
3.88 ⇑
4.25
4.50 ⇓
3.50
2.88
5.50
5.00 ⇑
Moldawien
Rumänien
Ukraine
Weißrussland
3.75
3.75
4.75
5.25
4.38 ⇓
4.50
2.75
2.75
3.75
3.75
3.25 ⇑
4.25
3.75
2.75
3.25
4.25
3.50 ⇑
4.25
1.50
1.50
1.75
2.25
1.75 ⇑
1.75
4.00
3.50
5.50
5.00
4.50 ⇑
4.50
6.75
6.50
6.75
6.50
6.63 ⇓
6.75
6.25
5.38 ⇓
4.50
4.38 ⇑
5.00
4.63 ⇑
2.00
1.88
5.75
5.13 ⇑
5.50
6.13 ⇓
Serbien u. Slowenien
Montenegro
(1= das Optimum, 7= Negativum); die Pfeile (⇑⇓) symbolisieren die Tendenz
10
Projektteil „Pressefreiheit“
ZUR PRESSEFREIHEIT IN DEN UNTERSUCHUNGSLÄNDERN
Mag. Marc Bittner (Juni 2005)
Betrachtet man die in unsere Studie einbezogenen Untersuchungsländer (vgl. auch die
folgende Grafik), so zeigt sich, dass hinsichtlich des “World Press Freedom Index” der
„Reporter ohne Grenzen“ Finnland stabil die Spitzenposition einnimmt (dass dort also die
größte Pressefreiheit herrscht), wobei im Jahr 2004 das neue EU-Mitglied Lettland (für das
erst seit dem Jahr 2003 Daten vorliegen) dem Wert von Finnland bereits sehr nahe kommt.
Ebenfalls aufsteigende Tendenz weist das neue EU-Mitglied Slowenien auf, das Österreich
noch knapp übertrifft. Österreich selbst hat sich gegenüber dem Jahr 2002 deutlich
verbessert, wobei gegenüber dem Jahr 2003 allerdings wieder ein geringer Rückfall zu
verzeichnen ist.
Im Zeitverlauf steigende Tendenz weist Bosnien und Herzegowina auf – im Jahr 2004
erreicht es bereits das Niveau von Österreich. Absteigende Tendenzen zeigen sich in
Griechenland, das im Jahr 2004 noch knapp vor dem ebenfalls etwas rückläufigen Bulgarien
zum Liegen kommt.
Mazedonien, Kroatien und Albanien erreichen im Jahr 2004 sehr ähnliche Werte Mazedonien und Albanien allerdings mit sinkender Tendenz, wogegen sich Kroatien nach
einen Durchhänger im Jahr 2003 wieder nach oben orientiert.
Rumänien ist im Jahr 2004 wieder deutlich hinter Kroatien zurückgefallen und liegt nur noch
knapp vor Serbien und Montenegro sowie Moldawien, beides Länder, die zudem eher im
Steigen begriffen sind.
Mit einigem Abstand dazu folgt die Türkei mit leicht sinkender Tendenz. Einen besonders
starken Rückfall seit dem Jahr 2003 verzeichnet die Ukraine, die nunmehr nur noch knapp
vor dem Schlusslicht der Rangliste bzgl. Pressefreiheit, Weißrussland, zu finden ist.
11
Index: 0 (größte Pressefreiheit) - 100 (geringste Pressefreiheit)
Pressefreiheit: Die Untersuchungsländer im Zeitverlauf
Finnland
Lettland
Slowenien
Österreich
Bosnien u. H.
Griechenland
Bulgarien
Mazedonien
Albanien
Kroatien
Rumänien
Serbien u. M.
Moldawien
Türkei
Ukraine
Weißrussland
50
40
30
20
10
0
2002
2003
12
2004
Projektteil „Gesellschaftliche Aspekte“
DIE GRENZEN DER EU SEKUNDÄRANALYSE AUSGEWÄHLTER UMFRAGEDATEN
Mag. Marc Bittner, Dr. Michaela Hudler-Seitzberger (Juni 2005)
Im Zuge einer sekundärstatistischen Analyse ausgewählter Umfragedaten zu den
in der europäischen Verfassung verankerten Werten sowie politischen, sozialen
und wirtschaftlichen Zielen wurde ein Vergleich der Länder der Europäischen
Union (25), der EU-alt (15), der neuen EU-Mitgliedsstaaten (10) sowie der
tatsächlichen und möglichen EU-Beitrittskandidatenstaaten angestellt.
Folgende mögliche Beitrittskandidatenstaaten wurden in die Analyse einbezogen:
Kroatien, Serbien und Montenegro, Mazedonien, Bosnien und Herzegowina,
Albanien, Rumänien, Bulgarien, Moldawien, Weißrussland und die Ukraine.
Ziel der Analyse ist die komparative Darstellung der subjektiven Einstellung der
Bürgerinnen und Bürger der jeweiligen Staaten zu folgenden Indikatoren bzw.
Themenbereichen:
Politische Indikatoren:
•
Demokratie
•
Menschenrechte
•
Politisches Interesse und politische Beteiligung
•
Vertrauen in Institutionen
•
Moderne/Postmoderne Werte
Soziale Indikatoren:
•
Wichtigkeit von Lebensbereichen
•
Toleranz
•
Nationalstolz
•
Einstellung zur Familie
•
Prioritäten in der Kindererziehung
•
Wohlergehen
•
Gleichstellung von Mann und Frau
13
Wirtschaftliche Indikatoren:
•
Marktwirtschaft/Arbeitsmarkt
•
Einstellung zum Betrug
•
Prioritäten im Beruf
Die vergleichende Darstellung dient zur Veranschaulichung, wo die Einstellungen
der Bürgerinnen und Bürger der einzelnen Länder relativ zu den Mittelwerten der
EU der 25, der alten EU der 15 und der 10 neu beigetretenen EU-Mitglieder
rangieren. Dieser Vergleich der Haltungen zu politischen, gesellschaftlichen und
wirtschaftlichen Fragen liefert eine Datengrundlage für Diskussionen um die
Grenzen der EU.
Es muss jedoch angemerkt werden, dass in diesem Forschungsansatz jedes Land
jeweils nur durch einen Wert charakterisiert wird, was natürlich eine grobe
Vereinfachung darstellt. Regional detailliertere Analysen zeichnen natürlich ein
wesentlich differenzierteres Bild.
Recherchen haben ergeben, dass die Weltwertestudie Daten aus den meisten zu
untersuchenden Ländern zu relevanten gesellschaftlichen, politischen und
wirtschaftlichen Themenbereichen, die in der Europäischen Verfassung
angesprochen werden, umfasst und daher für einen Länder- und Zeitvergleich
geeignet erscheint. Um Entwicklungstendenzen einzufangen, wurde neben dem
Ländervergleich auch ein Zeitvergleich der Daten aus 1990, 1995 und 2000
angestellt.
Der Versuch anhand von subjektiven politischen, wirtschaftlichen und sozialen
Indikatoren Grenzen der EU auszumachen, indem die Daten aus den einzelnen
Ländern mit den Durchschnittswerten der EU verglichen werden, zeigt deutlich,
dass die subjektive Wahrnehmung von objektiven Gegebenheiten, Werten und
Einstellungen nicht unbedingt der Beurteilung der objektiven Situation im
jeweiligen Land von außen bzw. dem Entwicklungsgrad der Länder nach
wirtschaftlichen Maßzahlen entsprechen.
Beispielsweise herrscht in den Ländern Albanien, Bosnien-Herzegowina, SerbienMontenegro und Kroatien eine gleich hohe bzw. höhere Demokratieaktzeptanz vor
als in den anderen Vergleichsländern, obwohl zum Beispiel Rumänien und
14
Bulgarien bereits im europäischen Integrationsprozess sehr weit fortgeschritten
sind und ein Beitritt dieser Staaten zur EU für 2007 vorgesehen ist.
Das Vertrauen in andere Menschen, das einen wichtigen Gradmesser für
Demokratisierung darstellt, ist in der Türkei, in Moldawien, in Rumänien, Serbien
und Montenegro sowie in Mazedonien nicht so stark ausgeprägt wie in der EU.
Die EU selbst genießt in (fast) allen Vergleichsländern gleich viel bzw. mehr
Vertrauen als in den EU-Ländern selbst. Nur in Kroatien haben weniger Menschen
Vertrauen in die EU.
Der Respekt für Menschenrechte ist lediglich in Mazedonien sowie in SerbienMontenegro ähnlich ausgeprägt wie in den EU-Staaten.
Religion spielt in den meisten untersuchten Ländern eine noch stärkere bzw.
gleich wichtige Rolle als in der EU.
Die Toleranz gegenüber Homosexualität und Abtreibung ist in den meisten
Staaten schwächer.
Die Ablehnung von Korruption ist in den Balkan-Staaten häufiger zu finden als in
der EU – in ehemaligen GUS-Staaten (Moldawien, Ukraine, Belarus) wird
Korruption weniger häufig abgelehnt.
Auch ein patriarchalisches Weltbild ist in den Vergleichsländern mit Ausnahme von
Kroatien stärker verankert als in der EU.
Die Zustimmung zur Meinungsfreiheit als nationales Ziel erreicht ebenfalls nicht in
allen Staaten den EU-Durchschnitt.
Angesichts der Ergebnisse stellt sich die Frage, ob nicht die subjektive Meinung
bzw. die Werte und Haltungen der Bevölkerung in den einzelnen Staaten verstärkt
als Kriterien bei einem Integrationsprozess in die Europäische Union
herangezogen werden sollten - vor allem, da sich die Europäische Union als
Wertegemeinschaft definiert.
15
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