BASISWISSEN UMWELT FÜR DIE BERUFSSCHULE Ernährung ERNÄHRUNG Szenarien-Info Ernährung und Mensch Die meisten ÖsterreicherInnen schätzen sich selbst als gesundheitsbewusst und ernährungsbewusst ein – sie sagen, sie ernähren sich „normal“ (mit guter alter Hausmannskost = meist Fleisch und Beilage), aber auch mit Hilfe eines schnellen Einkaufs von Halbfertigprodukten (oder wer kauft keine Nudeln?) und Fertigprodukten aus dem Supermarkt. Gesamtheitlich betrachtet sieht dieses Bild dann so aus: Ein Großteil unserer MitbürgerInnen ernährt sich zu fett, zu salzreich, zu süß, zu viel von Fleisch und zu wenig von Obst und Gemüse. 43 % der österreichischen Männer und 29 % der Frauen sind übergewichtig (Statistik Austria, 2010). Viele Erkrankungen sind zum Teil ernährungsbedingt – z. B. Krebserkrankungen des Verdauungstraktes, Herzerkrankungen und Schlaganfälle. Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Allergien nehmen zu. Gewohnheiten, Entwicklungen und ihre Folgen Fleischkonsum Etwa die Hälfte der Treibhausgase entsteht in der landwirtschaftlichen Produktion – der größte Teil davon durch die Tierhaltung und die Erzeugung von tierischen Lebensmitteln. Seit den 1950er-Jahren hat sich der Fleischkonsum weltweit mehr als verdoppelt. Dabei sind noch immer in einigen Regionen der Welt die meisten Menschen Vegetarier – Tendenz fallend. Bei uns ist das tägliche Fleisch am Teller in vielen Familien bereits Standard – Tendenz steigend. Empfohlen sind max. 300-600 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche – der tatsächliche Durchschnitt liegt bei 1.200 Gramm. 60 % der Welt-Getreideernte landet als Viehfutter in Tiermägen, für den Anbau dieses Getreides wird oft Regenwald gerodet und das Getreide für das Futter ist gentechnisch verändert. Fleischkonsum: weltweite Verdoppelung seit den 1950er-Jahren Ernährungsgewohnheiten sollten überdacht werden Ernährung und Umwelt Die Art der Ernährung hat nicht nur Einfluss auf jeden einzelnen Menschen, sondern auf den ganzen Planeten. Ein Fünftel des Gesamtverbrauchs an Energie und aller Treibhausgasemissionen Österreichs geht auf das Konto der Ernährung (landwirtschaftliche Produktion, Verarbeitung, Handel und Transport, Einkauf, Aufbewahrung, Kochen, Kühlen, Abwaschen). Tierzucht Fleisch kann unter tierfeindlichen Bedingungen schneller produziert und billiger verkauft werden. Der Fleischansatz bei Kühen und Schweinen kann durch den illegalen Einsatz von Wachstumshormonen und das weibliche Geschlechtshormon Östrogen beschleunigt werden. In der Schweinemast werden neben Antibiotika auch Schilddrüsenhemmer, Herzmittel und Psychopharmaka verwendet. Zum Zeitpunkt der Schlachtung sind diese Substanzen im Fleisch meist nicht mehr nachweisbar, was aber nicht heißt, dass dieses Fleisch von gesunden Tieren stammt. In Österreich wird durch den Vorstoß der biologischen Landwirtschaft und 74 BASISWISSEN UMWELT FÜR DIE BERUFSSCHULE Ernährung strenge Kontrollen immer mehr auf artgerechte Tierhaltung geschaut. Bei Fleisch aus dem Ausland weiß man noch weniger, wie die Lebensbedingungen für die Tiere waren. Industrialisierte Landwirtschaft Konventionelle Düngemethoden (Spritzmittel, Mineraldünger …), der energieaufwändige Anbau (Glashäuser, Folientunnel) und die Lagerung von Obst und Gemüse außerhalb der Saison (Kühlhäuser) belasten die Umwelt und das Klima. Mit der industriellen Landwirtschaft wird Boden verdichtet, viel Wasser verbraucht und verschmutzt, die Artenvielfalt verringert, der Tierschutz missachtet und große Mengen Öl werden vergeudet. Immer und von überall Heute kann man nahezu alle Lebensmittel zu fast jeder Jahreszeit kaufen. Äpfel aus Chile, Weintrauben aus Südafrika, Rindfleisch aus Argentinien, Paradeiser im Winter, Erdbeeren im Jänner. Die Transportwege werden immer weiter, die Belastung für die Umwelt durch den Verkehr steigt. Verarbeitete Lebensmittel – Aromastoffe, Geschmacksverstärker & Co Fruchtjoghurts, Marmeladen, Limonaden, („Frucht“-)Säfte, Salatdressings, Bratensoßen, Instant-Suppen, Püree, Kartoffelteig, Kuchenmasse, aber auch Schokolade, Puddings, Dessert- und Eiscremes sowie Salzgebäck und Chips enthalten oft mehr Inhaltsstoffe als vermutet. Einige der Inhaltsstoffe sind gar nicht gekennzeichnet – sogenannte Nicht-Inhaltsstoffe. Andere sind beispielsweise mit E-Nummern versehen. Man kann diese Substanzen in Konsumenten-Broschüren z. B. der Arbeiterkammer nachschlagen und sich über ihre Auswirkungen auf den menschlichen Organismus informieren. Hier ein kurzer Überblick: • Die Zahl 1 nach dem E weist bei dreistelligen Nummern auf künstliche Farbstoffe hin, • die Zahlen 2 und 3 meist auf Konservierungsstoffe und Antioxidantien, • die Zahl 4 auf Verdickungsmittel, • die Zahl 6 auf Geschmacksverstärker, • die Zahl 9 unter anderem auf Süßstoffe, • die Zahl 11 bei vierstelligen Nummern auf Enzyme, • die Zahl 14 auf modifizierte Stärke usw. Weitere industriell veränderte Inhaltsstoffe sind z. B. gehärtete Fette. Während Verdickungsmittel wie Carrageen und Guarkernmehl natürlichen Ursprungs sind, wird Xanthan aus Bakterienkulturen gewonnen. Geschmacksverstärker Langer Weg ins Geschäftsregal: Birnen aus Portugal Auch die Verfügbarkeit zu jeder Jahreszeit schlägt sich nieder. Für den Anbau im beheizten Glashaus oder Folientunnel ist ein sehr hoher Energieeinsatz erforderlich. So wird im Glashaus 34-mal mehr Primärenergie verbraucht als im Freiland, im Folientunnel sogar 200-mal mehr, auch Kühlhäuser (z. B. für Äpfel im Frühjahr) belasten die Umwelt. E 355 - Adipinsäure E 356 - Natriumadipat E 357 - Kaliumadipat E 508 - Kaliumchlorid E 509 - Calciumchlorid E 511 - Magnesiumchlorid E 620 - Glutaminsäure E 621 - Mononatriumglutamat E 622 - Monokaliumglutamat E 623 - Calciumdiglutamat E 624 - Monoammoniumglutamat E 625 - Magnesiumdiglutamat E 626 - Guanylsäure E 627 - Dinatriumguanylat E 628 - Dikaliumguanylat E 629 - Calciumguanylat E 630 - Inosinsäure E 631 - Dinatriuminosinat E 632 - Dikaliuminosinat E 633 - Calciuminosinat E 634 - Calcium-5‘-ribonucleotid E 635 - Dinatrium-5‘-ribonucleotid E 640 - Glycin + dessen Natriumsalze E 650 - Zinkacetat E 950 - Acesulfam K E 951 - Aspartam E 957 - Thaumatin E 959 - Neohesperidin DC E 962 - Aspartam-Acesulfam-Salz 75 BASISWISSEN UMWELT FÜR DIE BERUFSSCHULE Ernährung Allergien im Vormarsch Durch die starke Verarbeitung der Nahrungsmittel haben es Allergiker oft schwer, Allergene in Lebensmitteln zu erkennen. Zum Beispiel kann der Apfel-Allergiker in Erdbeerjoghurts manchmal ohne Kennzeichnung Äpfel antreffen. Ist nur von Früchten die Rede, können dies verschiedenste Pflanzen von Äpfeln bis Kürbissen sein. Die gesundheitsgefährdenden Wirkungen künstlicher Zusatzstoffe können von Unbehagen über Allergien und Organschädigungen bis zur Krebsförderung reichen. Gentechnik Gentechnisch veränderte Organismen werden erzeugt, um sie weniger anfällig für bestimmte Schädlinge und Krankheiten zu machen oder ihre Konkurrenzfähigkeit am internationalen Markt durch ein schnelleres Wachstum zu verbessern. Weltweit werden bereits unzählige genmanipulierte Lebens- und Genussmittel ungekennzeichnet angeboten. Dies sind Produkte aus Mais, Milch, Brot, Tomaten, Kartoffeln, Soja, Reis, Fisch, Bier, Fertigsuppen usw. In der EU herrscht seit 1997 für GVO (genetisch veränderte Organismen) Kennzeichnungspflicht. In Österreich gilt zur Zeit (2010) noch das Anbauverbot für gentechnisch veränderte Pflanzen. In verarbeiteten Lebensmitteln mit Zutaten aus anderen Ländern sind höchstwahrscheinlich gentechnisch veränderte Zutaten enthalten (z. B. Mais aus USA, Soja in Viehfutter aus Brasilien). Die Auswirkungen der Gentechnik auf die Gesundheit und Umwelt sind nach wie vor ungeklärt. Durch Übertragung von Genen aus anderen Pflanzen können z. B. allergene Wirkungen mitübertragen werden, wie dies beim Paranuss-Gen auf Soja der Fall war. Weichmacher für Kinder und Ungeborene im Mutterleib. Langfristige Folgen können Unfruchtbarkeit und Immunschwäche sein. Verpackungen können Schadstoffe an die Lebensmittel abgeben Auch Verpackungen aus Recyclingkartons können durch Reste von Druckerfarben bedenkliche Stoffe enthalten, die in die Nahrungsmittel gelangen. Stark verarbeitete Nahrungsmittel enthalten meist viele Bestandteile, die vorher auch schon irgendwie verpackt waren. Da die Hersteller von Verpackungsmaterialien nicht angeben müssen, aus welchen Einzelbestandteilen das Material besteht, kann man nur raten, Verpackungen möglichst zu meiden bzw. Nahrungsmittel nicht zu lange darin zu aufzubewahren. Verpackung Ohne Verpackungen schafft man es heute kaum noch, Lebensmitteleinkäufe zu tätigen. Diese Verpackungen erzeugen nicht nur viel Müll und können die Umwelt gefährden, wenn sie nicht richtig entsorgt werden, sondern können auch Inhaltsstoffe enthalten, die in die Nahrungsmittel eindringen. Gesundheitsgefährdend sind z. B. Chemikalien wie Phthalate in Weichmachern, die leicht durch die Plastikverpackung wie z. B. Folie oder Plastikflasche in das Nahrungsmittel eindringen. Besonders gefährlich sind die 76