Internationale Trends in Mobilität und Verkehr Kernergebnisse des internationalen Kongresses „Traffic and Transport 2030“ Univ.-Prof. Dr.-Ing. Manfred Boltze Technische Universität Darmstadt, Verkehrsplanung und Verkehrstechnik 1 Internationaler Workshop und Kongress “Traffic and Transport 2030” www.tt2030.com 2 Einführung Übergeordnete Einflüsse auf den Verkehr Verkehr ist ein wichtiger Standortfaktor. Verkehr ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Heterogener demografischer Wandel. Alternde Gesellschaft. Stärkerer Schutz von Umwelt und Klima. Höhere Energiekosten. Enge Beziehung zwischen Flächennutzung und Verkehr. Fortschreitende Globalisierung. Vielfältige Anwendungen neuer Technologien. 3 Prognose der Nachfrage Personenverkehr in Deutschland Quelle: Energieverbrauch und Schadstoffemissionen des motorisierten Verkehrs in Deutschland 1960-2030; ifeu 2005 4 Prognose der Nachfrage Güterverkehr in Deutschland Quelle: Energieverbrauch und Schadstoffemissionen des motorisierten Verkehrs in Deutschland 1960-2030; ifeu 2005 5 Prognose der Nachfrage Luftverkehr (international) Quelle: www.airbus.com Global Market Forecast. (Download 02.06.2008) Erwartetes Wachstum des weltweiten Luftverkehrs von 4,4 Mrd. RPK im Jahr 2006 auf 11,5 Mrd. RPK im Jahr 2026 RPK – Revenue Passenger Kilometers 6 Prognose der Nachfrage Bevölkerungsentwicklung in Indien und China Quelle: Population Division of the United Nations (2006), nach Arasan (2008) 7 Prognose der Nachfrage Personenverkehr (international) Quelle: Mobility 2030: Meeting the Challenges to Sustainability; World Business Council for Sustainable Development 2004 8 Prognose der Nachfrage Güterverkehr (international) Quelle: Mobility 2030: Meeting the Challenges to Sustainability; World Business Council for Sustainable Development 2004 9 Prognose der Nachfrage Treibhausgasemissionen nach Verkehrsmittel (international) Well-To-Wheels Quelle: Mobility 2030: Meeting the Challenges to Sustainability; World Business Council for Sustainable Development 2004 10 Zukünftige Trends Verkehrsmanagement Das Verkehrsmanagement wird sich verstärkt auf dynamische Nutzung der Infrastruktur konzentrieren. • Hauptziel: effiziente Nutzung des verfügbaren Raums und der Zeit. • Flexibles Management des zur Verfügung stehenden Straßen- und Parkraums (zeitabhängig, situationsabhängig, Betrachtung aller Verkehrsmittel). • Die Steuerung sollte die daraus resultierenden Umwelt- und Verkehrsbedingungen beachten (Rückkopplungen). Das Verkehrsnachfragemanagement wird eine bedeutende Rolle spielen. • Das Angebot kann nicht der Nachfrage angepasst werden. • Beeinflussung der Nachfrage: Zeit, Verkehrsmittel, Route, Ziel. • Ziel: effizientere und umweltfreundliche Nutzung der Transportsysteme. • Informationssysteme leisten einen großen Beitrag zur Verteilung des Verkehrs über Raum und Zeit. 11 VZH, 2005 Zukünftige Trends Mobility Pricing Ein integriertes Mobility Pricing wird intensiv zur Beeinflussung der Nachfrage eingesetzt. •Bepreisung wird Gebühren für den öffentlichen Verkehr, Parkgebühren und Straßenmaut beinhalten. •Die Gebühren für Straßennutzer werden sich dynamisch nach Raum und Zeit, Umweltverträglichkeit und Fahrzeugtyp richten. •Elektronische Mauterhebung (ETC) wird zum Standard beim Gebühreneinzug für die Straßennutzung. •Anreizsystem statt Preissystem (für höhere Akzeptanz). •Bepreisung erhöht die Erwartungen der Nutzer an die Verkehrsqualität (Akzeptanz!). 12 Zukünftige Trends Dynamische Verkehrsbeeinflussung Stärkere Ausrichtung der Verkehrsbeeinflussung auf den Umweltschutz. •Hauptziel: Reduzierung von Energieverbrauch, Luftschadstoffen und Lärm durch Beeinflussung der räumlichen und zeitlichen Verteilung. •Mögliche Anwendungen: Optimierung der Lichtsignalsteuerung, der Zeit- und Routenwahl, Zugangsbeschränkungen, Geschwindigkeitsbeeinflussung, Bepreisung nach Motor- und Fahrzeugtyp. •Kontinuierliche Messung von Luftschadstoffen und Lärm, sowie Nutzung von Echtzeit-Verkehrsdaten (direkte Wirkungskontrolle). Deutliche Fortschritte bei der Verfügbarkeit von Verkehrs- und Umweltdaten. •Führende Rolle der Bildverarbeitung, Floating Car Data (FCD), Ortung über Mobiltelefone und andere Ortungsverfahren, RFID. •Genaue und verkehrsbezogene Überwachung der Umwelt. •Zusammenführung von Daten aus verschiedensten Quellen. 13 Zukünftige Trends Intermodal vernetzte Systeme Umfassende Verkehrsinformationen werden verfügbar. • Individuelle, präzise, vereinheitlichte, intermodale, integrierte und sogar grenzüberschreitende Informationen über momentane und erwartete Verkehrsbedingungen, Parkraumverfügbarkeit, Preise für die Infrastrukturnutzung etc. • Beinahe alle LKW und PKW werden mit individuellen Navigationssystemen ausgerüstet sein und vorgeschlagene Umleitungen der Verkehrsleitsysteme beachten. Kfz werden mit Kfz (C2C) und der Infrastruktur (C2I) kommunizieren. Teilautomatisiertes Fahren wird möglich, Kapazität und Sicherheit werden erhöht. Vernetzung der Verkehrsleitzentralen. Strategiemanager werden Teil von hochentwickelten Verkehrsmanagementzentralen. Flughäfen werden Schlüsselknotenpunkte im multimodalen Netzwerk. 14 Zukünftige Trends Verkehrsentwicklung in Schwellenländern Strategien für die Verkehrssteuerung in Schwellenländern werden von sozio-ökonomischen und verkehrlichen Faktoren bestimmt sein. • Verbesserte Führerscheinvergabe, Verkehrserziehung und Schulung, um den Verkehrsteilnehmern effektiv ausreichendes Wissen und Fähigkeiten zu vermitteln. • Ausweitung der Fahrzeugzulassungsvorschriften, um die Verkehrstüchtigkeit von Fahrzeugen sicherzustellen; verschärfte Durchsetzung der Regelungen. • Trennung nichtmotorisierte Fahrzeuge vom motorisierten Verkehr durch Schaffung exklusiver Verkehrsflächen. • Hohe Priorität für Fußgänger-, Fahrrad- und Motorradverkehr im Verkehrsmanagement. • Intensive Förderung des öffentlichen Verkehrs durch die Verkehrssteuerung (Busspuren, Bevorrechtigung an LSA, …). 15 Zukünftige Trends Fahrzeugtechnik Die Pkw und Lkw des Jahres 2030 werden bestehenden Konzepten folgen, aber sie werden intelligenter, sicherer, sauberer, effizienter und mit einem intelligenteren Umfeld und einer intelligenten Infrastruktur vernetzt sein. Industrieländer Schwellenländer •Sinkende Anzahl von Todesfällen im Straßenverkehr. •Verbesserung der aktiven Sicherheit. •90% Abdeckung mit DSRC-Bordeinheiten. •Automatisiertes Fahren auf ausgewählten Teilen des Straßennetzes (aber keine weite Verbreitung). •Signifikante Reduzierung der Emissionen pro Fahrzeugkilometer. •Steigende Anzahl von Todesfällen im Straßenverkehr. •Verbesserung der passiven Sicherheit. •Nutzung von Antriebs- und Abgasbehandlungskonzepten, die heute in den Industrieländern verwendet werden. . 16 Zukünftige Trends Fahrzeugtechnik in Schwellenländern Erschwingliche und saubere Fahrzeuge mit einfacher Technologie werden die Nachfrage nach individueller Mobilität in den Schwellenländern befriedigen. Motorisierte Zweiräder werden das Einstiegsfahrzeug für motorisierte Mobilität bleiben. •Individuelle Mobilität ist ein Rückgrat der Gesellschaft. •Ressourcen der Schwellenländer sind begrenzt, der Fokus liegt deshalb auf günstigen Fahrzeugen mit bezahlbarer Technologie. •Neue Automobile erfüllen mindestens EURO 4. •Weil Massentransport eine wichtige Rolle spielt, hilft die Nutzung sauberer Busse, die Emissionen zu reduzieren. TATA Nano (2008) Preis: Ca. 2.500 USD Quelle: Maitra (2008) 17 Zukünftige Trends Energiemix im Straßenverkehr Im Straßenverkehr der Zukunft wird ein Mix aus verschiedenen Energieträgern verwendet. Die Wahl des Energieträgers hängt von Land, Region und bestehender Infrastruktur ab. •Zunahme der Nutzung lokal verfügbarer Energiequellen. •Energiemix weiterhin dominiert von Mineralöl, teilweise ersetzt durch verschiedene Arten von flüssigen und gasförmigen Energieträgern. •Hoher Anteil elektrischer Fahrzeuge im urbanen Raum, abhängig von den Fortschritten in der Batterietechnologie. •Kein bedeutender Anteil von Wasserstoff im Energiemix, wegen des großen Aufwands bei Vertrieb und Lagerung. •Die zweite Generation der Biokraftstoffe wird einen Anteil von 10-20 % im Energiemix erreichen, die Art des Kraftstoffs wird regionsabhängig sein. 18 Zukünftige Trends Öffentlicher Verkehr Steigende Nachfrage nach öffentlichen Verkehrsmitteln. (Ursachen: Nachfragesteuerung, Umweltfaktoren, finanzielle Aspekte, …) Öffentlicher Verkehr (ÖV) als ein wichtiges Element in der multimodalen Transportkette. Gesellschaftliche Erwartungen an den ÖV verändern sich. ÖV wird nutzerorientierter werden. (Einfacheres Ticketing. Bessere Information. Mehr Komfort. Bessere Systemintegration.) Stärkere Zielgruppenorientierung. Mehr spezifische ÖVAngebote für Fahrzwecke Einkaufen, Unterhaltung, Tourismus etc. Probleme des ÖV in “schrumpfenden” ländlichen Gebieten. Veränderungen in Organisation und Finanzierung des ÖV. (Mehr Wettbewerb. Weniger öffentliche Fördermittel. Höhere Systemeffizienz. Neue Finanzierungsquellen.) Erhöhte Bedeutung der Sicherheit im ÖV. 19 Zukünftige Trends Schienenverkehr Der Schienenverkehr wird stark von den Gesetzen des Marktes beeinflusst. Der Schienenverkehr ist Teil von Transportketten und Netzwerken. Der Umfang des Hochgeschwindigkeitsverkehrs nimmt weiter zu. Bahnen schöpfen ihr Potential im Langstreckenverkehr voll aus (besonders im Containertransport). Die Infrastruktur muss verbesserte Frachtdienste aufnehmen. Priorisierung bei der Trassenzuweisung und dynamische Fahrplananpassung. Die Kapazität der Schienennetze und Bahnhöfe wird durch Intelligenz erhöht, nicht nur durch Erweiterung. Modellbasierte, auslastungsabhängige Wartungsstrategien. 20 Zukünftige Trends Luftverkehr Bei wachsender Nachfrage werden die Start- und Landebahnen ein limitierender Faktor der Kapazität des Luftverkehrssystems. • Lärm wird die Kapazitätserweiterungen der Flughäfen begrenzen. •Verspätungen werden zunehmen, strengere Maßnahmen zur Nachfragesteuerung werden eingeführt. Fossile Brennstoffe bleiben wichtigster Energieträger. Umweltschutz wird zu einem wichtigen Faktor im Flugbetrieb. • Viele Ziele des Umweltschutzes decken sich mit Ansätzen für Treibstoffeffizienz. Steigende Kraftstoffpreise zeigen Wirkung. • Regulierende Ansätze zur Internalisierung der Kosten für Umweltschäden sind in globalem Rahmen nur schwer umzusetzen. Fortschrittliche IT-Anwendungen ermöglichen hoch präzise Flugoperationen und effizientere Flugsicherung. Die Luftfahrt bleibt ein bevorzugtes Ziel terroristischer Aktivitäten. Sicherheit bleibt eine Belastung für das System. 21 Zukünftige Trends Güterverkehr Bei „business as usual“ wird die Nachfrage nach Gütertransport weiter steigen und die Kapazität der Infrastruktur nicht mehr ausreichen. Gütertransport wird zum Privileg. Produktion folgt der Logistik. Steigende Logistikkosten führen zu neuen Organisationsstrukturen in der Wertschöpfungskette. Seefracht und Luftfracht gewinnen weiter an Bedeutung. Zunehmende Engpässe an den Zugangs- und Knotenpunkten erfordern Investitionen und intelligentere Infrastrukturnutzung. Verkehrsknotenpunkte werden durch neue organisatorische und technische Lösungen effizienter. Mit RFID ausgerüstete Container verbessern die Transparenz der gesamten Transportkette und erhöhen die Effizienz. Umweltschutzanforderungen an den Güterverkehr werden zur bedeutendsten Herausforderung. 22 Schlussfolgerungen Verkehrssysteme sind Schlüsselfaktoren für die soziale Entwicklung. Die Verkehrsnachfrage nach allen Verkehrsarten wird weltweit in fast allen Regionen steigen. Kapazitäts- und Umweltprobleme werden zur treibenden Kraft für Innovationen. Die Technologie wird entscheidend, aber nicht allein zur Lösung dieser Probleme beitragen. Nachfragesteuerung – besonders Mobility Pricing – wird eine wichtige Rolle spielen. Komplexe Managementsysteme werden erforderlich. Integration ist der Schlüssel zur Innovation. 23 Internationale Trends in Mobilität und Verkehr Kernergebnisse des internationalen Kongresses „Traffic and Transport 2030“ Univ.-Prof. Dr.-Ing. Manfred Boltze Technische Universität Darmstadt, Verkehrsplanung und Verkehrstechnik 24