Transport-Phänomene: Bewegung von Elektronen

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Kapitel 8
Transport-Phänomene: Bewegung von
Elektronen
Transport von elektrischer Ladung ist ein zeitabhängiger Prozess. Im Prinzip muss die zeitabhängige Schrödingergleichung gelöst werden. Bis jetzt haben wir nur die zeitunabhängige Schrödingergleichung betrachtet und damit
Ergebnisse für das thermodynamiche Gleichgewicht erhalten, d.h. Fermi-Statistik etc. In diesem Kapitel betrachten
wir die Situation, wie sich die Elektronen in einem Band verhalten, falls zum Beispiel ein externes elektrisches Feld
angelegt wird. In diesem Fall befindet sich das System nicht mehr im thermodynamischen Gleichgewicht. Der einfachste Fall ist der eines stationären Zustands, bei dem die externen Kräfte, zum Beispiel ein elektrisches Feld oder
ein Temperaturgradient, unabhängig von der Zeit sind.
8.1
Drude Modell
Lange bevor eine Theorie zur Beschreibung von Festkörpern vorlag, hatte Drude bereits eine Vorstellung für den
Transport von Elektronen durch einen Festkörper entwickelt.
Betrachte die Bewegungsgleichung eines klassischen Teilchens unter dem Einfluss eines elektrischen Feldes:
mv̇ +
m
vD = −e∣E∣,
τ
mit Reibungsterm
m
vD
τ
vD = v − vtherm , Driftgeschwindigkeit, gerichtet aufgrund des angelegten elektrischen Feldes, Differenz zwischen tatsächlicher Geschwindigkeit und der zufälligen thermischen Geschwindigkeit.
Abschalten des elektrischen Feldes: Geschwindigkeit relaxiert zurück zur thermischen Geschwindigkeit, daher Relaxationszeit τ .
Stationärer Fall: v̇ = 0 → vD = − eτ
mE
2
Stromdichte in Feldrichtung: j = envD = neµE = − e mτ n E
n: Volumendichte aller freien Elektronen
µ: Beweglichkeit, definiert als Faktor zwischen Driftgeschwindigkeit und äusserer Feldstärke.
Damit ergibt sich für die elektrische Leitfähigkeit
σ=
∣j∣ e2 τ n
=
∣E∣
m
und für die Beweglichkeit
µ=
e
τ
m
Einfache Modellvorstellung:
8.1
8.2. Hall-Effekt
Kapitel 8. Transport-Phänomene: Bewegung von Elektronen
• alle Elektronen tragen zum Strom bei (Pauli-Prinzip verbietet dies für Elektronen weit unterhalb der FermiEnergie)
• die Streuzeit τ beschreibt die Zeit, die ein Teilchen typischerweise zwischen zwei Streuereignissen durchläuft,
in diesem Fall zwischen zwei Ionen des Kristallgitters, d.h. die mittlere freie Weglänge ist von der Grössenordnung der Gitterperiode (Bloch-Theorem sagt, dass an einem periodischen Gitter nicht gestreut wird)
8.2
Hall-Effekt
Betrachte einen Quader mit Stromfluss entlang einer Symmetrieachse und einem Magnetfeld, das senkrecht dazu
angelegt wird:
UH
B
z
x
y
j:
B:
b:
UH :
j
b
Stromdichte in x-Richtung
Magnetfeld in y-Richtung
Dicke des Quaders in z-Richtung
Hallspannung senkrecht zur Stromrichtung und senkrecht zum
Magnetfeld
l
Abbildung 8.1: Schematische Darstellung des
Hall-Effekts
Ohne Magnetfeld gibt es keine Hallspannung UH . Die Elektronen, die sich aufgrund des angelegten elektrischen
Feldes in x-Richtung bewegen, spüren eine Lorentzkraft:
FL = −e ⋅ v × B
Aufgrund dieser Kraft bewegen sich die Ladungen zu einer Grenzfläche in z-Richtung, die Ladungen mit dem entgegengesetzten Vorzeichen verbleiben auf der gegenüberliegenden Grenzfläche. Dadurch entsteht ein elektrisches Feld
und damit eine Kraft:
Fel = −e ⋅ E
Im Gleichgewicht kompensieren sich diese beiden Kräfte: Fel = FL
Es entsteht eine elektrische Spannung in z-Richtung:
Uz = UHall = Ez ⋅ b = By ⋅ vx ⋅ b
Stromdichte in x-Richtung: jx = n ⋅ e ⋅ vx = σ ⋅ Ex
Hall-Spannung:
UHall = By ⋅ b ⋅
σ
jx
Ex = By ⋅ b ⋅
n⋅e
n⋅e
d.h. Messung der Ladungsdichte wird möglich
8.3
Bewegung von Elektronen in Bändern
⇒ Das Konzept der effektiven Masse
Die Bewegung eines freien Elektrons mit bestimmtem Impuls p kann durch eine unendlich ausgedehnte ebene Welle
8.2
Kapitel 8. Transport-Phänomene: Bewegung von Elektronen
8.3. Bewegung von Elektronen in Bändern
beschrieben werden. Ein genau bestimmter Wert des Wellenvektors k impliziert aufgrund der Unschärferelation die
totale Unbestimmtheit der Elektronenposition, da sich die ebene Welle entlang der gesamten x-Achse (Ausbreitungsrichtung) erstreckt. Falls auf der anderen Seite das Elektron in einem Intervall ∆x eingesperrt ist, z.B. indem seine
Position gemessen wurde, dann wird sein Impuls bzw. Wellenvektor unbestimmt.
̵
∆x ⋅ ∆p > h
Ein Elektron in einem Festkörper wird ähnlich beschrieben wie die Bewegung eines mehr oder weniger lokalisierten
freien Teilchens im Wellenbild. Mathematisch kann man die Lokalisierung eines Teilchens beschreiben, indem man
den Zustand als Wellenpaket darstellt. Dies entspricht einer linearen Überlagerung von Wellen mit Wellenvektor im
Intervall {k − ∆k/2, k + ∆k/2}:
k+ ∆k
2
ψ(x, t) ∝ ∫
a(k)ei[kx−ω(k)t] dk
k− ∆k
2
ω(k) ist durch eine Dispersionsrelation bestimmt.
Abbildung 8.2: Schematische Ortsdarstellung der Zeitevolution eines Wellenpaketes
Die translatorische Bewegung des Wellenpakets wird durch die Gruppengeschwindigkeit v = ∂ω
∂k beschrieben. Die
Gruppengeschwindigkeit entspricht der Geschwindigkeit des Schwerpunkts der räumlich lokalisierten Wellen. Dies
ist zu unterscheiden von der Phasengeschwindigkeit c = ωk einer ebenen Welle. Die Wellenmechanik nach Schrödinger
enthält bereits eine Dispersionsrelation ω = c(k) ⋅ k für ein freies Elektron. Als Ergebnis breitet sich das Wellenpaket aus als Funktion der Zeit und verändert deswegen seine Form. In einem Kristall werden die Elektronen durch
Bloch-Wellen beschrieben, die durch räumlich modulierte unendlich ausgedehnte Wellen mit Wellenvektor k dargestellt werden. Um lokalisierte Elektronen in einem Kristallgitter zu beschreiben, muss man demnach Wellen-Pakete
von Bloch-Wellen einführen. Derartige Funktionen sind auch als Wannier-Funktion bekannt. Die Lokalisierung im
Ortsraum bedeutet über die Unschärferelation eine Unbestimmtheit des Impulses oder Wellenvektors. Die Geschwindigkeit v der Kristall-Elektronen ist in diesem semi-klassischen Bild gegeben durch die Gruppengeschwindigkeit
eines Bloch-Wellen-Pakets:
v = ∇k ω(k)
1
= ̵ ∇k E(k)
h
8.3
8.3. Bewegung von Elektronen in Bändern
Kapitel 8. Transport-Phänomene: Bewegung von Elektronen
Dabei ist E(k) die Wellenvektor-Abhängigkeit der Energie des Bandes, aus dem das Elektron stammt. Diese Beschreibung enthält natürlich auch den Fall des freien Elektrons, für den die Dispersion folgendermassen lautet:
̵ 2 k 2 /2m
E(k) = h
̵
⇒ v = kh/m
= p/m
Mit dem Korrespondenz-Prinzip gelangen wir zur semi-klassischen Bewegungsgleichung für ein Kristall-Elektron.
Ein Kristall-Elektron wird durch ein Wellenpaket mit mittlerem Wellenvektor k beschrieben. In Anwesenheit eines
elektrischen Feldes E gewinnt das Elektron in der Zeit δt die Energie
δE = −eE ⋅ v ⋅ δt
Dabei ist v die Gruppengeschwindigkeit des Wellenpakets. Es folgt:
δE = ∇k E(k) ⋅ δk
̵ ⋅ v ⋅ δk
=h
̵ = −eE ⋅ δt
hδk
̵ k̇ = −eE
h
Diese Bewegungsgleichung kann für ein freies Elektron direkt aus dem Korres-pondenzprinzip hergeleitet werden.
Sie bedeutet, dass sich der Wellenvektor k eines Elektrons in einem Kristall mit dem externen elektrischen Feld E
verändert. Dies kann allgemein gezeigt werden, solange die elektromagnetischen Felder klein sind gegenüber atomaren Feldern. Ausserdem müssen sie sich langsam verändern auf der Skala der atomaren Länge und Zeit. Wir schreiben
nun eine semi-klassische Bewegungsgleichung für die Kristallelektronen in Anwesenheit eines externen elektrischen
Feldes unter dem Einfluss des atomaren Kristallfeldes, das phänomenologisch in Form der Bandstruktur E(k) berücksichtigt wird.
Die Änderung der Gruppengeschwindigkeit vi eines Elektrons ist gegeben durch
1 d
v˙i = ̵ (∇k E)i
h dt
1
∂2E ˙
=̵∑
kj
∂ki ∂kj
h
j
∂2E
1
(−eE)j
= ̵2 ∑
h j ∂ki ∂kj
Diese Gleichung ist völlig analog zu der klassischen Bewegungsgleichung
v̇ =
1
(−eE)
m
einer Punktladung (−e) in einem Feld E, falls die skalare Masse m formal ersetzt wird durch den sogenannten Tensor
der effektiven Masse m∗ij mit
1
1 ∂ 2 E(k)
( ∗ ) = ̵2
m ij h ∂ki ∂kj
Das Inverse des Effektiven-Massen-Tensors ist also durch die Krümmung der Energiedispersion E(k) gegeben. Da
−1
der Massen-Tensor m∗ij sowie sein Inverses (m∗ij ) symmetrisch sind, können sie auf Hauptachsen transformiert
werden. Im einfachsten Fall, bei dem die drei effektiven Massen entlang den Hauptachsen gleich m∗ sind, erhält man
m∗ =
̵2
h
d2 E/dk 2
8.4
Kapitel 8. Transport-Phänomene: Bewegung von Elektronen
8.4. Ströme in Bändern: Elektronen und Löcher
Dies ist der Fall im Minimum oder Maximum eines “parabolischen“ Bandes, wo die E(k)-Abhängigkeit folgendermassen genähert werden kann:
̵2
h
E(k) = E0 ±
(k 2 + ky2 + kz2 )
2m∗ x
In der Nähe eines solchen Punktes ist die Effektive-Masse-Näherung besonders nützlich, da m∗ im wesentlichen
konstant ist. Weiter weg von diesem kritischen Punkt bedeutet die Abweichung der E(k)-Oberfläche von einer parabolischen Form eine m∗ (k)-Abhängigkeit.
Abbildung 8.3: Schematische Darstellung der effektiven Masse
Je stärker die Krümmung eines Bandes bei k = 0 ist, desto kleiner ist die entsprechende effektive Masse m∗ . Für die
k− bzw. E−Abhängigkeit der effektiven Masse spricht man von Nicht-Parabolizität. Ausgehend von k = 0 d.h. dem
energetischen Minimum des Bandes, nimmt die effektive Masse mit der Energie zu.
8.4
Ströme in Bändern: Elektronen und Löcher
Die effektive Masse kann ihren Wert nicht nur über weite Bereiche variieren, sondern auch ihr Vorzeichen wechseln.
Anschaulich bedeutet dies, dass sie sich entgegen ihrer eigentlichen Richtung bewegen, um zum normalen Stromfluss
beizutragen. Es stellt sich generell die Frage, wie Elektronen mit verschiedenen k-Vektoren zum elektrischen Strom
beitragen. Ein Volumenelement dk um k trägt die Teilchenstrom-Dichte jn mit
djn = v(k)
Die Zustandsdichte im k-Raum ist
entartete Zustände doppelt gezählt.
V
,
(2π)3
dk
1
= 3 ̵ ∇k E(k)dk
3
(2π)
8π h
bezogen auf das gesamte Volumen des Kristalls. Dabei werden Spin-
8.5
8.4. Ströme in Bändern: Elektronen und Löcher
Kapitel 8. Transport-Phänomene: Bewegung von Elektronen
Zusammengenommen liefern die Elektronen in einem ganz gefüllten Band den folgenden Beitrag zur elektrischen
Stromdichte j:
−e
j = 3 ̵ ∫ ∇k E(k)dk
8π h
1.BZ
Da das Band ganz gefüllt ist, erstreckt sich das Integral über die 1. Brillouin-Zone. Damit gibt es für jede Geschwindigkeit
∇k E(k)
v(k) =
̵
h
auch einen Beitrag von v(−k). Da das reziproke Gitter die Punktsymmetrie des realen Gitters besitzt, erhält man für
Kristallstrukturen mit Inversionssymmetrie
E(k) = E(−k)
Für die beiden Spin-Zustände ↑ und ↓ kann dies für Kristallstrukturen ohne Inversionssymmetrie verallgemeinert
werden
E(k ↑) = E(−k ↓)
Der Beweis folgt aus der Zeitumkehr-Invarianz der Schrödinger-Gleichung, wenn die Spin-Variablen berücksichtigt
werden. Der Einfachheit halber nehmen wir Spin-Entartung an und erhalten für die Elektronen-Geschwindigkeit
1
v(−k) = ̵ ∇−k E(−k)
h
1
= − ̵ ∇k E(k)
h
= −v(k)
Dies bedeutet, dass die Stromdichte, die von einem gefüllten Band getragen wird, identisch verschwindet
j(volles Band) = 0
Falls ein Band nur teilweise besetzt ist, dann wird ein externes elektrisches Feld E entsprechend der Gleichung
̵ k̇ = −eE
h
die Zustände so umverteilen, dass sie nicht mehr symmetrisch um k = 0 angeordnet sind. Die Verteilung der besetzten
Zustände ist dann nicht mehr symmetrisch bei einer Inversion, da E eine Richtung auszeichnet. Deswegen ist der
Strom verschieden von Null
j(teilweise gefülltes Band) ≠ 0
Das Integral erstreckt sich jetzt nur über die besetzten Zustände und nicht über die gesamte Brillouin-Zone, so dass
man folgendes Ergebnis erhält:
j=
−e
8π 3
∫
v(k)dk
k besetzt
−e
−e
= 3 ∫ v(k)dk − 3 ∫ v(k)dk
8π
8π
1.BZ
k leer
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
=0
+e
= 3 ∫ v(k)dk
8π
k leer
Der gesamte Strom als Integral über die besetzten Zustände eines teilweise gefüllten Bandes kann formal aufgefasst
werden als Strom von positiv geladenen Teilchen, denen die unbesetzten Zustände des Bandes zugewiesen werden.
Diese Quasi-Teilchen werden Löcher genannt. Sie werden durch Bewegungsgleichungen beschrieben ähnliche denjenigen für Elektronen.
8.6
Kapitel 8. Transport-Phänomene: Bewegung von Elektronen
8.5. Streuung von Band-Elektronen
Löcher verhalten sich auch dynamisch bezüglich elektrischen Feldern wie positiv geladene Teilchen. Falls ein Band
fast gefüllt ist, so erhält nur der höchstenergetische Teil in der Nähe des Maximums des Bandes unbesetzte Zustände.
Im thermodynamischen Gleichgewicht besetzen die Elektronen die tiefsten Energie-Zustände. Löcher findet man nur
an der oberen Kante des Bandes. In der Nähe des Bands-Maximums lautet E(k) in der parabolischen Näherung
E(k) = E0 −
̵ 2 k2
h
2∣m∗∧ ∣
m∗∧ bezeichnet die effektive Masse an der Oberkante des Bandes, d.h. m∗∧ < 0. Damit ergibt sich für die Beschleunigung eines Loches in einem dieser Zustände unter dem Einfluss eines elektrischen Feldes
1 d
v̇ = ̵ ∇k E(k)
h dt
1 ̵
=− ∗ h
k̇
∣m∧ ∣
e
=+ ∗ E
∣m∧ ∣
Dabei bezeichnen ∇k E und k̇ die unbesetzten elektronischen Zustände. Die Bewegungsgleichung ist diejenige eines
positiv geladenen Teilchens mit einer positiven effektiven Masse. Löcher an der Band-Oberkante haben eine positive
effektive Masse. Aus der Tatsache, dass ein vollbesetztes Band keinen Strom leiten kann, folgt sofort, dass ein Kristall
mit einer Energielücke zwischen dem höchsten besetzten und tiefsten unbesetzten Band ein Isolator sein muss. Dies
ist nur streng wahr für Temperatur T = 0 Da die Fermi-Verteilung jedoch für T ≠ 0 und E ≫ EF endlich ist, gibt es
immer einige wenige thermisch angeregte Ladungsträger im tiefsten nichtbesetzten Band, dem sogenannten Leitungsband. Dies führt bei einem angelegten elektrischen Feld zu einem Stromfluss. Thermische Anregungen lassen auch
Löcher im höchsten besetzten Band erscheinen, dem sogenannten Valenzband.Dies kann ebenso zu Stromfluss führen. Bei T ≠ 0 wird der Strom sowohl durch Elektronen wie durch Löcher getragen. Dieses Verhalten ist typisch für
Halbleiter und Isolatoren. Die Leitfähigkeit eines Materials bei Raumtemperatur hängt hauptsächlich von der Grösse der Energielücke ab, über die die Elektronen thermisch angeregt werden müssen. Ein Material mit einem teilweise
gefüllten Band ist demnach ein Metall. Die Zahl der freien Ladungsträgers ist im wesentlichen temperaturunabhängig.
8.5
Streuung von Band-Elektronen
Elektronen, die durch ein elektrisches Feld beschleunigt werden, werden im Kristall gestreut. Falls es keine Streuung gäbe, so gäbe es keinen elektrischen Widerstand. Entsprechend der semi-klassischen Vorstellung würden die
Ladungen immer weiter fliessen, wenn sie einmal durch ein elektrisches Feld in Bewegung versetzt worden sind. Dies
entspricht dem Phänomen der Supra-leitung, das jedoch einen ganz anderen physikalischen Hintergrund hat. Normale
Leiter haben einen endlichen, manchmal sogar hohen elektrischen Widerstand. Was sind also die wichtigen Streuprozesse für Elektronen, die durch ein externes elektrisches Feld beschleunigt werden?
Im klassischen Bild folgt man dem Drude-Bild, obwohl Drude (1900) fälschlicherweise davon ausgegangen war,
dass die Elektronen an den positiven Ionenrümpfen des periodischen Gitters gestreut würden. Dies würde eine mittlere freie Weglänge im Å-Bereich =
ˆ Gitterkonstante ergeben. Tatsächlich findet man im Experiment Werte, die ungefähr
2 Grössenordnungen grösser sind.
Inzwischen wissen wir, dass ein perfekt periodisches Potential nicht zu Streuung führt. In der Ein-Elektronen-Näherung
ist das evident, da die Bloch-Wellen, die durch das Gitter laufen, stationäre Lösungen der Schrödinger-Gleichung
sind. Da die Grösse ψ ∗ ψ = ∣ψ∣2 zeitunabhängig ist, beschreiben diese Lösungen die ungestörte Ausbreitung von
Elektronen-Wellen. Diese Ergebnisse gelten natürlich auch für Pakete von Bloch-Wellen, mit denen man lokalisierte
Elektronen beschreibt. Abweichungen von dieser ungestörten Ausbreitung, d.h. Störungen der stationären BlochZustände können auf zwei verschiedene Weise auftreten:
8.7
8.5. Streuung von Band-Elektronen
Kapitel 8. Transport-Phänomene: Bewegung von Elektronen
1. In der Ein-Elektronen-Näherung werden die Wechselwirkungen der Elektronen untereinander vernachlässigt.
Die einzige mögliche Quelle für die Streuung von Elektronen sind Abweichungen von einer strikten Periodizität
des Gitters, also z.B.
- Defekte im Gitter, die fest sind im Raum und Zeit (Störstellen etc.)
- Abweichungen von der Periodizität, die sich mit der Zeit verändern, z.B. Gitterschwingungen
2. Elektron-Elektron-Streuung ist im Konzept des nicht-wechselwirkenden Fermi-Gases nicht enthalten, kann aber
die stationären Bloch-Zustände stören. Dieser Effekt ist jedoch im Allgemeinen viel schwächer als derjenige
unter 1.
Die entscheidende Grösse für die Beschreibung der Streuung von Elektronen ist die Wahrscheinlichkeit ωk,k′ ,dass ein
Elektron aus einem Bloch-Zustand ψk (r) in einen Zustand ψk′ (r) gestreut wird unter dem Einfluss einer KristallStörung. Entsprechend der quantenmechanischen Störungstheorie ist die Übergangswahrscheinlichkeit gegeben durch
ωk,k′ ∝ ∣⟨k′ ∣H′ ∣k⟩∣2 = ∣∫ drψk∗′ (r)H′ ψk (r)∣
2
wobei H′ die Störung des Hamilton-Operators ist. Wegen des Bloch-Charakters von ψk (r) ergibt sich
∣⟨k′ ∣H′ ∣k⟩∣ = ∫ dr ⋅ u∗k′ e−ik ⋅r H′ uk eik⋅r
′
Falls H′ nur von Koordinaten im Ortsraum abhängt, so kann obiger Ausdruck als ein Fourier-Integral angesehen werden. Falls H′ (r) ein zeitunabhängiges Potential ist, so erwarten wir ausschliesslich elastische Streuung mit Energieerhaltung. Die Argumentation erfolgt analog der Behandlung der Streuamplitude für Streuung an periodischen
Strukturen. Falls H′ (r, t) ein zeitlich veränderliches Potential enthält, wie es zum Beispiel bei einer Gitterschwingung (Phonon) der Fall wäre, so wäre die Streuung inelastisch. Dabei gilt die Energieerhaltung auch für die Streuung
von Leitungselektronen durch Phononen.
̵
E(k′ ) − E(k) = hω(q)
Bei der Streuung durch ein Phonon mit Wellenvektor q enthält das Störpotential H′ eine Ortsabhängigkeit eiq⋅r . Die
Streuwahrscheinlichkeit enthält daher ein Matrix-Element der Form
⟨k′ ∣eiq⋅r ∣k⟩ = ∫ dr ⋅ u∗k′ uk ei(k−k +q)⋅r
′
Da die Funktion uk , uk′ die Periodizität des Gitters haben, können sie in eine Fourier-Reihe in Form von reziproken
Gittervektoren entwickelt werden. Das obige Matrix-Element ist daher nur dann verschieden von Null, wenn
k′ − k = q + G
Innerhalb eines reziproken Gittervektors G entspricht dies der Impuls-Erhaltung. Dabei ist k der Wellenvektor eines
̵ der tatsächliche Impuls. Mit der KomBloch-Zustandes, d.h. eine Quantenzahl. Nur für ein freies Elektron ist hk
bination von Energie- und Impuls-Erhaltung kann die Streuung von Bloch-Elektronen im Teilchenbild beschrieben
werden.
Was passiert, wenn man die Elektron-Elektron-Streuung berücksichtigt? Man kann zeigen, dass in einem Viel-TeilchenBild die Energie- und Wellenvektor-Erhaltung ebenfalls gilt. Für die Kollision zweier Elektronen ergibt sich
E1 + E2 = E3 + E4
wobei
Ei = E(ki )
den Ein-Teilchen-Energien eines Elektrons in einem nicht-wechselwirkenden Fermi-Gas entsprechen.
k1 + k2 = k3 + k4 + G
8.8
Kapitel 8. Transport-Phänomene: Bewegung von Elektronen
8.5. Streuung von Band-Elektronen
Abbildung 8.4: k-Erhaltung in der Form k1 − k3 = k4 − k2 bedeutet, dass die Linien, die 1 - 3 und 2 - 4 verbinden,
gleich lang und parallel sind.
Aufgrund der Stärke der Coulomb-Wechselwirkung sowie der hohen Packungsdichte der Elektronen würde man eine
hohe Streurate erwarten. Das Pauli-Ausschliessungsprinzip verbietet jedoch die meisten derartigen Prozesse. Nehmen
wir an, dass ein Elektron einen Zustand mit der Energie E1 > EF besetzt, einen angeregten Zustand knapp über der
Fermi-Energie. Das zweite Elektron, das an der Kollision beteiligt ist, ist unter dem Ferminiveau bei E2 > EF . Um
in die Zustände E3 und E4 zu streuen verlangt das Pauli-Prinzip, dass diese Zustände leer sind, d.h. E3 > EF , E4 > EF
Die Energieerhaltung erfordert
E1 + E2 = E3 + E4 > 2EF
sowie
(E1 − EF ) + (E2 − EF ) > 0
Falls (E1 − EF ) < 1
(1 ≪ EF ), d.h. E1 ist knapp ausserhalb der Fermi-Fläche, so muss gelten
∣(E2 − EF )∣ = ∣2 ∣ < 1
d.h. E2 ist knapp unter dem Fermi-Niveau. Deshalb kann nur der Teil 2 /EF aller Elektronen mit dem Elektron im
Zustand E1 streuen. Falls E1 + E2 in einer Kugelschale ±1 um EF sind, dann müssen E3 + E4 ebenfalls in der Schale
±1 um EF liegen (siehe auch Abb. 8.4).
Weil nur ein Teil ∼ 1 /EF aller besetzten Zustände erlaubte Endzustände sind, reduziert das Pauli-Prinzip die Streuwahrscheinlichkeit um den Faktor 1 /EF . Die thermische Verschmierung der Fermi-Funktion ist von der Grössenordnung kT . Die Endzustände E müssen innerhalb dieser Energie von EF liegen, d.h. 1 ∼ kT . Die temperaturabhängige
Erniedrigung des Streuquerschnitts für Elektron-Elektron-Streuung aufgrund des Pauli-Prinzips kann ungefähr abgeschätzt werden:
kT 2
Σ∝(
) Σ0
EF
Σ0 : Streuquerschnitt für ein klassisches Gas abgeschirmter Ladungen ohne Pauli-Prinzip.
Der Streuquerschnitt für die Streuung eines Elektrons an einem Gitterdefekt sei von der Grössenordnung ∑0 . Die
Wahrscheinlichkeit für Elektron-Elektron-Streuung bei einer Temperatur von 1 K ist damit um einen Faktor 10−10
kleiner als derjenige für die Streuung eines Elektrons an einem Defekt (EF /kB ∼ 105 k). Diese Betrachtung erklärt
8.9
8.6. Boltzmann-Gleichung und Relaxationszeit
Kapitel 8. Transport-Phänomene: Bewegung von Elektronen
qualitativ, warum das Pauli-Prinzip dazu führt, dass die Elektronen in einem Festkörper als quasi nicht-wechselwirkende
Teilchen betrachtet werden können. Deshalb konzentrieren wir uns auf die Streuung von Elektronen an Defekten und
Phononen.
8.6
Boltzmann-Gleichung und Relaxationszeit
Damit ein elektrischer Strom fliesst, werden Elektronen durch ein elektrisches Feld beschleunigt und dann durch Defekte oder Phononen gestreut. Das Gleichgewicht, das sich im stationären Zustand einstellt, wird durch die BoltzmannGleichung beschrieben. Damit kann man berechnen, wie sich die Gleichgewichtsverteilung der Ladungsträger in Anwesenheit externer Kräfte verändert. Im thermodynamischen Gleichgewicht ohne externe Felder ist diese Verteilung
durch die Fermi-Funktion gegeben.
1
f0 [E(k)] = (E(k)−E )/kT
F
e
+1
Ausserhalb des Gleichgewichts wird diese Funktion zusätzlich von Ort und Zeit abhängen.
f → f (r, k, t)
Für die weitere Herleitung betrachten wir zunächst den Effekt externer Felder und führen dann die Streuung als Korrektur ein.
Externes Feld: E ≠ 0 ⇒ Elektron am Ort r mit Wellenvektor k zur Zeit t, hat zum Zeitpunkt t − dt die Koordinaten:
dt
(r − v(k)dt, k − (−e)E ̵ ) e = ∣e∣ > 0
h
Mit Streuung muss ein Elektron bei r, k zur Zeit t folgendermassen ankommen:
dt
∂f
f (r, k, t) = f (r − vdt, k + eE ̵ , t − dt) + ( ) dt
∂t S
h
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
Streuung
Entwicklung für kleine Zeiten, d.h. linear in dt:
∂f
e
∂f
+ v ⋅ ∇r f − ̵ E ⋅ ∇k f = ( )
∂t
h
∂t S
Dies nennt man die Boltzmann-Gleichung. Quantenmechanische Streuwahrscheinlichkeit:
ωkk′ ∝ ∣⟨k′ ∣H∣k⟩∣2
⇒(
∂f (k)
V
)=
∣∫ dk′ {[1 − f (k)] ωkk′ f (k′ ) − [1 − f (k′ )]ωk′ k f (k′ )}∣
∂t
(2π)3
ωkk′ : Streuereignisse von besetzten Zuständen k′ in unbesetzte Zustände k
ωkk′ : Streuereignisse vom Zustand k in einen anderen Zustand k′
Um die Rechnung zu vereinfachen, geht man zum sogenannten Relaxationszeit-Ansatz über. Man nimmt an, dass
die Rate, mit der sich f der Gleichgewichts-Verteilung f0 nähert, aufgrund von Streuung proportional zur Differenz
f − f0 ist:
f (k) − f0 (k)
∂f
( ) =−
∂t S
τ (k)
Die sogenannte Relaxationszeit τ (k) hängt nur von der Position des Zustands im k-Raum ab. Im Bild lokalisierter
Elektronen entspricht dies dem mittleren k−Wert im Wellenpaket. Für eine räumlich inhomogene Verteilung hängt
die Relaxationszeit τ (k, r) auch vom Ort r ab. Die Verteilung f (r, k, t) ist definiert für Volumen-Elemente dr, die
gross sind gegenüber atomaren Dimensionen, jedoch klein verglichen mit den makroskopischen Distanzen, über die
8.10
Kapitel 8. Transport-Phänomene: Bewegung von Elektronen
8.6. Boltzmann-Gleichung und Relaxationszeit
ein Strom, Wärmefluss etc., sich signifikant ändern.
Zentraler Gedanke des Relaxations-Zeit-Modells: Streuung bringt ein System, das sich ausserhalb des thermodynamischen Gleichgewichts befindet, zurück ins Gleichgewicht.
Ein externes Feld erzeugt eine stationäre Nicht-Gleichgewichts-Verteilung fstat (k). Falls das externe Feld ausgeschaltet wird, so gilt:
∂f f − f0
=
∂t
τ
Mit der Anfangsbedingung
f (t = 0, k) = fstat
folgt die Lösung
f − f0 = (fstat − f0 )e−t/τ
Die Abweichung der Verteilung f von der Gleichgewichtsverteilung f0 (k) fällt exponentiell mit der Relaxationszeit
τ ab. Die Relaxationszeit τ ist damit die Zeitkonstante, mit der das Nicht-Gleichgewicht durch Streuung zurück zum
Gleichgewichts-Zustand findet, nachdem die externe Störung abgeschaltet wurde.
In einem weiteren Schritt erlaubt die Boltzmann-Gleichung eine ungefähre Lösung der stationären Nicht-GleichgewichtsVerteilung, die sich unter einem zeitlich konstanten externen Feld einstellt. Falls f unabhängig vom Ort ist ∇r f = 0
dann gilt für den stationären Zustand ( ∂f
∂t = 0)
e
f (k) − f0 (k)
− ̵ E ⋅ ∇k f = −
τ
h
e
⇒ f (k) = f0 (k) + ̵ τ (k)E ⋅ ∇k f (k)
h
Diese Differential-Gleichung für f (k) kann iterativ gelöst werden, indem zunächst ∇k f (k) durch ∇k f0 angenähert
wird:
⇒f ∼E
Diese Lösung wird als neue Gleichgewichts-Verteilung wieder in die Boltzmann-Gleichung gesteckt, um eine neue
Lösung für f mit
f ∼ E2
zu finden. Durch mehrmaliges Einsetzen erhält man einen Ausdruck für f in Potenzen von E. Falls wir nur an Phänomenen interessiert sind, die linear vom elektrischen Feld abhängig sind, zum Beispiel Ohm’sches Verhalten, so
können wir uns auf den ersten Schritt der Iteration beschränken. Dies ergibt die linearisierte Boltzmann-Gleichung
für die Bestimmung der Nicht-Gleichgewichts-Verteilung:
e
f (k) = f0 (k) + ̵ τ (k)E ⋅ ∇k f0 (k)
h
In der Näherung kleiner elektrischer Felder, d.h. kleiner Abweichungen vom thermodynamischen Gleichgewicht,
findet man folgende Entwicklung:
e
f (k) = f0 (k + ̵ τ (k)E)
h
Die stationäre Verteilung, die bei einem externen Feld E entsteht in Anwesenheit von Streuung, kann daher durch
̵ verschobene Fermi-Verteilung dargestellt werden (siehe Abb. 8.5).
eine um eτ E/h
Welche Art von Streuung ist wichtig, um das thermodynamische Gleichgewicht zu erreichen? Im Falle rein elastischer
Streuung wird die Energie und damit der Betrag des Wellenvektors erhalten.
Durch elastische Streuung kommt man vom Zustand A (innerhalb der verschobenen Fermi-Kugel, siehe Abb. 8.6) zum
Zustand B, der ausserhalb der Fermi-Kugel des Gleichgewichtszustands liegt. Die Fermi-Kugel vergrössert sich also
durch elastische Streuung. Es braucht inelastische Streuung, bei der die Elektronen mit grossen kx -Wellenvektoren
zurück in die Fermi-Kugel der Gleichgewichts-Verteilung gestreut werden. Streuprozesse mit Phononen oder anderen
Elektronen sind also essentiell für die Erreichung des thermodynamischen Gleichgewichts.
8.11
8.7. Elektrische Leitfähigkeit von Metallen
Kapitel 8. Transport-Phänomene: Bewegung von Elektronen
ky
f
kx
kF
"k x = #
!kx
!
e$
Ex
!
kx
f-f0
!kx
kx
kF
Abbildung 8.5: Verschobene Fermikugel im reziproken Raum, sowie der quantitative Vergleich von f zu f0 .
ky
B
A
kx
!kx
Abbildung 8.6: Schema der verschobenen Fermikugel, mit den Punkten A und B.
8.7
Elektrische Leitfähigkeit von Metallen
Lange bevor eine exakte Theorie von Festkörpern verfügbar war, entwickelte Drude um das Jahr 1900 ein Modell für
die metallische Leitfähigkeit basierend auf dem idealen Elektronengas. Für ein ideales Elektronengas in einem externen elektrischen Feld E wird die Dynamik der Elektronen durch die klassischen Bewegungsgleichungen beschrieben.
Die Streuzeit τ beschreibt in diesem Fall die Relaxation, mit der sich die Geschwindigkeit der Teilchen exponentiell
der thermischen Geschwindigkeit annähert. Im klassischen Modell tragen alle Ladungsträger zum Strom bei, was dem
Pauli-Prinzip widerspricht.
Betrachte für den quantenmechanischen Fall den Beitrag von Elektronen in einem Volumen dk zur Teilchenstromdichte, Besetzungswahrscheinlichkeit sei f (k)
Teilchenstromdichte: jn =
1
8π 3
∫ v(k) ⋅ f (k) ⋅ dk Integration im k-Raum
1.BZ
Wir konzentrieren uns auf Effekte, die linear sind im elektrischen Feld.
8.12
Kapitel 8. Transport-Phänomene: Bewegung von Elektronen
8.7. Elektrische Leitfähigkeit von Metallen
Elektrische Stromdichte für elektrisches Feld in x-Richtung:
j=
−e
∫ v(k) ⋅ f (k) ⋅ dk
8π 3
1.BZ
−e
eτ (k) ∂f0
] ⋅ dk
= 3 ∫ v(k) ⋅ [f0 (k) + ̵ Ex
8π
h
∂kx
1.BZ
Mit f (k) = f0 (k) +
∂f eτ (k)
̵ E
∂k h
= f0 (k) +
∂f eτ (k)
̵ Ex
∂kx h
Isotropes Medium und kubisches Gitter: jy = 0 = jz für elektrisches Feld in x-Richtung
Integral über gesamte BZ, f0 (k) hat Inversionszentrum um k = 0
⇒ ∫ vx ⋅ f0 (k) ⋅ dkx = 0
Weiter gilt:
∂f0 ∂f0 ∂E ∂f0 ̵
=
=
hvx
∂kx ∂E ∂kx ∂E
Damit folgt für die elektrische Stromdichte:
j=
−e2
∂f0
Ex ∫ vx2 ⋅ τ (k) ⋅
⋅ dk
3
8π
∂E
1.BZ
spezifische Leitfähigkeit:
σ=
∂f0
jx −e2
2
⋅ dk
=
∫ vx ⋅ τ (k) ⋅
Ex 8π 3
∂E
1.BZ
df/dE
Breite der Fermi-Verteilung ist ca. 4kT
4kT
Ausserdem ist f0 inversionssymmetrisch um den Punkt
(EF , f0 (EF ) = 1/2)
E
EF
Abbildung 8.7: Ableitung der Fermiverteilung
∂f0
≈ −δ(E − EF )
∂E
dk = dSE dk⊥ = dSE
dE
dE
= dSE ̵
∣∇k E∣
hv(k)
Diese Ergebnisse eingesetzt in Ausdruck für die Leitfähigkeit mit dE = ∣∇k E∣dk⊥ :
e2
vx2
dS
dE
⋅ τ (k) ⋅ δ(E − EF )
E
∫
̵
8π 3 h
v(k)
e2
v2
= 3 ̵ ∫ dSE x ⋅ τ (k)
8π h
v(k)
σ=
E=EF
8.13
8.7. Elektrische Leitfähigkeit von Metallen
Kapitel 8. Transport-Phänomene: Bewegung von Elektronen
Im allgemeinen Fall ändern sich v(k) und τ (k) über die Fermifläche
Näherung für einen mittleren Wert:
⟨
vx2 τ (k)
v(k) ⟩E
gemittelt über die Fermi-Fläche
F
Spezialfall: Fermi-Kugel, d.h. freie Elektronen mit einer konstanten effektiven Masse
1
⟨vx2 ⟩ = ⟨v 2 ⟩
3
2
v τ (k)
1
⇒⟨ x
⟩ = v(EF )τ (EF )
v(k) EF
3
Ergebnis: die elektrische Leitfähigkeit σ eines Metalls kann ausgedrückt werden als Oberflächenintegral über die
Fermi-Fläche E(k) = EF im k-Raum. σ ist eine Funktion von v(EF ) sowie τ (EF )
Diese Überlegungen zeigen, dass nur Elektronen in der Nähe der Fermifläche relevant sind für den Stromtransport in
Metallen. Dies entspricht den Forderungen des Pauli-Prinzips.
ky
kx
Elektronen tief unter der Fermi-Energie werden durch
die Verschiebung der Fermi-Kugel nicht beeinflusst (siehe
Abb. 8.8).
Abbildung 8.8: Verschobene Fermikugel für
ein angelegtes elektrisches
Feld
Einfachster Fall:
• Leitungsband eines Metalls
• kT << EF
• konstante effektive Masse m∗
⇒ v(EF ) =
∫
̵ F
hk
m∗
dSE = 2 ⋅ 4πkF2
E=EF
kT << EF ⇒ n =
2 ⋅ 43 πkF3
→ kF3 = 3π 2 n
8π 3
Damit ergibt sich folgender Ausdruck für die Leitfähigkeit:
σ=
e2 τ (EF )n
m∗
µ=
e
τ (EF )
m∗
Beweglichkeit:
8.14
Kapitel 8. Transport-Phänomene: Bewegung von Elektronen
8.8. Das Wiedemann-Franz-Gesetz
Diese Ausdrücke sind formal äquivalent zum Drude-Modell. Allerdings ist die Interpretation eine gänzlich Andere.
Sowohl im Drude-Modell als auch bei der QM-Rechnung hängt die Leitfähigkeit von der Gesamtzahl der Ladungsträger n ab.
QM: dies kommt von der Integration im k-Raum
Drude: alle Ladungsträger nehmen am Transport teil
Die Ähnlichkeit der mathematischen Ausdrücke erklärt, warum man mit dem Drude-Modell so weit kommt.
Halbleiter: Ladungsträgerdichte n hängt stark von der Temperatur ab
Metalle: Ladungsträgerdichte praktisch temperaturunabhängig, aber Beweglichkeit µ bzw. Relaxationszeit τ (EF )
stark temperaturabhängig, wichtigste Streumechanismen sind Phononen und Defekte.
Annahme: Phononenstreuung und Streuung an Defekten sind voneinander unabhängig
Gesamte Streuwahrscheinlichkeit ist Summe der beiden individuellen Streuraten
1
τ ges
=
1
τ Phonomen
+
1
τ Defekt
Streuung an Defekten hängt nicht von der Temperatur ab, d.h. τDefekt ist eine Konstante, die von den Verunreinigungen
des Kristalls abhängt
Phononen: Gitterschwingungen hängen stark von der Temperatur ab
Phononen-Frequenzen enthalten Informationen über die elastischen Eigenschaften des Materials
Gesamtwiderstand: ρMetall (T ) = ρPhonomen (T ) + ρDefekte
ρ
≈T
ρ Defekte
≈T5
T
Abbildung 8.9: Schematische Widerstandskurve als Funktion der Temperatur
Abbildung 8.10: Gemessener elektrischer Widerstand von
Natrium
8.8
Das Wiedemann-Franz-Gesetz
Welchen Beitrag zur thermischen Leitfähigkeit eines Festkörpers liefern die Elektronen? Die thermische Stromdichte
lautet:
∂f0
∂T
jQx = ∫ dk(E − EF )vx2 (k)τ (k)
(−
)
∂T
∂x
Während der elektrische Strom durch ein elektrisches Feld getrieben wird, braucht es für den thermischen Transport
einen Temperaturgradienten.
Annahme: sphärische Fermi-Fläche und τ = τ (E) → Beziehung zur spez. Wärme
8.15
8.8. Das Wiedemann-Franz-Gesetz
Kapitel 8. Transport-Phänomene: Bewegung von Elektronen
Thermische Leitfähigkeit:
1
λE = vF2 τ (EF ) ⋅ Cv
3
π2
k2 T
λE =
τ (EF ) ⋅ n ⋅
3
m∗
für freies Elektronengas
⇒ Quotient thermische/elektrische Leitfähigkeit
2
λE π 2 k
= ( ) T
δ
3 e
Wiedemann-Franz-Gesetz
π2 k 2
( )
3 e
= Lorenz-Zahl
Metall
Na
Au
Pt
Lexp = λE /δT Ltheoretisch
[10−8 WΩK−2 ]
2.10
2.35
2.51
2.45
1.10
1.37
Für tiefe Temperaturen beschreibt das Wiedemann-Gesetz immer weniger die Realität, weil die beiden Streuzeiten,
die elektrischen und thermischen Transport beschreiben, verschieden werden:
σ ∶ j folgt aus einer Verschiebung der Fermi-Kugel um δk
⇒ Relaxation braucht Streuvektoren q ≈ 2kF
λE : Elektronen mit Wellenvektor +kF haben eine andere effektive Temperatur als Elektronen mit −kF ⇒ thermischer Strom
̵ F , damit die Energieniveaus von Elektronen nahe an der Fermi⇒ Relaxation erfordert Wellenvektoren mit q ≈ kT /hv
Energie geändert werden können. Tiefe Temp. ⇒ Verfügbare Phononen haben hauptsächlich kleine q ⇒ L sinkt mit
der Temperatur.
8.16
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