Unternehmensstrategie als Inspiration STATE OF THE ART D ie Kuoni Group publizierte ihren Geschäftsbericht 2015 zum ersten Mal nur über digitale Kanäle. Diese «Online-First-Strategie» entstand aufgrund einer Neuorientierung des Schweizer Unternehmens. VON SIMON WOLANIN ■■Eine Firma, die sich immer wieder durch innovative Geschäftsberichte auszeichnet, ist die Kuoni Group. Während das Reisedienstleistungsunternehmen bis 2014 insbesondere durch spektakuläre Print-Reports für Aufsehen sorgte, setzte man 2015 zum ersten Mal auf «Online First». Dieser Strategiewechsel kommt nicht zufällig. 2015 gab es bei der Kuoni Group einige Änderungen. Das traditionelle B2C-Reiseveranstaltergeschäft wurde verkauft. Die Fokussierung liegt neu auf globalen B2B-Geschäftsfeldern. Entsprechend gibt es kein Retailgeschäft mehr in der Schweiz und es sind nur noch 250 Mitarbeiter statt 8000 in der Schweiz tätig. «Nicht mehr in erster Linie ein Markenbotschafter» Aufgrund des weggefallenen Retailgeschäftes in der Schweiz hat man bei Kuoni beschlossen, keine Printausgabe des Geschäftsberichtes mehr zu realisieren. Alle Inhalte sind ausschliesslich digital verfügbar und reflektieren so die strategische Neuausrichtung der Kuoni Group zu einem Unternehmen mit verstärkt digitalen Dienstleistungen für die globale Reiseindustrie. «Der Geschäftsbericht ist dabei nicht mehr in erster Linie ein Markenbotschafter», erklärte Peter Brun, Chief Communications Officer der Kuoni Group im Rahmen einer «Best Practice»Session am GeschäftsberichteSymposium. Bei der Umsetzung setze man bei Kuoni auf den Ansatz «Simplicity First». Das bedeutet konkret: eine klare Struktur, einen Mehrwert durch Reduktion und eine stringente und mediengerechte Umsetzung. Der Geschäftsbericht wurde zusammen mit der Agentur Noord konzipiert und gestaltet. Bei der Umsetzung setzte man auf das Tool «ns.wow» von Neidhart + Schön. Mit dem flexiblen Tool ist die Erstellung redaktioneller­ Marketing & Kommunikation 8/16 pen zu analysieren und zu priorisieren. «‹Online First› muss im Einklang mit Unternehmensstrategie, Reputation und Erwartungshaltung sein», so Peter Brun. Die Kosten können deutlich reduziert werden, wenn für die Online- und die PDF-Version nur ein Kanal, ein System und ein Layout verwendet wird. Beim Inhaltskonzept sei es wichtig, mit einem «roten Faden» Orientierung zu schaffen. Auch sollte die Mehrfachverwendung der Inhalte, beispielsweise via Social Media, Intranet, Corporate Publishing, festgelegt werden. Beim digitalen Reporting ist weniger oft mehr: Gefragt sind kurze, verständliche Texte. Die digitale Welt bietet viele Mehrwerte für die Stakeholder, sei es mit einer Bildsprache, Videos, Infografiken, einer Volltext-Suche oder Excelund PDF-Downloads. Jede Information sollte dabei für den User mit wenigen Klicks abrufbar sein. Gutes Produktionstool kann vieles vereinfachen Die Kuoni Group setzt bei ihrem Geschäftsbericht 2015 auf «Online First». Beiträge im Web auf allen digitalen Kanälen möglich. Online First polarisiert «Der Ansatz Online First polarisiert», sagt Peter Brun. «Es war deshalb Überzeugungsarbeit nötig.» Es herrsche oft immer noch die Vorstellung, dass ein Geschäftsbericht gedruckt sein müsse – auch weil das Haptische fehle und online nicht nachhaltig und verbindlich sei. Doch ein Online-Geschäftsbericht bringt auch viele Vorteile mit sich. Er ermöglicht beispielsweise eine effizientere Produktion mit geringeren Kosten. Die Inhalte können massgeschneidert auf den Nutzer ausgerichtet und zudem via Social Media verbreitet werden. Auch der Aufwand für den Geschäftsbericht im folgenden Jahr ist deutlich geringer. Gefragt sind kurze, verständliche Texte Analyse für Optimierung im Doch was braucht es alles, damit kommenden Jahr ein Online-Geschäftsbericht erfolgreich wird? Zuerst gilt es, die Zielsetzung für einen Geschäftsbericht zu definieren, die Zielgrup- Checkliste Digitales Reporting ■■ Im Rahmen der Session IV / Digitales Reporting am Geschäftsberichte-Symposium veröffentlichte das Center for Corporate Reporting zusammen mit der Kuoni Group eine Checkliste für Digitales Reporting. Die Liste umfasst folgende Punkte: 1. (Strategische) Rahmen­ bedingungen 2.Story/Redaktion 3.Konzept/Design 4.Partnermanagement Schliesslich geht es auch darum, die richtigen Partner auszuwählen, welche über Erfahrung in Web-Design und für Anforderungen der Geschäftsberichtinhalte verfügen. Dabei gilt es, die Schnittstelle zwischen Designern und Webentwicklern zu klären. Ein gutes, flexibles Produk­ tionstool kann vieles vereinfachen. Je nachdem, wozu das Tool fä­hig ist, können auch die Designwünsche realisiert werden. Bei einem intuitiven Tool ist zudem nur wenig Schulung nötig. 5.Projektmanagement/Prozesse 6.Produktion/Technik 7. Going Live/Veränderungs­ management 8.Push-Massnahmen 9.Wirkungsmessung 10.Debriefing/Learnings für das nächste Jahr Die Checkliste kann per E-Mail via [email protected] bestellt werden. In der Endphase vor dem «Go Live» gilt es, den Prozess für die letzten Korrekturen zu definieren und die Abnahmeprozesse intern und mit externen Partnern festzulegen. Externe und interne Stakeholder sollten über «Online First» informiert und auf die Veränderung vorbereitet werden. Um die Inhalte nach der Veröffentlichung multiplizieren zu können, sollte ausserdem eine MultichannelStrategie geplant werden. Schliesslich liegt der Vorteil eines Online-Geschäftsberichts auch darin, dass das Lese- und Nutzungsverhalten genau analysiert werden kann. Mit dem passenden Tool lassen sich dadurch wichtige Erkentnisse gewinnen, um den Geschäftsbericht im folgenden Jahr zu optimieren. n Dossier 5