10. System der syntaktischen Funktionen 10.1. Die Bestimmung der Satzglieder Satzgliedfunktionen: in Konstituentengrammatiken und in DG-en eine sekundäre Rolle Konstituentengrammatik: Relationen zwischen Konstituenten (z.B. die NP unter S ist das Subjekt d e s S a t z e s ) . Valenzgrammatik: funktionale Unterteilung der Verbdependentien (Modifizierung der traditionellen Satzgliedlehre, z.B. bei ENGEL (1992) oder ZIFONUN et al. (1997)) HELBIG/BUSCHA (1991) behalten die Einteilung der Satzglieder → parallele Behandlung von Funktionen und Valenzbindungen Satzgliedkriterien: 1. Beweglichkeit im Satz (auch Erststellenfähigkeit) 2. Anaphorisierbarkeit (Fragewörter sind auch Anaphern) nicht anaphorisierbar sind z.B. Modalwörter wie vielleicht, glücklicherweise, aber sie sind erststellenfähig (1) Vielleicht schreiben wir auch eine Klausurarbeit. ? nichtfinite Teile des Prädikats: nicht anophorisierbar, aber "erststellenfähig" (2) Ich habe gar nicht gelacht über deinen Freund. (3) Gelacht habe ich gar nicht. Prädikativ(um) (Gleichsetzungsnominativ, Nominalergänzung) (4) Mein Freund ist Physiker. Bestandteil des Prädikats? doch verschiebbar und anaphorisierbar (5) Ein guter Physiker ist er. Was ist er? mit dem Kopulaverb bildet es keine lexikalische Einheit (es gibt kein Lexem "Physiker sein") akkusativisches es ist nicht erststellenfähig, aber anaphorisierbar (Objekt) (6) Sie weiß es. Weiß sie es? Weiß es Petra? Was weiß sie? *Es weiß sie. Reflexivpronomina der echten Reflexivverben: weder erststellenfähig noch anaphorisierbar → keine Satzglieder (7) Er hat sich noch nie erkältet. *Sich hat er noch nie erkältet. *Wen hat er nie erkältet? aber: Reflexivpronomina in Objektrolle: (8) Sich selbst hat er nie geschont. Wen hat er nie geschont? 3. Dependenzbeziehung: nur Dependentien des Prädikats (bzw. eines Verbs) gelten als Satzglieder (vgl. z.B. ENGEL 1992) verschiebbare Elemente nicht dem Verb, sondern einem (anderen) Satzglied untergeordnet → Attribute, z.B. prädikative Attribute: (9) Tiefst beleidigt verließ er das Zimmer des Direktors. (10) Aus Eiche kann ich Ihnen im Moment keinen Schrank zeigen. possessiver Dativ (oder Pertinenzdativ): auch eine Art Attribut, dabei verschiebbar (11) Alle Wunden hat sie ihm sorgfältig desinfiziert. (12) Die Mutter streichelt dem Kind den Kopf. Der Mutter streichelt niemand den Kopf. HELBIG/BUSCHA (1991): morphologisch-syntaktische S t e l l u n g s g l i e d e r und syntaktischstrukturelle F u n k t i o n s g l i e d e r (nur Letztere sind Satzglieder) Funktionsglieder werden charakterisiert durch: 1. Abhängigkeitsstruktur 2. Substitutionsmöglichkeiten 3. Transformationsmöglichkeiten 4. Valenzeigenschaften Satzglieder werden nach Wortart und morphologischen Merkmalen der Anaphern klassifiziert z.B. Adverbialbestimmungen (Adverbialien): durch Adverbien ersetzbar (Adverb ist Wortart) (13) Er stellte die Vase auf den Tisch. ~ dorthin. ~ wohin? (14) Sie verzichtete auf den Wagen. ~ darauf. ~ worauf? – Pronominaladverbien (Präpositionaladverbien) sind keine Adverbien! "auf den Wagen" ist im letzteren Satz ein Objekt Wortarten | Satzgliedarten | Valenzeigenschaften Verb Substantiv Präposition Konjunktion | | | | Prädikat (?) Subjekt Objekt Adverbialbest. | | | | Valenzträger obl. Ergänzung fak. Ergänzung Angabe ENGEL (1992) vereinigt die zweite und dritte Spalte: nur Ergänzungen und Angaben (z.B. statt Akkusativobjekt Akkusativergänzung, statt freier Lokalbestimmung Lokalangabe, statt obligatorischer Lokalbestimmung Situativergänzung usw.) 10.2. Das Prädikat kein Satzgliedkriterium passt zum Prädikat V e r s c h i e b b a r k e i t : verändert die Satzart (Aussagesatz → Entscheidungsfrage) das Verb kann vor sich selbst nicht stehen A n a p h o r i s i e r b a r k e i t : keine Anapher für Verben (tun, geschehen usw. ersetzen ganze Verbalphrasen) man bekommt das Prädikat als Restgröße nach allen möglichen Anaphorisierungen: Herr Schneider hat sich in den Bergen gut erholt. Wer wo wie D e p e n d e n z : das Prädikat hängt nicht von einem Verb ab aber ZIFONUN et al. (1997) und dementsprechend GRAMMIS und PROGR@MM verwenden eine andere Terminologie: statt Satzglieder primäre Komponenten des Satzes, statt Prädikat Verbalkomplex, der auch zu den primären Komponenten (sprich: Satzgliedern) zählt das Prädikat enthält immer eine finite Verbform, die mit dem Subjekt kongruiert (das Kopulaverb (z.B. sein) kongruiert gelegentlich nicht mit dem Subjekt) das komplexe Prädikat: 1. lexikalische Prädikatsteile: Bestandteile des Verblexems Reflexivpronomen: nicht anaphorisierbar Sie kämmt sich → Wen ...? Aber: Sie erkältet sich → *Wen ...? formales Objekt: Anaphorisierung unmöglich Er hat es jetzt eilig. *Was hat er eilig? formales Subjekt (z.B. in es regnet): NP+VP-Zweiteilung ermöglicht rein strukturell rahmenbildende Elemente a) trennbare Präfixe nur in einigen Ausnahmefällen im Vorfeld: Auf fällt, dass ..., Ab geht die Post. Adverbien als Verbzusätze – aber anaphorisierbar → keine Prädikatsteile Er rannte hinüber. Wohin rannte er? Hinauf fährt der Lift langsamer. aber in nicht lokalen Bedeutungen Prädikatsteile: Er redete mir in meine Angelegenheiten hinein. *Wohin redete er mir in meine Angelegenheiten? b) Adjektive (nicht anaphorisierbar) Diese Maschine geht einmal auch kaputt. * Wie/Was geht die Maschine? Er schlug einen Bären tot. *Wie schlug er den Bären? Aber: Man hat ihn tot angefunden. Wie ... c) Nominale Teile der sog. Funktionsverbgefüge (nicht anaphorisierbar) Die offenen Probleme haben in dem neuen Buch Erklärung gefunden. * Was haben die offenen Probleme gefunden? d) Infinitiv oder Partizip Sie lernt ihn kennen. * Wie/Was lernt sie ihn? e) Substantive nicht in Funktionsverbgefügen (z.B. Maschine schreiben, Gefahr laufen, Ski fahren, teilnehmen); "Scheinsubstantive": Anapherlosigkeit, ohne Artikelwort im Singular, Attribuierung ausgeschlossen 2. grammatische Prädikatsteile: Infinitive und Partizipien, die nur für bestimmte Stellen des Paradigmas charakteristisch sind in den folgenden Paradigmenpositionen: a) Futur I – Infinitiv (wird) schlafen b) Futur II – Partizip II + Infinitiv (wird) geschlafen haben Passiv Futur I – Partizip II + Infinitiv (wird) gemacht werden c) Perfekt – Partizip II (hat) geschlafen Plusquamperf. – Partizip II (hatte) geschlafen Passiv Präs. – Partizip II (wird) geöffnet d) Passiv Perfekt – Partizip II + Partizip II (ist) geöffnet worden/gewesen Passiv Plusquamperf. – Partizip II + Partizip II (war) geöffnet worden/gewesen e) Passiv Futur II – Partizip II + Partizip II + Infinitiv (wird) geöffnet gewesen sein plus die würde-Form Infinitiv zum Modalverb a) Prädikatsteil (z.B. bei HELBIG/BUSCHA 1991) b) Infinitivobjekt/ Verbativergänzung Sie wollte tanzen. Was wollte sie? Er musste helfen. Was musste er (tun)? 10.3. Prädikative weder lexikalischer noch grammatischer Prädikatsteil wegen seiner lexikalisch-semantischer Überlegenheit gegenüber dem Kopulaverb – doch Bestandteil des Prädikats Subjektsprädikativ oder Objektsprädikativ, je nachdem, ob es mit dem Subjekt oder mit dem Akkusativobjekt koreferent ist Der Sieger von Falkland war eine Dame. Man nannte sie öfters auch "Eiserne Lady". Subjektsprädikativ: durch Kopulaverb mit dem Subjekt verbunden häufigste Kopulas: sein, werden, bleiben, heißen, scheinen, gelten (als). Formen von Subjektsprädikativen: a) Substantiv im Nominativ (Herr Müller ist Portier; Dieses Kind ist wie ein Engel) b) Pronomen im Nominativ (Herr Meise ist es auch; Der erste warst du) c) Adjektiv (Herr Müller ist bettlägerig. Was ist er? Das Bild ist schön. Wie ist es?) d) Präposition + Adverb (Die Zeitung ist von gestern). e) Präposition + Substantiv (Diese Frage ist von großer Bedeutung / nicht von Belang. Der Tennisschläger war aus Holz.) f) Substantiv im Genitiv (mit adjektivischem Attribut) (Oma ist guter Laune) g) Numerale (mit Präposition oder ohne) (Sie waren drei. Wir waren zu dritt.) Objektsprädikativ (Gleichsetzungsakkusativ, Nominalergänzung im Akkusativ): koreferent mit dem Akkusativobjekt desselben Satzes, oder es bezeichnet eine Eigenschaft des Objektreferenten von einer beschränkten Gruppe von Verben regiert: nennen, finden, bezeichnen als, machen, schelten, schimpfen, heißen (+Acc.), (an)sehen als, identifizieren als, vorstellen als usw. unter Umständen steht das Objektsprädikativ im Vorfeld: Nein, einen Anarchisten nannte man mich noch nie. Verben mit anderer Kasusrektion gehören nicht in diese Gruppe, z.B. halten +Acc. +für Acc. (anderer Meinung ist jedoch z.B. die HELBIG/BUSCHA-Grammatik). andere Verben mit zwei Akkusativen (lehren, kosten, fragen, abfragen, abhören) und a.c.i. Verben (z.B. Ich hörte ihn ein altes Lied singen) – kein Prädikativ folgende Formen: a) Substantiv im Akkusativ (Rudi schalt seine Schwiegermutter eine alte Schachtel) b) Pronomen im Akk., selten (Sie bezeichnete ihn als so einen) c) Adjektiv (Die Lehrerin hat Fritz unehrlich genannt; Ich finde den Wagen zu teuer) d) Präposition + Substantiv (es ist keine Kasusrektion und kommt nur selten vor, z.B. Ich finde das in Ordnung) Objektsprädikativ in die passivische Diathese transformiert: doppelter Akkusativ → doppelter Nominativ, ein Sonderfall des Subjektsprädikativs Man nannte ihn noch nie zuvor einen alten Trottel. Er wurde noch nie zuvor ein alter Trottel genannt. Prädikatsverb kongruiert unter Umständen mit dem Subjektsprädikativ abweichende Numeri: vor allem bei Kollektiva und Abstrakta bzw. bei Pluraliatantum → Kopulaverb im Plural Das Publikum waren ausschließlich kleine Kinder. Diese drei Tage waren ein Alptraum. Diese Krankheit waren die schwarzen Pocken. Name einer Sache → Kongruenz mit der Sache. Diese Krankheit hieß schwarze Pocken. ~ wird ~ genannt. Konjunktion als blockiert die Kongruenz Dieser Betrag sind die Nebenkosten. Dieser Betrag gilt als Nebenkosten. verschiedene grammatische Personen → Kongruenz nicht mit der dritten Person Die Garantie seid ihr / bin ich usw. 10.4. Das Subjekt durch ein Pronomen im Nominativ ersetzbar formales Subjekt (z.B. es regnet, mich friert [es]). Subjektsprädikativ ebenfalls mit dem Nominativ anaphorisierbar → weitere Merkmale zur Differenzierung Kopula: zwei Relationen: (a) Einordnung in eine Klasse (b) eine Gleichsetzung (Identifizierung) zweier Größen bei (a) ist Subjekt die einzuordnende Größe (z.B. Eva ist Tänzerin), bei (b) das weniger betonte, “thematische” Element (z.B. [Wer ist János Martonyi?] – Martonyi ist der Außenminister; [Wer ist der Außenminister?] – Martonyi ist der Außenminister / Das ist Martonyi) verschiedene theoretische Ansätze vermischt 10.5. Objekte 10.5.1. Objekte und Adverbialbestimmungen Differenzierung aufgrund der Anaphern (Adverb vs. Pronomen) strengere Definition: Kasus des Objekts vom Prädikat regiert (freier Dativ fällt aus) nicht alle durch Pronomina ersetzbaren Satzglieder sind Objekte Adverbialbestimmungen kann man durch Pronomina mit Präpositionen ersetzen) Adverbialbestimmungen sind auch durch Adverbien ersetzbar Er hat auf seinen Porsche verzichtet. auf ihn darauf Ein Ast ist auf seinen Porsche gefallen. auf ihn darauf wohin? (sogar Subjekte und Prädikative sind auch durch Pronomina anaphorisierbar Objekte: aufgrund der morphologischen Merkmale ihrer Anaphern unterteilt (Akkusativobjekt, Genitivobjekt usw.) warum Kasus der Anapher (und nicht des Satzglieds)? 1. reine Akkusative oder Genitive als Adverbialbestimmungen: Diesen Montag od. Eines Abends geschah etwas Eigenartiges. wann? (und nicht was?) 2. Nebensätze, Infinitivkonstruktionen und Partizipialkonstruktionen – keine Spur von Kasus (z.B. Er versprach ihr, im Zimmer aufzuräumen. Was versprach er ihr?) 10.5.2. Akkusativobjekt (auch "direktes Objekt" genannt) durch ein Pronomen im Akkusativ ersetzbar transitive Verben i.e.S. – im Passiv: Akkusativobjekt → Subjekt Man stellte den Besen in die Ecke. Der Besen wurde in die Ecke gestellt. nicht passivfähige Verben mit Akkusativobjekt – oft als Mittelverben bezeichnet (z.B. haben, betragen usw.) Verben mit zwei Akkusativobjekten (lehren, kosten, fragen, abfragen, abhören): verschiedene semantische Kasus: z.B. Ich lehre ihn Mathematik – "ihn" ist Adressat, "Mathematik" ist Inhalt Sonderfall: Objektsprädikativ wegen Koreferenz a.c.i. Verben (hören, sehen usw.): ein zweiter Akkusativ ist immer Objekt des anderen Verbs (z.B. Ich hörte ihn meinen Namen rufen) Adjektive/Kopulapartikeln mit Akkusativobjekt (z.B. gewohnt sein, los sein / werden). Nominalisierung: Akkusativobjekt → Genitivattribut (genitivus objectivus – z.B. Der Bundestag verabschiedet das Gesetz – die Verabschiedung des Gesetzes durch den Bundestag) 10.5.3. Infinitivobjekt mit dem Infinitivobjekt (auch: Verbativergänzung, Verbativkomplement): (a) Modalverben, (b) a.c.i. Verben, (c) Verben, die einen Infinitiv mit zu regieren (er kann nicht in einen NS umgeformt werden): (a) Er kann schwimmen. (b) Ich sah den Mann hineingehen. (c) Er weigerte sich zu kommen. aber helfen, ersetzbar durch bei+D → der Inf. ist kein Infinitivobjekt Ich helfe ihr aufräumen. Wobei helfe ich ihr? bei synonymem NS kein Infinitivobjekt (z.B. Ich habe versprochen, dich zu warnen – ~, dass ich dich warne: Akkusativobjekt) Modalverb + Infinitiv = komplexes Prädikat? ENGEL (1994): = Prädikat + Verbativergänzung (in seiner Grammatik (1992) ist das Futur-Hilfsverb werden ebenfalls Modalverb, jedoch in seiner Syntax (1994: 115) schreibt er schon vorsichtiger über Futurformen: "... ihre Stellung im System der verbalen Formen und Komplexe muss wohl künftiger Forschung überlassen bleiben") 10.5.4. Dativobjekt durch ein Pronomen im Dativ ersetzbar (auch gewisse freie Angaben sind es, z.B. der ethische Dativ) Dativobjekt im engeren Sinn (oder "Objektsdativ"): mit regiertem Dativ diesem wird der sog. freie Dativ gegenübergestellt – i.w.S. ist er auch Objekt die freien Dative sind nicht unbedingt freie Angaben: ENGEL (1994): Dativus commodi (Dativus sympathicus) und Dativus incommodi sind subklassenspezifisch → Ergänzungen die Subklassen bei Dativus commodi und incommodi entstehen durch semantische Merkmale der Verben: "willentliches Tun" bzw. "ungesteuertes Geschehen" (ENGEL (1994: 156)) Wir bauen unseren Kindern ein Gartenhaus. Mir ist Großmutters Vase kaputtgegangen. Dativus ethicus – freie Angabe, weil nicht subklassenspezifisch Falle mir nicht aus dem Fenster! weitere Arten des freien Dativs bei HELBIG/BUSCHA (1991): – Dativ des Zustandsträgers (Das zweite Kind war den Eltern ein Trost) – Dativ des Maßstabs – bei EISENBERG (1992) Dativus iudicantis –, einem Adjektiv untergeordnete Angabe (Dieses Café ist mir zu laut). – possessiver Dativ, z.B. Sie wusch ihm den Rücken, Ich zog mir versehentlich seinen Mantel an: keine Satzglieder, sondern Attribute (einem Nomen untergeordnet) kasusregierte und nicht kasusregierte Dativobjekte Kasusrektion oder semantische Subklassifizierung? Unsicherheiten bei der Theta-Rolle ‚Adressat‘ Sie schenkt dem Kind einen Kassettenrekorder. Sie bringt dem Kind einen Kassettenrekorder mit. Oberflächentest: Substituierung des Dativs durch für+Akk. → Dat. commodi (z.B. bei mitbringen); bei Dat. incommodi hilft aber der Subtitutionstest nicht: Ihm ist was Schlimmes passiert. Sein Schlüsselbund ist ihm beim Rudern ins Wasser gefallen. passieren regierter Dativ, fallen Dat. incomm. – mit keinem Test beweisbar 10.5.5. Genitivobjekt einem Verb oder Adjektiv untergeordnet und ersetzbar durch ein Pronomen im Genitiv Wir gedachten des verstorbenen Dichters. Wessen? seiner Er ist des Mordes schuldig. dessen immer ein regierter Genitiv (nur noch wenige Verben und Adjektive) Genitiv in Satzgliedrolle kann auch Adverbialbestimmung sein → durch Adverbien anaphorisierbar eines Tages – wann? unverrichteter Dinge – wie? leichten Schrittes – wie? des Weges (kommen) – wo? Prädikativ selten auch im Genitiv (guter Laune sein) Genitivattribute: manchmal auf Objekte zurückführbar (die Verteidigung der Dissertation – genitivus objectivus ≠ Genitivobjekt). 10.5.6. Präpositionalobjekt einem Verb oder Adjektiv untergeordnet, anaphorisierbar durch "Präpos. + Pron." oder Pronominaladverb (Präpositionaladverb), aber nicht durch ein Adverb die Präposition ist regiert, also beständig Er zweifelte an dieser Behauptung. an ihr daran *dort Das Land ist reich an Rohstoffen. daran *dort Aber: Der Lehrer steht am Tisch. an ihm/daran/dort Er steht vor/hinter/auf – dem Tisch. fakultative Präpositionalobjekte → potenzielle Ambiguität Der Tischler arbeitete an einem Tisch. Nebensätze oder Infinitivkonstruktionen können auch Präpositionalobjekte sein (Korrelat) Er hat sie (darum) gebeten, dass sie die Tür aufmacht. ..., die Tür aufzumachen. 10.6. Adverbialbestimmungen formale Einteilung von Adverbialbestimmungen: Adverbien (mit/ohne Präpos.), Adjektive (mit/ohne Präpos.), Substantive im Akkusativ, Genitiv oder mit Präposition, Nebensätze, Infinitiv- und Partizipialkonstruktion. alle durch adverbiale Prowörter anaphorisierbar semantische Einteilung (eine mögliche Version): 1. L o k a l b e s t i m m u n g e n a) Ortsbestimmung (wo?) Er sitzt am Tisch. Er fährt auf der Autobahn. Steine sind den Berghang heruntergerollt. b) Richtungsbestimmung (wohin? woher?) Sie fährt nach Dortmund. Er kommt aus Berlin. Endpunkt kann auch mit bis (+Präp.) ausgedrückt werden: Ich fahre bis Jena-Saalbahnhof. Können Sie uns bis zur Grenze mitnehmen? c) Bestimmung des Erstreckungsbereichs (wie weit?). Von hier kann man ganz weit sehen. 2. T e m p o r a l b e s t i m m u n g e n a) Ausdruck des Zeitpunktes (wann?) (kann sich wiederholendes Geschehen oder Zeitspanne sein) Er ist um halb zehn angekommen. (einmalig) Sonntags gehen sie in die Kirche. (wiederholt) In diesem Jahr hat der Betrieb 90 000 Autos produziert. (Zeitspanne) b) Ausdruck der Zeitdauer (wie lange? seit wann? bis wann? von ... bis ..., zwischen ... und ...) Sie redete anderthalb Stunden mit ihm. Es regnet seit gestern Abend. Sie wollen bis übermorgen bleiben. Sie redete von zwei bis halb vier mit ihm. Der Mord muss zwischen 22 Uhr und Mitternacht passiert sein. c) Ausdruck der Wiederholung (wie oft? wievielmal?) Er war oft bei uns. Ich habe ihn zweimal angerufen. 3. M o d a l b e s t i m m u n g e n ( i . w . S . ) a) Ausdruck der qualitativen Merkmale des Geschehens, d.h. Modalbestimmung im engeren Sinn (wie? auf welche Art und Weise?) Horst liest Bücher schnell. Das Flugzeug näherte sich mit großer Geschwindigkeit. b) Bestimmung des Maßes und der Intensität ("quantitative" Merkmale) Wir haben genug gewartet. Er hat sich sehr gefreut. c) Instrumentalbestimmung (wie? womit? wodurch?) Er schnitt mit seinem Taschenmesser einen Zweig ab. Durch diesen verschossenen Elfmeter verhalf er der gegnerischen Mannschaft ins Halbfinale. Er fuhr mit der Straßenbahn. Ohne ein entsprechendes Werkzeug kann ihn kein Meister reparieren. d) Komitativbestimmung bzw. Ausdruck des Begleitumstandes (wie? womit (zusammen/gleichzeitig), mit wem (zusammen)? anstelle wessen? ohne was/wen?) Er geht mit seinen Freunden ins Kino. Er wollte ohne Reisepass ins Ausland fahren. Statt des Reisepasses nahm er den Personalausweis mit. (alternativer Umstand) Einen riesigen Rosenstrauß in der Hand betrat er ihr Zimmer. Sie saß allein im Park. e) Restriktivbestimmung (Ausdruck des Geltungsbereichs – wie? in welcher Hinsicht? inwiefern? in welchem Zusammenhang?) Beruflich war er zufrieden. Hinsichtlich der Kredite gab es noch einige Probleme. Meines Wissens war er zu dieser Zeit im Ausland. f) Komparativbestimmung (mit einem Vergleich wird direkt oder indirekt die Art und Weise des Geschehens ausgedrückt). Er raste wie verrückt durch die Straßen. (direkt)) Sie konnten sich wie Kinder freuen. (direkt) Rolf kletterte wie sein Freund über die Mauer. (indirekt) ein komparatives Syntagma kann auch Prädikativ sein: Das Wetter ist wie gestern. oder ein Attribut zum Prädikativ: Das Wetter ist so schön wie gestern. 4. K a u s a l b e s t i m m u n g e n (i. w. S.) Verhältnis "Ursache – Wirkung" ("Grund – Folge") a) Kausalbestimmung i.e.S. (Ausdruck des Grundes, der Ursache – warum? aus welchem Grunde? wieso?) Ich habe es aus Mitleid getan. Dank seinem guten Willen können wir es noch einmal versuchen. b) Konsekutivbestimmung (Ausdruck der Folge oder der ausgebliebenen Folge) (mit welcher Folge? Zu meinem Schrecken war der Zug schon abgefahren. Die Experimente wurden ohne erwähnenswerte Ergebnisse durchgeführt. (negativ) c) Finalbestimmung (Ausdruck des Ziels, des Zwecks, der Absicht) (warum? wozu? wofür? zu welchem Zwecke?) Sie reisen zur Erholung nach Bulgarien. Ich gehe baden. (auch als Richtungsbestimmung interpretierbar) d) Konditionalbestimmung (unter welcher Bedingung? in welchem Falle?) Notfalls übernachten wir im Auto. Bei Ausfall des Bildes ist das Fernsehgerät sofort auszuschalten. Prädikatsverb im Indikativ → potenzielle Bedingung; Prädikatsverb im Konjunktiv → irreale Bedingung Im Falle eines Ertrinkens müsste Wasser in der Lunge sein. e) Konzessivbestimmung (eine Einräumung, Gegensatz zwischen der erwarteten und der realen Folge – trotz welchen Umstandes?) Trotz des Regens gingen sie spazieren. Ungeachtet der Proteste wurde die französische Atombombe gezündet. 10.7. Das Attribut es ist kein Satzglied, nur Satzgliedteil formale Einteilung: Adjektive, Determinantien, Substantive (mit/ohne Präpos.), Pronomina, Adverbien, Numeralia, Partikeln, Infinitive, Partizipien, Nebensätze Attribute können Erweiterungen haben Spezifikum: sie sind nicht einem Verb untergeordnet Attribut und Bezugswort sind meistens topologisch benachbart (Kontaktstellung): (a) vorangestellt: ein schönes Kind, der zweite Platz, dein Wagen, drei Personen, Goethes Werke, nur er, Onkel Gerhard (enge Apposition); (b) nachgestellt: das Werk des Dichters, Hilfe für die Asylanten, ein Häuschen am Fluss, zwei Burschen, groß und breitschultrig, ..., das Gebäude nebenan, ihre Idee, Unterschriften zu sammeln, der Agent 007, eine Tonne Mehl, Wilhelm der Eroberer, Helmut Winter, der neue Stadtdirektor (lockere Apposition) bewegliche Attribute: das prädikative Attribut und der possessive Dativ