48 alfavet Magazin | 01.2016 | Nager-Spezial alfavet Magazin | 01.2016 | Nager-Spezial49 Phytotherapie bei kleinen Heimtieren Einige Kräuter und Heilpflanzen sowie ihre sanfte phytotherapeutische Wirkung sind uns aus unserem Alltag gut bekannt. Ob nun Fenchel- oder Pfefferminztee bei Blähungen und Ma­gen-­ Dr. Nicola Wolff Darmbeschwerden, Brennnesseltee bei­ Nieren- oder Blasenbeschwerden, Salbeibonbons bei Halsschmerzen oder die Inhalation mit Kamille bei Atemwegsinfekten. Heilpflanzen haben sich als unterstützende Hilfe fest etabliert. Sekundäre Pflanzenstoffe für kleine Heimtiere V iele Pflanzen bzw. Pflanzenteile besitzen durch ihre sekundären Pflanzenstoffe (wie z.B. Alkaloide, Bitterstoffe, ätherische Öle, Flavonoide, Gerbstoffe, Glykoside, Saponine usw.) eine milde phytotherapeutische Wirkung und wirken im sogenannten mite Bereich (Abb. 1). Diese Drogen können in der Regel auch sehr gut bei kleinen Heimtieren angewendet werden. Durch die sanfte, langsam einsetzende aber nachhaltige Wirkung, die weite therapeutische Breite und kaum bekannte Nebenwirkungen sind sie quasi prädestiniert für diesen Einsatz. Natürlich muss vor der Anwendung einer Pflanze geprüft werden, ob sie für die jeweilige Spezies geeignet ist. Zu beachten ist außerdem, dass bei vielen pflanzlichen Mitteln nach einer Weile ein Gewöhnungseffekt eintreten kann, d.h. nach ein paar Wochen kann es zu einem Wirkverlust kommen. Spätestens dann sollte eine mehrwöchige Pause gemacht werden, um danach wieder eine therapeutische Wirkung zu erzielen. 50 alfavet Magazin | 01.2016 | Nager-Spezial alfavet Magazin | 01.2016 | Nager-Spezial51 MITE Artischocke Birkenblätter Brennnessel Aloe Fenchel Campher Ginseng Eukalyptus Goldrutenkraut Ginkgo Hopfenzapfen Johanniskraut Opium Kamillenblüten Knoblauch Digitalis Kümmel Mariendistel Belladonna Kürbissamen Rhabarber Lavendel Süßholzwurzel Melisse FORTE Wirksam und unbedenklich? mite und forte Drogen Pfefferminze Schöllkraut Wermut Abb. 1: Pflanzen mit einer Wirkung im mite bzw. forte Bereich Abb. 2: Maiglöckchen (Convallaria majalis) Vorsichtiger muss mit Pflanzen umgegangen werden, deren Wirkung im sogenannten forte Bereich anzusiedeln ist. Sekundäre Pflanzenstoffe dieser Pflanzen wie z. B. Maiglöckchen (Abb. 2) oder Tollkirsche haben eine sehr drastische und sofortige Wirkung, die auch zu massiven Nebenwirkungen führen kann. Um Nebenwirkungen und im schlimmsten Fall Todesfällen vorzubeugen, sollten diese Drogen nur in genau definierter Form, nach strenger Indikation und als zugelassenes Medikament verwendet werden. Prinzipiell ist es auch bei mite Pflanzen sicherer ein fertiges Präparat zu verwenden, denn nicht jeder Tierarzt hat das Wissen (cave: Verwechselungsgefahr bei einigen Pflanzen) und die Möglichkeit zu einer Wildsammlung. Die meisten Pflanzen stehen auch nicht ganzjährig zur Verfügung, bzw. schwankt der Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen saisonabhängig, so dass es schwierig ist eine gleichbleibende Qualität zu gewährleisten. Für viele pflanzliche Mittel wie zum Beispiel Echinacea purpurea (Sonnenhut) (Abb. 3) gibt es eine positive Monographie der Kommission E. Die Kommission E ist ein interdisziplinäres Expertengremium unter anderem aus Ärzten, Apothekern, Pharmakologen und Toxikologen, das alle 3 Jahre vom Bundesgesundheitsministerium neu benannt wird. Bei einer positiven Monographie (Monographien sind ähnlich wie eine Fachinformation aufgebaut) wurde das Nutzen/Risiko Verhältnis als positiv bewertet. Monographien wurden im Bundesanzeiger veröffentlicht und sind so auch für Tierärzte gut zugänglich. In den Monographien findet man u.a. verifizierte Informationen zu Inhaltsstoffen, Anwendungsgebieten, Nebenwirkungen, Anwendung und Wirkung. Leider endete der Auftrag an die Kommission E Monographien zu erarbeiten 1994, so dass diese Monographien teilweise nicht mehr auf dem aktuellsten Stand sind. Weitere Monographien neueren Datums zu Wirksamkeit und Unbedenklichkeit gibt es außerdem von anderen Organisationen wie der WHO, der ESCOP und der HMPC. Auch wenn die Phytotherapie als alternative Heilmethode gilt, gibt es valide Informationen zu vielen Heilpflanzen und es ist möglich, wirksame und unbedenkliche Phytotherapeutika zu nutzen. Diese werden unterstützend auch immer häufiger von Schulmedizinern eingesetzt. Vor der Anwendung eines Phytotherapeutikums steht natürlich immer die Diagnosestellung, denn ohne korrekte Diagnose ist die beste Therapie wirkungslos. Abb. 3: Sonnenhut (Echinacea purpurea) DoRe/pixelio.de