Kapitel 3 Die nicht-relativistische Störungstheorie

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40
Teilchenphysik, HS 2007-SS 2008, Prof. A. Rubbia (ETH Zurich)
Berechnung oft die Konstanten mit Hilfe einer Dimensionsbetrachtung wieder
einfügen.
Wir bemerken: Weil c=1 gilt:
E 2 = p" 2 c2 + m2 c4
Kapitel 3
−→ E 2 = p" 2 + m2
(3.5)
und die Einheiten der Energie, des Impulses und der Masse sind dieselben: die
Einheit der Energie. Die Ruhemasse des Elektrons ist z.B. gleich m e =0,511
MeV anstatt MeV/c 2 .
Die nicht-relativistische
Störungstheorie
Wenn wir zusätzlich dazu h/2π = 1 betrachten, ist die Einheit der Länge gleich:
1m=
1015 fm
1015 fm
≈
≈ 0,507 × 1016 GeV−1
!c
197,33 MeV.s
(3.6)
Damit:
3.1
Natürliche Einheiten
In den natürlichen Einheiten gibt es eine Äquivalenz zwischen Energie und
inverser Länge.
Im gewöhnlichen MKS (Meter-Kilogramm-Sekunde) Einheiten-System ist der
Meter die Einheit der Länge, das Kilogramm die Einheit der Masse und die
Sekunde die Einheit der Zeit. In diesem System nehmen die zwei fundamentalen Konstanten, die Plancksche-Konstante und die Lichtgeschwindigkeit, die
folgenden Werte an:
!=
h
≈ 1,055 × 10−34 J.s und c = 2,998 × 108 m/s
2π
(3.2)
Es gilt:
!c = 197,33 MeV.fm ≈ 200 MeV.fm
(3.3)
Die Formeln in der Teilchenphysik enthalten oft diese Konstanten. Man führt
daher die natürlichen Einheiten ein. Man wählt die fundamentalen Einheiten so, dass die fundamentalen Konstanten die folgenden Werte besitzen
! ≡ 1 und c ≡ 1
(3.4)
Es ist dann nicht mehr nötig die Plancksche Konstante und die Lichtgeschwindigkeit in den Gleichungen zu schreiben. Natürlich wird man am Ende der
39
2,998 × 108 m
≈ 3 × 1023 fm
c
−15
1 fm = 10
m ≈ 5,07 × 10−3 MeV−1
5,07 × 10−3
5,07 × 10−3
1 MeV ≈
≈
≈ 1,52 × 1021 s−1
1 fm
(3 × 1023 )−1 s
1s =
(3.1)
In der Praxis sind diese Einheiten nicht geeignet, um das infinitesimal Kleine zu beschreiben. Man verwendet oft praktischere Einheiten, z.B. das MeV
(=106 eV) oder das GeV (=109 eV) für die Energie und den Femtometer (1
fm=10 −15 m) für die Länge. In diesem Fall erhalten wir:
h
≈ 6,582 × 10−22 MeV.s und c = 2,998 × 1023 fm/s
!=
2π
Daher ist es möglich nur eine Einheit zu verwenden. Tatsächlich gilt:
(3.7)
(3.8)
(3.9)
Wir werden oft die natürlichen Einheiten verwenden.
3.2
3.2.1
Die erste Quantisierung
Die Wellenfunktion
Im Jahr 1928 hat G.P. Thompson beobachtet, dass sich ein Elektron wie eine
Welle verhalten kann: die Elektronbeugung, das Analogon der Lichtbeugung,
wurde experimentell beobachtet. In der Quantenmechanik wird daher ein Teilchen (z.B. das Elektron) mit Hilfe einer Wellenfunktion ψ beschrieben:
Ψ ≡ komplexe Wellenfunktion
(3.10)
Diese Funktion stellt den Zustand des Teilchens dar und beschreibt die Wellennatur des Teilchens (Interferenz, Beugungseffekte, usw...). Die Wellennatur
beobachtet man z.B. in Doppelspaltexperimenten.
Teilchenphysik, HS 2007-SS 2008, Prof. A. Rubbia (ETH Zurich)
41
3.2.3
Die übliche Interpretation der Wellenfunktion ist die folgende:
Die Normierung wird als
Die Schrödinger-Gleichung
wobei T die kinetische und V die potentielle Energie des Teilchens ist. Es gilt,
|Ψ("x, t)|2 d3"x =
V
!
(Ψ∗ Ψ) d3"x ≡ 1
V
ρ("x, t) ≡ Ψ∗ ("x, t)Ψ("x, t) = |Ψ("x, t)|2
(3.12)
Man kann die Wellenfunktion eines Teilchensystems mit N Teilchen betrachten
mit Hilfe einer Wellenfunktion mit 3N Raumkoordinaten:
Ψ("x1 , "x2 , ..., "xN , t)
(3.13)
Trotzdem bemerken wir, dass die Gesamtanzahl der Teilchen im System konstant bleiben muss: die Anzahl kann sich mit der Zeit nicht ändern: d.h., Teilchen können in diesem Formalismus nicht erzeugt oder vernichtet werden. Wir
werden sehen, dass diese Tatsache ein Problem darstellt, wenn man eine relativistische Erweiterung der Quantenmechanik sucht.
Die Operatoren
Die Wellenfunktion ist nicht beobachtbar, sondern entspricht der ganzen Information, die man über das Teilchen hat. Die beobachtbaren Grössen (Observablen) werden durch hermitesche Operatoren dargestellt, die auf die
Wellenfunktion wirken (Erste Quantisierung). Man hat z.B.:
Impuls − Operator :
Energie − Operator :
" = −i∇
"
p" −→ −i!∇
∂
∂
E −→ +i! = i
∂t
∂t
T =
(3.11)
ausgedrückt. Eine wichtige Bemerkgung ist, dass diese so normierte Wellenfunktion den Zustand eines Teilchens beschreibt. Die Wahrscheinlichkeitsdichte wird definiert als
3.2.2
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Die Schrödinger-Gleichung wird mit Hilfe der klassischen Beziehung zwischen
Energie und Impuls “hergeleitet”. Die gesamte Energie eines klassischen Teilchen ist gleich
E =T +V
(3.16)
|Ψ("x, t)|2 d3"x ≡ Wahrscheinlichkeit, das Teilchen zur Zeit t
im Volumenelement d3"x zu finden.
!
42
(3.14)
(3.15)
wobei wir in den zweiten Termen die natürlichen Einheiten (Siehe Kap. 3.1)
benutzt haben.
p2
2m
wobei m = Masse des Teilchens
(3.17)
Der Operator der gesamten Energie (der Hamilton-Operator) ist deshalb
gleich
p2
H =T +V =
+V =E
(3.18)
2m
Es folgt,
" 2
#
p
HΨ("x, t) =
+ V Ψ("x, t) = EΨ("x, t)
(3.19)
2m
oder
"
#
1 "2
∂
−
∇ + V ("x, t) Ψ("x, t) = i Ψ("x, t)
(3.20)
2m
∂t
Diese Gleichung wurde 1926 von Schrödinger hergeleitet. Sie entspricht der
Bewegungsgleichung (Wellengleichung) eines einzigen Teilchens der Masse m
in einem externen Potential V.
3.2.4
Die Kontinuitätsgleichung
Wir betrachten die zeitliche Änderung der Wahrscheinlichkeitsdichte
∂
∂
ρ("x, t) ≡
(Ψ∗ ("x, t)Ψ("x, t))
∂t
∂t
"
#
"
#
∂ ∗
∂
=
Ψ ("x, t) Ψ("x, t) + Ψ∗ ("x, t)
Ψ("x, t)
∂t
∂t
Aus der Schrödinger-Gleichung folgt
"
#
∂
1 "2
Ψ = −i −
∇ + V Ψ und
∂t
2m
(3.21)
"
#
∂ ∗
1 "2
Ψ = +i −
∇ + V Ψ∗ (3.22)
∂t
2m
Durch Einsetzen erhalten wir
" "
# #
" "
# #
∂
1 "2
1 "2
ρ =
+i −
∇ + V Ψ∗ Ψ + Ψ∗ −i −
∇ +V Ψ
∂t
2m
2m
#
#
"
"
1 "2
i "2 ∗
∗
∇ Ψ Ψ+Ψ i
∇Ψ
=
−
2m
2m
%
& '
−i $% " 2 ∗ &
" 2 Ψ Ψ∗
=
(3.23)
∇ Ψ Ψ− ∇
2m
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Das Gausssche Theorem sagt voraus, dass
!
!
!
∂
"=− ∇
" · "jd3"x
"j · dA
ρd3"x = −
∂t
V
A=∂V
43
(3.24)
V
Wir können deshalb einen Stromdichtevektor (eine Vektorgrösse) definieren, die die Gleichung der Kontinuität erfüllt:
& &
%%
&
%
" ∗ Ψ − ∇Ψ
"
"j ≡ i
(3.25)
∇Ψ
Ψ∗
2m
Diese Grösse beschreibt, wie die Wahrscheinlichkeitsdichte ρ “fliesst”. Wir bemerken, dass wie erwartet, gilt
% %
&
%
& &
" · "j = i ∇
" ∇Ψ
"
" ∇Ψ
" ∗ Ψ−∇
∇
Ψ∗
2m
&
%
& &
%%
i
" ∗ ∇Ψ
" − ∇Ψ
" ∇Ψ
" ∗− ∇
" 2 Ψ Ψ∗
" 2 Ψ∗ Ψ + ∇Ψ
=
∇
2m
%
& &
i %% " 2 ∗ &
" 2 Ψ Ψ∗ = − ∂ ρ
=
∇ Ψ Ψ− ∇
(3.26)
2m
∂t
Freies Teilchen: Wir betrachten ein freies Teilchen.
∂
1 "2
V ("x, t) ≡ 0 −→ i Ψ = −
∇ Ψ −→ Ψ("x, t) = N e−i(Et−"p·"x)
∂t
2m
(3.27)
Die Wellenfunktion ist eine ebene Welle. Es folgt daraus, dass die Wahrscheinlichtkeitsdichte eine Konstante ist:
2
ρ = Ψ Ψ = |N |
3
Einheit : 1/L
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3.3
wobei A die Fläche ist, die das Volumen V umschliesst, und "j ist der Wahrscheinlichkeitsstromvektor.
∗
44
(3.28)
Das Teilchen hat überall im Raum dieselbe Wahrscheinlichtkeit sich zu befinden und die Stromdichte enspricht in diesem Fall einem konstanten Fluss von
Teilchen, die sich mit einer konstanten Geschwindigkeit bewegen. Die Stromdichte ist daher nur durch das Produkt der Normierung im Quadrat (d.h. die
überall im Raum geltende konstante Wahrscheinlichkeitsdichte) und der Geschwindigkeit der Teilchen gegeben. Tatsächlich:
%%
&
%
& &
" ∗ Ψ − ∇Ψ
"
"j("x, t) ≡ i
∇Ψ
Ψ∗
2m
i
=
((−i"p)Ψ∗ Ψ − (i"p)ΨΨ∗ )
2m
i
p"
=
(−i"p)2|N |2 = |N |2 = |N |2"v
(3.29)
2m
m
Die Einheit der Stromdichte entspricht wie erwartet einer Anzahl pro Zeiteinheit und pro Flächeneinheit
.
.
Einheit : 1/L3 [L/Z] = 1/(ZL2 )
(3.30)
Störungstheorie
Wir beginnen mit einer ersten wichtigen Komponente der Theorie der Elementarteilchen: die sogenannte Goldene Regel von Fermi.
3.3.1
Fermis Goldene Regel
Oft kann man Probleme in der Quantenmechanik nicht exakt lösen. Man
braucht Näherungsmethoden. Wir betrachten z.B. den folgenden HamiltonOperator
H=
H0
()*+
+
zeitunabhaengiger ungestoerter Hamilton−Operator
V
()*+
(3.31)
zeitabhaengige Stoerung
H 0 entspricht dem ungestörten Hamilton-Operator und ist zeitunabhöngig. Die
Störung V ist im Allgemeinen zeitabhängig. Wir nehmen an, dass die Eigenwerte und Eigenfunktionen des ungestörten Hamilton-Operators die folgenden
sind
H0 | un ' = En | un ' wobei | un ' = Eigenzustand
(3.32)
Diese Menge von Eigenfunktionen bilden ein (orthonormiertes) vollständiges
System des ungestörten Hamiltonians H 0 . Jede Eigenfunktion besitzt eine bestimmte Energie E n . Eine stationäre Lösung ist deshalb zu
e−iEn t un ("x)
(3.33)
proportional, weil die Zeitabhängigkeit die triviale Phase -iE n t sein muss. Die
räumliche und die zeitliche Abhängigkeiten können daher faktorisiert werden.
Falls die |u n > ein vollständiges System bilden, können wir annehmen, dass eine
Lösung von H als Linearkombination der Eigenfunktionen von H 0 ausgedrückt
werden kann:
,
Ψ("x, t) =
an (t)e−iEn t un ("x)
(3.34)
n
Aus der Schrödinger-Gleichung folgt,
#
, " dan
,
∂
i
+ an En e−iEn t un = (H0 + V )
an (t)e−iEn t un
i Ψ = HΨ −→
∂t
dt
n
n
(3.35)
Mit H 0 |u n > =E n |u n > erhalten wir
, " dan #
,
i
e−iEn t un =
an (t)V e−iEn t un
dt
n
n
(3.36)
Teilchenphysik, HS 2007-SS 2008, Prof. A. Rubbia (ETH Zurich)
45
Wir multiplizieren die Gleichung mit u f * und führen eine räumliche Integration
durch:
! ,
! ,
dan ∗ −iEn t
un d3"x =
an (t)u∗f V e−iEn t un d3"x
(3.37)
i
uf e
dt
n
n
46
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Diese Näherung wird als erste (oder Born’sche) Ordnung bezeichnet.
Durch Zeit-Integration erhalten wir
af (t) ≈ −i
, dan "!
n
dt
(
"!
#
#
,
d3"xu∗f un e−iEn t =
an (t)
d3"xu∗f V un e−iEn t
n
)*
+
T
af (+ ) ≈ −i
2
=δfn
oder
daf −iEf t ,
e
=
an (t)e−iEn t
dt
n
"!
(
#
d3"xu∗f V ("x, t)un
)*
+
+T
! /2
dt#
−T /2
!
!
d3"xu∗f ("x)V ("x, t# )un ("x)ei(Ef −Ei )t
(3.45)
Zeitunabhängiges Potential: Wir betrachten nun den Fall, in dem die
Störung zeitunabhängig ist und lassen T nach unendlich gehen:
V ("x, t) = V ("x) und T → ∞
(3.39)
(3.46)
Die Übergangs-Amplitude vom Anfangszustand i in den Endzustand f wird
definiert als
≡Vf n (t)
,
daf
= −i
an (t)ei(Ef −En )t Vf n (t)
dt
n
(3.44)
Zur Zeit +T/2 wird der Endzustand durch den Koeffizient a f (T/2) definiert
(3.38)
wobei wir die Tatsache verwendet haben, dass die Zustände zueinander senkrecht sind (die Eigenfunktionen u n bauen eine orthonormierte Basis auf). Die
Zeitabhängigkeit des Koeffizienten a f ist gegeben durch
i
!
dt# Vf i (t# )ei(Ef −Ei )t
−T /2
oder
i
!t
Tf i ≡ −i
(3.40)
3
!∞
!
dt# ei(Ef −Ei )t
−∞
!
d3"xu∗f ("x)V ("x)ui ("x)
)*
+
(
(3.47)
M atrixelement≡Vf i
Die Funktion Vf n (t) ≡ d3"xu∗f ("x)V ("x, t)un ("x) wird als das Matrix-Element
bezeichnet. Wie wird diese Gleichung benutzt? Wir betrachten eine bestimmte
Anordnung: ein freies Teilchen bewegt sich im Raum. Zur Zeit t * 0 wirkt ein
zeitabhängiges Potential V während eines kurzen Zeitintervalls.
wobei wir bemerken, dass die räumliche und die zeitliche Integrationen getrennt
werden. Die zweite Integration liefert natürlich das Matrix-Element zwischen
dem Anfangszustand i und dem Endzustand f . Wir zeigen nun, dass die zeitliche Integration zu einer Dirac δ-Funktion führt.
Wir sind am Zustand des Teilchens nach der Potentialwirkung interessiert.
Dirac δ-Funktion Wir betrachten die Fouriertransformierte Funktion
Der Anfangszustand (zur Zeit –T/2 ) ist gleich
4 5 T6
T
ai 5− 2 6 = 1
t=− :
an − T2 = 0 n += i
2
1
f (x) = √
2π
(3.41)
!∞
A(k)eikx dk
−∞
Annahme: wenn die Störung klein ist, bleibt der Zustand ungefähr im Anfangszustand:
4
ai (t) ≈ 1
in 1. Ordnung
(3.42)
an (t) = 0 n += i
1
f (x) = √
2π
=
Es folgt,
≈1
!∞
f (x)e−ikx dx
(3.48)
−∞
Es gilt,
d.h., das Teilchen befindet sich am Anfang im Zustand |u i > .
,
daf
= −i
an (t)ei(Ef −En )t Vf n (t) ≈ −i ai (t) ei(Ef −Ei )t Vf i (t)
()*+
dt
n
1
wobei A(k) = √
2π
(3.43)
=
!∞
−∞
!∞
−∞
!∞
ikx
dke
−∞
dyf (y)
!∞

 √1
2π
!∞
−∞
dk +ik(x−y)
e
2π

−iky 
dyf (y)e
(3.49)
−∞
dyf (y)δ(x − y)
(3.50)
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und deshalb
δ(x − y) =
!∞
dk +ik(x−y)
e
2π
47
(3.51)
−∞
Mit der Dirac δ-Funktion erhalten wir für die Übergangsamplitude
Tf i = −iVf i (2πδ(Ef − Ei ))
(3.52)
Wir bemerken, dass die Übergangs-Amplitude verschwindet, wenn die Anfangsund Endzustandsenergien nicht gleich sind:
Tf i = 0 wenn Ei += Ef
(3.53)
d.h., eine zeitunabhängige Störung kann die Energie des Teilchens nicht ändern.
Die Übergangswahrscheinlichtkeit pro Zeiteinheit wird definiert als
W ≡ lim
T →∞
|Tf i |2
T
=
lim
T →∞
1
|Vf i |2 (2π)2 δ(Ef − Ei )
T →∞ T
lim
lim
T →∞
Die gesamte Übergangswahrscheinlichtkeit pro Zeiteinheit vom Zustand i zu
Zuständen f wird durch Intergration über die möglichen Endzustände gewonnen:
!
Wf i = (2π) dEf |Vf i |2 δ(Ef − Ei )ρ(Ef )
(3.58)
= (2π)|Vf i |2 ρ(Ef )
Fermis Goldene Regel
wobei Ei = Ef verwendet wurde.
3.3.2
Anwendung: Elastische Streuung
Wir versuchen nun ein Streuexperiment mit Hilfe der quantenmechanischen
Beschreibung zu analysieren. Wir vereinfachen das Problem und betrachten
nur elastische Stösse an einem festen Potential.
In dieser Beschreibung ist ein Potential V für die Streuung des Teilchens verantwortlich. Als Folge wird das Teilchen seinen Impuls ändern. Im elastischen
Stoss wird der Betrag des Impulses nicht geändert, nur die Richtung:
1
|Vf i |2 (2π)δ(Ef − Ei )
T
|"
pi | = |p"f | = |"p| = p
Die Streuung wird als ein Übergang vom Anfangszustand mit Impuls p i zum
Endzustand mit Impuls p f dargestellt.
!T /2
In der quantenmechanischen Beschreibung spricht man nicht mehr von der
Bahnkurve des Teilchens, wir sind an der Übergangswahrscheinlichkeit
zwischen Zuständen mit bestimmten Impulsen p i → p f interessiert.
dt +i(Ef −Ei )t
e
2π
!T /2
dt
(3.55)
−T /2
( )* +
=T
Einfallendes Teilchen: das einfallende Teilchen wird durch eine ebene Welle
mit bestimmtem Impuls p i , und mit Normierung in einem Kasten des Volumens
L3 dargestellt:
1
(3.60)
ui ("x) = 3/2 eip"i ·"x Impuls p"i
L
Auslaufendes Teilchen: in ähnlicher Weise
Die Übergangswahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit ist deshalb gleich
2
W = (2π)|Vf i | δ(Ef −Ei )
(3.59)
Siehe Abb. 3.1 und vergleiche mit Abb. 2.5.
| − iVf i (2πδ(Ef − Ei ))|2
T
−T /2
=
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(3.54)
wobei wir den Betrag im Quadrat der Amplitude verwendet haben. Durch
Einsetzen erhalten wir
W =
48
1. Ordnung
uf ("x) =
(3.56)
Wir können nun annehmen, dass das Teilchen einen Übergang in viele Endzustände mit der Energie E f machen kann. Wir führen die Dichte der Endzustände ρ ein als:
ρ(Ef )dEf = Anzahl der Endzustände im Energieintervall Ef und Ef + dEf
(3.57)
1 ip"f ·"x
e
L3/2
Impuls p"f
Der differentielle Wirkungsquerschnitt für den Übergang
Zuständen p i und p f wird definiert als
dσf i ≡
Wf i
j
wobei j = Fluss des einfallendes Teilchens
Einheit: W fi = Übergangwahrscheinlichtkeit pro Zeiteinheit
(3.61)
zwischen
(3.62)
Teilchenphysik, HS 2007-SS 2008, Prof. A. Rubbia (ETH Zurich)
49
50
Teilchenphysik, HS 2007-SS 2008, Prof. A. Rubbia (ETH Zurich)
Die Dichte der Zustände ist
ρ(Ef ) =
pf
dn
dEf
wenn Ef =
oder
ρ(Ef ) =
pi
dn
=
dEf
p2
1
pdp
−→ dEf =
2pdp =
2m
2m
m
5 L 63
2π
p2 dpdΩ
pdp
m
=
"
L
2π
#3
mpdΩ
(3.67)
(3.68)
Der differentielle Wirkungsquerschnitt wird dann gegeben durch (wir schreiben
die Indizes fi im Wirkungsquerschnitt nicht mehr)
!
dσ = (2π)
V
mL3
|Vf i |2
p
"
L
2π
#3
mpdΩ =
% m &2
2π
L6 |Vf i |2 dΩ
(3.69)
oder
Abbildung 3.1: Streuexperiment in der quantenmechanischen Beschreibung.
j=Wahrscheinlichkeit pro Zeitheinheit und Flächeneinheit
d.h. der Wirkungsquerschnitt hat, wie erwartet, die Einheit einer Fläche. Für
ein freies einfallendes Teilchen ist der Fluss gleich (Siehe Kap. 3.2.4)
"j = |N |2 p"
m
−→
j=
1 p
L3 m
(3.63)
Man spricht vom Impulsübertrag q . Schliesslich wird der Wirkungsquerschnitt geschrieben als
Es folgt daraus mit Fermis Goldener Regel:
dσf i ≡
Wf i
(2π)|Vf i |2 ρ(Ef )
mL3
= (2π)
=
|Vf i |2 ρ(Ef )
1 p
j
p
L3 m
−→
uf (x) = uf (x + L)
2π
−→ dpf =
dn
L
−→
pf =
2πn
L
"
L
2π
#3
dpx dpy dpz =
1. Ordnung
(3.73)
Der Parameter L des Kastens ist verschwunden. Diese Gleichung entspricht
dem differentiellen Wirkungsquerschnitt für die Streuung am Potential V . Diese Gleichung gilt in erster Näherung (der sogenannten Born’schen Näherung).
3.4
Rutherford-Streuung
(3.65)
und in 3 Dimensionen
dn =
72
% m &2 77!
7
dσ
7 d3"xV ("x)ei"q·"x 7
=
7
7
dΩ
2π
(3.64)
Wir bestimmen die Dichte der Endzustände. Wie kann man eine ebene (d.h.
unendlich ausgedehnte) Welle in einem endlichen Kasten umschliessen. Eine
praktische Lösung ist die folgende: wir betrachten als Randbedingung die Periodizität der ebenen Welle. Am Ende der Berechnung kann im Prinzip der Kasten unendlich gross gemacht werden. Für eine ein-dimensionale Anordnung,
erhalten wir daher
uf (x) = N eipf x
% m &2
dσ
=
L6 |Vf i |2
(3.70)
dΩ
2π
Das Matrix-Element V fi wird bestimmt:
!
!
!
1
1
Vf i = d3"xu∗f ("x)V ("x)ui ("x) = 3 d3"xe−ip"f ·"x V ("x)eip"i ·"x ≡ 3 d3"xV ("x)ei"q·"x
L
L
(3.71)
wobei
"q ≡ p"i − p"f = Aenderung des Impulses
(3.72)
"
L
2π
#3
p2 dpdΩ
(3.66)
Wir betrachten nun die Anordnung des Rutherford-Streuexperiments. In der
Störungstheorie muss das Potential schwach sein. Wir können kein Potential verwenden, das eine unendliche Reichweite wie die Coulomb-Kraft besitzt.
Wir nehmen deshalb an, dass die Ladung des punktförmigen Kerns von einer Elektronenwolke abgeschirmt wird. D.h., für das Potential verwenden wir
Teilchenphysik, HS 2007-SS 2008, Prof. A. Rubbia (ETH Zurich)
51
ein Coulomb-Potential für eine punktförmige Ladung +Ze, korrigiert für eine
Elektronenwolke der Ladung –Ze:
V ("x) =
ze2
4π(0
wobei
!
8
Z
−
|"x|
!
ρ(x"# ) 3 "#
dx
|"x − x"# |
9
(3.74)
ρ(x"# )d3 x"# = Z
(3.75)
Die Ladung des gestreuten Teilchens ist gleich ze.
In erster Born’scher Näherung müssen wir das folgende Integral berechnen, um
das Matrix-Element zu bestimmen:
8
9
!
!
!
ze2
Z
ρ(x"# ) 3 "# i"q·"x
3
i"
q ·"
x
3
d "xV ("x)e =
d "x
−
dx e
(3.76)
4π(0
|"x|
|"x − x"# |
Es folgt,
!
3
5
2 i"
q ·"
x
d "xV ("x) ∇ e
6
d3"xV ("x)ei"q·"x = −
2
= (iq)
1
q2
!
!
3
Teilchenphysik, HS 2007-SS 2008, Prof. A. Rubbia (ETH Zurich)
Aus dem Elektromagnetismus (Siehe z.B. Jackson) kennen wir die Beziehung
"
#
1
∇2
= −4πδ(|"x − x"# |)
(3.82)
|"x − x"# |
Deshalb ist
∇2 V ("x) = −
der gesamten Ladung der Elektronen entspricht. In der letzten Gleichung haben
wir angenommen, dass das Atom elektrisch neutral ist.
Wir bemerken, dass
!
52
i"
q ·"
x
d "xV ("x)e
5
6
d3"xV ("x) ∇2 ei"q·"x
(3.77)
ze2
(Zδ(|"x|) − ρ("x))
(0
(3.83)
Das Integral des Potentials ist deshalb gleich
!
!
5
6
1
d3"xV ("x)ei"q·"x = − 2 d3"xV ("x) ∇2 ei"q·"x
q
!
5
6
1
= − 2 d3"xei"q·"x ∇2 V ("x)
q
!
ze2 1
=
d3"xei"q·"x (Zδ(|"x|) − ρ("x))
2
(0 q
(3.84)
Dieses Integral besitzt zwei Teile, die wir in folgender Weise ausdrücken werden:
!
ze2 1
d3"xV ("x)ei"q·"x =
[Z − F ("q )]
(3.85)
(0 q 2
wobei F ("q ) die Fouriertransformierte der Elektronenladungsverteilung
ist:
!
F ("q ) ≡
d3"xei"q·"x ρ("x)
(3.86)
Schliesslich ist der Wirkungsquerschnitt gleich
(3.78)
Mit Hilfe des Satzes von Green (Siehe Übungen) erhalten wir
!
!
! %
&
5
6
5
6
" i"q·"x ) − ei"q·"x (∇V
" ) ·dA
"
d3"xV ("x) ∇2 ei"q·"x = d3"xei"q·"x ∇2 V ("x) +
V (∇e
A=∂V
(3.79)
Das Integral über die Fläche A, die das Volumen V umschliesst, verschwindet,
wenn das Volumen nach unendlich geht, da gilt
4
V ("x) → 0 wenn |"x| → ∞
(3.80)
" ("x) → 0 wenn |"x| → ∞
∇V
Durch Einsetzen von V können wir den Laplace-Operator, angewendet auf das
Potential, berechnen
"
#
" # !
#
"
ze2
1
1
∇2 V ("x) =
Z∇2
ρ(x"# )d3 x"#
− ∇2
(3.81)
4π(0
|"x|
|"x − x"# |
% m &2 " ze2 #2 " 1 #
dσ
=
[Z − F ("q )]2
dΩ
2π
(0
q4
wobei
der
Impulsübertrag
(Siehe
"q ≡ p"i − p"f = Aenderung des Impulses ist.
Gl.
(3.87)
3.72)
gleich
Wir können den übertragenen Impuls q als Funktion des Streuwinkels ausdrücken:
"q ≡ p"i − p"f
−→
q 2 ≡ ("
pi − p"f )2 = p"i 2 + p"f 2 − 2"
pi · p"f
= 2p2 (1 − cos θ) = 4p2 sin2 (θ/2)
(3.88)
Es folgt, wie erwartet
q 2 → 0 wenn θ → 0
(3.89)
In diesem Fall kann man die Fouriertransformierte durch die ersten Glieder
ihrer Taylor-Reihe approximieren:
1
ei"q·"x ≈ 1 + i"q · "x + (i"q · "x)2 + ...
2
(3.90)
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D.h.,
Z − F ("q ) = Z −
= Z−
(
!
!
3
53
i"
q ·"
x
d "xe
ρ("x)
!
!
1
d3"x("q · "x)2 ρ("x) + ...
d3"xρ("x) −i d3"x("q · "x)ρ("x) +
2
)*
+ (
)*
+
=0
=0 wenn ρ("
x)=ρ(−"
x)
(3.91)
Das Ergebnis hängt von der Verteilung der Ladung ab. Im Allgemeinen gilt
!
q2I
1
d3"x("q · "x)2 ρ("x) ≡
Z − F ("q ) ≈
(3.92)
2
2
wobei I dem Integral entspricht, das von der Ladungsverteilung abhängt. D.h.,
für kleine Streuwinkel gilt
" #
% m &2 " ze2 #2 " 1 #
dσ
=
[Z − F ("q )]2
dΩ θ→0
2π
(0
q4
% m &2 " ze2 #2 " 1 # " q 2 I #2
≈
2π
(0
q4
2
% m &2 " ze2 #2 " I #2
=
≈ konst.
(3.93)
2π
(0
2
Dank der Verteilung der Elektronenwolke gibt es keine Divergenz, wenn der
Streuwinkel nach null geht. Wenn der Streuwinkel nach null geht, ist der Grenzwert des Wirkungsquerschnitt gleich einer Konstanten.
Was passiert, wenn der Betrag des übertragenen Impulses q gross ist? Wir
erwarten, dass gilt
F ("q ) → 0 wenn |"q | → ∞
(3.94)
weil die Elektronenwolke nicht in einem Punkt konzentriert ist. Die Elektronenwolke ist keine Punktladung, und deshalb wird die Fouriertransformierte
Funktion verschwinden, wenn der Betrag des “Wellenvektors” q nach unendlich geht.
Für einen genügend grossen Betrag des übertragenen Impulses wird es möglich
sein, F ("q ) im Vergleich zu Z zu vernachlässigen. In diesem Fall gilt
" #
% m &2 " ze2 #2 " 1 #
dσ
=
[Z − F ("q )]2
dΩ |"q|→∞
2π
(0
q4
% m &2 " zZe2 #2 " 1 #
≈
2π
(0
q4
"
# "
#2
2 2
zZe
2m
=
4π(0
4p2 sin2 (θ/2)
"
# " #2
" #
2 2
zZe
1
dσ
1
=
(3.95)
=
4π(0
4E
dΩ Rutherf ord
sin4 (θ/2)
54
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Dieses Ergebnis ist gleich dem der klassischen Herleitung! Vergleiche mit
Gl. 2.15. Der Rutherford-Wirkungsquerschnitt stellt deshalb die Born’sche
Näherung dar, wenn der übertragene Impuls oder der Streuwinkel nicht zu
klein ist, und wir in diesem Fall den Effekt der Elektronenwolke vernachlässigen können.
56
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Einheiten”). Um die Koordinaten des Punktes in der 4-dimensionalen Raumzeit
zu definieren, haben wir die Notation mit dem griechischen Index µ eingeführt:
xµ
(4.3)
wobei µ = 0, 1, 2, 3
Kapitel 4
4.3
Die Lorentz-Transformationen
Die Lorentz-Transformation setzt die Zeit- und Raumkoordinaten eines bestimmten Ereignisses, gemessen relativ zu verschiedenen Inertialbezugssystemen, in Beziehung zu einander.
4.1
Warum?
Die Gleichungen einer modernen Theorie müssen mit dem Einsteinschen Prinzip der Relativität übereinstimmen. D.h., die Naturgesetze müssen in jedem
Inertialbezugssystem dieselbe Form haben.
Inertialbezugssystem: ein Bezugssystem, relativ zu welchem ein freier
Körper sich ohne Beschleunigung bewegt (erstes Newtonsches Gesetz)
Es kann kein bevorzugtes Inertialbezugssystem geben. Alle Inertialbezugssysteme sind einander gleich. D.h., unsere Theorie der Elementarteilchen muss
in jedem Inertialbezugssystem dieselbe Form annehmen. Man spricht von der
Kovarianz der Theorie.
4.2
Die Notation
Wir führen nun die Notation ein, die wir zur Beschreibung eines Punkts in der
Raumzeit benutzen werden.
Ein bestimmter Punkt im 3-dimensionalen Raum:
Punkt mit Hilfe eines Ortsvektors
1
2
Wir
3
"x ≡ (x, y, z) ≡ (x , x , x )
definieren
(4.1)
(4.2)
wobei c die Lichtgeschwindigkeit ist. Wir bemerken, dass die Einheiten der
vier Koordinaten dieselben sind, nämlich die Einheit einer Länge (“homogene
55
Rotation Wir betrachten z.B. eine Rotation um die z-Achse.
 #
ct = ct


 #
x = x cos θ + y sin θ
 y # = −x sin θ + y cos θ

 #
z =z
(4.4)
Es folgt daraus, (xµ wird bezüglich einem Beobachter O gemessen; x#µ wird
bezüglich einem Beobachter O’ gemessen)
(4.5)
xµ ≡ (ct, x, y, z)
x#µ ≡ (ct# , x# , y # , z # ) = (ct, x cos θ + y sin θ, −x sin θ + y cos θ, z) (4.6)
Boost Wir betrachten zwei Inertialbezugssysteme, die sich relativ zueinander
mit einer konstanten Geschwindigkeit v bewegen. Wir nehmen an, dass zur
Zeit t=t’=0 beide Bezugssysteme zusammenfallen und die Koordinatenachsen
parallel sind. Siehe Abb. 4.1.
Wir nehmen an, dass die Geschwindigkeit entlang der x -Achse gerichtet ist
(Wahl des Koordinatensystems, d.h. die relative Bewegung geht entlang der
x -Richtung):
"v = (v, 0, 0)
(4.7)
diesen
Ein bestimmter Punkt in der 4-dimensionalen Raumzeit: wir definieren die
Koordinaten eines Ereignisses:
xµ ≡ (ct, x, y, z) ≡ (x0 , x1 , x2 , x3 )
Eigentliche Lorentz-Transformation
Die Boost-Transformation ist
 #
ct = γ(ct − βx)


 #
x = γ(x − βct)
y# = y


 #
z =z
wobei β ≡ v/c und γ = >
1
1 − β2
(4.8)
Wir erinnern uns an einige Folgerungen der Lorentz-Transformationen:
1. Relativität der Gleichzeitigkeit: wir betrachten zwei Ereignisse A(t A ,
x A ,y A ,z A ) und B(t B , x B ,y B ,z B )
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57
58
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5. Invarianz des Raumzeitintervalls. Die Grösse
∆s2 ≡ c2 ∆t2 − ∆x2 − ∆y 2 − ∆z 2
(4.16)
besitzt denselben Wert in jedem Bezugssystem, d.h.
c2 ∆t2 − ∆x2 − ∆y 2 − ∆z 2 = c2 ∆t#2 − ∆x#2 − ∆y #2 − ∆z #2
(4.17)
Wir sagen, dass es eine Invariante der Lorentz-Transformation ist. Dass
diese Beziehung gilt, kann mit Hilfe von expliziten Boosts oder Rotationen bewiesen werden.
4.3.1
Abbildung 4.1: Koordinatenachsen für den Lorentz-Boost.
Die Λ-Matrix und die Notation
Wir werden eine eigentliche Lorentz-Transformation (eine Kombination von
Rotationen und Boosts) als die folgende (lineare) Beziehung zwischen 4dimensionalen Vektoren darstellen
Bezüglich System S: tA =tB
Bezüglich System S’:
βγ
(xB − xA )
c
(4.9)
t#A += t#B wenn xB += xA
(4.10)
t#A = t#B +
d.h.
2. Längenkontraktion (Relativität der Länge)
L = L# /γ
(4.11)
3. Zeitdilatation (Relativität der Zeit)
t = γt#
(4.12)
4. Addition der Geschwindigkeit Wegen der Linearität der LorentzTransformation
c∆t# = γ(c∆t − β∆x)
∆x# = γ(∆x − βc∆t)
#
#
(4.13)
(4.14)
#
folgt mit u = ∆x/∆t und u = ∆x /∆t :
5 ∆x!
6
∆x
! + v
= ∆t v ∆x!
−→
∆t
1 + c2 ∆t!
(xµ )# =
3
,
Λµν xν
µ = 0, 1, 2, 3
(4.18)
ν=0
wobei Λµν die Komponenten der 4 × 4-Matrix ist. Diese Matrix stellt eine
Lorentz-Transformation zwischen zwei Bezugssystemen dar, deren Ursprünge
zur Zeit t=t’=0 zusammenfallen. Die Kompontenen der Λ Matrix sind alle reell
und dimensionslos, sie hängen nur von den Parametern der Transformation ab
und nicht von den Koordinaten xµ .
Beispiel: Boost entlang der x-Achse

γ
−βγ 0 0
 −βγ
γ
0 0
µ

Λν =
0
0
1 0
0
0
0 1




(4.19)
Einsteinsche Summen-Konvention: Ueber doppelt vorkommende Indizes
wird von 0 bis 3 summiert
(xµ )# = Λµν xν
(4.20)
Wir werden diese Konvention immer verwenden.
u=
#
u +v
1 + cv2 u#
ähnliche Beziehungen gelten für die anderen Komponenten.
(4.15)
4.3.2
Vierer-Vektoren
Wir betrachten eine physikalische Grösse a µ , die 4 Komponenten besitzt.
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59
Wenn sich die Komponenten der physikalischen Grösse aµ wie die Komponenten des Raumzeitvektors xµ transformieren, wird aµ als 4-Vektor bezeichnet.
Es folgt,
aµ ist 4 − Vektor
(aµ )# = Λµν aν
⇐⇒
(4.21)
Die 4-Komponenten werden so bezeichnet
aµ ≡ (a0 , a1 , a2 , a3 ) = (a0 , "a)
4.3.3
(4.22)
Kovarianter und Kontravarianter 4-Vektor
Im Allgemeinen werden zwei Arten von Komponenten von 4-Vektoren definiert.
Man spricht von kontravarianten oder kovarianten Komponenten:
Kontravarianter 4 − Vektor :aµ ≡ (a0 , "a)
(aµ )# = Λµν aν
Kovarianter 4 − Vektor :aµ ≡ (a0 , −"a)
(aµ )# = Λµν aν
(4.23)
(4.24)
Die Transformation zwischen kontravarianten und kovarianten 4-Vektoren wird
mit Hilfe des metrischen Tensors durchgeführt
aµ ≡ gµν a
wobei

ν

g00 = 1, g11 = g22 = g33 = −1, gµν = 0 µ += ν
4.3.4
(4.26)
(4.27)
Das Skalarprodukt
Das Skalarprodukt zwischen zwei 4-Vektoren a µ und b µ wird definiert als
a·b ≡ a0 b0 −a1 b1 −a2 b2 −a3 b3 = a0 b0 −"a·"b
(4.28)
Wir bemerken, dass gilt
a · b = aµ bµ = gµν aν bµ = gµν aµ bν = aµ bµ
(4.29)
Beispiel: Das Raumzeitintervall
xµ = (ct, "x)
=⇒
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Wir wissen, dass diese Grösse eine Invariante der Lorentz-Transformation ist.
Im Allgemeinen ist eine Grösse, die als das Skalarprodukt von zwei 4-Vektoren
definiert wird, eine Invariante. Man spricht von einem Skalar.
Ein Skalar besitzt denselben Wert bezüglich allen Inertialsystemen. Ein Skalar
ist eine Invariante.
(4.31)
a · b ist ein Skalar
Skalargrössen sind sehr nützliche Grössen, um Eigenschaften von physikalischen
Systemen auszudrücken, weil sie für jeden Beobachter denselben Wert besitzen!
Man sagt deshalb, dass sie etwas “fundamentales” über das System, das wir
beschreiben wollen, darstellen (und nicht vom Beobachter abhängig sind). Wir
werden z.B. Wirkungsquerschnitte mit Hilfe von Skalaren ausdrücken.
Was ist die Bedingung, damit die Skalarprodukte invariant sind? Wir betrachten:
(a · b)# = (aµ )# (bµ )# = Λµν aν Λµρ bρ = Λµν Λµρ aν bρ
(4.32)
Wir erhalten die Orthogonalitätsbeziehung:
4
1 wenn ν = ρ
Λµν Λµρ = δνρ ≡
0 wenn ν =
+ ρ
x · x = (xµ )2 = c2 t2 − ("x)2
(4.30)
(4.33)
wobei δ das Kronecker-Symbol ist. Es folgt damit
(4.25)
1 0
0
0
 0 −1 0
0 

gµν ≡ 
 0 0 −1 0 
0 0
0 −1
d.h.
60
(a · b)# = (aµ )# (bµ )# = Λµν Λµρ aν bρ = δνρ aν bρ = aν bν = (a · b)
(4.34)
d.h. das Skalarprodukt ist eine Invariante. In den Übungen wird bewiesen, dass
die Orthogonaliätsbeziehung für eine beliebige Lorentz-Transformation gilt.
Wir bemerken, dass das Skalarprodukt nicht immer einen positiven Wert haben
muss. Man klassifiziert 4-Vektoren nach dem Wert des Skalarprodukts mit sich
selber
 µ
 a ist zeitartig ⇔ a2 > 0
aµ ist raumartig ⇔ a2 < 0
(4.35)
 µ
a ist lichtartig ⇔ a2 = 0
4.3.5
Tensoren
In der Physik werden im Allgemeinen Grössen eingeführt, die physikalische Eigenschaften der Realität beschreiben. Um ein physikalisches Verständnis dieser
Grössen zu gewinnen, ist es wichtig, die Transformationseigenschaften dieser
Grössen zu verstehen.
Im Allgemeinen nennen wir Tensoren Objekte, die bestimmte Transformationseigenschaften unter Lorentz-Transformationen besitzen.
1. ein Skalar ist ein Tensor der Stufe 0, es ist eine Invariante
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61
2. ein 4-Vektor ist ein Tensor der 1. Stufe, der 4 Komponenten besitzt. Seine
Transformationsregel ist
(aµ )# = Λµν aν
(4.36)
(nur ein Summations-Index ν)
3. ein Tensor der 2. Stufe ist eine Grösse mit 42 =16 Komponenten, die die
folgende Transformationsregel besitzt
µν #
(s ) =
Λµρ Λνσ sρσ
(4.37)
(mit zwei Summations-Indizes)
62
Teilchenphysik, HS 2007-SS 2008, Prof. A. Rubbia (ETH Zurich)
Wie erwartet, ist das Raumzeitintervall eine Invariante dieser Transformationen.
Axiale Grösse: Wenn wir einen Vektor im Raum betrachten, bemerken wir,
dass er sein Vorzeichen unter der Parität ändert:
P ("x) = −"x
Wenn wir z.B. eine neue Groesse "a definieren, die als das Vektorprodukt von
zwei Vektoren definiert wird, dann gilt:
P ("a) = −x"1 × (−x"2 ) = +"a
s Skalar
p Pseudoskalar
Es folgt aus der Definition der Lorentz-Transformation, dass
Λµρ (aµ )# = Λµρ Λµν aν = δνρ aν = aρ
=⇒
4.5
Kontravariant
(4.39)
Kovariant
(4.40)
und in ähnlicher Weise
aµ = Λνµ (aν )#
Diskrete
(uneigentliche)
Transformation
Lorentz-
Raumspiegelung (Parität)
Zeitumkehr
4
#
x0 = x0
#
xi = −xi
#
i = 1, 2, 3
x0 = −x0
#
xi = xi i = 1, 2, 3
(4.45)
(4.46)
Drehimpuls, Spin und Rotationen
Drehimpuls-Operator
Der Drehimpuls-Operator ist gleich
" ≡ "r × p" = −i"r × ∇
"
L
Wir betrachten nun diskrete Transformationen der Raumzeit. Diese Transformationen werden als diskret bezeichnet, weil sie nicht durch eine Reihe von
infinitesimalen Transformationen gewonnen werden können.
4
P (s) = +s
P (p) = −p
Wir werden Spin-Effekte in den Wirkungsquerschnitten von verschiedenen Prozessen betrachten. Deshalb folgt eine kurze Wiederholung der Eigenschaften
dieser Operatoren. Wir diskutieren hier auch die Beziehung zwischen Drehimpuls und Rotationen.
4.5.1
4.4
⇔
⇔
(4.38)
Deshalb ist die inverse Lorentz-Transformation gleich
aµ = Λνµ (aν )#
(4.44)
Man sagt, dass die Grösse "a ein Axialvektor ist. In ähnlicher Weise definiert
man die Skalargrösse oder Pseudoskalargrösse:
Inverse Lorentz-Transformation
(aµ )# = Λµν aν
(4.43)
d.h. die Grösse "x entspricht einer physikalischen Grösse, die sich wie ein Raumvektor verhält.
4. usw...
4.3.6
(P Paritaetstransformation)
(4.41)
(4.42)
(4.47)
mit den Komponenten:
#
"
∂
∂
−z
Lx = ypz − zpy = −i y
∂z
∂y
"
#
∂
∂
Ly = zpx − xpz = −i z
−x
∂x
∂z
"
#
∂
∂
Lz = xpy − ypx = −i x
−y
∂y
∂x
(4.48)
(4.49)
(4.50)
Mit der Kommutationsregel für die Raumkoordinaten und die Impulskomponenten
[x, px ] = i, [y, py ] = i, und [z, pz ] = i
(4.51)
Teilchenphysik, HS 2007-SS 2008, Prof. A. Rubbia (ETH Zurich)
63
64
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kann man beweisen, dass die Kommutationsregel des Drehimpulses gleich
[Lx , Ly ] = iLz , [Ly , Lz ] = iLx , und [Lz , Lx ] = iLy
(4.53)
Weitere nützliche Beziehungen sind:
d.h., z.B.
4.5.2
(4.55)
Spin-Operator
Es gibt kein klassisches Analogon zum Spin. Er entspricht einem internen Freiheitsgrad eines Teilchens.
(4.56)
Die “Spin-up” und “Spin-down” Zustände sind die Eigenzustände des Operators
"
#
1 1 0
(4.57)
S3 =
2 0 −1
Die drei Komponenten können mit Hilfe der Pauli-Matrizen σ definiert werden
" = (S1 , S2 , S3 ) = 1 "σ
(4.58)
S
2
wobei
σ1 =
"
0 1
1 0
#
,
σ2 =
"
0 −i
i 0
#
,
σ3 =
"
1 0
0 −1
#
σ+ = σ
Hermitesch
σi σj = δji + i(ijk σk
(4.62)
" σ · B)
" = (A
" · B)I
" + i"σ · A
"×B
"
("σ · A)("
(4.63)
" und B
" beliebige 3-Vektoren sind und
wobei A
"σ = (σ1 , σ2 , σ3 )
(4.64)
Die Pauli-Matrizen werden wir oft brauchen, z.B. wenn wir die Dirac-Gleichung
diskutieren werden (Siehe Kap. 8).
Rotation und Generator (Erzeugende)
Der Drehimpuls ist mit Rotationen verknüpft. Wir betrachten eine Rotation
um einen Winkel α um die z -Achse im Uhrzeigersinn. Wir stellen diese Rotation
mit Hilfe einer (unitären) Matrix R dar:
 # 
  
 
x
x
cos α − sin α 0
x
 y #  = R  y  =  sin α cos α 0   y 
(4.65)
z#
z
0
0
1
z
Wir betrachten dann die Wellenfunktion eines Teilchens und nehmen an, dass
sie von der Rotation nicht beeinflusst wird (die Wellenfunktion besitzt eine
bestimmte Symmetrie):
Ψ# (x# , y # , z # ) = Ψ(x, y, z)
=⇒
Ψ# (x, y, z) = Ψ(R−1 (x, y, z))
(4.66)
Wir bemerken:
Die Beziehung zwischen ψ und ψ’ muss durch eine unitäre Matrix U( α)
dargestellt werden. Die Unitarität erzwingt die Erhaltung der Normierung
< ψ|ψ>=< ψ’|ψ’>.
(4.59)
D.h.,
(4.60)
Wir betonen, dass R auf die Raumkoordinaten wirkt, während U auf die Wellenfunktion wirkt. Sie sind daher verschiedene Darstellungen der physikalischen
Rotation, die wir betrachten.
Die Eigenschaften dieser Matrizen sind die folgenden:
σ 2 = 1,
und
4.5.3
z.B. für Spin 1/2: zwei mögliche Zustände
" #
" #
1 1
1 1
1
0
| ↑' = | s, s3 ' = | , ' =
und | ↓' = | , − ' =
0
1
2 2
2 2
(4.61)
d.h. die Kommutationsregeln sind dieselben wie die des Drehimpuls-Operators.
Die Lie-Algebra entspricht einem direkten Beweis der Natur des Spins: der Spin
folgt der Algebra eines Drehimpulses, ist aber ein interner Freiheitsgrad des
Teilchens.
Diese Gleichung beschreibt die Lie-Algebra des Drehimpuls-Operators. Der
total antisymmetrische Levi-Civita Tensor (ijk ist definiert als

 +1 gerade Zahl von Permutationen von 1, 2, 3
−1 ungerade Zahl von Permutationen von 1, 2, 3
(ijk =
(4.54)

0 andernfalls
(123 = (312 = (231 = 1 und (321 = (132 = (213 = −1
Lie − Algebra
(4.52)
ist, oder (Im Allgemeinen schreibt man die Indizes x,y,z als 1,2,3 )
" = (L1 , L2 , L3 )
[Li , Lj ] = i(ijk Lk , wobei L
[σi , σj ] = 2i(ijk σk
Ψ# (x, y, z) = U (α)Ψ(x, y, z)
(4.67)
Teilchenphysik, HS 2007-SS 2008, Prof. A. Rubbia (ETH Zurich)
65
Für eine kontinuierliche Transformation kann immer eine infinitesimalen Transformation betrachtet werden. Für eine solche Rotation um einen Winkel δα gilt:
Ψ# (x, y, z) = Ψ(R−1 (x, y, z))
= Ψ(x + yδα, y − xδα, z)
∂Ψ
∂Ψ
≈ Ψ(x, y, z) + yδα
− xδα
∂x
∂y
= Ψ(x, y, z) − iδαLz Ψ(x, y, z)
66
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Wenn der Hamilton-Operator invariant unter der Transformation ist, gilt die
Kommutationsregel:
" + ...)
H(1 − iδα"n · L
(4.68)
⇒
(4.70)
wobei G als Generator (oder Erzeugende) der Transformation bezeichnet
wird. Weil
U + (()U (() = (1 + i(G+ )(1 − i(G) = 1 + i((G+ − G) + ...
(4.71)
die Invarianz der Normierung unter der Rotation liefert, gilt:
U + (()U (() ≡ 1
=⇒
G+ = G
⇒
⇒
(4.69)
Im Allgemeinen kann eine unitäre infinitesimale Transformation der Wellenfunktion mit (infinitesimalem) Parameter ( so geschrieben werden:
U (() ≡ 1 − i(G
HU = U H
(4.76)
oder
(Siehe Kap. 4.5.1). Wir erhalten:
U (δα) = 1 − iδαLz
⇔
[H, U ] = 0
" + ...)H
= (1 − iδα"n · L
"
" + ...)H
H(iδα"n · L + ...) = (iδα"n · L
" = LH
"
HL
"
[H, L] = 0
(4.77)
d.h. Drehimpulserhaltung ist eine Folge der Invarianz unter der Rotation.
4.6
4.6.1
Gruppen-Theorie
Definition einer Gruppe
Symmetrie-Transformationen von physikalischen Systemen besitzen die mathematischen Eigenschaften einer Gruppe. Eine Gruppe ist eine Menge von
Elementen mit einer Verknüpfung, die die folgenden Regeln befolgen:
(4.72)
d.h., der Generator muss hermitesch sein. Wir erinnern uns daran, dass hermitesche Operatoren reellen (d.h. physikalischen, beobachtbaren) Grössen entsprechen. Es folgt:
Der Drehimpuls-Operator ist der Generator der Rotation. Er ist hermitesch
und deshalb eine Observable.
Eine endliche Transformation kann durch sukzessive infinitesimale Transformationen erhalten werden:
%
α &n
= + exp(−iαG)
(4.73)
U (α) = (U (())n = 1 − i G ( )*
n
1. Das Produkt ab von zwei Elementen der Gruppe a und b ist auch ein
Element der Gruppe.
2. Assoziativität: (ab)c = a(bc), wobei a,b und c Elemente der Gruppe sind.
3. Ein Element der Gruppe ist die Identität I, für welches gilt: aI = Ia = a
für beliebiges a.
4. Für jedes Element a der Gruppe gibt es ein Inverses a −1 , für welches gilt:
aa−1 = a−1 a = 1 (I −1 = I)
n→∞
Wenn G hermitesch ist, ist exp(–iG) unitär. Eine endliche Rotation um einen
Winkel α um eine beliebige Achse "n kann daher so ausgedrückt werden:
"
U (α) = exp(−iα"n · L)
(4.74)
Für eine infinitesimale Transformation erhalten wir:
" ≈ 1 − iδα"n · L
" + ...
U (δα) = exp(−iδα"n · L)
(4.75)
Eine Gruppe ist eine Abelsche Gruppe, wenn alle Elemente der Gruppe
kommutieren, d.h. ab = ba für jedes a, b.
Eine Gruppe kann eine endliche oder eine unendliche Anzahl von Elementen
haben. Die Elemente einer kontinuierlichen unendlichen Gruppe können durch
einen kontinuierlichen Parameter definiert werden. Die Gruppe der Rotationen
ist z.B. eine kontinuierliche Gruppe. In einer (kontinuierlichen) Lie-Gruppe
kann jedes Element als Produkt von infinitesimalen Transformationen dargestellt werden. Die Rotationen bauen z.B. eine solche Lie-Gruppe auf.
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4.6.2
67
Translation
68
4.6.4
Die Translationen im Raum bauen eine Abelsche Lie-Gruppe auf. Die Elemente der Gruppe werden durch einen Vektorparameter "a definiert:
"x# = (x# , y # , z # ) = "x + "a
(4.78)
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Diskrete Transformationen
Diskrete Transformationen können nicht als Produkt infinitesimaler Transformationen gewonnen werden. Die Raumspiegelung ist ein Beispiel dafür:
4
"x → −"x
P :
−→ System Ψ : Ψ# = P Ψ("x) = Ψ(−"x)
(4.83)
t→t
Der Effekt der Translation auf die Wellenfunktion kann so ausgedrückt werden:
Sie kann z.B. nicht als Produkt von Rotationen erhalten werden. Man spricht
auch von uneigentlichen Rotationen.
Ψ# (x, y, z) = Ψ(R−1 (x, y, z)) = Ψ("x − "a)
Wir bemerken, dass zwei aufeinanderfolgende Raumspiegelungen das ursprüngliche System liefern. D.h.,:
(4.79)
Für eine infinitesimale Translation erhalten wir:
∂Ψ
∂Ψ
∂Ψ
− δay
− δaz
+ ...
∂x
∂y
∂z
= Ψ("x) − iδax px Ψ − iδay py Ψ − iδaz pz Ψ + ...
= Ψ("x) − iδ"a · p"Ψ + ...
(4.84)
P2 = 1
(4.85)
oder
Ψ("x − δ"a) ≈ Ψ("x) − δax
(4.80)
Für eine endliche Translation erwarten wir daher:
Ψ# ≡ U Ψ = e−i"a·"p Ψ
Ψ# (x"# ) = P Ψ("x) = P 2 Ψ# (x"# )
(4.81)
Damit die Wahrscheinlichkeit < ψ|ψ> erhalten wird, muss der Impuls-Operator
hermitesch sein. Der Impuls ist daher eine beobachtbare Grösse. Der ImpulsOperator ist der Generator der räumlichen Translation. Schliesslich finden wir:
Aus der Invarianz des Quantensystems unter der Translation folgt die Impulserhaltung.
Wir bemerken noch einmal, dass die Parität ein hermitescher Operator ist, und
daher einer beobachtbaren (physikalischen) Grössen entspricht. Die Eigenwerte
der Paritäts-Transformation sind +1 oder –1.
Die Kugelfunktionen Y lm sind Eigenfunktionen des Drehimpulses und besitzen eine bestimmte Parität. Im Kugelkoordinatensystem gilt z.B.:
A
1
Y0,0 (θ, φ) =
4π
A
A
3
e±iφ
3
Y1,±1 (θ, φ) =
sin θ √ ,
Y1,0 (θ, φ) =
cos θ
(4.86)
4π
4π
2
Im Allgemeinen gilt
Y*,m (θ, φ) =
4.6.3
Rotationen
B
(2/ + 1)(l − m)!
Pl,m (cos θ)eimφ
4π(l + m)!
(4.87)
wobei die assozierten Legendre-Polynome gleich
In Kap. 4.5.3 haben wir ähnliche Resultate für Rotationen im Raum hergeleitet.
Wir fassen hier zusammen: Eine endliche Rotation um einen Winkel α um eine
beliebige Achse "n kann so ausgedrückt werden (|"n| = 1):
"
U (α) = exp(−iα"n · L)
Pl,m (x) =
Der Drehimpuls-Operator ist der Generator der räumlichen Rotation. Drehimpulserhaltung ist eine Folge der Invarianz unter der Rotation.
(4.88)
sind. Die Parität wirkt in Kugelkoordinaten so:
θ →π−θ
(4.82)
" der Drehimpuls-Operator ist. Es gilt:
wobei L
(−1)m 1
dl+m
(1 − x2 )m/2 l+m (x2 − 1)*
2* /!
dx
und φ → φ + π
(4.89)
und es gilt
Pl,m (cos θ) → Pl,m (cos(π − θ)) = (−1)l+m Pl,m (cos θ)
eimφ → eim(φ+π)=(−1)
m eimφ
(4.90)
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69
daher
70
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Die Identität ist:
*
P Yl,m (θ, φ) = (−1) Y*,m (θ, φ)
*
−→ Paritaet Y*,m = (−1)
Λµν = δνµ
(4.91)
(4.92)
wobei l der relative Drehimpuls der Teilchen ist, und P a , P b sind die intrinsischen Paritäten der Teilchen. Intrinsische Paritäten werden in Kap. 18
und 19 weiter diskutiert.
4.6.5
Die Poincaré-Gruppe
Wir diskutieren nun die Poincaré-Gruppe. Diese Gruppe besteht aus den folgenden linearen Transformationen der Raumzeit:
x#µ = Λµν xν + bµ
(4.93)
wobei Λ die Orthogonalitätsbeziehung (oder Lorentz-Bedingung)
erfüllt:
gµν Λµα Λνβ = gαβ
(4.94)
x# = Λx + b
→
Λ−1 x# − Λ−1 b = x = Λ# x# + b#
Diese Orthogonalitätsbeziehung ist die notwendige und hinreichende Bedingung
für die Erhaltung des Skalarprodukts zweier 4-Vektoren unter einer homogenen
Transformation (d.h. wenn b µ =0).
Tatsächlich gilt:
(4.95)
Diese Bedingung beschreibt im Fall x µ =y µ =(ct,x,y,z) die Invarianz des
Raumzeit-Intervalls (Siehe Kap. 4.3).
Wir zeigen, dass diese Transformationen eine Gruppe aufbauen. Wir betrachten
zwei aufeinanderfolgende Transformationen:
C
x# = Λx + b
→ x## = Λ# Λx + Λ# b + b# = Λ## + b##
(4.96)
##
# #
#
x =Λx +b
Zwei aufeinanderfolgende Transformationen sind gleich der einzelnen Transformation:
x## = Λ## x + b## mit Λ## = Λ# Λ und b## = Λ# b + b#
(4.97)
(4.99)
Es folgt:
Λ# = Λ−1
und b# = −Λ−1 b
(4.100)
Schliesslich zeigt man die Assoziativität:

x# = Λx + b

##
# #
#
x =Λx +b
→ x### = Λ## (Λ# (Λx + b) + b# ) + b##

x### = Λ## x## + b##
#
## #
= (Λ## Λ
Λ## b# + b+## (4.101)
)*Λx+ + Λ
( Λ b +)*
=Λ!!! x
=b!!!
Man kann das Produkt in beliebiger Reihenfolge durchführen und findet immer
dasselbe Resultat. Die Assoziativität gilt.
Aus der Orthogonalitätsbeziehung gµν Λµα Λνβ = gαβ (Gl. 4.94) folgt (für
α=β=0 ):
,
,
gµν Λµ0 Λν0 = g00 = 1 =⇒ Λ00 Λ00 −
Λi 0 Λi 0 = (Λ00 )2 −
(Λi 0 )2 = 1
i
Der 4-Vektor b µ definiert den relativen Ursprung der Koordinatensysteme.
Wenn b µ =0 spricht man von der homogenen Transformation.
x# · y # = gµν x#µ y #ν = gµν Λµα Λνβ xα y β = gαβ xα y β = x · y
(4.98)
Die umgekehrte Transformation ist:
Die Eigenwerte sind multiplikativ. Wenn wir z.B. ein System mit zwei Teilchen
betrachten, wird die Parität des Systems:
P = Pa Pb (−1)*
und b = (0, 0, 0, 0)
=⇒ (Λ00 )2 = 1 +
,
i
(Λi 0 )2
(4.102)
i
und
det(ΛT gΛ) = det(gΛΛ) = det(g)(det(Λ))2 = det(g)
=⇒ (det Λ)2 = 1
(4.103)
Diese zwei Bedingungen unterteilen die Transformationen in vier Klassen, die
getrennt sind:
det Λ = +1 Λ00 ≥ 1
eigentlich orthochron
(1)
det Λ = +1 Λ00 ≤ −1 eigentlich nicht − orthochron (P T )
det Λ = −1 Λ00 ≥ 1
uneigentlich orthochron
(P )
det Λ = −1 Λ00 ≤ −1 uneigentlich nicht − orthochron
(T )
(4.104)
Die vier Klassen sind getrennt, weil die Determinante und Λ0 0 nicht kontinuierlich von einem Wert kleiner als 1 bis zu einem Wert grösser als 1 geändert
werden können. In jeder Klasse gibt es eine “charakteristische Transformation”: die Identität (1), die Raumspiegelung (P ) und die Zeitumkehr (T ) oder
Raumspielung-Zeitumkehr (PT ).
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71
Die erste Klasse baut eine Untergruppe auf. Andere Untergruppen können gewonnen werden, wenn man die anderen Klassen (P ,T oder PT ) mit der ersten
Klasse kombiniert: (1), (1 •PT), (1 •P) und (1 •T)). Tatsächlich kann jede
Transformation in jeder Untergruppe kontinuierlich in eine andere Transformation derselben Untergruppe umgewandelt werden. Im Besonderen kann eine
beliebige Transformation beliebig nah zur charakteristischen Transformation
(1 , P , T , oder PT ) gebracht werden.
Wir diskutieren nun die Generatoren der eigentlichen orthochronen Untergruppe. Wir betrachten dafür eine infinitesimale Transformation. Die Identität ist
gleich
Λµν = δνµ und b = (0, 0, 0, 0)
(4.105)
und daher ist eine infinitesimale Transformation gleich:
Λµν = δνµ + ω µν
und bµ = (µ
(4.106)
wobei ω und ( infinitesimal sind. Wir bemerken, dass eine Folgerung der
Orthogonalitätsbedingung die folgende ist:
gαβ =
gµν Λµα Λνβ
gµν (δαµ + ω µα )(δβν + ω νβ )
gµν δαµ δβν + gµν δαµ ω νβ + gµν ω µα δβν
gαβ + gαν ω νβ + gµβ ω µα
=
=
=
= gαβ + ωαβ + ωβα
72
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Weil ( einer Zeit- und Raum-Translation entspricht, beschreibt der P -Operator
die Energie- und Impuls-Operatoren. Die Lorentz-Transformation enthält die
Rotationen, daher muss der J -Operator den Drehimpuls auch enthalten.
Man kann zeigen, dass die Generatoren der folgenden Lie-Algebra der Poincaré-Gruppe folgen müssen:
[Pµ , Pν ] = 0
[Jµν , Pρ ] = i(gνρ Pµ − gµρ Pν )
[Jµν , Jρλ ] = i(gνλ Jνρ + gνρ Jµλ − gµρ Jνλ − gνλ Jµρ )
(4.112)
Wir fassen nun zusammen: die Energie ist durch P 0 gegeben. Wir bemerken,
dass P 1 , P 2 und P 3 mit P 0 kommutieren. In der Quantenmechanik entsprechen die Operatoren, die mit dem Hamilton-Operator H=P 0 kommutieren,
guten Quantenzahlen, d.h. sie haben erhaltene Eigenwerte. Wir schliessen daraus, dass der Impuls durch die folgenden Komponenten gegeben wird:
p" = (P 1 , P 2 , P 3 )
(4.113)
In ähnlicher Weise kommutiert der totale Drehimpuls (Spin plus Bahndrehimpuls) mit H und ist durch die folgenden Komponenten gegeben:
+ ....
(4.107)
J" = (J 23 , J 31 , J 12 )
(4.114)
Die restlichen Generatoren werden als “Boost”-Vektor bezeichnet:
d.h.,
ωαβ = −ωβα
(4.108)
Ein solcher antisymmetrischer Tensor der 2. Stufe ist eine Grösse mit 42 –10=6
unabhängigen Parametern. Mit den 4-Komponenten von ( besitzt eine inhomogene Lorentz-Transformation 6+4=10 Parameter.
Die Generatoren können so gefunden werden. Die infinitesimale Transformation
eines 4-Vektors ist die folgende:
x#µ = (δ µν + ω µν )xν + (µ
(4.109)
Die entsprechende unitäre Transformation der Wellenfunktion muss nah der
Identität sein. Wir schreiben sie so (Siehe Kap. 4.5.3 und 4.6.2):
i
U (ω, () = 1 − i(α P α + ωβδ J βδ + ...
2
(4.110)
J und P müssen hermitesch sein, so dass U unitär ist, und sind die Generatoren der Poincaré-Gruppe. Wir bemerken auch, dass (sonst würde der
entsprechende Teil verschwinden)
ωαβ = −ωβα
=⇒
J αβ = −J βα
(4.111)
" = (J 01 , J 02 , J 03 )
K
(4.115)
Sie werden oft nicht erwähnt, weil sie nicht mit dem Hamilton-Operator kommutieren. Sie werden nicht erhalten und sind daher nicht nützlich, um den
Quantenzustand des Systems zu charakterisieren.
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