Myotis bechsteinii

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Schriftenr. Landschaftspflege Naturschutz
H. 71
2002
109–130 Bundesamt für Naturschutz, Bonn
Telemetrische Untersuchungen zum Nahrungshabitatanspruch
der Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii) in Nadelwäldern
bei Amberg in der Oberpfalz
KLAUS ALBRECHT, MATTHIAS HAMMER, Nürnberg & JENNIFER HOLZHAIDER, München
Abstract
Foraging-habitat requirements of Bechstein’s bat (Myotis bechsteinii) – insights from
radio telemetry studies in coniferous forests in eastern Bavaria, Germany
We examined the habitat demands of Bechstein’s bat in coniferous forests. The study was
conducted in three areas of coniferous forest near Amberg in the upper Palatine in eastern
Bavaria, southern Germany. In total, four bats (two of either sex) were individually marked,
tagged with radio transmitters, and followed for two to five nights during three tracking periods in May, July and August 1998. We estimated the home ranges of individual bats from
radio-telemetry observations with the help of a Geographic Information System (ArcView
GIS, Esri), using the minimum-convex-polygon (MCP) and harmonic-mean-approaches.
The maximum distance between day roosts and activity centres of the home range was 1.1
km. The radio-tagged animals hunted in areas dominated by conifers. The bats exhibited no
preference for forest sites with a higher fraction of deciduous trees. In our study, bat home
range sizes where within the range already known from Bechstein’s bat in deciduous forests.
We conclude that tree species composition does not affect home range size in Bechstein’s bat.
Our results indicate that the vertical stratification and structural richness rather than tree
species composition of any given forest determine its suitability as foraging habitat of Bechstein’s bats. The animals in our study preferred structurally rich forests with a rather dense
layer of shrubs and smaller trees.
In addition to habitat selection analysis we report visual observations on individual foraging behaviour of Bechstein’s bats.
1 Fragestellung
Die Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii) gilt noch immer als Paradebeispiel einer streng
an Laubwälder angepassten Fledermausart. Diese Einschätzung beruht auf der Entdeckung individuenreicher Vorkommen in ausgedehnten Laubwaldbereichen Nordbayerns, die auch Gegenstand intensiver ökologischer und populationsbiologischer Studien waren (WOLZ 1986, 1988,
1992, SCHLAPP 1990, KERTH & KÖNIG 1996). SCHLAPP (1990) bezeichnete sie aufgrund ihrer
an stabile Habitatverhältnisse angepassten Siedlungsstrategie als „Urwaldfledermaus“.
Durch die Untersuchungen von LEITL (1995) in Kiefern- und Fichtenwäldern der Oberpfalz, bei denen er in den untersuchten Waldgebieten neben einzelnen Männchen der Art in
jedem Jahr z. T. auch Wochenstuben nachweisen konnte, war diese Einstufung in Frage
gestellt. Offenbar kann die Bechsteinfledermaus auch in Nadelmischwäldern oder Nadelholzreinbeständen Fortpflanzungskolonien aufbauen.
109
Im Rahmen des vom Bundesamt für Naturschutz finanzierten Forschungs- und Entwicklungsvorhabens „Untersuchungen und Empfehlungen zur Erhaltung der Fledermäuse in Wäldern“ ergab sich die Gelegenheit, durch konkrete telemetrische Untersuchungen die Lebensraumansprüche der Art genauer zu untersuchen. Hierbei wurde die Bechsteinfledermaus in
den Laubwäldern südwestlich von Würzburg telemetriert, die aufgrund der bisherigen Kenntnisse als „Idealhabitat“ eingeschätzt wurden (KERTH 1998, KERTH et al. 2002). Der Vergleich mit dem Verhalten von telemetrierten Tieren in den Nadel- und Nadelmischwäldern
bei Amberg soll folgende Fragen klären:
• Jagen Bechsteinfledermäuse auch in nadelholzdominierten Waldflächen, oder bevorzugen
sie Laub- bzw. Mischholzinseln?
• Sind die Nahrungslebensräume in Nadel- und Nadelmischwäldern als suboptimal zu
betrachten (Größe und Dichteverteilung der Wochenstuben, Reproduktivität, Größe der
erforderlichen Jagdgebiete)?
• Welches sind die entscheidenden Habitatmerkmale (Waldtyp: Bestandsstruktur, Mischungsgrad, Entwicklungsstufe)?
2 Untersuchungsgebiete
Die Untersuchungen fanden in drei verschiedenen Waldgebieten östlich bzw. südlich von
Amberg in der Oberpfalz, Bayern (siehe Abb. 1), statt. In diesen Gebieten waren durch die
Abb. 1: Lage der drei Untersuchungsgebiete.
110
Kartierungen von LEITL (1995) Vorkommen der Bechsteinfledermaus bekannt. Die Gebiete
unterscheiden sich sowohl hinsichtlich der Waldtypen als auch hinsichtlich der Topographie.
Parallel zu den Telemetriearbeiten erfolgte durch R. LEITL die Charakterisierung der Wälder.
Bis zum Abschluss dieses Berichtes lagen nur von zwei Gebieten, dem Hirschwald und dem
Johannesberg, die entsprechenden Kartierungen vor.
Die Flächen für diese beiden Untersuchungsgebiete (UG) wurden künstlich durch einen
Kreis mit einem Radius von einem Kilometer um die bekannten Wochenstuben der Bechsteinfledermäuse abgegrenzt. Diese Entfernung entspricht dem durchschnittlichen Aktionsradius, wie er aus vorgenannten Arbeiten (siehe oben) bekannt ist. Im Gebiet Johannesberg
wurde das UG noch um eine kleine Fläche erweitert, da hier das telemetrierte Tier die durch
den Kreis umgrenzte Fläche bei der Jagd verließ, so dass dort eine Gesamtfläche von 321,4
ha für die nachfolgenden Analysen zugrunde gelegt wurde, während das UG im Hirschwald
313,3 ha beträgt. Alle nachfolgenden Angaben zu relativen Flächenanteilen beziehen sich auf
diese Flächengrößen.
Für das dritte UG, den Neunaigner Forst, existieren keine Flächenangaben, da hier noch
keine Abgrenzung und Kartierung erfolgt ist.
Der Hirschwald (vgl. Abb. 2 a) liegt auf einem Höhenzug im östlichen Randbereich der
Fränkischen Alb ca. 20 km südlich von Amberg, der nach Osten zum Vilstal hin abfällt. In
diesem Bereich ist die Topographie der Alb weniger bewegt als am westlichen Rand. Die
geologischen Schichten (Jura mit vereinzelten Kreideüberdeckungen) streichen vergleichsweise sanft nach Osten hin aus. Das UG liegt zwischen 450 m und 500 m üNN und
zählt zum Naturraum der Mittleren Frankenalb. Es wird dominiert von Kiefern-FichtenNadelmischwäldern (88 %). Der größte Teil (63 % des UG) ist mit zweischichtigen
Beständen mit Kiefer als Lichtbaumart im Oberholz und einer deutlich ausgeprägten
Zwischenschicht (Deckungsgrade überwiegend bei 40 %) mit der Fichte als Schattbaumart sowie mit Baumhölzern mit zumindest geringer Zwischenschicht (Deckungsgrade
überwiegend bei 20 %) bestockt. Die übrigen Nadelmischbestände (25 % des UG) sind
Stangenhölzer ohne Zwischenschicht und vereinzelt Auflichtungen mit deutlicher
Zwischenschicht. Laubholzdominierte Bestände sind mit einem Flächenanteil von 0,7 %
im UG nur gering vertreten.
Der Johannesberg (vgl. Abb. 3 a) ist der südwestexponierte Anstieg des Vorderen Oberpfälzer Waldes, ca. 8 km östlich von Amberg. Dieser Anstieg ist durch einen abrupten Wechsel der Geologie vom Braunen Jura zu den plutonitischen und magmatitischen Urgesteinen
des Oberpfälzer Waldes bedingt. Die südwestexponierten Hänge des Untersuchungsgebietes
sind dementsprechend steil. Das Untersuchungsgebiet umfasst Höhenlagen von 443–553 m
üNN.
Einen erheblichen Anteil des Untersuchungsgebietes am Johannesberg bildet das Offenland
(34 %), das überwiegend als Ackerflächen (28 %) genutzt wird. Die Waldtypen sind wesentlich inhomogener als im Hirschwald. Der größte Teil des Waldes wird von Kiefern-FichtenEichen-Nadelmischwäldern (32 % des UG) bestanden, gefolgt von Kiefern-Fichten-Nadelwäldern (13 % des UG). Bei beiden Typen handelt es sich überwiegend um Baumhölzer mit
einer zumindest geringen Fichten-Zwischenschicht. Nur wenige Bestände dieses Typs sind
jünger oder älter und weisen dann eine deutliche Zwischenschicht auf. Mischwälder mit
Fichte, Kiefer, Buche und Eiche sowie laubdominierte Bestände mit den gleichen Baumarten bestocken in verschiedenen Altersstufen jeweils ca. 10 % des Untersuchungsgebietes. In
diesem Waldgebiet wurden parallel auch Untersuchungen zum Beutespektrum der Bechsteinfledermaus anhand von Kotuntersuchungen im Rahmen eines weiteren Teilprojektes zu
o. g. F+E-Vorhaben durchgeführt (WOLZ 2002).
111
Der Neunaigner Forst ist eine überwiegend sandige Ebene im Oberpfälzischen Hügelland,
ca. 18 km nordöstlich von Amberg bei Schnaittenbach. Der geologische Untergrund sind
quartäre Terrassenschotter und -sande des Ehenbachtales. Die Höhenlagen des Untersuchungsgebietes schwanken nur geringfügig zwischen 410 und 419 m üNN. Für den Neunaigner Forst wurde die Kartierung der Waldtypen noch nicht durchgeführt. So kann das
Untersuchungsgebiet hier nur grob beschrieben werden. Der Offenlandanteil ist sehr gering
und umfasst nur wenige Teich-, Wiesen- und Ackerflächen. Der überwiegende Anteil des UG
wird von Kiefernwäldern gebildet, teilweise mit deutlich ausgeprägter und sehr dichter Fichten-Zwischenschicht. Misch- und Laubbestände sind vernachlässigbar.
3 Material und Methoden
3.1 Beobachtete Tiere
Insgesamt wurden in den drei Telemetriephasen (Mai, Juli und August 1998, vgl. Tab. 1)
vier individuell markierte Tiere, zwei Männchen und zwei Weibchen, telemetriert. Die Tiere
wurden in Vogelkästen (Typ Bayerischer Giebelkasten) oder Fledermauskästen (Schwegler)
gegriffen.
Tabelle 1 fasst die morphologischen Daten der Individuen zusammen.
Tab. 1: Auflistung der telemetrierten Tiere und wichtiger Daten (Erläuterung: Gew. 1 gibt das Körpergewicht bei der Besenderung, Gew. 2 beim Abnehmen des Senders an).
Tier
Ringnummer
Ort
Zeitraum
Geschlecht
W1
M1
M2
W2
H 110 259
H 110 260
H 110 261
H 110 262
Johannesberg
Neunaigner Forst
Neunaigner Forst
Hirschwald
25.–28. 5. 98
19.–23. 7. 98
22.–25. 7. 98
23.–28. 8. 98
w, trächtig
m
m
w
UA Gew. 1 Gew. 2
[mm] [g]
[g]
42
39
41
40
11,7
10,0
9,5
10,0
–
8,7
–
–
3.2 Verwendete Geräte
Zum Einsatz kamen Sender der Fa. Holohil Systems Ltd. (Ontario, Canada) mit einem
Gesamtgewicht von ca. 0,64 g, dies entspricht 5,5 bis 7,4 % des Körpergewichtes (vgl. Tab.
1). Die Sender einer zweiten Lieferung, die im Waldgebiet Hirschwald verwendet wurden,
zeigten eine auffällig starke Dämpfung, besonders bei feuchten Witterungsverhältnissen. Die
Sendefrequenz lag zwischen 149 092 und 149 581 Mhz, bei einer Pulsrate von 0,62 Hz.
Empfänger: TRX-1000S und Falcon Five der Fa. Wildlife Materials Inc. (Carbondale, Illinois).
Antennen: Zwei 3-elementige Yaghi Antennen, eine 4-elementige Yaghi Antenne mit
Schleifendipol (Fa. Konni-Antennen, Esselbach).
Zur Synchronisation der Kreuzpeilungen wurden Sprechfunkgeräte verwendet.
Die Sender und ihre Antennenspitzen wurden mit Reflexfolie beklebt, um das Jagdverhalten durch das Anstrahlen mit der Stirnlampe auch direkt beobachten zu können. Dies gelang
allerdings nicht. Daher wurden zusätzlich den Männchen M1 und M2 an einem Abend Knicklichter aufgeklebt. Hierfür fanden die kleinsten auf dem Markt erhältlichen Knicklichter Verwendung (Starlux Gold, MICRO, Art.-No. 7048001, Länge ca. 25 mm, Ø 3 mm).
112
3.3 Befestigung der Sender
Die Sender wurden mit Sauer-Hautkleber (Best.-Nr. 50.01) direkt in das Rückenfell der
Tiere geklebt. Das Abnehmen der Sender gestaltete sich einfach, wenn man den Kleber vorsichtig vom Sender abzog (und nicht Sender samt Kleber aus dem Rückenfell oder von der
Haut zu entfernen versuchte).
3.4 Datenaufnahme
Die Datenerfassung erfolgte im Idealfall durch Kreuzpeilung der zwei mobilen Telemetriestationen im 5-Minuten-Rhythmus. Die Messungen wurden mittels der Sprechfunkgeräte
zeitlich synchronisiert. Sollte eine Station keinen Kontakt zum Tier haben, was aufgrund der
teilweise überraschend geringen Senderreichweite häufiger vorkam, wurden der Peilwinkel
der anderen Station und eine grobe Entfernungsschätzung (auf der Grundlage der Signaldämpfung) notiert.
Die direkte Verfolgung der mittels Knicklicht markierten Tiere ergab einige kurze, für das
Jagdverhalten der Art allerdings aufschlussreiche Beobachtungen.
3.5 Datenauswertung
Die Rohdaten der Kreuzpeilungen wurden von Hand auf Papier übertragen und die Ortspunkte der Tiere durch Triangulation ermittelt. Kreuzpeilungen, die sich dabei nach den
bereits zum Verhalten der Tiere gewonnenen Erkenntnissen als offensichtliche Fehlpeilungen
(unstetige Ortswechsel über große Entfernungen) ergaben, wurden für die Auswertungen
nicht herangezogen, oder – wenn möglich – durch Geländenotizen (z. B. „Tier ist in unmittelbarer Nähe einer Station“) korrigiert. Die so gewonnenen Punktwolken wurden für jedes Tier
und jede einzelne Nacht getrennt in einem Geographischen Informationssystem (ArcView
GIS) digitalisiert. Da sich beim Vergleich der Einzelnächte zeigte, dass die Tiere immer die
gleichen Jagdgebiete nutzten, konnten die Daten aller Nächte für jedes Tier zusammengefasst
werden (s. Tab. 2). Der so gewonnene Datenpool stellt den Aktivitätsraum (Streifgebiet oder
home range) eines Individuums dar und die darin enthaltenen Aktivitätszentren können als
Hauptjagdgebiete betrachtet werden.
Die Berechnung der Aufenthaltsflächen (d. h. Streifgebiet oder home range und Aktivitätszentrum) erfolgte ebenfalls aus den Peilungspunkten im Geographischen Informationssystem ArcView GIS mit Hilfe der Erweiterung „animal movement“ (HOOGE & EICHENLAUB 1998).
Tab. 2: Telemetriedaten der einzelnen Tiere.
Tier
W1
M1
M2
W2
Summe
Anzahl
telemetrierter
Nächte
effektiv
telemetrierte
Zeit
[Std.Min]
Anzahl der für die Auswertung
genutzten Orts- bzw.
Peilungspunkte
4
3
2
5
14
15.00
14.40
10.40
21.58
61.38
99
111
83
100
393
113
Minimum-convex-polygon-Modell
Nach diesem Modell wird die Aufenthaltsfläche eines Sendertieres durch das minimale
konvexe Polygon (MCP) bestimmt, das um alle Ortspunkte der beobachteten Aktivitätszeit
gezogen werden kann. Durch den Ausschluss einzelner Ausreißer wurden lediglich 90 %
aller Peilungspunkte (MCP90) gewählt, um das Streifgebiet (home range) eines beobachteten Tieres zu beschreiben. Die hierdurch gewonnenen Daten sind direkt mit denen der Telemetrie von Bechsteinfledermäusen durch KERTH et al. (2002) vergleichbar.
Harmonic-mean-Modell
Durch das Harmonic-mean-Modell wird über die Orts- bzw. Peilungspunkte ein Gitter
gelegt und für jeden Gitterkreuzungspunkt ein Wert berechnet, der von DIXON & CHAPMAN
(1980) „erstes inverses Moment“ genannt wird. Dieser Wert errechnet sich aus der Summe
der inversen Entfernungen vom jeweiligen Kreuzungspunkt zu jedem Ortspunkt, dividiert
durch die Anzahl aller Ortspunkte und anschließende Inversion des erhaltenen Wertes. Als
„harmonic mean“-Zentrum wird derjenige Kreuzungspunkt des Gitters definiert, der das
geringste inverse Moment aufweist und damit quasi am nächsten an den meisten Ortspunkten liegt. Dieses Zentrum kann als Schwerpunkt eines Aktivitätszentrums des beobachteten
Tieres gesehen werden. Von diesem Zentrum ausgehend wurden Isolinien berechnet, die
90 % bzw. 50 % aller Ortspunkte umschließen, um so die Fläche für das Streifgebiet bzw.
Aktivitätszentrum zu definieren. Im Unterschied zum Minimum-Konvex-Polygon werden
durch dieses Modell zum einen Flächen ausgeschlossen, die vom Tier gar nicht genutzt,
sondern lediglich aus geometrischen Gründen vom MCP eingeschlossen worden sind und
zum anderen sind innerhalb des Streifgebietes eventuell vorhandene Aktivitätszentren
erkennbar.
Tabelle 2 gibt die Anzahl der Ortspunkte für jedes telemetrierte Tier an, die als Maß für die
Genauigkeit der bestimmten Aufenthaltsflächen gesehen werden kann (nicht als die Größe
des Stichprobenumfanges „n“ für einen statistischen Vergleich der Aufenthaltsflächen verschiedener Individuen).
3.6 Methodenkritik
Das Gewicht der Sender lag bei deutlich weniger als 10 % des Körpergewichtes der Fledermäuse. MCDONALD (1980) gibt diesen Wert für kleine Tiere als noch verträglich an. Im
Laufe der Untersuchung stellte sich heraus, dass Sender mit Quecksilber-Aktivitätsschalter
sehr günstig gewesen wären, um Jagd- und Ruhephasen zu trennen. Die leichtesten auf dem
Markt erhältlichen Aktivitätssender wiegen nach Angaben der Fa. Holohil ca. 0,95 g. Auch
mit diesen Sendern hätte man die erwähnte Grenze nicht überschritten (vgl. Tab. 1).
Der hohe Aufwand der telemetrischen Methode bedingt die Beschränkung auf wenige
Tiere, so dass die dargestellten Ergebnisse nur einen sehr kleinen Ausschnitt aus der Gesamtspanne von Verhaltensweisen darstellen können und insbesondere ein Vergleich von Habitatangebot mit Habitatnutzung nicht statistisch absicherbar ist. Hierfür gaben AEBISCHER et
al. (1993) einen Stichprobenumfang von n > 10 an, wobei n nicht die Anzahl der Peilungspunkte oder untersuchten Nächte, sondern die der betrachteten Individuen darstellt.
114
4 Ergebnisse
4.1 Quartierwechsel
Die vier telemetrierten Tiere zeigten häufige Quartierwechsel (Tab. 3). Allerdings kann aufgrund der kurzen Beobachtungszeit von nur wenigen Tagen nicht ausgeschlossen werden,
dass diese häufigen Wechsel auch durch die Untersuchung und damit verbundene Störungen
mitverursacht wurden.
Trotz des geringen Datenumfanges bestätigen diese Beobachtungen die große Bedeutung
von künstlichen Quartieren, zumindest als Tagesschlafquartiere. Während der Nacht nutzten
die Bechsteinfledermäuse, ebenso wie in Einzelfällen auch tagsüber, natürliche Quartiere als
Verstecke. Eine vom Boden aus nicht zu erkennende Höhle an einer Erle verdeutlichte, dass
diese Quartiere dem gängigen Suchschema nicht entsprechen müssen und sehr unauffällig
sein können (vgl. FUHRMANN & SEITZ 1992).
Die maximale Entfernung zwischen Tagesquartier und dem am weitesten entfernten Aktivitätszentrum betrug 1,1 km (Tier M1, Abb. 4).
Tab. 3: Tagesschlafquartiere (TQ) der telemetrierten Fledermäuse.
Tier
TQ1
TQ2
TQ3
TQ4
TQ5
W1
Fledermauskasten Nr. 1
Fledermauskasten Nr. 100
?
Kasten
Nr. 224
Kasten
Nr. 111
Naturhöhle
an Erle
–
M1
Kasten im
Kasten im
Flachkasten im
Forsthausgarten Forsthausgarten Forsthausgarten
M2
Kasten Nr. 34
Kasten Nr. 43
Kasten Nr. 34
–
–
W2
Kasten Nr. 18
Kasten Nr. 21
Kasten Nr. 21
Kasten Nr. 21
Kasten Nr. 21
4.2 Einfluss der Baumartenzusammensetzung auf das Verhalten der Tiere
Wie bereits erwähnt, sind statistische Auswertungen zur Habitatnutzung auf Basis der vorhandenen Datengrundlage nicht möglich. Dies betrifft auch Aussagen zur Nutzung von Waldtypen in Abhängigkeit von der Baumartenzusammensetzung. Für die telemetrierten Tiere lassen sich zur Baumartenzusammensetzung der genutzten Wälder die nachfolgend erläuterten
Beobachtungen festhalten.
Die untersuchten Tiere jagten auch in nadelholzdominierten Flächen und haben, soweit für
sie erreichbar vorhanden, keine Laubholzinseln bevorzugt aufgesucht.
Das Weibchen W2 im Untersuchungsgebiet Hirschwald (siehe Kap. 3.1) hatte fast keine laubholzdominierten Flächen (0,7 % des UG, vgl. Abb. 2 a, b) zur Verfügung. Ein kleinerer Laubmischgroßschirmschlag, der von der Altersstruktur her mit den aufgesuchten Nadelwäldern
vergleichbar ist, lag im unmittelbaren Randbereich des Streifgebietes und wurde von dem Tier
sehr wahrscheinlich nicht aufgesucht und mit Sicherheit nicht als Aktivitätszentrum genutzt. Da
diese Fläche im Bereich des Streifgebietes liegt, kann davon ausgegangen werden, dass sie für
das Tier unabhängig von innerartlicher Konkurrenz oder von anderen Faktoren erreichbar
gewesen wäre. Weitere kleine Laubgehölze lagen in Entfernungen zwischen 180 m und 550 m
von den Quartieren des Tieres und wurden nicht aufgesucht. Es handelte sich um Stangenhölzer bzw. Jungwuchs. Wie weiter unten erläutert (Kap. 4.5 und 5) ist die Struktur vermutlich für
die Eignung eines Habitates bedeutsamer als die Baumartenzusammensetzung.
115
116
Abb. 2a: Untersuchungsgebiet Hirschwald: Nutzungstypen und Aktivitätsraum von Weibchen W2.
117
Abb. 2b: Telemetrieauswertung von Weibchen W2, 23.–27. August 1998, Hirschwald.
118
Abb. 3a: Untersuchungsgebiet Johannesberg: Nutzungstypen und Aktivitätsraum von Weibchen W1.
119
Abb. 3b: Telemetrieauswertung von Weibchen W1, 25.–28. Mai 1998, Johannesberg.
Im Untersuchungsgebiet Johannesberg (vgl. Abb. 3 a, b) stand dem telemetrierten Weibchen W1 auch ein erheblicher Offenlandanteil (34 % des UG: vorwiegend Ackerflächen, einzelne Teiche und Hecken) im 500-m-Radius um das Quartier zur Verfügung. In Übereinstimmung mit den bisherigen Kenntnissen zu Jagdhabitaten der Bechsteinfledermaus (u.a.
SCHLAPP 1990, WOLZ 1992, KERTH & KÖNIG 1996) wurden diese jedoch kaum aufgesucht.
Das Streifgebiet (90 %-Aufenthaltsbereich nach dem Harmonic-mean-Modell) enthält auch
einen kleinen (8,6 %) Anteil an Wiesen, Äckern und Gewässerflächen. Das Aktivitätszentrum
liegt jedoch ausschließlich im Wald. Das Überfliegen von Wiesen, Waldrändern und Gewässerflächen konnte auch durch Nachfolgen und sehr enge Kontakte zum Tier bestätigt werden,
es nahm jedoch stets nur kurze Zeiträume in Anspruch.
Die Zusammensetzung von Laub- und Nadelwald ist im UG Johannesberg etwas vielgestaltiger als im Hirschwald, so dass sich eine Gegenüberstellung der einzelnen Anteile von
Untersuchungsgebiet (UG), Streifgebiet und Aktivitätszentrum lohnt (Tab. 4).
Tab. 4: Anteil der Waldtypen im Streifgebiet bzw. im Aktivitätszentrum von Weibchen W2, zusammengefasst zu Nadel-, Nadelmisch- und Mischwald.
Nadelwald
Nadelmischwald
Mischwald
UG
Streifgebiet
Aktivitätszentrum
32 %
34 %
10 %
57 %
21 %
14 %
61 %
32 %
7%
Aus den Werten lässt sich keine Bevorzugung von Waldflächen mit höherem Laubanteil
(also z.B. Mischwald) erkennen. Im Streifgebiet des Weibchens W2 ist Nadelwald deutlich
überproportional vertreten, Mischwald leicht überproportional und Nadelmischwald unterproportional. Hierbei ist jedoch zu bedenken, dass sich bei der Auswahl des Streifgebietes,
wie bereits erwähnt, Habitatpräferenzen und andere Faktoren (innerartliche Konkurrenz etc.)
überlagern. Das Aktivitätszentrum zeigt einen überproportionalen Anteil an Nadelmischwald
und Nadelwald, wohingegen Mischwald unterrepräsentiert ist. Auch hierbei ist zu vermuten,
dass die Laub-Nadel-Zusammensetzung der Waldflächen eine geringere Rolle spielt, als die
Altersstruktur dieser Flächen. Ältere Mischwälder sind im UG nur gering vertreten.
Die beiden Männchen im Neunaigner Forst, M1 und M2 (vgl. Abb. 4 und 5) hatten, wie in
Kapitel 2 erläutert, fast ausschließlich Kiefernforste als Nahrungshabitate zur Verfügung, die
stellenweise sehr dichte Fichtenunterschichten aufweisen. Eine Auswertung der Waldzusammensetzung der Aufenthaltsflächen ist aufgrund der fehlenden Detailkartierung nicht
möglich.
4.3 Jagdhabitatgröße
Die nach unterschiedlichen Methoden berechneten Jagdgebietsgrößen für die einzelnen
Tiere sind in Tabelle 5 zusammengestellt. WOLZ (1992) konnte bei ihren Telemetrieversuchen im Spätsommer 1984 und 1985 im Steigerwald für drei adulte Individuen (2 Weibchen,
1 Männchen) das Streifgebiet bestimmen. Sie grenzte das Jagdgebiet aus der direkten Verfolgung der Sendertiere ab. KERTH verwendete bei seinen Untersuchungen in Laubwäldern
um Würzburg zur Darstellung der Aufenthaltsgebiete der Tiere die Minimum-Convex-Polygon-Methode (MCP). Um Ausreißer bei der Ortsbestimmung zu eliminieren, wurden entweder nur 95-%-Flächen (MCP95, 1996), oder aber nur 90-%-Flächen (MCP90, 1997) ange120
Tab. 5: Ausdehnung der Jagdgebiete der einzelnen Tiere, berechnet nach unterschiedlichen Modellen.
MCP90 und MCP95 = Minimum-Convex-Polygon von 90 bzw. 95 % aller Peilungspunkte; 90-%Aufenthaltsfläche = Ausdehnung des Jagdgebietes nach dem Harmonic mean Modell; 50-%-Aufenthaltsfläche = Ausdehnung des Aktivitätszentrums nach HAYNE (1949), zitiert in PEREZ &
IBÁÑEZ (1991).
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geben. Die untersuchten Weibchen in fragmentierten Waldlebensräumen (Kolonie „Unteraltertheim“) überflogen während der Jagd signifikant größere Flächen als Tiere, die im
geschlossenen Wald lebten (Kolonien „Blutsee“ und „Guttenberg 2“). Der Tabelle 5 ist auch
zu entnehmen, dass die Männchen tendenziell kleinere Streifgebiete nutzten als die Weibchen. Aufgrund der geringen Stichprobenzahl konnte dies jedoch nicht statistisch abgesichert
werden.
Der Vergleich der Flächengrößen bisheriger Untersuchungen mit den Werten der vorliegenden Telemetrie zeigt, dass auch die hier untersuchten Tiere in den überwiegend nadel121
122
Abb. 4: Telemetrieauswertung von Männchen M1, 19.–21. Juli 1998, Neunaigner Forst.
123
Abb. 5: Telemetrieauswertung von Männchen M2, 22.–23. Juli 1998, Neunaigner Forst.
holzdominierten Wäldern Habitatgrößen aufweisen, die innerhalb der bisher bekannten
Schwankungsbreite liegen. Alle hier zum Vergleich herangezogenen Arbeiten wurden in
Laubwäldern durchgeführt.
Das Männchen mit der größten Habitatgröße (M1, vgl. Abb. 4) nutzte einen fragmentierten Lebensraum, der einen großen Offenlandanteil (Teichflächen, Wiesen, Bundesstraße,
Siedlungsrand) aufweist. Nach dem Minimum-Konvex-Polygon-Modell hatte das Tier ein
Streifgebiet (90 % aller Peilpunkte) von 68,2 ha. Der Vergleich mit dem 90-%-Streifgebiet
nach dem Harmonic-mean-Modell zeigt, dass dieses home range eigentlich in zwei Flächen
mit zwei Aktivitätszentren aufgeteilt ist (Abb. 4). Diese konzentrieren sich auf Waldflächen,
wohingegen die Offenlandanteile lediglich kurz gequert wurden, um das eigentliche Jagdgebiet aufzusuchen. Dies bestätigt die Beobachtung von KERTH et al. (2002), dass Bechsteinfledermäuse in fragmentierten Waldgebieten größere Aktivitätsräume aufweisen als in
zusammenhängenden Waldflächen. Der Faktor Nadel- oder Laubwald scheint dagegen auch
für die Habitatgröße keine entscheidende Rolle zu spielen.
4.4 Jagdhabitattreue
Wie schon KERTH (1998) beobachtet hat, verhalten sich Bechsteinfledermäuse sehr treu
gegenüber ihrem Jagdgebiet. Auch die von uns telemetrierten Tiere haben vergleichsweise
engräumig stets das gleiche Gebiet aufgesucht.
4.5 Merkmale der genutzten Gebiete im Vergleich zum Habitatangebot
Für die beiden Untersuchungsgebiete Hirschwald und Johannesberg können auf Basis der
vorhandenen Daten verschiedene Strukturmerkmale der Waldflächen im Hinblick auf ihre
Nutzung durch die Weibchen W1 und W2 ausgewertet werden. Es wurden die Merkmale
Deckungsgrad der Oberschicht, der Zwischenschicht, der Strauchschicht und der Krautschicht betrachtet. Folgende Tendenzen lassen sich dabei erkennen (vgl. Abb. 6 und 7):
Deckungsgrad der Oberschicht
Die Waldflächen der Untersuchungsgebiete Johannesberg und Hirschwald weisen
Deckungsgrade der Oberschicht überwiegend zwischen 80 % und 100 % auf. Dabei haben
die Tiere Wälder mit 100 % Deckung in der obersten Baumschicht im Vergleich zu solchen
mit niedrigeren Deckungsgraden deutlich gemieden.
Deckungsgrad der Zwischenschicht
Dieser liegt in den beiden Untersuchungsgebieten überwiegend zwischen 0 % und 40 %.
Die in dem jeweiligen Untersuchungsgebiet höheren Deckungsgrade wurden trotz geringerer Anteile am Untersuchungsgebiet sowohl bei der Wahl des Streifgebietes als auch des Aktivitätszentrums deutlich bevorzugt.
Deckungsgrad der Strauchschicht
Dieser liegt in den UG zwischen 0 % und 30 %. Auch hierbei kann der gleiche Trend wie
beim Deckungsgrad der Zwischenschicht beobachtet werden. Wälder mit dichteren Strauchschichten wurden trotz geringerer Anteile am UG bei der Wahl des Aktivitätsraumes und seines Schwerpunktes von den beobachteten Tieren bevorzugt.
124
Deckungsgrad der Krautschicht
Die Krautschicht ist in den beiden Untersuchungsgebieten sehr unterschiedlich entwickelt,
weshalb hier ein Vergleich keine Tendenz erkennen lässt.
Zur Interpretation dieser Ergebnisse muss man sich vergegenwärtigen, dass die Deckungsgrade der einzelnen Schichten eines Waldes keine voneinander unabhängigen Faktoren darstellen. Nur solche Wälder, die eine lockerere Oberschicht haben, erlauben auch einen entsprechenden Unterwuchs in einer Zwischen- oder Strauchschicht. Eine sehr dichte
Zwischenschicht wiederum behindert das Aufkommen einer deutlichen Strauch- oder Krautschicht. Legt man dann die bisherigen Kenntnisse zur Jagdstrategie und zum Nahrungsspektrum der Bechsteinfledermaus zugrunde, so wird klar, dass z. B. nicht die Lücken in der Oberschicht ursächlich entscheidend für die Wahl eines Jagdgebietes sein können, sondern die
daraus resultierende Strukturvielfalt in den unteren Etagen.
Im Überblick kann man dann aus den genutzten Deckungsgraden der einzelnen Schichten
folgende mögliche Tendenz ableiten:
Bechsteinfledermäuse bevorzugen strukturreiche Wälder, die mehrere Schichten aufweisen, über keinen vollständigen Kronenschluss und dadurch zumindest über eine gut entwickelte Zwischenschicht und möglichst auch eine deutliche Strauchschicht verfügen.
4.6 Sichtbeobachtungen zum Jagdverhalten
Während der Einsatz der Reflexfolie keine Ergebnisse brachte, gelangen mehrere kurze
Sichtbeobachtungen von zwei Tieren mit Knicklichtern (jeweils Männchen). Da detaillierte
Angaben zum Jagdverhalten der Bechsteinfledermaus in der Literatur weitgehend fehlen,
sollen sie nachfolgend ausführlicher dargestellt werden:
In der Nacht 21./22. Juli konnte Männchen M1 mit dem Knicklicht beobachtet werden.
Unmittelbar nach dem Ausflug aus dem Kasten kreiste das Tier unterhalb der Baumkronen
(Birken) im Garten des Forsthauses. Es schraubte sich in die Höhe, flog dann durch die Kronen hindurch in den südlich angrenzenden Teil des Obstgartens und verschwand aus dem
Blickfeld.
Eine zweite Beobachtung gelang ca. 24 Minuten später. Hierbei flog das Tier in ca. 5 m
Höhe eine Erlenreihe entlang. Der Abstand zum Gehölz betrug ungefähr 1–2 m. Die Baumreihe liegt vom nächsten flächigen Gehölzbestand ca. 50–70 m entfernt, so dass das Tier die
offene Landschaft überqueren musste, um sie zu erreichen.
In der Nacht 22./23. Juli gelangen Flugbeobachtungen des mit einem Knicklicht
markierten Männchens M2 im Neunaigner Forst. Das Tier wurde am Abend in einem Bayerischen Giebelkasten mit einem Knicklicht versehen. Der Ausflug erfolgte um ca. 22.30 Uhr:
Das Tier entfernte sich in relativ engen und niedrigen Bögen in ca. 1,5–2,5 m Höhe und
drang in einen angrenzenden Fichtenjungbestand ein, der als Zwischenschicht unter der von
Kiefern gebildeten Oberschicht stockt. In diesem flog es zumeist in ca. 2–3 m Höhe, wechselte aber auch von Bodennähe bis zur Kronenhöhe. Leider blinkte das Knicklicht immer nur
sehr kurz in verschiedenen Höhen im dichten Bestand auf, so dass die Flugbahn nicht nachzuvollziehen war. Dieser Bestand westlich des Quartiers zeigte sich nach Auswertung der
Kreuzpeilungen auch als Bestandteil des 90-%-Streifgebietes nach dem Harmonic-meanModell. Auf einer angrenzenden kleinen Lichtung flog das Tier in ca. 4–6 m Höhe an der
Bestandsgrenze entlang. Einmal hatte man auch den Eindruck, als würde es für ca. 5 Sekunden an einem Baumstamm in ca. 6 m Höhe sitzen. Das Knicklicht zeigte dabei zum Betrachter hin.
125
126
85
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0
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Deckungsgrad in %
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20
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40
50
60
70
90
100
Anteil des Deckungsgrades am
Untersuchungsgebiet (313,24 ha) in %
Anteil des Deckungsgrades am
Aktivitätszentrum (3,4 ha) in %
Deckungsgrad in %
30
80
Anteil des Deckungsgrades am
Streifgebiet (16,5 ha) in %
Deckungsgrade der Krautschicht
20
Anteil des Deckungsgrades am
Untersuchungsgebiet (313,24 ha) in %
Anteil des Deckungsgrades am
Aktivitätszentrum (3,4 ha) in %
Anteil des Deckungsgrades am
Streifgebiet (16,5 ha) in %
Deckungsgrade der Zw ischenschic ht
Abb. 6: Weibchen W2, Hirschwald: Vergleich von im Untersuchungsgebiet verfügbaren und tatsächlich genutzten Waldstrukturen.
Deckungsgrad in %
50
0,00
40
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0,00
30
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10,00
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20,00
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60,00
70,00
80,00
90,00
30,00
Anteil des Deckungsgrades am
Untersuchungsgebiet (313,24 ha) in %
Anteil des Deckungsgrades am
Aktivitätszentrum (3,4 ha) in %
Anteil des Deckungsgrades am
Streifgebiet (16,5 ha) in %
100,00
0,00
50,00
5
50
60
70
80
Deckungsgrad in %
40,00
0
40
Deckungsgrade der Strauchschicht
20
50,00
60,00
70,00
80,00
90,00
100,00
15
10,00
10,00
10
20,00
20,00
0
30,00
30,00
0,00
40,00
40,00
60,00
70,00
80,00
90,00
100,00
50,00
Anteil des Deckungsgrades am
Untersuchungsgebiet (313,24 ha) in %
Anteil des Deckungsgrades am
Aktivitätszentrum (3,4 ha) in %
Anteil des Deckungsgrades am
Streifgebiet (16,5 ha) in %
Deck ung s gr ade der Ober s chicht
50,00
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50
60 in %70
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Deckungsgrad in %
25
Anteil des Deckungsgrades am
Untersuchungsgebiet (321,4 ha) in %
Anteil des Deckungsgrades am
Aktivitätszentrum (3,3,6 ha) in %
60
Deckungsgrade der Krautschicht
20
Anteil des Deckungsgrades am
Streifgebiet (23,1 ha) in %
10
70
80
80
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90
100
100
Anteil des Deckungsgrades am
Untersuchungsgebiet (321,4 ha) in %
Anteil des Deckungsgrades am
Aktivitätszentrum (3,3,6 ha) in %
Anteil des Deckungsgrades am
Streifgebiet (23,1 ha) in %
Deckungsgrade der Zwischenschicht
Abb. 7: Weibchen W1, Johannesberg: Vergleich von im Untersuchungsgebiet verfügbaren und tatsächlich genutzten Waldstrukturen.
30
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Deckungsgrad in %
0,00
20
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90,00
100,00
0,00
0,00
Anteil des Deckungsgrades am
Untersuchungsgebiet (321,4 ha) in %
Anteil des Deckungsgrades am
Aktivitätszentrum (3,3,6 ha) in %
95 100
20,00
10
90
Anteil des Deckungsgrades am
Streifgebiet (23,1 ha) in %
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10,00
5
40 50 60 65 70
Deckungsgrad in %
30,00
0
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Deckungsgrade der Strauchschicht
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60,00
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80,00
90,00
40,00
10
Anteil des Deckungsgrades am
Untersuchungsgebiet (321,4 ha) in %
Anteil des Deckungsgrades am
Aktivitätszentrum (3,6 ha) in %
100,00
30,00
0
Deckungsgrade der Oberschicht
Anteil des Deckungsgrades am
Streifgebiet (23,1 ha) in %
40,00
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0,00
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50,00
60,00
70,00
Eine zweite Sichtbeobachtung gelang in einem gepflanzten Bestand aus Roteiche, Stieleiche, Linde, Lärche, Kiefer und Strobe, ebenfalls in ca. 5–6 m Höhe im unteren Kronenbereich. Dort hing das Tier einige Sekunden am Stamm und ließ sich auch durch direktes
Anleuchten nicht stören.
Diese Beobachtungen lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Die Bechsteinfledermaus nutzt (zumindest) bei der Jagd den gesamten Bereich zwischen Krautschicht und Kronendach. Der Jagdflug wird auch für kurze Pausen unterbrochen, in denen die Tiere sich an
Baumstämme hängen. Ob sie hierbei auch orten (Fliegenschnäpper-Jagdstil, vgl. Große Hufeisennase – Rhinolophus ferrumequinum) muss ebenso unbeantwortet bleiben, wie die Frage,
ob sie auch unmittelbar auf dem Boden landen (vgl. Großes Mausohr – Myotis myotis).
5 Schlussfolgerungen
Aufgrund der wenigen Individuen, die zudem in verschiedenen Untersuchungsgebieten
beobachtet worden sind, ist eine statistisch abgesicherte Beantwortung der eingangs gestellten Fragen nicht möglich. Es lassen sich aber nachfolgend aufgeführte Tendenzen erkennen.
• Bechsteinfledermäuse jagen auch in Nadelwäldern. Das Tier im Hirschwald hatte fast ausschließlich nadelholzdominierte Wälder zur Auswahl. Ob Bechsteinfledermäuse Laubholzinseln bevorzugen, ließe sich nur durch eine größere Anzahl untersuchter Tiere am
Johannesberg klären, wo auch nennenswerte Flächen an Laubbeständen vorkommen (s.u.).
• Die Ergebnisse der Telemetrie erlauben nur Aussagen zur Jagdgebietsgröße. Diese lag in
dem Streuungsbereich der von KERTH & KÖNIG (1996) untersuchten Tiere in Laubwäldern und lässt vermuten, dass Nadelwälder keine suboptimalen Lebensräume darstellen.
• Die Ergebnisse geben Hinweise darauf, dass die Bestandsstruktur des Waldes ein wichtiges Kriterium für seine Eignung als Jagdgebiet für die Bechsteinfledermaus darstellt.
Mehrschichtige Wälder, die zumindest eine geringe Zwischenschicht aufweisen, wurden
von den untersuchten Tieren bevorzugt. Diese Bestände zeichnen sich dann auch durch eine
nicht ganz geschlossene Oberschicht und eine stärker entwickelte Strauchschicht aus.
Für weiterführende statistische Untersuchungen lassen sich aus den gewonnenen Ergebnissen folgende Schlüsse ziehen:
• Bei Säugetieren hängt der Reproduktionserfolg der Population oft von der Nahrungsversorgung der Weibchen während der Trächtigkeit und der Jungenaufzucht ab, da sie in dieser
Phase einen sehr hohen Energiebedarf decken müssen. Daher sollten sich Untersuchungen der
Habitatpräferenz zur Minimierung des Aufwandes auf Weibchen und einen möglichst kurzer
Zeitraum kurz vor oder nach der Geburt der Jungen beschränken. Hierdurch ist die Wahrscheinlichkeit, für das Überleben einer Population relevante Faktoren zu finden, am höchsten.
• Die Untersuchung ist auf ein Gebiet zu beschränken, da die Daten verschiedener Areale
nur schwer vergleichbar sind. So hat z.B. W2 im Hirschwald zweischichtige Wälder mit
Zwischenschichten, die ca. 40 % Deckungsgrad aufweisen, bevorzugt. Solche Waldtypen
kommen aber am Johannesberg gar nicht vor. Der Vergleich von Habitatangebot und Habitatnutzung sollte sich also für mehrere Individuen auf ein Untersuchungsgebiet beschränken, um Tendenzen klar erkennen zu können.
• Nach AEBISCHER et al. (1993) sollte der Stichprobenumfang für einen statistischen Vergleich bei mindestens zehn Individuen liegen. Würde man jedes Tier mehrere Nächte durchgehend beobachten, so wäre ein beträchtlicher Untersuchungsaufwand erforderlich. Aus den
bisherigen Erfahrungen lässt sich aber ableiten, dass sich bereits nach fünf bis sechs Stunden effektiver Telemetriezeit eine gute Schätzung des Jagdgebietes für ein Bechsteinfleder128
maus-Individuum gewinnen lässt, insbesondere dann, wenn diese Stunden auf verschiedene
Nächte und Nachtphasen verteilt werden. Weitere Daten waren oft redundant. Lässt man die
Frage nach dem Zeitbudget der Tiere außer Betracht, wirkt sich die Beobachtungszeit (also
die Anzahl der Peilungspunkte) lediglich auf die Genauigkeit der Schätzung des genutzten
Gebietes aus. AEBISCHER et al. (1993) empfehlen für den statistischen Vergleich von Habitatangebot und -nutzung bei begrenzten Mitteln eher die Anzahl der Peilpunkte zu verringern und dafür den Stichprobenumfang, also die Individuenzahl, zu vergrößern.
• Für die Bechsteinfledermaus sollte, zumindest in einem kurzen Zeitraum (ca. eine Woche),
bereits nach den oben genannten fünf bis sechs Stunden Telemetriezeit eine grobe, aber
realistische Schätzung des Jagdgebietes möglich sein. Nach diesem Zeitraum zeigten die
von KERTH & KÖNIG (1996) und uns untersuchten Tiere keine Wechsel der genutzten
Jagdgebiete mehr.
6 Dank
An dieser Stelle möchten wir uns beim Projektteam Rudolf Leitl und Dr. Klaus-Gerhard
Heller mit seiner Gruppe Hohenheimer Studenten ganz herzlich für die engagierte
Zusammenarbeit bedanken. Herr Dr. Stetter von der Höheren Naturschutzbehörde der Regierung der Oberpfalz erteilte die erforderliche Ausnahmegenehmigung schnell und unbürokratisch. Steffi Kiel, Tony Fischbach und Dr. Michael Schneider gaben Unterstützung bei der
Erstellung der englischen Zusammenfassung. Nicht zuletzt seien auch Angelika Meschede
und dem Deutschen Verband für Landschaftspflege (DVL), Ansbach gedankt, die diese
Untersuchung in Auftrag gaben.
7 Zusammenfassung
Die Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii) gilt als Paradebeispiel einer streng an Laubwälder angepassten Fledermausart. Durch das Vorkommen von Wochenstubenkolonien der
Art in Kiefern- und Fichtenwäldern war diese Einstufung in Frage gestellt. Deshalb führten
wir genauere Untersuchungen in drei von Nadelbeständen geprägten Waldgebieten in der
Nähe von Amberg in der Oberpfalz, Bayern, durch. Insgesamt wurden in drei Telemetriephasen (Mai, Juli und August 1998) vier individuell markierte Tiere, zwei Männchen und
zwei Weibchen, jeweils zwischen zwei und fünf Nächten telemetriert. Die Ermittlung der
Aufenthaltsflächen aus den Peilungspunkten erfolgte mit einem Geographischen Informationssystem (ArcView GIS, Esri) nach dem minimal-convex-polygon- (MCP) und dem harmonic-mean-Modell.
Die maximale Entfernung zwischen Tagesquartier und dem Aktivitätszentrum betrug
1,1 km. Die untersuchten Tiere jagten in nadelholzdominierten Flächen. Eine Bevorzugung
von Waldflächen mit höherem Laubanteil (z. B. Mischwald) ließ sich nicht erkennen.
Die Streifgebietsgrößen der untersuchten Tiere lagen innerhalb der bisher aus Laubwäldern bekannten Schwankungsbreite. Die Baumartenzusammensetzung scheint für die homerange-Größe der Bechsteinfledermaus keine entscheidende Rolle zu spielen.
Die Ergebnisse weisen vielmehr darauf hin, dass die Bestandsstruktur ein wichtiges Kriterium für die Eignung eines Waldes als Jagdgebiet für die Bechsteinfledermaus darstellt. Die
beobachteten Tiere bevorzugten strukturreiche Wälder mit einer dichteren Strauch- und
Zwischenschicht.
Neben den Daten zur Habitatwahl werden auch Sichtbeobachtungen zum Jagdverhalten
geschildert.
129
8 Literatur
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KERTH, G., WAGNER, M., WEISSMANN, K. & KÖNIG, B. (2002): Habitat- und Quartiernutzung bei der
Bechsteinfledermaus: Hinweise für den Artenschutz. – Sch.R. Landschaftspflege und Naturschutz 71:
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unveröffentlichte Diplomarbeit am Lehrstuhl für angewandte Zoologie der forstwissenschaftlichen
Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München.
MCDONALD, A. (1980): A handbook of Biotelemetry and Radio Tracking. – Pergamon Press.
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(Myotis myotis) aus dem Schnaittenbacher Forst in Nordbayern. – Schr.R. Landschaftspflege und Naturschutz 71: 213-224.
Anschriften der Verfasser und der Verfasserin:
Klaus Albrecht, Matthias Hammer
ANUVA Landschaftsplanung GbR
Allersberger Str. 185
Gebäude A8
D-90461 Nürnberg
E-Mail: [email protected]
E-Mail: [email protected]
Jennifer Holzhaider
Rumfordstr. 15
D-80469 München
E-Mail: [email protected]
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