1.2010 trends in automation Kompass 58 59 – 3D-Technik bringt uns das Geschehen näher Stereoskopie: darum können wir räumlich sehen Bilder: Sony / 3ality Einen Schub in Sachen 3D erwartet man sich von der Fußball-WM in Südafrika, bei der 25 Spiele mit 3D-Kameras aufgenommen werden. Kino zum Anfassen Eintauchen in die dritte Dimension it James Camerons „Avatar“ ist in Hollywood ein 3DBoom ausgebrochen, bis 2012 sollen nicht weniger als 99 Filme in 3D gedreht werden und im Jahr 2035 wird, so hat Cameron Mitte Mai beim „Seoul Digital Forum“ erklärt, 3D den 2D-Standard abgelöst haben. Dann werden wir nur noch dreidimensional fernsehen, Videos schauen und Computer spielen. Cameron zog den Vergleich mit dem Farbfernsehen, es habe auch 25 Jahre gedauert, bis sich das Farb- gegen das Schwarz-Weiß-Fernsehen durchgesetzt habe: „Bei 3D wird es aber rascher gehen.“ Einen Schub erwartet man sich auch von der Fußball-WM in Südafrika, bei der 25 Spiele mit 3D-Kameras aufgenommen und an öffentlichen Plätzen in sieben Städten weltweit übertragen werden. M In spätestens 25 Jahren wird 3D den 2D-Standard abgelöst haben, sagt „Avatar“-Regisseur James Cameron – was steckt hinter der 3D-Technologie? Ein Jahrhundert 3D 3D ist eine Revolution, an der aber bereits seit fast einem Jahrhundert getüftelt wird. Die Gebrüder Lumière haben bereits 1895 mit einem einminütigen Kurzfilm „Die Ankunft eines Zuges im Bahnhof La Ciotat“ mit 3D experimentiert, allerdings gab es Die besten 3D-Effekte lassen sich mit Animationsfilmen erzielen. erst in den 1950er-Jahren die ersten „sehenswerten“ Versuche. Die 3D-Filmliste auf Wikipedia listet für das Jahr 1953 nicht weniger als 30 Filme auf, die dreidimensional zu sehen waren – zumindest wie man sich vor 67 Jahren diese dritte Dimension vorgestellt hat. Denn in 3D zu sehen und vor allem in 3D aufzunehmen, stellt eine technische Herausforderung dar. Ein Objektiv für jedes Auge Das US-Unternehmen „3ality“ hat sich auf 3D-Systeme spezialisiert und jene Technologie entwickelt, mit der sich der 3D-Effekt „kalibrieren" lässt. Ein echtes 3D-Kamerasystem (etwa 200.000 Euro) hat nämlich zwei Objektive – das eine macht die Aufnahmen für das rechte, das andere für das linke Auge. Da sich der Abstand zweier Kamera-Optiken aber aufgrund des Gehäuses nur bedingt zusammenbringen lässt, hat 3ality ein Spiegelsystem gebaut, damit diese Distanz weiter unterschritten werden kann. Bei der 3ality-Lösung sind die Kameras nicht nebeneinander montiert, sondern ein Objektiv schaut direkt in die Aufnahmerichtung, die zweite Kamera ist oberhalb der ersten montiert mit Blickrichtung auf die untere. Dazwischen befindet sich ein Spiegel, über den die aufzunehmende Szene in die beiden Kameras gelangt. Dank des Spiegels, bzw. Spiegelbilds können die Optiken stärker ineinander verschoben und der 3D-Effekt weiter verstärkt werden. Studio für die 3. Dimension Auf dem Gelände der „Sony Pictures Studios" in Culver City in Los Angeles hat der Technologie-Riese Sony Anfang 2010 das erste 3D-Center der Welt eröffnet und eines der 30 Studios auf dem Gelände der dritten Dimension gewidmet. „Wir sehen unser Center als Trainingsstätte für Regisseure, Kameraleute, Produzenten und auch Beleuchter“, so Buzz Hays, Chef des 3D-Technologie-Centers. „Wir wollen vermitteln, was man mit 3D machen kann, worauf es ankommt und welche Effekte möglich sind.“ Es gilt vieles zu beachten 3D-Produzenten müssten ein Gefühl für den „Vergence“-Punkt bekommen. Das ist jener Punkt, an dem beim 3D-Effekt „justiert“ werden kann; so kann etwa ein aus dem Bildschirm ragender Gegenstand gezielter in Szene gesetzt werden. Zudem müssen Produzenten noch so einiges beachten, so muss etwa Glas vermieden werden, da spiegelnde Flächen eine Nachbearbeitung schwierig und teuer machen. Auch Nebel oder Schneefall ist verboten, da bei der Nachbearbeitung jede einzelne Schneeflocke extra berechnet werden müsste. 3D-Effekte unterschiedlich Ein 90 Minuten langer 3D-Film benötigt im Durchschnitt etwa 1.800 Kameraeinstellungen. Die besten 3D-Effekte lassen sich mit Animationsfilmen wie etwa "Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen" oder dem neuen Film "Drachenzähmen leicht gemacht" erzielen, weil jede Figur praktisch von einer eigenen virtuellen 3D-Kamera ins Visier genommen wird. Bei Filmen mit echten Lebewesen – ob Mensch oder Tier – müssen sich mehrere Schauspieler eine Kamera teilen, was dazu führt, dass die 3-D-Effekte unterschiedlich ausfallen. 3D ist nicht immer 3D Übrigens ist nicht überall, wo 3D draufsteht auch echtes 3D drinnen. Tim Burtons "Alice im Wunderland" (mit Johnny Depp) wird zwar als 3D-Film angepriesen, wurde aber mit 2D-Kameras aufgenommen und erst in der Nachproduktion mit 3D-Effekten versehen, was übrigens 50.000 Dollar pro Filmminute gekostet hat. Eine 2D-auf-3D-Technologie bietet im übrigen auch so mancher Flat-TV-Hersteller an. Will man mit einem TV-Gerät 3D schauen, muss dieser mit einem speziellen Chip ausgestattet sein, manche 3DApparate haben eine Technologie integriert, die normale 2D-Bilder in 3D hochrechnen können. Das Prinzip: Anhand von scharfen und unscharfen Bildern (Vorder- oder Hintergrund), errechnet der Flat-TV eine dritte Dimension ins Bild. ¢ Wer die dritte Dimension sehen will, muss sich spezielle Brillen aufsetzen. 3D-Flat-TVs nutzen Shutter-Brillen – im Kino werden die günstigen Brillen mit Polarisationsfilter ausgeteilt. Das Prinzip der optischen Wahrnehmung ist die Grundlage, warum Filmemacher uns mit 3D-Inhalten begeistern können. Der Mensch betrachtet weit entfernte Objekte mit einem parallel verlaufenden Sichtfeld – die Blicklinien der Augen verlaufen nebeneinander. Betrachten wir Gegenstände in der Nähe, treffen sich die Blicklinien des linken und rechten Auges am Objekt – die Blickfelder überlagern sich. Die überlagernden Bilder sind nicht ident, sondern verschoben, was man mit einem Blinzeltest (abwechselnd rechts und linkes Auge schließen) feststellen kann. Diese „natürliche“ Bildverschiebung ermöglicht es, dass wir dreidimensional sehen, wissenschaftlich wird dieser Effekt als „Stereoskopie" bezeichnet. Versetzt man nun diese ohnehin schon bestehende Bildverschiebung künstlich, wie es eine 3-D-Kamera macht, kann mit speziellen Brillen dieser räumliche Effekt gesehen werden. Mag. Gerald Reischl ist Leiter des Technologie-Ressorts „Digital“ der österreichischen Tageszeitung Kurier und Autor mehrerer Bücher wie etwa „Unter Kontrolle“. Er ist Technologie-Experte des ORF und präsentiert den „Hightech-Corner“ im Rahmen der ORF-Sendung „Konkret“. Seine Website und seinen Blog gibt es unter www.reischl.com