Ambulante Ernährungsberatung ist für die Prävention und Therapie

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Originalarbeit
Präv Gesundheitsf
DOI 10.1007/s11553-016-0529-2
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016
A. Bosy-Westphal1 · O. Adam2 · S. Bischoff1 · S. Gerlach4 · H. Gohlke5,16 ·
M. Groeneveld6 · H. Hauner7 · E. Krebs6 · G. Lamprecht8,17 · M. J. Müller9 ·
K. Norman10 · M. Plauth11 · A. Pfeiffer12 · P. Rittler13 · M. Wabitsch4,14 · J. G. Wechsler15
1
Institut für Ernährungsmedizin, Universität Hohenheim, Stuttgart, Deutschland
Ernährungsmedizin Physiologikum, Ludwig-Maximilians-Universität München, München, Deutschland
4
Deutsche Adipositas Gesellschaft, Martinsried, Deutschland
5
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, Berlin, Deutschland
6
Verband der Ökotrophologen, Bonn, Deutschland
7
Institut für Ernährungsmedizin, Klinikum rechts der Isar und Technische Universität München, München,
Deutschland
8
Zentrum für Innere Medizin, Universitätsmedizin Rostock, Rostock, Deutschland
9
Institut für Humanernährung und Lebensmittelkunde, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Kiel,
Deutschland
10
Forschungsgruppe Geriatrie der Charité Berlin, Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin, Berlin,
Deutschland
11
Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin, Städtisches Klinikum Dessau, Dessau, Deutschland
12
Deutsche Diabetes Gesellschaft, Charité Berlin und Deutsches Institut für Ernährungsforschung (DIfE),
Bergholz-Rehbrücke, Deutschland
13
Chirurgische Klinik und Polyklinik Campus Großhadern, für die Deutsche Gesellschaft für
Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen, Klinikum der Universität München,
München, Deutschland
14
Sektion Pädiatrische Endokrinologie u. Diabetologie, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin
Ulm, Ulm, Deutschland
15
Berufsverband deutscher Ernährungsmediziner, Technische Universität München, München,
Deutschland
16
Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten, Berlin, Deutschland
17
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen, Berlin,
Deutschland
2
Ambulante Ernährungsberatung
ist für die Prävention und
Therapie chronischer
Erkrankungen medizinisch
notwendig
Ein Positionspapier von DGEM, DAG, DDG,
DGVS, DGK, DAEM, BDEM, Deutscher Allianz
für nichtübertragbare Krankheiten und
VDOE anlässlich des Beschlusses des
Gemeinsamen Bundesausschusses vom
9. Februar 2015
Prävention und Gesundheitsförderung
Originalarbeit
Hintergrund
Im Jahr 2000 hatte das Bundessozialgericht der Klage einer selbstständigen
Diätassistentin stattgegeben, die sich in
der Ausübung ihrer Berufsfreiheit behindert sah, weil die Diättherapie nicht in
den Heilmittelrichtlinien (§ 92, Abs. 1
Nr. 6 SGB V) aufgeführt ist. Seitdem war
der G-BA aufgefordert, darüber zu entscheiden, bei welchen Indikationen ein
therapeutischer Nutzen der Diättherapie
gegeben ist und diese somit als Heilmittel
nach § 138 SGB V i. V. m. § 135 SGB V
in den Leistungskatalog der GKV aufgenommen werden kann.
Das Ergebnis dieser Beurteilung liegt
erst heute und damit rund 15 Jahre
später vor. Der G-BA sieht keinen Beleg
eines Nutzens der alleinigen Ernährungsberatung hinsichtlich patientenrelevanter Endpunkte bei Adipositas,
Typ-2-Diabetes, Hypercholesterinämie/
Hyperlipidämie, Hypertonie, Niereninsuffizienz, onkologischen Erkrankungen,
Osteoporose, Schlafapnoe, Psychose und
chronische Herzinsuffizienz. Bei allen
genannten Indikationen besteht daher
auch unter Berücksichtigung der medizinischen Relevanz, des Spontanverlaufs
der Erkrankung und der therapeutischen Alternativen keine medizinische
Notwendigkeit für eine (alleinige) ambulante Ernährungsberatung.
Wir sollten nicht „das Kind mit
dem Bade ausschütten“
Das Ergebnis des G-BA erscheint zunächst widersinnig, gelten die in Rede
stehenden Hauptindikationen doch international anerkannt und wissenschaftlich belegt als sog. ernährungsabhängige
oder ernährungsmitbedingte Erkrankungen. Dennoch ist die Beurteilung
des G-BA für Experten nicht überraschend, denn das methodische Vorgehen
des Bewertungsverfahrens lässt keine andere Entscheidung zu. Bereits im Jahr
2011 hatte das Institut für Qualität und
Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) das Ergebnis einer Analyse
veröffentlicht, bei der untersucht worden
war, ob sich die Wirkung eines gesunden
Lebensstils bei essenzieller Hypertonie
durch Studien belegen lässt [11]. Auch
Prävention und Gesundheitsförderung
hier fiel das Fazit ernüchternd aus: Wissenschaftliche Belege dafür, ob und in
welchem Maß Menschen mit hohen Blutdruckwerten oder Diabetes Typ 2 von
Änderungen des Lebensstils profitierten, gebe es nicht. Das IQWiG kritisierte,
die durchgeführten Studien seien häufig
nicht repräsentativ, basierten auf zu kleinen Fallzahlen mit hoher Drop-out-Rate
und seien von zu kurzer Dauer. Ältere
Studien seien zudem zum Teil nicht auf
die heutige Zeit übertragbar.
Dennoch zweifelt auch der IQWiGLeiter Prof. Dr. med. Jürgen Windeler
nicht daran, dass ein gesunder Lebensstil
die Gesundheit fördert und bei bereits
Erkrankten von therapeutischem Nutzen ist: „Die lückenhafte Studienlage
bedeutet nicht, dass die von uns bewerteten Maßnahmen grundsätzlich keinen
Einfluss auf die Gesundheit haben können. Für Menschen mit essenzieller
Hypertonie und Diabetes mellitus gelten
selbstverständlich dieselben allgemeinen medizinischen Erkenntnisse wie
für alle anderen: Starkes Übergewicht,
Bluthochdruck, Rauchen und Alkoholmissbrauch belasten den Körper und
schaden der Gesundheit“, sagte er in einer
Stellungnahme. Auf den Internetseiten
des IQWiG werden daher beispielsweise sogar Empfehlungen zur Reduktion
des Kochsalzverzehrs bei Hypertonie
gegeben [12]. Als Konsequenz aus der
fehlenden wissenschaftlichen Evidenz
fordert das IQWiG mehr repräsentative Studien zu nicht medikamentösen
Therapien: „Was für die Arzneimittelforschung längst Standard ist, sollte auch
bei nicht medikamentösen Verfahren
endlich selbstverständlich werden.“
Diese Aussage ist in zweifacher Hinsicht überdenkenswert. Zum einen, wie
bereits vom IQWiG festgestellt, werden
große Fallzahlen und sehr lange Untersuchungszeiträume benötigt, um die geforderten harten patientenrelevanten Endpunkte zu erzielen (z. B. Mortalität an
Herzinfarkten und Schlaganfällen anstelle von Blutdrucksenkung). Hierfür stehen im Bereich der Ernährungsmedizin
keine ausreichenden Mittel zur Verfügung. Zum Zweiten ist zu fragen, ob sich
die in der Arzneimittelforschung verwendeten Evidenzkriterien für Untersuchungen auf dem Gebiet der Ernährung
überhaupt eignen. Ernährungsinterventionen unterscheiden sich in wesentlichen Punkten von Interventionen mit
Arzneimitteln: (a) Für Pharmaka sind
spezifische Einflüsse auf Enzyme, Rezeptoren oder Signalmoleküle typisch.
Im Gegensatz dazu haben Nährstoffe ein
breites Spektrum an Einflüssen, das sich
oft auf die enzymatische, die transkriptorische und die genetische Ebene erstreckt,
wie dies z. B. für Omega-3-Fettsäuren bekannt ist. (b) Ein Charakteristikum der
Arzneimittel ist die Dosis-Wirkungs-Beziehung, wobei die Wirkung häufig proportional zur Dosis ist. Dies ist für Nährstoffe nicht der Fall. (c) Darüber hinaus
zeichnen sich Medikamente durch einen
raschen Wirkungseintritt aus, während
Nährstoffe üblicherweise ihre Wirkung
erst nach längerer Exposition entfalten.
(d) Pharmaka haben meist eine spezifische Wirkung, Synergieeffekte zwischen
einzelnen Pharmaka sind eher die Ausnahme. Nährstoffe weisen dagegen häufig einen ausgeprägten Synergieeffekt auf
[1].
Diese Faktoren spielen für die wissenschaftlich exakte Beurteilung von Ernährungsstudien eine große Rolle. Vor diesem Hintergrund haben die WHO/FAO
und der WCRF (World Cancer Research
Fund) Kriterien für die Beurteilung von
Ernährungsfaktoren erarbeitet, die auch
von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung übernommen worden sind.
Angesichts der hohen und wissenschaftlich unstrittigen direkten und indirekten Kosten ernährungsabhängiger/
ernährungsmitbedingter Erkrankungen
wie Adipositas, Typ-2-Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen und der international anerkanntenBedeutung eines
gesunden Lebensstils für die Prävention und Therapie von nichtübertragbaren
Krankheiten (nach Angaben der WHO
könnte mehr als die Hälfte und im Falle
von Herzinfarkten, Schlaganfällen und
Diabetes sogar bis zu ¾ dieser Erkrankungen durch einen gesunden Lebensstil
vermieden werden, [26]) besteht dringend Handlungsbedarf, sollte die Ernährungsberatung in unserem Gesundheitssystem nicht vergütet werden.
Zusammenfassung · Abstract
Warum hat klinische Erfahrung
von Experten einen Stellenwert
in der evidenzbasierten
Medizin?
Hätte der G-BA angesichts der berechtigten Anforderung des Evidenznachweises
auch zu einem anderen Ergebnis kommen können?
Nur solche Aussagen werden als
glaubhaft, vertrauenswürdig und wissenschaftlich abgesichert angesehen, die
sich an den Kriterien der evidenzbasierten Medizin (EBM) messen lassen. Dies
wird zunehmend auch auf dem Gebiet
der Ernährungsmedizin angestrebt. Es
scheint deshalb vordringlich, die Anwendbarkeit des üblichen Umgangs mit
Evidenzkriterien für den Bereich der
Ernährungsmedizin zu überprüfen [4,
25]. Die EBM wurde 1996 von Sackett
wie folgt definiert: „The practice of evidence-based medicine means integrating
individual clinical expertise with the
best available external clinical evidence
from systematic research“ [24]. In dieser ursprünglichen Fassung standen die
gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis
(externe Information) und die Expertise
des Arztes (interne Information) noch
gleichberechtigt gegenüber. Heute, nach
ungefähren 16 Überarbeitungen der
Evidenzkriterien, wird die Expertenmeinung nur noch mit dem Evidenzgrad IV
bewertet, als sogenannte „Eminenz-Evidenz“. Neuere Untersuchungen gehen
auf Probleme dieser Entwicklung ein
und bringen Faktoren ins Gespräch, die
einem erfahrenen Kliniker bekannt sind,
aber mit den gängigen (weitverzweigten)
Entscheidungsbäumen zur Diagnosefindung nicht erfasst werden [2]. Durch die
Einbeziehung von individuellen pathophysiologischen Gegebenheiten kann
die Trennschärfe allgemeiner Risikofaktoren für den Behandlungserfolg und
die Prognose verbessert werden [17].
Heute werden für den Ernährungsbereich ausdrücklich auch die Einbeziehung empirischer Ergebnisse der
Therapie und die darauf begründete Expertenmeinung herangezogen, wenn die
gegenwärtige Studienlage keine ausreichende wissenschaftliche Evidenz ergibt.
Tatsächlich konnte vom G-BA für die
Bewertung der Ernährungstherapie bei
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A. Bosy-Westphal · O. Adam · S. Bischoff · S. Gerlach · H. Gohlke · M. Groeneveld · H. Hauner ·
E. Krebs · G. Lamprecht · M. J. Müller · K. Norman · M. Plauth · A. Pfeiffer · P. Rittler ·
M. Wabitsch · J. G. Wechsler
Ambulante Ernährungsberatung ist für die Prävention und
Therapie chronischer Erkrankungen medizinisch notwendig. Ein
Positionspapier von DGEM, DAG, DDG, DGVS, DGK, DAEM, BDEM,
Deutscher Allianz für nichtübertragbare Krankheiten und VDOE
anlässlich des Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses
vom 9. Februar 2015
Zusammenfassung
Hintergrund. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) war aufgefordert
worden, eine Bewertung von Nutzen und
medizinischer Notwendigkeit der ambulanten
Ernährungsberatung bei verschiedenen
Indikationen vorzunehmen, um über die
Aufnahme der Ernährungsberatung als
neues verordnungsfähiges Heilmittel zu
entscheiden.
Ergebnis. Die im Februar 2015 veröffentlichte
Bewertung des G-BA kommt zu dem
Schluss, dass der Nutzen einer alleinigen
ambulanten Ernährungsberatung hinsichtlich
patientenrelevanter Endpunkte bei den
geprüften Indikationen Adipositas, Typ 2
Diabetes, Dyslipidämien, Hypertonie,
Niereninsuffizienz und bei onkologischen
Erkrankungen sowie weiteren Erkrankungen
(Osteoporose, Schlafapnoe, Psychose, chronische Herzinsuffizienz) nicht erwiesen ist. Die
Bewertung der medizinischen Notwendigkeit
einer ambulanten Ernährungsberatung fällt
damit für alle genannten Indikationen negativ
aus.
Schlussfolgerung. Da dies Ergebnis weitreichende Folgen für betroffene Patienten
hat, nehmen die hier unterzeichnenden
Fachgesellschaften und Verbände den
Beschluss zum Anlass, die Grenzen der G-BABeurteilung aufzuzeigen.
Schlüsselwörter
Ambulante Ernährungsberatung · Erstattungsfähigkeit · Verordnungsfähiges
Heilmittel · G-BA · Evidenzbasierte Medizin
Outpatient nutrition counselling is medically necessary for the
prevention and treatment of chronic diseases. Position paper by
DGEM, DAG, DDG, DGVS, DGK, DAEM, BDEM, DANK and VDOE on
the occation of a decision by the Federal Joint Commitee (GBA) on
February 9th 2015
Abstract
Background. In response to a judgement
of the Federal Social Court of Germany
(BSG), the Federal Joint Committee (G-BA)
was requested to evaluate the benefits and
medical necessity of outpatient nutrition
counselling.
Results. The result of this evaluation was
published in Feburary 2015 and it was
concluded that the benefit of exclusive
nutrition counselling for patients with obesity,
type 2 diabetes, dyslipidemia, hypertension,
chronic renal failure, oncological and
other diseases (osteoporosis, sleep apnoea
syndrome, psychosis, heart failure) remain
unproven. A medical need for outpatient
nutrition counselling could, therefore, not be
established.
Conclusion. This decision is challenged
by expert associations and professional
organizations that are concerned about
serious consequences for patients suffering
from diet-related diseases, especially for
patients with low income who may not
be able to afford nutrition counselling if it
is not compensated by health insurance
funds. A basic agreement in the healthcare
system is necessary, therefore, to close the
gap and secure access to ambulant nutrition
counselling for patients in need.
Keywords
Outpatient nutritional counselling · Evidence
based medicine · Health insurance refund ·
Federal Joint Committee (G-BA) · Medical
need
Prävention und Gesundheitsförderung
Originalarbeit
Adipositas im Erwachsenenalter und
bei Kindern und Jugendlichen nur jeweils eine einzige geeignete Studie mit
lediglich kleinen Fallzahlen und unter
Einschluss von übergewichtigen Patienten als „evidenzadäquat“ identifiziert
werden. Bezüglich der Ernährungstherapie der Hypertonie konnten lediglich 8
geeignete Studien gefunden werden, von
denen nur 2 aus jüngerer Zeit stammten (d. h. nicht bereits älter als 20 Jahre
waren). Eine derartige Studienlage kann
nicht als ausreichende wissenschaftliche
Evidenz gewertet werden und rechtfertigt eine Einbeziehung von klinischer
Erfahrung, wie dies auch die Leitlinien
der Fachgesellschaften tun.
Stellenwert der Ernährungsberatung in den Leitlinien von
Fachgesellschaften
Eine Lebensstilmodifikation ist in ihrer
Effektivität bei Prädiabetes den oralen
Antidiabetika vergleichbar [8], und sie
ist die Therapie der 1. Wahl bei Gestationsdiabetes (Leitlinie Gestationsdiabetes). Als erste therapeutische Maßnahme nach der Diagnosestellung erfolgt
eine Ernährungsberatung. Die überwiegend mit Evidenzhärtegrad A bewerteten
Empfehlungen zur Ernährungstherapie
bei Diabetes mellitus bilden die Grundlage der Therapie bei Gestationsdiabetes [15]. Auch die primäre Therapie des
Typ-2-Diabetes besteht nach Leitlinien
in Ernährungsumstellung und Bewegung
[18].
Bei Adipositas ist die Ernährungsberatung nach den Leitlinien Teil einer multimodalen Therapie, die als Komponenten Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie umfasst [10, 16, 17]. Je
nach individueller Situation sollen diese Komponenten primär in Kombination
und ggf. als Einzelkomponenten verwendet werden. Bislang ist dies bei fehlender
suffizienter Pharmakotherapie die einzige effektive Behandlungsstrategie mit
Ausnahme der Adipositaschirurgie, die
jedoch vergleichsweise wenigen und speziellen Indikationen vorbehalten bleibt
und selber eine lebenslange vor allem
ernährungsmedizinische Nachsorge erfordert. Patienten mit Adipositas sollen
nach der Leitlinie individualisierte ErPrävention und Gesundheitsförderung
nährungsempfehlungen erhalten, welche
an Therapieziele und Risikoprofil angepasst werden. Und sie sollen im Rahmen
der medizinischen Betreuung eine Ernährungsberatung (Einzelberatung oder
in Gruppen) angeboten bekommen.
In den Leitlinien zur Behandlung der
arteriellen Hypertonie ist es das Ziel von
diätetischen Maßnahmen, den Blutdruck
zu senken, Risikofaktoren zu beeinflussen und die Dosen der Antihypertensiva
zu vermindern [14]. Weiter heißt es in
den Leitlinien, dass auch die blutdrucksenkende Wirkung einer medikamentösen Therapie durch eine diätetische Umstellung verstärkt wird. Eine professionelle Diätberatung sollte nach den Empfehlungen der Leitlinie zum therapeutischen Konzept hypertensiver Patienten
gehören. Hierbei wird auch die DASHStudie (Dietary Approach to Stop Hypertension) zitiert, die zeigen konnte, dass
diätetische Maßnahmen den Blutdruck
senken und auch andere kardiovaskuläre Risikofaktoren günstig beeinflussen [5,
23, 24]. Auch amerikanische Empfehlungen (The seventh report of the Joint National Committee on Prevention, Detection, Evaluation, and Treatment of High
Blood Pressure [JNC-7]) setzen eine Lebensstilmodifikation an die erste Stelle
zur Behandlung eines hohen Blutdrucks
[13]. Neben Gewichtsreduktion, körperlicher Aktivität, einer Einschränkung des
Kochsalzverzehrs und des Alkoholkonsums wird auch hier vor allem die DASHDiät mit einem hohen Anteil an fettarmen Milchprodukten, Obst und Gemüse,
Ballaststoffen sowie einem niedrigerem
Fettanteil für Patienten mit hohem Blutdruck empfohlen.
Klassische und wegweisende ernährungstherapeutische Studien zur Sekundär- und Tertiärprävention von koronaren Herzerkrankungen belegen darüber
hinaus die eindeutige Wirkung sowohl einerdrastischenReduktionderAufnahme
von gesättigten Fetten und Cholesterin
mit einer fettarmen, überwiegend vegetabilen Ernährung für die Regression der
koronaren Arteriosklerose [19] als auch
die Wirksamkeit einer Modifikation des
Fettsäuremusters im Rahmen einer mediterranen Ernährung auf die Morbitiät
und Mortalität nach Myokardinfarkt [6,
7].
Brauchen wir „harte Endpunkte“ zur Bewertung der
ambulanten Ernährungstherapie?
Nach den Kriterien des G-BA haben
alle in die Bewertung eingeschlossenen
Studien zur Ernährungstherapie keine
patientenrelevanten Endpunkte untersucht, sondern lediglich Veränderungen
des Blutdrucks und Veränderungen der
Medikation zur Kontrolle des Blutdrucks
sowie Veränderungen des Körpergewichts und des Ernährungsverhaltens.
Obwohl diese Endpunkte in fast allen
Studien signifikant beeinflusst wurden,
wird dies nicht als Nutzennachweis für
die Ernährungstherapie gewertet, weil
harte Endpunkte wie die Reduktion von
Herzinfarkten und Schlaganfällen oder
die Veränderung der Gesamtmortalität
nicht untersucht wurden. Die Forderung nach harten Endpunkten ist im
Bereich von Pharmakotherapiestudien
berechtigt, denn Medikamente, die Risikoparameter wie den Blutdruck oder den
Blutzuckerspiegel positiv beeinflussen,
können auf der anderen Seite Nebenwirkungen haben, die das Outcome signifikant verschlechtern (z. B. Glitazone in
der Behandlung des Typ-2-Diabetes und
kurz wirksame Kalziumantagonisten in
der Behandlung der Hypertonie). Solange aber nicht der hohe Blutdruck oder
Blutzuckerspiegel an sich als Risikofaktoren für strukturelle und funktionelle
Gefäßveränderungen angezweifelt werden müssen, sollten Therapien, wie eine
gesunde Ernährung mit einem optimierten Fettsäuremuster, einem hohen Anteil
an komplexen Kohlenhydraten, Ballaststoffen sowie Gemüse und Obst, nicht
anhand derselben harten Endpunkte
gemessen werden müssen wie nebenwirkungsreiche Pharmainterventionen.
Harte Endpunkte können in RCT-Ernährungsstudien vorwiegend bei Patientenkollektiven mit eingeschränkter Prognose untersucht werden. Bei Patienten
mit Ösophagus-CA, gynäkologischen
oder gastrointestinalen Tumoren führte
eine frühe und individualisierte Ernährungsberatung zur einer Verbesserung
des Ernährungszustandes [20, 22] und
damit zu geringeren toxische Neben-
wirkungen der Radiotherapie sowie zu
einem verlängerten Überleben [21, 22].
Abgesehen von diesen wenigen Ausnahmen sind RCTs jedoch im Allgemeinen bei Ernährungsstudien schlecht
anwendbar, es sei denn, die in Rede
stehende Nahrungskomponente verhält
sich im Hinblick auf ihren therapeutischen Nutzen ähnlich wie pharmazeutisch wirksame Bestandteile. Experten
bezweifeln daher seit Langem, dass
Ernährungsinterventionen in der evidenzbasierten Analyse nach denselben
Kriterien wie Pharmaka bewertet werden dürfen [3]. Verschiedene nationale
und international übergeordnete wissenschaftliche Instanzen (z. B. EU, EFSA)
haben daher eigene Systeme entwickelt,
um Evidenzgrade bzw. die Stärke, Belastbarkeit und biologische Plausibilität der
Beziehungen zwischen Ernährung und
Gesundheit zu beurteilen und damit die
Grundlage für Ernährungsempfehlungen und gesundheitsbezogene Aussagen
zu Lebensmitteln (sog. Health Claims)
zu ermöglichen (z. B. FUFOSE: Concerted Action on Functional Science
in Europe, und PASSCLAIM: Process
for Assessment of Scientific Support for
Claims on Foods) (Übersicht bei [3]).
Ernährungsforschung hat sich heute in
der biomedizinischen Forschung mit
eigenständigen und im Vergleich zur
evidenzbasierten Medizin vielfältigeren
Methoden emanzipiert. Im Gegensatz
zum pharmakologischen Paradigma definieren diese Gesundheit im weiteren
Sinne als die Fähigkeit des Organismus,
sich an interne und externe Stimuli anzupassen (z. B. Einfluss einer Ernährungsintervention auf die Rekonvaleszenzzeit
nach einer Infektion [3]).
Darüber hinaus sollten die Therapieziele der ambulanten Ernährungsberatung nicht den in den Leitlinien genannten Zielen für Pharmakotherapie z. B.
der Behandlung der Hypertonie gleichgesetzt werden. So kritisiert der G-BA,
dass in Studien zur Ernährungstherapie bei Hypertonie der in den Leitlinien
genannte Zielbereich für den Blutdruck
nicht erreicht wurde (< 140/90 mmHg).
Es konnte aber gezeigt werden, dass eine
salzärmere Ernährung bei hypertensiven
Probanden den systolischen Blutdruck
um ca. 5 mmHg senken kann [9]. Dies
bedeutet eine klinisch relevante Risikoreduktion, denn das Risiko steigt mit dem
Blutdruck kontinuierlich an und bedeutet mit jedem Anstieg des systolischen
Blutdrucks um 2 mmHg ein um 7 %
erhöhtes Mortalitätsrisiko an koronaren
Herzerkrankungen sowie ein 10 % höheres Risiko, einen tödlichen Schlaganfall
zu erleiden [13]. Auch der „WHO Global
Action Plan for the Prevention and Control of NCDs 2013–2020“ beinhaltet u. a.
das Ziel einer 30 %igen Reduktion der
Salzaufnahme zur Reduktion der Mortalität an Herz-Kreislauferkrankungen und
empfiehlt eine Salzaufnahme von maximal 5 g pro Tag.
Ernährungsberatung ist als
Bestandteil einer multimodalen
Therapie nicht in Frage gestellt
Der G-BA schreibt in seiner Begründung,
dass die geforderte Nutzenbewertung aus
methodischen Gründen nur für die Ernährungsberatung als Einzelmaßnahme
möglichwar. Multimodale Therapie istjedoch beispielsweise bei der Behandlung
von Adipositas und Typ-2-Diabetes lege
artis, weil sie evidenzbasiert und leitliniengerecht ist. Eine Ernährungsberatung
ist integraler Bestandteil einer strukturierten Diabetestherapie, und auch leitlinienkonforme Therapiekonzepte zur Behandlung von Adipositas beinhalten ein
kombiniertes Basisprogramm aus Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie [10, 16–18]. Es stellt sich daher die
Frage, warum es Studien zur alleinigen
ambulanten Ernährungstherapie geben
sollte und ob diese, wenn sie denn initiiert werden sollten, überhaupt ethisch
vertretbar wären. Es stellt sich auch die
Frage, warum der G-BA eine Fragestellung prüft, die gemäß den o. g. Leitlinien
nicht leitlinienkonform ist.
Eine moderne Ernährungstherapie ist
heute nicht denkbar ohne Einbezug der
Lebenswirklichkeit und der Lebensstile der Patienten. Sie umfasst die Lehre einer gesunden Lebensweise und bezieht damit auch regelmäßige körperliche
Aktivität sowie Empfehlungen zur Reduktion von Alkoholkonsum und Prävention des Tabakkonsums mit ein. In
der Aus- und Weiterbildung von Ernährungsmedizinern, Ökotrophologen, Er-
nährungswissenschaftlernund Diätassistenten sind diese Themen zur Prävention
und Therapie von Erkrankungen ein fester Bestandteil der Curricula, um die Anschlussfähigkeit mit anderen Disziplinen
im Sinne der geforderten multimodalen
Therapien sicherzustellen. Die Vermittlung der Grundlagen eines gesunden Lebensstils in der Therapie von Erkrankungen gehört daher durchaus auch zu den
Inhalten einer Ernährungstherapie. Viele Therapeuten arbeiten heute auch mit
Schrittzählern und Apps zur Erfassung
der körperlichen Aktivität. Sie ermöglichen eine Optimierung der Therapieplanung durch die Erfassung des Energieverbrauchs sowie eine Verbesserung
der Motivation ihrer Patienten. Für die
Arbeitsweise in der Ernährungstherapie
wird heute der international anerkannte Dietetic Care Process zugrunde gelegt. Dabei geht es um eine strukturierte
Therapie, bei der die verschiedenen Phasen der Behandlung transparent gemacht
werden. Therapiefortschritte werden beobachtet, Nachsteuerungen erfolgen.
Bewertung der Evidenz für
Ernährungsberatung bei
seltenen Erkrankungen
Für seltene Erkrankungen, bei denen
die Fallzahlen der Patienten von vorne
herein keine größeren Studien ermöglichen, hat der G-BA die klinische Expertenmeinung zur Nutzenbewertung
der ambulanten Ernährungsberatung
herangezogen. Selbst bei den Indikationen Mukoviszidose und angeborene
Stoffwechselerkrankungen wie Phenylketonurie, Harnstoffzyklusdefekte oder
Abbaustörungen von Fettsäuren, bei denen die Ernährungstherapie oftmals die
einzig verfügbare und von klinischen
Experten international anerkannte und
etablierte lebenslange Therapie darstellt,
wurde die Anerkennung der ambulante Ernährungsberatung als Heilmittel
jedoch abgelehnt. Diese Entscheidung
wurde vom G-BA damit begründet, dass
eine Schwerpunktversorgung der Patienten fachlich geboten ist, weil akute
Verschlechterungen und Komplikationen einen unmittelbaren Austausch
zwischen Arzt und Ernährungstherapeuten sowie eine enge Koppelung der
Prävention und Gesundheitsförderung
Originalarbeit
Ernährungstherapie an ärztliche Befunde erfordern. Der G-BA sieht daher die
Notwendigkeit für eine grundsätzliche
ärztliche Gesamtverantwortung für die
diättherapeutischen Maßnahmen, die
ein unmittelbares Weisungsverhältnis
zwischen Arzt und Ernährungsberater
voraussetzt (ärztliche Anordnung gemäß § 3 DiätAssG i. V. m. § 15 Abs. 1
Satz 2 SGB V) und einer Anerkennung
der Diätberatung als eigenständiges Heilmittel entgegensteht.
In der aktuellen Versorgungsrealität sind jedoch vorwiegend pädiatrische Patienten mit ihren Familien
an spezialisierte Stoffwechselzentren
bzw. Mukoviszidose-Ambulanzen mit
Schwerpunktversorgung angebunden.
Da sich aufgrund des medizinischen
Fortschritts heute ein Drittel der Patientinnen und Patienten mit angeborenen
Stoffwechselerkrankungen bereits im
Jugend-/Erwachsenenalter befindet und
diese sich aufgrund der Erfordernisse
in Schul- und Arbeitsleben auch an
entsprechend für die Erkrankung qualifizierte niedergelassene Facharztpraxen
wenden, bestünde durchaus ein Bedarf
für ein differenziertes Vorgehen bei der
Verordnung einer ambulanten Ernährungstherapie.
Die Ablehnung der Verordnungsfähigkeit der ambulanten Ernährungsberatung für die Indikation angeborener Stoffwechselerkrankungen und
Mukoviszidose fiel auch entgegen dem
Antrag von Vertretern der Patientenorganisationen1 aus, die sich als nicht
stimmberechtigtes Mitglied des Ausschusses dafür eingesetzt hatten, dass
betroffenen Patienten nicht nur die wenigen Spezialambulanzen zur Verfügung
stehen, sondern auch schnell verfügbare
wohnortnahe Alternativen. Die zunehmende Zahl erwachsener Patientinnen
und Patienten mit angeborenen Stoff1 Die Patientenvertretung im G-BA besteht aus
Vertreterinnen und Vertretern der vier maßgeblichen Patientenorganisationen entsprechend der Patientenbeteiligungsverordnung:
Deutscher Behindertenrat, Bundesarbeitsgemeinschaft PatientInnenstellen und -initiativen,
Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e. V., Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (http://www.ieb-debra.de/PatV-PMambulante-EB.PDF).
Prävention und Gesundheitsförderung
wechselerkrankungen/Mukoviszidose,
die ambulant in ernährungsmedizinisch qualifizierten Facharztpraxen einschließlich einer regelmäßigen Kontrolle der Laborparameter behandelt
werden, könnte unter Einbeziehung
der fachlichen Kompetenz der entsprechend qualifizierten niedergelassenen
Diätassistenten/Ökotrophologen sinnhaft betreut werden, während eine akute
Dekompensation ggf. die Überweisung
in ein spezialisiertes Stoffwechselzentrum mit integraler Ernährungstherapie
erforderlich macht.
Fazit und Ausblick
Es ist einfach, große prospektive, randomisierte placebokontrollierte Interventionsstudien mit harten klinischen
Endpunkten zu fordern, die über jeden
Zweifel erhaben scheinen. Brauchen wir
eine derartige Evidenz auch für klassische
Indikationen in der Gastroenterologie
(z. B. zum Nutzennachweis einer glutenfreien Ernährung bei Zöliakie, oder zum
Nachweis der Wirksamkeit einer Ernährungsberatung bei Kurzdarmsyndrom,
Pankreatitis, Obstipation, DumpingSyndrom nach Magenresektion oder
Leberzirrhose), wenn es dazu bereits nationale und internationale Leitlinien der
Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) und der Deutschen
Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (DGVS) sowie
der European Society for Parenteral and
Enteral Nutrition (ESPEN) gibt?
Wenn es darüber hinaus international
keine geeigneten Studien gibt und es unmöglich oder unangemessen erscheint,
Studien der höchsten Evidenzstufen
durchzuführen, die die Wirksamkeit der
ambulanten Ernährungsberatung untersuchen, müssen andere Kriterien wie der
Einfluss auf Risikofaktoren (z. B. Blutdruck und Blutzuckerspiegel) und die
klinische Erfahrung und Expertenmeinung für die Beurteilung des Nutzens
zugrunde gelegt werden. Die Leitlinien
der Fachgesellschaften weisen hierfür
den Weg.
Das Bundesministerium für Gesundheit hatte mit einem Schreiben vom
25.3.2015 Erläuterungsbedarf zum G-BA
Beschluss angemeldet. Die Entscheidung
des G-BA vom Januar 2015 wurde daraufhin am 17.12.2015 wie folgt revidiert:
„Die ambulante Ernährungsberatung
wird nicht als ärztlich zu verordnende
Einzelmaßnahme in die Heilmittelrichtlinie aufgenommen. Dies gilt nicht für
die Indikationen Mukoviszidose und seltene Stoffwechselerkrankungen, deren
Regelung einer gesonderten Beschlussfassung vorbehalten bleibt.“ Es muss
daher nun abgewartet werden, wie diese
gesonderte Beschlussfassung bei diesen
ausgewählten Indikationen ausfällt und
wann diese getroffen wird.
Das übergeordnete gemeinschaftliche
Anliegen der an diesem Beitrag beteiligten Fachgesellschaften und Verbände
ist eine grundsätzliche Vereinbarung im
Gesundheitssystem, die betroffenen Patienten eine qualifizierte Ernährungstherapie ermöglicht und die Erstattungsfähigkeit dieser medizinisch notwendigen
Maßnahme bei berechtigten Indikationen sichert. Nur so kann zum Wohle
der Patienten – vor allem auch bei sozial schwachen Patienten – erreicht werden, dass die Versorgungslücke in der
Ernährungsberatung/-therapie bei einer
ständig steigenden Anzahl von ernährungsmitbedingten Erkrankungen nicht
noch weiter steigt.
Fazit für die Praxis
Das Ergebnis des G-BA war voraussehbar und ist dennoch enttäuschend. Es
darf nicht dazu führen, dass die Ernährungstherapie betroffenen Patienten
verwehrt bleibt und die Erstattungsfähigkeit dieser medizinisch notwendigen Maßnahme bei berechtigten
Indikationen gefährdet ist. Die Entscheidung über die Bezuschussung
obliegt nun weiterhin der individuellen
Auslegung der medizinischen Evidenz
und Notwendigkeit durch die GKV. Das
Ansehen der ambulanten Ernährungsberatung als einer Therapieform, für
die der medizinische Nutzen angeblich nicht nachweisbar ist, hat bereits
Schaden genommen. Es entsteht der
Eindruck, es handele sich um eine alternativmedizinische Maßnahme. Für
qualifizierte Ernährungstherapeuten
wird dieses Arbeitsfeld dadurch sowohl
finanziell als auch von seiner Reputati-
on her unattraktiv. Dies schadet damit
letztlich auch der Anbieterqualifikation
und damit wiederum der Patientenversorgung. Eine wertvolle Chance des
Gesundheitssystems für eine kostengünstige Therapie mit positivem RisikoNutzen-Verhältnis bleibt ungenutzt.
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. oec. troph. Dr.
med. A. Bosy-Westphal
Institut für Ernährungsmedizin, Universität
Hohenheim
Fruwirthstr. 12, 70593 Stuttgart, Deutschland
Anja.Bosy-Westphal@
uni-hohenheim.de
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt. A. Bosy-Westphal, O. Adam,
S. Bischoff, S. Gerlach, H. Gohlke, M. Groeneveld,
H. Hauner, E. Krebs, G. Lamprecht, M.J. Müller, K. Norman, M. Plauth, A. Pfeiffer, P. Rittler, M. Wabitsch und
J.G. Wechsler geben an, dass kein Interessenkonflikt
besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren
durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.
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Prävention und Gesundheitsförderung
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