Kapitel 5: Die Strahlung – der Treibstoff der Atmosphäre Was ist Strahlung • • Strahlung besteht aus elektromagnetischen Welle Strahlungsarten unterscheiden sich durch die Wellenlänge https://de.wikipedia.org/wiki/Elektromagnetisches_Spektrum Die Infrarotstrahlung ist in drei Abschnitte unterteilt: nahes Infrarot: 0,78 bis 3 μm mittleres Infrarot: 3 bis 50 μm, fernes Infrarot: 50 bis 1000 μm. Kapitel 5: Strahlung Für uns relevanter Bereich Folie 2 Was ist Strahlung • Jeder Körper mit einer Temperatur > 0 K emittiert und absorbiert elektromagnetische Strahlung – auch jeder von uns, der Boden, die Luft, …. • Die Intensität und Wellenlänge der emittierten Strahlung hängt von der Temperatur des emittierenden Körpers ab – je wärmer um so kürzer die Wellenlängen und um so höher die Intensität • Für den Energiehaushalt der Erde sind zwei Wellenlängenbereiche relevant. Diese bezeichnen wir als: – Solare Strahlung – Terrestrische Strahlung • Solare Strahlung (kurzwellige Strahlung) – energetisch relevanter Bereich der Sonnenstrahlung: 250 nm – 2500 nm, – sichtbarer Bereich: 400 – 700 nm, Maximum bei 500 nm (blau-grün) • Terrestrische Strahlung (langwellige Strahlung) – energetisch relevanter Bereich bei terrestrischen Temperaturen: 3,5 -100 µm – liegt im infraroten Spektralbereich, kann also als Wärmestrahlung bezeichnet werden Kapitel 5: Strahlung Folie 3 Die drei wichtigsten Strahlungsgesetze Planck'sches Strahlungsgesetz: beschreibt die spektrale Strahldichte Iλ (Strahlungsenergie pro Raumwinkelelement, Querschnittsfläche, Zeit und Wellenlänge), die ein Körper gemäß seiner Temperatur bei einer ausgewählten Wellenlänge maximal abstrahlen kann. Stefan-Boltzmann-Gesetz: beschreibt die maximale Strahlungsflussdichte E (Strahlungsenergie pro Querschnittfläche und Zeit), die ein Körper gemäß seiner Temperatur insgesamt über alle Wellenlängen integriert in den über seiner Oberfläche liegenden Halbraum abstrahlen kann. Kirchhoff'sches Gesetz: Besagt, dass das Absorptionsvermögen αλ (Prozentsatz der absorbierten spektralen Strahldichte) eines Körpers seinem Emissionsvermögen ελ (Prozentsatz der maximalen spektralen Strahldichte nach dem Planck'schen Strahlungsgesetz, der tatsächlich emittiert wird) entspricht, also gleich ist. Kapitel 5: Strahlung Folie 4 Das Stefan-Boltzmann-Gesetz • Die maximale Strahlungsflussdichte E, die ein Körper gemäß seiner Temperatur insgesamt über alle Wellenlängen integriert in den über seiner Oberfläche liegenden Halbraum abstrahlen kann, wächst proportional zur 4. Potenz seiner Temperatur (in Kelvin) – die Proportionalitätskonstante heißt Stefan-Boltzmann Konstante Gleichung (3) • E = σ ⋅ T 4 ; σ = 5,67⋅10−8 m2 sJ K 4 Die Einheit der Strahlungsflussdichte E ist: J m2s Kapitel 5: Strahlung = Energie Fläche ⋅Zeit = Leistung Fläche = W m2 Folie 5 Schwarze und graue Körper • Einen Körper der Temperatur T, der diese theortisch berechnete maximale Strahlungsleistung tatsächlich abgibt, nennen wir einen schwarzen Körper – er emittiert 100 % der möglichen Leistung – sein Emissionsvermögen ε ist 100 % oder 1 – gemäß Kirchhoff‘schem Gesetz ist dann auch sein Absorptionsvermögen α gleich 100 % bzw.1 • er absorbiert also 100 % der auf ihn eintreffenden Strahlung • Ein Körper, der weniger als diese maximale Strahlungsleistung abgibt, nennen wir einen grauen Körper • Aber Achtung! Emissions- und Absorptionsvermögen können mit der betrachteten Wellenlänge variieren – Es ist also möglich, dass sich ein Körper in einem Wellenlängenbereich wie ein schwarzer Körper, in einem anderen Wellenlängenbereich aber wie ein grauer Körper verhält i.d.R. ε= ε(λ) – Folglich müssen wir Emissions- und Absorptionsvermögen für solare und terrestrische Strahlung getrennt betrachten Kapitel 5: Strahlung Folie 6 Stefan Boltzmann für graue Körper • Liegt das Emissionsvermögen eines Körpers unter der eines schwarzen Körpers, so lässt sich die von ihm emittierte Strahlungsflussdichte vereinfacht darstellen als Gleichung (3a) E = ε ⋅σ ⋅ T 4 ; 0 < ε ≤ 1 ε = effektives Emissionsvermögen über den relevanten Wellenlängenbereich (solar oder terrestrisch) ε = 1 ↔ Körper strahlt in einem Wellenlängenberiech wie ein schwarzer Körper • Ein Beispiel: • T=20 oC • Emissionsvermögen 70 % als ε = 0,7 • ergibt Kapitel 5: Strahlung entspricht 293,15 Kelvin E ≈ 293 W/m2 Folie 7 Die Albedo • Neben Emission und Absorption kann Strahlung von einem Körper auch reflektiert oder gestreut (also weitergeleitet) werden • Ein Körper der nicht 100 % der einfallenden Strahlung absorbiert, muss den Rest reflektieren oder streuen – Reflexion kann auch als Rückwärtsstreueng betrachtet werden – Vorwiegend Gase (also Luftmolekühle) können die die Strahlung auch vorwärts streuen – Festen Körpern bleibt im solaren und terrestrischen Strahlungsbereich nur die Option Reflexion oder Absorption • Auch die Albedo kann wie das Emissions- und Absorptionsvermögen mit der betrachteten Wellenlänge variieren – Eine schwarze (weiße) Oberfläche hat zunächst nur im sichtbaren Bereich der elektromagnetischen Strahlung eine Albedo von ≈ 0 (bzw. ≈1) – Das Reflexions- bzw- Absorptionsvermögen einer sichtbar schwarzen Oberfläche im Bereich der Wärmestrahlung ist nicht sichtbar Kapitel 5: Strahlung Folie 8 Der extraterrestrische solare Strahlungsfluss • Die von der Sonne ausgehende Strahlung erreicht den Oberrand der Atmosphäre solare Strahlung: extraterrestrische Strahlungsflussdichte bei senkrechtem Einfall (Solarkonstante) Erde Ik = 1368 J/(m2·s) = 1368 W/m2 Relevante Fläche für Nutzbarkeit auf der Erde ist die Querschnittsfläche der Erdkugel AG,s = π R2, R ≈ 6370 km Damit steht der Erde folgende solare Strahlungsleistung zur Verfügung: Ik ·AG,s in W=J/s Diese verteilt sich auf die gesamte Erdoberfläche: AG,t = 4 π R2 = 4 AG,s (extraterrestrische Kugeloberfläche) Im Mittel erhält also jeder Quadratmeter am Oberrand der Atmosphäre die Strahlungsflussdichte Ik ·AG,s / AG,t = 1/4 Ik = 342 W/m2 = Fs, Kapitel 5: Strahlung Folie 9 Die terrestrische Ausstrahlung • Die Erde sendet entsprechend ihrer Temperatur selber Strahlung im terrestrischen Spektralbereich aus • Betrachten wir die Erde in diesem Spektralbereich als schwarzen Körper und geben ihr eine fiktive mittlere Temperatur TE, so emittierte jeder Quadratmeter folglich Ft, = σ TE4 W/m2 ; • mit σ = 5,67 10-8 J/(m2 s K4) Damit emittiert die gesamte Erdoberfläche eine Strahlungsleistung von Ft,·AG,t = σ TE4·AG,t in W = J/s • • Soll sich die Erde sich in einem energetisch stabilen Zustand befinden muss die aufgenommenen solare Strahlungsenergie gleich der abgestrahlten terrestrischen Strahlungsenergie sein. Klar ??? Kapitel 5: Strahlung Folie 10 Das Strahlungsgleichgewicht der Erde • In diesem Strahlungsgleichgewicht muss also gelten: aufgenommene Strahlungsenergie = abgegebene Strahlungsenergie Ik·AG,s = σ TE4 ·AG,t ¼ Ik = σ TE4 • Fs, = 342 W/m2 = σTE4 • Fs, = σTE4 Mitteltemperatur der Erde TE = 278.7 K Nun nimmt die Erde aber nicht das volle Strahlungsangebot der Sonne auf, sondern reflektiert einen Teil davon wieder in den Weltraum. – das solare Reflexionsvermögen bzw. die Albedo der Erde für solare Strahlung beträgt im Mittel 30 % solare Albedo αs = 0,3 • • Also nimmt die Erde nur (1- αs) Ik·AG,s Strahlungsleisung auf Für das Strahlungsgleichgewicht gilt dann (1- αs) Ik·AG,s = σ TE4 ·AG,t T = 254.9 K (= -18,2 oC) • Das ist verdammt kalt !!!!! Kapitel 5: Strahlung Folie 11 Was haben wir übersehen? • Die Atmosphäre • Einerseits absorbiert und reflektiert sie einen Teil der solaren Strahlung – sie reduziert also die Strahlungsleistung, die den Erdboden erreicht • Andererseits verhindert sie, dass Wärmstrahlung ungehindert in den Weltraum entweichen kann – sie absorbiert (teilweise) die vom Erdboden ausgehende Wärmestrahlung – sie emittiert selbst Wärmestrahlung in Richtung Erdboden • Wie funktioniert das? Kapitel 5: Strahlung Folie 12 solare Strahlung ?? terrestrische Strahlung ?? Die Atmosphäre wirkt wie ein Treibhaus! Kapitel 5: Strahlung Folie 13 Treibhausgase: Molekülstrukturen Wasser-Molekül Wasserstoff(H-)Atom Sauerstoff(O-)Atom Kohlendioxid-Molekül Wasserstoff(H-)Atom Molekül weist verschiedene Rotations- und Schwingungszustände auf. Kapitel 5: Strahlung Sauerstoff(O-)Atom Kohlenstoff(C-)Atom Sauerstoff(O-)Atom Molekül weist verschiedene Rotationsund Schwingungszustände auf. Folie 14 Treibhausgase, Forts.: Ungeradzahlige Moleküle haben unterschiedliche Rotations- und Schwingungszustände. Der Wechsel des Schwingungs- und/oder Rotationszustandes ist bei jedem Molekül mit Absorption bzw. Emission von Strahlungsenergie verbunden. Kapitel 5: Strahlung Folie 15 Für die Änderung des Schwingungs- und/oder Rotationszustandes eines Moleküls ist eine ganz bestimmte Energiemenge nötig, d.h. sie kann nur dann erfolgen, wenn Strahlung in ganz bestimmten Frequenz- bzw. Wellenlängenbereichen des Spektrums zur Verfügung Eλ = h·ν ~ 1 / λ steht: ν λ h solar Frequenz der Strahlung Wellenlänge der Strahlung Planck‘sches Wirkungsquantum terrestrisch Absorptionsvermögen der Atmosphäre in % sichtbar Rotation - Schwingung Rotation Wellenlänge µm aus: Peixoto and Oort: Physics of Climate, Figure 6.2 Kapitel 5: Strahlung Folie 16 Bilanz und Haushalt: z nach unten gerichtete Flussdichte (<0) nach oben gerichtete Flussdichte (>0) Bilanz = 0 nach unten gerichtete Flussdichte (<0) nach oben gerichtete Flussdichte (>0) Bilanz >0 Strahlungsbilanz: Summe der nach unten und nach oben gerichteten Strahlungsflussdichten an einer Bezugsfläche bzw. Referenzniveau. Energiehaushalt: Der in einem Volumen gespeicherte Energieinhalt. Dieser ändert sich, wenn die Strahlungsbilanzen an den Grenzflächen des Volumens verschieden sind; dann fließt in das Volumen an einer Grenzfläche z.B. mehr Energie hinein als an der anderen Grenzfläche herausfließt. Eine räumliche Änderung der Strahlungsbilanz führt also immer zu einer zeitlichen Änderung des Energiehaushaltes. Kapitel 5: Strahlung Folie 17 Strahlungsflüsse je Quadratmeter Erdoberfläche Fs, Ausgeglichene Strahlungsbilanzen (im langzeitigen Mittel) αs Fs, (1-ε) σTB4 ε σTA4 4 4 I (1 − α S ) FS ⇓ − (1 − ε ) σ TB − ε σ TA = 0 Absorption Atmosphäre Fs, Emissionsvermögen ε = 0,78 αs Fs, Boden αs =0,3 σTB4 Emissionsvermögen ε = 1 Temperatur TA ε σTA4 W ; α S = 0,3 ; m2 (1 − α S ) FS ⇓ − σ TB4 + ε σ TA4 = 0 I+II 2 ⋅ (1 − α S ) FS ⇓ + (ε − 2)σ TB4 = 0 Temperatur TB Absorption solarer Strahlung in Atmosphäre wird vernachlässigt FS ⇓ = I k 4 = 320 II ε = 0,78 ; σ = 5,67 ⋅ 10−8 W m2 K 4 2 ⋅ (1 − α S ) FS ⇓ T = ( 2 − ε )σ 4 B ⇒ TB ≈ 284 K = +11 OC ⇒ TA ≈ 239 K = −34 OC Kapitel 5: Strahlung Folie 18 Übung: z T = 11 oC = 284.15 K, α = 0.70 T = 10 oC = 283.15 K, ε = 1.00 Erdoberfläche In dieser Nacht hat die Erdoberfläche eine Temperatur von 10 oC und ein Emissionsvermögen von 100 %. Die Atmosphärenschicht direkt über der Oberfläche hat eine Temperatur von 11 oC, aber ein Emissionsvermögen von nur 70 %. A. Berechnen Sie die nach oben gerichtete Strahlungsflussdichte am oberen Rand dieser Atmosphärenschicht. B. Berechnen Sie die nach unten gerichtete Strahlungsflussdichte an der Erdoberfläche , wenn in die Atmosphärenschicht am Oberrand eine Strahlungsflussdichte von 320 W/m2 eingestrahlt wird. C. Berechnen Sie die Strahlungsbilanzen an der Erdoberfläche und am Oberrand der Atmosphärenschicht. D. Ändert sich der Energiehaushalt und damit die Temperatur in der bodennächsten Atmosphäre mit der Zeit? Falls ja, steigt oder fällt die Temperatur? E. Ändert sich die Temperatur des Erdbodens mit der Zeit? Falls ja, steigt oder fällt die Temperatur des Erdbodens? Kapitel 5: Strahlung Folie 19 Der Strahlungshaushalt der Atmosphäre (global und über einen längeren Zeitraum (wenigstens ein Jahr) gemittelt) aus: IPCC (2001), 3. Sachstandsbericht Kapitel 5: Strahlung Folie 20 Der Strahlungshaushalt der Atmosphäre (global und über einen längeren Zeitraum (wenigstens ein Jahr) gemittelt) aus: IPCC (2001), 3. Sachstandsbericht Kapitel 5: Strahlung Folie 21 Der Strahlungshaushalt der Atmosphäre (global und über einen längeren Zeitraum (wenigstens ein Jahr) gemittelt) aus: IPCC (2001), 3. Sachstandsbericht Atmosphäre gewinnt: solar +67 thermisch +350 Kapitel 5: Strahlung Atmosphäre verliert: thermisch -195 -324 Nettoverlust Atmosphäre:+67 +350 -195 -324 = -102 W/m2 Folie 22 Zusammenfassung Strahlungshaushalt • Atmosphäre – – – – • 67 W/m2 350 W/m2 -519 W/m2 -102 W/m2 Boden – – – – • Gewinn durch solarer Strahlung: Gewinn durch thermischer Strahlung: Verlust durch thermische Strahlung: Nettohaushalt: Gewinn durch solare Strahlung: Gewinn durch thermische Strahlung: Verlust durch thermische Strahlung: Nettohaushalt: 168 W/m2 324 W/m2 -390 W/m2 102 W/m2 Die Konsequenz wäre: – Atmosphäre verliert ständig Energie kühlt sich permanent ab – Boden gewinnt ständig Energie heizt sich permanent auf • Was gleicht dieses Ungleichgewicht aus ? Kapitel 5: Strahlung Folie 23 Der Strahlungshaushalt der Atmosphäre (global und über einen längeren Zeitraum (wenigstens ein Jahr) gemittelt) aus: IPCC (2001), 3. Sachstandsbericht Der thermische Wärmetransport: 24 W/m2 Kapitel 5: Strahlung und der latente Wärmetransport: 78 W/m2 Folie 24 Übung: Wir benutzen die Abbildung auf der vorherigen Seite, die den global und über eine längere Zeit gemittelten Strahlungshaushalt der Atmosphäre zeigt. A. Bestimmen Sie die solare Strahlungsbilanz am Oberrand der Atmosphäre sowie an der Erdoberfläche. B. Bestimmen Sie die terrestrische Strahlungsbilanz am Oberrand der Atmosphäre sowie an der Erdoberfläche. C. Bestimmen Sie die gesamte Strahlungsbilanz am Oberrand der Atmosphäre sowie an der Erdoberfläche. D. Berechnen Sie die Erwärmungsrate (zeitliche Änderung der Temperatur) als Folge der Absorption solarer Strahlung in der Atmosphäre. E. Berechnen Sie die Abkühlungs-/Erwärmungsrate (zeitliche Änderung der Temperatur) als Folge der Absorption und Emission terrestrischer Strahlung in der Atmosphäre. F. Berechnen Sie den Netto-Effekt aus D. und E., d.h. die Temperaturänderung durch Strahlungsprozesse. Vergleichen Sie diesen Wert mit den tatsächlich beobachteten Temperaturänderungen in der Atmosphäre. Kapitel 5: Strahlung Folie 25 Zusammenfassung: Das Erdsystem empfängt ständig Strahlungsenergie von der Sonne, d.h. es stellt ein offenes physikalisches System dar. Andererseits emittiert und absorbiert es ständig Wärmestrahlung. Die ungeradzahligen Moleküle der Luft wechselwirken durch Änderung ihrer Rotations- und Schwingungszustände mit der Strahlung. Sie absorbieren von unten kommende Wärmestrahlung und re-emittieren sie teilweise zurück zum Boden. Dies ist die wesentliche Ursache für den Treibhauseffekt der Atmosphäre, durch den die Mitteltemperatur des Erdsystems um ca. 33 K erhöht wird. Die Atmosphäre befindet sich im Strahlungsgleichgewicht mit dem Weltraum, d.h. die Strahlungsbilanz (solar UND terrestrisch) am Oberrand der Atmosphäre ist in guter Näherung gleich Null. Betrachtet man lediglich Strahlungsprozesse, so würde sich die Atmosphäre kontinuierlich abkühlen, die Erdoberfläche sich jedoch ständig erwärmen. Stichworte zu Kapitel 5: Treibhauseffekt, solare Strahlung, terrestrische Strahlung, Strahldichte, Planck'sches Strahlungsgesetz, Strahlungsflussdichte, Stefan-Boltzmann Gesetz, Absorptionsvermögen, Emissionsvermögen, Kirchhoff'sches Gesetz, Bilanz und Haushalt, Strahlungsbilanz Kapitel 5: Strahlung Folie 26 Kapitel 6: Anthropogene Klimaänderung Beeinflussung des Treibhauseffekts durch den Menschen CO2 Konzentration und Temperaturanomalie (aus Messungen in Eisbohrkernen, Dome C in Antarktis, bis ca. 156.000 Jahre BP) Altersangaben Kapitel 6: Klimaänderung Folie 28 CO2 Konzentration und Temperaturanomalie (aus Messungen in Eisbohrkernen, Dome C in Antarktis, bis ca. 156.000 Jahre BP) today Attraktor „Klimaoptimum“ pre-industrial Attraktor „Eiszeit“ Kapitel 6: Klimaänderung Folie 29 Anthropogene globale CO2-Emissionen: Wieviel CO2 befindet sich in der Atmosphäre? Masse der Erdatmosphäre: pS = 1000 hPa mittlerer Luftdruck an der Erdoberfläche RG = 6370 km Erdradius Erdoberfläche AG = 4 π (RG)2 = 5,1 · 1014 m2 Gesamtgewicht der Atmosphäre: Kraft/Fläche * Gesamtfläche PS · AG Gesamtgewicht = Gesamtmasse * Erdbeschleunigung mE · g g = 9.806 m/s2 Kapitel 6: Klimaänderung Erdbeschleunigung mE = pS AG / g = 5,2 · 1018 kg Folie 30 Anthropogene globale CO2-Emissionen, Forts.: Kohlendioxidanteil: VCO2 = 400 ppm(v) (für 2015) = 400 Volumenanteile CO2 auf 1 Millionen Volumenanteile Luft = 0,4 Promille (bezogen auf das Volumen) Massenanteil (siehe Übungsaufgabe Folie 41) Massenanteil = Volumenanteil * MCO2/MLuft (M=Molmasse) Massenanteil = 400 *44/29 ppm(m) = 0.607 Promille (bez. auf Masse) CO2 Masse = 0.607 Promille von 5,2 · 1018 kg Luft mCO2 = 3.156 · 1015 kg CO2 mc = mCO2 * MC/MCO2 = mCO2 *12/44 mc = 8.607 · 1014 kg = 860.7 Gt (Milliarden Tonnen) C Kapitel 6: Klimaänderung Folie 31 Anthropogene globale CO2-Emissionen, Forts.: Kohlendioxid-Masse in der Erdatmosphäre: mC = 8,607 * 1014 kg C Anthropogene globale CO2-Emissionen aus Verbrauch fossiler Brennstoffe, 2013: γCO2 = 36,1 ± 1,8 Gt CO2 / a = 36,1·1012 kg CO2 /a (Gt: Milliarden Tonnen) entspricht γC = 9,85 ± 0,5 Gt C / a Daraus lässt sich eine Wachstumsrate ableiten von: γC / mC = 0,01144 a-1 = 1,14 % pro Jahr D.h. aktuell werden der Atmosphäre pro Jahr über 1 % Prozent ihrer Kohlenstoffmasse durch Nutzung fossiler Brennstoffe hinzugefügt. Hinzu kommen noch geschätzte 3 Gt CO2/a durch die Abholzung und Verrottung bzw. Verbrennung von Wäldern Kapitel 6: Klimaänderung Folie 32 Globale CO2 Emissionen • Ranking der weltweit größten CO2-Emittenten aus Verbrennung fossiler Brennstoffen + Zement Produktion + Abfackelung von Erdgas für das Jahr 2014 in Mt CO2/Jahr (Quelle: GLOBAL Carbon Project, a scientific project supported by Fondation BNP Paribas http://www.globalcarbonatlas.org) RANG 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 NATION China USA Indien Russische Föderation Japan Deutschland Indonesien Iran Saudi Arabien Südkorea Kanada Brasilien Südafrika Mexiko Großbritannien Kapitel 6: Klimaänderung CO2_TOT 9.680 5.561 2.597 1.595 1.232 789 641 616 602 599 558 507 476 457 428 Folie 33 Historische CO2 Emissionen Kapitel 6: Klimaänderung Folie 34 Entwicklung der globalen CO2 Konzentration aus Messungen am Mauna Loa Observatorium Kapitel 6: Klimaänderung Folie 35 Zukünftige CO2 Emissionen • • Sind nicht bekannt und nicht vorhersagbar ! Daher werden verschiedene Szenarien über mögliche Verläufe der zukünftigen Emissionsentwicklung erstellt (z.B. bis 2100) – IS92-Szenarien: IPCC Sznearien von 1992 – SRES-Szenarien: Special Report on Emissions Scenrios (IPCC, 2000) • B1, B2, A1B, A1, A2 – RCP-Szenarien: Representative Concentration Pathways (IPCC, 2011) • RCP2.6, RCP4.5, RCP6, RCP8.5 • • • Aus Emissionsprognosen lässt sich die weitere Entwicklung der atmosphärischen CO2 Konzentration berechnen Mit verschiedenen globalen Klimamodellen werden dann die Klimaänderungen entsprechend dem Verlauf der CO2 Konzentration (und anderer Treibhausgase) berechnet. Die globale Politik und Gesellschaft muss dann entscheiden, welcher der möglichen Pfade sie weiter folgen will Kapitel 6: Klimaänderung Folie 36 CO2 Szenarien Kapitel 6: Klimaänderung Folie 37 Entwicklung der CO2 Konzentration • SRES Szenarien: Prognose ab Jahr 2000 – Inzwischen erreicht 400 ppm (in 2015) Kapitel 6: Klimaänderung Folie 38 Entwicklung der CO2 Konzentration • RCP Szenarien: Prognose ab Jahr 2005 – Für 2014 prognostiziert 399 ppm Kapitel 6: Klimaänderung Folie 39 Auswirkungen auf den Treibhauseffekt 'direkter Effekt': Absorption terrestrischer Strahlung nimmt zu rotational - vibrational rotational from: Peixoto and Oort: Physics of Climate, Figure 6.2 Konsequenzen aus der Anwendung des Kirchhoff`schen Gesetzes und des Stefan-Boltzmann Gesetzes? Antwort: Verstärkung des Treibhauseffekts Kapitel 6: Klimaänderung Folie 40 'indirekte Effekte': Der direkte Treibhauseffekt wird modifiziert wegen ... Eis-Albedo-Rückkopplung Temperatur steigt Eis-Akkumulation-Rückkopplung Temperatur steigt Wasserdampfgehalt steigt Schnee- und Eisbedeckung an Polen und Gletschern nimmt ab und Meeresspiegel steigt globale Albedo nimmt ab erhöhte Strahlungsabsorption Temperatur steigt weiter Kapitel 6: Klimaänderung Niederschlag nimmt zu Schnee- und Eisbedeckung an Polen und Gletschern wächst globale Albedo nimmt zu geringere Strahlungsabsorption Temperatur nimmt ab Folie 41 'indirekte Effekte': Der direkte Treibhauseffekt wird modifiziert wegen ... Wasserdampf-Rückkopplung Temperatur steigt Strahlung-Wolken-Rückkopplung Temperatur steigt Verdunstung nimmt zu Wasserdampfgehalt in der Atmosphäre steigt Wasserdampfgehalt in der Atmosphäre steigt Wolkenbedeckung nimmt zu globale Albedo nimmt zu Treibhauseffekt verstärkt sich Temperatur steigt weiter Kapitel 6: Klimaänderung geringere Absorption solarer Strahlung Temperatur nimmt ab Folie 42 Alle diese (und viele weitere) Rückkopplungsmechanismen laufen gleichzeitig in der Atmosphäre ab. Was ist der Nettoeffekt bezüglich Temperatur und Niederschlag? Zur Beantwortung dieser Frage im Hinblick auf Vergangenheit und Gegenwart kann man Beobachtungsreihen heranziehen. Cottbus B = 0.21 K/Dekade R2 = 0.144 Kapitel 6: Klimaänderung Folie 43 Temperaturänderungen in Brandenburg Potsdam B = 0.19 K/Dekade R2 = 0.121 Jahresmittel linearer Trend Lindenberg B = 0.20 K/Dekade R2 = 0.125 Kapitel 6: Klimaänderung Folie 44 Temperaturtrends in Brandenburg Kapitel 6: Klimaänderung Folie 45 Annual mean temperature oC 11 Potsdam 10 9 8 7 trend 1876-2005: 0.06 K/decade 6 1875 1885 1895 1905 1915 1925 1935 1945 1955 1965 1975 1985 1995 2005 2015 2025 2035 2045 Year Kapitel 6: Klimaänderung Folie 46 Annual mean temperature oC 11 Potsdam 10 9 8 7 trend 1951-2005: 0.25 K/decade 6 1875 1885 1895 1905 1915 1925 1935 1945 1955 1965 1975 1985 1995 2005 2015 2025 2035 2045 Year Kapitel 6: Klimaänderung Folie 47 Annual mean temperature oC 11 Potsdam 10 9 8 7 trend 1976-2000: 0.50 K/decade 6 1875 1885 1895 1905 1915 1925 1935 1945 1955 1965 1975 1985 1995 2005 2015 2025 2035 2045 Year Kapitel 6: Klimaänderung Folie 48 Globale Temperaturänderungen der vergangenen 160 Jahre • Abweichung der jährlichen globalen Mitteltemperatur vom Klimamittel 1961-1990 – Vergleich von 3 kombinierten Datensätzen aus Messungen der Lufttemperatur über Landoberflächen und der Meeresoberflächen-temperatur (HadCRUT4, GISS, NCDC MLOST). Quelle: „Climate Change 2013. The Physical Science Basis“, IPCC 5th Assessment Report, WG I Kapitel 6: Klimaänderung Folie 49 Globale Temperaturänderungen der vergangenen 1000 Jahre Quelle: IPCC, 2001 • • Eine statistische Extrapolation der Gegenwart ist allenfalls näherungsweise für wenige Jahre möglich Zur Vorhersage der zukünftigen Entwicklung der Erdatmosphäre benötigt man zwingend eine Suite von Simulationsmodellen (Kohlenstoffkreislaufmodell, Klimamodell) Kapitel 6: Klimaänderung Folie 50 CO2 Szenarien und globale Erwärmung Hier liegt das derzeit diskutierte 2 Grad Ziel +9 oC seit 1850 also noch 1,1 oC „Reserve“ Emissionen müssten bis 2050 um mehr als die Hälfte reduziert werden Kapitel 6: Klimaänderung Folie 51 CO2 Szenarien und regionale Erwärmung Konsequenzen für Brandenburg (Jahresmitteltemperatur, rel. zum Mittel 1961-90) 2K 3K 2041-2070 2071-2100 1,4 K 2041-2070 2,2 K 2071-2100 Unsicherheit: ca. 0,6 K Kapitel 6: Klimaänderung Folie 52 Kohlenstoffmasse im Erdsystem (Kohlenstoffkreislauf): Atmosphäre: ca. 860 Gt C ? Photosynthese ? CO2 ist wasserlöslich Biosphäre Pedosphäre Hydrosphäre (Ozeane, Binnengewässer) ? Kryosphäre … Gt C / a Lithosphäre Zur Bestimmung des CO2-Gehalts der Atmosphäre ist die Wechselwirkung der Atmosphäre mit der Hydrosphäre und der Biosphäre zu berücksichtigen. Kapitel 6: Klimaänderung Folie 53 Zusammenfassung: Durch menschliche Aktivitäten (Energieerzeugung, Industrie, Verkehr, private Aktivitäten) wird der Atmosphäre gegenwärtig pro Jahr rund 1% der vorhandenen Kohlenstoffmasse zusätzlich hinzugefügt. Dies führt zu einer verstärkten Absorption terrestrischer Strahlung ('direkter Effekt'), was im Erdsystem über Rückkopplungsmechanismen (sog. 'indirekte Effekte' ) eine Reihe von Konsequenzen hat. Einige 'indirekte Effekte' sind qualitativ besprochen worden: Eis-Albedo-Rückkopplung, Eis-Akkumulation-Rückkopplung, Wasserdampf-Rückkopplung, Strahlung-Wolken-Rückkopplung. Aus direktem und indirekten Effekten resultiert eine Temperaturerhöhung in der Atmosphäre (Beispiel: Zeitreihe der Temperatur an der DWD-Station Cottbus 1951-2001). Mögliche Entwicklungen der Treibhausgas-Konzentrationen werden über verschiedene Emissionsszenarien vorgegeben. Ihre Auswirkung auf die globale und regionale Klimaentwicklung wird mit Klimamodellen berechnet. Stichworte zu Kapitel 5: Klimabegriff, anthropogene Modifikation des Treibhauseffekts, 'direkter' Effekt, 'indirekte' Effekte, z.B. Eis-Albedo-Rückkopplung, Eis-AkkumulationRückkopplung, Wasserdampf-Rückkopplung, Strahlung-Wolken-Rückkopplung, Analyse von Zeitreihen atmosphärischer Parameter, Treibhausgasszenarien Klimaprojektionen, Kohlenstoffkreislauf Kapitel 6: Klimaänderung Folie 54