Kaija Saariaho Cinq Reflets aus: L`amour de loin - Schulmusik

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Kaija Saariaho
Cinq Reflets aus: L‘amour de loin
(desweiteren: Gustav Mahler, Adagio aus: Sinf. Nr. 10;
Peter Eötvös, Violinkonzert Nr. 2;
Béla Bartók, „Der wunderbare Mandarin“, Suite op. 19)
Do 22. September 2016, 20 Uhr
Fr 23. September 2016, 20 Uhr
Stuttgart, Liederhalle
Sa 24. September 2016, 20 Uhr
Freiburg, Konzerthaus
Konzerteinführungen jeweils 19 Uhr
Pia Freund, Sopran; Russel Braun, Bariton;
Patricia Kopatchinskaja, Violine
SWR Symphonieorchester
Dirigent: Peter Eötvös
Erstellt von Anja Renczikowski
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Inhalt
I. Die Komponistin Kaija Saariaho
Seite 3
a) Einleitung: Kaija Saariaho - „Eine Liebe aus der Ferne“ als Auftakt zu einer großen
Werkschau
b) Von Finnland nach Paris und in die Welt
c) Zwischen Naturgeräuschen und Computerklängen
d) Cinq Reflets des L'amour de loin
II. Ausführende des Konzerts
Seite 7
a) Pia Freund, Sorpan
b) Russell Braun, Bariton
c) SWR Symphonieorchester
d) Peter Eötvös, Dirigent
III. Quellen / Wo gibt es mehr?
Seite 11
a) Weblinks
b) Hör- und Seh-Tipps
c) Literatur
IV. Unterrichtsmaterial
Seite 15
a) Ein Leben ins Stichworten
b) Daten zum Werk
c) Die Texte – Cinq Reflets de L'amour de loin
V. Material
Seite 26
a) Warum eine Oper schreiben?
b) Die literarische Vorlagen
c) Der Begriff Heimat
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I. Kaija Saariaho
I.a)
Einleitung: Kaija Saariaho - „Eine Liebe aus der Ferne“ als Auftakt zu einer großen
Werkschau
Unkonventionell und überraschend ist der Lebenslauf der finnischen Komponistin Kaija
Saariaho. Geboren wurde sie 1952 in Helsinki und erlebte als Kind die Musik auf ihre ganz
eigene Weise – ganz ohne einen musikalischen Background in der Familie. Seit über
30 Jahren lebt sie in ihrer Wahlheimat Paris. Mittlerweile zählt sie zu einer der
erfolgreichsten Komponistinnen der Gegenwart. Umfangreich ist ihr Schaffen und es ist
interessant zu sehen, wie ihr Gesamtwerk, trotz aller musikalischer Veränderungen, nie elitär
wirkt. Ihre Musik ist hörbar. Die ihr so wichtige Verbindung zwischen musikalischen und
persönlichen Belangen und eine enge Verbundenheit zu ihrem Seelenleben ist immer
spürbar. Man braucht keine „Anleitung“ um ihre Musik sinnliche zu erfahren, aufzunehmen.
Und doch sind einige Hinweise zu ihren Ideen hilfreich. Im Fokus der Saison 2016/2017 des
SWR Symphonieorchesters stehen neben Werken von Gustav Mahler ihre Kompositionen.
Zum Auftakt spielt das SWR Symphonieorchester „Cinq Reflets“, eine Art Suite, deren fünf
Szenen aus der Oper „L'amour de loin“ entnommen sind. Ihre erste Oper wurde bei den
Salzburger Festspielen im Jahr 2000 aufgeführt und machte Saariaho international noch
bekannter. Dualität und das Wandern zwischen zwei Polen sind wesentlichee Merkmale
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ihrer Musik. In den „Cinq Reflets“ sind es die Themen „Orient und Okzident“, „Heimat und
Exil“ aber auch „Traum und Wirklichkeit“.
I.b.)
Von Finnland nach Paris und in die Welt
Woher kommt das Interesse für eine bestimmte Sache? Manchmal ist die Auswahl groß und
die Entscheidung fällt langsam und mühsam, weil man sich gar nicht entscheiden kann. Dann
wieder lässt ein Mangel oder ein Zufall einen mit Dingen in Berührung kommen, die fesseln
und nie wieder loslassen. In Kaija Saariahos Familie spielte die Musik kaum eine Rolle. „Das
erste Erlebnis waren einige Schallplatten, die ich in meinem Elternhaus hörte. Aber da in
meiner Familie keine Musiker waren, handelte es sich eher um populäre Musik, die ich als
erstes wahrnahm“, erinnert sie sich. Ihr Zugang zur Musik kam aus eigener Kraft und
eigenem Interesse. Wichtig war auch ihr Umfeld – vor allem die Natur. Als sie weiter in ihren
Erinnerungen gräbt, erzählt sie: „Aber was ich wirklich als erste Erfahrung mit der Musik
bezeichnen würde, fand tatsächlich in der Natur statt. Als ich ein Kind war, habe ich viel Zeit
im Wald verbracht; ich liebte besonders den Wald nach dem Regen. Er bot ein faszinierendes
Hörerlebnis, weil alles so widerhallend und doch still war.“ Und noch eine wichtige
Inspirationsquelle gab es in frühen Jahren – das Radiohören: „Ich wurde durch unser Radio
auf die klassische Musik aufmerksam, vor allem, indem ich selbst danach gesucht und mich
kundig gemacht hatte.“ Kaija Saariaho erinnert sich auch an die ersten prägenden
Konzerterlebnisse. „Besonders in der Sommerzeit war ich oft im Konzerthaus. Ich bin nie
dorthin gebracht worden, als ich alt genug war, habe ich selbst damit angefangen, zu den
Konzerten zu gehen. Das ist aber in einem Land wie Finnland sehr jung: mit elf oder zwölf
Jahren.“ Wer jetzt denkt – das ist aber früh und sich gleich eingeschüchtert fühlt, in diesem
Alter noch keine Konzerterfahrung gemacht zu haben, sollte sich keine Sorgen machen, denn
auch Kaija Saariaho ließ sich bei allem Interesse für klassische Musik abschrecken. „Als ich
las, dass Mozart in diesem Alter bereits ein großer Komponist war, war ich ganz deprimiert.
Gleichzeitig weckte es in mir dieses übergroße Bedürfnis, als Komponistin meinen eigenen
Weg zu gehen.“ Dieser Weg war bei aller Zielstrebigkeit nicht einfach. Sie brauchte mehrere
Anläufe, bis sie sich schließlich für die Komponistinnenlaufbahn entschied – da war sie
Anfang zwanzig. Als Frau musste sie vor allem gegen männliche Überheblichkeit ankämpfen.
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Einige Lehrer wollten sie gar nicht unterrichten. „Sie dachten, ich würde sowieso in ein paar
Jahren heiraten“, erinnert sie sich. Als ihr erstes Auftragswerk vom finnischen Radio
aufgenommen wurde, begrüßten die Musiker sie nicht einmal. „Ein Cellist, den ich sehr
bewundert habe, hat sich schier kaputt gelacht, als ich ihn fragte, ob er mal ein Stück von mir
fürs Radio aufnehmen würde.“ An der Sibelius-Akademie fand sie dann aber doch Lehrer, die
sie unterrichteten und die sie unterstützten. Mit ihren Studienkollegen, darunter der
ebenfalls sehr bekannte Komponist Magnus Lindberg, gründete sie die Vereinigung
„EarsOpen!“, die nicht nur Konzerte in Kindergärten und Gefängnissen organisierte, sondern
auch viele zeitgenössische Werke und Musik des 20. Jahrhunderts nach Finnland brachte. Bis
dahin war die klassische Musikszene stark von dem finnischen „Übervater“ Jean Sibelius
geprägt. Zeitgenössische Musik gab es kaum. Vor allem ein konservativer und
postromantischer Stil prägte die Kompositionsschule in den 1970er Jahren in Finnland.
„Sibelius ist für jeden finnischen Komponisten sehr wichtig. Schon allein deshalb, weil seine
Musik so präsent ist, immer und überall.“ Bereits in den Kindergärten und Schulen werden
seine Lieder gesungen und in den Konzertsälen seine Sinfonien oftmals gespielt. Erst als sie
dann nach Freiburg und später nach Paris ging, hat sich Kaija Saariaho intensiver mit seiner
Musik beschäftigt. Sie habe zwar nie einen übermächtigen Einfluss gespürt, wie einige ihrer
Kollegen, doch war es für sie wichtig, wegzugehen und dadurch einen neuen Blick auf die
Heimat und die Musik dort zu bekommen. Aber auch die Avantgarde betrachtete sie kritisch,
denn dort gab es zu viele Regeln, Verbote. Wenn rhythmische Muster oder tonale Anklänge
vermieden werden sollten, wo war dann die Freiheit? „Die ersten Jahre in Paris lehrten
mich, dass so viele Dinge koexistieren und Leute sehr polemisch sind. Und ich lernte, dass
von mir nicht erwartet wird, immer allem zuzustimmen. Dies waren sehr wichtige
Erkenntnisse für meine eigene Identitätsbildung, weil ich fühlte, dass ich genau so existieren
kann, wie ich bin.“
I.c.)
Zwischen Naturgeräuschen und Computerklängen
Wie kann man Kaija Saariahos Musik beschreiben? Worte können immer nur ein wenig von
dem erfassen, was jeder Hörer individuell für sich hört und erlebt. Berührend, immer sehr
persönlich, doch nie mit einem intellektuellen Habitus, sondern sehr zugänglich – das
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umschreibt kurz ihre Musik. Nach ihrem Studium bei Paavo Heininen in Helsinki studiert sie
in Freiburg bei Klaus Huber und Brian Ferneyhough. Anfang der 80er Jahre begann sie in
Paris am IRCAM, dem Institut de Recherche et Coordination Acoustique/Musique, dem
Forschungsinstitut für Akustik und Musik, das sich im Centre Pompidou in Paris befindet, zu
arbeiten. Sie war eine der ersten, die in Finnland den Computer für ihre KlangfarbenAnalysen einsetzte. Gelegentlich arbeitet sie auch mit Tonbandzuspielen und liveelektronischem Equipment. (Die große Bandbreite ihrer verschiedenen Kompositionen wird
im Laufe der Werkschau beim SWR zur hören sein.) Würde man nur davon in Kenntnis
gesetzt, würde jeder wahrscheinlich eine sehr technische und sehr abstrakte Musik
erwarten. Doch beeindruckt ihre Musik durch eine große Sinnlichkeit und Emotionalität.
Einflüsse mögen ihre finnische Herkunft haben. Auch wenn sie sich unsicher sei, sich nach all
den Jahren als finnische Komponistin zu betrachten: „Auf der einen Seite bin ich mir nicht
sicher, ob ich so denken kann. Auf der anderen Seite empfinde ich mich immer noch als eine
sehr finnische Person. Selbst wenn ich über die Jahre hinweg immer sehr schüchtern war,
hat sich mein öffentliches Auftreten dort stark verändert. Da meine Musik meine Person
reflektiert, dürfte auch die Musik in dieser Art und Weise finnisch sein. Ich denke deshalb
schon, dass ich eine finnische Komponistin bin. Trotzdem hängt es natürlich von der
genaueren Definition ab. Aber der musikalische Ausdruck und der Weg, in die Tiefe zu gehen
und große Formen mit langen Zeitpannen zu bilden, das alles ist, denke ich, sehr nordisch.“
Wissenschaft, Technik und Natur sieht sie nicht als Gegensätze – sie empfindet es
keineswegs als Widerspruch, Naturgeräusche, die an Vogelgezwitscher oder Wellen
erinnern, am Computer zu erschaffen.
Ihre oft von Bildner und Lyrik inspirierte Musik, ist hoch reflektiert und entwickelt doch
einen geradezu klangmagischen Sog, in der Raum – und Zeitkoordination ausgeschaltet zu
sein scheinen. Ihre Musik „lebt“ quasi aus dem Klang heraus. Gerne weist sie darauf hin, dass
sie Klänge schon vor Beginn einer Komposition vor ihrem inneren Auge als Farben und
Texturen sieht. Manche Konzeptionen eines Werks beginnt sie mit einem Pinselstrich auf
dem Papier.
Sie sei eine disziplinierte Arbeiterin, die auch früh aufsteht und sehr
konzeptionell vorgeht: „Ich gehe beim Komponieren sozusagen vom Globalen ins Detail: Ich
stelle mir die Tempi vor, die Orchestration – und dann beginne ich mein musikalisches
Material zu entwickeln: Ich definiere die Harmonien, die Rhythmen, in welche Richtung sie
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sich entwickeln. Und dann erst beginne ich mit dem Aufschreiben. Dazu brauche ich
ausreichend Zeit – darum plane ich weit im Voraus, setze mir bestimmte Deadlines. Ich hasse
es nämlich, Stress zu haben!“
I. d.)
Cinq Reflets de L'amour de loin
Die erste Oper von Kaija Saariaho ist ein Auftragswerk der Salzburger Festspiele und wurde
am 15. August 2000 dort aufgeführt. Seitdem wurde es mehrmals an verschiedenen
renommierten Opernhäuser neu inszeniert. Die Geschichte der Oper basiert auf „La vida
breve“ des Troubadours Jaufré Rudel aus dem 12. Jahrhundert. Das Libretto für die Oper
schrieb der libanesische und heute, wie Saariaho ebenfalls in Paris lebende Schriftsteller
Amin Maalouf. Im Mittelpunkt steht eine märchenhafte wie tragische Liebe. Nur vom
Hörensagen berauscht und durch immer wieder neue Berichterstattung eines Pilgers
angeregt, verliebt sich der spätmittelalterliche Troubadour Jaufré Rudel in die Gräfin von
Tripolis namens Clémence. Immer wieder besingt er sie – ohne sie tatsächlich einmal von
Angesicht zu Angesicht gesehen zu haben - und schwärmt von ihrer Schönheit und ihren
Tugenden. Durch die Vermittlung des Pilgers erreichen die Gräfin diese wunderschönen
Lieder. Der Troubadour weiß von alledem nichts. Beide schwärmen nun – nichts ahnend von
den Träumen des anderen – voneinander. Beide haben Angst vor einer Begegnung, weil sie
befürchten, die Realität könnte ihre Träume und Sehnsüchte zerstören. Doch schließlich
überwindet sich Rudel und macht sich mit dem Pilger auf eine lange Reise nach Tripolis auf.
Auf dem Weg erkrankt er schwer. Mit letzter Kraft erreicht er die Geliebte und stirbt in ihren
Armen. Clémence geht nach dem Tod des geliebten Troubadours ins Kloster. „Die Geschichte
faszinierte mich sofort“, so Saariaho. „Sie war das, was ich suchte, ein Märchen über Liebe
und Tod, einfach und linear. Ich suchte nichts Dramatisches, nichts mit großen
Eifersuchtsausbrüchen. Und schließlich fühlte ich: Ich bin der Troubadour, der Musiker, und
ich bin die Frau, die in einer fremden Kultur lebt.“ Das Thema ließ Saariaho auch nach
Fertigstellung der Oper nicht mehr los. Zwei Jahre später, 2002, entstand als Auftrag für das
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Königliche Philharmonische Orchester in Stockholm der Liederzyklus „Cinq reflets de l'amour
de loin“ - „Fünf Spiegelungen der fernen Liebe“. Das Material dazu entnahm die Komponistin
aus fünf Szenen der Oper, doch stellt der Zyklus ein selbstständiges sinfonische Werk, als
eine Reflexion dessen, was die Vorstellungskraft der Liebe, Sehnsucht und Erfüllung ersinnt.
Im ersten Satz der „Cinq reflets“ singt die Gräfin von Tripolis von ihrer Sehnsucht. Im zweiten
Lied erzählt der Troubadour Rudel von einem Traum, in dem er die ferne Geliebte sieht und
ihre Stimme hört. „L'amour de loin“ - das dritte Lied, das den gleichen Titel wie die Oper
trägt – beinhaltet den zentralen Abschnitt der Oper. Hier trägt der Pilger für die Gräfin ein
vom Troubadour verfasstes Liebesgedicht vor. In der Liederzyklus-Fassung ist es für die
Bariton-Stimme geschrieben, wird also vom Troubadour selbst gesungen. Dort gibt es eine
Stelle, wo das Orchester inne hält und - wie die ferne Geliebte - dem Gesang lauscht. Das
vierte Lied spiegelt eine Szene des fünften und letzten Aktes der Oper. Liebe und Tod, die
zentralen Themen der Oper, treffen in jener Szene aufeinander, als beide endlich
zusammenfinden, der Troubadour jedoch in den Armen der Gräfin stirbt. Im letzten Lied
befindet sich die Gräfin im Kloster. In ihren Gebeten preist sie die höhere Macht und gesteht
immer wieder ihre Liebe, die über den Tod hinaus geht. Die höchste Form der Liebe ist der
Glaube, dass sich die Liebe erfüllt – wenn auch nicht auf Erden. Raum und Zeit – Liebe und
Tod – Zeitliches und Ewiges finden hier musikalisch zusammen – traumversponnen und in
der für Saariaho so typischen sensiblen Art, eine spezifische Klangsprache zu finden.
Bemerkenswert ist, wie die Komponistin es schafft, diesen antiquierten mittelalterlichen
Stoff zum Leben zu erwecken. Musikalisch wie inhaltlich verpackt sie Antithesen wie NäheDistanz, Leben-Tod, Diesseits-Jenseits, Ekstase-Melancholie, Traum-Wirklichkeit, Heimat-Exil,
Orient-Okzident - und damit allesamt Themen, die auch heute noch hochaktuell sind und
fast jeden betreffen. Musikalisch verpackt sie das in Harmonie-Klangfarben, die
aufgefächert, zerlegt, verwandelt, verdichtet und ausgedünnt werden. Die spezifischen
Stimmungen werden durch Mikrotonalität, schwebende Streicher- und Bläserklänge und
Naturgeräusche in Verbindung mit diatonischen Material umgesetzt. Damit charakterisiert
sie weniger eine Handlung, als dass sie vielmehr in das Seelenleben der Charaktere
vordringt, diese sichtbar macht und den Hörer daran teilhaben lässt. Das Thema Exil ist für
die in Finnland und seit langem in Paris lebende Komponistin immer wichtig gewesen. Die
Heimatverbundenheit ist, wie so oft, erst in der Ferne sichtbar. Auch die Lebensgeschichte
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des Librettisten Amin Maalouf ist eng mit dem Thema Orient-Okzident sowie Heimat und Exil
verbunden. Dass sie sich nicht irgendein Thema ausgewählt hat, sondern eines, das ihr
persönlich auch sehr nahe ist, begründet auch ihre allgemeine Haltung zum Komponieren:
„Ihre Musik ist ihr Leben und ihr Leben ist ihre Musik, das eine das andere schaffend, beides
verbunden durch sozusagen organisches Band“, so Anne Grange in einem Versuch eines
Porträts über die Komponistin.
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II. Ausführende des Konzerts
a.) Pia Freund, Sopran
Die Sopranistin Pia Freund absolvierte ihr Musikstudium am Konservatorium in Turku und
am Opernzweig der Sibelius-Akademie in Helsinki. 1991 gewann sie den Timo MustakallioWettbewerb, 1992 den Gesangswettbewerb Lappeenranta. Pia Freund hat u. a. mit dem
Barockensemble
Drottingholm
und
dem
Schottischen
Kammerorchester
zusammengearbeitet. 1996, als Solistin des Orchestre Nationale d'Ile de France, gab sie ihr
Debüt in Paris in der Salle Playel. 1998 folgte das Debüt in London als Solistin des Royal
Philharmonic Orchestra. 2003 debütierte sie in New York an der Carnegie Hall und in Leipzig
als Solistin de Gewandhaus-Orchesters. Pia Freund ist auf dem Musikfest „Prager Frühling“,
auf den Berliner Festspielen, den Festwochen Helsinki, den Musikfestspielen in Kuhmo und
Naantali und auf den Opernfestspielen Savonlinna, an der Finnischen Nationaloper, am
Theater Dortmund und an der Norrlands Operan aufgetreten. Zu den Opernrollen, die sie
gesungen hat, zählen die Micaela in „Carmen“, die Pamina in der „Zauberflöte“, Fiordiligi in
„Così fan tutte“, Mimi in „La Bohème“, Helena in Brittens „Ein Sommernachtstraum“ sowie
die Minna in Rautavaaras „Geschenk der Weisen“. Zudem ist sie als Solistin in Kaija Saariahos
Oper „L'amour de loin“ an der Finnischen Nationaloper aufgetreten. Freund hat Arbeiten
von Saariaho auch in Berlin, Paris und Stockholm aufgeführt.
b.) Russell Braun, Bariton
Der Bariton Russell Braun hat kanadisch-deutsche Wurzeln und wurde 1965 in
Frankfurt a. M. geboren. Er lebte bis zu seinem 17. Lebensjahr in Deutschland, studierte
dann Klavier bei John Coveart am Royal Conservatory of Music in Toronto und später Gesang
bei Patricia Kern an der University of Toronto. Seine Laufbahn hat ihn an die größten
Opernhäuser der Welt geführt, wie beispielsweise die Metropolitan Opera New York, die
Lyric Opera of Chicago und die Opéra de Paris sowie zu den Salzburger Festspielen, wo er
Partien wie Papageno und Eugen Onegin gestaltet hat. Mit seinen intelligenten und
durchdachten Porträts von Chou En-lai in John Adams Oper „Nixon in China“ oder als Billy
Budd in Brittens gleichnamiger Oper oder als Prinz Bolkonsky in Prokofjews „Krieg und
Frieden“, aber auch als Pagageno in Mozarts „Zauberflöte“ und als Figaro in Rossinis „Barbier
von Sevilla“ fesselt er sein Publikum. Russell Braun lebt in der Nähe von Toronto.
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c.) SWR Symphonieorchester
Die Zusammenführung des Radio-Sinfonieorchesters Stuttgart des SWR und des SWR
Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg zum SWR Symphonieorchester dürfte einer
der ambitioniertesten Fusionsprozesse in der jüngeren Geschichte der ARD gewesen sein.
Anders gesagt: Das Orchester ist neu, aber es hat bereits Geschichte geschrieben. Zwei
bedeutende Traditionslinien und 70 Jahre an gelebter Erfahrung kommen überein. Mit der
selbstverständlichen
Aufgabe,
nämlich
die
Programme
der
neugeordneten
Rundfunklandschaft im deutschen Südwesten mit Musik zu versorgen, begann es 1946.
Schon damals formten profilierte Chefdirigenten ihre jungen Orchester – in Baden-Baden
war es der weltläufige Hans Rosbaud, in Stuttgart der gewissenhafte Hans Müller-Kray, der
sich dabei gerne von Carl Schuricht unterstützen ließ. Von Anfang an stand der öffentlichrechtliche Auftrag im Zentrum, was neben der Pflege des Standardrepertoires die
experimentellen Aspekte mit einschloss oder, um es etwas anders auf den Punkt zu bringen:
die stete Verlebendigung des Überlieferten, des noch zu Entdeckenden und der Neuen
Musik! Im natürlichen Wandel dieser Bedürfnisse haben sich beide Orchester entwickelt,
wobei in Stuttgart und Baden-Baden (später Freiburg) durchaus unterschiedliche Akzente
gesetzt wurden. Nach der Gründergeneration am Chefdirigentenpult kamen neue Kräfte: in
Baden-Baden bzw. Freiburg Ernest Bour, Michael Gielen, Sylvain Cambreling und zuletzt
François-Xavier Roth. In Stuttgart hießen diese Leitfiguren, von denen jede für ein Programm
steht, dann Neville Marriner, Sergiu Celibidache, Georges Prêtre, Sir Roger Norrington und
Stéphane Denève. Neben diesen institutionalisierten Chefs kamen noch bedeutende
Gastdirigenten hinzu. Sie zu nennen, liefe partiell auf ein »Who is Who« der Branche hinaus.
Seit der Fusion von SDR und SWF zum SWR standen die beiden großen Sinfonieorchester
bereits unter einer Dachorganisation als zwei sinfonische Kollektive, die sich idealtypisch
ergänzten. Die Geschichte geht weiter, sie hat gerade erst begonnen.
d.) Peter Eötvös, Dirigent
Peter Eötvös ist einer der bedeutendsten Dirigenten des 20. Jahrhunderts, der regelmäßig
die besten Orchester sowohl in Europa als auch in Amerika und in Japan dirigiert. Er wurde
1944 in Székelyudvarhely (Transsylvanien) geboren. Mit 14 Jahren nahm ihn Zoltán Kodály
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an die Budapester Musikakademie (Komposition) auf, wo er auch sein Studium abschloss.
Seine musikalische Entwicklung wurde von Pál Kardos, János Viski, Albert Simon, György
Kurtág, Béla Bartók, Pierre Boulez, Karlheinz Stockhausen und Miles Davis beeinflusst.
Vom DAAD erhielt er 1966 ein Stipendium für die Kölner Musikhochschule (Dirigieren).
Zwischen 1968 und 1976 spielte er Klavier, Schlagzeug und eigene Live-ElektronikInstrumente zusammen mit dem Stockhausen-Ensemble. Von 1971 bis 1978 arbeitete er
beim elektronischen Studio des Westdeutschen Rundfunks in Köln. Während dieser Zeit
wurde Eötvös als Komponist und Dirigent bekannt. 1978 leitete er auf Einladung von Pierre
Boulez das Konzert anlässlich der Eröffnung des IRCAM und wurde in der Folge zum
musikalischen Leiter des Ensembles InterContemporain (1979-91) berufen. Seit seinem
PROMS Debut, 1980, hatte er regelmäßige Auftritte in London. Von 1985 bis 1988 war er
Principal Guest Dirigent des BBC Sinfonieorchesters. Von 1992 bis 1995 wurde er zum First
Guest Dirigenten des Budapester Festival Orchesters und 1994 zum Chefdirigenten des
Radio Chamber Orchestra Hilversum ernannt. 1991 gründete er das Internationale Peter
Eötvös Institut für junge Dirigenten und Komponisten. Von 1992 bis 1998 war er Professor
für Neue Musik an der Musikhochschule Karlsruhe, seit 1998 ist er Professor an der Kölner
Musikhochschule. Peter Eötvös erhielt zahlreiche Preise, u. a. den "Officier de l’ordre des
l’arts et des Lettres" und den Bartók-Preis.
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III. Quellen
Wo gibt es mehr?
a.) Weblinks:
Nähere Informationen zu Kaija Saariaho sind im Internet auf der Seite http://saariaho.org/
zu finden. Hier gibt es Fotos, eine ausführliche Biografie und Informationen zu ihren Werken,
u. a zu „Cinq Reflets de L'amour de loin“:
http://saariaho.org/works/cinq-reflets/
Informationen zu „Cinq Reflets de L'amour de loin“ gibt es auch auf der Verlagsseite von
Sikorski: http://www.sikorski.de/3077/de/kaija_saariaho_l_amour_de_loin.html
Die Botschaft von Finnland in Berlin hat eine sehr informative Seite im Internet mit einigen
Informationen zum finnischen Musikleben. Neben Hinweisen zur klassischen Musik, gibt es
auch Informationen zur Jazz-Szene, dem finnischen Tango und Electro-Pop und Heavy Metal
Musik.
www.finnland.de/public/default.aspx?nodeid=40381
Im Dezember 2016 wird es in verschiedenen Kinos eine Live-Übertragung der Oper „L'amour
de loin“ aus der Metropolitan Opera in New York geben:
https://www.cinemaxx.de/Programm/Film/MET-Saariaho-LAMOUR-DE-LOIN/23488
b.) Hör- und Seh-Tipps:
Von „Cinq Reflets de L'amour de loin“ ist eine Aufnahme mit dem Finnish Radio Symphony
Orchestra unter der Leitung von Jukka-Pekka Saraste beim Label Ondine (ODE 1049-2)
erschienen. Solistin ist neben dem Bariton Gabriel Suovanen, die Sopranistin Pia Freund, die
auch beim Konzert mit dem SWR Symphonieorchester singen wird.
Bei Ondine ist auch ein Schuber mit vier CDs mit den Orchesterwerken Kaija Saariahos
erschienen: Ondine (ODE 1113-2Q)
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Auf Youtube gibt es auch einen Mitschnitt zu hören:
https://www.youtube.com/watch?v=X-ii041ZGyQ
Für diejenigen, die sich weiter mit der Geschichte um die Liebenden, die Geschichte des
Troubadours und der Comtesse Clémence interessieren und vielleicht auch die Oper einmal
sehen wollen: Bei der Deutschen Grammophon ist eine DVD mit einer Aufzeichnung von
„L'amour de loin“
erschienen. Das Finnish National Opera Orchestra und der Finnish
National Opera Chorus agiert unter der Leitung von Esa-Pekka Salonen. Solisten sind Dawn
Upshaw, Monica Groop und Gerald Finley. Die Inszenierung ist von Peter Sellars.
Deutsche Grammophon B0004721-09
c.) Literatur:
Woher? Wohin?: Die Komponistin Kaija Saariaho (Schott Music GmbH & Co. KG 2007) heißt
der Titel des in der Edition neue zeitschrift für musik herausgegebenen Büchlein. Der
Herausgeber Hans-Klaus Jungheinrich versammelt Beiträge eines Symposiums im Rahmen
von „Auftakt 2006“ der Alten Oper Frankfurt a. M.
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IV. Unterrichtsmaterial
a.) Ein Leben in Stichworten
Kaija Saariaho
14.10.1952: geboren in Helsinki als Tochter des Industrierats Launo Laakkonen und seiner
Frau Tuovi. Sie erhält früh Orgel- und Klavierunterricht.
1960er Jahre: Sie beginnt Konzerte in Helsinki zu besuchen – ihr ganz „persönliches
Abenteuer“. Saariaho versucht alle mögliche Musik zu hören. Oft spricht sie später in
Gesprächen von einer fehlenden kulturellen Prägung bzw. Erfahrung.
1972: Abitur. Danach beginnt sie Malerei und Zeichnen an der Kunstgewerblichen
Hochschule in Helsinki zu studieren; gleichzeitig studiert sie Musikwissenschaft an der
Universität. Zu dieser Zeit komponiert sie erste Lieder.
1972: Heirat mit Architekten Markku Saariaho. Ein Jahr später trennt sich das Paar.
1976-1980: Saariaho studiert an der Sibelius-Akademie in Helsinki unter Leitung von Paavo
Heininen. Der Vater steht nicht hinter ihrer Entscheidung, er betrachtet ihr Leben als
„ruiniert“.
1980-1982: Sie nimmt an den Sommerkursen für Neue Musik in Darmstadt teil. Dort lernt sie
Brian Ferneyhough kennen und setzt 1981-82 ihr Studium bei ihm und Klaus Huber in
Freiburg fort.
1982: Zum ersten Mal nimmt sie an Kursen für Computermusik am IRCAM in Paris teil. Seit
dieser Zeit ist der Computer ein grundlegendes Element ihrer Kompositionstechnik. Außer
am IRCAM-Studio arbeitet sie u. a. auch im Experimentalstudio des Finnischen Rundfunks, im
Studio EMS in Stockholm und im Studio des Südwestrundfunks in Freiburg i. Br.
Seit 1982: Sie lebt als freie Künstlerin in Paris. Sie interessiert sich für die französische
Spektralmusik. Tristan Murail und Gérard Grisey gehören zu den Vertretern, die auch Spuren
in ihrem Oeuvre hinterlassen. Die Spannung zwischen Klang und Geräuschen fasziniert sie.
1983: Diplom für Komposition an der Sibelius-Akademie.
Saariaho studiert Komposition bei Paavo Heininen an der Sieblius Akademie in Helsinki und
der Musikhochschule Freiburg bei Brian Ferneyhough und Klaus Huber sowie am Institut für
Elektronische Musik IRCAM in Paris.
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1984: Heirat mit Jean-Baptiste Barrière. Sie komponiert „Verblendungen“ - ein Wechselspiel
zwischen Orchester und Tonband.
1986: Kranichsteiner Musikpreis der Darmstädter Ferienkurse
1988: Mit ihrem radiophonischen Werk „Stilleben“ gewinnt sie den Prix Italie.
1989: Ars Electronica Preis für „Stilleben“ und „Io“. Sie komponiert „Du Cristal“
1990: „...á la Fumée“ unter Verwendung von Live-Elektronik
1995: Gidon Kremer spielt ihr Violinkonzert bei den BBC Proms.
1996: Der Zyklus Chateau de l'ame mit der Sopranistin Dawn Upshaw wird bei den
Salzburger Festspielen aufgeführt.
15. August 2000: Uraufführung ihrer Oper „L'amour du loin“. Danach übernehmen das
Stadttheater Bern und die Santa Fé Opera das Werk.
2002: Zum 50. Geburtstag werden ihre Werke zahlreich aufgeführt.
7. November 2002: UA von „Cinq Reflets“ für Sopran, Bariton und Orchester bei dem
Komponisten-Festival im Stockholmer Konserthuset. Daneben steht auch ihr frühes
Orchesterstück „Du Cristal“ auf dem Programm.
9. November 2002: UA „Tag des Jahres“ in Helsinki. Auftraggeber ist der Tapiola Chamber
Choir. Das Werk ist für a capella-Chor und Elektronik geschrieben und basiert auf Gedichten
von Friedrich Hölderlin.
2003: Im Januar wird ihre Orchesterkomposition „Orion“ mit dem Cleveland Orchestra unter
Franz Welser-Möst uraufgeführt. Für die Sopranistin Karita Mattila schreibt sie den LiederZyklus „Quatre instants“, der am Pariser Théatre du Chatelet am 2. April uraufgeführt wird.
Auch hier schreibt Amin Maalouf, der schon das Libretto von „L'amour du loin“ und den Text
zu den „Cinz Reflets“ geschrieben hatte, den Text.
16. September 2004: Esa-Pekka Salonen leitet die finnische Erstaufführung von „L'amour du
loin“ in Helsinki. Auch „Orion“ wird erstmals in Finnland aufgeführt.
2005: Im März deutsche Erstaufführung am Theater Freiburg mit Musik von Kaija Saariaho
(„Die Grammatik der Träume“) in der Instalation und Präsentation von ihrem Ehemann, Jean
Baptiste Barrière.
2006: Uraufführung der Oper „Adriana Mater“ an der Operá Bastille in Paris.
2007: Im Februar wird in Boston „Notes of Light“ uraufgeführt. Im Juli folgt die englische
Erstaufführung von „La Passion de Simone“ im Londoner Barbican Centre. Im August wird es
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in Stockholm und Helsinki gezeigt. Später übernimmt es noch das Los Angeles Philharmonic
Orchestra.
1. März 2010: Uraufführung ihrer dritten Oper „Émilie“ an der Opéra de Lyon unter Leitung
von Kazushi Ono und in der Regie von Francois Girard. Das Libretto schrieb wieder Amin
Maalouf.
2012: Zum 60. Geburtstag der Komponistin gibt es am 14. Oktober ein Festkonzert des
Finnish Radio Symphony Orchestra in Helsinki.
b.) Daten zum Werk
Kaija Saariaho: Cinq Reflets de L'amour de loin (2002)
Uraufführung:
7. November 2002 beim jährlichen Komponisten-Festival in Stockholms Konserthuset mit
dem Königlich Philharmonischen Orchester.
Textdichter: Die Texte stammen von Amin Maalouf, der auch das Libretto zu „L'amour de
loin“ schrieb.
Widmung: Kaija Saariaho widmet dieses Stück dem finnischen Dirigenten Esa-Pekka Salonen,
der die Salzburger Uraufführung ihrer Oper „L'amour de loin“ leitete.
Besetzung
Orchester: 4 Flöten, 3 Oboen, 3 Klarinetten, 3 Fagotte, 4 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen,
Tuba, Schlagzeug, Pauke, 2 Harfen, Klavier, Streicher
Gesang: Sopran und Bariton
Dauer: ca. 30 Minuten
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c.) Cinq Reflets de L'amour de loin
Texte: Amin Maalouf
I. Outremer
I: Two Shores
Sorpano:
Soprano :
Tant de gens qui rêvent de venir en Orient,
So many people dream of coming to the East,
Et moi qui rêve d’en partir.
And I dream of leaving it.
A l’âge de cinq ans j’ai quitté Toulouse,
At the age of five I left Toulouse,
Et depuis, rien ne m’a consolée.
And since then nothing has consoled me.
Chaque bateau qui accoste
Each ship that arrives
me rappelle mon propre exil,
Reminds me of my own exile.
Chaque bateau qui s’éloigne
Each ship that leaves
me donne le sentiment d’avoir été abandonnée
Makes me feel I have been abandoned
J’ai les pieds dans les herbes d’ici,
I stand here in the grass, but my thoughts stray
mais toutes mes pensées gambadent
To distant fields.
dans des herbes lointaines.
We both dream of crossing the sea,
Nous rêvons d’outremer l’un et l’autre,
But your destination is here, Pilgrim,
mais votre outremer est ici, et le mien est la-bàs. and mine is over there.
Mon outremer à moi est du côte de
My destination is near Toulouse,
Toulouse où résonnent toujours les appels
Which bears the image of
de ma mère et mes rires d’enfant.
My mother's voice and my childish smiles.
Je me souviens encore d’avoir couru pieds
I still remember how I ran barefoot
nus dans un chemin de pierre à la poursuite d’un Along a stony track chasing a cat.
chat.
The cat was young, and is perhaps still alive, and
Le chat était jeune, il est peut-être encore en vie,
remembers me.
et se souvient de moi.
No, it must be dead, or has certainly forgotten
Non, il doit être mort, ou bien il m’a oubliée,
me,
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comme m’ont oubliée les pierres du chemin.
As the stones in the road have forgotten me.
Je me souviens encore de mon enfance
I remember my childhood still,
mais rien dans le monde de mon enfance
But nothing in the world of my childhood
Remembers me.
ne se souvient de moi.
Le pays où je suis née respire encore en moi,
mais pour lui je suis morte.
Que je serais heureuse si un seul muret,
si un seule arbre, se rappelait de moi.
The land where I was born still breathes in me,
But for it I am dead.
How happy I would be if a single wall,
A single tree, remembered me.
II. Songe
II. Dream
Baryton:
Baritone:
Je l’ai vue, je l’ai vue comme je te vois!
I have seen her, I have seen her as I see you!
Elle était ici, et son corps et son
She was here, and her body and her face and her
visage et sa robe blanche illuminaient la nuit.
white dress lit up the night.
Elle chantait une chanson que j’ai écrite pour
elle.
She sang a song that I had written for her.
Soprano :
Ton amour occupe mon esprit
Dans la veille et dans la songe
Mais c’est le songe que je préfère
Soprano:
Your love fills my mind
Waking and dreaming,
But it's dreaming that I prefer,
Because in dreams you're mine!
Car dans le songe tu m’appartiens!
Baryton :
... Car dans le songe tu m’appartiens
Soprano :
... D’aquest amor suy cossiros
Vellan e pueys somphan dormen,
Quar lai ay joy meravelhos,
Baritone:
…Because in dreams you're mine!
Soprano:
…Your love fills my mind
Waking and dreaming,
But it's dreaming that I prefer,
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Per qu’ieu la jau jauzitz jauzen…
Because in dreams you're mine!
Baryton :
Baritone:
Lorsque je l’ai regardée dans le yeux,
When I looked into her eyes she smiled,
elle a souri et m’a fait signe de la suivre.
And made a sign for me to follow her.
Puis elle est partie, d’un pas de reine,
Then she moved away, with the footsteps of a
queen,
sa robe traînant derrière elle,
comme tu l’avais vue la première fois,
à Tripoli, le dimanche de Pâques.
Her dress trailing behind her,
As you saw her that first time in Tripoli,
on Easter Sunday
Je l’ai suivie mais soudain je l’ai vue s’éloigner
du bateau et marcher sur la mer
comme Notre Seigneur, sans qu’elle ne
s’enfonce.
I followed her, but suddenly I saw her leave
The ship and walk on the sea
Like Our Lord, without sinking.
Then she turned towards me
Elle s’est tournée alors vers moi,
And opened her arms,
elle a ouvert les bras
But I dared not go to her.
mais je n’ai pas osé m’avancer vers elle.
I remained clinging to the rail
Je suis resté accroché au bastingage
Without daring to join her,
sans oser la rejoindre et je pleuraus de honte
And I wept with shame for my cowardice.
pour ma couardise.
When I awoke, my eyes were filled with tears
Au réveil, j’avais les yeux pleins de larmes
And she was gone.
et elle avait disparu.
I am afraid, I am afraid.
J’ai peur, j’ai peur.
I am afraid of not finding her,
J’ai peur de ne pas la retrouver
And I'm afraid of finding her.
et j’ai peur de la retrouver,
I am afraid of being lost at sea
et j’ai peur de disparaître en mer
Before reaching Tripoli,
avant d’avoir atteint Tripoli,
And I am afraid of reaching Tripoli.
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et j’ai peur d’atteindre Tripoli...
I am afraid of dying, and I am afraid of living.
J’ai peur de mourir, et j’ai peur de vivre,
Do you understand me?
me comprends-tu?
III. L'amour de loin
III. O Distant Love
Baryton :
Baritone:
Jamais d’amour je ne jouirai
Never shall I delight in love
Si je ne jouis de cet amour de loin
If I delight not in this distant love,
Car plus noble et meilleure je ne connais
For a nobler nor a better love I know not of
En aucun lieu ni près ni loin
Wheresoever, neither near, nor far.
Sa valeur est si grande et si vraie
Its worth so great is, and so true,
Que là-bas, au royaume des Sarrasins
That over there, in the kingdom of the Saracens,
Pour elle, je voudrais être captif.
For her sake, I would a captive be.
Je tiens Notre Seigneur pour vrai Par qui je verrai I hold faith with Our Lord That by his grace I shall
l’amour de loin
see my distant love.
Mais pour un bien qui m’en échoit
Yet through this one piece of fortune
J’ai deux maux, car elle est si loin.
My ills are doubled, since she is so far away.
Ah que je voudrais être là-bas en pèlerin
Ah, that I were there, a pilgrim,
Afin que mon bâton et mon esclavine
So that my staff and my robe
Soient comtemplés par ses yeux si beaux.
Could fall beneath the gaze of her beautiful eyes.
Il dit vrai celui qui me dit avide
He who calls me greedy speaks aright
Et désirant l’amour de loin
For wishing for a distant love,
Car aucune joie ne me plairait autant
For no joy would please me as much
Que de jouir de cet amour de loin
As to delight in this distant love,
Mais ce que je veux m’est dénié
But what I wish for is denied me.
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Ainsi m’a doté mon parrain
Such was my godfather's decree,
Que j’aime et ne suis pas aimé...
That I should love and be not loved…
IV. Si la mort pouvait attendre
IV. If Death could wait
Soprano :
Soprano:
Il est une chose
There is something
que je pensais garder longtemps en moi,
I thought to keep long hidden within me,
Mais si je ne la disais pas aujourd’hui même,#
But if I do not tell it this very day,
je crains de ne plus jamais pouvoir vous la dire.
I fear I shall never be able to say it.
Vos chansons, je me les récitais le soir,
Your songs, I speak them at night,
toute seule, dans ma chambre,
all alone, in my room,
Et je pleurais de bonheur.
And I weep with happiness.
Baryton :
Baritone:
Si mes chansons étaient belles,
If my songs were beautiful,
c’est parce que mon amour était pur,
It is because my love was pure,
And because the object of my love is so
beautiful. But you are still a thousand times more
Mais vous êtes encore mille fois plus rayonnante radiant
et parce que l’objet de mon amour est si beau.
et mille fois plus douce
And more gentle than I imagined.
que je ne l’imaginais. Si j’avais pu vous
contempler,
If I had gazed on you,
j’aurais trouvé des paroles bien plus belles
et une musique qui pénètre l’âme.
Et je vous aurais aimée encore davantage.
I would have found words much more beautiful,
And a music that entered the soul.
And I would have loved you even more.
Soprano :
Moi aussi, si nous étions rencontrés,
je vous aurais aimé.
Baryton :
Soprano:
I too, if we had met,
Would have loved you.
Baritone:
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Autant que je vous aime?
As much as I love you?
Soprano :
Soprano:
Autant que vous m’aimez.
As much as you love me.
Baryton :
Baritone: You could have said, I love you, Jaufré?
Vous auriez pu dire, je vous aime, Jaufré?
Soprano:
Soprano : J’aurais pu dire je vous aime, Jaufré.
I could have said it, yes; I love you, Jaufré.
Baryton :
Baritone:
Seigneur, pardonnez-moi,
Lord, forgive me, I want to live again!
j’ai de nouveau envie de vivre!
If Heaven were to cure me,
Si jamais le Ciel me guérissait.
Would you take me by the hand
Me prendais-tu par la main
And lead me to your chamber?
pour me conduire jusqu’à ta chambre?
Soprano :
Soprano:
Oui, Jaufré, si le Ciel dans sa bonté
voulait vien te guérir, je te prendrais par la main
Yes, Jaufré, if Heaven in its goodness really
Wanted to cure you, I would take you by the
hand
pour te conduire jusqu’à ma chambre.
And lead you to my chamber.
Baryton :
Baritone:
Et je m’étendrais près de toi?
And I would lie next to you?
Soprano :
Soprano:
Et tu t‘étendrais près de moi...
And you would lie next to me…
Baryton :
Baritone:
Et tu poserais la tête sur mon épaule?
And you would rest your head on my shoulder?
Soprano :
Soprano:
Ma tête sur ton épaule...
My head upon your shoulder…
Baryton :
Baritone:
Ton visage tourné vers le mien, tes lèvres près
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des miennes...
Soprano :
Mes lèvres près des tiennes...
Baryton :
En cet instant, j’ai tout ce que je désire. Que
demander encore à la vie?
Your face turned to mine, your lips close to
mine…
Soprano:
My lips close to yours…
Baritone:
In this instant, I have all I wish. Why ask life for
more?
V. Vers toi qui es si loin
V. Towards you so far away
Soprano :
Soprano:
Si tu t’appelles amour je n’adore que toi,
Seigneur,
If you are called Love I adore only you, Lord,
Si tu t’appelles Bonté je n’adore que toi,
If you are called Goodness I adore only you,
If you are called Pardon I adore only you, Lord,
Si tu t’appelles Pardon je n’adore que toi,
Seigneur,
If you are called Passion, I adore only you.
Si tu t’appelles Passion, je n’adore que toi.
My prayer rises to you
Ma prière s’élève vers toi
so far from me now,
qui es si loin de moi maintenant,
Towards you so far away.
Vers toi qui es si loin
Forgive me for having doubted your love,
Pardonne-moi d’avoir douté de ton amour,
Forgive me for having doubted you!
Pardonne-moi d’avoir douté de toi!
You who gave your life for me,
Toi qui as donné ta vie pour moi,
Forgive me for having remained so distant.
Pardonne-moi d’être restée si lointaine.
A précent c’est toi qui es loin,
Now that it is you who are distant,
Es-tu encore là pour écouter ma prière?
Are you still there to hear my prayer?
A précent c’est toi qui es loin,
Now that it is you who are distant,
A précent c’est toi l’amour de loin,
Now you are the distant love,
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Seigneur, Seigneur, c’est toi l’amour.
Lord, Lord, you are love,
C’est toi l’amour de loin...
You are the distant love…
French libretto by Amin Maalouf © 2002 Amin
Maalouf All Rights Reserved. English translation
by George Hall © Copyright 2002 Amin Maalouf
All Rights Reserved. Exclusively licensed to and
reproduced by kind permission of Chester Music
Limited.
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V. Material
a.) Warum eine Oper schreiben?
Im Booklet zur DVD mit einem Mitschnitt der Oper „L'amour de loin“ gibt Kaija Saariaho
Auskunft darüber, was sie an diesem Stoff fasziniert hat und wie es die Gattung der Oper ihr
musikalisch ermöglicht, den größten Geheimnissen und Rätseln der menschlichen Existenz
auf den Grund zu gehen:
Warum eine Oper – warum diese Geschichte?
„L'amour de loin“ entstand relativ schnell: ich braucht nur 18 Monate, um die Partitur zu
schreiben. Ein Großteil des Materials ging aus einer langen Arbeitsperiode mit Reflexionen
und Vorbereitungen hervor, während der ich versucht habe, für mich zu klären, was die Oper
für mich bedeutet und was ich mit dieser Gattung kommunizieren kann. Während dieser
prägenden Jahre gab es viele Fragen rund um die Aspekte der Komposition, beispielsweise
wie man einen nahtlose Beziehung zwischen Text und Musik herstellen kann und wie ich
möglichst effektiv die Hauptcharaktere musikalisch gestalten kann.
Die Oper ist eine besondere Gattung innerhalb einer abstrakten Form der Musik, denn im
besten Fall, reflektiert sie mit den dargelegten Ereignissen unser eigenes Leben.
Überzeugende und anrührende Charaktere werfen ein neues Licht auf unser Dasein. Liebe
und Tod, Themen, die die Menschen im Innersten treffen, stehen daher auch in der Oper im
Vordergrund. Mein Ziel war es, mich auf diese starken Themen zu konzentrieren, die Gefühle
musikalisch ausloten, die sie hervorrufen und über die Musik ihrem unbekannten Reich
näherkommen. In der Oper geht es weniger um eine äußere Handlung, als vielmehr um die
Spannung, die sich aus dem Inneren, dem Seelenleben der Protagonisten ergibt.
Nachdem ich mein Text für die Oper gewählt hatte, hatte ich mich - wie so viele um mich
herum - gefragt: „Warum L'amour de loin?“ Hinter der bekannten Schönheit der Geschichte,
die mich anfänglich interessierte, fühlte ich während der Zeit der Komposition eine langsam
wachsende Affinität zu allen drei Charakteren der Oper: Ich sah mich selbst als Komponistin,
als Jaufré und ich sah mich als Frau, die im Exil lebt wie Clémence und ich wollte beide
zusammenbringen, so wie es der Pilger tut. Der Pilger ist das Schicksal, das beider Leben
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zusammenbringt und genauso wollte ich mein Leben als Komponistin und als Frau
zusammenbringen.“
Auszug aus dem Booklettext der DVD:
„L'amour de loin“ / Deutsche Grammophon
Übersetzung Anja Renczikowski
b.) Die literarische Vorlage
Jaufré Rudel stirbt in den Armen der Gräfin von Tripoli (MS der Bibliothèque Nationale)
Wer war Jaufré Rudel?
Jaufré Rudel war ein südfranzösischer Troubadour adeliger Herkunft. Was über seine
Lebensgeschichte erzählt wurde, ist fast ausschließlich Fiktion. So soll er eine romantische
„Fernliebe“ (amour de lonh) zu einer Gräfin von Tripolis Melisande verfallen gewesen sein.
Ihretwegen begab er sich auf einen Kreuzzug ins Heilige Land. Noch auf der Reise auf dem
Meer erkrankte er und starb kurz nach seiner Ankunft in Tripolis in den Armen der von ihm
Angebeteten. Die Gräfin habe aus Gram und Trauer noch am gleichen Tag den WitwenSchleier genommen und sei in ein Kloster eingetreten. Es wird angenommen, dass mit der
„Gräfin von Tripolis“ Melisande, die Tochter des Grafen Raimond II. von Tripolis, gemeint
war. Sechs seiner Troubadour-Lieder sind überliefert, vier davon mit einer Melodie.
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Der Textdichter Amin Maalouf
Amin Maalouf, 1949 im Libanon geboren, lebt seit 1976 in Frankreich, wo er als Journalist
und Schriftsteller arbeitet. Maalouf war Direktor der großen Wochenzeitschrift „An Nahar
International“ und des Magazins „Jeune Afrique“. Amin Maalouf entstammt dem
bedeutenden arabischen Stamm der Maalouf. Er ist im Libanon aufgewachsen und
emigrierte zu Beginn des libanesischen Bürgerkrieges 1976 nach Paris, wo er seitdem lebt.
Seine Romane beschäftigen sich häufig mit historischen Themen. 1993 erhielt er für seinen
Roman „Der Felsen des Tanios“ den Prix Goncourt. Zentrales Thema ist das
Aufeinandertreffen verschiedener Religionen und Ethnien, wie etwa von Drusen und
Christen im Libanon Mitte des 19. Jahrhunderts. In „Der Felsen des Tanios“ geraten die
heterogenen Gruppen des Landes in die imperialen Rivalitäten Englands und Frankreichs um
die Levante (siehe auch Geschichte des Libanon). In seinem Buch „Les croisades vues par les
Arabes“ (deutsch unter dem etwas reißerischen Titel „Der heilige Krieg der Barbaren“
publiziert) versucht Maalouf, die Kreuzzüge aus Sicht der Araber zu beschreiben. Das Buch ist
kein Roman, sondern ein Sachbuch, das auf Recherchen in zeitgenössischen arabischen
Quellen basiert, und für den europäischen Leser ein völlig neues Licht auf die damaligen
Ereignisse wirft. Vor allem hilft es zu verstehen, warum Al-Qaida so wirkungsvoll zum Kampf
gegen die "Kreuzritter" aufrufen kann. Hierbei handelt es sich nicht wie bei Francesco
Gabrieli [1] um eine Quellensammlung, sondern um Sekundärliteratur, die zwar
Quellennachweise bietet, aber nicht in Form von Fußnoten. Sein Roman „Die Häfen der
Levante“ erzählt die Biographie eines im Libanon geborenen Mannes armenisch-türkischer
Abstammung, der nach Frankreich emigriert und in der Résistance kämpft, sich in eine
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jüdische Frau aus Österreich verliebt, die nach Palästina auswandert. Später kehrt er in den
Libanon zurück und wird dort Zeuge und Opfer des Nahost-Konfliktes. Dieser Roman wurde
auch in einem TV-Feature des Bayerischen Rundfunks vorgestellt. Sein Roman „Die Spur des
Patriarchen“ erzählt die Geschichte einer Familie, eigentlich nicht die Geschichte der
hochangesehenen Familie Maalouf, sondern die Geschichte der Nachforschungen des
Enkels, der alle Aussagen mit Briefen, Tagebüchern und weiteren schriftlichen Dokumenten
belegt. Geschickt gelingt es, die Vielschichtigkeit verschiedener Personen der Generation des
Großvaters aufzuzeigen, ohne dass der Autor urteilt oder gar verurteilt. So wird an manchen
Stelle eine persönliche Familiengeschichte transparent. Dahinter erscheinen dann aber
allgemeine menschliche Fragen und Grundmuster der libanesischen Gesellschaft. Besonders
diskussionswürdig und bemerkenswert ist das vernichtende Fazit über den Einfluss der
Religion, das die Großmutter am Ende des Buches zieht: Wenn die Religion in einer Familie
fehle, sei es eine Tragödie, aber wo zu viel Religion sei, sei es nicht besser. Der historische
Roman „Leo Africanus“ handelt von einem gelehrten Muslim, der in die Hände der Christen
fällt und als Sklave an den päpstlichen Hof kommt. Die Hauptfigur des Romans ist einer
historischen Person (frühes 16. Jahrhundert) entlehnt.
c.) Der Begriff „Heimat“ bei Amin Maalouf und Kaija Saariaho.
Amin Maalouf hat sich immer wieder mit den Themen Wurzeln, Heimat und Fremde
beschäftigt. Am Beginn seiner Familienchronik erklärt Amin Maalouf, warum „er Wurzeln
nicht mag“.
„Wurzeln graben sich in die Erde, ziehen sich durch den Morast, entfalten sich in der
Finsternis; sie halten den Baum von Anfang an fest und umsorgen ihn auf Kosten einer
Erpressung: „Wenn du dich losreißt, wirst du sterben!“ Der Baum muss sich fügen, er
braucht seine Wurzeln; der nicht. Wir atmen Licht, wir strecken uns nach dem Himmel, und
wenn wir in die Erde sinken, verwesen wir. Der Saft der Heimaterde steigt nicht durch
unsere Füße nach oben, unsere Füße dienen uns einzig zum Gehen. Für uns zählen die Wege.
(…) Sie geben uns Hoffnung, sie tragen uns, sie bringen uns voran, schließlich verlassen wir
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sie. Wir sterben also, wie wir geboren wurden, am Rande eines Weges, den wir nicht
ausgesucht haben.“
In: Wolfgang Sandner: Die Kraft der Litanei. Über Kaija Saariahos erste Oper „L'amour de
loin“, in: Woher? Wohin? Die Komponistin Kaija Saariaho, hr. Von Hans-Klasu Jungheinrich,
Mainz 2007, S. 49.
Kaija Saariaho über ihre Heimat:
„Ich lebte bis zum Alter von 26 Jahren in Finnland. Und obwohl ich seit zwanzig Jahren in
Paris wohne, bin ich Finnin. Wenn ich an Finnland denke, erinnere ich mich an wunderbare
Veränderungen des Lichts. Alles ist markant. Der Winter ist unglaublich dunkel. Der Sommer
ist berauschend. Die Natur schafft sich ihre eigne Akustik. Insbesondere im Frühjahr und
Sommer. Ich bewundere diesen magischen Augenblick, wenn im Wald, nach dem Regen, sich
die Vögel durch die feuchten Blätter bewegen und singen. Oder wenn es sehr kalt ist, wenn
der Schnee wie feiner weicher Puder ist, es verursacht eine ganz besondere Stille. Und dann
gibt es die Akustik des feuchten, schweren Schnees: Alles ist tönende Atmosphäre und hängt
eng mit speziellen klimatischen Bedingungen zusammen.“
aus: Tom Mäkelä: Kaija Saariaho und Finnland: in: Woher? Wohin? Die Komponistin Kaija
Saariaho, hg. Von Hans-Klaus Jungheinrich, Mainz 2007, S. 22
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