TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN Fakultät für Wirtschaftswissenschaften Lehrstuhl für Controlling Prof. Dr. Gunther Friedl Klausur Management Accounting Probeklausur LÖSUNG Management Accounting Probeklausur Seite 2 Aufgabe 1: Verschiedene Teilgebiete des Management Accounting (22 Punkte) 1.1 Wie kommt eine Abweichung 2. Grades zustande? Nennen Sie drei Verfahren der Zurechnung dieser Abweichung. (5 Punkte) Eine Abweichung 2. Grades kommt durch die multiplikative Verknüpfung zweier Einflussgrößen zustande (bei denen es eine Abweichung gab) (2P.) Drei Verfahren zur Zurechnung: alternativ, kumulativ, differenziert-kumulativ (3 P.) 1.2 Beschreiben Sie die Zielsetzungen des Target Costing. Würde sich das Target Costing zum Einsatz in der Automobilindustrie eignen? Begründen Sie Ihre Antwort. (5 Punkte) Zielsetzung des Target Costing: ‐ Ausrichtung am Markt: Was darf ein Produkt kosten? ‐ Langfristige Ausrichtung über den gesamten Produktlebenszyklus Eignet sich in der Automobilbranche (1P.) Begründung (2P.) 1.3 Vergleichen Sie den investitionstheoretischen Ansatz der Kostenrechnung mit der Prozesskostenrechnung anhand dreier von Ihnen gewählter Kriterien. (6 Punkte) Management Accounting Probeklausur Seite 3 Merkmal Rechnungsweck Rechnungsziel Entscheidungsziel Rechnungstyp Rechnungsgrößen Zentrales Kostenrechnungsprinzip Zentrale Einflussgröße Kostenfunktion Umfang der Kostenverrechnung Zeitliche Reichweite Aufbau der Rechnung Investitionstheoretischer Prozesskostenrechnung Ansatz Planung und Kontrolle Stück-/ Periodendeckungsbeitrag, Stück-/ Periodengewinn Planung Kapitalwert Erfolgsziel Erfolgsziel kalkulatorisch pagatorisch Kosten und Erlöse Ein- und Auszahlungen Verursachungsprinzip Art "Identitätsprinzip" Beschäftigung, aber auch andere qualitative Einflussgrößen Entscheidung Investitionsteheoretische mehrvariablige lineare fundierte KapitalwertfunkKostenfunktion tion eher Vollkostenrechnung eine Periode mehrere Perioden prozessorientiert kostenartenorientiert (je 2P. pro Kriterium) 1.4 Welche der Annahmen gehört nicht zu dem investitionstheoretischen Ansatz? (1,5 Punkte) Sichere Erwartungen bzgl. der Cash-Flows. Risikoaversion des Entscheiders. Kein technischer Fortschritt 1.5 Für welche Abweichungsart ist der Kostenstellenleiter nicht verantwortlich? (1,5 Punkte) Management Accounting Probeklausur Seite 4 Beschäftigungsabweichung. Variable Effizienzabweichung. Verbrauchsabweichung. 1.6 In welchem Kostenrechnungssystem ist die Entscheidung die zentrale Einflussgröße? (1,5 Punkte) In der Grenzplankostenrechnung. Im Target Costing. In der relativen Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung. 1.7 Welche Aussage trifft auf das Umsatzkostenverfahren zu? (1,5 Punkte) Die Kostenarten werden in der Rechnung ersichtlich. Eine Übernahme der Kosten direkt aus der Finanzbuchhaltung ist möglich. Erfolgsbeiträge sind direkt je Produktgruppe bzw. Produktart sichtbar. Management Accounting Probeklausur Seite 5 Aufgabe 2: Mehrdimensionale Deckungsbeitragsrechnung (38 Punkte) Die HöWu AG produziert seit vielen Jahren verschiedene Fleischprodukte. Derzeit werden die Produkte „Nürnberger Grillwürste“, „Fürther Käsewürste“ und „Münchner Weißwürste“ produziert. Folgende Informationen liegen Ihnen über Preise und Einzelkosten (Löhne und Material) vor: Nürnberger Fürther Münchner Preis [Euro] 2,50 3 2 Einzelkosten (Löhne und Material) [Euro] 2,20 1,60 1,35 Die Produkte „Nürnberger Grillwürste“ und „Fürther Käsewürste“ werden in der Kostenstelle I produziert, die „Münchner Weißwürste“ in der Kostenstelle II. Es liegen folgende Informationen über die Fertigungsgemeinkosten in den Kostenstellen vor: FGK Variabel [Euro] Fix [Euro] Kostenstelle I 6.000 7.500 Kostenstelle II 3.600 3.000 Die HöWu AG unterteilt ihr Absatzgebiet in die zwei Regionen „Bayern“ und „Franken“. Die Produkte werden über selbstständige Supermärkte vertrieben, für die die HöWu AG einen Fixkostenanteil übernimmt und zum anderen Provisionen zahlt. Die Fixkosten betragen in Bayern 1500 Euro und in Franken 2500 Euro. Die Provisionen verteilen sich wie folgt auf die Produkte und Regionen: Provisionen auf den Umsatz Nürnberger Fürther Münchner Bayern 15 % 8% 7% Franken 5% 8% 18 % Weiterhin fallen fixe Kosten für die Unternehmensleitung in Höhe von 3.000 Euro an. Management Accounting Probeklausur Seite 6 Die Absatz- und Herstellmengen der Produkte in den beiden Regionen betragen: Produkt Region Menge Nürnberger Bayern 5.000 Franken 10.000 Bayern 7.500 Franken 7.500 Bayern 10.000 Franken 8.000 Fürther Münchner 2.1 Berechnen Sie die variablen Fertigungsgemeinkosten pro Stück für die drei Produkte. Verteilen Sie dazu die Fertigungsgemeinkosten von KSt I entsprechend der Fertigungszeiten. (3 Punkte) Produkt Nürnberger Fürther Fertigungszeit [min] 1 1,5 N Fertigungszeit Gesamt Kosten gesamt Kosten pro Stück (je 1P.) F 15000 2400 0,16 Gesamte Menge 15.000 15.000 M 22500 3600 0,24 0,2 2.2 Führen Sie eine mehrfach gestufte Deckungsbeitragsrechnung durch. Sie vermuten insbesondere, dass das Produkt „Nürnberger Grillwürste“ in Bayern und das Produkt „Münchner Weißwürste“ in Franken einen negativen Erfolgsbeitrag leistet. Verwenden Sie daher die Hierarchie: Kostenstellen – Produkte – Regionen. (23 Punkte) Management Accounting Probeklausur Seite 7 KST Produkt Bereich 1 Nürnberger B F Fürther B F 2 Münchner B F Preis Menge Provisionen Material Löhne Material und Lohn 2,5 5000 0,15 1 1,2 2,2 2,5 10000 0,05 1 1,2 2,2 3 7500 0,08 0,8 0,8 1,6 3 7500 0,08 0,8 0,8 1,6 2 10000 0,07 0,6 0,75 1,35 2 8000 0,18 0,6 0,75 1,35 Erlöse Provisionen Nettoerlös var Fertigungskosten var. FGK 12500 1875 10625 11000 800 25000 1250 23750 22000 1600 22500 1800 20700 12000 1800 22500 1800 20700 12000 1800 20000 1400 18600 13500 2000 16000 2880 13120 10800 1600 DB 1 - KSt Fixkosten DB 2 - Handelsfixkosten - Unternehmensfixkosten Erfolg -1175 150 6900 6900 3100 720 7500 5275 3000 820 4000 3000 -905 (je 1P. für Erlöse, Provisionen, var. Fertigungskosten, var. FGK, DB1, KSt Fixkosten, DB2, Handelsfixkosten, Unternehmensfixkosten, Erfolg und die komplette Struktur der DB) 2.3 Welche Empfehlung würden Sie hinsichtlich der Sortimentspolitik abgeben? Begründen Sie Ihre Ansicht. (2 Punkte) Nürnberger in Bayern nicht mehr absetzen (Verbundseffekte beachten) (1P.), da DB1 negativ (1.P) 2.4 Welche Hierarchie müsste Ihre Deckungsbeitragsrechnung aufweisen, um eine möglichst genaue Analyse der Erfolgsbeiträge der beiden Regionen zu erhalten? Welche Kosten können dadurch anders als in Aufgabe 2.2 auf beide Regionen verteilt werden? (4 Punkte) Hierarchie: Regionen – Kostenstellen – Produkte (2P.) Management Accounting Probeklausur Seite 8 Dadurch könnten die Fixkosten der Regionen (richtig ist auch: fixe Provisionen, Fixkostenanteil für die Supermärkte...) (2P.) 2.5 Nennen Sie zwei Unterschiede und zwei Gemeinsamkeiten zwischen der Grenzplankostenrechnung und der Relativen Einzel- und Deckungsbeitragsrechnung nach Riebel. (6 Punkte) Merkmal Rechnungsweck Rechnungsziel Entscheidungsziel Rechnungstyp Rechnungsgrößen Zentrales Kostenrechnungsprinzip Zentrale Einflussgröße Kostenfunktion Umfang der Kostenverrechnung Zeitliche Reichweite Aufbau der Rechnung GPKR REDR Planung und Kontrolle Planung und Kontrolle Stück-/ Periodendeckungsbeitrag, Periodengewinn Stück-/ Periodendeckungsbeitrag, Periodengewinn Erfolgsziel Erfolgsziel kalkulatorisch pagatorisch Kosten und Erlöse Ein- und Auszahlungen Verursachungsprinzip Identitätsprinzip Beschäftigung Entscheidung mehrvariablige lineare Kostenfunktion Mehrdim. lineare Kostenzusammenhänge, keine Kostenfunktion Teilkostenrechnung Teilkostenrechnung eine Periode eine / mehrere Perioden kostenstellenorientiert kostenstellenorientiert (je 1P. für Gemeinsamkeiten und 2P. für Unterschiede) Management Accounting Probeklausur Seite 9 Aufgabe 3: Prozesskostenrechnung (30 Punkte) Ihr Unternehmen produziert ein Produkt in den drei Varianten A, B und C. Folgende Plandaten liegen Ihnen für die nächste Periode vor: Variante Planherstellmenge Absatzpreis [€/Stück] Fertigungseinzelkosten [€/Stück] Materialeinzelkosten [€/Stück] A 160 150 20 15 B 240 120 30 25 C 200 200 40 10 In der Materialkostenstelle werden in der folgenden Periode Materialgemeinkosten in Höhe von 72.000 Euro anfallen. Eine Funktionsanalyse ergab, dass sich diese Gemeinkosten auf drei Arten von leistungsmengeninduzierten (lmi) Prozessen zurückführen lassen, die entweder von der Ausbringungsmenge oder der Anzahl von Produktvarianten abhängen. Dabei handelt es sich um die Prozesse Wareneingang, Qualitätskontrolle und Lagerung. Leistungsmengenneutrale Kosten wurden nicht identifiziert. Prozessart Planprozessmenge geplante Gesamtkosten der Planprozessmenge [Euro] ausbringungsmengenabhängige Prozessmenge variantenzahlabhängige Prozessmenge Wareneingang 1.000 18.000 200 800 Kontrolle 1.000 30.000 1.000 0 Lagerung 3.000 24.000 750 2.250 3.1 Bestimmen Sie die leistungsmengeninduzierten Prozesskostensätze für die drei Prozesse. (3 Punkte) Prozesskostensätze Wareneingang 18 Euro Kontrolle 30 Euro Lagerung 8 Euro (je 1P.) Management Accounting Probeklausur Seite 10 3.2 Bestimmen Sie die ausbringungsmengenabhängigen sowie die variantenzahlabhängigen Materialgemeinkosten pro Stück für jede der beiden Varianten mithilfe eines prozessorientierten Ansatzes. Bestimmen Sie mit diesen die gesamten Materialgemeinkosten pro Stück für jede der beiden Varianten. (15 Punkte) ausbr.abh. Kosten var.zahl abh. Kosten 3600 14400 30000 0 6000 18000 39600 32400 Wareneingang Qualitätskontrolle Lagerung ausbr. / Produkt Stück A B C W/ Stück 66 66 66 Q / Stück 30 20 24 0 0 0 L / Stück 37,5 25 30 var Zahl abh. Je Produkt 4800 0 6000 varzahlabh. / Stück MGK / Stück 67,5 133,5 45 111 54 120 3.3 Bestimmen Sie die variablen Herstellkosten pro Stück der drei Varianten. Verwenden Sie für die variablen Materialgemeinkosten Ihr Ergebnis aus 3.1. Dabei sind die ausbringungsmengenabhängigen Materialgemeinkosten als variabel, die variantenzahlabhängigen Materialgemeinkosten als fix zu betrachten. Es fallen keine variablen Fertigungsgemeinkosten an. (3 Punkte) Berechnung der variablen Herstellkosten A FEK MEK var MGK Summe (je 1P.) B 20 15 66 101 C 30 25 66 121 40 10 66 116 3.4 Es ist geplant, in der nächsten Periode von jeder der drei Varianten 200 Stück abzusetzen. Ermitteln Sie den geplanten Periodenerfolg mithilfe eines Umsatzkostenverfahrens auf Teilkostenbasis. Es fallen fixe Fertigungsgemeinkosten in Höhe von 5.000 Euro an. (Hinweis: Wenn Ihnen Werte aus Aufgabe 3.3 fehlen, nehmen Sie für die variablen Herstellkosten folgende Werte an: Produkt A: 100 Euro, Produkt B: 110 Euro, Produkt C: 120 Euro ) (9 Punkte) Management Accounting Probeklausur Seite 11 UKV auf Teilkostenbasis var HK abg A var HK abg B var HK abg C Fixkosten 20200 Erlöse A 30000 24200 Erlöse B 24000 23200 Erlöse C 37400 Verlust 105000 40000 11000 (je 1P. für var HK und Erlöse, 2P. für Fixkosten und 1P. für Erfolg) Management Accounting Probeklausur Seite 12 Aufgabe 4: Preisuntergrenzen (30 Punkte) Der IT-Hersteller „Peach AG“ plant in die Vermarktung und die Produktion eines neuen Smartphones zu investieren. Die Vermarktung des Produktes ist nach fünf Perioden geplant. Im Zeitpunkt 0 muss eine Maschine zu einem Preis von 10.000.000 € angeschafft werden. Zum Zeitpunkt 0 starten die intensiven Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, die einen kontinuierlichen Zahlungsstrom von 1.000.000 € je Periode bis zum Ende von Periode 5 verursachen. Zum Zeitpunkt 2 entsteht eine fixe Auszahlung von 1.500.000 €. Nach insgesamt fünf Perioden Vorlauf wird geplant, das Produkt drei Perioden lang zu produzieren und abzusetzen. In allen Absatzperioden entsteht ein kontinuierlicher variabler Auszahlungsstrom in Höhe von 150 € je verkaufter Einheit. Insgesamt werden 100.000 Einheiten je Periode gefertigt. 4.1 Gehen Sie zunächst von einem kalkulatorischen Zinssatz von 0 % aus. Wie hoch ist die Preisuntergrenze für eine verkaufte Einheit in einer Voll- und in einer Teilkostenrechnung nach der traditionellen Kostenrechnung? (6 Punkte) Vollkostenrechnung: 150 + [(10.000.000 + 5.000.000 + 1.500.000) / 300.000] = 205 (4 P.) Teilkostenrechnung: variable Kosten 150 Euro. (2 P.) 4.2 Unterstellen Sie nun eine kontinuierliche Verzinsung von 10 %. Bestimmen Sie die Preisuntergrenzen nach dem investitionstheoretischen Ansatz der Kostenrechnung zu folgenden Zeitpunkten: vor dem Kauf der Maschine zum Zeitpunkt 0 vor der Auszahlung zum Zeitpunkt 2 zum Zeitpunkt 7. (18 Punkte) 5 KW( p) 10.000' 1.000' e 0 0,1t 0,12 dt 1.500' e 8 p150 100' e0,1t dt 5 Management Accounting Probeklausur Seite 13 Preisuntergrenze zum Zeitpunkt 0: 5 p 8 10.000' 1.000' e0,1t dt 1.500' e0,12 150 100' e0,1t dt 0 5 8 100' e 0,1t 246, 46 dt 5 (9 P.) Preisuntergrenze zum Zeitpunkt 2: 5 8 1.000' e0,1t dt 1.500' e0,12 150 100' e0,1t dt p 2 5 8 100' e 0,1t 171, 31 dt 5 (6 P.) Preisuntergrenze zum Zeitpunkt 3: p = 150 (3 P.) 4.3 Erläutern Sie die Zielsetzung und die Grundprinzipien des investitionstheoretischen Ansatzes. (6 Punkte) ‐ ‐ ‐ ‐ Anknüpfung an eindeutig beobacht- und messbare Größen: Ein- und Auszahlungen Theoretische Fundierung der Kostenrechnung: o Über den investitionstheoretischen Ansatz erhält die Kostenrechnung eine theoretische Fundierung o Konzeptionell einwandfreie Ableitung von Unterzielen Bereitstellung relevanter Informationen für kurzfristige Entscheidungen: o Es wird von einem gegebenen langfristigen Plan ausgegangen o Aufgabe der kurzfristigen Planung: Konkretisierung und gegebenenfalls Anpassungen an kurzfristige Datenänderungen Ausrichtung der Planungsrechnung auf ein einheitliches Zielsystem o Unternehmensführung beinhaltet vorwiegend eine Orientierung am Shareholder Value Management Accounting Probeklausur Seite 14 ‐ o Erfolgsziel des Unternehmens ist hierbei Marktwertmaximierung, sofern der Kapitalmarkt vollkommen und vollständig ist o Marktwertmaximierung beinhaltet eine Orientierung am Kapitalwert bzw. an der Kapitalwertänderung einer Maßnahme Verknüpfung von Kosten- und Investitionsrechnung o Eine konsequente rationale Umsetzung des Shareholder Value-Ansatzes fordert, dass die „klassische“ (kurzfristige) Kostenrechnung mit der längerfristig ausgerichteten Investitionsrechnung abgestimmt ist