Aufgabe IX: AUGE I Dunkeladaptation und Dioptrik Praktikumsanleitung und Versuchsprotokoll I. Dunkeladaptation 1. Zielstellung Die Empfindlichkeitssteigerung des visuellen Systems durch Dunkeladaptation soll in ihrem Zeitverlauf gemessen werden. Dazu ist für eine Versuchsperson jeder Praktikumsgruppe die Dunkeladaptationskurve am Schwellen-Adaptometer aufzunehmen. 2. Versuchsvorbereitung und Messung Mit dem Schwellen-Adaptometer werden die Intensitätsschwellen der Leuchtdichte L als Funktion der Zeit gemessen. Die aus der Öffnung einer weißen Hohlkugel kommenden Lichtreize werden in ihrer Intensität schrittweise gemindert. Bei ausreichender Adaptation der Augen werden sie überschwellig. Der Zeitpunkt der Wahrnehmung des Probanden wird gegenüber der jeweiligen Leuchtdichte (bzw. der Empfindlichkeit, also der Logarithmen der Kehrwerte der Leuchtdichte, siehe Abb.1) aufgetragen. 2.1. Vorbereitung des Dunkeladaptometers: – Registrierblatt in die Registriertrommel des Gerätes einlegen; die Trommel einsetzen und fixieren. – Trommel unter Sichtkontrolle (Lupe) auf die Zeit „0“ Minuten drehen; Rändelrad auf E=0 stellen. – Rändelrad zur Leuchtdichteeinstellung auf höchste Leuchtdichte (1 asb) stellen. 2.2. Helladaptation – – – Versuchsperson legt das Kinn auf die Kinnstütze, Betriebsart „ Helladaptation“ einschalten, Versuchsperson blickt ca. 5 min in die helle Kugel. 2.3. Vorbereitung der Dunkeladaptation – – Nach 5 min Helladaptation wird die Versuchsperson auf ca. 60 cm Augenabstand zur Fixiereinrichtung gebracht. Gerät auf Betriebsart „Dunkeladaptation" schalten. Daraufhin dreht ein Synchronmotor die Trommel mit dem Registrierblatt in 60 min einmal um 360°. 2.4. Messung der Dunkeladaptation – Wenn die Versuchsperson die Prüfhelligkeit wahrnimmt, Markierung des Messpunktes durch Knopfdruck vornehmen, am Rändelrad sofort die nächste niedrigere Helligkeitsstufe (höhere Empfindlichkeit) einstellen, wieder bis zur überschwelligen Wahrnehmung warten und markieren. Prüffeldleuchtdichte erneut um 1 Stufe vermindern usw.; Registrierdauer 40 bis 50 min. – Zur Ausnutzung der Empfindlichkeit parafovealer Netzhautbezirke wird bei fortgeschrittener Dunkelanpassung auf einen am Gerät befindlichen roten Leuchtpunkt (ca. 18° lateral der Prüffeldmitte) fixiert. – Bei stark verlangsamter Dunkeladaptation (kleine Leuchtdichten) kann der Zeitpunkt der ersten, gerade überschwelligen Wahrnehmung durch kurzzeitiges Verschließen & Öffnen der seitlichen Lichteintrittsblende mittels Taste genauer bestimmt werden. Frage: Welche Funktion hat eine vorhergehende Hellanpassung des visuellen Systems? 1 Frage: Warum wird bei fortschreitender Dunkelanpassung eine parafoveale Fixation notwendig? Frage: Welche sinnesphysiologische Wahrnehmungsschwelle wird durch Blendenschluss getestet? 3. Ergebnisse und Auswertung Die Messpunkte auf dem Registrierblatt sind in die Abb. 1 zu übertragen und mit zwei geeigneten, sich im Kohlrausch-Knick schneidenden Regressions-Hyperbeln zu einer Adaptationskurve zu verbinden. Abb. 1: Kurvenverlauf der Dunkeladaptation Fragen zur Auswertung: Wie unterscheidet sich die Messkurve von Lehrbuchabbildungen? Wann tritt der Kohlrausch-Knick auf? Worin besteht seine physiologische Bedeutung? Welche physiologischen Vorgänge tragen zur Dunkeladaptation des visuellen Systems bei? Wann endet die Dunkelanpassung des visuellen Systems? 2 II. Linsenbestimmung Mit einfachen Beobachtungsmethoden sollen Linsenarten bestimmt und ausgemessen werden. 1. Versuchsdurchführung Jede Linse wird mit der Hand dicht vor einem Auge senkrecht zur Blickrichtung in verschiedenen Ebenen hin und her verschoben. Dabei ist ein entferntes Objekt zu fixieren. Das andere Auge wird geschlossen. Wenn sich das Bild jeweils in der zur Linsenbewegung entgegengesetzten Richtung verschiebt, dann liegt eine Sammel- (Plus)-Linse positiver Brechkraft vor. Bei einer Zerstreuungs-(Minus-)Linse negativer Brechkraft bewegt sich das Bild gleichsinnig mit der Verschiebung. Verschiebt sich das Bild beim Drehen der Linse unterschiedlich stark, liegt eine Zylinderlinse vor (s.a. III.) 1. Stellen Sie durch Linsenbewegung fest, um welche Linsenart es sich handelt. 2. Messen Sie die Brennweite aller Linsen auf der optischen Bank und tragen sie die daraus berechneten Brechkräfte für die Linsen in Tabelle 1 ein. Geben Sie für Zylinderlinsen 2 Brechkraftwerte an. Frage: Worauf sind die Bildverschiebungen bei Sammel- und Zerstreuungslinsen zurück zu führen? Wie verschieben sich die Bilder auf der Retina? Erklären Sie die beobachteten Schärfe-/Unschärfe-Wahrnehmungen bei Zylinderlinsen! Tabelle 1: Linsenarten, Brennweiten und Brechkräfte Nr. der Linse (S)ammellinse (Z)erstreuungslinse Z(Y)linderlinse Brennweite [cm] Brechkraft [dpt] 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Frage: Welche Fehlsichtigkeiten können mit den drei Linsentypen korrigiert werden ? 1. Sammellinsen: 2. Zerstreuungslinsen: 3. Zylinderlinsen: 3 III. Strahlenfigur Bei diesem Versuch sollen Bilder entworfen werden, wie sie bei astigmatischer Fehlsichtigkeit auftreten. Eine Strahlenfigur-Scheibe wird durch eine Zylinderlinse aus Teilversuch II in einem Abstand von ca. 1 m betrachtet. Die Zylinderlinse wird nun langsam um die optische Achse gedreht. Aufgabe: Beschreiben Sie die Veränderungen der Strahlenfigur beim Drehen der Zylinderlinse! IV. Keratoskop nach Placido Es soll der Astigmatismus der Hornhaut untersucht und demonstriert werden. Das Keratoskop wird so vor ein Auge der Versuchsperson gehalten, dass seine konzentrischen Kreisringe auf der Kornea ein Spiegelbild ergeben. Der Versuchsleiter sieht durch eine Lupe in der Mitte der Scheibe die vergrößerte Kornea der Versuchsperson. Aufgabe: Das Bild der von der Kornea reflektierten Ringe ist zu beschreiben! Zur Simulation einer asphärischen Abbildung ist die Blickrichtung der Versuchsperson nach lateral zu richten um in der Hornhautperipherie ein Spiegelbild des Keratoskops zu erhalten. Frage: Warum treten dabei asphärische Abbildungen auf? V. Stereoeffekt (Pulfrich-Versuch) Ein zweifädig aufgehängtes Pendel wird durch Auslenkung in ebene Schwingungen senkrecht zur Blickrichtung gebracht. Vor ein Auge wird ein Graufilter gehalten und das schwingende Pendel bei ruhig gehaltenem Kopf binokular verfolgt. Dann wird das andere Auge mit dem Filter bedeckt und das Pendel wieder beobachtet. Aufgabe: Es ist zu skizzieren, wie die ebenen Pendelschwingungen gesehen werden! a) Rechtes Auge bedeckt : b) Linkes Auge bedeckt : Frage: Worin liegen die physiologischen Ursachen der veränderten Wahrnehmung? Hinweis: Die folgenden dioptrischen Messungen und Beobachtungen VI und VII erfolgen bei fehlsichtigen Personen bis 2 dpt ohne Brille! VI. Nah- und Fernpunktbestimmung am Auge (Optometrie) Vor der Messreihe sind die näherungsweisen Nahpunkte (Np) beider Augen einzeln durch Bestimmung der minimalen Lese-Entfernung mit einem Lineal zu bestimmen und in Tab. 2 einzutragen. Das Donders-Optometer besteht aus einem Lineal mit einer verschiebbaren Nadel, einer aufsteckbaren Linse für die Fernpunktbestimmung und einer augenseitigen Lochblende mit zwei kleinen Löchern, deren Abstand geringer als der normale Pupillendurchmesser ist. Alle Messungen sind nacheinander für beide Augen durchzuführen (s. Tab. 2). 4 1. Nahpunktbestimmung Das Optometer wird dicht vor ein Auge gehalten; das andere wird mit der Augenklappe verschlossen. Der Blick durch die Doppellochblende führt zu einer aus zwei überlappenden Kreisflächen bestehenden Gesichtsfeldbegrenzung. Beobachtet wird die Nadel im Überschneidungsbereich beider Lochflächen. Ist die Nadel ausreichend weit vom Auge entfernt und wird ihre Spitze fixiert, erscheint sie scharf und einfach. Bei einem langsamen, schrittweisen Heranschieben – beginnend einige cm über dem vorher gemessenen Lese-Nahpunkt – wird die Nadel auch bei maximaler Nahakkommodation unter einer bestimmten Entfernung unscharf und doppelt zu sehen sein. Die minimale Entfernung, in der die Nadel noch scharf und einfach gesehen wird, markiert den Nahpunkt Np. Sein Wert wird auf dem Lineal abgelesen. Die Messungen werden jeweils 5-mal bei langsamer Annäherung an den Nahpunkt und 5-mal bei langsamer Entfernung der Nadel vom Nahpunkt durchgeführt. Die Messungen sind für beide Augen durch zu führen! Aus den jeweils 2 x 5 Messungen wird unter Beachtung möglicher Messfehler ein Minimalwert für den Nahpunkt Np [cm] geschätzt. Nach der Beziehung: 100 Bmax [dpt] = Np [cm] erhält man aus dem Np - Wert den maximalen Brechkraftzuwachs Bmax durch Nahakkommodation und damit für emmetrope Versuchspersonen bereits die maximale Akkommodationsbreite AB des Auges in Dioptrien [dpt]: AB [dpt] = Np [dpt] – Fp [dpt] (bei emmetropen Personen ist Fp = 0 dpt) 2. Fernpunktbestimmung Zur Fernpunktbestimmung wird eine Sammellinse in den Linsenhalter der augenseitigen Doppellochblende gesteckt. Brennweite FL und Brechkraft DL der Linse sind vorher auf der optischen Bank zu bestimmen: FL [cm] = ................ DL [dpt] = 100 / FL = .......... Die Fernpunktbestimmung ist grundsätzlich nur bei fernakkommodiertem Auge möglich!!!! Hierzu muss die Versuchsperson weit in die Ferne blicken. Das Bild der Nadel wird dadurch natürlich unscharf. Es kann jedoch zwischen einem Doppelbild und einem etwas schärferen Einzelbild der Nadel unterschieden werden. Ansonsten wird der Versuch genauso wie die Nahpunktsbestimmung durchgeführt. Das Ergebnis der Messung ist der scheinbare Fernpunkt Fp´ , der um die Linsenbrechkraft der eingesetzten Linse DL korrigiert werden muss. Beim emmetropen Auge muss der Fp´-Wert etwa mit der gemessenen Brennweite FL der Sammellinse übereinstimmen. Liegt Fp´ in größerer Entfernung, ist die Versuchsperson hyperop, liegt er in geringerer Entfernung, ist sie myop. Das Ausmaß der Refraktionsanomalie RA wird nach folgender Beziehung bestimmt: 100 RA [dpt] = DL [dpt] Fp´ [cm] Ein Zahlenbeispiel : Die Sammellinse besitzt 25 cm Brennweite, d.h. 4 dpt Brechkraft. Der scheinbare Fernpunkt Fp´ liegt bei 20 cm, entsprechend 5 dpt. Diagnose: Die Versuchsperson ist +5 dpt – 4 dpt = +1 dpt myop. Das Vorzeichen gibt die Art der Refraktionsanomalie an. Bei positiven Werten liegt eine Myopie, bei negativen eine Hyperopie vor. Der Abstand zwischen Nahpunkt Np und Fernpunkt Fp wird als Akkommodationsstrecke AS bezeichnet (AS ist nur bei Myopen endlich, sonst ∞ !) : AS [cm] = Fp [cm] Np [cm] (4) 5 Tabelle 2: Nahpunkte und Fernpunkte beider Augen Messungen Minimale Lese-Entfernung = 1. durch Annähern 2. - “ 3. - “ 4. - “ 5. - “ 6. durch Entfernen 7. - “ 8. - “ 9. - “ 10. - “ Minima der Np bzw. Mittelwerte der Fp´ in [cm] : Minima der Np bzw. Mittelwerte der Fp´ in [dpt] Akkommodationsbreite Refraktionsanomalie (wahrer) Fernpunkt Akkommodationsstrecke Linkes Auge Scheinbarer FernNahpunkt punkt Np [cm] Fp´ [cm] Rechtes Auge Scheinbarer FernNahpunkt punkt Np [cm] Fp´ [cm] Np = Fp´ = Np = Fp´ = Np = Fp´ = Np = Fp´ = wahrer Fernpunkt wahrer Fernpunkt Fp= Fp´-DL= AB [dpt] = RA [dpt] = Fp [cm] = AS [cm] = Fp= Fp´-DL= AB [dpt]= RA [dpt] = Fp [cm] = AS [cm] = Frage: Wie stimmen die Messwerte bei Vorliegen einer Fehlsichtigkeit in Richtung und Größe überein? 6 VII. 1. Beobachtung des eigenen Pupillenreflexes (Mydriasis und Miosis) Versuchsziel Durch Wahrnehmung der eigenen Pupillenreaktion soll erkannt werden, dass Verminderung des Lichteinfalls eine Mydriasis (Pupillenerweiterung) und verstärkter Lichteinfall eine Miosis (Verengung) auslöst. Gleichzeitig verbessert sich bei Nahakkommodation und der damit verbundenen Miosis (Akkommodations-Trias) die Tiefenschärfe durch Verringerung des Abbildungsfehlers sphärische Aberration. Frage: Was versteht man unter Tiefenschärfe? 2. Durchführung 2.1. Pupillenreflex Ein Auge wird geschlossen, vor das andere wird die eine Lochblende so gehalten, dass der Rand einen seitlichen Lichteinfall verhindert. Für 2 - 3 min blickt man durch die feine Lochblende und prägt sich die zunehmende Erweiterung des kreisförmigen, monokularen Gesichtsfeldes durch Mydriasis ein. Mit dem Öffnen des geschlossenen Auges kommt es konsensuell zu einer raschen Gesichtsfeldeinengung des Auges hinter der Lochblende, wobei die Miosis überschwingend in Form einer gedämpften Schwingung erfolgen kann. Ein erneuter Augenschluss führt wieder eine langsame Mydriasis herbei. Aufgabe: Beide Vorgänge sind zu erklären. In welchen Zeiten laufen Mydriasis und Miosis ab ? 2.2. Verminderung der sphärischen Aberration durch eine Lochblende Bei monokularer Betrachtung einer Textvorlage wird das Auge so nah herangeführt, dass die Schrift im Nahbereich unterhalb des Nahpunktes unscharf wird. Mit Verwendung der Lochblende kann durch das feine Loch die Schrift wieder scharf gesehen werden, d.h. der Nahpunkt rückt näher zum Auge. Frage: Wie nah und warum ? Es ist nun mit der Lochblende der minimale Leseabstand LAmin zwischen der zu schätzenden Hauptebene des Auges und der Schrift zu messen: LA min [mm] = Frage: Gibt es eine physiologische Entsprechung dieses Phänomens? 7 Praktikumsvorbereitung Was versteht man unter einer Brennweite und was unter einer Brechkraft einer Linse? Welche Komponenten sind an der Lichtbrechung im Auge beteiligt (Brechkraft der einzelnen Komponenten, Gesamtbrechkraft des Auges…)? Welche physiologischen Abbildungsfehler hat unser Auge? Wodurch sind pathophysiologische Abbildungsfehler zu erklären (Myopie, Hyperopie, Astigmatismus mit der Regel, irregulärer Astigmatismus)? Wie können Sie die pathophysiologische Abbildungsfehler korrigieren? Was versteht man unter Akkomodation, wie wird sie reguliert, wie und warum verändert sich die Akkomodationsbreite im Alter? Wie ist die Retina aufgebaut? Wie ist das Rhodopsin aufgebaut? Beschreiben Sie den Phototransduktionsprozess! In welcher Schicht der Retina findet die Transformation statt? Wie sind Zapfen und Stäbchen in der Retina verteilt? Welche Unterschiede bestehen zwischen dem Zapfen- und Stäbchensystem (Anzahl, Rhodopsinkonzentration, zeitliches und räumliches Auflösungsvermögen, rezeptive Felder….)? Wie funktioniert der Pupillenreflex (Reflexbogen, konsensuelle Auslösbarkeit,…..)? Welche Komponenten tragen zur Dunkeladaptation bei? Welche Komponenten tragen zur Helladaptation bei? 8