Tödliche Hitze für Tumorzellen

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Pflegepraxis
■ Systemische Ganzkörperhyperthermie in der Onkologie:
Tödliche Hitze für Tumorzellen
Jana Gaworek und Cvetka Theresa Mayer
Die heilende Wirkung des Fiebers bei verschiedenen Erkrankungen ist schon seit der Antike bekannt.
Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erlebt
die Fieberbehandlung vor allem in der Onkologie
eine Renaissance und hält in immer größerem Umfang Einzug in onkologische Therapiekonzepte.
Prinzipiell können drei Gruppen der systemischen Ganzkörperhyperthermie unterschieden werden:
◆ moderate SGHT bis etwa 40 °C
◆ intermediäre SGHT zwischen 40 °C und 41,5 °C
◆ extreme SGHT zwischen 41,6 °C und 42 °C.
Während das erste Verfahren überwiegend zur Stimulie- Ein Gerät zur systemischen Ganzkörperhyperthermie (SGHT): Aufgrund
biologischer Besonderheiten reagiert Tumorgewebe empfindlicher auf
rung des Immunsystems angewandt wird, verursachen
die intermediäre und extreme SGHT in Verbindung mit Hitze als andere Körperzellen.
einer Chemotherapie die direkte Schädigung des Tumors.
krowellen oder heißen Wachsbädern zu erzielen, wird in der
Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich ausschließGegenwart vorwiegend Infrarotstrahlung genutzt. Bekannteste
lich auf die extreme SGHT.
Vertreter im europäischen Raum sind Martin Heckel mit dem
Gerät „Heckel HT 2000“ und Manfred von Ardenne mit „IraMethodisches Prinzip
therm 2000“.
Durch die Erwärmung der Körperperipherie und damit des
Kern des Gerätes „Heckel HT 2000“ sind vier Rohrstrahler,
Blutes der oberflächlichen Gefäße wird die Wärme durch den
die kurzwelliges Infrarot-Licht aussenden. Eine Total-RefleBlutkreislauf ins Körperinnere, den Körperkern, transportiert
xionsstreuung der Strahlung durch innenverspiegelte, aluminiumbeschichtete Folienwände führt zu einer gleichmäßigen
und zum Wärmeausgleich an das umliegende Gewebe wieder abgegeben, dadurch wird Fieber erzeugt.
oberflächlichen Bestrahlung. Die Folie und die in der Kabine
Die ersten Veröffentlichungen, die sich aus pflegerischer Sicht
stehende heiße Luft hindern den Körper daran, die Wärme
mit diesem Thema beschäftigen, gehen auf das Jahr 1937 zuwieder abzugeben. Die Temperatur steigt in circa 150 Minurück (Lehmann 1937). Nach unzähligen Versuchen, die pasten auf etwa 41,8 °C an und kann ohne weitere Wärmezufuhr
sive Temperaturerhöhung mittels Überwärmungsbädern, Miüber 90 Minuten auf diesem Niveau gehalten werden.
Zusammenfassung
Todesfälle bei Krebs sind häufig auf Metastasen der Primärtumore
zurückzuführen. Dies zeigt, wie notwendig eine systemische Behandlung ist. Umfangreiche Studien der letzten 20 Jahren ergaben,
dass länger anhaltende Körpertemperaturen zwischen 41,5 °C und
42 °C verschiedene Prozesse aktivieren, die zur Zerstörung von
Krebszellen führen (Apoptose) und die Wirksamkeit einiger Zytostatika um ein Mehrfaches verstärken. Daher ist die systemische
Ganzkörperhyperthermie (SGHT) besonders zur Therapie von
Krebserkrankungen mit multipler Metastasierung geeignet, sie wird
aber auch zunehmend zur Metastasenprophylaxe und Zerstörung
von Mikrometastasen eingesetzt. In diesem Beitrag wird ein Überblick über die Wirkungsweise und Durchführung der Ganzkörperhyperthermie (SGHT) gegeben.
Schlüsselwörter: Ganzkörperhyperthermie, Krebs, Chemotherapie
Pflegezeitschrift 1/2003
Biologische Grundlagen
Zellen mit niedrigem ph-Wert und geringer O2-Sättigung, wie zum Beispiel die Tumorzelle, reagieren sensibler auf erhöhte Temperaturen (Dziambor/Hager 1998).
Die Schädigung der Krebszelle ist zurückzuführen auf
die erhöhte Stoffwechsellage und die starren Wände
der Tumorgefäße. Während eine Temperaturerhöhung
im gesunden Gewebe die Gefäße erweitert, wodurch
die Wärme schneller abgegeben wird, ist dieser Mechanismus im Tumorgewebe nur sehr eingeschränkt
möglich, weil sich die dortigen Gefäße kaum dilatieren.
Eine anfängliche Zunahme der Perfusion im Tumor um
etwa 50 Prozent führt bei andauernder und zunehmender Hitze durch die fehlende Vasodilatation zu einem
verminderten Abtransport des Blutes und damit zum
Wärmestau. Entstehende Mikrothromben und Endothelschwellungen verstärken diesen Prozess, der aerobe
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Pflegepraxis
Prostata-Karzinom oder Plasmozytom. Bei den meisten von
ihnen wurde eine multiple Metastasierung mit progredientem
Verlauf diagnostiziert. Wünschenswert ist ein frühestmöglicher
Behandlungsbeginn, da durch die systemische Erwärmung
des gesamten Körpers auch noch nicht nachweisbare Mikrometastasen zerstört werden können.
Über die Indikation zur Hyperthermiebehandlung (Kasten)
entscheidet prinzipiell der Chefarzt bzw. die sogenannte Tumorkonferenz. Nach Abschluss der Voruntersuchungen findet
zwischen dem Arzt der Hyperthermieabteilung und dem Patienten ein Aufklärungsgespräch statt. Neben dem Behandlungsablauf werden auch individuelle Probleme der Betroffenen,
wie zum Beispiel Klaustrophobie oder, wie bei
Patienten mit Pleuraergüssen oder Aszitesbildung
notwendig, das eventuelle Legen von Pleura- oder
Voruntersuchungen:
intraabdominellen Kathetern besprochen. Die
◆ Blutbild nicht älter als 24 Stunden
Patienten erhalten einen Ablaufbogen, der vom
◆ Gerinnungs-, Nieren-, Leber- und
Pflegepersonal entworfen wurde, um den BetrofElektrolytparameter
fenen die Möglichkeit zu geben, sich in Ruhe über
◆ Lungenfunktionstest
alle relevanten Dinge zu informieren. Denn er◆ Herzechographie
fahrungsgemäß ist die Informationsflut so groß,
◆ Abdomensonographie
dass viele Details überhört oder vergessen wer◆ EKG, bei Bedarf Belastungs-EKG
den. Ziel ist, dass der Patient mit größtmöglicher
◆ Vergleichsbilder von bildgebenden
Sicherheit die Behandlung beginnt.
Untersuchungen (CT, Röntgen und
Stoffwechsel bricht zusammen. Der anaerobe Stoffwechsel und
der reduzierte Abtransport von Stoffwechselendprodukten führen zur Laktatanreicherung und damit zum Abfall des pH-Wertes. Die Folge ist eine Azidose. Hitze und Übersäuerung verursachen eine Denaturierung von Eiweißen und schädigen
Reparaturenzyme. Die Protein-, RNA- und DNA-Synthese wird
gestört und der Zelltod wird eingeleitet (Bogovic/Douwes/
Douwes 1999).
Werden bestimmte Zytostatika in der fortgeschrittenen Erwärmungsphase appliziert, so verstärkt sich deren Wirkung. Zum
Beispiel steigt die Wirksamkeit von Carboplatin bei Temperaturen von etwa 42 °C um ein Sechsfaches an (Wiedemannn/
Kasten 1
Kontraindikationen:
◆ ausgeprägte Knochenmarkdepression,
Thrombozyten (PLT) unter 90.000,
Leukozyten (WBC) unter 2000
◆ ausgeprägte kardiale/pulmonale
Insuffizienz > 2. Grades
◆ Thrombosen, Marcumarisierung
◆ Epilepsie, zerebrale Mangeldurchblutung
◆ drohendes Hirnödem, symptomatische Hirnmetastasen
◆ tumorbedingte Einengung des Spinalkanals
◆ schwere Lymphödeme
◆ Niereninsuffizienz
◆ Gravidität
◆ akute Infektionen, Körpertemperatur
> 38,5 °C (außer Tumorfieber)
◆ stark reduzierter Allgemeinzustand
(< 60 % Karnowski-Index)
◆ progrediente destruktive Erkrankungen, zum Beispiel Leberzirrhose
◆ nicht medikamentös eingestellte
Hyperthyreose
◆ akute psychiatrische Erkrankungen
andere)
◆ Urinstatus
Vorbereitung
Die Ganzkörperhyperthermie ist eine intensivmedizinische Behandlung. Pro Patient ist eine PflegeMaßnahmen am Vortag
kraft zuständig. Die Therapie dauert mit Vor- und
◆ Vorbereitungs- und AufklärungsNachbereitung etwa sieben Stunden.
gespräch
Für ein gutes Gelingen der Therapie ist neben der
◆ Festlegung der Chemotherapie
exakten Voruntersuchung eine vertrauensvolle
◆ Hydrocolon-Therapie
Beziehung zwischen Patient und Pflegekraft not◆ mittags und abends Suppe, Wasser
wendig. So haben ruhiges und sicheres Auftreten,
bis 6 Uhr morgens, danach nücheine entspannte Atmosphäre und genügend Zeit
tern
für offene Fragen äußerste Priorität und verringern
Nervosität und Angst.
Die Messung der Kerntemperatur erfolgt rektal und
vesikal mittels Temperatursonde. Blutbild- und
Elektrolytbestimmungen am Anfang und Ende der
Behandlung sowie während der Anstiegs- und der
Hochfieberphase geben Aufschluss über notwendige SubRobins et al. 1996). Ursache für die Wirkungsverstärkung ist
stituierungen. Das Monitoring von Blutdruck, Puls, EKG und
zum einen die erhöhte Membrandurchlässigkeit, die zu einer
Sauerstoffsättigung gehört zu den Routinemaßnahmen.
besseren Aufnahme der Chemotherapeutika führt, zum andeBei der Sedierung der Patienten ist die „total intravenöse Analren bewirken allein die gesteigerte Durchblutung und der ergesie“ (TIVA) das am meisten favorisierte Narkoseverfahren.
höhte Metabolismus in der Krebszelle eine KonzentrationssteiDer Patient ist so sediert, dass er tief schläft, aber trotzdem
gerung im Tumor um das 7- bis 1000-Fache im Vergleich zum
noch spontan atmet. Verwendet wird hierzu eine KombinaPlasma (Dziambor/Hager 1998). Es gibt jedoch auch einzelne
tion aus Propofol und Fentanyl. Zur Einleitung hat sich die
Zytostatika, bei denen die Wirkung nicht durch die Temperaeinmalige Bolusinjektion von Dormicum® bewährt.
turhöhe beeinflusst wird.
Im Interesse des Patienten werden alle Interventionen, bei deEinen guten Überblick über die Wirkung verschiedener Zynen dies möglich ist, auf die Zeit nach dem Narkosebeginn
tostatika unter Hitze bietet Hager (1997, S. 171). Durch die
verschoben. Dazu gehören zum Beispiel das obligate Legen eiverbesserte Wirkung der Chemotherapeutika kann die Dosis
nes Blasendauerkatheters, die subkutane Injektion von Fragmin®
erheblich reduziert werden. Nebenwirkungen wie Knochenzur Thromboseprophylaxe und das Legen eines venösen Zumarkdepression, Übelkeit und Erbrechen treten seltener auf,
gangs, wenn ein Portsystem zur Narkoseeinleitung vorhanden
was eine enorme Steigerung der Lebensqualität für die Betrofist, sowie die bereits erwähnten eventuellen Punktionen von
fenen bedeutet.
Pleuraerguss oder Aszites. Danach wird der Patient mit drei
großen Frotteetüchern zugedeckt, die Kabine wird geschlossen.
Die SGHT in der Klinik St. Georg
In der Klinik St. Georg werden wöchentlich bis zu 25 Ganzkörperhyperthermien durchgeführt. Die betroffenen Patienten
sind an den verschiedensten Arten von Karzinomen erkrankt
wie zum Beispiel an Colon-, Mamma-, Ovarial-, Bronchial-,
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Durchführung
Zur Flüssigkeitssubstitution wird Sterofundin® verwendet. Bis
zum Erreichen der Zieltemperatur wird 20-prozentige Glukoselösung zur Erhöhung des Blutzuckerspiegels auf etwa
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Narkose. Bis zum vollständigen Erwachen wird er weiterhin
400 mg/dl ± 50 mg/dl appliziert. Damit wird zum einen auf
in der SGHT-Abteilung betreut, ehe er am Nachmittag in die
den erhöhten Energiebedarf des Körpers während der BehandStation zurückverlegt wird. Probleme in dieser Phase können
lung reagiert, zum anderen sollen durch die Hyperglykämie
eventuell Übelkeit mit Erbrechen oder Hypotonie als Folge
eine höchstmögliche Stoffwechselaktivität im Tumor und eine
der Sedierung sein, die in der Regel gut beherrschbar sind.
Laktatsteigerung erreicht werden. Der Verbrauch von etwa
Der Dauerkatheter wird je nach Mobilität am Abend oder am
1000 ml 20-prozentiger Glukose während der gesamten Hynächsten Morgen entfernt. Während der folgenden Tage werperthermie zeigt die enorme Belastung des Körpers. Insgesamt
den Blutbild und Elektrolyte sowie Nierenparameter engmasteht der Einfuhr von etwa 5000 ml Flüssigkeit eine Urinausschig kontrolliert.
fuhr von etwa 2000 bis 3000 ml gegenüber. Das Defizit erklärt
sich zum einen durch das starke Schwitzen unter der Therapie
Vorbeugung von Hautläsionen
und der hitzebedingten interstitiellen Ödembildung, zum anEinen besonderen Stellenwert nimmt die Lagerung der Patideren durch die relative Exsikkose vom Vortag, da erfahrungsenten ein, da infolge der veränderten Stoffwechsellage die
gemäß bei Nahrungskarenz auch die Flüssigkeitsaufnahme
Gefahr besteht, dass sich während der Hyperthermie Hautreduziert wird.
läsionen unterschiedlichen Ausmaßes entwickeln.
Die Überwachung der Patienten erfordert viel Erfahrung und eiAls Grund für das gehäufte Auftreten von Hautläsionen wird
ne ausgeprägte Beobachtungsgabe. Neben den Kreislaufparaein Hitzestau in der Subkutis angenommen, es können sich
metern stehen die Temperaturentwicklung und die individuelle
Blasen oder gar Nekrosen bilden. Ursache ist meist eine geSedierung im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Nach anfänglinerelle Minderdurchblutung, wie sie zum Beispiel im Fettcher Stagnation erhöht sich die Temperatur um 1,2 bis 1,5 °C
gewebe bei adipösen Patienten oder im Bereich des Beckenpro 30 Minuten. Jedes Öffnen der Kabine bewirkt einen Luftkamms bei kachektischen Menschen sowie im Narbengewebe
austausch in der Wärmekammer und somit eine Verzögerung
besteht. Hier genügt oftmals ein zusätzliches Zudecken, um
des Anstieges. Daher ist konzentriertes und strukturiertes Arbeidie gefährdeten Körperpartien der extremen Hitzeeinwirkung
ten erforderlich, denn jede Zeitverzögerung bedeutet für den
zu entziehen, die die Temperatur der Hautoberfläche auf 43 °C
Patienten zusätzlichen Stress und zusätzliche Medikation.
ansteigen lassen kann (Abb.). An anderen Stellen ist Druck für
Bei 41 °C können die Lampen ausgeschaltet werden, die Kördie Minderdurchblutung verantwortlich, wobei davon auspertemperatur steigt dann trotzdem noch um etwa 1 °C an.
gegangen wird, dass zusätzliche weitere Faktoren das Risiko
Die genauen Ursachen für die weitere Erhöhung sind noch
für Hautläsionen erhöhen. Hierzu gehören der erhöhte Enernicht bis ins Detail geklärt. Heckel (1990, S. 23) nennt als
gie- und Sauerstoffbedarf der Zellen, die Vasodilatation mit
Gründe hierfür unter anderem die Freigabe von Wärme durch
nachfolgender Verminderung des Blutflusses, die Entstehung
den erhöhten Stoffwechsel sowie die Auslösung fieberähnlivon interstitiellen Ödemen, der ohnehin reduzierte Allgemeincher Mechanismen.
zustand, eine periphere arterielle Verschlusskrankheit und
Die Körpertemperatur des Patienten muss 90 Minuten bei etVarizen. So wurden an bestimmten Stellen mit Druckeinwirwa 41,8 °C gehalten werden. Hierfür muss die Umgebung
kung gehäuft Blasenbildungen festgestellt. Dazu gehören der
gegebenenfalls angepasst werden: durch Öffnen der Kabine
Auflagepunkt am Hinterkopf, die Fersen, die Fingerkuppen,
oder notfalls Aufdecken des ganzen Körpers oder, bei einer
an denen der Sensor des Pulsoximeters befestigt ist, sowie die
notwendigen Temperaturerhöhung, durch Zuschaltung von
Kuppen der längsten Zehe.
zwei bis vier Lampen. Bei jeder Intervention sind jedoch etwa fünf Minuten Zeitverzögerung bis zur
Wirkung der Maßnahme am Körperkern
Abb.: Temperaturverlauf an verschiedenen Messpunkten
zu berücksichtigen. Dies erfordert eine
exakte kontinuierliche Überwachung der
Patienten und viel Erfahrung auf diesem
Gebiet. Temperaturen über 42 °C sollten
wegen der Gefahr eines Hirnödems vermieden werden. Zur Prophylaxe eines
Hirnödems kann auch der Kopf des Patienten außerhalb der Kabine gelagert werden, ebenso können prophylaktisch die
Carotiden gekühlt und/oder hochdosiert
Cortison verabreicht werden.
Das Chemotherapeutikum wird bei etwa
40,5 °C verabreicht, so dass es in der 90minütigen Hochfieberphase mit beginnender Thrombosierung der tumoreigenen
Gefäße bereits im Tumor selbst wirken
kann. Die Zytostatika werden in der Regel über einen Portkatheter oder andere
Therapie der Wahl ist folglich konsequentes Entlasten des bevenöse Zugänge appliziert. Bei Pleuraergüssen oder Aszianspruchten Gewebes. Bis zum Ende der Hochfieberphase ist
tes besteht zusätzlich die Möglichkeit, die Flüssigkeit abkein Lagewechsel möglich. Kachektische Patienten werden
zupunktieren und die Chemotherapeutika direkt zu applidaher generell in der Region des Steißbeins hohl gelagert. Das
zieren.
Hinterhaupt kann durch stündliches Drehen des Kopfes entNach 90 Minuten wird die Kabine geöffnet und durch Abkühlastet werden, ebenso schützen das stündliche Wechseln der
lung der Haut senkt sich bald die Körpertemperatur. Im letzFingerkuppe, an welcher der Sensor des Pulsoximeters angeten Drittel der Abkühlphase erwacht der Patient meist aus der
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Pflegepraxis
bracht wird, sowie die Hochlagerung der
Fersen vor Hautläsionen. Im Klinikum
St. Georg werden die Zehen der Patienten so mit einer Zellstoffkompresse
(Zetuvit®) eingebunden, dass zwischen
Zehenkuppe und Kompresse eine Luftschicht besteht, die verhindert, dass die
Abdeckung einen unmittelbaren Auflagedruck bewirkt.
Zur Zeit evaluiert das Pflegepersonal,
wie sich die Häufigkeit von Hautläsionen durch diese Maßnahmen verändert
hat. Die ersten Ergebnisse sind erfolgversprechend. Leider gibt es bislang keine
aktuellen Veröffentlichungen, in denen
dieses Phänomen aus pflegerischer Sicht
behandelt wird. In der Regel beschränken sich Studien zur SGHT auf die Wirksamkeit der Behandlung.
Hygiene
Die Arbeit in der Hyperthermieabteilung
erfordert den hochsterilen Umgang mit
Wunden, da die Wärme und die durch
Transpiration entstehende Luftfeuchtigkeit einen optimalen Nährboden für die
Vermehrung von Bakterien bieten.
Vor Beginn und am Ende der Behandlung werden alle Wunden und Punktionsstellen sorgfältig auf Infektionszeichen hin inspiziert und gegebenenfalls
bestehende Auffälligkeiten dokumentiert.
Ein Erfassungsbogen wird dazu mit auf
die nachbetreuenden Stationen geleitet
und danach in der SGHT-Abteilung archiviert. Aufgrund der starken Schweißbildung werden nach Therapieende alle
Verbände erneuert. Mit einem erhöhten
Zu den Autoren
Jana Gaworek ist
Krankenschwester. Seit zwei Jahren arbeitet
sie als stellvertretende Stationsleitung in der
Abteilung für systemische
Ganzkörperhyperthermie
(SGHT) der Klinik St. Georg
in Bad Aibling. Parallel dazu
studiert sie seit 2001 Pflege
an der Fachhochschule
in Jena.
Cvetka Theresa Mayer ist
Krankenschwester und arbeitet seit elf Jahren in der
Klinik St. Georg. Sie war
am Aufbau der SGHT-Abteilung beteiligt
und ist dort Stationsleitung.
Infektionsrisiko sind auch das Legen des
transurethralen Dauerkatheters sowie die
endotracheale Absaugung verbunden.
Risiken und Nebenwirkungen
Bei sorgfältiger Planung und Durchführung der Hyperthermie lassen sich die
Nebenwirkungen auf ein Minimum reduzieren. Eine Sinustachykardie entspricht einer natürlichen physiologischen
Anpassung an die Hyperthermiebedingungen und sollte erst bei einer Herzfrequenz von 130 bis 140 Schlägen pro
Minute behandelt werden.
Die Gefäßweitstellungen in der Erwärmungsphase führen oft zu einer Hypotonie, der aber mit einer erhöhten Flüs-
Tabelle
Anzahl der Behandlungen
2001
bis 31.10. 2002
n
%
n
%
Mamma-Karzinom
237
29,4
293
37,8
Kolon-/Rektum-Karzinom
114
14,1
123
15,9
Ovarial-Karzinom
100
12,4
107
13,8
Prostata-Karzinom
72
8,9
65
8,4
Osteo- und Weichteil-Sarkome
43
5,3
12
1,5
Bronchial-Karzinom
34
4,2
56
7,2
Karzinom mit unbekanntem Primärtumor 22
2,7
16
2,1
andere
23
103
13,3
183
Anzahl der Gesamtbehandlungen
805
775
männlich
315
264
weiblich
490
511
48,4 %
57,3 %
davon Mamma-Ca
Statistische Angaben über die Durchführung von systemischen Ganzkörperhyperthermien an
der Klinik St. Georg in Bad Aibling vom 01.01.2001 bis 31.10.2002
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sigkeitssubstitution begegnet werden
kann. Vor allem der diastolische Wert
ist meist während der gesamten Therapie
infolge des verminderten peripheren
Gefäßwiderstandes erniedrigt, was sich
aber meist in der Abkühlungsphase wieder normalisiert.
Zerebrale Krämpfe sind sehr selten und
werden mit intravenöser Diazepamgabe
behandelt. Übelkeit und Erbrechen als
Folge der Chemotherapie an den darauf
folgenden Tagen gehören zu den häufigsten Beschwerden und werden mit geeigneten Antiemetika therapiert. Wenig
beeinflussbar ist der Ausbruch einer Herpesinfektion im Mund- und Nasenraum
meist am dritten Tag. Hautläsionen können wie oben beschrieben auftreten. Allgemeine Schwäche und Müdigkeit halten etwa drei bis sieben Tage an.
Ein Brennen beim Wasserlassen innerhalb der ersten 36 Stunden nach der
Therapie ist normal, bei länger anhaltenden Beschwerden sind Urinkontrollen erforderlich. Zur Vermeidung einer
Infektion sind weitere Wundkontrollen
obligat. Erneut auftretende Temperaturen
bis 39 °C an den folgenden Tagen sind
möglich und wünschenswert, da sie als
immunologische Antwort zu werten sind,
und sollten somit nicht medikamentös
behandelt werden.
Fazit und Ausblick
Die Ganzkörperhyperthermie stellt ein
sinnvolles Verfahren dar, um die Wirksamkeit von Zytostatika zu erhöhen und
gleichzeitig ausgeprägte Nebenwirkungen wie Mundschleimhautentzündung,
Hämato- und Neurotoxizität zu verringern. Sie grenzt sich deutlich von der
sogenannten Alternativmedizin ab. Einheitliche Qualitätsrichtlinien müssen
sowohl auf der medizinischen wie auch
auf der pflegerischen Seite noch erarbeitet werden, um Ergebnisse effektiver
miteinander vergleichen zu können. Ansätze dafür sind bei der Internationalen
und bei der Europäischen Gesellschaft
für Hyperthermie (http://www.hyperthermia-ichs.org und http://www.esmo.
org) zu finden.
Jana Gaworek, Klinik St. Georg, Bad Aibling, Onkologische Fachklinik, Rosenheimer Straße 6–8, 83043 Bad Aibling, E-Mail:
[email protected]
Die Literaturliste zu diesem Beitrag kann
in der Redaktion unter der Telefonnummmer (07 11) 78 63-74 72 angefordert
oder unter www.pflegezeitschrift.de heruntergeladen werden.
◆
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