Kapitel 3 Experimentelle Methoden 3.1 Wechselwirkungen von Teilchen mit Materie Teilchen können nur aufgrund ihrer Wechselwirkungen mit Materie nachgewiesen werden. Abhängig von der Eigenschaft des Teilchens, die nachgewießen werden soll, nutzt man entsprechende Prozesse aus, und baut dafür geeignete Detektoren. Mögliche Prozesse sind: • Ionisation: Geladene Teilchen ionisieren das Medium, das sie durchqueren, entlang ihrer Flugstrecke. • Bremsstrahlung: Elektronen strahlen in Materie mit hoher Kernladungszahl Z durch die starken Kernfelder Photonen ab. • Photonstreuung (Comptoneffekt) und Photonabsorbtion • Kernreaktionen: Teilchen, die an der starken Wechselwirkung teilnehmen (Hadronen), können durch deren Wechselwirkung mit Kernmaterie nachgewiessen werden. • schwache Wechselwirkung: Nachweis von Neutrinos 3.1.1 Ionisation Geladene Teilchen verlieren beim Durchgang durch Materie Energie durch Stöße mit den Elektronen der Atome (Abb. 3.1). Der mittlere Energieverlust pro Weglänge ist abhängig von den Eigenschaften des Mediums und der Kinematik des Teilchens, er wird duch die Bethe–Bloch Formel gegeben: dE D · ne h 2me c2 β 2 γ 2 δ(γ) i 2 − = ln − β − dx β2 I 2 Dabei gilt: – x ist die Medium zurückgelegte Strecke (3.1) 32 Experimentelle Methoden E-dE E n Teilche (Masse M) dx Abbildung 3.1: Energieverlust eines Teilches beim Durchgang durch Materie. – D= 4πα2 ~2 me = 5.1 · 10−25 MeVcm2 – I ≈ 16 · Z 0.9 eV: effektives Ionisationspotential der Atome im Medium – ne ist die Elektron–Dichte – die Elektron–Dichte ist gegeben mittels: ne = ρNA z A – Z, A und ρ sind Kernladungszahl, Massenzahl und Dichte des Mediums – z und β sind Ladungszahl und Geschwindigkeit des passierenden Teilchens – δ(γ)–Korrekturen treten vor allem bei kleinen Energien (Schalenkorrekturen) und bei großen Energien (Dichtekorrekturen) auf. Im Allgemeinen wird hder auf die i Dichte des Absorbermaterials normierte Energie2 MeVcm dE verlust tabeliert: ρdx . g In Abb. 3.2 ist die charakteristische Abhängigkeit des Energieverlustes von der Energie dargestellt. Bei kleineren Energien dominiert der (1/β 2 )–Term, bei hohen Enerergien der (ln γ 2 )–Term. Der Anstieg bei hohen Energien ist ein relativistischer Effekt: die transversale Komponente des elektrischen Feldes wächst mit γ, die Reichweite des Feldes wird allerdings durch die Abschirmwirkung der umgebenden Atome begrenzt1 . Zwischen dem 1/β 2 –Abfall und dem relativistischen Anstieg liegt ein breites Minimum bei γ ≈ 3.6 oder β ≈ 0.96. Die β bzw. γ–Abhängigkeit wird zur Identifikation von Teilchen benutzt: bei gleichem Impuls haben verschiedene Teilchen auf Grund ihrer unterschiedlichen Massen verschieden Werte von β oder γ, was sich in einer Verschiebung der dE/dx–Kurve zeigt. Wenn der Impuls des Teilchens beispielsweisse aus der Messung der Ablenkung in einem magnetischen Feld bekannt ist, kann man die Teilchen auf Grund der jeweiligen dE/dx–Verteilung zuordnen. Das ist in Abb. 3.3 dargestellt. 1 Dichteeffekt: Sättigung von dE/dx bei hohen Energien 3.1 Wechselwirkungen von Teilchen mit Materie 33 dE ρ dx 2 ∼1/β ~ log onst γ+c 1-2 MeV cm 2/g minimalionisierend γ=3.6 β=0.96 log (E/m= γ) Abbildung 3.2: Charakteristische Abhängigkeit des mittleren Energieverlustes von β oder γ bei gegebener Masse. Statistische Fluktuationen Die Bethe–Bloch–Formel (Gl. 3.1) gibt das mittlere dE/dx an. Statistische Fluktuationen werden durch die Landau–Verteilung beschrieben, die einen Gauss–artigen Anteil2 und einen exponentiell abfallenden Ausläufer zu großen Energiverlustwerten bis zu ∆Tmax hat (Abb. 3.4). Dabei entsprechen die großen Werte den seltenen harten Stößen, bei denen viel Energie auf ein einzelnes Elektron Elektron übertragen wird, die ihrerseits wiederum ionisierend wirken können (δ–Elektronen). Reichweite In ausreichend dickem Material werden die Teilchen vollständig absorbiert, wenn sie ihre gesammte kinetische Energie T verloren haben: dE = dE (T ) · dx dx bzw. dx = dE dE/dx ⇒ R= Z 0 T0 dE dE/dx (3.2) Die Reichweite eines Teilchens aufgrund seines Energieverlustes durch Ionisation hat bei einer bestimmten Energie einen festen Wert mit einer sehr geringen Streuung, beim Durchgang eines Teilchenstrahles durch Materie bleibt deshalb die Teilchenzahl nahezu konstant bis zu einer scharfen Abbruchkante (Abb. 3.5 und Abb. 3.6). Absorptionsprozesse mit dN = −µ dx führen dagegen zu einem exponentiellen Abfall der Teilchenzahl (z.B. bei Photonen). Bei Teilchen, die an der starken Kernkraft teilhaben3 kommt es häufig bei der Absorptionskante zu einer sehr hohen Dichte der deponierten Energie. Dies wird zB. vor allem in der Strahlenterapie ausgenutzt. 2 3 entsprechend den vielen Ionisationsprozessen bei kleinen Energieverlusten das sind Protonen, Neutronen, Pionen oder ganze Atomkerne (Hadronen) Experimentelle Methoden dE/dx (keV/cm) 34 18 p 16 K dE/dx-resolution: (159 samples) 14 µ-pairs: 2.8 % min. ion. π: 3.2 % 12 π µ-pairs e 10 8 µ 6 10 -1 1 10 10 2 p (GeV/c) Abbildung 3.3: Messungen der Ionisation von Teilchen mit dem OPAL–Detektor am LEP (CERN). In der Kernphysik werden Reichweitemessungen zur Enerergiebestimmung von Protonen, α–Teilchen oder anderen Kernen benutzt (Abb. 3.7). Schwere Teilchen kommen aufgrund ihrer Masse weniger weit, haben aber eine höhere Ionisationsdichte. Für den Strahlenschutz ist es von Bedeutung, wie weit eine bestimmte Strahlung in ein Medium eindringen kann. Dies ist in Tab. 3.1 für einige Besipiele dargestellt. 3.1.2 Bremsstrahlung Beim Durchgang durch Materie werden geladene Teilchen im Coulombfeld eines Kerns beschleunigt, beschleunigte Ladungen strahlen Photonen ab. Ein klassisches Analogon zur Abstrahlung einzelner Photonen ist das Strahlungsfeld eines schwingenden Dipols. Dabei gilt für das Energiespektrum: dNγ 1 ∼ dEγ Eγ (3.3) Photonen häufen sich also bei kleinen Energien4 , der Energieverlust pro Wellenlänge ist aber endlich und proportional zu (E/m2 ). Wegen der umgekehrten proportiona4 mit einer Divergenz des Spektrums bei Eγ = 0 3.1 Wechselwirkungen von Teilchen mit Materie 35 90000 most probable dE/dx 80000 70000 Landau distribution of minimum ionising pions p = 400 - 800 MeV/c (dE/dx)mp = 6.8 keV/cm 60000 50000 40000 30000 → 30% of highest charge truncated 20000 10000 0 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 dE/dx (keV/cm) Abbildung 3.4: Landau–Verteilung verschiedener in Abb. 3.3 gemessener dE/dx– Werte. lität zur Masse ist die Bremstrahlung vor allem bei leichten Teilchen wie Elektronen von Bedeutung, für schwerere Teilchen spielt sie in den Bereich von einigen 100 GeV keine wesentliche Rolle. Der Energieverlust pro Wegänge ist proportional zur Energie: dE dE dx E =− ⇒ (3.4) =− rad E x0 dx x0 und der zugehörige Feynmanngraph sieht wie folgt aus: γ eZe Die Größe x0 ist die Strahlungslänge, x0 ist die im Medium zurückgelegte Strecke, nach der die Teilchenzahl auf den 1/e–ten Teil abgesunken ist oder das Teilchen den 1/e–ten Teil seiner Energie verloren hat. Enstprechend der Bethe–Bloch Gleichung (3.1) ist die Strahlungslänge x0 durch die Eigenschaften des Mediums gegeben. 183 NL · ρ 1 (3.5) = 4α re2 Z(Z + 1) · · ln 1 x0 A Z3 36 Experimentelle Methoden N dN ~ N dx x dE dx x Abbildung 3.5: Teilchenzahl und Energieverlust pro Weglänge als Funktion der im Medium zurückgelegter Strecke. Die unterschiedlichen Abhängigkeiten des Energieverlustes pro Weglänge von der Kernladungszahl Z (Ionisation ∼ Z · ln E, Bremsstrahlung ∼ Z 2 · E) bedingt, dass bei niedriger Energie die Ionisation und bei höherer Energie die Abstrahlung dominiert. Bei der kritischen Energie sind beide beide Beiträge von (dE/dx) gleich groß (Abb. 3.8): dE dE (Ek ) = (Ek ) (3.6) rad ion dx dx und variiert mit dem Medium etwa wie Ek ≈ 600 MeV/Z. Einige Zahlenwerte sind in Tab. 3.2 angegeben. Material Z H2 O Al Fe Pb 1/8 13 26 82 x0 [mm] Ek [MeV] 361.0 89.0 17.6 5.6 92.0 51.0 27.4 9.5 Tabelle 3.2: Stralungslängen und kritische Energien. 3.1.3 Wechselwirkung von Photonen mit Materie Bei der Wechselwirkung von Photonen mit Materie gibt es sehr unterschiedliche Phänomene. Abhängig vom Energiebereich unterscheidet man zwischen drei Prozessen: 3.1 Wechselwirkungen von Teilchen mit Materie 37 Abbildung 3.6: Energieverlust pro Weglänge im Körpergewebe. Die überhöhung am Ende kann gezielt zur maximalen lokalen Energiedeposition genutzt werden. • Photoeffekt: (Eγ < 1 MeV) Das Photon überträgt seine gesammte Energie auf ein Hülllenelektron: Die kinetische Energie des Elektrons ist dann die Enerergie des Photons abzüglich der Bindugsenergie, und der Wirkungsquerschnitt hat die folgenden Abhängigkeiten von Z und Eγ : Ee = E γ − E B , σP hoto ∼ Z n /Eγ3 γ n ≈ 4...5 (3.7) e- • Compton–Effekt: (Eγ ≈ 1 MeV) Das Photon streut elastisch an einem Hülenelektron, überträgt dabei Energie auf das Elektron und verliert dabei selbst Energie. Der Wirkungsquerschnitt ist proportional zur Zahl der Hüllenelektronen und somit zur Kernladungszahl Z: Eγ0 = 1+ Eγ Eγ (1 − me c 2 cos θ) , σCompton ∼ N (e− ) ∼ Z (3.8) 38 Experimentelle Methoden Abbildung 3.7: Spuren von α–Teilchen in einer Nebelkammer, die scharf begrenzte Reichweite liegt an der gleichen Energie der emmitierten α–Teilchen. e- γ θ Z γ’ • Paarbildung: (Eγ > 1 MeV) Das Photon konvertiert im Coulomb–Feld des Kernes zu einem Elektron - Positron Paar. Der Wirkungsquerschnitt hat dann die Abhängigkeit von der Kernladugnszahl Z und eine Schwelle bei der doppelten Elektronmasse me : σP aar ∼ Z 2 γ Eγ > 2me (3.9) e+ e- Ze Aufgrund dieser Effekte werden Photonen proportional zur zurückgelegten Wegstrecke absorbiert. Die Absorptionswahrscheinlichkeit pro Weglänge wird im Ab- 3.2 Beschleuniger 39 Teilchen Elektronen Protonen α–Teilchen Energie [MeV] 0.1 1.0 10.0 0.1 1.0 10.0 0.1 1.0 10.0 Reichweite [m] Luft Wasser 0.13 3.80 40.0 1.3 · 10−3 2.3 · 10−2 1.2 1.2 · 10−3 5.0 · 10−3 9.5 · 10−2 1.4 · 10−4 4.3 · 10−3 4.8 · 10−2 1.6 · 10−6 2.8 · 10−5 1.5 · 10−3 1.4 · 10−6 6.1 · 10−6 1.2 · 10−4 Tabelle 3.1: Reichweiten von Elektronen, Protonen und α–Teilchen in Luft und Wasser. sorptionskoeefizienten µ angegeben: − 1 dN dNT · σ NL =µ= =ρ σ N dx dx · F A (3.10) also folgt die Anzahl der Photonen in einem Strahl einem Exponentialgesetz: N (x) = N0 e−µx (3.11) Dies gleicht dem Verhalten geladener Teilchen, die durch Ionisation kontinuierlich Energie verlieren und eine bestimmte (diskrete) Reichweite haben (Abb. 3.5). In Abb. 3.9 sind die Beiträge zur Absprotion von Photonen als Funktion der Photonenergie in Blei dargestellt. Abgesehen von einem schmalen Bereich um ca. 1 MeV, in der der Compteneffekt am stärksten ist, wird die Absorption bei großen Energien von der Paarbildung und bei kleinen Energien durch den Photoeffekt dominiert. Für leichtere Materialien wird entsprechend der Z–Abhängigkeit der Bereich des Comptoneffektes breiter. 3.2 Beschleuniger Hochenergetische Teilchen kommen in der Natur in der Regel nicht vor. Wenn man fundamentale Prozesse studieren will, die einerseits sehr selten sind und andererseits nur bei extrem großen Energien auftreten, muss man die benötigten Teilchen an Teilchenbeschleunigern herstellen. Beschleuniger können auch zur Analyse kleinster Strukturen eingesetzt werden. Die Orstauflösung ist umgekehrt proportional zur Energie, die bei einer an einem Beschleuniger erzeugten Reaktion erreicht werden kann. Über die de Broglie Wellenlänge (~ = 1): λ= h , E≈p p ⇒ λ ≤ d bzw. p ≥ h 1 ⇒ d≈ d ESW P (3.12) 40 Experimentelle Methoden Abbildung 3.8: Energieverlust durch Ionisation und Bremsstrahlung für Elektronen und Protonen als Funktion der Energie. ist die erreichbare Auflösung einer linearen Struktur d definiert, die man mit dem entsprechenden Beschleuniger erreichen kann. Beispiel: Mit 3.12 erhält man für eine Schwerpunktsenergie von 320 GeV (HERA5 ) eine Auflössung von 10−18 m (ein Tausendstel des Protonradius !!) Das grundlegende Prinzip jedes Beschleunigers ist, dass geladene Teilchen mit der ~ auf eine kinetische Energie Ekin beschleunigt Ladung q von einem elektrischen Feld E werden. Allgemein gilt für einen statischen Beschleuniger mit der Spannung V zwischen den Punkten 1 und 2 Ekin = q Z 2 1 ~ d~s = q · V E (3.13) Anwendungen sind z.B. Kathodenstrahloszillographen (Abb. 3.10). Wegen Spannungsüberschlägen ist man bei elektrostatischen Beschleunigern beschränkt, die erfolgreichsten Techniken (Van–der–Graaff Beschleuniger) erreichten eine maximale Energie von Emax ≈ 20 MeV. Deshalb verwendet man Hochfrequenz–Beschleuniger: dabei müssen die zu beschleunigenden Teilchen hochfrequente elektromagnetische Wechselfelder in einere ~ Weise durchlaufen, so dass sie exakt in Phase zu den beschleunigenden E–Feldern sind. 5 Beschleuniger HERA: Hadron Elektron Ring Anlage bei DESY Hamburg 3.2 Beschleuniger 41 Abbildung 3.9: Absorptionskoeffizient pro Schichtdicke von Photonen in Blei. 3.2.1 Linearbeschleuniger Ein Linearbeschleuniger ist ein Rohr mit Irisblenden in wohldefinierten Abständen, auf die abwechslungsweisse positive und negative Spannunen gegeben werden (Abb. 3.11). Sie wirken dann wie Kondensatoren, zwichen denen sich elektrische Felder ausbilden, die von einer Zelle zur nächsten die Feldrichtung ändern und mit einer festen Frequenz umgepolt werden. Die zu beschleunigenden Elektronen müssen immer am Ort des beschleunigenden Feldes sein, also während einer halben Schwingugsdauer einen Blendenabstand zurücklegen. Typische Energiegewinne für Hochfrequenz–Beschleuniger sind ∼ 8 MeV/m. Beim Linearbeschleuniger in Stanford (USA, SLAC6 ) erreicht man heute 50 GeV auf 3 km. Die neueste Entwicklung bei DESY für den 33 km langen Elektron–Positron TESLA–Linearbeschleuniger7 benötigt für die Endenergie von ca. 400 GeV pro Strahl eine Beschleunigugsleistung von ∼ 25 MeV/m. Dies ist nur noch mit supraleitenden Kavitäten (Beschleunigungseinheiten) realisierbar. 3.2.2 Kreisbeschleuniger Eine kompaktere Bauweise eines Hochfrequenzbeschleunigers ist die eines Kreises. Mittels Magnetfelder werden die Teilchen auf der Bahn gehalten (Lorentzkraft) ~ + ~v × B) ~ F~ = q · (E 6 7 Stanford Linear ACceselerator TeV Superconducting Linear Acceselerator (3.14) 42 Experimentelle Methoden K A Elektronen - + U Abbildung 3.10: Beschleunigung von Elekoronen im Elektrischen Feld, Priznip des Kathodenstrahloszillographen. und in Hochfrequenz–Kavitäten beschleunigt. Die wichtigsten Bauteile eines Kreisbeschleunigers sind die Strahlführungsmagneten (Dipolmagnete), die Strahlfokussierungsmagnete (Quadrupol– und Sextupolmagnete) und die Kavitäten (Hochfrequenzresonatoren zur Beschleunigung). Man unterscheidet zwischen generel zwischen dem Zykloton und dem Synchrotron. Zyklotron Im nichtrelativistischen Bereich benutzt man ein Zyklotron zur Beschleunigung von Protonen oder Ionen. In einem konstanten Magnetfeld werden die Teilchen an zwei Stellen mit einem konstanten elektrischem Feld beschleunigt und vom Magnetfeld auf der Bahn gehalten (Abb. 3.12). Die Teilchenquelle befindet sich in der Mitte des Beschleunigers. Mit steigender Energie nimmt der Bahnradius zu, jedoch die Umlauffrequenz (Zyklotronfrequenz) ω= q B m (3.15) ist unabhängig vom Bahnradius und der Energie, alle Teilchen können mit der selben Hochfrequenz beschleunigt werden. Dies ist aber nur solange erfüllt, wie die Mass konstant bleibt, also im nicht–relativistichen Bereich bei v c: ω= q B mγ (3.16) Die Grenze ist bei Protonen bei ca. 20 MeV, bei Elektronen bereits bei 100 keV erreicht, ein Zyklotron ist also zur Elektronbeschleunigung nicht einsetzbar. 3.2 Beschleuniger 43 e- E + - + - e- E z Abbildung 3.11: Prinzip eines Hochfrequenz–Linearbeschleunigers. Magnetjoch HF B Abbildung 3.12: Prinzip eines Zyklotrons (Seitenansicht und Schnitt). Synchrotron Beim Synchrotron werden die Teilchen durch ein synchron mit der Teilchenenergie ansteigendes Magnetfeld während des Beschleunigungsvorganges auf einer konstanten Kreisbahn gehalten (Abb. 3.13). An einer oder mehreren Stellen sind Hochfrequenz–Resonatoren zur Beschleunigung eingebaut. Der Radius des Synchrotrons wird einerseits durch die zu erreichende Energie definiert, die anderseits durch die maximale Feldstärke der verfügbaren Strahlführungsmagnete festgelegt ist. Die Grenzen sind dann durch die Kosten für den Bau des Beschleunigerring und der Realisierung der Magneten gegeben. R∼ E B (3.17) Die Teilchen werden von einem Vorbeschleuniger eingeschossen und nach der Beschleunigung ejiziert und auf ein festes Target gelenkt. Eine andere Methode ist, dass man interne Targets in das Vakuumsystem des Synchrotrons einbaut, oder zwei im Ring gegeläufige Strahlen im Vakuumsystem zur Kollision bringt. Dies ist das Prinzip des Speicherings, wie wir es in Kap. 3.2.3 besprechen werden. Beispiel: HERA (DESY): Elekton–Protonbeschleuniger, U = 6.4 km, Ep = 920 GeV, Ee = 44 Experimentelle Methoden 30 GeV Ein geladenes Teilchen auf einer Kreisbahn strahlt Energie in Form von kurzwelliger elektromagnetischer Strahlung ab (Synchrotronstrahlung). Hier spielt die Zentripedalbeschleunigung, die die Elektronen auf einem Kreis des Radius R hält, eine entscheidende Rolle. Aus der klassischen Elektrodynamik folgt für deren Leistung im relativistischen Fall (β ≈ 1): P ≈ 2e2 c E 4 ( ) 3R2 mc2 (3.18) Für den Energieverlust pro Umlauf in einem Synchrotron erhält man damit: ∆E ∝ 1 E4 1 · 4 = γ4 R m R ⇒ ∆E([MeV]) = 8.9 · 10−2 E 4 [GeV] R[m] (3.19) Aus Gl. 3.19 wird deutlich, daß für Elektronen ein Synchrotron in der Energie sehr beschränkt ist, man müsste zu immer größeren Ringen gehen. Der größte Elektron– Ringbeschleuniger ist mit einem Unfang von 27 km das LEP am CERN8 in Genf bei dem maximale Energien von 100 GeV pro Strahl erreicht wurden. Um für Elektronen höhere Energien zu erreichen, geht man heute wieder zum Bau großer Linearbeschleuniger über (Bsp: TESLA (DESY), geplanter Linearbeschleuniger für Ee ≈ 400 GeV pro Strahl, Länge 33 km). Injektion Detektor .. HF-Kavitaten Target Ejektion Dipolmagnete Abbildung 3.13: Prinzip des Synchrotrons. 3.2.3 Speicherringe Streuexperimente führte man zunächst als ’fixed target’ Experimente durch, bei denen der Strahl aus dem Beschleuniger extrahiert und auf ein im Labor ruhen8 Large Electron Postitron Acceselerator 3.2 Beschleuniger 45 des Target (z.B. flüssigen Wasserstoff) gelenkt wurde. Dabei ist man in der Energie beschränkt, da ein Teil der Energie in den Rückstoß des Targetteilchens geht √ (Ecm ∼ EStrahl ). Fixed–Target Anordungen eignen sich auch zur Produktion von Sekundärstrahlen wie Pionen, Kaonen oder Neutrinos, die wiederum für Experimente verwendet werden können. Zu größeren Energien gelangt man, wenn man im Beschleuniger den Strahl speichert, und ihn mit einem anderen in der Gegenrichtung beschleunigten Strahl zur Kollison bringt (Speicherring, Ecm ∼ 2 · EStrahl ). Seit ca. 30 Jahren sind verschiedene Typen von Speicherringen (Elektron ↔ Po- Wechselwirkungszone Detektor Abbildung 3.14: Prinzip des Speicherringes (Synchrotron). sitron, Protron ↔ Proton, Proton ↔ Antiproton, Proton ↔ Elektron/Positron) die wichtigsten Werkzeuge der Grundlagenforschung in der Teilchenphysik, an denen die meisten wichtigen Entdeckungen gemacht wurden. Elektronen und Protonen brauchen auf Grund ihrer verschiedenen Massen (mp ≈ 2000 · me ) unterschiedliche Parameter der Beschleuniger: ~ • Elektronen: kleine B–Felder (kleine Massen), große Beschleunigugsleistung (großer Strahlverlust wegen Synchrotronstrahlung) ~ • Protonen: grosse B–Felder (große Masse), Synchrotronstrahlungsverluste sind vernachlässigbar. Die verschiedenen Typen von Beschleunigern sind komplementär und bilden eine notwendige gegenseitige Ergänzung der jeweiligen zugänglichen physikalischen Phänomene. Eine neue Generation Beschleuniger wird, aus den oben erwähngen Gründen, zur Zeit in Form von Linearbeschleunigern für Elektronen und als Synchrotron für Protonen geplant. Die wichtigsten zur Zeit aktuellen Beschleuniger sind in Tab. 3.3 aufgeführt. 46 Experimentelle Methoden Name / Ort Umfang / Länge [km] Teilchen EStrahl [GeV] Ecm [GeV] LEP (beendet) CERN (Genf) SLC Stanford (USA) Tevatron FNAL (Chicago) HERA DESY (Hamburg) LHC (im Bau) CERN (Genf) TESLA (Planung) DESY (Hamburg) 27 Synchrotron 3 Linearbeschleuniger 6 Synchrotron 6.4 Synchrotron 27 Synchrotron 33 Linearbeschleuniger e + ↔ e− 100 / 100 200 e + ↔ e− 50 / 50 100 p ↔ p̄ 1000 / 1000 2000 p ↔ e± 920 / 30 320 p↔p 8000 / 8000 16000 e − ↔ e+ 500 / 500 1000 Tabelle 3.3: Die grösst‘en derzeit laufenden und geplanten Beschleuniger. Luminositäten Die wichtigste Kenngröße eines Beschleunigers ist die Luminosität. Sie ist ein Maß für die gesamte Zahl an möglichen Reaktionen, die vom Beschleuniger zur Verfügung gestellt werden. Für einen Speicherring gilt mit Na und Nb Teilchen und der Umlaufdauer U = ν1 gilt: Na · Nb · v (3.20) L= 4πσx σy U wobei σx,y der jeweilige Strahlquerschnitt in x bzw in y ist. Hohe Luminositäten erhält man demnach durch große Strahlintensitäten oder kleine Strahlquerschnitte. 3.3 Detektoren Um Aussagen über die Gesetze und Phänomene der subatomaren Welt zu treffen, muss man die Reaktionen von Kernen und Teilchen sehr genau vermessen können. Dies gelingt nur mit sehr großen und komplexen Teilchendektoren. Dabei nutzt man die jeweils spezifischen Eigenschaften des nachzuweisenden Teilchens aus. Da es nicht genügt, das Teilchen nur zu lokalisieren, sondern man alle kinematischen Größen der Reaktionsprodukte genau kennen muß, um eine verlässliche Aussage über die Wechselwirkungen machen zu können, setzt man verschiedene Detektoren ein, mit denen jeweils ein kinematischer Aspekt der Reaktion gemessen werden kann. 3.3.1 Detektoren für geladene Teilchen Detektoren für geladene Teilchen nutzen zum Nachweiss vor allem die Eigenschaft der Ionisation des Mediums aus, das das Teilchen durchdringt. Dabei können je nach 3.3 Detektoren 47 B Det 1 Magnet De t2 R Abbildung 3.15: Ablenkung eines Teilchens im Magnetfeld. Art Detektors verschiedene Eigenschaften des Teilchens gemessen werden, wie die Flugrichtung (Spur), der Zeitpunkt relativ zu einem gegebenen Zeitnullpunkt oder die Energie. Ein wichtiger Aspekt der modernen Teilchendetektoren ist die Auslese. Aktuelle Experimente haben Ereignisraten von bis zu 10 MHz und müssen Detektorsysteme auslesen, die mehrere 105 unabhängigen Auslesekanäle haben. Dies übersteigt auch die Kapazitäten der schnellsten Elektronik. Ferner ist nur ein verschwindend kleiner Bruchteil der stattfindenden Ereignisse für die jeweilige physikalische Fragestellung relevant. Die Selektionselektronik nennt man Trigger, heute werden nur noch Detektoren verwendet, die neben der schnellen Auslese auch elektronische Signale rasch genug liefern können, auf Grund derer entschieden werden kann, ob die Information des Detektors überhaupt weiterverarbeitet werden soll. Ohne solcher Systeme wäre keines der aktuellen großen Experimente der Teilchenphysik in der Lage, Daten zu nehmen. Impulsmessung Wenn der Impuls bestimmt werden soll, muss ein magnetisches Feld anwesend sein, in dem die Krümmung der Flugbahn des Teilchens gemessen werden kann. Ein Magnetfeld zwingt geladene Teilchen auf eine Kreisbahn deren Radius proportional zum Impuls ist. Aus der Lorentz–Kraft (Gl. 3.14) fogt für die Impulskomponente p⊥ ~ senkrecht zu B: p⊥ [GeV] (3.21) R[m] = 0.3 · B[T] Dies ist mit v = R · ω und p = mγv direkt aus der Zyklotronfrequenz (Gl. 3.16) herzuleiten (Abb. 3.15). Nachweiss von Teilchen und Ortsmessung Im Folgenden werden einige Beispiele von Detektoren für geladene Teilchen besprochen. 48 Experimentelle Methoden 1. Nebel– und Blasenkammern: In überkritischen Gasen oder Flüssigkeiten bilden Ionen Kondensationskeime, die nach adiabatischer Expansion Tröpfchen oder Blasen entlang der Spur des Teilchens bilden (Abb. 3.16). Der Detektor liefert einen gleichmäßigen Nachweiss im gesammten Raumwinkel (4π–Detektor), kann aber nicht elektronisch ausgelesen werden, die Ereignisse werden photograhiert. Beispiel: BEBC (Big European Bubble Chambre), ∅ = 3.7 m, betrieben mit Wasserstoff bei 26◦ K, p = 5 − 20 bar. Abbildung 3.16: Prinzip der Nebelkammer und Aufnahme eines Schauers, der von einer Bleiplatte ausgelöst wird. 2. Photoemulsion: Ionisierende Spuren hinterlassen in photosensitiven Schichten nach der Entwicklung eine Schwärzung (Abb. 3.24), häufig werden sie zur besseren Ortsauflösung in Stapeln benutzt. Da die mikroskopische Auswertung Auflösungen im µm–Bereich erlaubt, ist dies geeignet zur Rekonstruktion von Zerfallsvertices kurzlebiger Teilchen. 3. Ionisationskammern: Innerhalb eines Kondensators ionisieren Teilchen ein Gasvolumen (Abb. 3.17). Die dabei produzierten Elektronen und Ionen werden durch das angelegte Feld separiert und als Strom zwischen den Elektroden gemessen. Eine Ionisationskammer ist nicht sensitiv auf einzelne Teilchen, ein gemessener Strom von ca. 1 nA entspricht bereits 1010 Ionisationen pro Sekunde. Sie werden zur Dosimetrie bei hohen Teilchenflüssen eingesetzt. 3.3 Detektoren 49 + I U Abbildung 3.17: Prinzip der Ionisationskammer und Ausführung zur Dosimetrie in der Medizin. 4. Drahtkammern: Das Prinzip aller Drahtkammern beruht auf dem des Geiger–Müller Zählrohres. In einem zylindrischen Metallrohr, das mit einem geeigneten Gas gefüllt ist, wird auf der Zylinderachse ein Draht gespannt (Abb. 3.18) und zwischen Draht (Anode) und Zylinderwand (Kathode) eine hohe Spannung angelegt. E~1/r de tho Ka e nod A nal Sig + U - Abbildung 3.18: Geiger–Müller Proportionalzählrohr. In dem Feld (1/r) des Zylinderkondensators werden die Elektronen, die bei der Ionisation des Gases durch das primäre Teilchen entstehen, in der Nähe des Drahtes so stark beschleunigt, dass sie wiederum ionisierend wirken (Sekundärionisation). Es kommt zu einer Lavinenbildung und zu einer Verstärkung der Primärionisation um Faktoren 104 – 106 . In diesem Bereich sind die Signale etwa proportional zur primären Ionisation (Proportionalitätsbereich), bei höheren Verstärkungen erreicht man Sättigung (Geiger–Bereich). 50 Experimentelle Methoden ~ 1 cm Kathode Anoden (Ο/ ∼ 20 µ) ~ 2 mm Abbildung 3.19: Prinzip der Vieldrahtproportionalkammer (MWPC, multi wire porportional chamber). Wenn man viele Proportionalzählrohre aneinander reiht, bekommt man eine Vieldrahtproportionalkammer (Abb. 3.19). Etwa 20 µm dicke Anondendrähte sind im Abstand von ca. 2 mm zwischen zwei Kathodenflächen gespannt. √ Das Rastermass der Drähte bestimmt die räumliche Auflösung: σ ≈ 2 mm/ 12 / 1 mm. Für die ersten elektronisch ausgelesenen Proportionalkammern wurde 1992 der Nobelpreis an G. Chaparck verliehen, ohne diese Technik wären heutige Experimente nicht denkbar. Bessere Auflössungen von bis zu 100 µm erreicht man mit Driftkammern, einer weiterentwickelten Variante der MWPC’s. In diesem Kammertyp ist der Druck des Kammergases und das anwesende elektrische Feld derart ausgelegt, dass die entstehenden Elektronen mit konstanter Geschwindig driften und erst in unmittelbarer Nähe des Drahtes in den Proportionalbereich übergehen und ein messbares Signal produzieren. Somit hat man, wenn der Zeitpunkt des Eintritts des Teilchens in die Driftkammer bekannt ist, zusätzlich die Messung der Flugzeit, und, da die Driftgeschwindigkeit konstant ist, eine exakte Rekonstruktion der Flugbahn des Teilchens (Abb. 3.20). Abbildung 3.20: Prinzip der Driftkammer. Die technische Ausführung an Experimenten ist in Abb. 3.20 gezeigt. Der Drift- 3.3 Detektoren 51 raum befindet sich zwischen den Potentialen −HV1 und −HV2. In Experimenten an Speicheringen werden häufig zylindrische Driftkammern eingesetzt, die die Wechselwirkungszone umgeben (Abb. 3.21). Abbildung 3.21: Struktur eines Sektors der Driftkammer des Experimentes JADE (DESY), die Sektoren werden zur zylindrischen Kammer zusammengesetz, mit der man dann die Spuren der e+ e− Reaktionen nachweissen konnte (rechts). 5. Halbleiter–Zähler: Eine pn–Diode, die in Sperrichtung betrieben wird ist in Abb. 3.22 gezeigt. Dies verursacht eine Verarmung an Ladungsträgern im pn–Übergangsbereich. Wenn nun durch Ionisation Ladungen in dieser Sperrschicht erzeugt werden, wird dadurch ein Strompuls erzeugt. - p n + Verarmungszone Abbildung 3.22: Prinzip der Halbleiterdiode (in Sperrichtung) und Querschnitt durch einen Silizium–Streifen Detektor. Halbleiterzähler werden in der Kernphysik vor allem zur Energiemessung benutzt, in der Teilchenphysik werden Dioden mit Streifensegemtierung zur ex- 52 Experimentelle Methoden trem genauen Ortsauflösung (bis zu ≈ 6 µm) eingesetzt. Die Größe der Segmentierung bestimmt die Auflösung des Detektors. 6. Szintillationszähler: Die durch die Ionisation erzeugte Ladung wird in einem geeigneten Material in Szintillatonslicht umgewandelt, Dabei unterscheidet man zwichen anorganischen Szintillationskristallen zur präzisen Energiemessung von Elektronen und Photonen (NaJ– und CsJ–Kristalle) und organischen Szintillatoren mit einer sehr guten Zeitauflösung im Bereich von 10−9 s zur Erzeugung schneller Triggersignale. Szintillationszähler sind meistens als Platten von einigen Milimetern Dicke ausgelegt, das Licht wird über einen Lichtleiter auf die Photokathode einer Photovervielfacherröhre geleitet (Abb. 3.23). Abbildung 3.23: Anordnung des Szintillationszählers: szintillierende Platte, Lichtleiter und Photovervielfacher. Teilchenidentifikation Identifikation von Teilchen erfolgt über deren charakteristischen Eigenenschaften und Wechselwirkungen. Die Masse eines Teilchens wird bespielsweise durch unabhängige Messung von Impuls und Geschwindigkeit gemessen. Die Impulsmessung erfolgt wie besprochen über die Ablenkung im Magnetfeld, für die Messung der Geschwindikeit betrachten wir drei Beispiele: 1. Ionisationsmessung: Die (dE/dx)–Messung wurd bereits ausführlich besprochen: bei einem bestimmten Impuls ergeben sich in Szintillatoren oder Driftkammern unterschiedliche Abhängigkeiten von der Geschwindikeit (Abb. 3.3 oder Abb. 3.24). 3.3 Detektoren 53 Abbildung 3.24: Energieverlust durch Ionisation: Spuren von Teilchen mit unterschiedlichen Massen und Energien in einer Photoplatte. 2. Flugzeitmessung: Die Messung der Flugzeit zwischen zwei Detektoren (typischerweise organischer Szintilatoren, Abb 3.23) ergibt direkt die Geschwindigkeit. Zum Beispiel ist die Flugzeit zwischen zwei Szintillatoren im Abstand von 2 m (time of fligt ToF) für π, K oder p mit einem jeweiligen Impuls von 500 MeV entsprechend 6.2 ns, 8.5 ns und 12.7 ns, das Licht braucht für diese Stecke nur 6 ns. Plastikszintillatoren haben eine Zeitauflösung von 0.1 ns. 3. Cherenkov–Effekt: Wenn ein geladenes Teilchen mit einer Geschwindigeit β = v/c0 durch ein Medium mit dem Brechungsindex n fliegt, und β größer als die Lichtgeschwindigkeit im Medium (c = c0 /n ≤ β · c0 ) ist (wenn c0 die Vakuumslichtgeschwindigkeit ist), dann strahlt das Teilchen unter einem Winkel θ Cherenkov–Licht ab. Der Winkel ist gegeben durch (Abb. 3.25): cos θ = 1 n·β (3.22) Mit cos θ < 1 folgt für die Schwelle, ab der Cherenkovlicht entstehen kann: 1 <β n 54 Experimentelle Methoden Abbildung 3.25: Ausbildung der Cherenkovstrahlung. Mit Schwellen–Cherenkov Detektoren unterscheidet man zwischen zwei Teilchen (z.B. Elektronen und Pionen) indem man die Schwelle für den relevanten Impulsbereich zwischen die β’s der beiden Teilchen legt. Mit einem Ring Imaging Cherenkov Detektor (RICH) mißt man direkt die Winkel θ über die Ringöffung. 3.3.2 Energiemessung Detektoren, die zur Energiemessung verwendet werden, nennt man Kalorimeter. Man misst die Energie eines Teilchens in dem man es absorbiert und die von ihm deponierte Energie in ein elektrisches Signal umwandelt, dessen Stärke proportional der Energie ist. Der Absorbtionsprozess ist abhängig von der Art der Wechselwirkung, an der das Teilchen teilnimmt, und es werden entsprechende Materialien eingesetzt. Der Wirkungsquerschitt elektromagnetischer Absorbtionsprozesse ist proportional zu Z 2 , also wird man für Elektronen und Photonen Materialien mit hohen Kernladungszahlen benutzen, wie etwa Blei, Wolfram oder Uran. Hadronische Wirkungsquerschnitte haben hingegen die Größenordung der geometrischen Kernquerschnitte, die mit A2/3 skalieren9 . Bei gegebener Dichte werden deshalb Schauermaterialien mit leichteren Kernen bevorzugt. Messung der Energien von Elektronen und Photonen Die Energie elektromagnetisch wechselwirkender Teilchen wie Elektronen und Photonen wir durch Aufschauern in Absorbermaterial mit hohem Z gemessen. Ein hochenergetischer elektromagnetischer Schauer entwickelt sich als eine Abfolge von Bremsstrahlungs und Paarbildungsprozessen (Abb. 3.26) 9 Die Kernkräfte haben eine extrem kurze Reichweite, deshalb ist die Kerndichte konstant und das Kernvolumen somit proportional zu A woraus sich die Proprotionalität des Radius zu A1/3 ergibt. 3.3 Detektoren 55 e (E o) Abbildung 3.26: Entwicklung eines elektromagnetischen Schauers als Abfolge von Bremstrahlungs– und Paarbildungsprozessen. Ein auf das Absorbermaterial auftreffendes Elektron strahlt ein Photon ab, welches ein Elektron–Positronpaar bildet, die wiederum ihrerseits Photonen abstrahlen etc.. Der Prozess dauert so lange, bis alle Elektronen die kritische Energie Ek erreicht haben und dann im wesentlichen durch Ionisation Energie abgeben. Gemessen wird die Ionisation der Schauerteilchen. Häufig wird das Medium zur Signalproduktion (Auslesemedium) vom Absorbermedium getrennt, z.B. bei einem flüssig Argon Kalorimeter oder bei einer Blei–Szintillator–Sandwich Anordnung. Szintilierende Kristalle (NaJ, CsJ) sind beides in einem. Die Anzahl der Schauerteilchen lässt sich mit Nmax ≈ E0 Ek (3.23) abschätzen. Da der Schauer sich exponentiell aufspaltet, wächst die Schauertiefe t nur logarithmisch mit der Energie. Dies bestimmt auch die notwendige Detektorgröße. tmax ∝ ln E0 /Ek (3.24) Die Einheit der Länge t ist die Strahlungslänge x0 . Da die Anzahl der Schauerteilchen N proportional zur √ Energie ist, der Fehler von N hingegen nach den Gesetzen der Poisson–Statistik N beträgt, erhält man: N ∝E ⇒ σE ∝ √ E ⇒ 1 σE ∝√ E E (3.25) Der relative Fehler wird also mit der Energie kleiner, bei magnetischen Messungen des Impulses steigt er dagegen wegen der abnehmenden Krümmung mit der Energie. Bei Energien oberhalb von 20 GeV sind deshlab nur noch kalorimetrische Energiemessungen sinnvoll. Messung der Energien von Hadronen Auch hadronisch wechselwirkende Teilchen können in Schauerdetektoren gemessen werden, die Reaktionen sind in diesem Falle Kernreaktionen. Die entsprechende charakteristische Länge, die nukleare Wechselwirkungslänge λ, ist in Tab. 3.4 für einige gängige Detektormaterialien dargestellt. Im Gegensatz zu elektromagnetischen 56 Experimentelle Methoden Material Z A Al Fe Cu Pb 13 26 29 82 27.0 55.8 63.5 207.2 ρ[g/cm3 ] x0 [cm] λ[cm] 2.70 7.87 8.96 11.35 8.90 1.76 1.43 0.56 39.41 16.76 15.06 17.09 Tabelle 3.4: Elekromagnetische Strahlungslängen x0 und hadronische Wechselwirkungslängen λ. Schauern sind hadronische Schauer irregulär und zeigen größere Fluktuationen. Beispielsweise kann der Anteil der Energie, der von elektromagnetisch aufschauernden Photonen herrührt, sehr stark schwanken. Zur genauen Vermessung von Quark– und Gluonjets sind hadronische Kalorimeter jedoch unumgänglich. 3.3.3 Moderne Großdetektoren Zum Abschluss wollen wir uns noch zwei typische, moderne Experimente der Hochenergiephysik ansehen. Sie sind beide am HERA–Speichering am DESY in Hamburg aufgebaut. Das eine Experiment, H1, ist ein Multifunktions–Detektor, bei dem im Zentrum des Detektors der Leptonstrahl (Ee = 27.5√GeV) mit dem Protonstrahl (Ep = 920 GeV) bei einer Schwerpunktsenergie von s ≈ 320 GeV kollidieren. H1 ist darauf ausgelegt, möglichst auf viel verschiedene und physikalisch sehr unterschiedliche Prozesse zu triggern. Das andere Beispiel, das Experiment HERA–B ist ein “Fixed–Target”–Experiment, das zur Aufzeichnung von Zerfällen schwerer Quarks optimiert wurde. Hier trifft der äussere Rand √ des Protonstrahles auf ein Drahttarget, die Schwerpunktsenergie beträgt dann s ≈ 40 GeV. Typisch für beide Experiment ist der schalenartige Aufbau aus verschiedenen Subdetektoren, wie etwa dem Spurkammersystem, den Silizium–Vertex Detektoren, den Kalorimetern und anderen spezialisierten Detektoren. Die Triggerelektronik, die über die Aufzeichnung der Ereignisse entscheidet, verwendet schnelle Signale von verschiedenen Subdetektoren und kombiniert diese. Typische Entscheidungszeiten sind im Bereich von einigem µs. 3.3 Detektoren 57 Abbildung 3.27: Der H1–Detektor am HERA–Ring bei DESY. H1 ist ein “Mulitfunktions”–Experiment. Draufsicht 58 220 mrad 250 mrad Elektronstrahl Silizium VertexDetektor Target innere / äußere Spurkammern Myon Detektor 20 RICH Kalorimeter TRD 15 Magnet 10 5 Photon Detektor 160 mrad Vertextank 0m Seitenansicht Protonenstrahl Elektronstrahl C4 F10 Strahlrohr sphärische Spiegel planare Spiegel Das HERA-B Experiment Experimentelle Methoden Abbildung 3.28: Das Spektrometer HERA–B bei HERA. Protonstrahl