Moderne Aspekte der Strahlentherapie Prof. Dr. Petra Feyer, Klinik für Strahlentherapie, Radioonkologie und Nuklearmedizin Vivantes Klinikum Berlin-Neukölln Möglichkeiten der Strahlentherapie Kurative Strahlentherapie Radiochemotherapie Unkonventionelle Fraktionierungen Neue Techniken Palliative Strahlentherapie Ziele der kurativen Strahlentherapie Heilung Erhalt einer guten Lebensqualität Funktionserhalt Formen der kurativen Strahlentherapie Alleinige Strahlentherapie (perkutan, endokavitär, endoluminal, interstitiell) Kombinierte Radiochemotherapie Primäre Therapie Neoadjuvante Therapie Adjuvante Therapie Kurative Strahlenchemotherapie Bronchial-Ca ÖsophagusCa Anal-Ca HNO-Tumor Lymphome Cervix-Ca Kinderonkologie Kombination von Strahlen- und Chemotherapie Am gleichen Zielort (Primärtumor) Additive Wirkung Strahlensensibilisierung durch Chemotherapie HNO-Ca, Bronchial-Ca, Cervix-Ca, Anal-Ca, Gliome ? Am anderen Ort Mikrometastasierung Ungenügende lokale Wirkung der Chemotherapie (Rektum-Ca, Mamma-Ca) Neues in der Strahlentherapie Unkonventionelle Fraktionierung Technische Neuentwicklungen Stellenwert der Strahlentherapie im multimodalen Therapiekonzept Medikamentöse Modulation der Strahlenwirkung Fraktionierung Bei gleicher Gesamtdosis Akutreaktionen werden durch die Gesamttherapiezeit bestimmt Spätreaktionen werden durch die Höhe der Einzeldosis bestimmt • Akutreaktionen sind reversibel • Spätreaktionen sind irreversibel • „consequential late effects“ • Tumoren verhalten sich wie akut-reagierendes Gewebe Bronchial-Karzinom konventionelle Radiotherapie Einzeldosis 2 Gy 5x wöchentlich GD 50-70 Gy CHART (Continuous Hyperfractionated Accelerated Radiation Therapy) CHARTWEL (CHART Weekend Less) Technik CT-gestützte 3D-Planung Tumor Digitale Rekonstruktion Lunge Dosis-Volumen-Histogramm Nicht-kleinzelliges Bronchial-Karzinom CHART-Bestrahlung Stadium II + III n = 563 CHART: konv. RTX (p= 0.004) 29% 2-J ÜLR 20% 2-J ÜLR Saunders Lancet 1997 Fortgeschrittene HNO-Tumoren Hyperfraktionierung 1,2 Gy / 81,6 Gy Concomitant Boost 1,8 bzw. 1,6 Gy / 72 Gy Fu IJROBP 2000 Fortgeschrittene HNO-Tumoren Verbesserung der lokalen Tumorkontrolle um Relativ + 20 % Absolut + 10 % vor RT nach RT Fallbeispiel HNO-Tumor Therapie: intensivierte lokale RT ED: 1.8 Gy 5xwö. GD: 70 Gy Regredienter Weichteiltumor Vor Therapie Nach 50 Gy RT Fallbeispiel HNO-Tumor Therapie: intensivierte lokale RT ED: 1.8 Gy 5xwö. GD: 70 Gy Regredienter Weichteiltumor mit unverändert zentral nekrotischen Anteilen Vor Therapie Nach 50 Gy RT Fallbeispiel HNO-Tumor Darstellung hypoxischer Areale imTumor,die therapieresistent sind CT – Bilder vor Therapie Bestrahlungsgeräte Linearbeschleuniger Konformale Strahlentherapie Qualitätssicherung Simulation Portal Vision Kontrolle am Beschleuniger Kombinierte Radiochemotherapie mit Mitomycin („Budach“-Studie; ARO 95-6) Studien belegen die gute Wirksamkeit einer kombinierten Radiochemotherapie Radiochemotherapie von Mitomycin/5 Mitomycin/5--FU + Strahlentherapie n = 384 Patienten Lokalisation: 60,4%Oropharynx 32,2%Hypopharynx 7,3%Mundhöhle, keine Larynxkarzinome Stadium III: 5,5 % Stadium IV: 94,5 % Die Gesamtbestrahlungsdosis war im Arm A mit 77,6 Gy um 10% höher als im Arm B mit 70,6 Gy. 1.0 Lokoregionäre Tumorkontrolle Arm A - RT p=0.004(early) 188 193 0.0 Locoregional Control 0.2 0.4 0.6 0.8 Arm B - CRT 0 p=0.002(late) Number at risk 118 89 82 63 67 50 60 45 37 32 Sum of events 50 75 69 96 75 100 77 102 78 102 12 24 36 48 60 Month from Entry Moderne Strahlentherapietechniken Konformale Strahlentherapie Multi leaf collimator Konformale Bestrahlung Individuelle Anpassung der Dosisverteilung an den Tumor Schonung der Risikoorgane Dosiserhöhung bei gleicher Nebenwirkungsrate möglich Verbesserte Tumorkontrolle Intensitäts-Modulierte RadioTherapie IMRT Die Strahlungsintensität im Feld wird angepasst (moduliert) Zielvolumen Standard RT IMRT IMRT - HNO 3 D - Bestrahlungsplanung Dosis-Wirkungs-Beziehung Ergebnisse beim Prostata-Ca Hanks IJROBP 2002 IMRT - Prostata-Ca 770 Patienten, RT mit 81 - 86 Gy Mediane Nachbeobachtungszeit 2 Jahre Spätfolgen am Rektum G2 1,5 % Spätfolgen urogenital 10 % G2 Memorial Sloan Kettering Cancer-Center, New York Zelefsky IJROBP 2002 Prostata-Afterloading-Therapie Bildgebung Qualitätsvergleich Bildgebung Interstitielle Brachytherapie der Prostata Erhöhung der Dosis in der Prostata unter Schonung des Rektums und der Blase Einbringen der Hohlnadeln Planung am Sonogramm Stereotaktische Konvergenzbestrahlung Hochpräzise Bestrahlung Mit stereotaktischem Koordinatensystem Mit Ringfixation als Mit Maske als Einzeitbestrahlung fraktionierte Bestrahlung Mehrere kleine Pendelfelder, die in einem Punkt konvergieren Stereotaktische Konvergenzbestrahlung Stereotaktische Konvergenzbestrahlung Indikationen Metastasen Arteriovenöse Malformationen Schädelbasistumore Meningeome, Akustikusneurinome, Chordome, Hypophysenadenome Rezidive hochmaligner Gliome „Körper - Stereotaxie“ Vor RT Nach RT Palliative Strahlentherapie Ziele Stabilisierung und Besserung der Lebensqualität Linderung tumorbedingter Symptome Verzögerung vital bedrohlicher Komplikationen Lebensverlängerung (?) Symptomlinderung Infiltration Schmerzen Kompression Dyspnoe, Dysphagie, Ikterus, obere Einflussstauung, Parese, Hirndrucksymptomatik..... Blutung Exulceration Frakturgefahr Palliative Bestrahlungsindikationen Schmerzbestrahlung Knochenschmerzen bei Skelettmetastasen Verdrängungs-/ Kompartment-Syndrome Raumfordernde Tumorausbreitung oder Metastasierung im Muskulatur-, Binde- und Fettgewebe sowie in Organsystemen (Organkapseldehnungsschmerz bei Hepato-Splenomegalie, urogenitale Infiltration) Kompressions-/Stenose-/ Obstruktions-/Stauungsyndrome: Cerebral - Hirndrucksyndrom bei Hirnmetastasen mit und ohne neurologischen Ausfällen Peripher-nerval - Nervenkompressionssyndrome bzw. Infiltrationen: Schmerzareale, drohende Querschnittssyndrome Endo-/exoluminal - Lokale, gastrointestinale Obstruktionen und Stenosen von Hohlorganen durch Tumorwachstum: Oesophagus, MagenDarmpassagebehinderung, Gallengänge, Trachea und Bronchialsystem Vaskulär - Perfusionsbehinderungen (arteriell/venös), obere/untere Einflussstauung durch Venenkompression - Gefäßarrosionen, blutendes Cervix-Ca, exulzeriertes MammaCa, Hämoptoe bei Bronchial-Ca, Hautblutungen Blutstillungsverfahren Forderungen an eine palliative Therapie Effektive und schnelle Symptomlinderung Keine anhaltenden Nebenwirkungen Kurze Behandlungszeit Strahlentherapie-Geräte Linearbeschleuniger MultileafCollimator Methoden der Strahlentherapie Methode Beispiel Konventionelle Strahlentherapie Knochenmeta, multiple Hirnmeta, Weichteilprozesse Stereotaktische Strahlentherapie Solitäre bis max. 3 Hirnmeta Brachytherapie Exulc. Tumor in Hohlorganen Halbkörperbestrahlung Ausgedehnte ossäre Meta Radionuklidtherapie Ausgedehnte ossäre Meta schnelle Elektronen Exulcerierte Hauttumore Solitäre Leber- o. Lungenmeta Palliative Strahlentherapie Schmerzen Möglichkeiten der Schmerzkontrolle Pharmakologisch Radioonkologie Zytostatika Schmerz kontrolle Psychoonkologie Neuro/Chirurgie Physiotherapie Biologische Grundlagen der strahlentherapeutischen Schmerzbeeinflussung Zerstörung maligner Zellen Lokal effektive Therapie Ausgezeichnete Schmerz- und Symptomkontrolle Nur geringe Dosen erforderlich – geringe Nebenwirkungen Wirkung ist dosis- und zeitabhängig Strahlentherapie bei tumorinduzierten Schmerzen Effektive Behandlung bei persistierenden Schmerzen Mechanismus und Einfluß auf die zentrale Schmerzmodulation Expression von Mediatoren (z.B. Bradykinine, Prostaglandine) Hemmung der Nozizeptorstimulation Unterbrechung von abnormaler Reflexaktivierung („Zentrale Sensibilisation“) Dosisbezogene Wirkung der Strahlentherapie bei Knochenmetastasen Tumor control radiation dose (Gy) 60 50 40 Recalcification 30 20 Pain relief 10 0 day weeks months years time (Mod. Seegenschmiedt 2001) Beispiele Knochenmetastasen Relativ umschriebene Metastasierung Hohe ED mgl. z.B. 5 x 4 Gy, Geringe NW Kombination mit Bisphosphonaten Schmerzlinderung und Stabilisierung Ergebnisse Relativ rasch Sicher >80% der Pat. mit Schmerzlinderung >20% der Pat. mit kompletter Schmerzrückbildung Anhaltend Effekt nach einigen Tagen Eher Progress an anderer Lokalisation Nebenwirkungsarm G3-4 NW selten Hepatosplenomegalie Pat. E.M., 50 J. 7 x 0,3 Gy Schmerzkontrolle Konzepte und Ansprechraten bei Schmerzbestrahlung Befund Dosierung Ansprechen Knochenmetastasen 20 x 2Gy, 10 x 3 Gy, 5 x 4 Gy, 1 x 8 Gy 80 % Weichteilmetastasen 20 – 30 x 2 Gy, 10 x 3 Gy, 5 x 4 Gy 90 % Hirnmetastasen 10 x 3 Gy, 1 x 25 Gy 70 – 90 % Plexusinfiltration Myelonkompression 20 – 30 x 2 Gy 90 % 3 – 4 x 3 Gy + 12 – 20 x 2 Gy 50 - 95 % SchmerzbestrahlungGrenzen Instabilität, Frakturgefahr Akut drohende Querschnittsymptomatik große cerebelläre Metastasen mit Risiko der Hirneinklemmung Generalisierte Knochenmetastasierung Alternativen: 1. Halbkörperbestrahlung 2. Radionuklide 3. Bisphosphonate Palliative Strahlentherapie Hirnmetastasen Konformaler 6-FelderPlan Schädelbasismatastase Ganzhirnbestrahlung Besserung der neurol. Symptomatik 75 – 80 % Bei ausgedehnter Metastasierung 30 – 50 % Remission Reduktion/Absetzen des Cortison bei Palliative Strahlentherapie Rückenmarkkompression Rückenmarkkompression Tumorinfiltration in den Spinalraum Intraspinale Metastasierung notfallmäßige Therapieindikation! Sofortige Diagnostik (MRT) bei beginnender Symptomatik Rückenmarkkompression Das Intervall zwischen klinischer Symptomatik und Therapiebeginn ist von prognostischer Bedeutung für die Rückbildung der neurol. Symptomatik! Gehfähige Pat: 80% Erhalt der Gehfähigkeit Paraparese: 40% Chance der Besserung Paraplegie: 7 % Chance der Besserung Rückenmarkkompression ED 3-4 Gy unter Cortisonschutz 12-20 mg Interdisziplinäre Indikationsstellung Ggf. Indikation zur Laminektomie prüfen Postop. RTX dringend indiziert Palliative Strahlentherapie Exulceration und Tumorblutung Palliative RT Tm-blutung Pat. W.H., 82 J, Exulzer. Superficial Spinaliom 1 Jahr nach RT (64 Gy) Palliative Strahlentherapie Bronchialkarzinom Obere Einflussstauung Obere Einflussstauung notfallmäßige Indikation Alternativ bzw. prä-RTX Stenteinlage Symptombesserung bei 80% Dosierung meist 10x3 Gy (2 Wochen) NW: leichte reversible Ösophagitis Wieviel ? Klinische Studien 5 x 4 Gy ⇔ 5 x 4 Gy 2 x 8,5 Gy ⇔ 25 x 2 Gy Gy) 1 x 10 Gy ⇔ 25 x 2 Gy ⇔ 15 x 2,8 Gy (42 Bezjak 2002, Reinfuss 1999, Sundstrom 2001, Macbeth 2002 Palliative Strahlentherapie Besserung der Symptomatik unter RTX: Dyspnoe Husten Anorexie Schmerz Hämoptysen 30 – 40 % 40 – 60 % 60 - 70 % 60 – 75 % 80 – 100 % Langendijk 2001, Bezjak 2002, Sundstrom 2004 Welche Therapie ? Patienten-Arzt-Gespräch Information über die Therapieoptionen Klärung der Zielsetzung des Patienten (versteckte) Erwartung an Therapie individuelle Bedeutung der unerwünschten Wirkung Lebenseinstellung des Patienten Zusammenfassung Palliative Strahlentherapie • schnelle Linderung von Symptomen • wenig unerwünschte Wirkungen • den individuelle Bedürfnissen angepasste Therapie Interdisziplinäre Zusammenarbeit Pflegende Familie / Freunde Patient Apotheker Ärzte Das Team 12 Ärzte 5 Physiker/Elektroingenieure 20 MTRAs 2 PTAs 1 Handwerker 5 Sekretariat / Schreibbüro / Empfang www.vivantes.de Das Team Klinik für Strahlentherapie, Radioonkologie und Nuklearmedizin Vivantes Klinikum Neukölln Rudower Str. 48 Tel. 030-6004 2081/2082 [email protected] Beschleuniger am Kormoranweg Palliative Strahlentherapie Ziele Stabilisierung und Besserung der Lebensqualität Linderung tumorbedingter Symptome Verzögerung vital bedrohlicher Komplikationen Lebensverlängerung (?)