1 Utz MAAS Grammatikbegriffe (Vorlesung "Von der Schulgrammatik zur Lexical Functional Grammar (LFG)" - Osnabrück, SS 2005) Vorbemerkung Das Folgende sind die nur geringfügig überarbeiteten bzw. ergänzten Folien aus meiner Vorlesung im SS 2005, die das Ziel hatte, so etwas wie einen begrifflichen Sockel zu definieren, auf dem speziellere Argumentationen stehen können. Damit ist der Rahmen für das definiert, was in den Veranstaltungen des Hauptstudiums weiter bearbeitet wird; zugleich werden aber die hier entwickelten begrifflichen Abklärungen dort vorausgesetzt. Die Vorlesung reagiert auf die verbreitete Unsicherheit gegenüber einer terminologischen Vielfalt, bei der es mit reinen Glossar-Gleichungen für die entsprechenden "Fremdwörter" nicht getan ist. Bewußt wird hier einerseits die historische Entwicklung der Grammatikreflexion seit der Antike, also das, was man die Schulgrammatik nennt, zum Ausgangspunkt genommen, andererseits von den neueren Entwicklungen die Lexikalischfunktionale Grammatik (LFG) als Fluchtpunkt gewählt, die bei den Hauptstudiumsveranstaltungen im Vordergrund stehen soll. Da im Grundstudium für alle ein Strukturkurs Latein verpflichtend ist, werden hier darauf aufbauend vor allem auch Strukturen des Lateinischen (neben dem Deutschen) für die Explikation / Illustration der Argumentation verwendet. Es wird sich zeigen, daß diese schulgrammatische Terminologie (und die vom Lateinischen geprägten Modellvorstellungen) gerade auch da noch bestimmend sind, wo (wie verbreitet in neuerer Zeit) gar keine Lateinkenntnisse mehr vorausgesetzt werden. Durchsichtig soll werden, daß der Unterschied der neueren Sprachwissenschaft gegenüber der älteren Tradition weniger in der Begrifflichkeit liegt, als vielmehr • in der Operationalisierung der Kategorien: Analyseverfahren (Strukturalismus) • in der Modellierung durch formale Repräsentationsformen (algebraische / "logische" Notationen; graphische Modellierungen: Bäume und "Konfigurationen") • in den Erklärungsformen: Anschluß an kognitive Modellierungen (wie z.B. beim "parsing" ...) Gegenstand der Veranstaltung ist also die grammatiktheoretische Metasprache, die definitionsgemäß allgemein ist, aber greifbar wird in der grammatischen Beschreibung einer Einzelsprache. Daran schließt sich die typologische Frage an, nach der Verbreitung von Erscheinungen / Strukturen. Diese wiederum kann als Grundlage für Erklärungen dienen, insbesondere bei der in jüngster Zeit (bei den Generativisten) dominierenden Frage nach einer "Universalgrammatik". Derartige sprachtheoretische Fragen gehen aber über den Horizont dieser Veranstaltung hinaus. Programm: Auswahl an Problemen • schulgrammatische Ausgangsdefinition • Umsetzen in exemplarische Analysen / formalere Repräsentationen • Abklären mit Begrifflichkeit in neueren Ansätzen: im Fokus LFG (Lexical Sprachtypologie Functional Grammar) Systematischer: Terminologiefragen 2 deutsche vs. englische Terminologie Rückgang auf lat.-griech. Basis kursorisch: andere Sprachen (Französisch, Russisch, Arabisch ...) Die verbreitete Übernahme englischer Termini ist für sich genommen kein Problem (sie ist nichts anderes als das früher die Übernahme lateinisch-griechischer Fachtermini war): Sie fixiert symbolisch eine bestimmte (technische) Anlyseweise. Gefährlich ist sie allerdings, wenn (gerade bei meist nicht sehr weit gehenden Englischkenntnissen) die Termini als "sprechend" angesehen werden – mit der Gefahr von falschen Freunden. Eine Nominalphrase ist aber z.B. keine Phrase (vgl. dt. Phrasen dreschen). Insofern behalte ich hier zwar die üblichen Etikettierungen wie NP bei – benutze aber in informeller Redeweise Ausdrücke wie nominale Konstituenten, Nominalgruppe u.dgl. Der syntaktische Terminus der Phrasierung ist demgegenüber weniger problematisch, da er keine falschen Assoziationen wecken kann. Dieses Vorgehen soll ein Bewußtsein für den technischen Charakter der Terminologie schärfen, dem ja gerde im Deutschen z.T. auch sprachliche Markierungen entsprechen (vgl. etwa SUBjekt als gramtischer Terminus vs. SubJEKT sonst). PROGRAMM der Vorlesung: Block I: Einleitendes zur Grammatikreflexion / Grammatiktheorie (ca. 5 V) V-1. Zum Begriff von Grammatik V-2. Grammatikbegriffe V-3 Äußerung ⊃ Satz ⊃ Proposition V-4 Grammatisierung V-5 Satzmodalität Block II: Satzbasis / propositionale Struktur (engl. clause) (ca. 6+ V) V-6 : Satzbasis / propositionale Struktur V-7 Prädikat und Argumentstruktur (Szenario / Aktanten / semantische Rollen) V- 8 Grammatische Relationen: Subjekt, Objekt u.a. V- 9 Peripherie der Proposition: Adverbiale (Adverbien ...) / Adjunkte V- 10 Kasus V- 11 Nominale Kategorien (Struktur der NP) Konstituentenstellung V- 12 Wortstellung Block III: Komplexe Sätze V-13: Ausbau einer Proposition: Hypotaxe vs. Parataxe V-14 Syntaktische Funktionen von Teilsätzen: Komplemente vs. Adverbiale V-15 Komplexe Sätze 3: Propositionaler Ausbau von Attributen V-16 Finitheitsskala: Form des Prädikats in Nebenprädikationen (Subjunktive, Partizipien, Infinitive ...) V-17 Prädikative ("Depiktive") Block IV Wort V-18 Was ist ein Wort ? V-19 Wortarten 3 V-20 Wortbildung V-21 Komplexe Prädikate V-22 Inkongruenzen bei der Wortbestimmung: Komplexe Prädikate II V-23 Lexi(kali)sierung von Szenario-Momenten V-24 Lexikalistische Grammatikkonzeption (LFG) –grammatische Relationen zum zweiten. (25) Anhang: Literaturhinweise 4 V 1. Zum Begriff von Grammatik Terminus < griech. graph- "schreiben" (vgl. Graphik) Partizip PF {-ma}: graph-ma > gram-ma (vgl. Gramm – Strich auf der Waage) Adjektiv –tik- (vgl. im Dt. –lich): gram-ma-tik (-os ...) "zum Schreiben gehörig") Sprachreflexion I: Was man lernen muß, um (richtig) schreiben zu können Grammatik NB: im europäischen Mittelalter (Scholastik – schola "Schule" !) grammatica positiva ~ was man im Lateinunterricht lernte grammatica speculativa ~ philosophische Sprachreflexion (Logik, "Dialektik") Sprachreflexion II, jetzt "Sprachtheorie" In diesen beiden Horizonten wurden die gleichen Erscheinungen diskutiert – traditionell aber auch terminologisch unterschiedlich gefaßt. Das Bewußtsein davon ist leider in neuerer Zeit verloren gegangen, mit der Folge nicht unerheblicher Konfusionen. Ein Beispiel dafür ist der Begriff des Subjekts, der uns ausführlich in Block II (und auch später noch) beschäftigen wird. Subjekt in der älteren Tradition: war Subjekt eine Kategorie der Logik (Satz / Proposition + Prädikat) und NICHT der Grammatik (grammatica positiva: Kasuslehre ...) Mehrdeutigkeit des Terminus Grammatik: SPREÄUSSERUNG CHER Sprachliches Wissen GRAMMATIK II (Sprecher hat Grammatik) HÖRER Analyse: GRAMMATIK I Fixierung / Kodifizierung der Strukturen GRAMMATIK III (Buch ...) Sprachliches Wissen: "gewußt wie" (prozedural) vs. Analyse: "gewußt daß (was)" (deklarativ) Analyse: Regularitäten n. Mal: Repräsentationsformate ("Regeln") Tradition der Grammatik ( Sprachreflexion I: Schulgrammatik) Regeln ~ Vorschriften, richtig zu schreiben: normative (präskriptive) Grammatik DUDEN-Grammatik 51995, §1234-6 "...heben sich in der Gegenwartssprache zwei Verneinungen im selben Satz auf" *Kein einziger ist nicht gekommen Interpretation nur: "Alle sind gekommen" 5 ... "Als nicht mehr korrekt gelten heute doppelte Verneinungen nach Verben des Verhinderns oder Unterlassens ..." *Was hindert mich, daß ich nicht eine der grünen Schnüre ergreife (Goethe) ... Wir können heute nur noch sagen: Was hindert mich, eine der grünen Schnüre zu ergreifen" Regelverstöße werden festgestellt, weil Sprecher / Schreiber sie machen daher kasuistische (normative) Grammatiken Im "klassischen" Griechenland: Sammlung von barbaroi "barbarischen Ausdrucksweisen" Spätlatein: de barbarismis ... vs. Grammatik II > III Regularitäten, die habitualisiert sind sprachliche Form produziert (und rezipiert), ohne darüber nachzudenken ... grammatiktheoretisch geklärte Grundlagen der Analyse und der Darstellung n. Mal: Regel (regelhaft) in der Grammatik 6 V-2. Grammatikbegriffe 1. Regel 2. Symbolisierung: Variablen 3. Abbildung (Zuordnung) vs. Prozeß (Veränderung) Zwei Bedeutungen von Regel A. das Übliche: etwas ist erwartbar, wiederholt sich ... dabei Grade der Robustheit: immer ... fast immer (in der Regel) B. das durch eine Vorschrift Festgelegte: etwas soll immer sein ... StVO und ihr Befolgen ... etymologisch: lat. reg-oo "grade ausrichten, lenken" rectus "grade" vs. obliquus "schräg" damit verwandt: reeks (<rex>) " König (Führer)", rector "Leiter", rectio, regimen "Leitung" (deskriptive) Sprachwissenschaft operiert mit A Beispiel: Schlicht-Norddeutsch I Hans sah den Mann Hans gibt den Mann das Buch der Mann lacht Hans sah das Auto von den Mann (Hans sah den Mann sein Auto) Kasusformen: der Mann den Mann casus rectus casus obliquus Normative Grammatik: Abweichung von Vorschrift ("Norm") SCHLICHT-NORDDEUTSCH Rektus der Mann Obliquus den Mann Synkretismus HOCHDEUTSCH der Mann Nominativ den Mann Akkusativ des Mannes Genitiv dem Mann(e) Dativ etymologisch: Synkretismus: etwas zusammenwerfen (=nicht differenzieren) wie die Kreter (NB: für die griech. Witz-Folklore waren die Kreter das, was heute für die Deutschen die Ostfriesen sind ...) In der Schule Fehler, Reaktion bei Schülern hyperkorrekte Formen: Hans sah dem Mann Beispiel: Schlicht-Norddeutsch II Hans sah den Mann Hans gibt den Mann das Buch der Mann lacht Fehlervermeidung Hans sah ihn Hans gibt ihm das Buch er lacht 7 Hans sah das Auto von den Mann Kasusformen: NOMINATIV AKKUSATIV DATIV Hans sah das Auto von ihm PRONOMINAL er ihn ihm SUBSTANTIVISCH der Mann den Mann Synkretismus zu 2. Symbolisierungen (Variablen) paradigmatische Darstellung in der traditionellen Grammatik: griech. paradigma (was (für etwas) gezeigt wird >) "Beispiel" Operieren mit Wortformen, von denen bestimmte als beispielhaft (paradigmatisch) genommen wurden: 1) Zitierform: Mann repräsentiert alle Wortformen (Kasus ...) mit dem gleichen lexikalischen Element (Lemma): {Mann, Manne, Mannes, Männer, Männern} 2) Repräsentant für morphologische Wortgruppe: Mann repräsentiert alle Wörter, die genauso flektieren: {Mann, Hund, Baum, Kind ...} NICHT Frau, Vogel ... (der) Mann (den) Mann (des) Mannes (dem) Mann(e) (die) Frau (der) Frau (der) Vogel (den) Vogel (des) Vogels (dem) Vogel Schematisierung: Abstraktion von Klassen, Variablen ... NOMINATIV (Mannλ) = Mann GENITIV (Mannλ) = Mannes usw. f (x) = y (Schreibweise als Funktion) LFG u.a. "Matrixschreibweise" (Funktion: "Attribut") Mannes KAS(us) GEN(itiv) NUM(erus) SG (Singular) GEN(us) MASKulin PERS(on) 3. "Attribut" "Wert" Nominativ Akkusativ Genitiv Dativ 8 Variablen in der syntaktischen Analyse: Konstituenten der Mann singt ein sang Erna läuft trinkt Egon strickt Bier einen Pullover Konstituente als Variable: - jede Konstituente ist (kann sein) Konstituente einer größeren - jede Konstituente hat (kann haben) kleinere Konstituenten syntaktische Äquivalenzklassen (in Hinblick auf syntaktische Funktionen) Repräsentation von Konstituenten - paradigmatisch nur bei Wörtern (Konstituenten wie Erna ...) - was wird mit strickt einen Pullover repräsentiert ? (Konstituenten wie strickt einen Pullover ) Definition von Kategorien: N, V, NP, VP ... so nicht in griech.-lat. Grammatiktradition, Etikettierung jetzt anglobasiert: Syntagma: Phrase (dt. Wortgruppe) NP : Nominalgruppe … 3. Abbildung (Zuordnung) vs. Prozeß (Veränderung) Extensionale Definition der syntaktischen Kategorien: NP ist eine Konstituente, die aus einem DET und einem NOMinal besteht NOM ist eine Konstituente, die aus einem ATTR und einem SUBST besteht usw. Notationsweise konventionell: NP → DET + NOM NOM → ATTR + SUBST Fakultative Strukturen: NOM → (ATTR +) SUBST NICHT: "NP wird zu ..." ! Suggestion des Pfeils: Keine Bewegung, Veränderung ( Zeit !) Grammatik im formalen Sinne (GRAMMATIK II) ≠ das, was sich im zentralen Nervensystem abspielt (GRAMMATIK I = Hirnströme ...) So suggestiv "Ableitung" (das Schema wird in V-6 ausführlicher erläutert): 9 S S → NP NP → NOM NOM → VP → NP → + VP V + NP DET + SUBST NOM → NOM SUBST (lexikalische Ersetzung) Egon strickt einen Pullover Übung: Aufschreiben einer vollständigen Grammatik ("Phrasenstrukturgrammatik") für diese Beispielsätze! satzübergreifende Äquivalenzklassen: "Bei der Umwandlung des transitiven Aktivs mit einem Objekte in das Passiv wird das Objekt des transitiven Verbs zum Subjekte und tritt in den Nominativ, das frühere Subjekt des Aktivs aber wird durch den Ablativ mit der Präposition ab, a ausgedrückt. So wird aus pater filium amat : filius a patre amatur." (Kühner / Stegmann, Ausführliche Grammatik d. lateinischen Sprache, 1. Aufl. 1878/79 (4. Aufl. Darmstadt 1962), Bd. I, 100 – 101) Die Argumentation ist in der schulgrammatischen Tradition paradigmatisch: sie operiert mit Wortformen, syntaktische Beziehungen sind über formale Eigenschaften dieser Wortformen definiert (hier: Kasusendungen), nicht direkt über syntaktischen Relationen (bzw. syntaktischen Variablen). Dem steht ein operieren mit Paraphrasebeziehung gegenüber: verschiedene Ausdrucksformen werden als bedeutungsäquivalent angesehen: pater a patre filium amat filius amatur B C A Solidarische Formenvariation: Wenn bei C, dann auch bei A und B … 10 Woher kommt die Gerichtetheit der Passiv"transformation"? Wieso "wird nicht" aus filius a patre amatur : pater filium amat wenn das Verb statt in der passivischen in der aktivischen Form steht ? In welchem Sinne ist die aktivische Form "grundlegender" ? 11 V-3 Äußerung ⊃ Satz ⊃ Proposition 1. Satz – Äußerung (Grammatik vs. [Analyse von ..] sprachliches Handeln) Äußerung: physikalisches Ereignis beobachtbar Wort: äußern: außerhalb der "mentalen" Welt (Kognition) nicht auf Sprache eingeschränkt diese Krankheit äußert sich in der Form, daß ... (Symptome ...) Satz: theoretischer Begriff: in der Theorie konstruiert Gegenstandsbezug: Idealisierung Wort: setzen (festsetzen), Gesetz, Satzung ... gesetzt durch eine bestimmte Vorgabe ( theorieintern) Physik: ideale Gase vs. "Luft": Gemisch in einem Raum ... Chomsky: Kompetenz ( Idealisierung) vs. Performanz (beobachtbares "Gemisch" in einer sprachlichen Handlung ...) [ ] als Äußerung interpretiert Bußgeldkatalog WB d. dt. Gegenwartssprache, Berlin 21973. Bd. III: 1931a du Idiot! - Schimpfwort Hans (hat ein aufwendiges Abendessen vorbereitet, mit dem er Erna überrascht) Hans: Tut mir leid wegen gestern. Erna: [ ] (gibt Hans einen Kuß) keine Beleidigung ~ Liebkosung ... Interpretation einer situierten Äußerung: symbolische Form [ ] (Äußerung i.e.S. – phonetisch repräsentierbar) × weitere expressive Momente ("Tonfall" – Intonation), Mimik, Gestik ... × nicht-sprachliche Situationsmomente ... Äußerung i.w.S. Interpretation (Äußerung i.e.S., Situation) Die symbolische Form (Äußerung i.e.S.) ist nur ein Moment der sprachlichen Handlung, deren Bedeutung durch sie nicht allein definiert wird, aber sie ist nicht beliebig: vgl. Erna: [ ], [ ]… Linguistische Pragmatik: Bedeutungserschließung (einer Sprechhandlung) Sprechhandlung sprachliche Form ("Satztyp") es zieht Aussage Aussagesatz Aufforderung kannst du mir das Salz geben Frage Fragesatz Aufforderung 12 Ohne Klarheit hier Konfusion [ ] (Feuer!) – Äußerung, Interpretation eindeutig – Satz ? Erna: Wir könnten mal wieder die Schmitz einladen. Hans: [ ] [ ] – Äußerung, Interpretation eindeutig (?) – kein Satz (?) 2. Satz Theorieabhängige Definition (Konstruktion einer Definition): (1) festgelegt: Satz bezeichnet die Form einer Äußerung - es gibt Äußerungen, die nicht die Form eines Satzes haben - es gibt Äußerungen, deren Form mehr als einen Satz aufweist ... Erna (wartet ungeduldig an der Hautür, ruft ins Haus): Kommst du endlich? Hans: Komme. Ist komme ein Satz ? äquivalent zu Ich komme. Ähnlich russisch: [ ] – aber wie hier im Dialog: [ ja "ich" id-u "geh:-1S.PR" ] ABER polnisch: [ ] NICHT *[ ] [ ] "ich bin es, der kommt (nicht Paul)" Im Deutschen und Russischen komme / idu elliptisch möglich, weil im Kontext eindeutig impliziert: ich gr. elli'pees "unvollständig, wo etwas fehlt" Ellipse: als grammatischer Terminus enger als griech. Bedeutung: nur, wo das "Fehlende" eindeutig (durch den Kontext ...) ergänzt werden kann Hans: [ ] (wird unterbrochen) – keine Ellipse (> morgen) Die polnische Äußerung [ ] ist nicht elliptisch, sondern hat die reguläre (grammatische) Form ( Satz) einer Äußerung So auch im Latein: Plautus, Miles gloriosos, II,2 Palestrino: introo ut ab.e-aas hinein daß weg.geh:-2S.KONJ.PR Periplectomenus: ab.e-oo weg.geh:-1S.IND.PR Satzform beim Aussagesatz: Dt., Russ. mindestens zweigliedrig Lat., Poln. eingliedrig oder mehr dt. Übersetzung (P.Rau) Daß du fortkommst! Gehe schon 13 latein. poln. deutsch russ. Äußerung (D = dictum) abeo id komme idu Satz (S – sententia) * * (> ich komme) (> ja idu) NB: lat. sententia "Gedanke, Spruch" begrifflich-terminologisch Differenzierung in der Syntax ist jung! Grammatische Form: n. Vorlesung ("Grammatisierung") (2) Definition von Satz ist theorieabhängig (3) Definition von Satz ist sprachabhängig Satzdefinition in der generativistischen Tradition: extensionale Definition: S → NP + VP Grammatik: Äußerung Di → Satz ?? → ja (1) ↓ nein (0) G (Feuer) = 0 G (Hans singt) = 1 G (ich und Bier trinken?) = 0 G (Feuer!) = 0 G (trinkt Emma Bier?) = 1 ABER AUCH G (abeo) = 0 G (id ) = 0 Also sprachspezifisch einschränken: Gdt (gehe) = 0 Glat (abeo) = 1 Also auch Sengl → NP + VP ( Sdt → NP + VP ) Konfusion in Grammatikschreibung Satz / Äußerung, z.B. DUDEN 51995, "Das Satzäquivalent. Zwischen Satzschlußzeichen stehen oft Ausdrücke, die von ihrer Struktur her nicht als Sätze angesehen werden, vor allem weil sie kein Verb enthalten oder weil sie aus irgendeinem Grund unvollständig sind. Sie leisten aber das gleiche wie ausgebaute Sätze ... Man spricht hier von Satzäquivalenten ...(z.B.) Ja! Nein! Bitte! Danke! Vorsicht!" (S. 600) Äußerungen, die interpretierbar sind (nicht elliptisch), aber die nicht die Form von Sätzen haben. Allerdings ist die Form konventionell fest. weiter in Block II Damit aber auch das mißliche Problem einer Satzdefinition aufgelöst: 14 ??Def: kleinste selbständig interpretierbare Äußerungseinheit trifft auch auf Konstruktionen zu, die oben = 0 Satz definiert durch die (Satz)Form, wobei die Form so ist, daß sie ihre (selbständige) Interpretation sicherstellt ( funktionale Definition) 3. Proposition – Satz Begriffliche Differenzierung: das was (mit einer Äußerung) gesagt wird: Inhalt – wie es gesagt wird: Form Form (wie) definiert Paraphraseklassen von Äußerungen (Sätzen): Hans kam gestern auf Besuch gestern kam Hans auf Besuch kam Hans gestern auf Besuch? (Erna erzählte, daß) Hans gestern auf Besuch kam traditionelle Analyse solcher Sätze in der Logik ("Aussagenlogik") Invariante in diesen Sätzen: Proposition Wort: lat. propositio "Vorschlag, Darstellung – was vorgeschlagen / vorgestellt wird" Erst in jüngerer Logik komplexere Probleme behandelt: Gottlob Frege (1848 – 1925) symbolische Logik Hans kommt Proposition kommen (Hans) × Behauptung dieser Proposition Der waagerechte Strich symbolisiert bei Frege die Proposition (daß Hans kommt). der senkrechte Strich vorne (bei Frege: "Urteilsstrich") die Affirmation. Mit einem vorne angesetzten senkrechten Strich wird eine Proposition als Aussagesatz (indikativisch) abgeschlossen. Mit der gleichen Symbolisierung stellt Frege auch komplexere Satz- bzw. propositionale Strukturen dar. Z.B. eine konditionale Struktur, bei der die Aussage, daß Hans kommt, an die Bedingung geknüpft ist, daß die Sonne scheint, also Hans kommt, wenn die Sonne scheint als Der tiefer angehängte waagerechte Strich symbolisiert die Proposition daß die Sonne scheint. Die Frage der Wahrheit stellt sich nur für die Behauptung, nicht für eine Proposition .. ABER: Behauptung ist nur eine "Modalität", vgl. Frage, Aufforderung ... SATZ PROPOSITION (SATZ-)MODALITÄT 15 In der grammatischen Analyse relativ jung aus Logik übernommen: frz. proposition, engl. clause (lat. clausa / clausula: Formel, die Textstück "abschließt" …), dt. ?? (manchmal: Satzbasis) Proposition weiter terminologisch so verwendet Satzmodalität i.w. S. alles, was die Äußerung einer Proposition interpretierbar macht (die Interpretation fundiert: in der Sprechsituation verankert): Hans kam gestern auf Besuch Aussage / Behauptung (grammatisch: indikativ) Proposition stellt einen Sachverhalt als Ereignis VOR der Äußerung dar (vergangen: grammatisch: Präteritum, Adverb [lexikalisch]: gestern) weiter: 5. Vorlesung: satzmodale Kategorien Verankerung der Satzmodalität in der Form Grammatisierung (n. = 4. Vlsg.) Anhang zu V-3: Zur Unterscheidung der Begrifflichkeit auf den verschiedenen Ebenen BEISPIEL SPRECHHAND- SATZTYP LUNGSTYP es zieht a) Aussage Aussagesatz b) Aufforderung Aussagesatz GRAMMAT. PROPOSITIONALE MARKIERUNG UMFORMUG (P: PARAPHRASE) V2 daß es zieht komm her ! du kommst her Aufforderung a) Aussage b) Aufforderung kommst du her ? hier ist geschlossen gleich wird geschlossen Könnten Sie das weitergeben Ruhe dahinten ! Wenn du jetzt nicht den Mund hältst ... jetzt loslaufen ! jung gefreit, früh gereut Frage V2 (Prosodie !) Aufforderungssatz V1 ohne Subjekt Aussagesatz V2 Aussagesatz V2 (Prosodie !) Fragesatz V1 + Subjekt P: daß du die Tür schließt daß du herkommst daß du herkommst daß du herkommst Aussage Aussagesatz V2 Aussage Aussagesatz V2 Frage Fragesatz V1 + Subjekt Aufforderung kein Satz (finites V fehlt) Drohung abhängiger Satz (Nebensatz) Vletzt Aufforderung kein Satz (finites V fehlt) P: daß sie Ruhe geben daß du den Mund nicht hältst P: daß du den Mund hältst daß ihr jetzt loslauft (Sprichwort) kein Satz (finite V fehlen) Parallelismus daß es früh bereut, wer jung freit daß du herkommst daß hier geschlossen ist daß hier gleich geschlossen wird daß Sie das weitergeben 16 V-4 Grammatisierung 1. Grammatisierung 2. Grammatisierung vs. Grammatikalisierung Sprache ist dazu da, mit ihr etwas zu sagen: Sprachlicher Ausdruck 3. Vlsg.: Satz FORM INHALT sprachliche Form Axiomatisch: In jeder Sprache kann man alles sagen (ausdrücken) Unterschiede im WIE LEXIKON: {Suppe mit roten Rüben, Kohl und Fleisch} (paraphrasiert) Borschtsch (< russ. ) ∈ DUDEN-Universalwörterbuch Solche Ausdrücke in sprachliche Form eines Satzes einzufügen: Feder / Nut (engl. filler / slot) Bei uns gab es gestern abend Meine Mutter kocht immer , wenn Gäste kommen Grammatik bezeichnet ( sprachspezifisch !) diese Form vgl. Textverarbeitung: Formatierung vs. Eingabe in einer bestimmten Form Eine Äußerung ist grammatisch (in einer bestimmten Sprache), wenn sie die für diese definierten Formkriterien (Wohlgeformtheitsbedingungen) erfüllt: V-3: Satzform beim Aussagesatz: Dt., Russ. mindestens zweigliedrig ("Subjekt + Prädikat") Lat., Poln. eingliedrig oder mehr ("Prädikatsausdruck (+ Ergänzungen)") Hier: rein formale Bedingungen: Witterungsausdrücke: dt. es regnet, es blitzt, es wird hell Wer oder was ist es ? Problem entfällt im Lateinischen: plu-it, fulg-it, lucesc-it im Russischen Zwischenstellung: ] wörtl. "(es) geht Regen", [ [ Blitz)", [ ] "es wird hell (Tag)" ] ([ ]) wörtl. "(es) blitzt (ein 17 Probleme in der Grammatik-Diskussion: wenn solche Bedingungen semantisch interpretierbar sind Aussage-Satz im Dt. braucht ein finites Verb finit: markiert für Tempus, Modus und Person dt. Hans froh russ. Ivan rat < dt. Hans ist alt > ungrammatisch grammatisch was bedeutet ist ? Tempusformen: finites Verb ∈{Präsens, Präteritum, (Futur) ...} Aussage über Sonnensystem Erde als Planet der Sonne: die Erde dreht sich um die Sonne, die Erde ist rund .... Präsens interpretiert als "Gegenwart": *Wann dreht die Erde sich? *wann ist sie rund? ( sie nicht rund ?) *wann drehte sie sich nicht, *wann war VORLÄUFIG: (1) Sätze im Deutschen sind so formatiert, daß mit dem finiten Verb im Prädikat eine Tempusform markiert werden muß (2) Tempusformen werden im Deutschen zeitlich (zeitreferenziell) interpretiert, wenn das für die Interpretation der Proposition erforderlich ist FAZIT 1: Trennen: • grammatische Formkategorien (z.B. Tempusformen Paradigma: Präsens, Präteritum, Futur ...) • vs. Interpretation dieser Formen (z.B. zeitreferenzielle Bezüge: Gegenwart, Vergangenheit, Zukunft ...) Sprachtypologie Zum Sprachbau des Deutschen (Lateinischen, Russischen ...) gehört es, daß zeitreferenzielle Bezüge grammatisiert sind nicht in allen Sprachen so, z.B. Burmesisch (s. B.Comrie, Tense, Cambridge: Cambridge univ. press 1985) Grammatisierung erfolgt in Strukturen eines Paradigmas, z.B. im Dt. (Russ) Präteritum "vergangen" vs. Nicht-Präteritum (Präsens, periphrast. Futur) "nicht-vergangen" So auch das Präsens zu interpretieren in: die Erde dreht sich um die Sonne, die Erde ist rund dieser Sachverhalt besteht auch zum Sprechzeitpunkt 18 (weiter zu Tempus in Block II / III) Interpretation der grammatischen Struktur eines Satzes trennen von zeitreferenzieller Interpretation einer Äußerung: lexikalische Spezifizierung durch diese ist in allen Sprachen möglich Zeitwörter: heute, gestern, vorhin, letztes Jahr ... Für die Interpretation gibt es Defaults: Default auf dem Computer: Einstellung bis auf weiteres, z.B. Tastatur russ. Ivan rat < > da nichts Gegenteiliges artikuliert ist: der Sachverhalt besteht zum Sprechzeitpunkt: "Ivan ist froh" sonst: Ivan byl rat "Ivan war froh" Grammatisierung: 1. formale Bedingungen für die Form von Äußerungen ( Sätze) in einer Sprache 2. mit diesen Formelementen können kognitive Strukturen symbolisch gebunden sein ( Interpretation) Welche kognitive Strukturen so grammatisiert sind, ist sprach- (> kultur-) abhängig: Ostasien (Korea, Japan) grammatisiert komplexes System von Artikulation sozialer Beziehungen ("Höflichkeit"), aber nicht (absolutes) Tempus ... Typologie 2. Grammatikalisierung etymologische Frage: Herkunft grammatischer Markierungen: Grammatisierung (Form, Konzept) vs. Grammatikalisierung ( [Form/Konzept]t , [Form/Konzept]t' ) i.d.R. dabei t < t' Grammatisierung: Frage der Struktur ("synchron") Grammatikalisierung: Frage des Sprachwandels ("diachron") ich leg-e du leg-st er leg-t 2.Ps.S. {-st} ahd. (ih) leg-e (du) leg-es (er) leg-et 2.Ps.S. {-(e)s} : nhd. {-st} < ahd. {-(i)s + d(u)} ] vgl. kommst du > [ 19 Wort (Lexikon: lexikalische Bedeutung ...) > grammatische Markierung (grammatische Bedeutung) HIER: Pronomen "du" > Markierung der 2.Ps.S. Perfekt: haben-Periphrase ich pflanzte ich habe gepflanzt ich hatte gepflanzt ahd. haban wie nhd. ich habe einen Baum (im Garten) ... ahd. phigboum habeta sum giflanzotan (habeta sum phigboum giflanzotan ) "einen gepflanzten Feigenbaum hatte ich" Grammatikalisierung(swege): Fluchtlinie 1. als Funktionselement mit allen Elementen des Lexikons (entsprechenden Typs) kombinierbar (ich habe getanzt ~ *haben) 2. Semantik abstrakter (unspezifischer): PERFEKT vs. haben (< halten) 3. meist: phonologische Form reduziert: 2Sg. –st < -es (-is) + du in dieser Vorlesung: Grammatisierung Grammatikalisierung: Gegenstand von Seminaren zum Sprachwandel 20 V-5 Satzmodalität Abschluß Block I: • Argumentative Basis • Satzmodalität Grammatik als Modellierung von SATZstrukturen (marginal: > Satz: Text) Grammatisierung: Wohlgeformtheitsbedingungen, ggf. in Verbindung mit Beschränkungen der Interpretation (Symbolisierung konzeptueller Strukturen) SATZ Satzmodalität × Proposition (Satzmodalität: Verankerung der Interpretation der Proposition) Grammatisierung als Formatierung der Proposition: kulturelle "Salienz" der grammatisierten Strukturen × formale "Gestaltschließung" Satzmodalität im weiteren Sinne: kategoriale Strukturen der Äußerung und ihre Grammatisierung: Kategorie < gr. kata "nach, auf" + agora "Markt(platz) > Gerichtsversammlung" Aristoteles: Fragen, die man grundsätzlich stellen kann (< bei einer Anklage beantworten können muß) SATZ-MODALITÄT PROPOSITION Satzmodalität nimmt im Modell eine andere Dimension ein als die Proposition, vgl. oben bei der Fregeschen Symbolisierung den "Urteilsstrich" gegenüber dem Propositionsstrich Zur Satzmodalität gehören: - PERSON (> soziale Struktur der Kommunikation) - THEMATISCHE STRUKTUR (> "Informationsstruktur") - POLARITÄT (in der Äußerungsstruktur) - SPRECHHANDLUNGSTYPEN - AUSBAU DER PROPOSITION (> Subjunktion) 1. PERSON: personales Feld der Sprechsituation SPRECHER (1. Person) HÖRER (2. Person) NICHT-BETEILIGTER (3. Person) PERSON als deiktische Kategorie gr. deixis "Vorzeigen, Verweis" (verbal deik-s- "zeigen") Verankerung der Interpretation der Proposition: 21 PRÄDIKAT (Arg1 , Arg2 , Arg3 ... Argi ) { 1, 2, 3} schenken (x1, x2, x3) : er schenkt mir ein Buch ich schenke mich dir .... deskriptive Kategorien ( Lexikon): PRÄDIKAT (x1, x2, x3) & PRÄD* (xi) & PRÄD** (xj) .... er schenkt mir ein Buch PRÄDIKAT = 'schenken", x1 = 3 x2 = 1 x3 = 3 & 'Buch' (x3) Mit einem * markiert sind die deskritptiven Prädikate der Argumente wie z.B. 'Buch' bei x3 Faktorisierung der deskriptiven Prädikate: Zählbarkeit ([- zählbar], z.B. Milch, Wein ... ) Numerus: einzeln (Singular), dual, Plural (> 2 bzw. < 1 ...) ich: Singular, wir (ich und andere: *Plural {ich, ich, ich ...}) weitere Klassen: Grammatisierung von Sexus: der Stein, das Mädchen ... Genus eingeschränkte Grammatisierung: arab. nti 2SF, nta 2SM ... grammatische Nutzung: Bindung in Proposition Emma gefallen die Blumen nicht 3S 3P 3P Kongruenzmarkierung Sonderfall deskriptiver Markierungen: Strukturen des sozialen Feldes: DISTANZ/ RESPEKT / AUTORITÄT .... kommst du morgen? kommen Sie morgen? würden Sie morgen kommen? ... das Auto / der Wagen / der Personenkraftwagen / die Kiste / der Scheißkarren .... fährt nicht Grammatisierung vs. Lexikon .... 2. THEMATISCHE STRUKTUR (> "Informationsstruktur") FIGUR GRUND 22 Wie hat Emma reagiert? (Emma ⊂ GRUND) Was ist mit den Blumen? (Blumen ⊂ GRUND) Emma gefallen die BLUMEN nichtdie Blumen gefallen EMMA nicht ..... Vordergrund: Fokus Grund: Topik Markierungen: Prosodisch, Wortstellung, eigene Konstruktionen es sind die Blumen, die Emma nicht gefallen .. Partikel (Emma gefallen sogar die BLUMEN nicht) Nutzen grammatischer Markierungen: Aspektsyteme: dt. ich war am schreiben , als Hans kam DURATIV > (Hinter-)Grund Russ. (freie Erzählung eines Jungen) on zaprygnyl na kam'en' Stein er sprang.PF auf szadi kamnja byl olen' hinter Stein war.IPF Hirsch on skinyl v vodu er warf.PF in Wasser v vodje ležalo d'er'evo in Wasser lag.IPF Baum VORDERGRUND HINTERGRUND VORDERGRUND HINTERGRUND 3. POLARITÄT Es ist kein Bier im Kühlschrank ! was sehe ich im Kühlschrank? – Käse, Yoghurt, Gemüse ... Was macht einen Satz wahr? Es ist Bier im Kühlschrank %Bier ist im Kühlschrank% Es ist kein Bier im Kühlschrank %???% Erwartungen des Sprechers : Perspektivierung des Sachverhalts lexikalische Felder (Antinomien ...) Hans schläft nicht – Hans ist wach (was sind die vorausgesetzten Erwartungen?) Grammatisierung der Negation: - Negationsverben: finn. söi-n omenaa aß.PRÄT-1S Apfel e-n syönyt NEG-1S essen.PZP - Prädikatsmorphologie türk. geli-yorum komm:- IPF.1S vs. "ich aß einen Apfel" omenaa Apfel "ich aß keinen Apfel" gel-mi-yorum komm:-NEG- IPF.1S "ich komme (nicht)" 23 Partikel: dt. nicht, lat. non, russ. n'e Skopus der Negation: weit: ich fahre nicht mit dem Zug nach Bonn eng: ich fahre mit keinem Zug nach Bonn (.. nicht mit dem ZUG nach B) 4. SPRECHHANDLUNGSTYPEN AUSSAGE: verpflichtet den Sprecher auf Wahrheit: der propositional artikulierte Sachverhalt ist der Fall: Grammatisierung: V-2: Indikativ am Verb ... ABER: fiktive Erzählung .... Grammatisierung von Evidenzialität vs. lexikalische Formen: vielleicht regnet es jetzt schon ... es ist möglich, daß es regnet ... Evidenzialität und Tempus: Indikativ ~ Präterital Futur: Potential ... Suspendierung der Aussage: FRAGE weit: kommt Hans heute (V-1) vs. Hans kommt heute ↑ (V-2 - Aussagesatz) eng: Wann kommt Hans (Präsupponiert: Hans kommt) Wer kommt heute? (Präsupponiert: jemand kommt) eng: Fokussierung eines Elements ( Voranstellung des W-Worts im Dt.) AUFFORDERUNG – eingeschränkte Artikulation der Proposition: Hauptaktant (-argument) Hörer (2. Person) zeitreferenziell: (unmittelbare Zukunft ...) Interpretation durch Default: komm ! (< Stamm: komm- -e / -st / -t ...) markierter Fall: nicht nur DU: komm-t ! (DU und andere ...) Paradigmatische Differenzierung: komm-t ! "2P" komm ! ~ komm-∅ ! "2S" explizite Markierung aller Formen, z.B. russ. 2S id-i vgl. id-u 1S 2P id-it'e Weitere Aufforderungsmodalitäten: Hortativ 1P laßt uns gehen !, 3.Person: im Dt. nur paraphrasierbar: er soll gehen 5. AUSBAU DER PROPOSITION Block III: Ausbauformen des Satzes 24 satzmodale Markierungen spezifizieren den propositionalen Inhalt SATZMODALITÄT PROPOSITION SATZMODALITÄT PROPOSITION PROPOSITION Hans las das Buch Hans versuchte, das Buch zu lesen Hans tat so, als ob er versuchte, das Buch zu lesen ... Abgestufte Markierungen am Prädikat als Formen der Partizipation an der satzmodalen Spezifizierung: > Subjunktion: Subjunktiv ("Konjunktiv"). infinite Formen (Infinitiv ...) kein paradigmatischer Kontrast mit satzmodalen Markierungen 6. Zur Sprechakttypologie Eine systematische Herleitung der Sprechaktkategorien nimmt ihren Ausgangspunkt bei den Bedingungen der Kommunkation, also dem polarisierten Feld: SPRECHER HÖRER Monologische Äußerungen (also die Beschränkung auf das innere Feld) maximieren in gewisser Weise die symbolischen Potentiale: Das ist der Fall bei der AUSSAGE, die insonfern einen Grenzwert für alle Äußerungen bildet (und in der philosophischen Sprachreflexion i.d.R. auch als Modell genommen wird). Noch weiter geht die monologische Maximierung der symbolischen Potentiale in der Schrift. Das kommunikative (äußere) Feld impliziert für darauf abgestellte Äußerungsformen eine dialogische Bindung. Das ist insbesondere bei der FRAGE der Fall. In grammatischer Hinsicht sind Fragesätze aber formatiert durch die Struktur von Aussagesätzen, s.u. Eine noch weitergehende interaktive Bindung besteht bei der AUFFORDERUNG, die auch nicht auf eine sprachliche Reaktion des kommunkativen Gegenübers festgelegt ist (sprachliche Reaktionen sind hier nur eine Sonderfall von Reaktionen: vgl. Tu was ! vs. Sag was ! , Antworte !) 25 In dieser Typologie steckt also eine Hierarchie der "Entäußerung" – deren Grenzwert die Dezentrierung des (sprachlichen) Handelns in der Schrift ist (das wird in sprachtheoretischen Arbeiten zur Schriftsprache wieder aufgenommen). FRAGE und AUFFORDERUNG sind in anderer Blickrichtung als markierte Äußerungstypen, die durch ihre Differenz zum maximal ausgereizten Äußerungstyp AUSSAGE definiert sind. Symbolsich kann das bei der Frage durch eine sie markierendes Element Q (wie lat. quaestio "Frage") repräsentiert werden. Dieses findet einen expliziten Ausdruck in entsprechenden Q-Wörtern (im Deutschen auch W-Wörtern), die nach der Spezifizierung entsprechender Ergänzungen im Satz fragen: Antwortsatz [ ......]S Fragesatz [Q ......]S Q = W-(-er / -as / -ie /-o / -ann ...).... ......... XP ..... Beim Satzfokus wird die Position von Q durch das finite Verb eingenommen: Fragesatz [Q ......]S Antwortsatz [ ......]S Q = V1 ......... (SM) ..... Was hier mit Q infrage steht, ist ein Faktor der Satzmodalität: die voll spezifizierte Proposition wird dagegen vorausgesetzt Der reduzierte symbolische Ausbau des Aufforderungssatzes spiegelt sich auch in der nur rudimentär grammatisch spezifizierten Form des Imperativs: als reiner Stamm des Verbs (geh !), der nur sekundär für die Person im Plural markiert wird (geht !). Allerdings sind diese imperativischen Prädikate doch syntaktisch in die Konstruktionen einbezogen. Erweiterte Formen der Aufforderung zeigen die Kongruenz mit der zweiten Person: appositiv wie in: Komm du mal her ! (vergleichbar: Hans, komm mal her !) aber als indirekter Sprechakt (verpackt in eine Frageform) mit kongruierender Verbform: Kommen Sie mal her ! Bei reflexiven Konstruktionen zeigt sich die Steuerung auch in grammatischen Markierungen der Ergänzungen zum Prädikat. Das ist in Sprachen besonders deutlich, die reflexive Pronomina aufweisen, vgl. im Englischen: indikativisch you wash *you / yourself imperativisch wash *you / yourself ! vgl. auch im Deutschen indikativisch du wäschst dich imperativisch wasch dich ! 26 Block II: V-6 : Satzbasis / propositionale Struktur Vorbemerkung zu Block II Block II entwickelt die Grundlagen der syntaktischen Strukturung einer Äußerung / eines Satzes. Die im jüngeren Syntaxverständnis dominierende Konzeption behandelt diese Strukturen als grundlegend, in die lexikalische Elemente eingefügt werden. In den meisten neueren Ansätzen wie insbesondere der LFG ist diese Konzeption infrage gestellt; hier bildet die lexi(kali)sierte konzeptuelle Struktur der syntaktischen Köpfe den Ausgangspunkt, von dem aus syntaktische Strukturen "projiziert" werden. Insofern wird die syntaktische Argumentation, insbesondere in Hinblick auf die LFG, am Schluß von Block IV, nach der Behandlung von wortbezogenen Fragen, fortgeführt (V-22 – V-24). Gegenstände in Block II • Prädikation • Argumente (semantische Rollen ...) • Subjekt / Objekt • Peripherie (Adjunkte: Adverbiale, oblique Funktionen ...) • Kasus • Referenz (Definitheit, Deixis, Anaphern ...) Ausgangspunkt: Sprachlicher Ausdruck FORM INHALT Formanalyse: Syntax =: Strukturen des Satzes Block IV: Morphologie =: Strukturen des Wortes gr. syn-tak-s-is "Zusammensetzung, Aufstellung" (verbal syn-tak-j- "zusammensetzen") Satz Zusammensetzung von Wörtern (Worten) antike Grammatik: reich flektierende Sprachen (Alt-Griechisch, Latein) Wortformen definieren Vorkommen(smöglichkeiten) im Satz puell.a puer-um Mädchen.N.S Knabe-A.S "das Mädchen küßt den Jungen" basi.a-t küß:-3.S.PRÄS.IND.AKT Satzstruktur ist bestimmt (regiert) durch das finite Verb basiat basiare ist ein transitives Verb lat. trans-i-re (PZP trans-i-t-us) "hinüber- / hindurchgehen", d.h. es geht vom casus rectus zum casus obliquus (bzw. den so markierten Ergänzungen) casus rectus (Nominativ): puell.a casus obliquus (Akkusativ): puer-um Heute Analyse mit syntaktischen Variablen: 27 gladi-a-tr-ik-s puer-um Schwert-V/N-N.AG-FEM-N.S Knabe-A.S "die Gladiatorin ("Schwertkämpferin") küßt den Jungen" Nuten: Subjekt -s -um Objekt basi.a-t küß:-3.S.PRÄS.IND.AKT -t Prädikat Federn: Lexikalische Elemente + Wortbildung (= Stamm) Festlegung auf Wortarten nach den syntaktischen Potentialen: Verben Prädikatsfunktion Nomina Komplemente zum Prädikat In der schulgrammatischen Tradition: Konfusion: Prädikat (syntaktische Funktion) ~ Verb (Potential für eine syntaktische Funktion) russ. dt. Ivan Hans SUBJEKT ist KOPULA rat < > froh PRÄDIKAT NOMINALSATZ VERBALSATZ PRÄDIKAT* ! Mehrdeutigkeit: PRÄDIKAT in Semantik: 5. Vlsg. "deskriptive Spezifizierung" (a) das ist ein Baum Baum (x) (b) ich sah etwas, das ein Baum war sehen (x,y) ... & Baum (y) (c) ich sah einen Baum sehen (x,y) ... & Baum (y) (a) Prädikation Baum (x) ist im Gegenstand der satzmodalen Aussage (b) Prädikation Baum (x) ist eine Nebenprädikation ( komplexer Satz) (b) Prädikation Baum (x) ist in ein Wort "inkorporiert" (lexikalisiert) Es ist zu unterscheiden in die Prädikation als Achse der Proposition (mit einem nuklearen Prädikat) und der Prädikation als deskriptivem Inhalt einer Konstituente der Proposisiton. LFG f-Struktur: puella puerum basiat PRÄD TEMP SUBJ OBJ 'basiare <SUBJ, OBJ> PRÄS PRÄD 'puella' PERS 3 NUM SG KAS NOM PRÄD PERS NUM KAS 'puer' 3 SG AKK 28 "funktionale" Grammatiktheorien trennen Ebenen: semantisch interpretierte Struktur: LFG "f-Struktur" formale (syntaktische) Struktur heißt in der LFG "c-Struktur" ( eine auch sonst übliche Phrasenstruktur-Analyse. engl. constituents), es ist Phrasenstrukturgrammatik Die c-Struktur ist eine Phrasenstruktur (zum Terminus Phrase, s. die Vorbemerkung), wie sie schon im Strukturalismus üblich war, soweit dieser seine syntaktischen Kategorien durch das Vorkommen der Formen (ihre Distribution – daher auch der Terminus "Distributionalismus") kontollierte. Die entsprechenden Strukturen habe ich schon in V-2 benutzt. Mit den Beispielen von dort sollen sie hier jetzt nochmals im Zusammenhang entwickelt werden. Eine Phrasenstrukturgrammatik operiert mit syntaktischen Variablen, die durch das Ersetzungsschema (durch "Regeln") definiert sind, die jeweils eine Menge von gleich kategorisierten Ausdrücken repräsentieren. Es handelt sich also um Äquivalenzklassen, wie oben in V-2 entwickelt. Ich wiederhole ddas Schema von V-2, wobei ich aber jedes Wort durch seine Wortart etikettiere: Jedes Wort ist hier eine minimale syntaktische Konstituente der entsprechenden Kategorie. derART MannN singtV sangV einART ErnaN läuftV trinktV EgonN stricktV BierN einenART PulloverN Das Schema zeigt an diesen Beispielen, daß einwortige Konstituenten äquivalent zu mehrwortigen sein können. Außer den Kategorien der einzelnen Worte (= Wortarten) gibt es also noch umfassendere Kategorien, die hier in den größeren Kästen symbolisiert sind, die im engl. phrases (dt. Wortgruppen) heißen und die nach ihren Typen unterschieden als XPs (wobei X den Kopf der jeweiligen XP bezeichnet). Vereinfacht gesprochen sind die Köpfe einer XP die ihrer Konstitutenten, die auch alleine eine solche XP bilden können, die aber auch in einer erweiterten XP mit einem Satelliten vorkommen können. In diesen Beispielen kommen vor: - als umfasendste Konstituente (= Konstruktion): S (Satz), - die beiden Makrokonstituenten ( gau unterlegte Felder) eines Satzes: - die NP (Nominalgruppe), - und die VP (Verbalgruppe), - schließlich können innerhlab von diesen Makrokonstituenten noch weitere Konstituenten vorkommen, insbesondere ist die NP wiederholt möglich, so insbesondere auch als Binnenkonstituente einer VP. 29 Diese Äquivalenzverhlältnisse, insbesondere die Äquivalenz der umfassenderen Kategorien mit Konstruktionen aus elementareren Kategorien, wird in Ersetzungsregeln ausgedrückt, die entpsrechend Alternativen erlauben: S NP VP NP + VP ART + SUBST SUBST V + NP V Die einfachen Konstituenten können mit lexikalischen Ersetzungsregeln definiert werden, hier nur für die angegebenen Beispielsätze: ART {der, ein, einen} SUBST {Mann, Erna, Egon, Bier, Pullover} {singt, sang, läuft, trinkt, strikt} V Nun sind diese Konstituteten nicht frei kombinierbar. Offensichtlich gibt es Subklassen, die Beschränkungen über der Kombinatorik entsprechen: eine einfache NP, ohne einen Artikel liegt bei Eigenanmen vor (Erna, Egon) und auch bei generischen Bezeichnungen wie Bier, die anderen Ns (Substantive: Mann, Pullover) bilden nur mit einem ART eine NP, eine einfache VP, ohne eine interne NP (ein Objekt) liegt bei intransitiven Verben vor (singt, sang, läuft), transitive Verben (trinkt, strickt) brauchen eine solche NP. (von weiteren Beschränkungen, die in einer formalen Darstellungen ebenfalls repräsentiert werden müssen): Kasusformen (ein vs. einen), Kongruenzmarkierungen (trinkt vs. trinken) u. dgl. sehe ich an dieser Stelle ab, s. die späteren Vorlesungen. Mit solchen Regeln wird eine generative Grammatik aufgebaut, bei der die abstrakteste Kategorie (= die umfassendste Konstituente) als Anfangssymbol fungiert, hier also S. Aus diesem können durch einen Katarakt von Ersetzungen (entsprechend) den Ersetzungsregeln, konkrete Satzstrukturen abgeleitet werden. Außer den beiden Ersetzungsregeln für NP und VP, hatte ich im Text noch eine weitere Ebene bei der NP eingeführt: NOM ATTR + SUBST Eine solche Kette von Ersetzungen heißt eine Ableitung. In diesem Sinne kann z.B. der Satz Egon strickt einen Pullover abgeleitet werden, wie es schon in V-2 dargestellt war: 30 S S → NP NP → NOM NOM → VP → NP → + VP V + NP DET + SUBST NOM → (lexikalische Ersetzung) NOM SUBST Egon strickt einen Pullover Die Ersetzungsregeln sind hier, wie im Text erläutert, strikt binär beschränkt. Die Zerlegung eines Satzes in Subjekt (d.h. die unmittelbar dem Satz untergeordnete NP: [NP, S]) und Prädikat(sverband) ist in diesen Phasenstrukturen axiomatisch. Für den mehrfach ambigen Terminus Prädikat steht hier die rein durch diese Ersetzungsregeln definierteKategorie VP. Wenn ein VP expandiert ist, weist es ein Objekt auf, hier definiert als eine der VP untergeordnete NP ([NP, VP]). Da hier die Kategorien Subjekt, Objekt und Prädikatsveband (VP) direkt an den graphischen Baumdarstellungen abgelesen werden können, spricht man auch von konfigurationellen Definitionen. Abhängigkeitsgrammatik Eine Phrasenstrukturgrammatik zeigt die Konstituenten in ihrem (potentiellen) Substitutionsverhältniss, nicht aber die syntaktischen Rektionsbeziehungen. Diese waren nun das, was in der traditionellen Grammatik im Vordergrund stand, die nun umgekehrt ohne ein Konzept von syntaktischen Variablen operierte. Eine formale Darstellung, die dem traditionellen Grammatikkonzept entspricht, findet sich in der Dependenzgrammatik (L. Tesnière [1893-1954] u.a.), in deren Diagrammen (dort meist Stemmata genannt) die Abhängigkeiten der Formen als graphische Unterordung (auf der graphischen Achse oben – unten) dargestellt werden. puella puerum flavum amat "das Mädchen liebt den blonden Jüngling" amat puella puerum flavum Dargestellt sind die Abhängigkeiten: Kasus) vs. Satellit spezifiziert Kopf Kopf regiert Satelliten (Verb 31 Ein solches Schema ist in gewisser Weise äquivalent zu einer Konstituentenstruktur: S NP VP puella V amat NP puerum Die Äquivalenzen, die oben in den Ersetzungsregeln der Phrasenstrukturgrammatik zum Ausdruck kamen, werden hier unmittelbar in den Stemmata anschaulich. Eine Satzstruktur ist mit intransitivem Verb vollständig (gesättigt), bei transitivem Verb ist eine Ergänzung nötig (ohne sie ist das Prädikat nicht gesättigt) Komplemente (lat. complere "auffüllen, ergänzen") puella puella currit puerum amat "das Mädchen rennt" "das Mädchen liebt den Jüngling" So in kategorialgrammatischen Darstellungen ( Unifizierungen): puella amat puerum (S) puella (N) amat puerum (VP) ~ currit amat (V) puerum (N) Syntax =: Netz von differenzierten Beziehungen Satz =: gerichtetes Netz Dabei zeigt sich, entgegen der engen Bindung in der Kongreunz von Subjekt und Verbform im Prädikat, daß der Subjektsausdruck und das Verb keine syntaktische Einheit bilden, sondern daß das Subjek dem (intern u.U. sehr komplexen) "Prädikatsverband" (~ VP) gegenübersteht. Für die Syntax bestimmend ist die Äquivalenzbeziehung eines einfachen (intransitiven) und komplexen Prädikatsausdrucks ("gesättigten" transitiven Prädikats: Verb + Objekt) puella puerum amat puer equum suum amat "das Mädchen liebt den Jüngling der Jüngling liebt sein Pferd" zwei (parallele) Köpfe mit ihren abhängigen Strukturen zwei Sätze amat puella amat puerum puer equum suum Funktion des (syntaktischen) Prädikats ist ambig ( Janus) - als Kopf der syntaktischen Struktur ( Rektion der Ergänzungen) - als "Landeplatz" für satzsemantische Spezifizierungen 32 SM ( INDIK, PRÄS ...) ama - t puella SATZ puerum flavum (so bei Tesnière: Valenz des Verbs, lexikalisch kodiert PROPOSITION Stamm der Verbform im Prädikat) Ausgangspunkt für Diskussion um die Struktur des Satzes distributionelle Regularitäten: Äquivalenzklassen (V-2) (Aussage-)Satz im Dt. (Engl., Russ. ...) zweigliedrig SATZ ? √ NEIN NEIN Lola rennt Lola rennt traditionelles Verständnis: Subjekt + Prädikat EXOZENTRISCHE Konstruktion Satz gr. exo "außen", Gegensatz endo "innen" Wortbildung ( Gartentür Dickkopf 4. Block) Struktur endozentrisch exozentrisch Kopf äquivalent zu Tür ( besondere Art von Tür) [Person] ( keine besondere Art von Kopf) In der Tradition von Tesnière: die finite Markierung am Prädikat ist der funktionale Kopf des Satzes neuere Entwicklungen in der generativen Grammatik (GB und LFG) In der jüngeren generativen Grammatiktradition ist mit der Rektionstheorie (daher: GB) viel von den Einsichten der Dependenzgrammatik aufgenommen worden: S NP Hans VP* AUX hat Aber es sind äquivalent: Hans hat Emma geliebt VP V geliebt NP Emma 33 Hans liebt Emma IP* NP IP Hans INFL -t hat ge-..-t VP V lieb- NP Emma Problem so: funktionale Kategorien ohne syntaktischen ( syntaktische Kategorien Wort-) Status sind in der GB Der syntaktischen Darstellung in der generativen Gramamtik jüngerer Spielart (GB) liegt das sogenannte X-quer-Schema zugrunde (engl. x-bar): X'' X' SPEZIFIKATOR X KOMPLEMENT Nach diesem Schema wird insbesondere die propostionale ("Satz-") Struktur aufgedröselt, mit dem finiten Prädikat als Kopf, bei einem periphrastischen Präikat mit dem Auxiliar als funktionalem Kopf. Diese X-quer Schematisierung liefert zugleich die Grundlage für die "konfigurationelle" (d.h. durch die Geometrie der Darstellung motivierte) Definition der beiden propositonalen Grundkategorien: Subjekt und Objekt, die hier relational verstanden werden, definiert durch unterschiedliche syntaktische Dominanzverhältnisse. Zugrunde liegt eine Zerlegung der "Argumentstruktur" lieben (Hans, Emma) in eine interne Struktur (VP), mit Emma als dem "internen Argument", definiert als Komplement von V (d.h. dem Objekt), sowie einer externen Struktur (IP) mit Hans als dem "externen Argument" (also dem Subjekt). In der generativistisch üblichen Notationsweise steht dafür auch Objekt [NP, VP] Subjekt [NP, S] S ~ IP' (I'') SPEZIFIKATOR "externes Argument" ( Subjekt) V~I Hans liebt Emma / Hans hat Emma geliebt VP ~ IP (I') KOMPLEMENT "innere Argumente" 34 IP* NP IP Hans INFL -t hat ge-..-t VP V lieb- NP Emma Davon unterscheidet sich nun die mehrebige Analyse in der LFG, die insbesondere auch die Grundkategorien Subjekt und Objekt als nicht weiter analysierbare Terme der f-Struktur ansetzt. In der LFG wird die syntaktische c-Struktur (Konstituentenstruktur) in Prinzip nicht anders als in den anderen generativistischen Spielarten auch entwickelt, ggf. mit der Annotation von Rektionsverhältnissen (Auszeichnung des Kopfes einer Konstruktion): S ↑=↓ VP NP ↑=↓ V liebt Hans (= IP) NP Emma ↑=↓ "was oben steht, hat seine syntaktischen Eigenschaften von dem, was unten steht" ist die in der LFG übliche Auszeichnung eines Kopfes S ↑=↓ IP NP Hans ↑=↓ AUX hat VP ↑=↓ V geliebt jede (komplexe) Konstituente wird durch eine Bindung von ihrem Kopf zusammengehalten Präferenz für binäre Strukturen: maximal strukturiert "flache Strukturen" nur, wo hierarchische Gliederung nicht begründbar NP Emma 35 Für die funktionalistichen Ansätzen, hier insbesondere die LFG, ist konstitutiv, daß sie die grammatische Analyse auf verschiedenen, grundsätzlich unabhängigen Ebenen durchführen, die jeweils die infrage stehende Struktur vollständig repräsentieren. Bei der LFG werden so insbesondere die Konstituentenstruktur strikt von ihrer semantischen Intepretation getrennt ("s-Struktur" mit der "f-Struktur" als ihrer Grundlage). Die orthodoxe generative Grammatik (insbesondere die GB) syntaktisieren demgegenüber alle Strukturen auf einer einheitlichen Ebene (die eine lineare Ableitung repräsentiert). Die Konsequenz davon ist, daß diese syntaktischen Strukturen immer tiefer gestaffelt werden müssen, um Konstruktionsambiguitäten aufzulösen. Die maximal explizite Paraphrase dient dabei gewissermaßen als heuristisches Modell für die "tiefenstrukturelle" Normalform, so wie oben bei der Form des finiten Prädikats schon die periphrastische Konstruktion mit einem Auxiliar als Modell diente. Dabei wird die Staffelung formal durch eine zyklische Wiederholung des X-quer-Schemas erreicht. Zwangsläufig können dabei nicht alle Knoten aller Strukturen jeweils lexikalischen Elementen (bzw. überhaupt Wortformen) entsprechen; vielmehr haben sie in Hinblick auf ihre "Ausbuchstabierung" meist nur ein ∅-Äquivalent. Die lexikalischen Konstanten der Interpreation werden zunächst an der Basis einer solchen Struktur eingebettet. Das ergibt dann partiale Strukturen der folgenden Art (mit Variablen für die Kategorien, beim Komplement jeweils B, beim Spezifikator A). X'' A ∅ X' X ∅ B X'' A ∅ X' X B Für die Ableitung gilt aber umgekehrt, daß die "höheren" Strukturen dominant sind, die insofern nicht "leer" bleiben können, wenn die so aufgebaute Struktur denn interpretiert werden soll. "Gefüllt" werden diese dadurch, daß die weiter "unten" angesiedelten Konstanten angezogen werden, also nach "oben" bewegt werden, wobei sie eine (strukturell durch diese Bewegung in der entsprechenden Konfiguration kontrollierte) Spur hinterlassen (meist mit e markiert): X'' A ∅ X' X ∅ B X'' A>e X' X B>e 36 Das führt zu eine ganzen Batterie solcher Bewegungen, was hier nicht vorgeführt werden soll (s. dazu Borsley, Haegeman u.a.). Dazu gehört auch, daß inzwischen so etwas wie eine Modellierung der Satzmodalität im oben entwickelten Sinne geschieht, hier allerdings in einer strikten Syntaktisierung als einer "tieferen" Konstituentenstruktur. Dazu wird eine dem Satz (~ Proposition, hier S bzw. IP) übergeordnete Kategorie CP eingeführt, die die satzmodalen Bestimmungen durch ihren Kopf spezifiziert. CP C (OMP) S (ATZ) C(OMP) hat seine Bezeichnung von dem her, was auch in der sprachphilosophischen Tradition immer schon als der markierte syntaktische Fall angesehen wurde: ein abhängiger Satz (bzw. Proposition), also ein "Komplement-Satz" (s. Block III). Bei der syndetischen Subordination (zum Terminus: s. V-19) ist ist C auch offen artikuliert: durch einen Subordinator (engl. complementizer) wie bei daß Hans Emma liebt (vgl. Paul glaubt, daß Hans Emma liebt). In dieser Tradition, die auch die der Schulgrammatik ist, wird der Aussagesatz als der unmarkierte Fall angesehen – als der Defaultfall, der keine offene Markierung erhält wie in: Hans liebt Emma. Benötigt wird die CP-Struktur allerdings nicht nur bei der Subjunktion, sondern auch bei den markierten Fällen von selbstständigen Sätzen, wie Frage- und Aufforderungssätze, deren offene Markierungen (sog. W-Wörter bei Fragen) und insbesondere die Wortstellung auf diese Weise abgeleitet werden (s. V-12). Um eine Idee von den so aufgespannten Strukturen zu geben, soll ein Beispiel skizziert werden: Der Satz Hans liebt Emma erhält seine Struktur in dem oben angeführten Schema auf die folgende Weise: CP SPEZ ∅ C' COMP ∅ IP NP Hans I' INFL -t VP V' V lieb>e NP Emma Komplexere Strukturen haben weitere Staffelungen (z.B. einen Spezifikator bei der VP); sie belegen u.U. auch die Konstitueten einer CP, z.B. bei Fragesätzen wie Wer liebt Emma ? , bei denen das externe Argument (die NP unter IP) leer bleibt, u.dgl. S. dazu weiter in Block III bei den komplexen Satzkonstruktionen. 37 V-7 Prädikat und Argumentstruktur (Szenario / Aktanten / semantische Rollen) Ausgangspunkt: Sprachlicher Ausdruck FORM INHALT (semantische) Interpretation ambig: "Inhalt" ± gebunden durch die sprachliche Form: freie Interpretation: konzeptuelle Struktur Abgrenzung sprachlicher ( sprachwissenschaftlicher) Analyse vs. konzeptueller ( logischer) Analyse Rhetorik: Quintillian inventio konzeptuelle Struktur Was ? Wer? Wieviel? Wo? Wann? .... Schulgrammatik: TextSatzstrukturierung durch solche sinnstrukturierenden Fragen Logische Analyse der Alltagssprache, seit H.Reichenbach (1891-1953), Elements of symbolic logic, 1947 Asmundsen flog im Mai 1926 zum Nordpol 38 SACHVERHALT logische Analyse: PropositionL (∃v) [f (x1)]* (v, y1, t1) f: fliegen {Prädikat / Argument} x1, y1, t1 {individualisierte Variablen} x1 : Asmundsen y1 : Nordpol t1 : Mai 1929 v : existenziell (∃v) gebundene Variable ("Ereignisvariable") INSZENIERUNG: Szenario Paraphrasen: • Asmundsen flog im Mai 1926 zum Nordpol • Im Mai 1926 flog Asmundsen zum Nordpol • Asmundsen Flug zum Nordpol fand im Mai 1929 statt • Der Nordpol wurde im Mai 1929 von Asmundsen angeflogen • ..... grammatische Analyse: PropositionG KERN PERIPHERIE Verb (Kernprädikat) [[Im Mai 1926 ]PERIPHERIE [flog Asmundsen zum Nordpol]KERN ]PROP = SATZ Szenario des Verbs fliegen: Flieger (Agens) & Bewegungspfad (Lage, Ziel) im Raum Peripherie (hier): zeitliche Situierung der Proposition Szenario: Theater-Metapher Tesnière actants ("Aktanten" : "Mitspieler") "Aktanten" durch Semantik des Verbs gebunden Mehrstufige Rekonstruktion des Baus einer PropositionG Formales syntaktisches Muster: Prädikat mit seinen Ergänzungen LFG u.a. Argumentstruktur Tesnière: Bindung der Ergänzungen durch die Valenz des Verbs vs. Interpretation dieses Musters durch die Semantik des Verbs ( "Szenario") 39 GRAMMATIK1 (Valenz) Prädikat (Erg1 + Erg2 + Erg3) LEXIKON Verb: geben GRAMMATIK1 (Szenario: Rollen) Rollen HA: [Geb]er NA1 : Ge[geben]es NA2 : Be[geben]er (Empfänger) Szenario-Strukturen durch die Semantik des Verbs definiert: Schematisierung der Rollen I Abbildung auf Makrorollen (Agens, Patiens ...): "Tiefenkasus", "thematische" Rollen Schematisierung der Rollen II Rangfolge im Szenario: Kontrolle über Geschehen: MAX Hauptaktant HA (sonst: Nebenaktant NAi) Gegenpol: engste Bindung an Prädikat NA1 Verb regnen laufen schlagen schenken Valenz 0 1 2 3 Beispiel es regnet Hans läuft Hans schlägt den Hund Hans schenkt Emma ein Buch NB zu Valenz 0: regnen: es gibt keinen Regner Hier gibt es nun begrifflich-terminologisch unterschiedliche Optionen, insbes. so auch in der Typologiediskussion (VORSICHT: Z:B. bei Whaley andere Begrifflichkeit von Valenz) In dieser Vorlesung benutze ich Valenz als rein formalen Begriff für syntaktische Realtionen, korrespondierend mit Begriffen wie (in-)transitiv. Einge Beispiele, um die argumentativen Ebenen klarer zu trennen: er wohnt in Osnabrück SUBJ (präpos.) Adjunkt + + valenzgefordert ( Valenz: 2) + grammatische Funktion (nur SUBJ) kein Objekt: intransitives Verb er SUBJ + ißt (Kuchen) OBJ + valenzgefordert aber OBJ ist fakultativ ( Valenz: 2/1), 40 + + grammatische Funktion (SUBJ, OBJ) Objekt: transitives Verb, das intansitiv benutzt werden kann Intransitiv nutzbare transitive Verben sind von intransitiven zu unterscheiden, die keine Objektsergänzung nehmen können (*LAUFEN (X; Y)). Das Objekt bei transitiven Verben kann durch die Szenariovorgaben des Verbs mehr oder weniger semantisch restringiert sein – und dadurch auch elliptisch eingespart werden (wie beim intransitiven Gebrauch). es SUBJ - regnet in Osnabrück (präpos.) Adjunkt - + - keine valenzgeforderte Ergänzung ( Valenz: 0) epenthetisches Subjekts"dummy" atransitives Verb Auf diese Weise kann auch das in den Gramamtikdarstellungen oft mystifizierende Problem der Reflexivität geklärt werden. Diese gehört in den Bereich der referenziellen Interpretation von Argumenten. Dort faßt sie die Grammatisierung von Referenzidentität, die auch als Kontrolle eines Arumentausdrucks durch einen anderen zu verstehen ist, wobei hier sprachidiosynkratische Beschränkungen gegeben sind. Dazu gehört die Bindung an die syntaktische Hierarchie, wobei z.B. das Subjekt die Referenz von Objektausdrücken kontrollieren kann, nicht aber umgekehrt, vgl. SUBJ OBJ Hans wäscht sich *sich wäscht Hans Voraussetzung für Reflexivität ist insofern eine referenzielle Interpretation des entsprechenden Ausdrucks: Hans wäscht sich ~ Hans wäscht sein Auto Wo das nicht gegeben ist, liegt keine Referenzialität vor – obwohl für diese Fälle bei der entsprechenden formalen Markierung die Grammatiken (etwa in der deutschen Schulgrammatik) gerade von "reflexiven Verben" sprechen Hans freut sich ~ *Hans freut seine Verlobte "Reflexiv" ist hier nur die pronominale Form (wenn sie denn so etikettiert wird). In solchen Fällen steht ein reflexives Pronomen als dummy : er SUBJ + + freut sich OBJ + valenzgefordert aber OBJ ist fakultativ ( Valenz: 2/1), epenthetisches Objekts"dummy" intransitives Verb In diesem Sinne sollten wohl auch Valenzabstufung behandelt werden, die formal einen "expletiven" Objektsausdruck verlangen (also ein Reflexivpronomen): 41 er SUBJ + verschluckt sich OBJ + + valenzgefordert aber OBJ ist fakultativ ( Valenz: 2/1), epenthetisches Objekts"dummy" intransitives Verb Die Konstruktion ist nur scheinbar einer transitiven Konstruktion ähnlich wie in: er verschluckt eine Gräte NB: Solche Konstruktionen sind vor allem in den slavischen und romanischen Sprachen regulär, wo sie auch als Augmentierungen von intransitiven Verben üblich sind: russ. zvo'nit' bedeutet "(an der Tür ...) klingeln", kann aber auch (mehr oder weniger gleichbedeutend) mit dem "reflexiven" Affix –sja benutzt werden: zvo'nit'sja. Formal unterscheidet sich eine solche Bildung nicht von einer reflexiven Bindung: brit' "rasieren" – transitiv, also "jemanden rasieren", brit'sja "sich selbst rasieren". In dieser Form werden auch die intransitiven Verben markiert, bei denen die Grundform transitiv ist, also varit' transitiv: "(etwas) kochen", varit'sja intransitiv: "kochen". Szenario Hans schläft Emma träumt Hans tanzt Hans tanzt mit Emma Hans trinkt Bier Schlafen Träumen Tanzen I Tanzen II Trinken Emma flirtet mit Hans Hans verprügelt den Dackel Flirten Prügeln Emma schreibt einen Brief Schreiben Hans schenkt Emma einen Kaktus Schenken Abbildung der Rollen auf das syntaktische Muster ( LFG: lexical mapping theory Aktanten / „Rollen“ vs. Makrorollen (Agens ...) NB: Generische Form ! Schläfer (*Agens) Träumer (*Agens) Tänzer (Agens) Tänzer (Agens) + Begleiter Trinker (Agens) + Getrunkenes (Gegenstand) Flirter (Agens) + Beflirteter Prügler (Agens) + Geprügelter (Patiens) Schreiber (Agens) + Geschriebenes (Gegenstand) Schenker (Agens) + Geschenktes (Gegenstand) + Beschenkter (Adressat) Valenz) 1) Semantische Hierarchie der Rollen: kulturelle Salienz: Grad der Kontrolle, Belebtheit .... Agens >> Patiens / Adressat >> Gegenstand (engl. theme) >> Pfad / Ort ... 2) Syntaktische Filter: syntaktische Relationen / Funktionen Subjekt / direktes Objekt / indirektes Objekt / präpositionales Objekt / Adverbial Subjekt (NP) + Prädikat (VP) Satzfilter im Dt.: Satz Folge davon: es muß ein Subjekt geben: 42 es regnet: Valenz 0, keine semantische Rolle im Sznario ... expletives es (< lat. ex-plere "auffüllen") "Expletive" Subjekte wie bei es regnet erfüllen eine rein formale, semantisch nicht interpretierte Funktion. Das unterscheidet sie von expletiven Dummy-Füllungen des verbalen Vorfelds, vgl. es wird getanzt hier wird getanzt (~ es wird hier getanzt) heute wird getanzt (~ es wird heute getanzt) In die Reihe der Komplikationen gehören hier auch einwertige Verben, deren obligatorische Ergänzung keine kanonische Subjektsform hat (und auch auch nicht mit der Verbform kongruiert): mir ist kalt ihnen wird geholfen Defaultfall: das höchstrangigste Argument ist das Subjekt: Szenario: °Trinken° Der Mann trinkt (ein) Bier Mann [belebt, bewußtes Handeln] V-er im Szenario Bier [unbelebt] Ge-V-tes im Szenario Szenario: °Schwemmen° Das Bier schwemmte den Mann weg z.B. Unfall in Bierbrauerei: Kessel geplatzt : ..... Mann starb Markierter Fall: der belebte Aktant hatte keine Kontrolle über das Geschehen Zur formalen Artikulation: Differenzierung der Ergänzungen ("Satzglieder") durch Kasusformen Rektion durch das Prädikat ("Verb" in der Schulgrammatik) adverbale Kasus Subjekt indirektes Objekt direktes Objekt Adverbial praefect-us soci-o pabul-um pont-ibus Präfekt-NOM Genosse-DAT Verpflegung-AKK Brücke-ABL.P "der Präfekt schickte dem Bundesgenossen Verpflegung über die Brücken" mittebat schickte Ohne morphologische Mittel: syntaktische Ressourcen: Adpositionen, Wortstellung (> Englisch!) grammatische Kasus ohne semantische Festlegung im Gegensatz zu semantischen ("adverbialen") Kasus 10. Vlsg. adverbale Kasus artikulieren nur eine syntaktiche Relation, z.B. eine Komplementstruktur, deren Kopf das Prädikat (das Verb) ist. Hier können im Deutschen auch präpositional markierte Ergänzungen ("Präpositionalobjekte") auftreten: Hans dankt seiner Verlobten "Dativobjekt" hans sieht seine Velobte "Akkusativobjekt" Hans denkt an seine Verlobte Präpositionalobjekt Das ist zu unterscheiden von Konstruktionen, in denen eine Präposition als Kopf fungiert (mit einer NP als ihrem Objekt): Hier kontrastieren verschiedene Präpositionen (die ihre 43 Bedeutung als "Prädiakte" haben), und die jeweils einen vom Verb unabhängigen Kasus regieren. Der Apfel hängt lokale Ergänzung (valenzgefordert) präpositionaler Kopf Objekt der Präposition an dem Ast auf dem Baum vor der Tür in dem Schrank Dieser formale Unterschied deckt sich also nicht mit dem für die Intepretation grundlegenden in Kern und Peripherie einer Proposition: PERIPHERIE nukleares Prädikat Argumente des Prädikats (grammatisch direkte und oblique) KERN Adjunkte Oblique Konstituenten können sowohl im Kern (valenzgebunden) wie als freie Ergänzungen (in der Peripherie) auftreten. Valenz- und Szenarioänderungen, wobei die Reduktionen mit dem oben zu elliptischem Gebrauch Gesagten zusammen zu nehmen sind. Valenzreduktion: 3 > 2 Der Vater schenkt der Mutter Blumen (Subjekt: [Schenk]er) Der Vater schenkt Blumen (Subjekt: [Schenk]er) Der Vater beschenkt die Mutter (Subjekt: [Schenk]er) 2 > 1 Der Vater kocht die Suppe (Subjekt: [Koch]er) Der Vater kocht (Subjekt: [Koch]er) Die Suppe kocht (Subjekt: Ge[kocht]es) Diathesen überschreiben die Defaultzuordnung: PASSIV: Die Suppe wird vom Vater gekocht Herbstufung des prominentesten Aktanten: Vlsg. 8 APPLIKATIV: Heraufstufung eines peripheren Arguments Der Bauer lädt Mist [auf den Wagen]PERIPHER: Pfad Der Bauer belädt den Wagen [mit Mist]PERIPHER: Umstand Applikative operieren also über der gesamten Struktur der Proposition und justieren das Verhältnis von Kern zu Peripherie. KAUSATIVE: Das Baby saugt an der Flasche Die Mutter säugt das Baby mit der Flasche ( Die Mutter läßt das Baby an der Flasche saugen ) 44 Typologische Besonderheiten: "flachere" Struktur, wenn Syntax direkt semantisch artikuliert wird (durch semantische Rollen / "Tiefenkasus") Acehnesisch Kasussysteme in V. 10 Anders bei einem Bau mit einem festen grammatischen Raster, das keine direkte semantiche Intepretation erfährt (s. weiter in V-24 zu den LFG-Attributen restriktiv und objektartig) Eine Kategorie wie Subjekt ist Exponent einer solchen grammatischen Struktur, die auf verscheidenen gramatischen Ebenen zu interpretieren ist: wobei die Zuordnung zu einer Argumentfunktion (verbunden mit einer thematischen Rolle) von einer Diskursfunktion (z.B. Topik in der Informationsstruktur) zu unterscheiden ist. Solche Zuordnungen (die Auswahl eines Arguments als Subjekt) können unabhängig variiert werden. Hier gibt es Unterscheide in den verschiedenen Grammatiktheorien: für die gernerativistische Tradition (und in dieser auch für die LFG) ist Subjekt ein definierender Grundbegriff, der zum axiomatisch gesetzten Satzbegriff gehört (s. V-6). Andere Ansätze operieren mit einem engeren Subjektsbegriff , der eine solche Wahlmöglichkeit unter den Argumenten zur Voraussetzung hat (so z.B. in der RRG). Deren Vorliegen ist dann die notwendige Vorassetzung dafür, um in einer Sprache eine solche Kategorie Sprache anzusetzen ( nicht alle Sprachen haben in diesem Sinne eine Kategorie Subjekt). Darauf komme ich wiederholt zurück. Diathese ~ Subjekt weiter in V-8 45 V- 8 Grammatische Relationen: Subjekt, Objekt u.a. Analyse der Proposition Konfusion ohne Trennung der analytischen Ebenen: • Semantik: Szenario der Proposition ( semantische Rollen) • syntaktische Form: - Wörter und ihre Gruppierung in Konstituenten (hierarchische Struktur) - Wörter und ihre sequenzielle Abfolge • morphologische Form ( Kasus ...) • syntaktische Funktionen (Subjekt ...) traditionelle Schulgrammatik: trennt logische und grammatische Analyse suppositum est illud de quo loquimur, et dicitur in dialectica subiectum "Suppositum ist das, wovon wir (in der Grammatik) handeln, in der Dialektik wird es Subjekt genannt" Catholicon, 1286 (Maas, Die humanistische Grammatik … , in: S.Kanngießer / H. Langer (Hgg.), Theorie des Artikulators. FS W. Thümmel, Osnabrück: Rasch 2002: 95 – 117) suppositum (< sub – positum "das darunter [= davor] Gestellte) in der syntaktischen Form: Anfangsstellung # VERB (finit) # sup-positum ad-positum Informationsstruktur THEMA RHEMA pimäre grammatische Analyse aber: Verb + Rektion: Kasus ... Informationsstruktur in Schulgrammatik: SATZGEGENSTAND SATZAUSSAGE SATZGEGENSTAND / THEMA = Subjekt ? Was war gestern los? – Gestern war ich hundemüde. THEMA (engl. topic) Unabhängigkeit der Analyseebenen: Keine Reduktion aller Strukturen auf eine Ebene Ausgangspunkt der Analyse: konzeptuelle Struktur: Sachverhalt Inszenierung Proposition 46 Der Zauberer zieht ein Kaninchen aus dem Hut Das Kaninchen wird (von dem Zauberer)FAKULATIV aus dem Hut gezogen Aus dem Hut zieht der Zauberer ein Kaninchen ... Inszenierung: Verb mit "Argumentstruktur" (Kern der Proposition) Abbildung auf die formale syntaktische Struktur ziehen: {Zieher (Agens), Gezogenes (Patiens), Zieh-Pfad} Inventar der typisierten Rollen: Kontrolle über Geschehen) Agens – Patiens (Handlungsszenario verallgemeinert: Ursache – Patiens im Vorgangsszenario) Psych (lat. experiens – engl. experiencer) – Reiz (seelische Vorgänge!) Psych: Hans haßt Emma. Hans schläft Agens / Ursache – Pfad (Bewegungen: Ausgang / Ziel / Lage ...) Spezifizierung des Prädikats: Gegenstand (entl. theme) u.a. Verfeinerung der Rollen: "arbeitsteilige" Differenzierung in einem Szenario: Hans trägt das Kaninchen auf einem Brett aus der Küche ins Wohnzimmer Wechsel der Inszenierung: Hans gähnt Hans gähnt demonstrativ (Patiens > Agens) generativistische Tradition: Subkategorisierung 1. Valenz (quantitativ) 2. (Makro-)Rollen: Differenzierung der "Argumente" 3. Zuordnung der Argumente zu syntaktischen Funktionen LFG-Notation: nukleares Prädikat der Proposition ("Satz") aufgeführt (1) + (3) – (2) bleibt lexikonintern Der Zauberer zieht ein Kaninchen aus dem Hut PRÄDIKATS [PRÄD 'ziehen <SUBJ, OBJ, OBL>] * zieht ein Kaninchen aus dem Hut * Der Zauberer zieht aus dem Hut * Der Zauberer zieht ein Kaninchen Das Kaninchen wird (von dem Zauberer)FAKULATIV aus dem Hut gezogen PRÄDIKATS [PRÄD 'gezogen.werden <SUBJ, OBL>] * Das Kaninchen wird gezogen * Aus dem Hut wird gezogen von dem Zauberer ist eine fakultative Ergänzung zum Kern Adjunkt (V-9) 47 PRÄDIKAT SUBJ OBL ADJ [PRÄD [ [ PRÄD OBJ 'gezogen.werden <SUBJ, OBL>] ] ] 'von <OBJ> PRÄD 'Zauberer' DEF + Keine Passivtransformation: sondern im Lexikon Zuordnung von 'ziehen' ~ 'gezogen.werden' semantische Rollen im Szenario von ziehen : {Zieher (Agens), Gezogenes (Patiens), Zieh-Pfad} gezogen.werden: { Gezogenes (Patiens), Zieh-Pfad} Kontroll-/Belebtheitshierarchie: Patiens >> Pfad Patiens: SUBJ Elegante, vor allem effiziente Lösung: LFG wird implementiert Unterschied zu Ansätzen, die Sprachbaudifferenzen zwischen Sprachen fokussieren, z.B. Role and Reference Grammar (RRG: Foley, van Valin u.a.) Bei LFG axiomatisch: • jede Proposition hat ein Subjekt • Definition eines Auswahlverfahrens unter den Argumenten: ("thematische Rollen" θ - maximal prominente Rolle ~ Subjekt: θ^) Subjekt in Funktion der Inszenierung: Diathese Topikalisierung (Thema-Artikulation) russ. kol'dun1 'vytašit2 'krolik3 iz4 'šljapy5(1: Zauberer, 2: zieht, 3: Kaninchen, 4: aus, 5: Hut) 3 2 1 4 5 'krolik 'vytašit kol'dun iz 'šljapy dt. das Kaninchen zieht der Zauberer aus dem Hut ABER engl. SVO (Wortstellung ist fest: grammatikalisiert) the magician pulls the rabbit out of the hat the rabbit is pulled out of the hat (by the magician) FOLGE: im Englischen ist Passiv nötig – häufig im Deutschen nicht nötig – selten im Russischen nicht nötig – gesprochen eher ungebräuchlich RRG: Subjekt nur, wo als Funktion einer Diathese-Funktion als grammatische Option wählbar × grammatische Ausdrucksform: im Dt., Russ., Engl. ... Kongruenz mit finiter Form des Prädikats Sprachtypologie: Sprachen ohne Diathese ggf. wohl: Topik ( Chinesisch / Mandarin) kein Subjekt (Acehnesisch ...) LFG-Annahme hat Konsequenzen generativistische Tradition SATZ (= Proposition) im X-quer-Schema analysiert (s. V-4 und V-6) 48 X'' SPEZIFIKATOR X' X V ~ I, VP ~ IP (I'), S ~ IP' (I'') SPEZIFIKATOR "externes Argument" ( Subjekt) KOMPLEMENT S ~ IP' (I'') VP ~ IP (I') V~I KOMPLEMENT "innere Argumente" So definitionsgemäß Strukturen aufgebaut: regnen: 7. Vlsg. Valenz 0 – da kein "Argument" im Szenario – keine Ergänzung, die als NG artikulierbar ist (sie kann kein "PRÄD" aufweisen) Das expletive Pronomen ist im Dt. aber obligatorisch, vgl. heute regnet es ≠ dymmy im Vorfeld es kommen drei Weise aus dem Morgenland * drei Weise aus dem Morgenland kommen es ERGO es ist Subjekt in es regnet ( V-4 gerade auch in typologischen Arbeiten, z.B. Whaley, oft anders: dort auch expletive Subjekte in der Valenz registriert [Valenz = 1] – das sind Definitionsfragen) Differenz zu Formen wie er läuft muß repräsentiert werden: PRÄD SUBJ 'laufen <SUBJ>' PRÄD 'PRO' PERS 3 GEN MASK NUM SG PRÄD SUBJ 'regnen (SUBJ)' FORM es es regnet (SUBJ) ist nicht im Subkategorisierungs- (=Valenz-) Rahmen < > Pro-drop-Problem: lat. currit, pluit pronominale Artikulation des Subjekts blockiert (Pronomen im Prädikat inkorporiert) PRÄD SUBJ 'currere <SUBJ>' PERS 3 NUM SG [ ] 49 Noch problematischer: mir ist kalt, mich friert ... S ~ IP' (I'') NP : mich Subjekt ? VP ~ IP (I') V ~ I : friert frieren: Valenz 1: Frierer ~ PSYCH SUBJ ABER: keine Kongruenz ! vgl. Koordinatenreduktion: ich laufe und (ich ∅) höre Musik mich friert und ich *( ∅) decke mich zu ANDERS: ISLÄNDISCH u.a. Komplementäre grammatische Funktionen zu Subjekt (im Valenzrahmen!): Objekt, ggf. OBJ1 (~ OBJ) und OBJ2: Abbildung aus Argumentstruktur: Rollen im Szenario: OBJ1 MAX Nähe zum Prädikat (~ Distanz zu SUBJ !) Hans (SUBJ) schenkt Emma (OBJ2) einen Blumenstrauß (OBJ1) im Passiv daher Gegenstand Subjekt, nicht Adressat (obwohl belebt!) die Blumen werden Emma geschenkt *Emma wird die Blumen geschenkt (Sub-Standard) ABER engl. John was given the book Weitere Argumente oblique: im Dt. i.d.R. mit Präposition markiert Der Zauberer zieht ein Kaninchen aus dem Hut PRÄD TEMPUS PRÄD 'ziehen <SUBJ, OBJ, OBL>' Präsens SUBJ PRÄD 'Zauberer' NUM SG DEF + OBJ PRÄD 'Kaninchen' NUM SG DEF - OBL PRÄD 'aus <OBJ>' OBJ PRÄD 'Hut' NUM SG DEF + 50 die Darstellung des OBL ist hier nicht ganz LFG-orthodox; sie soll nur der Verdeutlichung dienen; genauer dazu V-9 Ergänzungen im Valenzrahmen oft semantisch gebunden: Wohnort (*Richtung ...) wohnen LFG: thematisch gebunden (θ) PRÄD 'wohnen <SUBJ, OBLθ>' oder PRÄD 'wohnen <SUBJ, OBLLOK>' Semantische Bindungen: trinken OBJ [flüssig], essen OBJ [fest], essen SUBJ [Mensch], fressen SUBJ [Tier] ... dadurch "elliptische" Propositionen: Emma ißt den Kuchen ~ Emma ißt (≠ Emma singt !) PRÄD 'essen <SUBJ, (OBJ)>' kein intransitives Verb wie singen (aber: Definition!) Prodrop er ißt (ihn ∅) Solche semantischen Bindungen zeigen sich in syntaktische Differenzen bei in anderer Hinsicht synonymen Ausdrücken. So sind essen und verschlingen vom Szenario her weitgehend synonym, allerdings lexisiert verschlingen (s. V-23) weitere Spezifizierungen des PFADes (~ gierig, hastig essen ...). Bei solchen spezifischeren Lexisierungen ist meist ein elliptischer (intransitiver) Gebrach nicht möglich: Emma ißt ABER *Emma verschlingt 51 V- 9 Peripherie der Proposition: Adverbiale (Adverbien ...) / Adjunkte 1. 2. 3. 4. Terminologie (Fachgeschichte) Syntaktische Analyse Formale Repräsentation (LFG) Problemfälle: Satz- vs. VP-Adverbiale; (Verb-) Partikel 1. Terminologie (Fachgeschichte) Terminologische Ambiguitität: Satzglieder (Konstituenten ...) Satz- (Proposition-) Analyse vs. Lexikon Wortarten Griechische Tradition: Philosophie / Logik (Aristoteles, Stoa) Logische Analyse (Proposition) Informationsstruktur vs. grammatische Analyse: Wortformen Flexion Dionysios Thrax (- 1. Jhd.) SATZGEGENSTAND SATZAUSSAGE casus rectus gr. onoma, lat. nomen ohne casus ( Verbalflexion: gr. rheema, lat. verbum Aktiv / Passiv, Tempus ...) Ambige Terminologie: Onoma / Nomen "Name" "Nennwort" Nominativ "Nennfall" nicht nur syntaktisch als Subjekt: Zitierform, Vokativ, Prädikativ (Hans ist ein Idiot ....) Griech. / Latein: Zerlegung der Wortformen nach Flexionsmöglichkeiten: Substantive (Eigennamen, Appellative ...) Flexion + Kasus Nomen Adjektive (< gr. epi-theton "das Dazugesetzte") - Kasus Verbum invariant Partikel ("Kleinwörter"): Präpositionen, Konjunktionen ... grammatisch: Nomina = Klasse aller durch Kasus flektierbaren Formen, nicht nur in der syntaktischen Funktion des Subjekts – auch als Komplemente im Prädikatsausdruck Rhema: Prädikat vs. Wort in Funktion des Prädikats: Verb lat. verbum: Wort & grammat.: Verb "Aussagewort" vgl. auch univerbieren ...(achtstündiger Tag > Achtstundentag ...) Im Prädikatsausdruck noch weitere Elemente (nicht nur Komplemente: Objekte) griech. epi-rreema "das Dazu-Gesagte", lat. adverbium Herkunft der Terminologie: Theatermetaphorik gr. Epirreema: die "Nachbemerkung", der Kommentar in der Komödie .. Überlagerung mit der morphologieorientierten Klassifikation: Epirreema / Adverbien haben keine Kausmarkierung & sind keine Verben eigene Wortart auch wenn formal markiert: gr. autothi "ebenda", lat. citoo "schnell" – aber keine produktiv nutzbare Markierung (> Flexion) 52 So als Wortart im Deutschen: bald, oben ... nicht .... verallgemeinert auch über Modifikation des Prädikats hinaus: sehr ... Problem: adverbial nutzbar auch Wörter anderer Wortarten, insbes. Adjektive (∈ Nomina keine Adverbien!): das schnelle Auto, ein schneller Wagen ... vs. er fährt schnell_ Im Dt. ∅-Markierung, aber gr. –oos: sopho-s "klug" (N.S.M.) – adv. sopho-os lat. –iter: audak-s "kühn (N.S.M/F.) – adv. audak-(i)ter engl. –ly: loud (attributiv) – adv. loudly Synkretismen: alt-ie.: Verwendung von Neutrumsformen lat. im Komparativ: audak-ior (M./F.) – audak-ius (N) & adverbial russ. krasyv-o "schön" (N) & adverbial vs. krasyv (krasyv-yj, M), krasyv-a (krasyv-aja, F) Daher trennen: Adverbiale: syntaktische Konstituente vs. Adverbien: Wortart ( eine syntaktische Konstitutente) Wortbildung: Basis vs. morphologische Modifikation ATTRIBUT ADVERBIAL schnell-er / -e / -es ... > schnell-∅ ob-ig-er / - e/ -es < oben lexikalisches Potential für Adverbiale ("Umstandbestimmung", Tesnière: circonstants [≠ actants]) syntaktisch komplexe Konstituenten, z.B. mit Präposition als Kopf Emma übt oben in der ersten Etage Emma übt 2. syntaktische Analyse Epirreema "Kommentar / Nachbemerkung" freie Angabe, nicht im Szenario i.e.S. vorgesehen (nicht valenzgebunden) in neueren syntakt. Arbeiten: Adjunkt (lat. ad-jungere "anbinden, hinzufügen") Szenario üben: Über (Agens), Geübtes (Gegenstand) Emma übt Trompete, Emma übt Trampolinspringen ... Da der Gegenstand bei solchen Verben festliegt (OBJθ), sind auch elliptische Ausdrucksweisen möglich: Emma übt ( intransitive Form) Hier ist das OBJ also fakultativ: [PRÄD 'üben <SUBJ, (OBJθ)>] alternativ: homonyme Verben ? transitiv (Valenz : 2): [PRÄD 'üben <SUBJ, OBJθ>] intransitiv (Valenz: 1): [PRÄD 'üben <SUBJ>] So im Dt. je nach Kontext ( Ergänzung ist impliziert) meist möglich Emma kauft und kauft und kauft ... (Künstlersprache): Bei der Ausstellung hängt Emma (> E. hängt {die Bilder} auf) Das trennen von adverbialer Spezifizierung der Proposition: 53 Emma übt Trompete Emma übt Emma malträtiert ein Instrument Emma versucht sich an der Trompete Emma trötet auf dem Speicher Formale Ambiguität: Emma übt den Walzer der Walzer wurde von Emma geübt Emma übt den ganzen Tag * der ganze Tag wurde von Emma geübt 3. Formale Repräsentation (LFG) f-Struktur von Emma übt den ganzen Tag den Walzer PRÄD TEMP SUBJ OBJ PRÄD 'üben <SUBJ, OBJ>' Präsens PRÄD 'Emma' PRÄD 'Walzer' DEF + ADJ PRÄD 'Tag' DEF + ADJ [PRÄD 'ganz'] Emma wohnt seit einer Woche in Osnabrück nicht orthodoxe Version: PRÄD TEMP SUBJ OBL ADJ PRÄD 'wohnen <SUBJ, OBL>' Präsens PRÄD 'Emma' PRÄD 'in <OBJ>' OBJ PRÄD 'Osnabrück' PRÄD 'seit <OBJ>' OBJ PRÄD 'Woche' DEF - Während OBL zur Argumentstruktur gehört (d.h. daß dem obliquen Argument auch eine thematische Rolle im Szenario zugewiesen wird), sind Adjunkte frei mit dem Kern der Proposition verknüpft. Die Verknüpfung ist definiert durch ein höheres Prädikat, was in diesem Fall informell auch so dargestellt werden kann: seit (eine Woche, [Emma wohnt in Osnabrück] PROPOSITION ) Insofern haben Adjunkte ein eigenes Prädikat, z.B. eine Präposition, die eine NP als Objekt nimmt wie hier in der LFG-Struktur dargestellt. Bei den obliquen Ergänzungen ist demgegenüber eine sie eventuell markierende Präposition kein eigenes Prädikat sondern nur ein formaler Ausdruck, der mit dem nuklearen Prädikat festliegt – ähnlich wie auch bei präpositionalen Objekten (s. V-6). In der LFG werden solche Formen als Kasusmerkierugnen behandelt bzw. kodiert, ggf. auch mit einem entsprechenden Subskript (hier also OBLin als Makierung der valenzgeforderten lokalisierenden Ergänzung). Orthodoxer wird die f-Struktur also wie folgt dargestellt: 54 Emma wohnt seit einer Woche in Osnabrück PRÄD TEMP SUBJ OBLin ADJ PRÄD 'wohnen <SUBJ, OBLin>' Präsens PRÄD 'Emma' KASUS OBLin OBJ PRÄD 'Osnabrück' PRÄD 'seit <OBJ>' OBJ PRÄD 'Woche' DEF - Hier zeigen sich typologische Unterschiede: In Sprachen wie Deutsch (und Englisch) sehen oblique Argumente formal meist wie Adjunkte aus – während in Sprachen mit einem reichen morphologischen Kasussystem wie im Finnischen (s. V-10) Adjunkte meist wie oblique Argumente aussehen! Adjunkte können kumuliert werden LFG Menge ! das schließt interne Relationen unter den Adjunkten nicht aus (unterschiedlicher Skopus ...) In Osnabrück wohnt Emma seit einer Woche in einer Wohngemeinschaft PRÄD TEMP SUBJ OBLin ADJ PRÄD 'wohnen <SUBJ, OBLin>' Präsens PRÄD 'Emma' KASUS OBLin' OBJ PRÄD 'Wohngemeinschaft' DEF PRÄD 'seit <OBJ>' OBJ PRÄD 'Woche' DEF PRÄD 'in <OBJ>' OBJ 'Osnabrück' 4. Problemfälle: 4.1. Satz- vs. VP-Adverbiale; Emma singt laut vs. Emma singt heute in LFG beide ∈ Adjunkte, differenziert in der semantischen Intepretation heute spezifiziert die Situierung der Proposition: ∈ Satzmodalität (Tempus) laut spezifiziert die Semantik des Prädikats ~ Emma röhrt, gröhlt ... ?? f-Struktur zu Emma singt laut PRÄD PRÄD 'singen <SUBJ>' ADJ [PRÄD 'laut'] TEMP Präsens SUBJ PRÄD 'Emma' 55 4.2. (Verb-) Partikel Partikel bilden eine "Papierkorb-Kategorie": Präpositionen, Adverbien .. Ambiguitäten in der Form: Der Bach läuft unterhalb des Hauses > Präposition (mit Genitiv) Die Grenze verläuft unterhalb > Adverb Probleme durch die Inkorporation solcher Elemente ins Verb: transitiv: er stellt die Vase auf den Tisch er stellt die Vase auf ~ er will die Vase aufstellen bei V-Zweit-Stellung Tmesis (gr. Abtrennung) ABER: Hans fuhr das Verkehrsschild um vs. Hans umfuhr das Verkehrsschild Lexikalisierung: Emma hängt das Bild auf – Emma hängt das Bild an (*auf) die Wand Diese "Verbpartikel" behalten je nach Konstruktion ihre syntaktische Selbständigkeit / Konstituente Wort S VP* VP NP Emma V hängte "flachere Struktur" f-Struktur Emma hängte das Bild auf PRÄD PRÄD 'auf+hängen <SUBJ, OBJ>' TEMP Präteritum PART FORM auf SUBJ PRÄD 'Emma' OBJ PRÄD 'Bild' DEF + NP das Bild X (ADV, PART) auf 56 V- 10 Kasus 1. Terminologie / Historisches 2. Paradigmenstruktur vs. Markierung syntaktischer Funktionen 3. Kasussysteme: akkusativisch / ergativisch lat. casus (pl. casuus) übers. aus gr. ptoosis "Fall" Ebene / gerade: gr. orthee, lat. rectus Hang / schräg: gr. plagios, lat. obliquus Ebene / gerade: Grundform Hang / schräge: abgewandelte Form lat. Hang clivus < clin-oo "neigen" : > declinatio Alte Terminologie: Formenfamilie: casus (gr. ptooseis) bei allen Wortarten, erst seit Stoa (- 3.Jhd.) Nomen- / Verbdifferenzierung grundlegend. Seitdem Deklination nur bei nominalen Formen Ältere grammatische Tradition: paradigmatisch – formenorientiert >> Kategorien als Äquivalenzklassen (grammatische Funktionen) nominale (substantivische Paradigmen) im Lateinischen: Singular turr.i-s amic.a amic.u-s labor (-∅) amic.a-e amic.i-i labor-i.s amic.o-o labor-i.i turr.i-i amic.a-m amic.u-m labor-e.m turr.i-m amic.a-a labor-e 4 4 5 3 Nominativ Genetiv Dativ Akkusativ Ablativ (1) Abstraktion von Formelementen > morphologische Analyse (Auflösung der Flexionsklassen: fusionierte Formen) (2) Identifizierung von Konstanten (z.B. {-m}) (3) Transparadigmatischer Abgleich: (3a) Synkretismen: unterschiedlich differenzierte Paradigmen (3b) Äquivalenz von formalen Markierungen: {-∅} : {-m} = {-s} : {-m} (4) Abstraktion von Äquivalenzklassen: casus (Nominativ, Genetiv ..) Abbildung der Äquivalenzklassen (casus ) auf syntaktische Funktionen: Nominativ Subjekt, Prädikativ, Vokativ, ... Akkusativ direktes Objekt, ... Dativ indirektes Objekt, ... usw. problematische Gleichsetzung: in Schulgrammatik: "Dativobjekt", "Akkusativobjekt" ... sprachvergleichende Äquivalenzklassen (Fremdsprachunterricht/Übersetzungen) morphologische Kasusmarkierung ~ Präpositionen ~ Wort- (Konstituenten-) Stellung 57 Dativ: ich gebe ihm das Buch ~ engl. I gave him the book / I gave the book to him neuere syntaktische Arbeiten ("Kasusgrammatik"): "Tiefenkasus" > semantische Rollen Hier ist es nötig, strikt zwischen Kasus als syntaktischer Relation und Kasus als syntaktischer Interpretation einer morphologishen Markierung zu unterscheiden. Üblich ist dabei eine Differenzierung in drei Kasustypen, also mit der Darstellung der Markierungstypen durch griechische Buchstaben (α, β, γ) und ihrer Interpretation duch Sternchen (*α, ∗β, ∗γ) : Kasusmarkierung syntaktische Interpretation grammatisch α∗ (Ν, V) Ν−α adverbial höheres Prädikat β∗ (Ν, Proposition) Ν−β adnominal γ∗ (Ν, N) Ν−γ Mit den meist gehandelten Kasusmodellen verbindet sich die Vorstellung eines universalen Modells > Modellsprachen sind morphologisch maximal differenziert wie z.B. Finnisch (≥ 15 Kasus) Nominativ kirja “Buch” Genetiv kirja-n “Buches“ Akkusativ (= Nominativ oder Genetiv) grammatische Kasus (α) Genetiv auch (γ) Essiv (zeitweiser Zustand) kirja-na “als Buch” Partitiv (Teil von) kirja-ta “von einem Buch” halbgrammatisch Translativ (Übergang in) kirja-kse “(wird) zu einem Buch” Inessiv (innerhalb von) kirja-ssa „in einem Buch“ Elativ (heraus von) kirja-sta „aus einem Buch“ Illativ (hinein in) suu-hun „in den Mund“ Adessiv (in der Nähe von) kirja-lla „bei dem Buch“ Ablativ (von ... weg) kirja-lta „von dem Buch weg“ Allativ (in die Nähe von) kirja-lle „zu dem Buch“ Abessiv (ohne) sy-ttä „ohne Schuld“ Instruktiv jal-an „zu Fuß“ (jalka „Fuß“) Komitativ (zusammen mit) kaikk-ine „mit dem Gepäck“ (α und β) adverbial (fest) (β) „marginal“: (β) gebrauchsbeschränkt 2. Paradigmenstruktur vs. Markierung syntaktischer Funktionen Formenvielfalt (z.B. Finnisch) verdeckt Typen syntaktischer Funktionen Kasusmarkierung (nominal): α, β, γ 58 SATZ PROP* SM PROP E1 E2 Präd Nα Nα V N Peripherie Nβ Nγ adverbal: verbregiert α = grammatische Kasus β = adverbiale Kasus γ = adnominaler Kasus (Genetiv) LFG: α = (primäre) grammatische Funktionen: SUBJ, OBJ α' = sekundäre grammatische Funktionen: OBL (i.d.R. präpositional markiert) β = Adjunkte im Satz (zum nuklearen Prädikat) γ = Adjunkte in einer Satzkonstituenten Probleme der Synkretismen in "kasusarmen" Sprachen: α = grammatische Kasus 1) flektiert : Nominativ, Genetiv, Dativ, Akkusativ Der Junge gedachte seiner Großmutter Hans schenkte ihr einen Blumenstrauß 2) Partikel (präpositional) Hans dachte an seine Großmutter β = adverbiale Kasus 1) flektiert er spielt den ganzen Tag Klavier 2) Partikel (Präpositional) er spielt vor der Tür γ = adnominaler Kasus (Genetiv) 1) flektiert das Auto des Vaters 2) Partikel (präpositional) das Auto von dem Vater 59 ABBAU von Kasussystemen in i.e. Sprachen z.B. Englisch grammatisch nur pronominal: (Rektus vs. Obliquus) I he / she you the man saw me him / her you the man präpositionale Option (“Dativ”) I gave him the book I gave the book to him vgl. Kasusneutralisierung in norddt. Umgangssprache („Akkudativ“ = Obliquus) Er hat den Mann das Buch gegeben adnominal Peter’s car - the car of my neighbour “Sächsischer Genetiv” als Possessiv vgl. Dt. Mutters neuer Hut, Emmas neuer Freund ... Possessiv "dativisch" markiert: dem Vater sein Auto ist kaputt NB: Unterscheidet man die Analyseebenen, ist es auch kein Problem, damit umzugehen, daß u.U. auch Dative adnominal gebraucht werden können Beispiel (Kolesov: Rußland-Deutsche. Kostroma Dez. 2004) und bei mir die Schwestern den ihre Tochter ihre Kinder die kann (= können) net russisch sprechen > die Kinder der Töchter meiner Schwester(n) Stabilisierung der Dativmarkierung für "belebte" Aktanten: (1) Erweiterung des Szenarios Hans trägt Emma die Blumen Emma wäscht Hans den Wagen (2) Einstellungsmarkierungen ( SM) Du bist mir schöner Freund Kommt dir Hans in die Kneipe und ... 3. Kasussysteme: akkusativisch / ergativisch Detaillierter in der Typologie aber "(un)ergativ" vs. "(un)akkusativ" seit 20 Jahren auch in Grammatik d. Dt., Engl. verwendet bei „Ergativsystemen“ gibt es eine terminologische Unsicherheit: "Subjekt“ ? 60 1. semantisch Markierter Kasus intransitiv „Subjekt“ Akkusativ Ergativ Nominativ Absolutiv 2. formal Markierter Kasus intransitiv „Subjekt“ Akkusativ Ergativ Nominativ Absolutiv semantischer Hauptaktant (Agens ....) Nominativ Ergativ transitiv semantischer Nebenaktant (Patiens ...) Akkusativ Absolutiv transitiv formaler Hauptaktant formaler („Subjekt“) Nebenaktant (Obliquus) Nominativ Akkusativ Absolutiv Ergativ Beispiel Dyirbal (Australien, Pama-Nyunga) ( ) !" KLASS Mann.ABS (KLASS Frau.ABS ) komm:PRÄT „Der Mann (die Frau) kam hierhin“ # !# ! KLASS Frau.ABS KLASS Mann-ERG schlag:-PRÄT „Der Mann schlug die Frau“ („die Frau wurde von dem Mann geschlagen“) Offene / verdeckte Markierung der syntaktischen Funktionen / semantischen Rollen Äquivalenzklassen maximaler Differenziertheit: Desambiguierung): AGENS PATIENS SZENARIO intransitiv transitiv intransitiv transitiv AKKUSAT.-SYST offen verdeckt NOM NOM "unergativ" ERGAT.-SYST offen verdeckt ABS ERG AKK ABS "unakkusativ" Hier ist es offensichtlich nötig, differenzierter zu operieren. Ergativ- und Akkusativsysteme zeigen eine unterschiedliche Profilierung semantischer Rollen, abzulesen an den markierten Fällen Agens /Ergativ und Patiens/ Akkusativ: SEMANTISCHE ROLLE AGENS Kontrolle im Handungsszenario PATIENS SZENARIOTYP transitiv intransitiv transitiv intransitiv KASUSSYSTEM ERGATIV Ergativ Absolutiv AKKUSATIV Nominativ Akkusativ Nominativ Probleme ergeben sich beim Kasusynkretismus quer zu der semantischen Zuordnung: Absolutiv / Agens (so jedenfalls in einigen Ergativ-Sprachen) und Nominativ / Patiens jeweils 61 im intransitiven Szenario. Diese könnten in Hinblick auf die erwarteten eindeutigen Markierungen als un-X bezeichnet werden: unergativ =: Absolutiv / Agens im Ergativ-System unakkusativ =: Nominativ / Patiens im Akkusativ-System Das ist nun allerdings so nicht üblich. Vielmehr ist die un-X Terminologie nur in akkusativischen Sprachen üblich, wo sie Verben in Hinblick die verschiedenen semantischen Rollen ihrer Subjekte differenziert: "unakkusativ" =: intransitive Verben, die kein Objekt nehmen, weil das Subjekt selbst "tiefenstrukturell" die Funktion eines Objektes hat (mit einem nicht-spezifizierten Agens / kausalen Agenten) ~ Subjekt in Passivkonstruktionen "unakkusativ" =: man könnte eine Akkusativmarkierung erwarten, die nicht vorhanden ist Der Vortrag gelingt ~ der Vortrag wird gehalten ( X hält den Vortrag) Weitere syntaktische Merkmale: Perfekt mit HV sein, nicht haben akkusativisch: PF > haben Hans hat den Vortrag gehalten Hans hat den Hund geprügelt Hans hat die Wäsche gebleicht ... "aktive" (intransitive) Verben Emma hat getanzt unakkusativisch: PF > sein Der Vortrag ist gelungen Hans ist angekommen Emma ist erbleicht ... akkusativisch: "passives" Partizip von Verben ohne partizipiales Attribut transitiven Verben > Attribut (intransitiven Verben I) der geprügelte Hund *der geschlafene Mann die gebleichte Wäsche *der gearbeitete Mann attributives Partizip von intransitiven Verben: unakkusativ der gelungene Vortrag der angekommene Brief die erbleichte Emma Mit dieser Unterscheidung werden also Strukturen, die zu transitiven Verben gehören, auf intransitive projiziert. Dabei terminologisch dubios: "unakkusativische" Verben werden auch als "ergative" Verben bezeichnet ! Das Grundproblem ist hier die Subjektkategorie, die als rein grammatische unabhängig von damit artikulierten thematischen Rollen ist. Semantisch orientierte Darstellungen operieren dementsprechend auch mit unterschiedlichen Subjekttypen, die durch ihre Abbildung auf Sprachen mit differenzierten Strukturen gewonnen werden: SUBJA =: "agentives" Subjekt SUBJP =: "patientives" Subjekt SUBJD =: "dativisches" Subjekt (bei einem "unpersönlichen" Verb) Diese Fragen werden in der Typologie genauer behandelt. 62 V- 11 Nominale Kategorien (Struktur der NP) 1. Semantik (Funktion in der Proposition) 2. Wortarten (nominale Kategorien) - historisch 3. Definitheit (Deixis) 1. Semantik (Funktion in der Proposition) Proposition =: Szenario mit seinen Aktanten formal: Prädikat (Argumente) referenzielle Verankerung philosophische Tadition: Kopf: referierendes Element ("Satzgegenstand") abhängiges Element: Prädikation ("Satzaussage") onoma "Name" Peter Rhema läuft verprügelt Paul 2. Wortarten (nominale Kategorien) – historisch Form des sprachlichen Zeichens (Morpho-Syntax): Argumente (und auch Adjunkte) haben die Form einer NP (syntaktische Variable) NP Prädikat Peter er der Mann läuft ein alter Mann ein Mann, der einen Bierkasten trägt, Namenwort : Peter, Emma ... onoma "Namen" fungiert als Index ("zeigt"): "ich taufe dich auf den Namen 'Peter'" ... fusioniert mit einem Prädikat (deskriptives Element des Lexikons"): das ist ein Peter ist ein ........ Mann lat. (Schul-)Grammatik: nomen appellativum (ad+pellare "benennen") der junge Mann Junge nominal läuft nomen substantivum nomen adjectivum (< ad+jacio "dazu-werfen") Attribut 63 im späten Mittelalter: Substantive vs. Adjektive Adjektive als Wortart: haben kein lexikalisches Genus (≠ Substantive) flektiert (kongruieren mit dem nominalen Kopf der NP) ein junger Mann, eine junge Frau, ein junges Kind ... werden für Genus sekundär: Adjektive sind graduierbar (ein jüng-er-es Kind ..) wenn Adjektive ein Prädikat modifizieren bzw. prädikativ fungieren: - adverbial (er läuft schnell__) - prädikativ (er ist schnell__) Russ. "Langform" der Adjektive: attributiv / prädikativ, "Kurzform"prädikativ: novo-je iskusstvo "(die) neue Kunst"- iskusstvo novo "die Kunst ist neu" r'eka burna-ja "der Fluß ist wild" – sevodnja r'eka burna "heute ist der Fluß wild" NP: kein Namenwort (nomen proprium), ohne deskriptiven Inhalt (kein appellativum) : pronomen "Für-Wort" (für : anstelle von) er läuft (aber nominale Kategorien: Genus, Numerus, Kasus ...) Problematische Kategorie: Artikel (fehlt lateinisch – ABER so griechisch) der junge Artikel Mann läuft Junge nominal gr. 'arthron "Glied, Gelenk" ("Gelenkwort" ?) verknüpft die NP mit ihrer syntaktischen Umgebung dt. Grammatiktradition seit Barock: Geschlechtswort intrinsisches (lexikalisches) Genus bei Appellativen – am Artikel explizit markiert: der Vater, Mann ... die Mutter, Frau ... das Kind, Mädchen ... Gruppenflexion der NP Nominativ / Akkus. SG. die lila Kuh Genitiv / Dativ SG. der Nominativ / Akkus. PL Genitiv PL Dativ PL die der den alten Männer NP-Analyse des DUDEN bis zur 4. Aufl. 1984: Attribut ist alles, was zum substantivischen Kopf der NP hinzukommt ATTRIBUT (Präp) (Art) NP (Adj) KOPF Substantiv 64 NEUERE generative Arbeiten: DP-Analyse ↑ = ↓ DP NP DETermintator ↑=↓ (Attribut) Substantiv ↑=↓ Determinierendes Element: referenzielle Funktion der alte Mann läuft er läuft im LFG –Format: c-Struktur vs. f-Struktur PRED TEMP SUBJ 'laufen <SUBJ>' Präs PRED 'Mann' DEF + PERS 3 NUM SG ADJ [PRED 'alt'] Propositionaler Ausbau eines Attributs ("Relativsatz") im Block III 3. Definitheit (Deixis) Semantik der Definitheit: Identifizierung der Argumente A Ich habe heute morgen einen Papagei im Park gesehen B Ich habe heute morgen den Papagei im Park gesehen A B identifiziert für S, aber nicht für H : [ + SPEZIFISCH] identifiziert für S und nicht für H : [ - SPEZIFISCH] z.B. B: unser Papagei, der gestern weggeflogen ist ... Identifizierung im (sprachlichen) Kontext: anaphorisch (< gr. ana "hinauf" – pher- / phor- "tragen") # es war einmal ein Mann. Der (dieser Mann) hatte ein Vermögen geerbt. Damit wollte er sich zur Ruhe setzen # Inszenierung der Identifizierung, NICHT: Abbildung von Außersprachlichem (definit ≠ bekannt) Hol mir mal den Hammer ! 65 A: der Hammer liegt da (H sieht ihn, kennt ihn ....) B: H muß in Nebenraum gehen, war noch nie da, kennt den Hammer nicht: Wenn du nach dem Hammer suchst, findest du ihn (NICHT: einen Hammer ...) Mittel literarischer Inszenierung, Beispiel Camus, Die Pest (dt. 1966) [Anfang Kap. 1] Die seltsamen Ereignisse, denen diese Chronik gewidmet ist, haben sich 194.. in Oran abgespielt. ... Zugegeben, die Stadt selber ist häßlich. Sie sieht so gesetzt aus, daß ..... Unsere Mitbürger arbeiten viel, aber nur, um reich zu werden. Sie befassen sich hauptsächlich mit Handel und mit dem, was .... Die Wünsche und Begehren der Jüngeren sind heftig und kurz, während die Laster der Älteren sich auf die Zusammenkünfte der fanatischen Kugelspieler beschränken .... [Anfang Kap. 2] Am Morgen des 16. April trat der Arzt Bernard Rieux aus seiner Wohnung und stolperte mitten auf dem Flur über eine tote Ratte. Im Augenblick schob er das Tier beseite, ohne es zu beachten, und stieg die Treppe hinunter. Aber auf der Straße fiel ihm ein, die Ratte sei dort oben nicht recht am Platz ... Semantische Bindungen der Interpretation, nicht formal ( Weltwissen): A. Am Bahnhof habe ich ein Taxi genommen. Der Fahrer war Türke ... B. Ich war gerade auf einer Hochzeit. Die Braut war ein Mann. C. Ich bin gerade in New York angekommen. Der Flieger hatte drei Stunden Verspätung ... Identifizierende Prädikationen vgl. mit B: Ich war gerade auf einer Hochzeit. Die Braut war der Mann. der Mann, den du identifizieren kannst Fehlen eines Identifizierungsproblems: - singuläre Referenz: der Mond war heute nacht sehr hell *der Hans war heute nacht nicht zuhause (NORM: Hans war nicht zuhause) - generische Referenz: der Löwe ist ein Säugetier (Löwen sind Säugetiere) Grammat. Markierungssystem im Dt. dt. [+def] : best. Artikel [ ]/[ ] der ≠ Demonstrativ [ dt. [-def] : unbest. Artikel [ ]/[ ] ein ≠ Zahlwort [ $ Hans fährt mit dem Auto seines Vaters Hans fährt mit einem alten Auto Hans fährt *auto Differenz: Der Apfel hängt am Baum Der Apfel hängt an dem Baum (an welchem?) Grenzfall: formale Markierungen: er kann ihm nicht *das geringste vorwerfen wie wir *im folgenden sehen werden ] der ] ein , Grenzfall "Null-Artikel" 66 Markierung der NG durch Artikelwörter: Hans fährt mit keinem alten Auto Hans fährt mit meinem (*dem meinen) alten Auto Typologie: Alle Sprachen haben Mittel, referenzielle Beziehungen deutlich zu machen, aber nur einige Sprachen haben ein grammatikalisiertes System: Russisch: Dt. # die Vase ist auf dem Tisch # Russ. # vasa na stol’e # Engl. # the vase is on the table # ABER Dt. # auf dem Tisch ist eine Vase # Russ. # na stol’e vasa # Engl. # there is a vase on the table # Markierungsysteme: - nur definite Form markiert, - nur indefinite Form markiert - definite und indefinite Form markiert nur definit, z.B. Altgriechisch ho anthropos "der Mensch" / anthropos "ein Mensch" nur indefinit, z.B. Berber ilis "das Fell" / %! ! "ein Fell" Markierung oft gebunden an grammatische Funktionen, z.B. Türkisch, Persisch .... : Indefinit markiert (türk- bir), definit nur am Objekt markiert: Kasussystem:Bespiel el- "Hand" (Endungen mit Vokalharmonie zum Stamm) Absolutiv -∅: el Akkusativ –I: el-i Genetiv –In: el-in Dativ –E: el-e Lokativ –dE: el-de Ablativ – dEn: el-den Akkusativ nur bei definitem Objekt markiert: bilet sat-ıyor-lar FahrkarteABS verkauf:-PRÄS-3.PL "sie verkaufen Fahrkarten" bir mavi kuma __ ist-iyor INDEF blau Stoff.ABS woll:-PRÄS.3.S "sie will einen blauen Stoff" mavi kuma -ı seç-ti blau Stoff-AKK.DEF wähl:-PRÄT.3.S "sie wählte den blauen Stoff" Ausdifferenzierung der Bestimmtheitsmarkierung semantische Funktion vs. syntaktische Struktur (Wort vs. Affix): dän. mand-en "der Mann" / en mand "ein Mann" S.Arabisch definit: °l-° vs. indefinit °-n° $ ! ! ! ! "das große Buch (NOM)" 67 ! ! ! ! "ein großes Buch (NOM)" Fusionierung von grammatischen Markierungen: Deutsch Artikelwörter: - Possessive (s.o.): ital. la mia macchina - (*der) mein Wagen - Demonstrative: mar. arab. had-l- dieses (*das) Buch Starke / schwache Flexion der Adjektive im Deutschen: d-er gute Wein ∅ gut-er Wein (will lagern) ein gut-er Wein ≠ flexionslose Form: prädikativ, adverbial: der Wein schmeckt gut-∅ s.o. Lang- und Kurzformen der russ. Adjektive ... 68 V-12 Wortstellung Konstituentenstellung 1. Fachgeschichtliches 2. grammatisch genutzte (Wahrnehmungs-) Strukturen 3. grammatikalisierte Konstituentenfolge 1. Fachgeschichtliches Lateinisch und Griechisch relativ "freie" Wortfolge sondern der Stilistik (Rhetorik) dort kein Thema der Grammatik, Lat. (Ovid) grandi-a1 per2 mult-os3 tenu-ant-ur4 großdurch / in viel-A.P.M verringer:PRÄSN/A.P.N 3P-PASS "große1 Flüsse5 werden4* zu2 vielen3 Bächen6 reduziert4*" flumin-a5 Fluß-N/A.P riv-os6 Bach-A.P Aber auch im Lateinischen "unmarkierte" (= Default-) Wortstellung: (1) # SUB – X – Y PRÄD – (Verb) # (2) Kontaktstellung in Konstituenten SATZ SUB grandia flumina OBL per multos rivos PRÄD tenuantur "scrambling" ("verrühren"): grandia per multos tenuantur flumina rivos HIER: Artifizielle Abfolge – virtuoses Spiel, metrische Zwänge … Rhetorik: Abbildung konzeptueller Strukturen auf Konstitutentenfolge: ordo naturalis: Mann << Frau, Kaiser << Bauer ... Agens << Patiens ... Die Konsequenz davon zeigt sich in frühkindliche Deutungsmuster: In einem experimentellen Kontext interpretieren kleine Kinder Äußerungen wie die folgenden nach dem semantisch interpretierten Abfolgeschema: Der Wolf wird von dem Löwen gefressen Agens << Patiens ... trennen kognitive und grammatische (grammatisierte) Strukturen 2. grammatisch genutzte (Wahrnehmungs-) Strukturen 69 Feldstrukturen der Wahrnehmung Äußerung in der Zeit (inhomogene Abfolge ...) × Schranken des Kurzzeitgedächtnisses # t [ # ] Folge: Planungsbrüche .... (Anakoluthe ...), wenn mündlich zu komplexe (literate!) Strukturen Trennen: Gesprochene und geschriebene Sprache (orate / literate Struktur): Orat: Default: Physikalisch-physiologisch und kognitiv bestimmt: Reihung von propositionalen Strukturen, die explizit (Partikel ...) oder implizit (kalte Strukturen!) aufeinander bezogen werden. Literat: „ zeitlose“ , homogene Kette von Zeichen (im Raum!), grammatisch integriert ( Satz) # # (Lesen =) synoptischer Blick Rhetorische Übung: Periodenbau („ Aufsatzerziehung“ : Nebensätze ...., keine „ Füllwörter“ ...) grammatische Reflexion darauf bezogen Informationsstruktur (fundiert in oraten Bedingungen): # Altes: Thema (Satzgegenstand) Strukturierendes Funktionselemente t# Neues: Rhema (Satzaussage) Informationshaltiges Lexikalisch Volles / Propositional Ausgebautes Grammatik (Schriftsprache) ist nicht natürlich: nutzt UND überwindet "natürliche Zwänge" Weitere Gliederung (mündlich!): Prosodische Markierung (Akzentkontur) FOKUS # # LAUF! # # Emma LÄUFT # #Emma kauft OBST # #Emma kauft BLUmen # #Emma will BLUmen einkaufen # t # 70 Im Defaultfall: Fokus im Rhema-Feld Sie hat ihm eine Ohrfeige gegeben Sie hat ihm eine OHRfeige gegeben thematisch (Feder) vorausgesetzt (Nut) Ohrfeige Sie hat ihm eine gegeben syntaktische Struktur: • Prädikat: geben mit den grammatischen Markierungen {Perfekt, 3Sg. ...} • Objektnute: Nominalgruppe eine ____ Default: syntaktische und prosodische Gliederung kumulieren markierter Fall: Diskrepanz – Prosodie "überschreibt" syntakt. Gleiderung: Kontrastive Informationsstruktur Sie hat ihm eine OHRfeige gegeben Sie hat IHM eine Ohrfeige gegeben Sie hat mir eine Ohrfeige gegeben solche Strukturierungen in der Wahrnehmung verankert: Figur / Grund ... insofern bilden sie in allen Sprachen ein Fundament, das aber abhängig von dem spezifischen (grammatischen) Sprachbau unterschiedlich grammatisch genutzt wird 3. grammatikalisierte Konstituentenfolge In den westeuropäischen Sprachen (bes. germanische Sprachen / Deutsch) Grammatisierung von satzmodalen Differenzierungen durch die Grammatikalisierung von Konstituentenfolgen: Im Lateinischen macht die Rede von Wortstellung Sinn, da dort das Wort (als morpholigsche Einheit) die Schranke für Stellungsvariationen im Satz bildet – anders als z.B. im Deutschen, wo die Kohäsion von syntaktischen Konstituenten (> Wort) groß ist. Ausgenommen davon sind nur komplexe Prädikate wie laufen-wollen, vgl. Hans wird schon nicht laufen wollen Hans wollte nicht laufen Laufen wollte Hans nicht Die Analyse solcher Strukturen verlangt die Trennung von zwei Dimensionen: - die hierarchischen Beziehungen - die lineare Abfolge In Hinblick auf die üblichen graphischen Darstellungen grammatischer Verhältnisse spricht man auch von unmittelbarer Dominanz vs. Abfolge bei den Konstituenten. In der LFG werden 71 die beiden Dimensionen auf verschiedenen Ebenen betrachtet: die lineare Abfolge in der cStruktur: unmittelbare Dominanz S ihr gefällt der grüne Mantel lineare Abfolge vgl. die entsprechende f-Struktur (vereinfacht): PRÄD ' gefallen < SUJ, OBJ > SUBJ PRÄD ' Mantel' DEF + ADJ PRÄD ' grün' OBJ PRÄD ' PRO' FORM ' ihr' In der GB-Linie werden dagegen die linearen Abfolgen unmittelbar als Artikulation von grammatischen Beziehungen verstanden. Die lineare Abfolge bildet dagegen (jenseits gramamtischer Beschränkungen, wie z.B. der Kohäsion in syntatkischen Konstituenten) eine eigene grammtische Analyseebene, auf der vor allem die Informationsstruktur artikuliert wird: THEMA RHEMA FINITER Prädikatsteil "topic" grammatisches Thema (präsupponiert) Was war gestern ? Mein Onkel war zu Besuch Mein Onkel war zu Besuch "topic" / Thema Gestern Ihn Er waren wir in der Kneipe sehe ich nur einmal im Jahr kommt einmal im Jahr NB: Engl., Frz. (≠ Dt.) haben diese Abfolge formal fixiert: SVO Im Deutschen aber auch Aussagesätze ohne thematische Ausrichtung: Kommt ein Kamel in eine Apotheke. Es verlangt ... narrative Einleitung: noch nichts (Spezifisches) präsupponiert: 72 Kein Szenario, kein Thema definiert (Was ist passiert?): # das AUto ist kaPUTT # thetischer Satz mit (weitem) Satzfokus Anders mit Thema – Rhema – Struktur („ Was ist mit dem Auto los?“ ): # das Auto ist kaPUTT # Sonderproblem interaktiv eingebundener Äußerungstypen satzinitialer Fokus: FOKUS (propositionaler) Hintergrund Kommt Hans heute ? Fragesatz Wann kommt Hans ? doch heute zum Essen ! Aufforderungssatz Komm Suspendierung der selbständigen Satzstruktur (abhängige Proposition final (je "finiter" desto weiter ..) Wenn Hans zu Besuch kommt n. Block): Prädikat machen wir ein großes Fest V2 SATZ Komplikation: Rahmenstellung im Deutschen (im Aussagesatz) gram. Thema gestern Oma gestern finiter Prädikatsteil wollte wird wird (Mittelfeld) Hans mit Oma zu Besuch nicht mehr zu Besuch Oma infiniter Prädikatsteil kommen kommen wollen gekommen sein wollen Im Deutschen sind so Wortstellungstypen relativ zur ausgezeichneten indikativischen Verbzweit-Stellung definiert: dabei ist Verb-erst-Stellung negativ definiert, mit einer ganzen Schar (auf andere Weise zu desambiguierender) Intepretationen: komm nachhaus ! Imperativ kommst du nachhause ? Frage Kommt Hans nachhause, gehen wir ins Kino Konditional Kommt Hans neulich in die Kneipe, bestellt sich ein Bier ... thetisch Zudem gibt bei der satzinitialen Positon eine Überlagerung mit der Artikulation der interrogativen Markierung (Q, s. V-6) Q-PRO Ergänzungsfrage Q-V (~ Verb-erst) sonst (Satzfokus ...) Im Feld der Wortstellung bestehen große typologische Unterschiede: Russisch: Wortstellung grammatikalisiert, aber keine feste Verbstellung: Thema (diskursiv definit) Rhema (diskursiv indefinit) Anders in Sprachen mit fester Wortstellung, z.B. engl. SVO 73 Vgl. Dt. # die Vase ist auf dem Tisch # Russ. # vasa na stoL’ E # Engl. # the vase is on the table # ABER Dt. # auf dem Tisch ist eine Vase # Russ. # na stol’e VAsa # Engl. # there is a vase on the table # Im Dt. ( ≠ Engl.) „ Spaltsätze“ literat: „ Was die Vase anbetrifft, die stand auf dem Tisch ....“ Kopfmarkierung der thematischen Orientierung: Diathese (Passiv) (a) Thema: Peter Dt. # Peter kaufte einen Wagen“ Russ. # P’ otr ku pil ma inu # Engl. # Peter bought a car # b) Thema: der Wagen Dt. # den Wagen hat Peter gekauft“ Russ. # ma inu ku pil P’ otr # Engl. # the car was bought by Peter # (# it is the car that Peter bought #) Im Dt. (mehr noch im Russ.) Passiv literat ≠ Engl. 74 Block III: Komplexe Sätze V-13: Ausbau einer Proposition: Hypotaxe vs. Parataxe Grundfrage bei der Analyse komplexer Sätze: Ausbau eines Satzes mit mehreren Propositionen oder Integration mehrerer Propositionen in einen Satz Satz als Domäne grammatischer Strukturierung < Text (Diskurs-) Struktur Heute hat mich Papa um 6.30 geweckt. Ich bin sofort wieder eingeschlafen. Ich war so müde..... 3 Sätze, gereiht Integration in Text durch Verweiselemente (ana- / kataphorisch): Heute hat mich Papa um 6.30 geweckt. Darauf bin ich sofort wieder eingeschlafen. Ich war nämlich so müde..... Aufsatzerziehung: Integration in eine syntaktisch kompaktere Struktur: Schülertext (4. Schj.) Heute hat mich Papa um 6.30 Uhr gefeckt. Ich bin sofort wieder eingeschlafen weil ich so 2 Sätze, gereiht müde war ... Weitere Integration: Als Papa mich heute um 6.30 geweckt hat, bin ich sofort wieder eingeschlafen, weil ich so müde war. ... 1 Satz In dieser schulischen (ontogenetischen?) Perspektive: Einbettung von Propositionen in einen Satz: heute morgen bin ich wieder eingeschlafen Als Papa mich heute um 6.30 geweckt hat wegen meiner Müdigkeit weil ich so müde war Spiegelverkehrte Perspektive: (propositionaler) Ausbau von Satzkonstituenten heute morgen bin ich wieder eingeschlafen wegen meiner Müdigkeit Als Papa mich heute um weil ich so müde war 6.30 geweckt hat funktionale Äquivalenz intern unterschiedlich strukturierter Satzkonstituenten (Skala von Propositionalität: "Satzwertigkeit") Hauptsatz / Nebensatz ?? ≠ Hauptsache / Nebensache (Skala der Wichtigkeit / Informationswert) THEMA heute morgen Als Papa mich heute um 6.30 geweckt hat RHEMA bin ich wieder eingeschlafen Syntaktische Kriterien: Wortstellung FOKUS wegen meiner Müdigkeit weil ich so müde war Konstituentenstellung, V-12 75 Suspendierung der selbständigen Satzstruktur (abhängige Proposition): Prädikat in finaler Position: Wenn Hans zu Besuch kommt machen wir ein großes Fest V2 SATZ Stufen der Integration: ich bin wieder eingeschlafen; V-2 parataktisch (beiordnend) denn ich war so müde V-2 ich bin wieder eingeschlafen, V-2 hypotaktisch (unterordnend) weil ich so müde war V-letzt Weitere Verknüpfungsmittel (gr. syndesmoi) dt. Konjunktionen BESSER: (koordinierende) Konjunktionen (engl. coordinator) Parataxe (subordinierende) Subjunktionen (engl. complementizer) Hypotaxe Auf das griech. syndesmoi,) geht die unterscheidung zurück: - syndetische Verknüpfung: mit solchen Verknüpfungsmitteln, - asyndetische Verknüpfung: ohne solche Verknüpfungsmittel. Verknüpfungsmittel koordin. denn Proposition ich war so müde V-2 subordin. weil ich so müde war vgl. Verknüpfungsmittel vs. Adverbial ich bin wieder eingeschlafen, denn ich bin wieder eingeschlafen, ich dabei war so müde war ich so müde V-2 Asyndetische Verknüpfungen (gr. a- NEGATION) Kommt Hans früh nachhause, V-1 Hans hat gesagt, Hans hat gesagt, Keine Parataxe: Hans hat gesagt, *Hans hat gesagt gehen wir ins Kino V-2 er kommt früh nachhause V-2 daß er früh nachhause kommt V-letzt er kommt früh nachhause (∅) Verknüpfungselemente sind Prädikate über der Verknüpfung sie artikulieren lexikalisch deren Interpretation: koordinierend (und/ oder) adversativ (aber) nur parataktisch Parallelismus 76 kausal (denn / weil) temporal (als / wann / nachdem ..) para- und hypotaktisch nur hypotaktisch Weitere Subjunktionsmarkierung: abhängige Form des Prädikats: finit: Subjunktiv ("Konjunktiv") infinit: Partizip, Infinitiv ... V-16 Subjunktivmarkierung im Dt. rückläufig (schriftsprachlich) ≠ normative Grammatik er hat gesagt, daß er zu spät kommt, weil er krank ist syndet. er hat gesagt, er komme zu spät, weil er krank sei asyndet. Indikativ Subjunktiv Subjunktiv ("Konjunktiv") beim Hauptprädikat elliptische Konstruktion ?? "Optativ" usw. Käme Hans doch bald nachhause, wir könnten ... (ich wünschte, ) Hans käme bald nachhause ... auf der Grundlage des X-quer-Schemas (s. V-4): (Egon glaubt,) daß Hans Emma liebt CP C daß IP* NP Hans IP INFL -t hat ge-..-t VP V lieb- NP Emma Verallgemeinerung dieser Struktur von CP: C + IP* transformationell daß Hans Emma liebt ... daß Hans Emma liebt ob Hans Emma liebt ... ob Hans Emma liebt denn Hans Emma liebt ... denn Hans liebt Emma Hans Emma liebt Hans liebt Emma ∅ X-quer bei CP: CP* → SPEZ + CP SPEZCP C IP* transformationell warum ' ?' Hans Emma liebt Warum liebt Hans Emma ? ' ?' Hans Emma liebt Liebt Hans Emma ? ∅ Die "Einbettung" einer propositionalen Struktur erfolgt als Artikulation einer NP V-14 Anders bei Parataxe / Koordination: 77 hier werden gleichrangige Konstituenten adjungiert gleichen Typ die komplexe Konstituente ist vom X X & X & ist keine Konstituente: klar so für Koordination: X+ & X Hans und Emma Hans, Emma und Egon Hans, Emma, Egon und Franz Hans, Emma, Egon, Franz .... und Erna ebenso wenn X CP (IP) [Hans liebt Emma] und [Egon liebt Erna] Semantik von und, aber, oder anders darzustellen ... Ebenso bei LFG: f-Struktur: PRÄD ' lieben <SUBJ, OBJ>' SUBJ [PRÄD ' Hans' ] OBJ [PRÄD ' Emma' ] PRÄD ' lieben <SUBJ, OBJ>' SUBJ [PRÄD ' Egon' ] OBJ [PRÄD ' Erna' ] ' und, aber, ...'werden so überlesen (ggf. nur als KOORD.FORM repräsentiert ?) Eine nicht orthodoxe Möglichkeit, sie auch mit eigenem semantischen Gehalt zu repräsentieren, müßte sie als höheres Prädikat repräsentieren, das Propositionen als Argumente nimmt, etwa: PRÄD 'und < Propi+ , Propn > ' Propi [ Propn [ ] ] NB: die Notation mit einem hochgestellten '+ '(eingeschränkter "Kleene-Stern") gibt an, daß der so markierte Ausdruck vorhanden sein muß und unbegrenzt wiederholt werden kann: die Notierung hier spiegelt die Tatsache, daß der Junktor (und, oder, aber ....) in der Regel nur vor der letzten so verknüpften Proposition steht, während die evtl. vorausgehenden asyndetisch gereiht werden. Ich kenne bisher keine Arbeiten im LFG-Format, die sich mit diesen Fragen spezieller auseinandersetzen. 78 V-14 Syntaktische Funktionen von Teilsätzen: Komplemente vs. Adverbiale 1. Grundstruktur: dt. und latein. 2. formale Repräsentation (LFG) 1. Grundstruktur: dt. und latein. Syntaktische Integration: "arbeitsteiliger" Aufbau einer Konstruktion traditionelle Vorstellung von der Hypotaxe als "organischer" Struktur (vs. "unorganische" Parataxe) propositionaler Ausbau von ±valenzgebundenen Ergänzungen, u.U. propositionale Ergänzungen obligatorisch: Hans sagt, daß Emma kommt *Hans sagt Unsinn Hans redet Unsinn Möglich nur anaphorischer Bezug auf die Komplement-Proposition: Wer sagt das ? – Hans sagt das propositionale Komplemente in allen syntaktischen Rollen: 1. valenzgebunden SUBJEKT mihi opus est mir notwendig sei:3S.PR.IND "ich muß mich waschen" ut lavem daß wasch:1S.PR.SUBJ "klassisch" i.d.R. Infinitiv(konstruktionen), s. V-16 homini necesse est Mensch.DAT.S notwendig sei:3S.PR.IND "der Mensch muß sterben" mori sterb:INF OBJEKT Telebois iubet sententiam Teleber.DAT.P befehl:3S.PR.IND Meinung.AK.S "er befahl den Telebern, ihre Meinung zu sagen" ut dicant daß sag:3P.PR.SUBJ "unpersönliche" Konstruktion Problem bei propositionalem Subjekt LFG Argumentlinking 1. Jeder Satz hat ein Subjekt 2. das semantisch höchstbewertete Argument fungiert als Subjekt 3. Ausnahme nur bei Diathesen (mit Modifikation des Prädikats) mihi, homini als SubjekteLFG Dagegen: Morphosyntaktische Strukturen: Verbform im Prädikat kongruiert nur mit nominativisch markiertem Substantiv vobis euch.D necesse notwendig est sei:3S.PR.IND fortibus stark.D.P viribus Mann.D.P esse sei:INF suam sein:AK.S.F 79 "ihr müßt mit starken Männern zusammen sein" *vobis necesse estis ... Adjunkte (adverbiale Ergänzungen): trennen: semantische vs. syntaktische Funktion me ut scribam aliquid hortaris mich.A daß schreib:1S.PR.SUBJ etwas auforder:2S.PR.IND (Deponens!) "du forderst mich auf, etwas zu schreiben" (...daß ich etwas schreibe) adduxerunt Cincinatum ut herbeiführ:3P.PERF.IND C. daß "sie führten C. herbei, damit er Diktator sei" dictator Diktator.N.S esset sei:3S.PRÄT.SUBJ hortari fordert ein Komplement pacem hortari non desino Friede.A.S aufforder:INF NEG ablass:1S.PR.IND "ich höre nicht auf, zum Frieden aufzufordern" *me hortaris dagegen: √ adduxerunt Cincinatum finale Ergänzung hier adverbial (adjungiert) (Vor allem) bei Komplementsätzen möglich: kataphorische Artikulation des Komplements Korrelat Emma hat es gesagt, daß Hans kommt anaphorisch: Emma hat es gesagt NB: Anders bei Pronomen als Kopf eines propositionalen Attributs (Relativsatz) Emma hat das gekauft, was sie Hans schenken will ( V-15) terminologische Unsicherheit: Wenn Hans zu Besuch kommt "eingebetteter Satz" machen wir ein großes Fest V2 "Hauptsatz" SATZ Matrix Subjunktion i.d.R. syndetisch (Default: dt. daß – lat. ut): zusätzliche Markierungen (s. lat. Beispiele): lat. Subjunktiv am Verb, dt. Wortstellung In der Subjunktion: Einschränkung der Optionen für die Prädikation: - keine unabhängige satzmodale Artikulation (Indikativ, Frage, Imperativ ...) - keine unabhängige Tempusverankerung, sondern Taxis consecutio temporum im Lateinischen: relative chronoligsche Verhältnisse im komplexen Satz: Gleich- / Vor- / Nachzeitigkeit der abhängigen Proposition: 80 Matrix Präs. / Fut. Präterit. (Ipf., Perf. ...) GLEICHZ. Konj.Präs. Konj.Ipf. abhängige Proposition VORZ. NACHZ. Konj.Perf. Pzp.Fut.+ Konj.Präs. Konj.PlqPF. Pzp.Fut.+ Konj.Ipf. dicas sag:2S.Präs.Konj dixeris sag:2S.Perf.Konj dicturus sis (sei:2S.Präs.Konj) "ich weiß nicht, was du sagst / gesagt hast / sagen wirst" ignoravi quid diceres sag:2S.IPF.Konj nicht.wiss:1S.PF.IND was dixisses sag:2S.PlPF.Konj dicturus esses (sei:2S.Ipf.Kj) "ich gewußte nicht, was du sagtest / gesagt hattest / sagen würdest" ignoro nicht.wiss:1S.Pr.IND quid was GLEICHZ VORZ NACHZ GLEICHZ VORZ NACHZ Fazit: der propositionale Ausbau ist bei jeder Konstituenten möglich, die als Ergänzung zum Prädikat fungiert. Die übliche Etikettierung solcher Konstituenten in der generativistischen Tradition ist nominal. Das ist auch durchaus sinnvoll, da ein solcher Ausbau im Deutschen auch bei nominalen Prädikatsausdrücken möglich ist, die mit einem finiten verbalen (kopulativen) Element zu einem Prädikat verbunden werden, vgl. Mein Problem ist nominales Element im Prädikatsausdruck der Hans schwer daß ich morgen arbeiten muß formale Repräsentation (LFG) Formale Repräsentation der Integration (f-Struktur): Egon glaubt, daß Hans Emma liebt PRÄD SUBJ COMP ' glauben < SUBJ, COMP >' [PRÄD ' Egon' ] PRÄD ' lieben < SUBJ, OBJ>' SUBJ [PRÄD ' Hans' ] OBJ [PRÄD ' Emma' ] COMPFORM ' daß' Egon glaubt an Gespenster PRÄD SUBJ ' glauben < SUBJ, OBLan >' [PRÄD ' Egon' ] OBLan OBL ' an' OBJ [PRÄD ' Gespenster' ] Anders bei Adjunkten: 81 Hans rennt, weil Oma ruft PRÄD SUBJ ' rennen < SUBJ >' [PRÄD ' Hans' ] ADJ PRÄD ' rufen <SUBJ> SUBJ [PRÄD ' Oma' ] ADJFORM ' weil' Vgl. Hans rennt schnell PRÄD SUBJ ADJ ' rennen < SUBJ >' [PRÄD ' Hans' ] [PRÄD ' schnell'] 82 V-15 Komplexe Sätze 3: Propositionaler Ausbau von Attributen Propositionaler Ausbau nominale Konstituente (NP) {abhängig vom Prädikat; Attribut in NP} nominale Konstituente DP-Analyse ( V-11) DP NP DET funktionaler Kopf ATTR Attribute: lexikalisch spezialisiert: Substantiv adjungiert propositional ausgebaut "Relativsatz" N lexikalischer Kopf Adjektive adnominaler Kasus "Relativsatz" der alte Mann das Alter des Mannes ein Mann, der alt war, abhängige Proposition: im Dt. V-letzt Anders bei parataktisch angeschlossenem propositionalen Attribut: Egon und Emma gingen gestern in einen Film. Den wollten sie schon immer sehen. Egon und Emma gingen gestern in einen Film; den wollten sie schon immer sehen. Egon und Emma gingen gestern in einen Film, den sie schon immer sehen wollten. Integration syntaktische Klammer (Relativpronomen RelPro) Kongruenz ............... KOPF RelPro ....................... PRÄD ................. Rektion der Mann die Frau die Kinder den ich gestern der Hans das Buch die vor dem Haus gesehen habe gegeben hat spielen Anders: • Relativpartikel schweizerdt. der Mann, wo gestern auf Besuch kam der Mann, wo ich ihn gestern gesehen habe • Lücken-Anschluß (engl. gapping) engl. the man ∅ I saw Folgen für die Informationsstruktur: thematischer Anschluß (Kopf ist Thema / "Topik" der attributiven Proposition) 83 Anders wenn fokussiert: Voranstellung Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben vgl. das Leben bestraft den, der zu spät kommt thematischer Anschluß: d-, vgl. Definitheitsmarkierung (d-Artikel) fokussierender Anschluß: w-, vgl. Fragewörter (w-Wörter) NB: w-Pronomen auch bei anaphorishem Bezug auf eine Proposition als Kopf: Hans sammelt Bierdeckel, was (*das) ihm nicht viel einbringt Der propositionale Ausbau eines Attributs hat in vielen Sprachen (so auch im Deutschen) einen Sonderstatus gegenüber sonstigen Konstruktionen von komplexen Sätzen: Hier ist im Gegensatz zu einer Subjunktion i.e.S. eine unabhängige (indikativische) Prädikation möglich, was den Terminus eines Relativsatzes rechtfertigt. Insofern hat das propositionale Attribut auch im Sinne der Informationsstruktur einen eigenen thematischen Horizont, wobei allerdings das Topik durch die Anknüpfung an den Kopf festgelegt ist: [ ........ Kopf [ attributive Proposition ]RELATIVSATZ ] SATZ ↑TOPIK Eine unabhängige Topikalisierung ist (zumindest im Deutschen) ausgeschlossen: [ ........ Kopf [ attributive Proposition ]RELATIVSATZ ] SATZ ↑TOPIK Diese informationsstrukturelle Bindung der attributiven Konstruktionen kann insbesondere zu kontrastiven Zwecken genutzt werden, indem so die informationsstrukturelle Defaultabfolge Thema (θ) << Rhema (ρ) überschrieben werden kann: θ ρ Wer zuletzt kommt, den bestraft das Leben ↑FOKUS anaphorisch Die Fokussierung erfolgt hier mit einem w-Pronomen, das so ja auch in (Ergänzungs-) Fragen genutzt wird. Das d-Proponen im rhematischen Feld ist hier definitionsgemäß kein Topik (vergl. auch bei einem Frage-Antwort-Paar: Wer war das ? - Der war das. 2. syntaktische Modellierung (LFG) Nachtrag: Informationsstruktur in LFG Überlagerung (engl. overlay) Satz: Informationsstruktur Proposition: Argumentstruktur, Grammatische Relationen ... DF (discourse functions) TOPIC, FOCUS ... SUBJ, OBJ ... 84 Topik: Default SUBJ sonst: Spezifiziert Default: Hans hat Emma einen Blumenstrauß geschenkt (Topik od. Fokus): Einen Blumenstrauß hat Hans Emma geschenkt TOPIK PRÄD ' Blumenstrauß' DEF - PRÄD SUBJ OBJ OBJ2 ' schenken <SUBJ, OBJ, OBJ2>' PRÄD ' Hans' PRÄD ' Emma' Im gleichen Schema Relativsätze: der Mann, den ich gestern gesehen habe, ging spazieren PRÄD ' spazieren.gehen <SUBJ> ' PRÄD DEF SUBJ ADJ ' Mann' + TOPIK PRÄD ' PRO' PRON ' d- ' PRÄD ' sehen <SUBJ; OBJ > ' SUBJ OBJ ADJ 3. semantische Fragen ( PRÄD ' pro' PERS ' 1' NUM ' SG' PRÄD ' gestern' Definitheit in V-11) appositive Attribute Hans, mein bester Freund, kam gestern auf Besuch Hans kam gestern auf Besuch Mein bester Freund kam gestern auf Besuch Die Apposition: - ist syntaktisch adjungiert ("frei"), - leistet keine referenzielle Spezifizierung 85 propositionaler Ausbau eines Attributs: [± adjungiert] [± restriktive] "Relativsätze" [- restriktiv] Hans, der Taxifahrer ist, schläft schlecht Hans schläft schlecht [- restriktiv] ein Mensch, der Taxifahrer ist, schläft schlecht ?? ein Mensch schläft schlecht Typologie: im Deutschen [± restriktive] "Relativsätze" homonym (aber u.U. prosodisch differenziert): Kinder, die noch nicht erwachsen sind, haben wenig Sorgen 86 V-16 Finitheitsskala: Form des Prädikats in Nebenprädikationen (Subjunktive, Partizipien, Infinitive ...) 1. 2. 3. 4. 5. finit – infinit morphologisch finit – infinit syntaktisch syntaktische Struktur von Nebenprädikationen Integration infiniter Formen in komplexe Prädikate formale Darstellung von Nebenprädikationen (LFG) 1. finit – infinit morphologisch finit < lat. finis "Grenze", fini-re "begrenzen" vgl. Definition: Abgrenzung eines Begriffs in antiker Sprachreflexion: semantisch verstanden: definit = was einen Ausdruck begrenzt vollständig interpretierbar macht jüngere Terminologie, differenziert nach Wortarten: definit nominale Konstituente (DP) verbale Konstituente finit traditionelle schulgrammatische Begrifflichkeit morphologisch: Tichy, Idg. Grundwissen (S. 81 [82]) finite Verbalform = Personalform (d. Verbs) griech. Tradition komplexer: par-em-pha-tik-os "daneben bezeichnend (d.h. neben der lexikalischen Verbbedeutung) ": Person, Numerus, Modus, Tempus a-par-em-phatik-os "nicht daneben bezeichnend" So in lat. Schulgrammatik (z.B. Rubenbauer / Hofmann, Lat.Grammatik, 121995, S. 64 – 65) • vollbestimmte Verbalformen (verbum finitum) im Latein: vollbestimmt durch die Bezeichnung 1. der Person, 2. der Zahl (Numerus), 3. der Aussageweise (Modus), 4. der Zeit (Tempus), 5. der Zustandsform (Genus [ Diathese]) • (nicht-vollbestimmte Formen:) Nominalformen (verbum infinitum): nicht bestimmt hinsichtlich der Person. - substantivisch (deverbale Substantive: Verbalnomina): Infinitiv, Gerundium, Supinum -adjektivisch (deverbale Adjektive): Partizip, Gerundivum Block V (Wortbildung) morphologische Finitheit (m-finit, z.B. p-finit: morphologisch für die Person markierte Form) 2. finit – infinit syntaktisch Basis: (semantische) Interpretierbarkeit (voll) finit syntaktisch finit (s-finit): Satz Finitheitsmarkierung am (Haupt-) Prädikat des Satzes ( Komplexer Satz hat mehrere Propositionen: Kopf abhängiger Propositionen: sekundäre Prädikate sekundäre Prädikate: [- s-finit], [± m-finit] m-finit) 87 vgl. V-14: sekundäres Prädikat: [- s-finit], [+ m-finit] "Subjunktiv": adduxerunt Cincinatum ut dictator herbeiführ:3P.PERF.IND C. daß Diktator.N.S "sie führten C. herbei, damit er Diktator sei" Subjunktiv: p-finit, aber Einschränkung der weiteren Markierungen ( V-14) sekundäres Prädikat: [- s-finit], [- m-finit] "Infinitiv" : vobis necesse est fortibus euch.D notwendig sei:3S.PR.IND stark.D.P "ihr müßt mit starken Männern zusammen sein" viribus Mann.D.P esset sei:3S.PRÄT.SUBJ consecutio temporum, esse sei:INF sekundäre Prädikate: [- s-finit], [± m-finit] in allen syntaktischen Positionen, in denen propositionaler Ausbau möglich ist (nominale Konstituenten), z.B.: • valenzgebundenes Satzglied, z.B. Subjekt ([- s-finit], [- m-finit]) vobis necesse est fortibus viribus esse euch.D notwendig sei:3S.PR.IND stark.D.P Mann.D.P sei:INF "ihr müßt mit starken Männern zusammen sein" • Adjunkt ([- s-finit], [+ m-finit]) adduxerunt Cincinatum ut herbeiführ:3P.PERF.IND C. daß "sie führten C. herbei, damit er Diktator sei" dictator Diktator.N.S esset sei:3S.PRÄT.SUBJ • Attribut ([- s-finit], [- m-finit]) Graecis Macedoniam accole-nt-ibus metus minuitur Grieche.D.P Makedonien.A wohn:PZ.Pr-D.P Furcht.N.S wenig.werd:3S.Pr.Ind ? "Bei den bei Makedonien wohnenden Griechen wurde die Furcht weniger" Bei den Griechen, die bei Makedonien wohnten, wurde die Furcht weniger" Finitheitsskala: [+ s-finit] ( [+ m-finit]) : Hauptprädikat [- s-finit] [+ m-finit] : Nebenprädikat I [- s-finit] [- m-finit] : Nebenprädikat II Typologisch variabel: sekundäre Prädikationen [± m-finit]: -Türkisch hat keine Subjunktive: sekundäre Prädikationen [- m-finit] aber Kontakteinfluß alt: Attributsätze mit ki + Verb [+ m-finit] aus dem Persischen, in Türkei stilistisch eingeschränkte (literatursprachliche) Option, im Deutsch-Türkischen generalisiert - im Marokk. Arab. sekundäre Prädikation immer [+ m-finit] , ähnlich Berber, außer attributiv: immer [- m-finit] … Vor allem auch in typologischer Hinsicht ist [s-finit] die grundlegende Dimension der Finitheit: Sie faßt die (± selbständige) Fundierung der Interpretation der propositionalen Struktur – unabhängig von dem, was in den jeweiligen Sprachen als fundierungsmarkierung grammatisiert ist (Tempus wie im Deutschen, Respekt wie im Koreanischen ...). [-s-finite] konstruktionen können nur an diesen Bestimmungen (der Matrix) partizipieren, was durchaus in einem breiten Spektrum von [± m-finiten] Formen der Fall sein kann, wie die komplexen 88 Verhältnisse der Taxis in den klassischen Schulsprachen zeigt. In dieser Hinsicht sind die Übergänge in den morphologisch reichen Sprachen u.U. fließend, wie die Taxis bei [- mfiniten] Formen im Lateinischen und Griechischen zeigt (Partizipien, Infinitive). [p-finit] ist ein typologisch sehr eingeschränkter Fall von [+ m-finiten] Formen, der in den klassischen Schulsprachen dieses Spektrum abhängiger Prädikate ([- s-finit]) erweitert, wie die Subjunktive zeigen. Terminologisch ist festzuhalten: geht man von der taditionelen Grundutnescheidung in "nominale" und "verbale" Formen aus, so bleiben "nominale" "verbale" Formen solange "verbal", wie sie syntaktisch eine prädikative Funktion übernehmen: bewahrte verbale Rektion: als Kopf einer Proposition (1) substantivisch - invariabel (etymologisch: meist zu Partikeln "erstarrte" Kasusformen … ) -Infinitive (s.o.) - Supinum (SUP) iste domu-m venit fura-tum jener.NS Haus-A.S komm:PERF.3S stehl:-SUP "jener kam ins Haus um zu stehlen" -variabel (Kasusmarkierung) - Gerundium viv-end-i cupiditas beat-e Verlangen.N.S glücklich-ADV leb-GER-G.S ? "das Verlangen des glücklich Lebens" "das Verlangen, glücklich zu leben" Sprachspezifisch sind hier bei gerundialen Formen unteschiedliche Grade der Verbalität auszumachen, wie sich bei der weiteren Modifikation zeigt: Modifikation: er läuft schnell adverbial beides deutsch sein schnelles Laufen attributiv (adjektivisch) adverbial möglich ?? ?? sein schnell Laufen lateinisch beate vivendi .. adverbial (2) adjektivisch (variabel) - Partizip (s.o. ± aktivisch) Dabei ist der Diathese-Unterschied mit einem der Taxis verküpft: -ans : aktiv und simultan -atus : passiv und resultativ - Gerundivum (GDV passivisch / deontisch: "zu tun") re-i ger-end-ae diem dicere Ding-D.S mach:-GDV-D.S Tag.A.S Sagen.INF "den Tag für die auszuführende Sache sagen" (den Tag für die Ausführung ...) In der Typologie üblicher Terminus: Konverben: adverbiale Nebenprädikate. Der häufig auch hierfür zu findende Terminus der "Gerundien" ist irreführend, ausgehend von einer Marotte der englischen Schulgrammatik: deutsche Schulgrammatik: Partizip (laufend, gelaufen) als Formbestimmung englische Schulgrammatik: Gerund (singing) als Formbestimmung gekoppelt an Funktion (substantivisch ∪ adverbial). 89 Vgl. den unterschiedlichen formalen Synkretismus im Dt. und Englischen: deutsch englisch substantivisch Verbalnomen ∅ he likes singing attributiv Verbaladjektiv ein singender Vogel a singing bird konverbal Verbaladverb er kam singend an he arrived singing 3. syntaktische Struktur von Nebenprädikationen voll ausgebaute Proposition: Prädikat [+ m-finit] kongruierendes Subjekt unabhängiges Szenario Hans versprach Emma, daß Egon Kartoffeln einkaufen würde Wenn sekundäres Prädikat [- m-finit] kein Subjekt, Hauptaktant der sekundären Proposition interpretiert durch Kontrollbeziehung zur Matrix: Hans versprach Emma, Kartoffeln einzukaufen Kontrolle durch Subjekt Emma sah Hans Kartoffeln einkaufen Kontrolle durch Objekt Die unterschiedliche Perspektivierung der Struktur komplexer Sätze ( V-14) bestimmt auch die Art, wie die syntaktische Binnenstruktur gesehen wird: - geht man vom Prädikat als Kopf einer Proposition aus, lizensiert ein Prädikat, das [- m-finit] ist, kein Subjekt: Hier ist Subjekt eine abhängige Variable, die mit der Übernahme weiterer Funktionen korreliert, die den Satz (und nicht die Proposition) als Domäne haben: TopikFunktion u.dgl. - geht man von der Vorstellung einer grundlegenden Subjekt-Prädikats-Struktur aus, bei der das Subjekt i.S. der antiken, an der Logik ausgerichteten Vorstellung grundlegend ist, mit dem das Prädikat kongruiert, kann bei fehlendem Subjekt kein m-finites Prädikat stehen (da die Kongruenz-Bedingung entfällt). Terminologisch / begrifflich entspricht dem die unterschiedliche Redeweise: • bei der Ausbauperspektive von Konstituenten: Infinitivkonstruktion (nicht voll ausgebaute Proposition ...) • bei der Einbettungsperspektive von "Sätzen" (generative Grammatik): Infinitiv"sätze" reduzierte Sätze 4. Integration infiniter Formen in komplexe Prädikate Ausbau von Prädikaten mit infiniten Formen ("Verbalperiphrasen") Hans hat Emma geliebt ~ ... weil Hans Emma geliebt hat [geliebt V-infinit (< Partizip) (Hauptverb: Valenzträger) hat ]Prädikat V-finit Hilfsverb 90 LFG: funktionale Kategorien können syntaktischen ( Struktur durch ein Prädikat repräsentiert zu sein: Wort-) Status haben, ohne in der f- S ↑=↓ VP NP ↑=↓ V liebt Hans (= IP) NP Emma ↑=↓ "was oben steht, hat seine syntaktischen Eigenschaften von dem, was unten steht" S ↑=↓ IP NP Hans ↑=↓ AUX hat VP ↑=↓ V geliebt 5. formale Darstellung von Nebenprädikationen (LFG) generativistische Tradition: reduzierte Satzstruktur: - abhängige Proposition COMP - offene Konstituente (Variable: hier Subjekt) XCOMP Hans versprach Emma PRÄD SUBJ OBJ , einen Blumenstrauß Kartoffeln einzukaufen ' versprechen < SUBJ, OBJ, XCOMP >' [PRÄD ' Hans'] [PRÄD ' Emma'] PRÄD ' einkaufen <SUBJ, OBJ> ' XCOMP SUBJ OBJ [PRÄD ' Kartoffeln'] NP Emma 91 V-17 Prädikative und "marginale Syntax" 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Prädikative 1: nicht-verbale Prädikate Prädikative 2: nicht-propositional ausgebaute Nebenprädikationen Prädikative 3: Grundlagen einer formalen Analyse formale Darstellung 1: GB formale Darstellung 2: LFG marginale Syntax: "small clauses" / "minor clauses" Fazit zur Prädikation 8. Prädikative 1: nicht-verbale Prädikate grammatische Tradition: Prädikative sind Prädikate oder Prädikatskonstituenten, die nicht verbal sind: Hans ist alt Adjektiv Hans ist ein Idiot Substantiv (NP) Hans ist in Bonn Präpostionalgruppe Mein Problem ist, daß Hans ein Idiot ist Proposition Im Deutschen Kopula erforderlich: Kopula regiert keine Ergänzung: keine (oblique) Kasusmakierung: Prädikativ (Prädikatsnomen ...) im Nominativ Verallgemeinerung 1: kopulative Verben paradigmatisch zur Kopula: Hans bleibt ein Idiot Hans wird ein Idiot Verallgemeinerung 2: transitive Verben mit einem Prädikativ: - als zweite "oblique" Ergänzung bei aktivischer Form Emma nennt ihren Mann einen Idioten - als zweite Nominativ- Ergänzung bei passivischer Form: Ihr Mann wird von Emma ein Idiot genannt Prädikative-1 sind obligatorische Konstituenten (als Prädikatskopf oder valenzgebunden) 9. Prädikative 2: nicht-propositional ausgebaute Nebenprädikationen Hans rennt vergnügt nachhause ≠ Der vergnügte Hans rennt nachhause ≠ Hans rennt schnell nachhause Attribut (in NP) Adverb(ial) rennen (Hans, nachhause) & vergnügt (Hans) sekundäre Prädikation über einem Argument, aber eingebunden in die Hauptprädikation Depiktive formale Markierungen der Depiktive: Dt. ~ Adverbiale: Adjektive ohne flexivische Markierung (≠ Attribute) DUDEN "Satzadjektive" 92 Latein = Attribute: kongruieren Gall-i laet-i in castr-a perg-unt Gallier-NP froh-NPM in Lager-AP zieh:-3P.PRÄS.IND attributiv "Die vergnügten Gallier ziehen ins Lager ein" "Die Gallier ziehen vergnügt ins Lager ein" prädikativ / depiktiv ≠ Adverbiale Gall-i laet-e (celer-iter) in castr-a perg-unt "Die Gallier ziehen auf vergnügte Weise (schnell) ins Lager ein" ebenso Englisch : morphologisch Prädikativ = Attribut ≠ Adverbiale, aber differenziert durch Konstituentenfolge: attributiv The cheerful Gauls enter the camp The Gauls enter the camp cheerful prädikativ / depiktiv The Gauls cheerfuly enter the camp adverbial ?? Russisch: Lang- vs. Kurzform der Adjektive on o en' ' bodr-yj er sehr vergnügt-NSM "er ist sehr vergnügt" er ist ein vergnügter Mensch (sein Naturell ist so) ra on byl v e' gestern er war.3SM "gestern war er sehr vergnügt" o en' ' bodr-∅ sehr vergnügt er ist es sonst nicht russ. "freies Attribut" (obo' soblennoje oprede' lenije) depiktiv ?? pri' jexal on tu' da ' bodr-yj ankommen.PRÄT.SM er dort vergnügt-NSM "er kam dort vergnügt an" Depiktiv: Sekundäre Prädikation über einem Argument: auch oblique Ergänzungen er trinkt den Kaffee schwarz (≠ er trinkt den schwarzen Kaffee) bei substantivischem Depiktiv: Partikelmarkierung Hans trug als netterNOM SchwiegersohnNOM Mama die Einkaufstasche 3. Prädikative 3: Grundlagen einer formalen Analyse Eine depiktive Nebenprädikation fokussiert einen Akteur im Szenario, der dabei in das Seznario durch die Hauptprädikation eingebunden bleibt. Um die semantischen Verhältnisse einer depiktiv ausgebauten Proposition deutlicher zu machen, kann man eine an prädikatenlogische Darstellungen angelehnte Repräsentation verwenden, die mit einer Ereignis-Variablen e operiert. Ein komplexe Aussage wie Hans rennt vergnügt nachhause verknüpft zwei Aussagen über ein Ereignis ei : Hauptprädikation: [rennen (Hans, nachhause)] (ei) Nebenprädikation: vergnügt (Hans, ei) Paraphrasiert: Bei dem Ereignis ei (=Hans rennt nachhause) war Hans vergnügt 93 Eine nicht ganz befriedigende Notation wäre etwa: (∃ ei) [rennen (Hans, nachhause)] (ei) & vergnügt (Hans, ei) Abgesehen davon, daß noch weitere Spezifizierungen der Ereignismodellierung dargestellt werden müssen, befriedigt diese Analyse nicht, weil der Junktor ' &'die Verhältnisse nur unzureichend faßt. Aber als erste Intuition mag das als Folie für die folgenden Bemerkungen zu den vorliegenden syntaktischen Analysen durchgehen. Für die syntaktische Analyse ist der zentrale Aspekt, daß Depiktive nicht nur nicht [mfinit] sind, sondern kein verbales Prädikat (Prädikatselement) aufweisen. Eine explizite Paraphrase muß ein solches finites Element einführen, im Regelfall eine Kopula, also Hans rennt vergnügt nachhause Hans rennt nachhause und Hans ist (dabei) vergnügt Ebenso bei "Objektsprädikativen", vgl. Hans glaubte seinen Vater schon dem Sterben nahe Hans glaubte, daß sein Vater schon dem Sterben nahe war. Als besondere Markierung solcher depiktiver Konstruktionen können auch Partikel wie als dienen: Hans trug [als netter Schwiegersohn] DEPIKTIV Mama die Einkaufstüten vgl. damit die Integration einer Infinitivkonstruktion durch den obliquen Kasus beim Hauptaktanten: Hans sah [den netten Schwiegersohn Mama die Einkaufstüten tragen] NB: Diese Depiktiv-Partikel sind keine Präpositionen: Sie regieren kein Objekt (weisen keinen Kasus zu). 4. formale Darstellung 1: GB Da Prädikation < Satz (transformationell: Reduktion) "small clause" Hans trinkt den Kaffee, der schwarz ist S Hans VP trinkt DP den NP Kaffee CP C = d- IP' er IP INFL ist PRÄD (ADJ) schwarz 94 Hans tinkt den Kaffee schwarz S Hans VP trinkt DP den NP Kaffee AGRP' (~ IP' ) t (Kaffee) AGRP AGR e (als) (~IP) PRÄD (ADJ) schwarz In solchen GB-Analysen erhält die Depiktiv-Konstruktion einen "tiefenstrukturellen" prädikativen Kopf, für den auch ("oberflächen-nah") eine Depiktivpartikel wie als eingesetzt wird (ähnlich wie bei Infinitivkonstruktionen in der GB zu als Äquivalent zum finiten Prädikat angesetzt wird). s. Haegeman, GB-Theory, 2. A (2001): 172 5. formale Darstellung 2: LFG - generativistische Tradition: < propositionale Struktur adjungiert - "offene" Konstruktion XADJ PRÄD SUBJ OBJ XADJ ' trinken < SUBJ, OBJ > ' [ PRÄD ' Hans'] [ PRÄD ' Kaffee'] DEF + PRÄD ' schwarz <SUBJ> SUBJ 6. marginale Syntax: "small clauses" ≠ "minor sentences" marginale Satzstrukturen sind semantisch finit: ich und ein Lügner ? ich und Bier trinken? vgl. Paraphrasen ich soll ein Lügner sein? ich soll Bier trinken? 95 1. "expressiv" markierte Ausdrucksweise ( Prosodie) 2. situativ gebundene Form (häufiger nur mit 1. und 2. Person) ABER konventionelle Form: 1. binäres Schema X + Y ~ Subjekt + Prädikat 2. formales Element markiert Prädikat (Äquivalent zu INFL ...) 3. hinzu kommt (gesprochen) eine besondere Intonationskontur SUBJ PRÄDIKAT ich und ein Lügner soll ... Eine explizite Paraphrase kann hier sein: "Es ist nicht wahr, wenn man sagt, daß ich ein Lügner sei" – diese Konstruktion ist also nicht indikativisch. 7. Fazit zur Prädikation Die verschiedenen Ausbauformen eines (komplexen) Satzes zeigen eine Skala der Prädikation, von denen der (z.B. in der LFG übliche) Gebrauch des Terminus Prädikat für ein deskriptives Inhaltselement gewissermaßen einen Grenzwert bildet. In einer nominalen Form zeigt diese Skala die folgenden Stufen: - als Feder in einer Komplementnute zum syntaktischen Prädikat: er sieht einen Baum - als depiktives sekundäres Prädikat: er steht da wie ein Baum - als Prädikatsnomen in einer (Haupt-)Prädikation: das ist ein Baum Weitere Differenzierungen auf dieser Prädikationsskala setzen in Sprachen wie dem Deutschen einen verbalen Charakter des nuklearen Prädikats voraus. 96 Block IV Wort V-18 Was ist ein Wort ? 1. Vorverständnis 2. Das Erbe: (klassische) Schulsprachen 3. Ebenen der Betrachtung 3.1. Konzepte (Weltwissen): lexikalisches Wort 3.2. syntaktische Einheiten (atomare Federn in syntaktischen Nuten): syntaktisches Wort 3.3. morphologische Konstrukte: morphologisches Wort 3.4. phonologische (prosodische) Einheit: phonologisches Wort 1. Vorverständnis Selbstverständlicher Begriff: Sprache Wörter in strukturaler Sprachwissenschaft bleibt Wort eher ein vorwissenschaftliches Konzept (im Bereich der Gegenstandsbestimmung) gegenüber den theoretisch begründeten Modellierungen: {Morpheme, Satz} Alltagsverständnis heute (literate Gesellschaft!) durch Schule (Schreibunterricht) bestimmt: Wort graphisches Wort (Ausgrenzung im Text durch Spatien) Sprache Σ Wörter (Wörterbuch) Johannes-Evangelium, 1.1. Luther: Am Anfang war das Wort / und das Wort war bey Gott / und Gott war das Wort Vorlagen: Evangelien, griech. überliefert: logos Vulgata: in principio erat verbum moderne kathol. Übersetzung: Am Anfang war der Logos (das Wort) ... Problem: Luther hat Randglosse zu Genesis I, die zeigt, daß er hier ein weites Verständnis von Wort voraussetzt: Genesis I,3 Und Gott sprach / Es werde Liecht ... Wort: "Redeteil" – vgl. Pl. Wörter vs. Worte (viele Worte machen ...) Für die Modellierung besteht also die AUFGABE: dem konventionellen (schulisch) habitualisierten graphischen Wort eine analytische Explikation gegenüberzustellen 2. Das Erbe: (klassische) Schulsprachen bei dt. – griech. Übersetzung: ' epos "Wort, Äußerung, Sprichwort, Vortrag (Gesang ...)" zu eipon "reden, sprechen" ' logos "Wort, Satz, Rede, Debatte, Erklärung, Rechnung, Sprichwort, Erzählung ..." zu legoo "sagen, reden, sprechen ..." ' lexis "Wort, Wortform, Redeweise, Text ..." 97 zu legoo "sagen, reden, sprechen ..." ' rheema "Wort, Gesagtes, Redeinhalt ..." zu e' roo "sagen, verkünden" bei spezifischer Verwendung eines referierenden Terms: onoma "Wort, Name .." bei dt. – lat. Übersetzung: verbum "Wort, Gesagtes, Sinn, Sprichwort, Text(teil) .." vgl. verboo "mündlich" (im Ggs. zu scripturaa "schriftlich"), verbatim "wortlich" ... vocabulum "Wort, Bennennung, Name, ..." zu vocoo "rufen", vox "Stimme", vocalis "laut" ... bei spezifischer Verwendung eines referierenden Terms: nomen "Wort, Name .." FAZIT: Isolierung eines Konzepts "Wort" ist jung, sekundär Grammatikreflexion des Schreibunterrichts antikes Schreiben: scriptio continua ... Reflexionsbegriff beim Schreiben in Wörtern NB: Parallel so auch im Arabischen ... kalima "Wort, Rede, Äußerung, Ansprache, Sentenz, kurze Mitteilung, Abhandlung, Geltung, Machtstellung ..." zu °k-l-m° "reden, sprechen, anreden, äußern, aussprechen ..." In modernen Sprachen: Lehnbildungen zu latein-griechischer (später!) Schultradition: gebunden an die konventionelle graphische Isolierung von Textsegmenten ==> graphisches Wort 3. Ebenen der Betrachtung 3.1 . Konzepte (Weltwissen): lexikalisches Wort Wortschatz (Thesaurus, gr. thesau' ros) symbolische Verdichtungen von Wissenselementen, die im (Langzeit-) Gedächtnis fest gespeichert sind ==> enzyklopädische Wörterbücher Löwe, Giraffe .... Mann, Kind ... England, Irland ... Luft, Eisen ... Verstand ... Konzepte: [± konkret] [± belebt] [± menschlich] ... Klassifikationen: Tuwörter, Dingwörter ... der1 Apfel2 ist3 vom4 Baum5 gefallen6 6 graphische Wörter, wieviel Konzepte? Autosemantika: Apfel, Baum, fallen Synsemantika: der, ist, vom LFG: Prädikate – deskriptiver "Inhalt": ∃x Apfel (x), ∃x fallen (x) ... ABER NICHT * ∃x der (x), * ∃x ist (x) ... • Wörter können Konzepte ausdrücken, müssen es aber nicht (Synsemantika) 98 • Konzepte können mit einem Wort ausgedrückt werden, müssen es aber nicht: der Müll, der nach einem Umzug auf der Straße herumliegt, ... • in einem Wort kann mehr als ein Konzept ausgedrückt werden: Straßenmüll, Straßenumzüge, Straßenumzugsmüll ... FAZIT: zwar konventionell üblich, lexikalische Wörter in den Blick zu nehmen, aber diese sind für die Sprachanalyse ==> als analytische Explikation des graphischen Wortes wenig brauchbar 3.2 . syntaktische Einheiten (atomare Federn in syntaktischen Nuten): syntaktisches Wort Korrespondierend zur graphischen Ausgrenzung: syntaktische Feder Nuten definiert durch syntaktische Muster (Konstruktionen) Der ___ ist vom Baum gefallen {Apfel, Baum, Mann, Knabe, Kater, Gedanke ...} Der Apfel___ vom Baum gefallen {war, wäre, kommt ....} Nuten definieren Anforderungen an die Federn (Wortformen): Der ___ ist vom Baum gefallen N.S.M {Apfel, Baum, *Äpfel, *Apfels ...} Binnenstruktur der Feder (außer soweit kompatible Eigenschaften in ihr zu verankern sind) für die Nute irrelevant (syntaktisch nicht sichtbar): Die Schalen des [-s] gammeln vor sich hin G.S.M {Apfels, Baums, Apfelgeschenks, Birnenobstsalats ...} *Birnen P.F. !! vgl. ein Vergißmeinnicht, zwei Vergißmeinnichte Grenzfall: univerbierte Ausdrücke NB: verb- = Wort ! Semantische Interpretation erfolgt über die Feder als ganze, nicht über Konstituenten der Feder, vgl. bei anaphorischem Bezug: Die Schalen des Birnenobstsalats, den Emma zubereitet hat, vergammeln *Die Schalen des Birnenobstsalats, die Emma eingekauft hat, vergammeln Bei nur syntagmatischer Verbindung bleiben dagegen die Konstituenten einzeln erreichbar, vgl. Die Birnen für den Obstsalat, den Emma zubereiten will, vergammeln Die Birnen für den Obstsalat, die Emma eingekauft hat, vergammeln Wort bildet eine Barriere für syntaktische Operationen: der saure Birnenobstsalat der Birnensaureobstsalat syntaktisches Wort LFG: Lexikalische Integrität syntaktischer (Elementar-) Einheiten Problemfälle: syntaktische Federn mit syntaktischer Binnenstruktur Idiome / Phraseologismen 99 Hans bockt Hans geht mit dem Kopf durch die Wand keine kompositionelle (syntaktisch konstruierte) Bedeutung ≠ Hans steckt den Kopf durch die Wand Hans setzt seinen Kopf durch Emma setzt ihren Kopf durch syntaktische Einheit: Konstruktion mit (partieller) Transparenz marginale (Grenz-) Fälle für syntaktische Beziehungen WEITER V-20 Wortbildung 3.3 . morphologische Konstrukte: morphologisches Wort Ein Wort hat in (morphologisch reichen) Sprachen eine komplexe Wortform (außer: Partikel) die traurigen Worte eines Donaudampfschiffahrtskapitänchens ... ≠ Syntagma (syntaktische Konstruktion): Für das Wort gilt: • starke Kohäsion der morphologischen Elemente • festliegende Abfolge der morphologischen Elemente Im Regelfall: syntaktisch "wirksame" morphologische Markierungen an der Wortperipherie eines Donau-damp-fschiff-fahrt-s-kapitän -chenGenus / Kongruenz: ..., das gestern ... ≠ ..., der gestern ... -s Kasus: adnominal ≠ eines ...-∅ grammatisches Wort Wortform mit den nutenspezifischen Markierungen (irreführende Redeweise: funktionale Köpfe des Worts ==> Syntax!) Konventionelle Frage der Zitierformen im Wörterbuch: Abstraktion von den nutenspezifischen Wortformdifferenzen: Lemmatisierung eines Paradigmas (Lemma < gr. leg-ma, so.) Problemfälle: Inkongruenz von grammatischem und syntaktischem Wort • idiomatische Ausdrücke (mehrere grammatische Wörter im syntaktischen) • grammatische Markierungen ohne Wortkohäsion: mehrere syntaktische Wörter Hans singt heute Hans hat gestern gesungen LFG: c-Struktur vs. f-Struktur syntaktische Wörter in c-Struktur isoliert (flexivische Elemente ggf. als funktionale Köpfe (Auxiliare, Determinatoren ...) 100 grammatische Einheiten (Wörter ?) dagegen in f-Struktur: hat gesungen ~ singen mit Attribut [TEMP Perfekt] der Apfel ~ Apfel mit Attribut [DEF +] Weiter V-21: Komplexe Prädikate u. dgl. 3.4 . phonologische (prosodische) Einheit: phonologisches Wort phonologisches Wort als prosodische Domäne: - Akzentkontur Akzenthierarchie bei Komposition: DAmpf – SchIff – FAhrt ==> ' DAmpf°schiff&fAhrt - in anderen Sprachen Vokalharmonie etc. (Typologie) Problemfälle: Inkongruenz von grammatischem / syntaktischem und phonologischem Wort • mehrere grammatische Wörter im phonologischen Wort: Klitisierungen • Sprachen mit nur satzprosodischer / syntagmatischer Ausgrenzung von phonologischen Einheiten (kein Wortakzent ...): Französisch, mar. Arabisch ... Klitisierungen: ] Wie geht' s [ drei grammatische Wörter: | wie | geht | es ? prosodische Wörter werden artikuliert in Funktion der prosodischen (intonatorischen) Gliederung des Satzes ggf. inkongruent zu syntaktischer Gliederung ?? der Vogel sitzt [ ' ] Baum PP DP NP Präp auf Det dem N Baum aufm ==> ??? Fazit: Keine Reduktion des habitualisierten graphischen Wortes auf eine der Analyseebenen: graphisches Wort Konzept Syntax Morphologie Phonologie Die Selbstverständlichkeit des vortheoretischen Konzepts Wort vedankt sich einer metasprachlichen Reflexion: Ein Wort ist in der Regel (selbständig) interpretierbar und insofern auch zitierbar; daher wird es in der Regel auch mit seiner Zitierform assoziiert. In den älteren Sprachen steht der Terminus (logos, verbum) entsprechend auch für alle 101 sprachlichen Einheiten, die diese Eigenschaften auch haben – und eben i.d.R. auch umfangreicher als (nur) ein Wort sind. Eigenschaften, die Wörtern zugeschrieben werden, haben denn auch in der Regel diesen metasprachlichen Charakter (Strukturen in Wortfeldern, semantische Beziehungen wie Synonymie, Antinomie ...). Am wenigsten "sichtbar" sind die syntaktisch definierten Attribute (Wort als Feder in einer syntaktischen Nute), die sich aber bei einer systematischen Betrachtung als grundlegend erweisen. 102 V-19 Wortarten 1. Tradition der Schulgrammatik 2. Wortarten differenziert nach den Ebenen der Wortbetrachtung (18.Vlsg) 3. Formale Ansätze (GB, LFG) 1. Tradition der Schulgrammatik Kanonisierung in der griechischen Schulgrammatik Dionysios Thrax (- 1.Jhd.) Tekhnee grammatikee ("grammatische Kunst / Handwerk"): "Es gibt acht Teile des Satzes (tou ' logou ' meree): Nomen (' onoma), Verb (' rheema), Partizip (meto' khee), Artikel (' arthron), Pronomen (antoony' mia), Präposition (' Prothesis), Adverb (epi' rheema), Konjunktion (' syndesmos)." Basis syntaktischer Klassifikation (Satzfunktionen) Grundlage der Schulgrammatik bis heute, z.T. nur weiter differenziert (8 – 12 "Wortarten"): Griechisch Latein "Euro-Latein" Deutsch (z.T. z.B. DUDEN veraltet !) ' onoma nomen substantivum (Nomen) Nennwort Substantiv Hauptwort Dingwort Namenwort *** nomen adjectivum Adjektiv Beiwort Eigenschaftswort ' rheema verbum Verb Zeitwort Tätigkeitswort Tuwort meto' khee participium Partizip Mittelwort ' arthron (articulus) Artikel Geschlechtswort (? Gelenkwort) antoony' mia pronomen Pronomen Vornennwort Fürwort ' Prothesis praepositio Präposition Vorwort Verhältniswort epi' rheema adverbium Adverb Zuwort Nebenwort Umstandwort ' syndesmos conjunctio Konjunktion Bindewort *** *** Partikel (Füllwort … ) Heterogenes Sammelsurium, sprachliche Idiosynkrasien (z.B. Artikel) W.Kürschner, Questions of Terminology in … Dionysius Thrax, in: P.Swiggers / A.Wouters (Hgg.), Ancient Grammar, Löwen: Peeters 1996, 163 ff. "Eindeutschung" mit Bezug auf "philosophische Grammatik": Grammatikunterricht als "Denklehre" Aristoteles (- 3. Jhd.), Peri hermeneias: onoma ... phoo' nee seemanti' kee … ' aneu ' khronou "das Nennwort ist ein bedeutender Laut ... ohne Zeit(bestimmung)" ' rheema ...to prossee' mainon ' khronon "das Zeitwort ist das die Zeit Bedeutende" 103 Aristotelische Ontologie – aber A. konstruierte seine Philosophie ausgehend von einer logischen Analyse der (griechischen!) Sprache: ' rheema (to prossee' mainon ' khronon) toon kath'he' terou legomenoon see' meion "das Rhema hat seine Bedeutung für etwas, das von anderem (aus)gesagt wird" das Rhema ist ein Prädikat (syntaktische Analyse) "Verfeinerung" der Analyse, vor allem durch morphologische Gesichtspunkte Duden: Substantive Flexion Deklination + Graduierung Adjektive Artikel Konjugation Verben Adverb NICHT Partikel FLEKTIERBAR Präposition Konjunktion Partizipien nicht mehr als Wortart behandelt ... Daneben lexikalische Klassifikationen (z.T. syntaktische Kriterien): Autosemantika: Nennwörter – aber synaktisch abhängig: Verben, Adjektive, Adverbien... sonst Synsemantika offene lexikalische Klassen (max.: Substantive < Verben < Adjektive < [Adverbien ?]) geschlossene Klassen (Funktionswörter): Artikel, Präpositionen, Konjunktion [Partikel ?] NB: Trennung von syntaktischen Funktionen und Wortart (lexikalische Klasse): Adverb als Wortart (oben, sehr ... / eine *obene Wohung) vs. Adjektive in adverbialer Funktion (er läuft schnell vs. ein schneller Hund ...) 2. Wortarten differenziert nach den Ebenen der Wortbetrachtung Ebenen der Betrachtung (18. Vlsg.) 1. Konzepte (Weltwissen): lexikalisches Wort 2. syntaktische Einheiten (atomare Federn in syntaktischen Nuten): syntaktisches Wort 3. morphologische Konstrukte: morphologisches Wort 4. phonologische (prosodische) Einheit: phonologisches Wort 1. Konzepte (Weltwissen): lexikalisches Wort schulgrammatische Tradition: Dingwörter / Tuwörter ..., s. auch oben Aristoteles: Zeitwörter ... NICHT brauchbar für eine Wortartenzerlegung (die vollständig sein muß!) Konzeptuelle Strukturen werden sprachlich artikuliert präferierte Artikulationsformen So sind Konzepte wie {Hund, Stein ...} in Sprachen, die eine Wortartenzerlegung im Lexikon kennen, präferiert nominal (als Subtantive) artikuliert Aber es gilt eben nicht die Umkehrung dieser (präferierten) Zuordnung: Formale Strukturen einer bestimmten Art (z.B. nominale Formen) sind nicht sortal konstant auf die gleiche Weise konzeptuell interpretierbar ( grammatische Strukturen) 104 Mit anderen Worten: Präferierte Zuordnung lassen sich definieren für: {Konzepte} Wortarten ABER nicht in der Richtung Wortarten * {Konzepte} Die präferierten Zuordnungen haben durchaus eine beträchtliche Robustheit. Sie entsprechen offensichtlich auch ontogenetisch in der Sprachentwickung einer heuristischen Stufe bei dem Bemühen der Kinder, sich eine Sprache mit ihren grammatisierten Strukturen anzueignen. Deren Strukuren können aber eben nicht durch eine regressive Projektion auf (undifferenzierte) Vorstufen erklärt werden. 2. syntaktische Einheiten (atomare Federn in syntaktischen Nuten): syntaktisches Wort Grundlage der grammatischen Definition der Wortarten seit griechischer Grammatik: Dionysios "Teile des Satzes" (tou ' logou ' meree): Zerlegung des Wortschatzes / Lexikons in Hinblick auf seine Potentiale für syntaktische Funktionen: Typisierung / Beschränkung über die Nutzbarkeit als Federn A A* Die Markierung A* der Feder A gehört zur Nute: nominale / substantivische Nute: den alten ___(-n) gefällt die Wohnanlage verbale Nute: der Vogel ___(-t) auf dem Baum Mann[er]-, Frau- ,*sing-, *sehr sitz-. sing- *Mann-, *Frau-, *sehr .. Wortarten definiert als Sorten syntaktischer Wörter: "lemmatisierte" Klassen von Wortformen 3. morphologische Konstrukte: morphologisches Wort In morphologisch reichen Sprachen: syntaktische Wortform Stamm + Affix Bei isolierenden Sprachen: Wortarten als Zerlegung des Lexikons Spezialisierung der Lexeme für syntaktische Funktionen Chinesisch d.h. man sieht den Wörtern (aufgrund ihrer Form) nicht an, zu welcher Wortart sie gehören Schließlich gibt es auch Sprachen, die auch keine verdeckten Wortartenklassifikation kennen wie z.B. die Munda-Sprchen: Hier kann jedes lexikalische Grundelement als Feder in allen syntaktischen Nuten genutzt werden (dort allerdings, in diesen morphologisch reichen [agglutinierenden] Sprachen, in Verbindung mit den entsprechenden syntaktisch geforderten Markierungen). 105 Wortklassen: lexikalisch / semantische Interpretation an Stamm gebunden: Frage der morphologischen Charakterisierung des Stammes: .. aufgrund einer Reihe von glücklichen Fügungen Füg"Wurzel" verbal ??? -ung- substantiv. Stammbildung A substant. ... -en Deklinationsendung A* Problem der Wortarten in Sprachen mit flexiblen Stammbildungsoptionen: sie fügen es zusammen ~ die Fügung das Haus ~ sie behausen den Wald ~ die Behausung ... 20. Vlsg. "Wortbildung" 4. phonologische (prosodische) Einheit: phonologisches Wort Wortartenzerlegung mit phonologischer Charakterisierung: sprachspezifisch engl. nominal (Substantiv) ' σ σ vs. verbal σ ' σ a CONtrast vs. to conTRAST an ADdress vs. to adDRESS u.a. 5. Formale Ansätze (GB, LFG) GB (Chomsky 1981: "Pisa Vorlesungen") "lexikalische Kategorien" durch Reduktion auf syntaktische Potentiale [± nominal] vs. [± verbal] -Schema), "lexikalische Kategorien" definieren die Köpfe (X0) syntaktischer Konstruktion (X' verstanden als "Projektionen" (X' 'maximale Projektion): N ([+ N]) → N'(N + Komplement) → N' '(N'+ Spezifikator) V ([+ V]) → V'(V + Komplement) → V' '(V'+ Spezifikator) Syntax gebaut über Filter, die auf diese Eigenschaften reagieren: z.B. verlangt eine NP (= N' ) eine Kasusfunktion [in einer VP (= V' )] Semantische Interpretationen laufen über diese primären lexikalischen Sorten: N und seine Projektionen erhalten eine referierende Interpretation ... Komplexere Kategorien definiert durch das Schema [± α, ± β]: Substantive [+ nominal, - verbal] Verben [+ verbal, - nominal] Adjektive [+ nominal, + verbal] Präpositionen [- nominal, - verbal] nominal [+ N] verbal [+ V] Adjektive [- V] Substantive [- N] Verben Präpositionen 106 LFG in dieser Tradition, aber strikter: die lexikalischen Kategorien gehören zur Syntax: Bresnan (ausführlich 2001: 120 ff.) nimmt Chomsky 1981 auf, interpretiert ihn strikter syntaktisch um c-Struktur: Grundlegend: Argumente (s.o. Aristoteles: "Nennwörter") vs. [syntaktische] Prädikate prädikativ] sekundär: Konstruktionsbildung als Kopf mit einem Komplement (Objekt) [± transitiv] [± Substantive [- prädikativ, - transitiv ] Verben [+ prädikativ, + transitiv] Adjektive [+ prädikativ, - transitiv ] Präpositionen [- prädikativ, + transitiv ] transitiv [+ tr] [- tr] prädikativ [+ pr] Verben Adjektive [- pr] Präpositionen Substantive Prädikative Elemente verlangen in einer syntaktischen Konstruktion ein (externes) Subjekt, von dem sie prädiziert werden. Das gilt nicht nur für das nukleare Prädikat einer Proposition, in dessen Subkategorisierung ein <SUBJ> obligatorisch ist, unabhängig von der Wortart: bei Verben genauso wie bei Adjektiven; es gilt z.B. auch für adjektivische Attribute als prädiktive Köpfe eines Adjunkts in einer nominalen Gruppe. Die syntaktische Klassifikation durch [± prädikativ] ist zu trennen von semantischer Interpretation, die auf der f-Struktur operiert: dort wird eine wortartunspezifische Kategorie PRÄDIKAT genutzt, die syntaktisch deskriptive Inhalte einführt, zugleich mit der Subkategorisierung (syntaktische Bildungspotentiale) 107 V-20 Wortbildung Bildung von Wortformen (> "Formenlehre") als typologisches Charakteristikum morphologisch reicher Sprachen: Aω + Aσ Aω = lexikalisches Basis-Element: Wurzel Aσ = syntaxabhängige Markierung (Flexionselement) Wortbildung ist eine Komplikation der Formenbildung: Stammbildung Aω + Aλ + Aσ Aλ = (lexikalisches) Stammbildungselement Im Deutschen Wortformen ohne Morphologie (Partikel) peripher: und, ob, auf, in … In Hinblick auf die verschiedenen Ebenen der Wortbetrachtung steht bei der komplexen Stammbildung die Grenze zwischen Wort und Syntax infrage: Komplexe Stämme amalgamieren nicht nur komplexe konzeptuelle Strukturen, sondern diese bewahren dabei auch noch eine gewisse Transparenz, die sie einem Syntagma ähnlich macht. Im Grenzfall ergibt sich Kohäsion nur negativ durch die syntaktische Nute: Wortintern handelt es sich dann um sogenannte Zusammenrückungen, die (ggf. außerhalb der Prosodie) keine weiteren formalen Strukturierungselemente aufweisen, die auf eine Integration in ein Wort verweisen: Springinsfeld Gottseibeiuns Taugenichts Tunichtgut Kaufmich Solche Formen kommen in der Regel nur in nominalen (substantivischen) Nuten vor. Als "erstarrte" Bildungen bewahren sie z.T. obsolete Bildungen, die insofern indirekt ihren Wortcharakter ausweisen wie bei Vergißmeinnicht das sich als Wort auch durch die obsolete Form des Genetiv-Pronomens (mein ~ meiner) erweist. Der syntagmatische Kontext liefert in solchen Fällen meist aber eindeutige Indikatoren für den Wortcharakter, vgl. die Flexionsmarkierungen, die mit einer Auflösung als Syntagma unverträglich sind: zwei Vergißmeinnichte In der gesprochenen Sprache ist die prosdische Integration ohnehin deutlich, vgl. WORT SYNTAGMA SPRINGinsfeld spring ins FELD VerGISSmeinnicht vergiß mich NICHT 108 Außer in solchen Grenzfällen von Zusammenrückungen werden die Elemente in einem Komplex mit größerer syntagmatischer Kohäsion verbunden, die sich in einer morphologischen Unterordnung spiegelt: Ein Element dient als Basis (als modificandum bzw. Operand), das andere als spezifizierendes Element ( als modificans bzw. Operator: Operand - Operator WORT Die analytische Formbildung sichert eine (relative) morphologische Transparenz: Motiviertheit in einem semantischen Feld, symbolisch gebunden in der Form: Bindungen, Vernetzungen im System von Feldstrukturen (kognitive Entlastung!): Gebäck FELD I: Wurzel / Stamm als Invariante (Ableitung, Flexion … ) → gebacken, backen, … Backofen, … Bäcker … FELD II: Wortbildungsmuster als Invariante (+ "Füllung" mit Stämmen … ) → Gehänge, Geburt, Gestalt, Gehölz, Geselle … Wortarten liegen im Lexikon fest: Wurzeln werden einer Wortart zugewiesen, aber möglich: Wortartenwechsel Hans [verkauf-] V –t Egon ein Auto Die Worte des [[Verkäuf-] V –er-] S –s überzeugten Hans Der Verkäufer wollte ihn nicht [berat-] V –en Seine [Berat-] V –ung-] S überzeugte ihn agglutiniernde Morphologie Morphologische Elemente, die keine Wurzeln sind und auch keine Flexionselemente: Ableitungsaffixe "Normalisierung" der "Wortbildung" als Agglutinierung (Ableitung): wir [lauf-] V –en jeden Morgen der [Lauf-] S war anstrengend die Wiese ist [grün-] A die Wiese [grün-] V -t Konversion statt Konversion [grün-]A ~ [grün-] V Ableitung (Derivation): Wurzel [grün-] A [[grün-] A + ∅ -] V Definition der Federn über Aλ : λ = S[ubstantiv], A [djektiv], V[erb] Stammbildung mit / ohne Kategorienwechsel Im Deutschen sind hier prinzipiell alle kategorialen Möglichkeiten der Wortbildung gegeben: Modifikation mit bewahrter Kategorie genauso wie mit einem Kategorienwechsel, schematisch also: 109 S A V kategoriale Schreibweise X / Y für ein Wortbildungselement: "(das Bildungselement X / Y) nimmt ein Y und macht ein X" in der Symbolisierung wie Bruchrechnen (Bruchschreibweise: 1 / 2 … ): X × Y = Y X in der gleichen Weise mit Variabeln für Wortarten: V × S = S V D.h. also: ein Bildungselement von dem Typ S/V wird "gesättigt", wenn es mit einem Element vom Typ V (im Zähler) verbunden wird, das gegen das V im Nenner "gekürzt" werden kann, so das eine Form vom Typ S entsteht, wie z.B. bei -ung: S/V [schieb-]V × [-ung-]S/V = [Schieb-ung]S In diesem Sinne lassen sich die Wortbildugnselemente im Deutschen klassifizieren. Deutsch ist in dieser Hinsicht extrem variabel. Im folgenden nur einige Beispiele, die zugleich zeigen sollen, daß ohne Berücksichtigung weiterer Kriterien die Klassifikation oft nicht eindeutig ist (die Klassifikation des Typs bezieht sich jeweils auf das Suffix der angeführten Beispiele): S/S Kind-lein Linguist-in Bematen-tum Sport-ler S/V Grab-ung Rauf-erei Lackier-er Öffn-er Schmied-e In vielen Fällen gibt es widersprüchliche Klassifikationen, die von bestimmten theoretischen Grundannahmen gesteuert werden. {fall-} kann als verbaler ( sie fallen) und auch als nominaler Stamm (ein Fall) vorkommen. Nimmt man nun an, das alle Lexeme eine primäre 110 eindeutige Wortartenzuordnung haben, muß man auch hier mit einer verdeckten Wortbildungsmarkierung desambiguieren, in der Literatur Konversion genannt. Operiert man mit einem agglutinierenden Darstellungsformat, wird man solche Fälle von Konversion mit einem ∅-Suffix repräsentieren, indem man z.B. {fall-} als primär verbal klassifiziert mit einer entsprechenden nominalisierenden Wortbildung S / V: Fall-∅ (?) S/A Schlau-heit Apath-ie Bigott-erie (das) Schön-e (Konversion ?!) V/V fall-en lieb-el-n V/A wach-en (Konversion ?!) A/A dort-ig A/S polizei-lich haar-ig blei-ern instinkt-iv A/V rege-∅ (Konversion ?!) brauch-bar find-ig nasch-haft Das Konversionsproblem erlaubt prinzipiell auch inverse Analysen, also etwa V/S fall-en (Konversion ?!) bündel-n Die Festlegung einer Konversionsrichtung kann nur durch andere als formale Gesichtspunkte erfolgen, etwa durch die Annahme bestimmter konzeptueller Primärkonstellationen (z.B. fallen als "Tuwort", s. V-19). Komplexe Bildungen: z.B. verbal [[[streb-]V -er-]S -n]V Wortbildung durch interne Modifikation ("symbolische" Modifikation, Sapir) vgl. Ablaut im Deutschen: lauf-en vs. lief ... Maximal: Arabisch 111 2. Wortartenmarkierung Masdarbildung (Verbalnomen) durch Syllabierung mar. Arab. Wurzel (Radikale) ° (° "krank-" (als semantisches Merkmal) - verbal {KK K} )( "er war krank" ) ( "Krankheit" nominal {K KK} Sprachbau: Isolierend ↔ synthetisch ↔ polysynthetisch polysynthetisch: mehrere Wurzeln in ein Wort integriert ("Inkorporation") ... X ...Y ...Z … Komposition WORTFORM Wurzeln Viele Sprachen ohne Komposition (z.B. Arabisch, alt + neu) Problem: Wurzeln sind (Kerne von) Wortkandidaten Vgl. ohne morphologische Markierung: Zusammenrückungen: Vergißmeinnicht < vergiß mein[er] nicht! Handvoll, Tunichtgut, Dreikäsehoch ... Integrationsmechanismen (1) durch die syntaktische Nute ein Vergißmeinnicht , eine Handvoll ... (2) Prosodie WORT S - °S ( S = prominente Silbe; °S = Reduktionssilbe) eine [ ] vs. er hatte eine [ ] mit Kirschen ... Komplexe Wörter hierarchisch: X ( S - °S ) - °X ( S - °S ) W °X X S °S X °S Kompositionstypen ( indische Grammatik - 500, im 19. Jhd. "entdeckt"), daher findet sich vor allem in der älteren Literatur oft auch die indische (Sanskrit-) Terminologie, die zumeist (wie auch die antike Metasprache der Gramamtik in Europa) paradigmatisch mit der Angabe eines Modell-Beispiels operierte: - kopulative Komposita ind. dvandva "(gegensätzliches) Paar" (ind. dva etymologisch verwandt mit dt. zwei) ind. putra-pantraah "Nachkommen, wörtl. Söhne <und> Enkel" - determinative Komposita ind. tatpurusa, wörtlich: "dessen Diener [tad- Stamm des Demonstrativpronomens]" z.B. ind. svarga-gati, wörtlich "Himmel-Fahrt" (d.h. Fahrt zum Himmel) 112 - possessive Komposita ind. bahuvriihi, wörtlich "viel Reis", Bedeutung: "viel Reis habend" "reich" z.B. divya-ruupa "göttliche Gestalt [besitzend]" So im Deutschen: Determinativ-Komposita Schweine-Schitzel Kalbsschnitzel vgl. mit gleichem Interpretationsmuster (!) Jägerschnitzel Possessiv-Kompositum ("bahuvrihi") Dick-kopf Rot-kehlchen Kopulativ-Kompositum Hemd-bluse Strumpf-hose auch die Zahlwörter wie drei-zehn (= drei und zehn) Markierung der Komposition, ggf. besonderer Status einer Wortform: Stamm: Münzautomat (*Münz : Münze) Probleme der Fuge bei der Komposition: Fugenelemente Weihnachtsbaum (keine Zusammenrückung mit Genetiv: *der (Weih)nachts) Komposition oder Ableitung? (Halb-) Präfixe : Augment (< lat. aug-ee-oo "ich vermehre") hinfallen, hinlaufen, hinschwimmen... megagut, megaschlecht, megadoof, megaout ... Komplexer beim Verb Tmesis (Trennbarkeit [griech. tem-n-oo "ich schneide"]): er fällt hin, er läuft hin, er schwimmt hin ... (Feld der Bewegungsverben) "Reguläre" Komposition sonst bei Verben marginal (ggf. unterscheiden von einer Konstruktion mit einem regulären Objekt [O]): trennschleifen – er trennschleift (*er schleift trenn) eislaufen – ?er läuft eis autofahren – er fährt auto (O: Auto fahren – er fährt Auto) staubsaugen - ? er saugt staub (O: er saugt Staub) kegelschieben - ? er schiebt kegel (O: er schiebt Kegel) fotokopieren – *er kopiert foto (er fotokopiert) Rückbildungen: das Laufen > das Eislaufen, das Saugen > das Staubsaugen Verbalnomen > Infinitiv: er will eislaufen, er will staubsaugen ... Potentiell inkongruent: Wort formal / konzeptuell Idiom: mehrwortiges ( formal) Wort ( konzeptuell) sterben 113 konzeptuell ins formal ins konzeptuell formal einen Streit Gras *Blumen Brot beißen *kauen beißen anfangen vom Zaun brechen *vom Tisch *nehmen Invers: Lexikalisierung : mehrkonzeptuelles Wort weißes Pferd: Schimmel schwarzes Pferd: Rappe Komplexität zeigt sich nur in syntaktischen Konsequenzen, nicht an der Form selbst: Schimmel : *schwarzer Schimmel, der Schimmel stand *schwarz am Horizont 114 V-21 Komplexe Prädikate 1. syntaktisch komplexe "Wörter" 2. Grammatisierung / Grammatikalisierung 3. syntaktische Analyse ? 4. Paradigma des komplexen Prädikats 5. Wortkohäsion 1. syntaktisch komplexe "Wörter" Ausgangspunkt: Bildung von Wortformen (> "Formenlehre") bei morphologisch reichen Sprachen: Aω + Aλ + Aσ Aω = lexikalisches Basis-Element: Wurzel Aλ = (lexikalisches) Stammbildungselement Aσ = syntaxabhängige Markierung (Flexionselement) Bei Wortartendiskussion: Lemmatisierung: Zusammenfassung aller Wortformen, die sich nur in Aσ unterscheiden dominantes Strukturkriterium: die syntaktische Nute ∪ Aσ : Paradigma mit grammatischen Kategorien als Achse: grammatische Kategorie Diathese Modus Tempus Numerus Person Sin1 gu2 Aktiv Indikativ Präsens lar 3 Plu1 ral 2 3 vgl. Diathese Aktiv Aktiv grammatische Kategorie Modus Tempus Numerus Indikativ Präteritum Sg. Konjunktiv Präsens Sg. Person 2 3 Aω/λ leg- Aω/λ leg- V-4: Grammatisierung der semantischen "Merkmale" in den Kategorien Wortform Aσ -e -st -t -en -t -en Wortform Aσ t-est -e 115 Erweiterung des Verbparadigmas im Deutschen: Tempus / Aspekt: ich habe gelegt er wird legen wir werden gelegt haben Modus: ich würde legen .... Diathese er wird gelegt er ist gelegt worden ... Integration in ein Paradigma über eine syntaktische Wortnute hinaus Diathese Aktiv Aktiv Passiv grammatische Kategorie Modus Tempus Numerus Indikativ Perfekt Sg. Konjunktiv Präsens Sg. Indikativ Präsens Sg. Person 1 1 3 Wortform ??? Aω/λ+ Aσ hab-e ge-leg-t würd-e leg-en wird ge-leg-t Ohne syntaktische Kohäsion ( Rahmenbildung des Prädikats): ich habe das Buch auf den Tisch gelegt ich würde das Buch auf den Tisch legen das Buch wird auf den Tisch gelegt Kriterium: Integration in das (verbale / Prädikats-) Paradigma 2. Grammatisierung / Grammatikalisierung Traditionelle Grammatik: Modell des Lateinischen Kategorien LATEIN synthetisch DEUTSCH analytisch (morphologisch) (periphrastisch) Futur (Ind.Aktiv) pon-am werde legen Perfekt (Ind.Aktiv) po-su-i habe gelegt Passiv (Präs.Ind.) pon-itur wird gelegt Peri-phrase (< griech. peri- "um, herum) "Umschreibung" Periphrastische Bildungen: jung Grammatikalisierung (V-4) z.B. Perfekt: haben-Periphrase ahd. haban wie nhd. ich habe einen Baum (im Garten) ... ahd. phigboum habeta sum giflanzotan (habeta sum phigboum giflanzotan ) "einen gepflanzten Feigenbaum hatte ich" Periphrase mit Auxiliaren (< lat. auxilium "Hilfe"): "Hilfsverben" "helfen" infiniten Formen, ein (finites) Prädikat zu bilden Periphrasen im Deutschen (Engl. Russischen ...) Modificans Modificatum grammatisches Funktionselement syntaktisches Regens ("Vollverb") finit: werde / wird / würde ... infinit: legen / gelegt ... ANDERS Periphrasen im Arabischen (mar. Arabisch): kun-t kteb-t "ich hatte geschrieben" 116 Modificans grammatisches Funktionselement finit: kun-t "sei:PF.1S" keine "Hilfsverben" Modificatum syntaktisches Regens ("Vollverb") finit: kun-t "schreib:PF.1S" Grammatikalisierungsweg: 1. als Funktionselement mit allen Elementen des Lexikons (entsprechenden Typs) kombinierbar (ich habe getanzt) ≠ eingeschränktes Vorkommen von haben (als "Vollverb") 2. Semantik ist abstrakter (unspezifischer): PERFEKT vs. haben (< halten) 3. syntaktische Analyse ? Schulgrammatik operiert mit Übersetzungsäquivalenten des Lateinischen: periphrastische Konstruktionen wurden als Einheiten klassifiziert, weil sie als Übersetzungsäquivalente zu synthetischen Flexionsformen in den klassischen Schulsprachen dienten. Die neuere Grammatikbetrachtung, insbesondere die generative Grammatik kehrt diese Betrachtungsrichtung um: Hier dient (wie in der Syntax generell, s. Block II und III) die (maximal) explizite, also analytisch transparente, Form als Normalform, auf die die synthetischen Formen abgebildet werden (bzw. aus denen sie sogar abgeleitet werden). In der generativen Grammatiktradition (Rektionstheorie: GB) werden als syntaktisch äquivalent postuliert: Hans hat Emma geliebt ~ Hans liebt Emma IP* NP IP Hans INFL -t hat ge-..-t VP V lieb- NP Emma In der Tradition von Tesnière: die finite Markierung am Prädikat ist der funktionale Kopf des Satzes funktionale Kategorien ohne syntaktischen ( Wort-) Status sind in der GB syntaktische Kategorien Anders in LFG S ↑=↓ VP NP Hans ↑=↓ V liebt (= IP) NP Emma ↑=↓ "was oben steht, hat seine syntaktischen Eigenschaften von dem, was unten steht" 117 Die entsprechende f-Struktur: PRÄD TEMP/ASP SUBJ OBJ ' lieben < SUBJ, OBJ > ' PRÄS ' Hans' ' Emma' Die c-Struktur sieht bei einem anderen Tempus ganz anders aus, z.B. im Perfekt: S ↑=↓ IP NP Hans ↑=↓ AUX hat VP ↑=↓ V geliebt NP Emma während die f-Struktur die (paradigmatische) Äquivalenz zeigt: PRÄD TEMP/ASP SUBJ OBJ ' lieben < SUBJ, OBJ > ' PERF ' Hans' ' Emma' Hinzu kommt ein Bündel subsidiärer Kriterien, die die Einheit eines komplexen Prädikats begründen: - syntaktische Kriterien: - wie die Nicht-Dissoziierbarkeit bei der Modifikation, - und die einheitlichen Kongruenz- / Rektionsbeziehungen zu den Ergänzungen des Prädikats, - semantische Kriterien wie die einheitliche Spezifizierung einer Ereignis- (Situations-) Variablen durch das komplexe Prädikat. 4. Paradigma des komplexen Prädikats Woraus besteht das verbale Paradigma: Modalverben sie dürfen spielen sie können spielen sie möchten spielen sie müssen spielen sie sollen spielen sie wollen spielen semantisch: Dispositive (deontisch ...), Einstellungen ... So aber auch: sie fürchten zu spielen sie wünschen zu spielen 118 vgl. auch aspektuelle Modifikationen sie fingen an zu spielen (INCHOATIV) sie fuhren fort zu spielen (KONTINUATIV) sie hörten auf zu spielen (TERMINATIV) sie pflegten zu spielen (HABITUAL) u.a. in vielen Sprachen grammatisiert (u.a. auch synthetisch markiert ...) In der deutschen Grammatik: keine "Modalverben" ( Infinitivs mit zu Hilfsverben) bei Erweiterung des Aber so auch KAUSATIVE er läßt ihn spielen bei Bewegungsverben er geht einkaufen u.a. Systematische Arbeit: G.Bech, Studien über das deutsche Verbum infinitum, Kopenhagen: Munksgaard 1955 Stufe → 1 ("Supinum") verbal ↓ Status 1 (atomar) lieb-en 2 partikelerweitert zu lieb-en 3 präfixerweitert ge-lieb-t 2 ("Partizip") nominal lieb-end (-er) zu lieb-end (-er) ge-lieb-t (-er) keine völlige Kongruenz von morphologischer / syntaktischer / semantischer Struktur (vgl. Jackendoff, Foundations 2002) 5. Wortkohäsion Grammatikalisierung mit Fluchtpunkt der Inkorporation Futur in den romanischen Sprachen: spätlateinisch / frühromanisch Synkretismen im Paradigma periphrasitische Neubildungen (parallel), s. Lausberg, Roman. Sprachwiss. III/2 (§§ 837 – 846) omnes homines resurgere habent "alle Menschen werden auferstehen .." Altroman. *CANTAR + (H)ABEO "ich werde singen" it. canterò, frz. chanterai, sp. cantaré, pg. cantaréi usw. "Übergangsformen" schwache Kohäsion *CANTAR + ILLUM + (H)ABEO "ich werde es singen" > pg. canta-lo-éi (andere Bildung: hei-de cantá-lo) typologisch: "trennbare" Prädikate Paez, Dargi … 119 V-22 Inkongruenzen bei der Wortbestimmung: Komplexe Prädikate II In der letzten Runde der Vorlesung nehme ich nochmals die Argumentation zur syntaktischen Grundstruktur der Proposition auf, die in jüngeren "lexikalistisch" angelegten Arbeiten auf Wortstrukturen zugreift. In der 22 Vorlesung geht es um: 1. Wortprobleme ( V-18) 2. Das Prädikat als Wort 3. LFG-Darstellungen 1. Wortprobleme Ebenen der Wort-Betrachtung ( V-18) Konzepte (Weltwissen): lexikalisches Wort syntaktische Einheiten (atomare Federn in syntaktischen Nuten): syntaktisches Wort morphologische Konstrukte: morphologisches Wort phonologische (prosodische) Einheit: phonologisches Wort Unabhängige Ebenen / Repräsentationen des Wortes ( Jackendoff, 2002) parallele Architektur: konzeptuell WORT syntaktisch morphologisch phonologisch Daher inkongruente Repräsentationen möglich: primäre Definition syntaktisch Bloomfield (1933: 178): "a minimum free form" Probleme auf der konzeptuellen Ebene: Synsemantika Sprachbaudifferenzen: synthetische Wortartikulation: grammatische Markierungen am lexikalischen ( konzeptuell definierten) Wort agglutiniert (fusioniert) analytische Wortartikulation: grammatische Markierungen gegenüber dem lexikalischen ( konzeptuell definierten) Wort isoliert synthetisch lat. vir-o "Mann-DAT.SG" analytisch dt. dem Mann Wortform in einer morphologisch reichen Sprache: Aω = lexikalisches Basis-Element: Wurzel Aλ = (lexikalisches) Stammbildungselement Aσ = syntaxabhängige Markierung (Flexionselement) 120 Aω + Aλ + Aσ in Hinblick auf die Syntax: lexikalischer Kopf funktionaler Kopf lexikalischer Kopf: konzeptuelle Struktur, die syntaktisch artikuliert wird (Valenzstruktur ...): Qualia bei nominalen Formen ... Vater <Vater eines Kindes> .... Werkzeug <Werkzeug, um etwas damit zu machen> ... NB: Qualia ist in den jüngeren syntaktischen Arbeiten für die "Subkategorisierung" nominaler Ausdrücke üblich geworden (so bei Jackendoff nicht anders als in der RRG) Idealtyp: Wort hat eine abgeschlossene Interpretation, typisiert nach Wortarten: Referenz: nominal verbal konzeptueller Inhalt Individuen Sachverhalt im Satz (~ Interpretation der Proposition) Konzeptuelles ist das Material für die Referenz: dieser Mann ist ein Lügner Konzept MANN Konzept LÜGNER Referenz DIESER-DA Referenz ∅ dieser Mann Konzept MANN Referenz DIESER-DA lügt Konzept LÜGEN Referenz DIESES-EREIGNIS (was Hans am liebsten tut, ist) ........... lügen Konzept LÜGEN Referenz ∅ Die konzeptuelle Struktur kann ausgebaut werden: adnominale Attribute: der Mann > der alte Mann ... adverbale Adjunkte (Adverbiale) er singt > er singt laut ... vgl. auch die Lexikalisierung solcher spezifischerer Konzepte: der alte Mann ~ der Greis er singt laut ~ er grölt ... WORT: konzeptuelle Bündelung: Abbildung auf eine syntaktische Nute (markiert durch die sprachspezifisch erforderlichen Markierungen) 121 PROBLEM: polysynthetischer Bau: Mehr als ein konzeptuelles Bündel in einem Wort (Inkorporation: Komposition ....) nominal im Deutschen relativ frei: synthetisch: Gartentür, Hemdhose ... analytisch: Tür eines Gartens, (zugleich) Hemd und Hose ... verbal im Deutschen nicht vollständig integriert (marginal: trennschleifen ...) analytisch im Muster eines Komplements (>Tmesis): *klavier-spielen (er spielt *klavier) *einkaufen-gehen (er geht einkaufen) Auf dieser Ebene spielt auch die Typisierung der Wortarten ein Rolle. Ausgehend von der syntaktischen Grundstruktur, daß mit den Ergänzungen zum Prädikat die referenziellen Interpretationen des Szenarios artikuliert werden, gibt es für ein Wort in analytisch gebauten Sprchen einen Schwellenwert von höchstens einem (individuierten) referenziellen Gegenstück pro Wort NB: Das kann durchaus mit quantifizierenden Differenzierungen verbunden sein: Numerusdifferenzierungen, Kollektiausdrücke u.dgl. differenzieren nur einen solchen referenziell individuierenden Bezug. Vor diesem Hintergrund erklärt sich das offensichtlich auch nur selten auftretende Problem komplexerer Strukturen: - grundsätzlich das schon quer zu der syntatkischen Arbeitsteilung liegende Problem eines referenziellen Prädikats, das mit besonderen Markierungen verbunden ist (Hans ist der Lehrer), - bei der Inkorporation nominaler Konstituenten in ein Prädikat (wie in polysynthetischen Sprachen) wird dieses in der Regel nicht referenziell gebraucht (Ausnahmen kommen aber vor, sind aber wohl immer mit besonderen Markierungen verbunden), - relativ häufig sind polyreferenzielle Wortformen nur bei Possessivmarkierungen, z.B. mar. arab. oxt-i "Schwester-meine", während im Deutschen Possessive mit einer unabhängigen Referenz vom Possessum eigene Wörter bilden (meine Schwester ~ Omas Schwester). Interessanterweise können sich aus solchen morphologisch possessiv markierten nominalen Formen oft (personal) flektierte Verben entwickeln (wie in einigen semitischen Sprachen). 2. Das Prädikat als Wort Prädikat definiert auf verschiedenen syntaktischen Ebenen: • als Kopf einer Proposition (konzeptuelle Struktur des Szenarios) • als Landeplatz für die fundierenden Bestimmungen des Satzes Wortartenproblematik: Verb als Typ der Federn für Prädikate propositionale Typen (Sachverhaltstypen): + dynamisch + Ereignis Szenario Situation (statisch) Zuschreibung eines Attributs Szenario ist definiert durch: Szenariotyp (konzeptueller Inhalt des Prädikats): LAUFEN, KAUFEN, SCHENKEN .... Partizipanteninventar (Argumente des Prädikats): LAUFEN (x), 122 KAUFEN (x,y), SCHENKEN (x,y,z) .... das zu unterscheiden von den semantischen "Rollen", die die Argumente im Szenario spielen (LFG: Abbildung des lexikalischen Inhalts auf die Argumente ("linking")): LAUFEN: LÄUFER (x), KAUFEN: KÄUFER (x), GEKAUFTES (y), Isolierung von Szenariofaktoren Wort- (Stamm-) Bildung: Aspektuelles ("Aktionsarten") der Dynamik: fahren > anfahren (INCHOATIV), essen > aufessen (PERFEKTIV) ... Partizipanteninventar: KAUSATIV trinken > tränken, sinken > senken ... NB: Hier gibt es eine verwirrende Fülle von terminologischen Vorschlägen. Das gilt besonders für das Feld von Aspekt (einer grammatischen Kategorie) und Aktionsarten (einer lexikalischen Kategorie). I.S. einer solchen Unterscheidung sollte PERFEKTIV (anders z.B. als in den slavistsichen Gramamtiken üblich) für den gramamtischen Aspekt (wie in den semitischen Sprachen) reserviert werden, während für die Aktionsart (wie z.B. bei aufessen z.B. TELISCH benutzt werden kann). ANDERS: "verbale Kategorien" in Sprachen wie Deutsch Grammatisierung fundierender Bestimmungen des Satzes Ausbau als Paradigma: synthetisch (Flexion): er kauft vs. er kaufte ... analytisch (Periphrase): er kauft vs. er wird kaufen ... Auxiliare: artikulieren grammatische Bestimmungen – ohne eigenen lexikalischen (konzeptuellen) Inhalt synsemantisch ABER komplexe Prädikate mit mehreren lexikalischen Köpfen Modalverben: er kann laufen Kausative: er läßt laufen aspektuelle Modifikationen: er fängt an zu laufen ... typologisch problematisch: Übersetzungsäquivalente in einigen Sprachen: morphologische Markierungen am Wort (synthetisch im Türkischen ...) auch bei analytischem Bau in vielen Sprachen ohne formale Differenz gegenüber Hypotaxe ( kein Infinitiv mit / ohne zu) 3. LFG-Darstellungen Komplexe Prädikate nicht in c-Struktur sondern in f-Struktur definiert – in c-Struktur modifizierende Elemente als Konstituenten definiert. Fall 1 Auxiliare als Artikulation einer paradigmatischen Option, s. V-21 Fall 2 Komplexe Prädikate mit mehreren Köpfen: Emma läßt Hans den Abwasch machen Hans geht einen Karpfen kaufen 123 Keine komplexen Sätze, s. V-16 Hans versprach Emma PRÄD SUBJ OBJ , einen Blumenstrauß Kartoffeln einzukaufen ' versprechen < SUBJ, OBJ, XCOMP >' [PRÄD ' Hans'] [PRÄD ' Emma'] PRÄD ' einkaufen <SUBJ, OBJ> ' XCOMP SUBJ OBJ [PRÄD ' Kartoffeln'] Auf der semantischen Ebene: zwei Ereignisse, die unabhängig spezifizierbar sind: TEMPORAL: Hans versprach gestern, morgen einen Karpfen zu kaufen POLARITÄT (Perspektivierung): Hans versprach nicht,einen Karpfen zu kaufen ( du kannst es also nicht von ihm erwarten) Hans versprach, keinen Karpfen zu kaufen ( sondern endlich mal Forellen ...) Hans versprach nicht, keinen Karpfen zu kaufen ( also müssen wir damit rechen, daß er wieder Karpfen mitbringt ...) Vielmehr zwei Prädikatsausdrücke, die in einer Prädikatsnute unifiziert werden: semantisch: von einem Ereignis prädiziert werden NB: Unifizierung (< lat. uni-fak- "eins-machen") Operation bei unterspezifizierten Ausdrücken z.B. Spezifizierung der Bedeutung eines Lexems mit den Attributen: BELEBT (Werte: 1 / 0), FARBE (Werte: Skala W[EISS], S[CHWARZ], R[OT]...), GROSS (Werte: 1 / 0) ... : Vektor < B , F, G > Pferd < B 1, F - , G 1 > weiß < B -, F W, G - > Rappe < B 1, F S, G 1 > weißes Pferd weißer Rappe <B-∪ B1 <B-∪ B1 B 1, B 1, FW∪ FFW∪ FS F W, *** G-∪ G1 G-∪ G1 G1> G1> analytische Kausative: etwas machen lassen PRÄD ' lassen < SUBJ, OBJ, PRÄD* < [ ], OBJ >> PRÄD* ist ein "ungesättigtes" Prädikat, dessen SUBJ-Variable durch ein äußeres Argument gebunden wird: Unifizierung: Hauptpartizipant bei PRÄD* ist unterspezifiziert lassen ist ein Modifikator im komplexen Prädikat (ein "höheres" Prädikat), der alleine (ohne inneres Prädikat) kein Prädikat bilden kann synsemantisch vgl. *Emma ließ gestern Hans heute den Abwasch machen *Emma ließ nicht Hans den Abwasch nicht machen 124 c-Struktur XCOMP ~ komplexes Prädikat S ↑=↓ VP NP Emma ↑=↓ VP ↑=↓ V läßt versprach NP Hans ↑=↓ VP ↑=↓ V (zu) machen Aber nukleares komplexes Prädikat in f-Struktur meist: PRÄD ' machen-lassen < SUBJ, OBJ, OBJθ >'??? Komplexe Prädikate typologischer Schwerpunkt NP den Abwasch 125 V-23 Lexi(kali)sierung von Szenario-Momenten 1. Lexi(kali)sierung 2. typologische Fragen 3. formale Darstellung (lexikalische Dekomposition) 5. Leichte Verben und Grammatikalisierung 1. Lexi(kali)sierung synthetische Wortartikulation: grammatische Markierungen am lexikalischen ( konzeptuell definierten) Wort agglutiniert (fusioniert) analytische Wortartikulation: grammatische Markierungen gegenüber dem lexikalischen ( konzeptuell definierten) Wort isoliert Wortform in einer morphologisch reichen Sprache: Aω = lexikalisches Basis-Element: Wurzel Aλ = (lexikalisches) Stammbildungselement Aσ = syntaxabhängige Markierung (Flexionselement) Aω + Aλ + Aσ in Hinblick auf die Syntax: lexikalischer Kopf funktionaler Kopf Lexem : lexikalische Grundeinheit, ohne die syntaktisch definierte Variation der (Wort-) Form konzeptuelle Strukturen lexikalisch symbolisiert ("lexisiert") vs. syntaktisch (syntagmatisch) Lexem (< gr. lexis): schreien vs. Syntagma: laut reden zu jedem Lexem ist eine syntagmatische (synonyme) Paraphrase möglich Definitionen: Apfel =: Frucht des Apfelbaums (DUDEN, Universalwörterbuch) ≠ kontextuelle Äquivalenz ( Konnotationen einer Ausdrucksform) auf dem Markt: Offensichtlich nicht (konnotativ) äquivalent Käufer: Fünf Pfund Äpfel, bitte Käufer: *Fünf Pfund von den Früchten des Apfelbaums, bitte (NB: ANDERS, wenn der Käufer japanisch aussieht ...) sprachlicher Aufwand (syntagmatisch > lexikalisch) fokussiert Bedeutungsaspekte/ Aufwand gibt ein spezifisches Bedeutungsprofil: er läuft – er läuft los (ANFANGSPHASE) ~ er fängt an (los)zulaufen vgl. Aufwand ~ Höflichkeit: raus ! ~ gehen Sie bitte raus! Lexisierung und syntaktische Struktur: V-22: Wenn ein Lexem als lexikalischer Kopf einer syntaktischen Struktur fungiert, spannt die mit ihm symbolisierte konzeptuelle Struktur eine (potentielle) syntaktische Valenzstrukturen Struktur auf 126 bei Verben als nuklearen Prädikaten (Kopf einer Proposition): semantisch (LFG: "thematische Struktur") singen <SINGER, GESUNGENES> syntaktisch (valenzgebundene syntaktische Relationen) singen < SUBJ, (OBJ) > Objektposition ist thematisch gebunden: *Hans singt ein Mittagessen daher auch elliptisch einzusparen: Hans singt bei Adjektiven als Kopf einer attributiven Gruppe: ("Nebenprädikation"): semantisch, z.B. groß <MAßANGABE [x], VERGLEICHSTERM> syntaktisch, groß <SUBJ,(PARTIKELGRUPPE)> Ellipse des Vergleichsterms im Defaultfall Hans ist groß wie ein Baum Hans ist groß ∅ ( relativ zu dem bei Männern zu Erwartenden) bei Substantiven als Kopf einer attributiven Gruppe, bzw. Term im Szenario: semantisch ( Qualia ): Vater <MÄNNLICH, ERWACHSEN, (Vater eines) KIND ...> * der Vater ist schwanger * der kinderlose Vater * mein Vater ist gestern geboren diachron: Lexikalisierung symbolisch gebunden: syntagmatisch Ausdrückbares wird in einem Lexem morphologisch transparent: - Inkorporation: (X singt Balladen > ) Balladensänger, (X ist groß wie ein Baum >) baumgroß - Ableitung (Derivation) : (X kann gesungen werden >) singbar morphologisch intransparent: mhd. faren (<varen>) <SELBSTBEWEGUNG, AUSGANG, ZIEL> z.B. in ein closter varen "in ein Kloster gehen" ... heute fahren <BEWEGUNG, FAHRZEUG, AUSGANG, ZIEL> * Hans fährt zufuß 2. typologische Fragen Lexisierungen und damit verbundene syntaktische Konstruktionsmuster sind (sprach-) idiosynkratisch: dt. ich fahre mit dem Rad, mit dem Auto, mit dem Bus ... engl. I ride a bike (go by bike), * I ride a car (go by car) engl. go <FORTBEWEGUNG, (IN-FAHRZEUG) > engl. ride <SITZEN, (FORTBEWEGUNG) > I ride a horse / a bike (Zimmermannssprache: a beam … ) Konzeptualisierung von Bewegungsverben: (BEWEGUNGS-)ART, PFAD im Deutschen produktive Bildung von "Partikelverben": 127 Satellit Augment (morphologisch) Weg/Pfad: Richtung, Ort ... hin weg vor(an) Kern Stamm (lexikalisch) Fortbewegungsart laufen schwimmen gehen fahren kommen laufen schwimmen gehen fahren kommen laufen schwimmen fahren gehen kommen ANDERS: Spanisch ( L.Talmy, 1985, 2001) verbal artikuliert: Pfad, Art artikuliert evtl. durch syntaktische Satelliten die Flasche schwamm in die Höhle / der Mann ging ins Haus la botella entró a la cueva (flotando) / el hombre entró a la casa die Flasche schwamm aus der Höhle / der Mann ging aus dem Haus la botella salió de la cueva (flotando) / el hombre salió de la casa die Flasche schwamm an der Höhle vorbei / der Mann ging an dem Haus vorbei la botella pasó por la cueva (flotando) / el hombre pasó por la casa die Flasche schwamm weg von der Höhle / der Mann ging weg von dem Haus la botella se fué de la cueva (flotando) / el hombre se fué de la casa die Flasche schwamm zur Höhle zurück / der Mann ging zu dem Haus zurück la botella volvió a la cueva (flotando) / el hombre volvió a la casa die Flasche schwamm durch die Höhle / der Mann ging durch das Haus la botella cruzó la cueva (flotando) / el hombre cruzó la casa Bewegungsverben: konzeptuelle Struktur (L. Talmy): spanisch Bewegung Weg Figur Verb entrar Satellit deutsch Verb Satellit Figur Weg hinein Grund Art Bewegung Art schwimmen Verursachung (flotando) Grund Verursachung 128 andere Lexikalisierungsmuster Figur Weg Verb Satellit hinein Bewegung Art Verursachung Grund werfen Lexikalisierung der Figur (vgl. engl. to go) der Mann geht in das Haus der Hund *geht in das Haus das Auto *geht in die Garage Figur Bewegung Weg Verb gehen Satellit hinein Art Grund Verursachung Isolierende Sprachen haben nur syntaktische Ressourcen: Satellit = Präposition Chines. píng-zi pi o guò shí-tóu páng-bi n Flasche schwimm: vorbei Fels Seite Lexematisch vs. syntagmatisch als Ressource: leichte Verben: Grammatikalisierung < Ent-Lexisierung lexikalischer Inhalt ~ nominales Komplement zu Funktionsverb (funktionaler Kopf im Prädikat) vgl. dt. Essen machen (~ kochen) , Musik machen (~ musizieren) ... *Tanzen machen (~ tanzen) ... ("Pidginisierung" des Deutschen) vgl. türk. yapmak "machen" Funktionsverbgefüge im Deutschen zur Aufführung (Diskussion ...) kommen / bringen / stehen Modifikation: Valenzstruktur (Diathese ..), aspektuelle Differenzierungen ... > als einfache Verben (aufführen, diskutieren ...) "Exkorporationen" aus dem Verb: ein (gutes) Leben leben, einen (schönen) Tod sterben ... innere Objekte: im Grenzfall "nominale" Kopien des Verbstamms (Paronomasien) in vielen Sprachen grammatisches Mittel zur adverbalen Modifikation: Maas, Syntact. reduplication, in B.Hurch (Hg.). Studies on Reduplikation, Berlin: Mouton 2005 4. Leichte Verben und Grammatikalisierung Die Herausbildung einer Klasse von leichten Verben ist gewissermaßen ein Modellfall für das Problem der Grammatiklaisierung (s. V-3). Die Verbsemantik, wie sie hier entwickelt ist, bündelt symbolisch im Wort eine komplexe kognitive Struktur, die nicht nur die lokale Intepretation (als Feder in einer Wortnute) bestimmt, sondern ein Potential für eine propositionale Struktur vorgibt. Das ist es, was mit der Subkategorisierung (der Valenzstruktur) formal gefaßt wird, verbunden mit der Festlegung der so artikulierten semantischen Rollen der Argumente: singen <Singer, Gesungenes> laufen <Läufer> 129 Diese Strukurfestlegungen wirken zugleich als Filter: Sie beschränken den syntaktischen Ausbau: nicht nur kann laufen kein Objekt nehmen, singen kann auch im Objekt keine Patiensrolle artikulieren u. dgl. Dem stehen die freien Ergänzungen (Adjunkte) in der Peripherie einer Proposition gegenüber, die in diesem Sinne invariant in Hinblick auf die Verbbedeutung sind. Leichte Verben lockern diese Beschränkungen – tendenziell bis zu dem Punkt, an dem sie frei kombinierbar mit allen Lexemen als Federn in einem komplexen Prädikat werden: ist diese universelle Kombinierbarkeit erreicht, werden sie definitionsgemäß zu einem grammatischen Element. Was dabei bewahrt bleibt (und als Grundlage für die Artikulation einer grammatisierten Bedeutungsstruktur dient), ist so etwas wie eine Vektorbedeutung des entsprechenden Verbs: haben |RESULTAT|PERFEKT Funktionsverbgefüge erschließen so wie gesagt aspektuelle Bedeutungen, die in vielen Sprachen durch ein entsprechendes System von koverbalen Modifikatoren differenziert werden, also mit anfangen |INCHOATIV| 5. formale Darstellung (lexikalische Dekomposition) bei LFG: syntagmatische Strukturen auf c-Struktur unabhängig von ihrer semantichen V-9 (Verb-) Partikel Funktion (± grammatisiert): f-Struktur S VP* VP NP Emma V hängte "flachere Struktur" NP das Bild X (ADV, PART) auf f-Struktur Emma hängte das Bild auf PRÄD TEMP PART SUBJ OBJ PRÄD ' auf+hängen <SUBJ, OBJ>' Präteritum FORM auf PRÄD ' Emma' PRÄD ' Bild' DEF + Weitergehendes Problem: semantische Dekomposition als steuernde Struktur der Syntax auch bei morphologisch intransparenten Lexisierungen die Tür ist offen offen (Tür) Zustand die Tür öffnet sich INCHO°WERDEN (offen (Tür)) Vorgang der Wind öffnet die Tür KAUS (Wind, INCHO°WERDEN (offen (Tür))) Vorgang Hans singt TUN (Hans, singen (Hans)) Handlung Hans öffnet die Tür TUN (Hans, INCHO°WERDEN (offen (Tür)) Handlung Role and Reference Grammar (van Valin / LaPolla 1997) 130 Abbildung aus der lexikalischen Struktur ("thematische Struktur") in die Syntax: semantische Rollen grammatische Relationen ABER keine Reduktion: unabhängige Ebenen der Analyse ! SUBJLFG =: das Argument, das in solchen semantischen Dekompositionen mit dem höchsten Prädikat verbunden ist V-24 genauer Grenzvorstellung semantischer Dekomposition: konzeptuelle Strukturen mit semantischen Atomen zu bauen ( onomasiologische Kartierung der Elementar"seme" wie in Chemie ...) Philosophie: Schaffung einer Universalsprache ... (Llullus, 13.Jhd.) Problem der Einstellung (Zoom – Kontinuum der Skalierung ...) Einstellung des Fokus praktisch geregelt (im Alltag geht die Sonne auf ...) vgl. Quarks in der Physik metasprachliche Hypostasierungen ≠ reale Steuerungen: inverser Zoom zu motivierenden Horizonten: X muß getan werden A muß X tun B zwingt A, X zu tun, B muß A zwingen, X zu tun ... gleicher Sachverhalt X-tun sprachspezifische Lexikaliserungsmuster: z.B. dt. müssen: deontisch (Dispositionsprädikat) X muß getan werden, A muß X tun epistemisch (Evidenzialprädikat) es muß (müßte) morgen regnen Grammatisierung epistemischer Markierungen Grammatikalisierung (alter) Dispositionsprädikate 131 V-24 Lexikalistische Grammatikkonzeption (LFG) –grammatische Relationen zum zweiten. Ausgangspunkt: Block II: V-7/8 Mehrstufige Rekonstruktion des Baus einer PropositionG In dieser abschließenden Vorlesung nochmals vor dem Hintegrund des bisher Dargestellten die Grundstruktur der LFG entwickelt. Zwar dabi auch technische Details vorgestellt (z.B. die Abbildung lexikalischer Strukturen auf die Syntax, die sog. LMT – "lexical mapping theory"), z.T. aber nicht ganz orthodox (auch sind mir selbst einige Dinge nicht ganz klar), sondern vielemehr mit der Zielsetzung die Architektur der LFG durchsichtig zu machen. Die technischen Fragen werden in Veranstaltungen zur LFG behandelt. Formales syntaktisches Muster: Prädikat mit seinen Ergänzungen V-23: konzeptuelle Struktur eines Wortes projiziert einen syntaktischen Rahmen, in dem das Wort vorkommen kann Grundbegriff ist die syntaktische Integration einer Äußerung: syntaktisch integrierte Struktur ≠ Wortsalat: mit der Setzung eines PRÄDIKATSLFG als nuklearem PRÄDIKATLFG einer Proposition wird für diese ein Szenario definiert, das durch die Ergänzungen dieses Prädikats artikuliert wird. Hans gibt Emma die Hausschlüssel die Hausschlüssel gibt Hans Emma die Hausschlüssel werden Emma von Hans gegeben ... vs. Interpretation dieses Musters durch die Semantik des Verbs ( GRAMMATIK1 (Valenz) Argumentstruktur LEXIKON "Szenario") Prädikat (Erg1 + Erg2 + Erg3) Verb: geben GRAMMATIK1 (Szenario) thematische Rollen HA: [Geb]er NA1 : [Gab]e NA2 : Be[gabt]er (Empfänger) Weitere Ebene der syntaktischen Artikulation: grammatische Relationen (Subkategorisierung) SUBJEKT Hans NUKLEARES PRÄDIKAT gibt die Hausschlüssel werden gegeben PRÄDIKAT(SVERBAND) KOMPLEMENT 1 KOMPLEMENT 2 Emma "indirekt. Objekt" Emma "indirekt. Objekt" die Hausschlüssel "direkt. Objekt" von Hans "obliques Kompl." 132 "Ebenen" (konzeptuell, semantisch, morphologisch, phonologisch ...): parallele Darstellungen jeweils der (ganzen) Proposition bzw. ihrer Äußerung – nicht Teile davon! × Definition einer Abbildung zwischen diesen Ebenen auf jeder Ebene eine vollständige Struktur der Proposition dargestellt: kein Element, das nicht durch die Struktur definiert (integriert) ist (mit der Folge: jedes Element ist in Bezug auf jedes andere (different) kategorisiert) kein Strukturelement, das nicht durch ein Element artikuliert wird. NB: In der Architektur der LFG werden entsprechende Bedingungen für die f-Struktur definiert. Das ist eine spezielle Forderung, die mit der parallelen Architektur des Systems zusammenhängt, die aber auf den internen Aufbau der f-Struktur zielt. Diese muß vollständig sein =: jedes Element, das in der nuklearen Prädikatsstruktur vorgesehen ist, muß definiert (= artikuliert) sein, kohärent sein =: jedes Element, das in einer solchen Struktur figuriert, muß durch die nukleare Prädikatsstruktur vorgesehen sein. lexikalistische Architektur (LFG): • konzeptuelle Struktur lexisiert (im Kopf): "thematische" Struktur o formale syntaktische Struktur des Prädikats ("Subkategorisierung"): Argumentstruktur • grammatische Relationen in der Proposition (SUBJ, OBJ, OBL) • grammatische Relationen im Satz (Topik, Fokus) Die Aufgabe besteht nun darin, die Strukturen auf diesen verschiedenen Ebenen einander zuzuordnen (sie aufeinander abzubilden). Das schwierigste Problem (auch in dem Sinne, daß hier die größte Konfusion besteht – begrifflich, aber auch in Hinblick auf den typologischen [ ggf. sprachspezifischen] Status der Kategorien) besteht bei den beiden grammatischen Ebenen, die sich offensichtlich überlagern. Im Zentrum steht hier die Kategorie Subjekt. NB zu typologischen Fragen: Die morphosyntaktische Artikulation der grammatischen Funktionen ist sprachidiosynkratisch: verbale Kongruenz beim Subjekt wie im Deutschen, Kasusmarkierungen (in Sprachen wie Finnisch auch bei den obliquen Funktionen), präpositionale Markierungen bei den obliquen Funktionen im Englischen ... Auf diese Probleme gehe ich im folgenden nicht ein. Die grammatischen Strukturen sind offensichtlich in einem polar ausgerichteten Feld definiert: Topik, Fokus ... KERN PERIPHERIE Prädikat: Argumente Adjunkte PROPOSITION SATZ Die Proposition bildet offensichtlich ein gerichtetes Feld, mit dem Prädikat als Kopf und zentripetal angeordneten Argumenten in ihrem Kern. Diese propositionale Struktur wird überlagert von der Informationsstruktur des Satzes, die keine neuen Argumente einführt, sondern auf den Argumenten der Proposition operiert. Im folgenden beschränke ich mich auf die Frage des Topiks und auf die Auswahl-Operation über dem Kern der Proposition (zur 133 Opertion ggf. auch über den Adjunkten, s. V-8/9). Diese Ausrichtung der Proposition erfolgt auf das Prädikat – zu unterscheiden von der konzeptuellen Struktur des Verbs, das dieses Prädikat lexikalisch artikuliert: je enger die lexikalische Bindung eines Arguments an die (idiosynkratische) Verbsemantik ist, desto schwächer ist die Bindung an das Prädikat. NB: Ich behalte im folgenden die in der LFG übliche Redeweise von "thematisch" für die lexikalische Bindung eines Arguments bei ( semantische Rollen ....). Was die Probleme verkompliziert ist, daß die Satzstruktur notwendig mit jeder (propositionalen) Äußerung verbunden ist, die notwendig insofern auch ein Topik aufweist (zum Problem der thetischen Sätze, s. V-12), während die propositionale Struktur abhängig vom Szenario ist, das lexikalisch vom Prädikat projiziert wird. Das Subjekt markiert den Ort der Überlagerung der beiden Strukturen: Es ist einerseits ein bestimmtes Argument (zum Problem der semantisch leeren, also expletiven Subjekte, s. V-8), andererseits eine Diskursfunktion. Die Feldstruktur der Artikulation einer Proposition in einer Äußerung läßt sich insofern aber noch weiter homogenisieren: als eine Skala der grammatischen Artikulation, die so etwas wie einen Grad an obligatorischer Artikulation im Satz ausdrückt. Diese Skala verlängert die propositionale Skala von oben: SUBJ GRAMMATISCH InformationsStr.: Topik LEXIKALISCH OBJ engste Bindung ans Prädikat unabhängig von der spezifischen Verbsematik OBL ADJ schwache freie Angaben Bindung an das Prädikat Artikulation von Spezifika der Verbsemantik Auf dieser Folie ist nun der spezifische Apparat der LFG definiert. Als Basis dient dabei die Definition der syntaktischen Relationen auf der Grundlage einer abstrakten Schematisierung der Argumentstruktur, die schrittweise entwickelt werden kann: 1. Proposition Kern (nukleares Prädikat als Kopf) + Peripherie (Adjunkte) 2. Argumente im Kern werden bewertet für ihre thematische Festlegung (s.o. lexikalisch) und die syntagmatische Bindung (s.o. grammatisch): 2a. Argumente sind thematisch durch die nukleare Semantik (die lexikalische Semantik des nuklearen Prädikats) festgelegt oder thematisch frei (Xθ = X ist thematisch festgelegt) : [± ± restriktiv] ([± ± r]) Ein Argument ist [-r], wenn es rein formal aufgrund eines syntaktischen Typs gefordert ist, wie z.B. ein Objekt bei einer transitiven Prädikation. Eine lokale Ergänzung ist bei einem intransitiven Verb wie wohnen zwar semantisch gefordert, aber gehört nicht zu dem Valenzrahmen, ist also [+r] (OBLLOK). Subjekte gehören in der LFG per definition zu jeder Prädikation, sind daher immer [-r]. 2b. Argumente sind syntaktisch eng an das nukleare Prädikat gebunden oder frei (enge syntaktische Bindung ~ Objekt) : [± ± Objekt] ([± ± o]) 134 Das entspricht in den anderen generativen Grammatikspielarten dem "internen" Komplement (also in der GB einer [NP,VP]). Alle anderen Ergänzungen sind [-o], nicht nur das Subjekt (in der GB das "externe" Argument [NP, S]), sondern alle obliquen Argumente, aber z.B. auch alle Adjunkte. 3. Subjekt ist nur indirekt über die Argumentstruktur definiert: als Auszeichnung des "grammatischsten" Arguments (â) in der Proposition (eine Diskursfunktion Informationsstruktur). Alle Argumente in einer Proposition lassen sich nun mit diesen Merkmale bewerten (bzw. auf sie abbilden), wobei [±r] und [±o] unabhängig voneinander definiert sind, sodaß jedem Argument eine Bewertung [±r , ±o] zugeordnet wird. Dabei entspricht jeder solcher Bewertung eine grammatische (syntaktische) Funktion: [-r, -o] SUBJ [-r, +o] OBJ [+r, -o] OBLθ [+r, +o] OBJθ Das entspricht der Abbildung dieser grammatischen Funktionen auf die oben dargestellte Grammatikskala: die Merkmale [±r] und [±o] sind durch ihre Nähe zum Pol "maximal grammatisch" charakterisiert. Das ist offensichtlich bei [-r] >> [+r]. Das Merkmal [±o] ist dem untergeordnet; obwohl [+o] für sich genommen im propostionalen Kern eine zentralere Funktion markiert, fungiert es in Kombination mit [±r] als relativ schwächer Indikator (also [-o] >> [+o]). Insofern korrelieren die Merkmalsbewertungen mit den syntaktischen Funktionen: [-r, -o] > [-r, +o] > [+r, -o] > [+r, +o] SUBJ > OBJ > OBLθ > OBJθ Das Subjekt ist das grammatischste Argument (unmarkiert: notwendig in jeder Proposition), das OBJθ ist das am wenigsten grammatische Argument (das markierteste: am eingeschränktesten in seinem Vorkommen). NB: Adjunkte sind keine Kandidaten für die Auswahl der grammatischen Prominenzfunktion sie spezifizieren die Proposition als ganze Heute gibt Hans Emma die Hausschlüssel Der kritische Punkt bei diesem Unternehmen ist die Bewertung der Argumente, die ja im Sinne des lexikalistischen Ansatzes auf der Grundlage ihrer semantischen Rolle im Szenario des Prädikats erfolgen muß. Ausgangspunkt ist dafür eine semantische Hierarchie, die über den verschiedenen Rollen im Szenario definiert ist. In den LFG-Arbeiten wird diese wie folgt angenommen: Agens >>[ Adressat >> Patiens >> Gegenstand (engl. theme)] >> Pfad / Ort ... kulturelle Salienz: Grad der Kontrolle, Belebtheit .... Makrorollen, abgeleitet aus der semantischen Dekomposition (V-23): Akteur (TUN), Dulder (engl. undergoer zweites Argument bei KAUS): Mit Dulder sind hier also zusammengefaßt {Adressat, Patiens, Gegenstand}, ... Die "lexikalisch gesteuerte Abbildung" (lexical mapping theory ) der LFG soll als Algorthmus funktionieren: (1) thematische (Szenario-) Rollen werden auf die Argumentstruktur abgebildet (2) die Argumentstruktur wird per default voll spezifiziert: jedes Argument [± r, ± o], (3) die spezifizierte Argumentstruktur wird auf die grammatische Struktur (grammatische Relationen) abgebildet 135 Die Funktionsweise dieses Algorithmus werde ich w.u. skiziieren, nachdem wir uns zunächst einmal die Problemkonstellation an dem Beispiel deutlich gemacht haben, dessen konzeptuelle Struktur schon eingangs vorgestellt wurde: Hans gibt Emma die Hausschlüssel Als ditransitive Konstruktion (mit der Valenzstruktur von geben) illustriert es zugleich auch die kritischen Fragen, die sich mit diesem Ansatz verbinden: Hier handelt es sich um eine einfache Kernstruktur eienr Proposition, d.h. alle Argumente sind gramatische Ergänzungen des Prädikats, also [-r]. Eines davon (Hans) ist Subjekt, die anderen sind Objekte. Die Grundstruktur ist demnach: SUBJEKT Hans KERN: [-r, -o] NUKLEARES PRÄDIKAT gibt PRÄDIKAT(SVERBAND) KOMPLEMENT 1 KOMPLEMENT 2 Emma KERN: [-r, +o] die Hausschlüssel KERN: [-r, +o] Hier gibt es nun eine Problem in Hinblick auf die Kohärenzforderung: Diese ist bei den Komplementen nicht erfüllt, da zwei Argumente nicht differenziert sind. Daß diese Strukturzuordnung allerdings nicht falsch ist, zeigt die passivische Diathese, die gleiche Szenario-Konstellation aufweist, allerdings mit einem obliquen Element ([+r], markiert): SUBJEKT Hans KERN: [-r, -o] die Hausschlüssel KERN: [-r, -o] NUKLEARES PRÄDIKAT gibt werden gegeben PRÄDIKAT(SVERBAND) KOMPLEMENT 1 KOMPLEMENT 2 Emma KERN: [-r, +o] Emma KERN: [-r, +o] die Hausschlüssel KERN: [-r, +o] von Hans KERN: [+r, -o] Eine denkbare Lösung für das Kohärenzproblem (das in der passivischen Diathese nicht auftritt!) wäre es, in dem Komplement der ditransitiven Konstruktion, das das Argument mit der semantischen Rolle des Begabten artikuliert, eine engere thematische Bindung zu sehen, die die Grundstruktur desambiguierend überschreibt, es also dort seinerseits als [+r] zu bewerten (die beiden restriktiven Argumente sind im Schema markiert): SUBJEKT Hans KERN: [-r, -o] die Hausschlüssel KERN: [-r, -o] NUKLEARES PRÄDIKAT gibt werden gegeben PRÄDIKAT(SVERBAND) KOMPLEMENT 1 KOMPLEMENT 2 Emma KERN: [+r, +o] Emma KERN: [-r, +o] die Hausschlüssel KERN: [-r, +o] von Hans KERN: [+r, -o] In der ditransitiven Konstruktion ist das zweite Objekt ("indirektes Objekt") gegenüber dem engen ("direkten") Objekt thematisch festgelegter, also ein OBJ2 ~ OBJθ . 136 NB: Oblique Komplemente sind definitionsgemäß thematisch festgelegt, insofern OBL ~ OBLθ. Die Angabe einer spezifischen thematischen Spezifizierung ist nur erforderlich, wenn mehrere obliquen Komplemente vorhanden sind (zu deren Desambiguierung) Hans [-r, -o] ~ SUBJ stellt PREDN die Vase [-r, +o] ~ OBJ für Emma [+r, -o] ~ OBLBENEF auf den Tisch [+r, -o] ~ OBLLOK Ausgehend vom Seznario des nuklearen Prädikats ist das Subjekt ist eine indirekt definierte syntaktische Funktion, die (relativ) unabhängig von der semantischen Rolle des jeweiligen Arguments ist: PRÄDIKAT(SVERBAND) SUBJEKT NUKLEARES KOMPLEMENT 1 KOMPLEMENT 2 PRÄDIKAT Hans [Agens] gibt Emma die Hausschlüssel KERN: [-r, -o] KERN: [+r, +o] KERN: [-r, +o] die Hausschlüssel werden gegeben Emma von Hans [Agens] KERN: [-r, -o] KERN: [+r, +o] KERN: [+r, -o] Das ist der Ausgangspunkt für die Analyse der Diathesen: Wo solsche bestehen, gibt die konzeptuelle Strukturen im Szenario ( projiziert von der Verbsemantik) eine Defaultzuordnung zur Artikulation durch grammatische Funktionen vor, die aber durch markierte Strukturen (auch morphologisch markiert am nuklearen Prädikat!) überschrieben werden kann. Diese Verhältnisse werden in der LFG nun durch die "lexikalisch gesteuerte Abbildung" (die lexical mapping theory) i.S. eines Algorithmus angegangen, der mit den lexikalischen Informationen des nuklearen Prädikats gefüttert wird. Dessen prozessualer Ablauf kann wie folgt beschrieben werden: 1. In einem ersten Schritt wird auf die Proposition eine bestimmte Valenzstruktur projiziert, z.B. bei geben also eine dreipolige Argumentstruktur (geben (x, y, z)), 2. auf diese Argumentstruktur werden die thematischen (Szenario-) Rollen abgebildet, 3. entsprechend der Schemaitiserung in Makrorollen und deren hierarchisacher Ordnung werden den Argumenten Werte für [± r] oder [± o] zugeordnet, 4. die Argumentstruktur wird per default voll spezifiziert: jedes Argument [± r, ± o], 5. relativ zum gesamten Feld der Werte-Spezifizierung können noch Umpolungen bei den Bewertungen der Argumente vorgenommen werden, 6. die spezifizierte Argumentstruktur wird auf die grammatische Struktur (die grammatischen Relationen) abgebildet. Die Schritte (3) und (4) sind durch Defaults definiert. Bei (3) werden: (a) Dulder-Argumente werden auf [-r] abgebildet, (b) Nicht-Dulder-Argumente, die keine Akteur-Argumente sind, werden auf [+r] abgebildet, (c) Alle Nicht-Dulder-Argumente werden auf [-o] abgebildet (d.h. alle, die in der Hierarchie niedriger oder höher sind). Bei (4) erfolgt ein "Auffüllen" der Spezifizierung: Wo die Werte bei [± r, ± o] nicht durch (1) festgelegt sind, werden sie per Default gesetzt: Default [- r], [+ o], NB: Dieser Default operiert (in Sprachen wie dem Deutschen!) vor allem in der Proposition mit einem intransitiven Prädikat. 137 Bei Schritt (5) können die so produzierten Default-Strukturen u.U. noch überschrieben werden: (a) ein Dulder-Argument kann [+o] durch [-o] überschreiben, wenn sonst kein anderes [- r, - o] - Argument vorhanden ist, (b) zwei Dulder-Argumente mit [-r] können desambiguiert werden, indem eines mit [+r] überschrieben wird, Bei Schritt (6) werden die Wertespezifikationen in grammatische Funktionen "übersetzt". Dabei gilt für die problematische Definition des Subjekts: (a) für jede Proposition muß ein Subjekt spezifiziert werden: (b) das semantisch prominenteste Argument mit [-o] wird auf das Subjekt abgebildet (c) ein Argument mit [-r] kann auf das Subjekt abgebildet werden Die entsprechende Ableitung der oben angeführten Probleme bei ditransitiven Konstruktion und ihres passivischen Gegenstücks sieht dann wie folgt aus: geben (Geber, (x [-o] [- r, -o] [- r, -o] Begabter, y, [-r] [-r] [- r, +o] [+ r, +o] Gabe) z) [-r] [-r] [- r, +o] [- r, +o] Thematische Struktur Argumentstruktur Default (3a) Default (3c) Default (4) Default (2a) Akteur [x] hat den höchsten Rang ([- r, -o]) und wird SUBJEKT, Begabter [y] >> Gabe [z], wird also OBJ2 (OBJθ ) Passiv: Die Hausschlüssel werden Emma (von Hans) geben In lexikalistischer Sicht handelt es sich bei gegeben_werden um ein anderes Verb mit einer anderen Subkategorisierung. Der Algorithmus läuft hier wie folgt: gegeben_werden (Gabe, (x [-r] [-r] [-r] [- r, +o] [- r, -o] Begabter, y, [-r] [-r] [-r] [- r, +o] [- r, +o] Ausgabe) z) [+r] [+ r, -o] [+ r, -o] [+ r, -o] Thematische Struktur Argumentstruktur Default (3a) Default (3b) Default (3c) Default (4) (5a) Gabe [x] hat den höchsten Rang ([- r, -o]) und wird SUBJEKT, Begabter [y] wird OBJ (OBJθ ) Ausgabe [z] wird OBL (OBLQUELLE ), markiert durch die Präposition von. Da in diesem Fall keine ditransitive Struktur vorliegt, müssen auch nicht zwei Objekte desambiguiert werden. 138 25. Literaturhinweise: Die primäre Ebene der Abklärung der grammatischen Grundbegriffe ist hier die Grammatik der deutschen (Gegenwarts-) Sprache – unabhängig vom grammatiktheoretischen Modellierungsansatz. Als systematisches Repetitorium, das auch die einschlägige Diskussion recht gut abdeckt, sei verwiesen auf: Peter Eisenberg, Grundriß der deutschen Grammatik, Neuauflage in 2 Bänden, Stuttgart: Metzler 1998 – 1999 außerdem Gisela Zifonun u.a. [Institut für deutsche Sprache, Mannheim], Grammatik der deutschen Sprache, 3 Bände, Berllin: de Gruyter 1997 Ausgangspunkt für die Rekonstruktion der grammatiktheoretischen Begrifflichkeit ist hier die traditionelle Schulgrammatik, wobei entsprechend der im Studiengang vorausgesetzten Grundkenntisse des Lateinischen dessen Grammatik im Vordergrund steht. Ausführlich dazu etwa Hermann Menge, Lehrburch der lateinischen Syntax und Semantik, Neubearbeitung von Th.Burkard / M.Schauer, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2000 außerdem (mit einer an der neuren [Transformations-] Grammatik orientierten Begrifflichkeit): Harm Pinkster, Lateinische Syntax und Semantik, dt. Ausgabe Tübingen: Francke 1988 zur traditionellen Begrifflichkeit im Vergleich der Schulgrammatiken noch: F. Sommer, Vergleichende Syntax der Schulsprachen (1931), Repr. Darmstadt: Wiss. Buchgesellschaft 1971 H. Glinz, Grammatiken im Vergleich, Tübingen: Niemeyer 1994 Eine ausführliche, zwar i.S. der neueren Grammatikdiskussion etwas überholte, ansonsten aber immer noch grundlegende Drstellung findet sich in: J. Lyons, Semantik, 2 Bde. (engl. 1977), dt. München: Beck 1980 Die gegenwärtige Diskussion ist bestimmt von der Generativen Grammatik, die hier nicht bibliographiert werden kann. Ein nützliche Einführung, die insbesondere auch die meist einfach vorausgesetzte englische Grammatik mit der des Deutschen konfrontiert, ist: R. Borsley, Syntax-Theorie (engl. 1991), dt. Bearbeitung von P.Suchsland Tübingen: Niemeyer 1997 Zur "orthodoxen" Version der Rektions- und Bindungstheorie s. L. Haegeman, Government and binding theory, Oxford: Blackwell Neubarbeitung 1994 Die Argumentation hier ist auf das ausgerichtet, was in der gegenwärtigen Diskussion als "funktionale Grammatik" bezeichnet wird, dabei insbesondere auf die Lexikalisch-funktionale Grammatik (LFG). Als elementare Einführung (im Text bis Kap. 5): Yehuda F. Falk, Lexical functional grammar, Stanford: CSLI 1999 Systematische Darstellungen bieten Joan Bresnan, Lexical-functional syntax, Oxford: Blackwell 2001 Mary Dalrymple, Lexical functional grammar, San Diego: Academic Press 2001 In Hinblick auf das Transparentmachen methodischer Probleme ist nach wie vor nützlich: M.Dalrymple u.a. (Hgg.), Formal issues in lexical-functional grammar, Stanford: CSLI 1995 Informell, aber auf diese Grammatiktheorie ausgerichtet, zugleich systematisch sprachtypologisch argumentierend ist Paul R.Kroeger, Analyzing syntax, Cambridge: Cambridge univ. pr. 2004 139 Zur Familie der formal modellierten funktionalen Grammatiken s. auch I.Sag / Th. Wasow, Syntactic Theory, Stanford: CSLI 1999 Es gibt auch einige nützliche einführende Drstellungen, die die neueren grammatiktheoretischen Ansätze (also einschließlich der LFG) sytematischer darstellen, insbesondere Peter Sells, Lectures on contemporary syntactic theories, Stanford: CSLI 1999 R.D. van Valin, An introduction to syntax, Cambridge: Cambridge univ. pr. 2001 sowie zum Nachschlagen: K.Brown / J.Miller, Concise encyclopedia of syntactic theories, Oxford: Pergamon 1996 Zu den nicht formalisierten Versionen funktionalistischer Grammatiken s. Talmy Givón, Syntax, 2 Bde., Amsterdam: Benjamins 2001 Als Hilfestellung empfiehlt sich ein ordentliches Wörterbuch sprachwissenschaftlicher Terminologie. Bei den deutschsprachigen bietet sich an: H. Bußmann, Lexikon der Sprachwissenschaft, Stuttgart: Kröner Neuauflage 2002 Nützlich ist (u.U. auch daneben) ein englischsprachiges, wofür zwei infrage kommen: P.H.Matthews, Concise dictionary of linguistics, Oxford: Oxford UP 1997 R.L.Trask, A dictionary of grammatical terms in linguistics, London: Routledge 1992