Das topologische Feldermodell Die Wörter des Satzes Die Katze

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Einführung in die Sprachwissenschaft
Jan Eden
Syntax 2: Das topologische Feldermodell
Die Wörter des Satzes Die Katze liegt gern auf dem Sofa lassen sich auf 5040 Arten anordnen, die
vier Konstituenten die Katze, liegt, gern, auf dem Sofa dagegen nur auf 24 Arten. Wie viele dieser
Kombinationen sind grammatisch?
Tragen Sie bitte Ihre Grammatikalitätsurteile in die schmalen Spalten ein (die linke Spalte bezieht
sich auf die adverbiale Lesart der Konstituente auf dem Sofa, die rechte auf die Lesart als Attribut
zu die Katze):
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
(8)
(9)
(10)
(11)
(12)
(13)
(14)
(15)
(16)
(17)
(18)
(19)
(20)
(21)
(22)
(23)
(24)
Slot 1
die Katze
die Katze
die Katze
die Katze
die Katze
die Katze
liegt
liegt
liegt
liegt
liegt
liegt
gern
gern
gern
gern
gern
gern
auf dem Sofa
auf dem Sofa
auf dem Sofa
auf dem Sofa
auf dem Sofa
auf dem Sofa
Slot 2
liegt
liegt
gern
gern
auf dem Sofa
auf dem Sofa
gern
gern
auf dem Sofa
auf dem Sofa
die Katze
die Katze
auf dem Sofa
auf dem Sofa
liegt
liegt
die Katze
die Katze
gern
gern
die Katze
die Katze
liegt
liegt
Slot 3
gern
auf dem Sofa
liegt
auf dem Sofa
liegt
gern
auf dem Sofa
die Katze
gern
die Katze
auf dem Sofa
gern
liegt
die Katze
auf dem Sofa
die Katze
liegt
auf dem Sofa
die Katze
liegt
gern
liegt
gern
die Katze
Slot 4
auf dem Sofa
gern
auf dem Sofa
liegt
gern
liegt
die Katze
auf dem Sofa
die Katze
gern
gern
auf dem Sofa
die Katze
liegt
die Katze
auf dem Sofa
auf dem Sofa
liegt
liegt
die Katze
liegt
gern
die Katze
gern
Bei den grammatischen Varianten lassen sich wiederkehrende Abfolgen beobachten, die sich durch
eine unterschiedliche Position des finiten Verbs auszeichnen:
1
Verb-Erst (V1): finites Verb → übriger Satz
typische Abfolge in Entscheidungsfragen:
Hat Peter gestern beim Spazierengehen ein Eis gegessen?
Verb-Zweit (V2): Konstituente → finites Verb → übriger Satz
typische Abfolge in selbständigen Aussagesätzen:
Peter hat gestern beim Spazierengehen ein Eis gegessen.
Eine dritte Möglichkeit ergibt sich durch Hinzufügen einer Konjunktion am linken Satzrand:
Verb-End (VE): Konjunktion → übriger Satz → finites Verb
typische Nebensatzabfolge:
(Ich glaube,) dass Peter gestern beim Spazierengehen ein Eis gegessen hat.
Das Topologische Feldermodell nimmt fünf Felder an, um die möglichen Abfolgen in deutschen
Sätzen zu beschreiben:
Vorfeld
V1
V2
VE
Konst.
linke SK
finites Verb
finites Verb
Konj.
Mittelfeld
Konst.n
Konst.n
Konst.n
rechte SK
infinites Verb
infinites Verb
inf. Verb / finites
Verb
Nachfeld
Konst.
Konst.
Konst.
• Im Vorfeld steht fakultativ genau eine (beliebig komplexe) Konstituente. Eine Bewegung
ins Vorfeld wird auch Topikalisierung genannt (Verschiebeprobe = Topikalisierungstest).
• Die linke Satzklammer enthält entweder das finite Verb oder eine nebensatzeinleitende
Konjunktion (in eingebetteten Ergänzungsfragen oder Relativsätzen kann sie auch leer bleiben).
• Im Mittelfeld können beliebig viele Konstituenten stehen.
• In der rechten Satzklammer stehen alle infiniten Verben und das finite Verb, falls es nicht
in der linken Satzklammer steht.
• Im Nachfeld stehen meist Subjekt-, Objekt-, Adverbial- oder Relativsätze (falls vorhanden).
VF
Die Katze
Auf dem Sofa
Gern
linke SK
liegt
liegt
hat
Liegt
dass
ob
MF
gern auf dem Sofa
die Katze gern
die Katze auf dem Sofa
die Katze auf dem Sofa
die Katze auf dem Sofa
die Katze auf dem Sofa
2
rechte SK Nachfeld
das schön weich ist.
gelegen
weil sie müde ist
liegt
liegt
die ich kenne
Das Feldermodell ist keine generative Grammatik, d.h. es enthält keine Regeln zur Bildung deutscher Sätze, sondern nur Strukturbeschreibungen. Mit Hilfe der Felderanalyse lässt sich die lineare Abfolge innerhalb von deutschen Sätzen adäquat beschreiben. Da das Feldermodell genau alle
deutschen Sätze erfasst, erfüllt es (für den Bereich der Syntax des Deutschen) die Anforderungen
an eine beobachtungsadäquate Grammatik.
Allerdings kann das Feldermodell nicht alle Phänomene, die mit der hierarchischen Struktur von
Sätzen zusammenhängen, erfassen. Dazu gehören strukturelle Ambiguitäten. Dem folgenden
Satz können zwei verschiedene Strukturen zugeordnet werden, die auf derselben linearen Abfolge
basieren:
(1) Wir schreiben unserem Freund aus Japan einen Brief.
Lesart 1: Wir haben einen Freund aus Japan und schreiben ihm einen Brief.
Lesart 2: Wir haben einen Freund und schreiben ihm von Japan aus einen Brief.
Auch die Beziehung zwischen getrennten Subkonstituenten einer Konstituente kann im Feldermodell nicht erfasst werden. Im folgenden Satz ist die vorangestellte Konstituente ein Attribut der
nominalen Konstituente viel Glück. Topologisch besteht allerdings keine Verbindung zwischen
beiden:
(2) Mit seinem Experiment hat er nicht viel Glück gehabt.
Aus diesen Gründen erfüllt das Feldermodell nicht die Anforderungen an eine beschreibungsadäquate Grammatik. Für diesen Befund reicht unsere Kompetenz aus, d.h. ein Rückgriff auf eine
sprachliche Metatheorie als Kriterium ist nicht erforderlich.
Hausaufgaben:
1. Analysieren Sie folgende Sätze mit Hilfe des Feldermodells (Hinweis: eingebettete Sätze
und satzwertige Infinitive haben eine eigene topologische Struktur, die Sie nicht analysieren
müssen):
(3)
a. Er hat den Mann im Schlafanzug begrüßt.
b. Hier in dieser Stadt hat Paul heute das große Buch seiner Freundin feierlich
überreicht.
c. Regine hat die Frau mit dem Fernglas gesehen.
d. Dass Fritz gelacht hat, bewirkte, dass Paul ging.
e. Obwohl der Himmel grau war, hat doch keiner damit gerechnet, dass es regnen
würde.
f. Von den Besuchern, die gestern angekommen sind, hat keiner geglaubt, dass
das Hotel abgerissen werden sollte.
g. Heute können den Fahrgästen moderne Automaten an allen größeren Bahnhöfen das Lösen von Fahrkarten erleichtern.
3
h. Gestern habe ich meine Tasche vergessen im Zug von Stuttgart nach Ulm.
i. Wer sich für den Regionalverkehr entscheidet, wird die unterschiedlichsten
Möglichkeiten haben, günstiger zu fahren.
j. Es haben sich viele Studenten eingetragen auf den Listen
k. Dass er das Rennen gewonnen hat, hat er noch gar nicht richtig begriffen.
2. Überlegen Sie, welche kategorialen Eigenschaften (Nomen, Adjektiv etc.) die Konstituenten
in folgendem Satz haben:
(4) Er hat sich mit seiner Schwester wegen des alten Kampfdolches aus dem gemeinsamen Erbe gestritten.
4
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