Übungen zur Einführung in die Astronomie und Astrophysik II Aufgabenblatt 1, 25. Okt. 2007 Aufgabe 1 Nach aufwendiger Datenreduktion wurden für eine Anzahl von hochaufgelösten Echellespektren metallarmer Sterne die in Abb. 1 über einen kleinen Bereich dargestellten spektralen Flußverteilungen gewonnen. Zum Vergleich wird im untersten Spektrum der entsprechende Ausschnitt des Sonnenspektrums wiedergegeben. Bei einigen der Sterne handelt es sich um spektroskopische Doppelsterne vom Typ 2. (a) Welche der Sterne sind erkennbar Doppelsterne? Begründung? Machen Sie dazu eine Skizze zur Darstellung des Beobachters und des Doppelsternsystems. [2 Punkte] Entdeckung von spektroskopischen Doppelsternen Spektroskopische Doppelsterne vom Typ 2 (SB2) lassen sich durch die Wiederholung eines ähnlichen Spektrums aufgrund des Dopplereffekts bei einer Linienverschiebung ∆λ = λ ∆v c identifizieren (daher der Name SB2). Von der Sonne wissen wir mit Sicherheit, daß ihr Linienspektrum dem eines Einzelsterns entsprechen muß. Jede Spektrallinie tritt also nur einmal auf, allerdings mit einer Stärke, die von Teff , log g und den jeweiligen Metallhäufigkeiten abhängig ist. Die in Abb. 1 vorgestellten metallarmen Sterne haben daher wesentlich schwächere Linien. Vergleicht man nun die Spektren der meStern 1 tallarmen Sterne mit dem der Sonne, so fällt sofort ins Auge, daß bis auf HD 99383 v1 alle Spektren doppelte Linien besitzen, sofern die Linien überhaupt zu erkennen sind. In der ergänzten Abb. ist als Beispiel jeweils ein Linienpaar bezeichnet. Die Verschiebung der Linien gegeneinanx Beobachter + der läßt sich anhand der nebenstehenden Systemschwerpunkt Skizze verdeutlichen. Bewegt sich nun der Systemschwerpunkt mit einer Dopplergeschwindigkeit v relativ zum Beobachter, Stern 2 so sind die Verschiebungen der Linienv2 spektren bei der Wellenlänge λ gerade λ(v1 + v)/c für Stern 1, aber λ(v − v2 )/c für Stern 2. (b) Entnehmen Sie der Abbildung die entsprechenden Daten und geben Sie für die meßbaren Linienpaare für jeden der Sterne den Mittelwert der Differenzgeschwindigkeit und Ihren 1σ-Meßfehler an. [2 Punkte] Bahnumlaufgeschwindigkeiten von Doppelsternen Die Differenzgeschwindigkeiten lassen sich direkt den Spektren entnehmen. Dazu kann man sich die Abbildung z.B. mit dem Adobe Reader vergrößert darstellen lassen und die Abstände einfach mit einem Lineal ablesen. Die Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt: Star G224-81 HD 173084 G261-10 HD 221950 CD-52◦ 2174 BD–3◦ 2525 Linienpaare ∆v [km/s] 11 14 9 10 13 13 σ(∆v) [km/s] a [106 km] 2 1 2 5 2 3 295 1037 919 50 1354 1037 30 16 17 73 14 16 (c) Nehmen Sie an, daß es sich um ein Paar gleicher sonnenähnlicher Sterne handelt, die ihren gemeinsamen Schwerpunkt auf Kreisbahnen umlaufen. Welches ist der größte Abstand zwischen den beiden Sternen? Warum handelt es sich dabei um einen Maximalwert? Hinweis: Sie brauchen hierzu den Schwerpunktsatz und Kepler’s Gesetze, bzw. die Bahnumlaufgeschwindigkeiten der beiden Massen. [3 Punkte] Abstand von Doppelsternen Da beide Sterne gleich und sonnenähnlich sein sollen, muß der Bahnumlauf symmetrisch sein, also |v1 | = |v2 | = |v| = ∆v/2 (siehe Messung), und m1 = m2 = M . In diesem Fall wird der Schwerpunktsatz überflüssig. Zunächst kann für jeden der Sterne die Bahnumlaufgeschwindigkeit festgestellt werden, wobei r = a/2 gilt, ∆v 2πa = , 2 2P und P die Umlaufperiode ist. Für die Umlaufperiode wird das dritte Keplergesetz bemüht, für das in diesem Spezialfall 4π 2 a3 P2 = G(M + M ) gilt. Die Elimination von P ergibt somit a= 2GM (∆v)2 . Bei den in der Tabelle aufgeführten Abständen handelt es sich um die Maximalwerte. Dies folgt aus der Tatsache, daß bei beliebiger Inklination i der Bahnebene statt ∆v nur ∆v sin i < ∆v beobachtet (und oben eingesetzt) wird. (d) Was ändert sich, wenn beide Sterne jeweils nur 12 M besitzen? Warum kann es sich bei den hier abgebildeten Sternspektren nicht um Sterne gleicher Masse handeln? [3 Punkte] Einfluß der Masse und Sterne verschiedener Masse Die unter (c) abgeleitete Gleichung zeigt, daß die Masse der Doppelsterne linear in ihren Abstand eingeht. Dieser wird daher mit der Masse halbiert. Sterne gleicher Masse besitzen (bei Beschränkung auf die Hauptreihe) gleiche Eigenschaften, also gleiches Teff und log g. Damit sind Ionisation und Anregung in beiden Sternen identisch, und als Folge produzieren sie gleiche Spektren mit gleichen Linienstärken. Abb. 1 zeigt aber deutlich, daß dies nicht der Fall ist. Damit ist klar, daß beide Sterne • entweder nicht die gleiche Masse haben, • oder die gleiche Masse haben, aber nicht beide Hauptreihensterne sind. G224−81 HD 173084 G261−10 HD 221950 CD−52°2174 BD−3°2525 HD 99383 ? Sun 5240 5245 5250 5255 Wavelength [Å] 5260 5265 Abbildung 1: Ausschnitt aus den Spektren metallarmer Sterne, F (λ)