Prognostische Relevanz des Kavathrombus beim Nierenzellkarzinom

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Urologe [A]
1998 ´ 37:299±305 Springer-Verlag 1998
Originalien
M.A. Kuczyk1 · G. Köhn1 · K. Höfner1 · S. Machtens1 · C. Bokemeyer2 · C.G. Stief1 · M.C. Truss1
H.-J. Schäfers3 · J.T. Hartmann2 · U. Jonas1
1
Klinik für Urologie, Medizinische Hochschule Hannover
2
Klinik für Hämatologie/Onkologie, Eberhard-Karls-Universität, Tübingen
3
Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäûchirurgie, Medizinische Hochschule Hannover
Prognostische Relevanz
des Kavathrombus beim
Nierenzellkarzinom
Zusammenfassung
Die Propagation eines Tumorthrombus in die
V. cava inferior bzw. das rechte Atrium in Assoziation mit einem Nierenzellkarzinom wird
bei 4±10 % der betroffenen Patienten beobachtet. Die Frage nach einer von anderen
Tumorcharakteristika unabhängigen prognostischen Bedeutung des Kavathrombus
für das Langzeitüberleben der Patienten
wird trotz einer Reihe früherer Untersuchungen noch immer kontrovers diskutiert. Es
wurde daher in der vorliegenden Untersuchung der klinische Verlauf von 53 Patienten
mit Nierenzellkarzinom und Kavathrombus
mit dem einer Kontrollgruppe, bestehend
aus 47 Patienten mit Nierenzellkarzinom
und ohne den Nachweis eines Kavathrombus, korreliert (Nachbeobachtungszeit:
1±154 Monate). Bei einem durchschnittlichen Langzeitüberleben von 32 bzw. 35 Monaten für Patienten mit Nierenzellkarzinom
mit und ohne Nachweis eines Kavathrombus
konnte uni- und multivariat weder für die
Propagation eines Tumorthrombus in die V.
cava inferior (p = 0,391) noch für die kraniale
Thrombusausdehnung (p = 0,158) ± auch
im Falle einer rechtsatrialen Propagation ±
ein prognostischer Wert ermittelt werden.
Schlüsselwörter
Nierenzellkarzinom · Kavathrombus · Prognosefaktoren · Mehrparameteranalyse
F
ür die Adenokarzinome der Niere
(RCC) werden in Europa pro Jahr etwa
27 000 Neuerkrankungen beobachtet.
Jährlich versterben 14 000 Patienten an
einem Nierenzellkarzinom, wobei 40 %
der Patienten bereits zum Zeitpunkt
der Erstdiagnose regionale Lymphknoten- oder Fernmetastasen aufweisen.
Bei etwa 5 % aller Nierenzellkarzinome wird die transluminale Propagation eines Tumorthrombus in die V. cava
inferior beobachtet [1]. Während der
Gefäûeinbruch eines malignen Tumors
in der Regel auf eine ungünstige klinische Prognose des Patienten hinweist,
beschrieben erstmalig Skinner et al. [1]
eine 5- bzw. 10-Jahres-Überlebensrate
von 55 % bzw. 43 % nach kompletter Resektion eines mit einem Nierenzellkarzinom assoziierten Kavathrombus
(RCC). Im Vergleich mit diesen erstaunlich guten Ergebnissen konnte die 5-Jahres-Überlebensrate in einer Untersuchung von Golimbu et al. [2] an insgesamt 326 Patienten mit RCC bei einem
Langzeitüberleben von 88 % für die
niedrigen Stadien des Hypernephroms
eng mit dem Nachweis einer Infiltration
des perirenalen Fettgewebes (67 %), der
Diagnose regionaler Lymphknoten(17 %) oder Fernmetastasen (2,3 %) im
Sinne zusätzlicher Tumorcharakteristika von prognostischem Wert korreliert
werden.
In späteren Untersuchungen wurde
jedoch neben diesen von Golimbu et al.
[2] beschriebenen, ¹klassischenª Prognosefaktoren auch der Diagnose eines
Kavathrombus bzw. der kranialen
Thrombusausdehnung ein prognostischer Wert für das Langzeitüberleben
der Patienten zugeschrieben [3±6]. Ins-
besondere die rechtsatriale Propagation
des Tumorthrombus wurde als ungünstiger prognostischer Faktor diskutiert
[3±5]. Die Vergleichbarkeit früherer Untersuchungen zur Wertigkeit des Kavathrombus als Prognosefaktor für Patienten mit Nierenzellkarzinom wird
durch die Verwendung unterschiedlicher Stagingsysteme (Robson-Klassifikation, TNM-System) erschwert. In der
Mehrzahl früherer Arbeiten fehlt zudem
eine statistische Korrelation mit etablierten Prognosefaktoren, wie beispielsweise dem Lymphknotenstatus
oder dem Nachweis von Fernmetastasen, aber auch mit der klinischen Prognose hinsichtlich dieser Tumorcharakteristika vergleichbarer Patienten mit
Nierenzellkarzinom und ohne Nachweis
eines Kavathrombus, um so die Bedeutung eines intrakavalen Tumorzapfens
im Sinne eines unabhängigen prognostischen Parameters beurteilen zu können.
Methodik
Patienten
Um eine ausreichend lange Nachbeobachtungszeit für die Beurteilung prognostischer Parameter für Patienten
mit Nierenzellkarzinom zu gewährleisten, wurden 53 zwischen 1977 und 1993
in unserer Klinik behandelte Patienten
mit Nierenzellkarzinom und Kava-
Priv.-Doz. Dr. M. Kuczyk
Klinik für Urologie, Medizinische Hochschule
Hannover, Konstanty-Gutschow-Straûe 8,
D-30 625 Hannover
Der Urologe [A] 3´98
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Urologe [A]
1998 ´ 37:299±305 Springer-Verlag 1998
M.A. Kuczyk · G. Köhn · K. Höfner ·
S. Machtens · C. Bokemeyer · C. G. Stief ·
M. C. Truss · H.-J. Schäfers · J. T. Hartmann ·
U. Jonas
Prognostic value of intracaval neoplastic
extension for patients with renal cell
cancer
Summary
The independent prognostic value of neoplastic extension of renal cell cancer (RCC)
into the vena cava inferior has been the subject of several investigations reported to
date. However, the use of vena cava thrombosis as an independent prognosticator of a
patient©s long-term survival is still debated.
We have therefore correlated the clinical
course of 53 patients with RCC and vena cava
thrombosis with a control group consisting
of 47 patients with renal cell tumors without
vena cava thrombosis (follow-up:
1±154 months). The median long-term survival of patients with and without vena cava
thrombosis was 32 and 35 months, respectively. Neither the propagation of the tumor
into the vena cava (P = 0.391) nor the cranial extension of the thrombosis (P = 0.158)
± even in case of propagation into the right
atrium ± could be identified as parameters of
any prognostic value during univariate or
multivariate statistical analysis.
Key words
Renal cell cancer · Vena cava inferior · Neoplastic extension · Thrombosis · Prognostic
factors · Multiparameter analysis
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Originalien
thrombus in die vorliegende Untersuchung aufgenommen. Die mittlere
Nachbeobachtungszeit für diese Patientengruppe betrug somit 32 Monate,
mindestens jedoch, abgesehen von perioperativ
verstorbenen
Patienten,
24 Monate.
Die Einteilung der kranialen
Thrombusausdehnung erfolgte entsprechend der Stähler-Klassifikation:
Stadium I, kleiner Tumorzapfen bis maximal 5 cm; Stadium II, Tumorzapfen > 5 cm (distal der Lebervenemündung); Stadium III, Tumorzapfen über
die Lebervenenmündung nach kranial
propagierend; Stadium IV, Propagation
des Thrombus in das rechte Atrium.
Zur Bestimmung weiterer Tumorcharakteristika von möglicher prognostischer Bedeutung erfolgte die Evaluierung der Krankenakten und pathologischen bzw. histopathologischen Befunde entsprechend folgenden Kriterien:
Alter und Geschlecht der Patienten,
Seitenlokalisation des Nierenzellkarzinoms, histologischer Differenzierungsgrad, zellulärer Differenzierungstyp (klarzellig, granulär, spindelzellig,
gemischt),
Tumorgröûe
(0±25 mm, 26±50 mm, 51±75 mm,
76±100 mm, 101±125 mm, 126±150 mm
und > 150 mm im maximalen Durchmesser), Infiltration des Nierenbeckens,
Infiltration des Gefäûstiels von auûen,
Infiltration der Nierenkapsel und/oder
des perirenalen Fettgewebes sowie
Nachweis regionaler Lymphknotenbzw. Fernmetastasen. Das T-Stadium
fand aufgrund der verschiedenen in der
Literatur verwendeten Stagingsysteme
und der in der Vergangenheit für das
Nierenzellkarzinom erfolgten Modifikation des TNM-Systems keinen Eingang in die statistische Auswertung.
In die für die statistische Analyse
erforderliche Kontrollgruppe wurden
47 von 283 zwischen 1988 und 1992 in
unserer Klinik wegen der Diagnose eines Nierenzellkarzinoms operierte Patienten aufgenommen, die im Hinblick
auf Alters- und Geschlechtsverteilung
und alle weiteren als Prognosefaktor
für das Langzeitüberleben zu diskutierenden Tumorcharakteristika (Tumorgröûe, Nachweis von Fern- bzw. Lymphknotenmetastasen, histologischer Differenzierungsgrad, Wachstumsmuster,
zellulärer Differenzierungstyp, Infiltration von Nierenbecken bzw. Nierenkapsel, kapselüberschreitendes Wachstum,
Infiltration von Fettkapsel und Nierengefäûstiel) eine mit der Kavathrombusgruppe möglichst weitgehende Übereinstimmung aufweisen sollten und deren klinische Prognose zum Zeitpunkt
des Einschlusses in die vorliegende Untersuchung selbstverständlich nicht bekannt war. Lediglich hinsichtlich des
Nachweises einer Nierenbeckeninfiltration (p = 0,017) sowie in bezug auf die
Tumorgröûe (p = 0,001) war eine solche
Übereinstimmung nicht zu erzielen, da
die Patienten mit Nierenzellkarzinom
und Kavathrombus einen tendenziell
gröûeren maximalen Tumordurchmesser sowie eine ausgeprägtere Neigung
zur Infiltration des Nierenbeckenhohlsystems aufwiesen.
Patienten mit Kavathrombus
Das mittlere Alter der 53 Patienten mit
Kavathrombus (41 Männer und 12 Frauen) betrug bei einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 32 Monaten nach
Nephrektomie (1±154 Monate) 60 Jahre
(35±79 Jahre). In 45 Fällen fand sich das
Nierenzellkarzinom im Bereich der
rechten Niere (85 %), in 8 Fällen (15 %)
in der linken Niere lokalisiert.
Die Einteilung der Thrombusausdehnung entsprechend der StählerKlassifikation fand sich wie folgt: Stadium I, 38 Patienten; Stadium II, 8 Patienten; Stadium III, 1 Patient; Stadium IV,
6 Patienten. Die maximalen Tumordurchmesser fanden sich wie folgt:
0±25 mm, kein Patient; 25±50 mm, 5 Patienten (9 %); 50±75 mm: 14 Patienten
(26 %); 75±100 mm, 13 Patienten (25 %);
100±125 mm,
11 Patienten
(21 %);
125±150 mm,
8 Patienten
(15 %);
150±175 mm, 2 Patienten (4 %).
Bei 20 von 53 Patienten (36 %) wurden im Rahmen des routinemäûig
durchgeführten präoperativen Tumorstagings Fernmetastasen diagnostiziert,
davon in 5 Fällen mit mehr als einem
Manifestationsort (Lebermetastasen:
4 Patienten, Lungenmetastasen: 12 Patienten, Knochenmetastasen: 6 Patienten, weitere Lokalisationen: 6 Patienten). In insgesamt 10 Fällen (19 %) fand
sich intraoperativ eine Metastasierung
in regionale Lymphknoten, bei 8 Patienten davon in Kombination mit einer
Fernmetastasierung.
Ein Tumoreinbruch in das Nierenbecken wurde in 27 von 53 Fällen (51 %)
und eine Infiltration der Nierenkapsel
in 4 Fällen (8 %) diagnostiziert. Bei
27 Patienten (51 %) fand sich ein die Nierenkapsel überschreitendes Tumorwachstum und in 20 Fällen (38 %) eine
ausgedehntere Infiltration des perirenalen Fettgewebes. Eine Infiltration des
Tumors in den Bereich des Nierenhilus
mit extrinsischer Gefäûarrosion wurde
in 4 Fällen (8 %) beschrieben.
Im Hinblick auf den histologischen
Differenzierungsgrad wurden 44 Tumoren (83 %) als mäûiggradig (G2) und lediglich ein Tumor (2 %) als gut differenziert (G1) beurteilt. Die restlichen 8 Tumoren (15 %) waren histologisch entdifferenzierte Nierenzellkarzinome (G3).
44 (83 %) Nierenzellkarzinome wurden
als klarzellig und 2 Karzinome (4 %) als
granulär eingestuft. Den restlichen 7 Tumoren (13 %) wurde eine gemischte zelluläre Differenzierung zugeordnet.
In 5 von 20 Fällen (25 %) von Patienten mit Fernmetastasen gelang im Rahmen der Nephroadrenalektomie mit
Thrombusresektion und Dissektion der
regionalen Lymphknoten die komplette
Extirpation von Fernmetastasen, so
daû diese Patienten als tumorfrei
(NED) eingestuft wurden. Zwei Patienten wurden zweizeitig mittels Lobektomie zur Resektion pulmonaler Metastasen behandelt.
Die Thrombektomie aus der VCI
erfolgte in 47 Fällen (89 %) durch segmentales Ausklemmen der V. cava. Die
operative Therapie der 6 Patienten mit
Propagation des Thrombus in den rechten Vorhof erfolgte unter Einsatz der extrakorporalen Zirkulation (EKZ) [7].
Bei allen 53 Patienten gelang die
komplette Exstirpation des Kavathrombus, in 3 Fällen aufgrund einer Infiltration der Venenwand mittels Kavawandresektion und Aufnähen eines Goretexpatches. Bei einem weiteren Patienten
wurde aufgrund des gut ausgebildeten
Kollateralkreislaufes nach Segmentresektion der V. cava auf eine Wiederherstellung der Gefäûkontinuität verzichtet.
Patienten ohne Kavathrombus
In die für die univariate und multivariate statistische Auswertung erforderliche
Kontrollgruppe wurden 47 von 283 zwischen 1988 und 1992 in unserer Klinik
wegen der Diagnose eines Nierenzellkarzinoms operierte Patienten mit zu
diesem Zeitpunkt nicht bekanntem kli-
nischen Verlauf aufgenommen. Im Vergleich der Patienten mit und ohne Kavathrombus sollte, abgesehen vom Nachweis eines Tumorthrombus, im Hinblick
auf
die
Altersund
Geschlechtsverteilung, eine adjuvant
applizierte Immun- bzw. Immunchemotherapie, die Anzahl der nach Resektion von Fernmetastasen als tumorfrei
eingestuften Patienten (NED) und alle
weiteren als eventuelle Prognosefaktoren für das Langzeitüberleben zu diskutierenden
Tumorcharakteristika
(s. Charakterisierung der Patienten mit
Nachweis eines Kavathrombus) eine
weitgehende Übereinstimmung erzielt
werden. Diese Voraussetzung erfüllten
47 der 283 evaluierten Patienten. Lediglich hinsichtlich des Nachweises einer
Nierenbeckeninfiltration sowie in bezug auf die Tumorgröûe war eine solche
Übereinstimmung im Falle einer Vergleichbarkeit aller übrigen Patientenbzw. Tumorcharakteristika nicht zu erzielen, da Patienten mit Nierenzellkarzinom und Kavathrombus einen tendentiell gröûeren maximalen Tumordurchmesser sowie eine ausgeprägtere Neigung
zur
Infiltration
des
Nierenbeckenhohlsystems aufwiesen.
Wären beide Patientengruppen auch
im Hinblick auf diese Variablen aneinander angeglichen worden, hätte sich
eine wiederum zu groûe Differenz bezüglich der übrigen in die Analyse eingegangenen Parameter von potentieller
prognostischer Bedeutung ergeben.
Das mittlere Alter der Patienten
ohne Kavathrombus (37 Männer und 10
Frauen) betrug bei einer mittleren
Nachbeobachtungszeit von 35 Monaten
(1±98 Monate) nach Nephrektomie
57 Jahre (32±76 Jahre). Das Nierenzellkarzinom fand sich in 23 Fällen (49 %)
auf der rechten und in 27 Fällen (51 %)
auf der linken Seite lokalisiert. Die maximalen Tumordurchmesser fanden
sich wie folgt: 0±25 mm, 1 Patient (2 %);
25±50 mm,
16 Patienten
(34 %);
50±75 mm:
19 Patienten
(40 %);
75±100 mm,
5 Patienten
(11 %);
100±125 mm,
4 Patienten
(9 %);
125±150 mm,
1 Patient
(2 %);
150±175 mm, 1 Patient (2 %).
Zum Zeitpunkt der Tumornephrektomie wiesen 15 von 47 Patienten
(32 %) Fernmetastasen auf (Lebermetastasen, 4 Patienten; Lungenmetastasen,
11 Patienten; Knochenmetastasen, 7 Patienten; weitere Manifestationsorte,
9 Patienten). Eine disseminierte Fernmetastasierung wurde in 10 Fällen beobachtet. Eine Metastasierung in die regionalen Lymphknoten fand sich bei 12
von 47 Patienten (26 %), in 8 Fällen
(17 %) mit gleichzeitiger Fernmetastasierung. In 4 von 15 Fällen (27 %) gelang
im Rahmen der Nephroadrenalektomie
die gleichzeitige, komplette Resektion
der Fernmetastasen, so daû diese Patienten postoperativ als tumorfrei (NED)
beurteilt wurden.
Ein Tumoreinbruch in das Nierenbecken wurde in 13 von 47 Fällen (28 %)
und eine Infiltration der Nierenkapsel
in 2 Fällen (4 %) diagnostiziert. Bei
19 Patienten (40 %) fand sich ein die
Nierenkapsel überschreitendes Tumorwachstum und in 15 Fällen (32 %) eine
ausgedehntere Infiltration des perirenalen Fettgewebes. Eine Infiltration des
Tumors in den Bereich des Nierenhilus
mit extrinsischer Gefäûarrosion wurde
im Rahmen der histopathologischen
Begutachtung in 3 Fällen (6 %) beschrieben.
Im Hinblick auf den histologischen
Differenzierungsgrad wurden 39 Tumoren (83 %) als mäûiggradig (G2) und lediglich 3 Tumoren (6 %) als gut differenziert (G1) beurteilt. Die restlichen 5 Tumoren (11 %) waren histologisch entdifferenzierte Nierenzellkarzinome (G3).
42 Nierenzellkarzinome (89 %) wurden
als klarzellig und weitere 4 (9 %) als granulär eingestuft, während einem Tumor
eine spindelzellige Differenzierung zugeordnet wurde.
Operative Strategie
Vornehmliches Ziel der operativen Behandlung von Patienten mit Nierenzellkarzinom und Propagation eines Tumorthrombus in die V. cava inferior ist
die komplette Exstirpation des Thrombus. Ist der Kavathrombus auf den Gefäûabschnitt unterhalb der Lebervenenmündung begrenzt, erfolgt die Desobliteration der Vene nach einfachem Ausklemmen, dem sog. ¹clampingª. Im
Falle eines perihepatisch, aber infradiaphragmal lokalisierten Tumorthrombus werden der Leberhilus nach Lebermobilisation und die V. cava vor
Thrombusdissektion infradiaphragmal
ausgeklemmt. Bei suprahepatischer
Ausdehnung des Thrombus mit Infiltration der Venenwand, der hepatischen
Venen oder des rechten Atriums erfolgt
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Originalien
die operative Sanierung in Hypothermie mit kardiopulmonalem Bypass und
zirkulatorischem Arrest, wobei diese
Strategie nach unserer eigenen Erfahrung und nach der anderer Autoren keinen signifikanten Anstieg von perioperativer Morbidität oder Mortalität zur
Folge hat [7].
Bei sonographisch oder im abdominellen CT geäuûertem Verdacht auf
Vorliegen eines Kavathrombus erfolgte
die weitere diagnostische Abklärung
bis vor kurzem mittels Kavographie.
Bei kleinem, infrahepatischem Thrombus verzichten wir heute auf eine weitere präoperative Diagnostik. Alternativ
zur Kavographie und in zunehmendem
Umfang kommt heute als für den Patienten weniger belastendes Untersuchungsverfahren die Kernspintomographie zur Anwendung, die eine ähnlich
gute Abgrenzung des Kavathrombus
bei gleichzeitigem Nachweis eventueller
Stenosen im Bereich der kontralateralen
Arteria renalis mit der dann gegebenen
Möglichkeit der einzeitigen operativen
Revision erlaubt.
Statistische Auswertung
Die univariate Analyse mittels LogRank-Test wurde eingesetzt, um zunächst die statistische Signifikanz jeder
einzelnen Variable (Alter und Geschlecht der Patienten, Seitenverteilung
der Nierenzellkarzinome, histologischer Differenzierungsgrad, zelluläre
Differenzierung, Tumorgröûe, Nachweis einer Tumorinfiltration des Nierenbeckens, des Gefäûstiels, der Nierenkapsel oder des perirenalen Fettgewebes, Nachweis regionaler Lymphknoten- bzw. Fernmetastasen, Vorliegen
eines Kavathrombus und Thrombusausdehnung) für den Tumorprogreû zu
berechnen. Mittels T-Test bzw. U-Test
wurde die Vergleichbarkeit der Patientenkollektive mit und ohne Nachweis einer Propagation des Nierenzellkarzinoms in die V. cava im Hinblick auf
jede einzelne untersuchte Variable evaluiert. Die Überlebenszeit wurde definiert als Zeitraum zwischen operativem
Ersteingriff und dem durch Tumorprogression bedingten Tod des Patienten
bzw. dem Ende der Nachbeobachtungszeit und mit der Methode nach KaplanMeier berechnet. Im Anschluû an die
univariate Analyse wurde mittels CoxRegressionsanalyse multivariat unter-
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Der Urologe [A] 3´98
sucht, ob eine der untersuchten Variablen als von den anderen unabhängiger
Prognosefaktor für das Langzeitüberleben identifiziert werden kann.
Ergebnisse
Bei einem Follow-up von 1±154 Monaten
für das gesamte Patienkollektiv betrug
die mittlere Überlebenszeit für 53 Patienten mit Propagation eines Tumorthrombus in die V. cava 32 Monate
(1±154 Monate) gegenüber 35 Monaten
für Patienten ohne Kavathrombus
(1±98 Monate).
Unter Ausschluû der Patienten, die
intra- oder postoperativen Komplikationen erlagen (7 Patienten mit und
2 Patienten ohne Kavathrombus), verstarben insgesamt 21 von 53 (40 %) bzw.
19 von 47 Patienten (44 %) mit und
ohne Kavathrombus während der Nachbeobachtungszeit.
Aufgrund von Komplikationen im
Gefolge des operativen Eingriffs verstarben insgesamt 7 von 53 Patienten
(13 %) ( < 4 Wochen postoperativ: 6 Patienten, > 4 Wochen: 1 Patient) (Lungenembolie: 3 Patienten, akutes Rechtsherzversagen: 2 Patienten, foudroyante
Sepsis: 1 Patient, Leberversagen nach
Hemihepatektomie: 1 Patient) mit und
2 von 47 Patienten (4 %) ohne Kavathrombus (Multiorganversagen bzw. respiratorische Insuffizienz jeweils 1 Patient). Demgegenüber verstarben 21 von
28 Patienten bzw. 19 von 21 Patienten
mit und ohne Kavathrombus an einer
Progression des Tumorleidens. Von diesen 21 bzw. 19 Patienten mit und ohne
Nachweis eines Kavathrombus wiesen
13 bzw. 15 Patienten bereits zum Zeitpunkt des operativen Eingriffs Fernmetastasen auf. Die Diagnose regionaler
Lymphknotenmetastasen bzw. der
Nachweis einer zum Zeitpunkt der Operation bereits erfolgten Fernmetastasierung erwies sich als statistisch signifikante und von den anderen untersuchten Tumorcharakteristika unabhängige
prognostische Variable für das Langzeitüberleben des Gesamtkollektivs der
insgesamt 100 untersuchten Patienten
mit bzw. ohne Nachweis eines Kavathrombus (p < 0,001 bzw. p = 0,0009).
Für Patienten mit Kavathrombus,
die zum Zeitpunkt des primären operativen Eingriffs keine regionalen Lymphknoten- oder Fernmetastasen aufwiesen, wurde unter Ausschluû der an
peri- oder postoperativen Komplikationen verstorbenen Patienten eine mittlere Überlebenszeit von 42 Monaten
(4±147 Monate) ermittelt.
Unter Einschluû aller Patienten mit
und ohne Nachweis eines Kavathrombus fand sich das durchschnittliche
Langzeitüberleben bei Nachweis regionaler Lymphknoten- oder Fernmetastasen auf 11 bzw. 19 Monate verkürzt
(Langzeitüberleben bei nachgewiesener
Fernmetastasierung unter Ausschluû
eines Patienten mit Kavathrombus und
einem
tumorfreien
Überleben
von > 154 Monaten: 11 Monate). Unter
Ausschluû der an unmittelbar perioder postoperativen Komplikationen
verstorbenen Patienten war das durchschnittliche Langzeitüberleben im Falle
einer regionalen Lymphknoten- oder
Fernmetastasierung für das Gesamtkollektiv auf 14 bzw. 13 Monate verkürzt.
Dieser Unterschied erwies sich als statistisch signifikant.
Statistische Auswertung
Für Patienten mit und ohne Kavathrombus zeigte sich im Hinblick auf die Länge
der
Nachbeobachtungszeit
(p = 0,701), das Alter (p = 0,515), den histologischen Differenzierungsgrad (G)
(p = 0,384), das Vorliegen von Lymphknoten- (p = 0,407) oder Fernmetastasen (p = 0,639), eine Infiltration des perirenalen Fettgewebes (p = 0,547), eine
Infiltration des Nierenhilus (p = 0,822),
oder der Nierenkapsel (p = 0,238) kein
signifikanter Unterschied im Vergleich
beider Patientengruppen (T-Test). Lediglich für den Nachweis einer Nierenbeckeninfiltration (p = 0,017) fand sich,
ebenso wie für die maximalen Durchmesser
der
Nierenzellkarzinome
(p = 0,001), ein signifkanter Unterschied mit einem gröûeren maximalen
Tumordurchmesser für Patienten mit
Kavathrombus und einer sich hierdurch
vermutlich erklärenden gröûeren Anzahl das Nierenbecken infiltrierender
Tumoren.
In der Univarianzanalyse mittels
Log-Rank-Test erwies sich das Langzeitüberleben unter Einschluû aller Patienten mit bzw. ohne Kavathrombus
als unabhängig von Alter (p = 0,837),
Geschlecht (p = 0,144), Differenzierungsgrad (p = 0,967), Tumorgröûe
(p = 0,414), zellulärer Differenzierung
(hellzellig:
p = 0,513,
granulär:
Abb. 1 ~ Langzeitüberleben für Patienten mit Nierenzellkarzinom mit bzw. ohne Nachweis eines
Kavathrombus
p = 0,681), Infiltration des Nierenhilus
(p = 0,139), Infiltration der Nierenkapsel (p = 0,153), Infiltration des perirenalen Fettgewebes (p = 0,201), Vorliegen
eines Kavathrombus (p = 0,391) und
letztlich der kranialen Thrombusausdehnung (p = 0,158) (Staehler I: p =
0,106, Staehler II: p = 0,266, Staehler
IV: p = 0,261). Demgegenüber bestand
eine signifikante Korrelation zum Vorliegen von Lymphknoten- (p < 0,001)
oder Fernmetastasen (p = 0,0009) bzw.
dem Nachweis einer Nierenbeckeninfiltration (p = 0,0055). Im Rahmen der
Multivarianzanalyse erwies sich lediglich der Nachweis regionaler Lymphknoten- (p = 0,0137) bzw. Fernmetastasen (p = 0,0367) als unabhängiger Prognosefaktor für das Langzeitüberleben
der Patienten.
Diskussion
Für den Zeitraum vor 1950 wurde in der
Literatur für das operativ mittels radikaler Nephrektomie therapierte Hypernephrom eine durchschnittliche 5-Jahres-Überlebensrate von etwa 30 % berichtet. Bis heute konnte die mittlere 5Jahres-Überlebensrate für Patienten
mit einem Tumorstadien T1±T3 trotz
der Weiterentwicklung operativer Techniken und begleitender, verbesserter intensivmedizinischer Maûnahmen auf
lediglich 50 % verbessert werden. Eine
Erklärung könnte darin bestehen, daû
bis heute suffiziente adjuvante Therapieregime zur Behandlung lokal fortgeschrittener bzw. metastasierter Tumoren kaum zur Verfügung stehen.
Die Propagation eines Tumorthrombus in die V. cava in Assoziation
mit einem Nierenzellkarzinom wird in
4±10 % der Fälle beobachtet. Bei
10±25 % dieser Patienten findet sich die
kraniale Thrombusgrenze oberhalb der
Lebervenenmündung, supradiaphragmal oder innerhalb des rechten Atriums. Weisen Gefäûbeteiligung bzw. Gefäûeinbruch in der Regel auf eine ungünstige klinische Prognose des Tumorpatienten hin, wird die prognostische
Bedeutung des sich bei Nierenzellkarzinomen über die V. renalis in die V. cava
ausdehnenden Tumorthrombus trotz
einer Reihe früherer Untersuchungen
immer noch kontrovers diskutiert.
Skinner et al. [1] waren die ersten,
die für 11 Patienten mit Nierenzellkarzinom und Tumorpropagation in die V.
cava inferior bei einer 5-Jahres-Überlebensrate von 55 % (10-Jahres-Überlebensrate: 43 %) auf eine durchaus gute
klinische Prognose für Patienten ohne
regionale Lymphknoten- oder Fernmetastasen nach radikal operativem Vorgehen und kompletter Dissektion des
Tumorthrombus hinwiesen.
In einer Reihe weiterer Untersuchungen wurden eine inkomplette Resektion des Kavathrombus sowie das
Vorliegen regionaler Lymphknotenoder Fernmetastasen ebenfalls als Prognosefaktoren für das Langzeitüberleben der Patienten identifiziert, jedoch
wurde die prognostische Bedeutung
des Kavathrombus, ebenso wie die der
kranialen Thrombusausdehnung, uneinheitlich bewertet. Neben einer inkompletten Thrombusresektion wurde
insbesondere der rechtsatrialen Propagation eine negative Beeinflussung der
klinischen Prognose zugeschrieben [3,
5, 12]. Entsprechend den verfügbaren Literaturdaten wird das durchschnittliche
Langzeitüberleben nach Nephrektomie
und Extirpation des Thrombus mit
43 Monaten, die 5-Jahres-Überlebensrate zusammenfassend mit durchschnittlich 25 % angegeben [3±6, 8, 9, 11±15].
Die bis heute letztgültig fehlende
Klärung der Frage nach einer von anderen Tumorcharakteristika unabhängigen prognostischen Bedeutung des Kavathrombus für Patienten mit Nierenzellkarzinom erklärt sich zum einen
daraus, daû in bisherigen Untersuchungen eine statitische Aufschlüsselung solcher Tumorcharakteristika, die als prognostische Parameter diskutiert bzw.
identifiziert wurden (histologische Differenzierung, histologischer Differenzierungsgrad, Infiltration des perirenalen Fettgewebes, Infiltration des Nierenbeckens, Vorliegen von Lymphknotenoder Fernmetastasen und letztendlich
Der Urologe [A] 3´98
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Originalien
Abb. 2 3 Langzeitüberleben für Patienten
mit intrakavaler Propagation eines Nierenzellkarzinomes mit bzw. ohne Nachweis
regionaler Lymphknotenmetastasen
Nachweis eines Kavathrombus) [8, 10,
11] mittels uni- oder multivariater
Mehrparameteranalyse nicht oder nur
ansatzweise erfolgte. Zwar wurde der
negative prognostische Einfluû einer
Fettgewebsinfiltration bzw. Lymphknoten- oder Fernmetastasierung auf den
klinischen Verlauf von Patienten mit
Nierenzellkarzinom und Kavathrombus
in einigen Untersuchungen erkannt, jedoch ebenso wie die kraniale Ausdehnung des Tumorthrombus dem Krankheitsverlauf nur isoliert gegenübergestellt. Die klinische Prognose von Patienten
mit
Kavathrombus
bei
gleichzeitig fehlenden bzw. nachgewiesenen Lymphknoten- oder Fernmetastasen wurde in einigen Studien zwar
der einer Kontrollgruppe ohne Kavathrombus gegenübergestellt, jedoch erfolgte meist keine detaillierte Charakterisierung beider Patientengruppen im
Hinblick auf die oben genannten biologischen Variablen, um so eine kontrollierte Mehrparameteranalyse zu ermöglichen. Als weiterhin problematisch erweist sich die Interpretation der zur
Verfügung stehenden Literaturdaten
auch insofern, als die Verwendung unterschiedlicher Stagingsysteme (Robson-Klassifikation, TNM-System in seinen verschiedenen Modifikationen)
kaum einen unmittelbaren Vergleich
einzelner Untersuchungen erlaubt.
Zur Untersuchung der Bedeutung
des Kavathrombus im Sinne einer biologischen Variable von unabhängigem
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Der Urologe [A] 3´98
prognostischen Wert für die klinische
Prognose von Patienten mit Nierenzellkarzinom wurde in der vorliegenden
Untersuchung der klinische Verlauf von
53 Patienten mit RCC und Propagation
eines Tumorthrombus in die V. cava
dem Langzeitüberleben einer Kontrollgruppe, bestehend aus 47 Patienten mit
Nierenzellkarzinom ohne Kavathrombus, gegenübergestellt. In die Kontrollgruppe wurden 47 von 283 zwischen
1988 und 1992 in unserer Klinik wegen
der Diagnose eines Nierenzellkarzinomes operierte Patienten aufgenommen.
Im Vergleich der Patienten mit und
ohne Kavathrombus sollte, abgesehen
vom Nachweis eines Tumorthrombus,
im Hinblick auf die Alters- und Geschlechtsverteilung, eine adjuvant applizierte Immun- bzw. Immunchemotherapie, die Anzahl der nach Resektion
von Fernmetastasen als tumorfrei eingestuften Patienten (NED) und alle weiteren als eventuelle Prognosefaktoren
für das Langzeitüberleben zu diskutierenden Tumorcharakteristika, eine
möglichst weitgehende Übereinstimmung erzielt werden, die, abgesehen
von der Tumorgröûe und dem Nachweis
einer Nierenbeckeninfiltration, für 47
der 283 evaluierten Patienten auch erzielt werden konnte.
Bei einem mittleren Langzeitüberleben von 32 bzw. 35 Monaten für Patienten mit Nierenzellkarzinom mit und
ohne Kavathrombus konnte in der Unibzw. Multivarianzanalyse weder für die
Propagation eines Tumorthrombus in
die V. cava inferior (p = 0,391), noch für
die kraniale Thrombusausdehnung
(p = 0,158) ein prognostischer Wert ermittelt werden. Lediglich eine regionale
Lymphknoten- (p < 0,001) oder Fernmetastasierung (p = 0,009) wurde auch
multivariat als unabhängiger Prognosefaktor für Patienten mit Nierenzellkarzinom identifiziert.
Während für Patienten mit Kavathrombus und ohne Nachweis regionaler Lymphknoten- oder Fernmetastasen
unter Ausschluû der an peri- oder postoperativen Komplikationen des operativen Eingriffs Verstorbenen ein durchschnittliches Langzeitüberleben von
42 Monaten ermittelt wurde, war dies
bei Nachweis einer regionalen Lymphknoten- oder Fernmetastasierung auf
14 bzw. 13 Monate verkürzt. Insbesondere der Vergleich der Kaplan-Meier-Analysen für Patienten mit und ohne Kavathrombus bei nachgewiesenen bzw. fehlenden Lymphknotenmetastasen weist
darauf hin, daû das Langzeitüberleben
nicht durch die intrakavale Tumorpropagation, sondern lediglich durch die
Lymphknotenmetatasierung beeinfluût
wird (Abb. 2, 3). Diese Daten zeigen,
daû für Patienten mit Nierenzellkarzinom und Propagation des Tumors in
die V. cava inferior bei fehlender
Lymphknotenmetatasierung die komplette Dissektion des Tumorthrombus
angestrebt werden sollte. Die perioperative Mortalität, allerdings unter Ein-
Abb. 3 ~ Landzeitüberleben für Patienten mit Nierenzellkarzinom ohne Nachweis eines Kavathrombus mit
bzw. ohne Nachweis regionaler Lymphknotenmetastasen
schluû von Patienten, die unter noch
nicht allen heute zur Verfügung stehenden suffizienten intensivmedizinischen
Rahmenbedingungen einem sehr ausgedehnten operativen Eingriff zugeführt wurden, betrug in unserer Serie
13 % und fand sich damit in Übereinstimmung mit verfügbaren Literaturdaten (3±16 %). Auch aus diesem Grunde
sollte die Operationsindikation bei
asymptomatischen Patienten für einen
Tumor mit Kavathrombus bei gleichzeitigem Nachweis von Lymphknotenoder Fernmetastasen aufgrund der
deutlich reduzierten Überlebenszeit
und des Fehlens suffizienter adjuvanter
Therapieverfahren sorgfältig überprüft
und eher zurückhaltend gestellt werden.
Zusammenfassend weist die vorliegende Untersuchung darauf hin, daû
weder die Diagnose eines Kavathrombus noch die kraniale Thrombusausdehnung prognostische Relevanz für
das Langzeitüberleben von Patienten
mit Nierenzellkarzinom besitzen. Die
Propagation eines Nierenzellkarzinoms
in die V. cava scheint somit eine tumorbiologisch andere Wertigkeit zu besitzen als die sonst im Bereich maligner
Tumoren zu beobachtende und als ungünstiges prognostisches Kriterium zu
wertende Gefäûinfiltration. In diesem
Zusammenhang erscheint die Propagation eines Nierenzellkarzinoms in die
V. cava entsprechend unseren Ergebnissen als nicht mit der Entstehung von
Fernmetastasen korreliert. Die sich aus
der vorliegenden Untersuchung in therapeutischer Hinsicht ergebende Konsequenz wäre, zwar prinzipiell eine radikale operative Sanierung mit kompletter Thrombusresektion anzustreben, die Operationsindikation für
Patienten mit Fernmetastasen jedoch
eher zurückhaltend zu stellen, da für
diese die stattgehabte Metastasierung
den limitierenden prognostischen Faktor darstellt.
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