5. Marktwirtschaft und Marktversagen 5.1. Pareto Effizienz der

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Einführung in die Wirtschaftspolitik
5-1
Prof. Andreas Haufler (SoSe 2010)
5. Marktwirtschaft und Marktversagen
5.1. Pareto Effizienz der Marktwirtschaft
nachdem im Kapitel 4 grundlegende Funktionen des Staates
wie die Schaffung von Eigentums- und Vertragssicherheit
im Zentrum standen (Ordnungspolitik), geht es in diesem
Kapitel um direkte staatliche Eingriffe in einzelne Märkte
(Prozesspolitik).
Dazu wird zunächst der Referenzfall diskutiert, unter denen
eine Marktwirtschaft keinerlei direkte staatliche Interventionen benötigt. Dies wird ausgedrückt im:
1. Hauptsatz der Wohlfahrtsökonomik
Bei vollständiger Konkurrenz und vollständigen Märkten ist
jedes Marktgleichgewicht ein Pareto Optimum.
intuitive Begründung: Bedingung für Pareto Optimum
(vgl. Kap. 2):
A
B
GRSx,y
= GRSx,y
= GRTx,y
(5.1)
In einer Marktwirtschaft mit zwei Konsumenten (A, B),
zwei Gütern (x, y) und zwei Faktoren (g1, g2) gilt:
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1. Tauscheffizienz: Aus Nutzenmaximierung der Konsumenten folgt:
∂uB /∂x
∂uA/∂x
px
B
A
= GRSx,y = B
= GRSx,y =
.
A
∂u /∂y
py
∂u /∂y
(5.2)
Da sich alle Konsumenten dem gleichen Preisvektor gegenüber sehen, gleichen sich auch die GRSx,y zwischen
allen Individuen an.
2. Produktionseffizienz: optimale Inputentscheidung gewinnmaximierender Unternehmen bei Konkurrenz auf
Faktormärkten
∂x
∂y
px
= wgi = py
∀ i
(5.3)
∂gi
∂gi
Da sich alle Produzenten den gleichen Faktorpreisen gegenüber sehen, gleichen sich auch die Wertgrenzproduktivitäten beider Faktoren gi über die verschiedenen Sektoren (und Firmen) an.
3. Gesamteffizienz: aus (5.3.) ergibt sich durch einfache Umformung
px (∂y/∂gi) GKx
=
=
= GRTx,y
py (∂x/∂gi) GKy
(5.4)
Aus (5.2) und (5.4) folgt: da sich Produzenten und
Konsumenten dem selben Güterpreisvektor gegenüber
sehen, gleichen sich GRSx,y und GRTx,y an.
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Diese Argumentation kann für beliebig viele Konsumenten,
Güter und Faktoren verallgemeinert werden.
einfache Erweiterungen:
1. intertemporale Ökonomie: betrachte ein Gut zu verschiedenen Zeitpunkten als unterschiedliche Güter;
2. Ökonomie mit Risiko: definiere einen Markt für jeden
möglichen Umweltzustand und betrachte ein Gut in unterschiedlichen Umweltzuständen als verschiedene Güter.
Diskussion der Bedingungen:
vollständige Konkurrenz: sichert, dass Produzentenpreise die tatsächliche Knappheit der Produktionsfaktoren und die Produktionstechnologien wiedergeben
vollständige Märkte: mehrere Aspekte
• keine Externalitäten
• Rivalität im Konsum (sonst: öffentliche Güter)
• symmetrische Information (über bekannte Wahrscheinlichkeiten)
• rationale (souveräne) Konsumenten
Nicht-Gültigkeit dieser Bedingungen → Gründe für allokatives Marktversagen
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5.2 Allokatives Marktversagen
1. Unvollständige Konkurrenz
• jede Abweichung von perfekter Konkurrenz führt zu Auseinanderfallen von Preis (= Grenznutzen im Konsumentenoptimum) und Grenzkosten (=volkswirtschaftliche Opportunitätskosten des Ressourceneinsatzes) eines Gutes.
• Beispiele: Netzindustrien (Telekommunikation, Bahn, Strom
und Gas)
• Staatliche Gegenmaßnahmen: Übernahme des Sektors
durch den Staat oder staatliche Korrektur durch Preisregulierung (→ Wettbewerbspolitik)
2. Externe Effekte
• Die Produktion oder der Konsum eines Gutes verursacht
Kosten , die über die Kosten für die Bezahlung der Produktionsfaktoren hinausgehen und daher vom Produzenten nicht berücksichtigt bzw. internalisiert werden.
• Beispiele: CO2 Ausstoß bei der Verbrennung in Motoren und Heizungen, Umweltverschmutzung durch giftige
Chemikalien, FCKW, Grundwasserverunreinigung etc.
• Staatliche Gegenmaßnahmen: Besteuerung des umweltschädigenden Gutes (Pigou-Steuer) oder Handel mit Umweltzertifikaten (→ Umweltpolitik)
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Diskussion:
1. Das generelle Prinzip, das staatliche Eingriffe rechtfertigt, ist eine unvollständige Internalisierung der Kosten eigener Handlungen durch den Verursacher (externe
Effekte für die Gesellschaft). Dieses Prinzip unterliegt
letztlich allen Formen des Marktversagens.
2. Unvollständige Konkurrenz und unvollständige Märkte
sind in vielen Bereichen der Wirtschaft anzutreffen. Daher gibt es eine Reihe grundsätzlicher allokativer Argumente für staatliche Eingriffe in einzelne Märkte. Diese
werden in der Vorlesung Ressourcenallokation und
Wirtschaftspolitik ausführlich analysiert und diskutiert.
3. Nach dem Coase Theorem (1960) könnten staatliche
Eingriffe prinzipiell durch private Tauschhandlungen ersetzt werden, wenn die Eigentumsrechte klar definiert
sind. Das Coase Theorem abstrahiert aber von Transaktionskosten. Private Verhandlungen führen jedoch zu
hohen Transaktionskosten, wenn die Zahl der betroffenen Wirtschaftssubjekte sehr groß wird. In dieser Perspektive sind staatliche Eingriffe deshalb wohlfahrtserhöhend, weil sie zur Senkung der Transaktionskosten bei
fehlenden oder unvollständigen Märkten beitragen.
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