Spinnmilben im Obstbau Rote Spinne und Gemeine Spinnmilbe Im Obstbau tritt vor allem die Rote Spinne oder Obstbaumspinnmilbe (Panonychus ulmi) auf. Aber auch die Gemeine Spinnmilbe (Tetranychus urticae), welche ein sehr breites Pflanzenspektrum hat, kann zum Beispiel in Kirschen Schäden verursachen. Sowohl von der Lebensweise, wie auch vom Aussehen, unterscheiden sie sich geringfügig. Milben durchlaufen nach dem Eistadium ein Larvenstadium und zwei Nymphenstadien. Die adulten Spinnmilben, wie auch die Nymphen, haben vier Beinpaare, die Larven nur drei Beinpaare. Die Rote Spinne überwintert in Eiform auf Ästen, Knospen oder am Stamm. Etwa Anfang bis Mitte April beginnt der Larvenschlupf und hat seinen Höhepunkt während der Apfelblüte. Die jungen Larven nehmen sodann ihre Saugtätigkeit an der Blattunterseite auf. Die Entwicklung vom Ei bis zum Adulttier dauert rund vier Wochen, bei hohen Temperaturen geht es entsprechend schneller. Je nach Jahr entwickeln sich vier bis sechs Generationen, welche sich überlappen. Ab August bis in den Oktober werden die Wintereier abgelegt. Die Gemeine Spinnmilbe überwintert als adulte, orange gefärbte Weibchen unter der Baumrinde oder am Boden unter Blättern geschützt. Im März wandern sie auf krautige Pflanzen, falls diese vertrocknen, können sie auch auf Obstbäume abwandern. Die Gemeine Spinnmilbe entwickelt sich rascher als die Rote Spinne und kann zwischen sechs bis acht Generationen pro Jahr machen. In einem trockenen Sommer kann die Vermehrung explosionsartig verlaufen. Charakteristisch für einen Befall mit der Gemeinen Spinnmilbe sind die Gespinste an der Blattunterseite. Überwachung der Spinnmilben Die Rote Spinne kann mittels Astproben im Winter überwacht werden, dann sind die rotglänzenden Eier im 2-3 jährigen Fruchtholz auf Knospen und Fruchtspiessen gut sichtbar. Nach der Blüte und im Sommer wird die Unterseite von älteren Blättern auf Besatz mit Spinnmilben kontrolliert, dabei auch gut auf das Vorhandensein von Raubmilben achten. Die Schadschwelle der Roten Spinne liegt nach der Blüte bei Besatz 50-60%, im Juni / Juli bei 40% und August / September bei 30% Besatz. Solange ein gutes Verhältnis (gleicher Besatz und höher) zwischen Raubmilben- und Spinnmilben besteht, ist keine direkte Bekämpfung notwendig. Da die Entwicklung der Spinnmilben, speziell bei hohen Temperaturen, sehr schnell vorangehen kann, ist eine gründliche und mehrmalige Kontrolle sehr wichtig. Günstigste Bekämpfungsmöglichkeit Die kostengünstigste und nachhaltigste Bekämpfungsmöglichkeit ist das Ausnützen von vorhandenen Gegenspielern der Spinnmilbe. Zu den bekanntesten Gegenspielern gehören Raubmilben der Art Typhlodromus pyri und Amblyseius andersoni, aber auch diverse anderen (Kugelkäfer, Blumenwanzen, Weichwanzen, u.a.). Raubmilben der Art Typholdromus pyri sind etwas kleiner als Spinnmilben und sind flinker unterwegs. Die adulten Weibchen der Raubmilben überwintern in tiefen Rindenrissen oder ähnlichen Verstecken. Die durchsichtigen Eier werden einzeln auf die Blattunterseite abgelegt, meist entlang der Mittelader. Nymphen und Adulttiere der Raubmilben sind sehr gefrässig, das heisst sie stechen mit ihren Kiefern die Spinnmilben an und saugen diese aus. Sind keine Spinnmilben vorhanden, können sich adulte Raubmilben auch von Pollen ernähren oder auch von Rostmilben. Raubmilben sind jedoch nicht in allen Obstanlagen anzutreffen, speziell in Junganlagen müssen sie sich erst etablieren. Raubmilben können von gut besetzten Anlagen beispielsweise mittels Filzbänder (ab August bis Winter aufhängen und im Frühjahr übersiedeln) oder mittels Langtriebe im Sommer umgesiedelt werden. Sind die Raubmilben einmal in der Obstanlage vorhanden, sollten die Spritzmittel entsprechend der Raubmilben Schonung ausgewählt werden. Raubmilben Gefährdung durch Spritzmittel Viele Insektizide und Fungizide werden auf ihre Raubmilben-Toxizität mit einem N eingestuft, was neutral bis wenig gefährlich heisst und einer Reduktion der Raubmilben von null bis vierzig Prozent gleichzusetzen ist. Nachfolgend sind jene Mittel aufgeführt welche ein höhere Raubmilben Gefährdung als N aufweisen. Raubmilbengefährdung Insektizide N-M (<40 -60 % Reduktion) T (60-100% Reduktion) Chlorpyriphos /-methyl (Pyrinex, Abamectin (Verticmec), Reldan), Diazinon, Novaluron Dimethoat (Perfektion, etc.), (Rimon), Öl-Phosphorsäureester Mineralöl 3.5% (Veralin CD, Oleo-Diazinon), Mineralöl 1-2%, Phosalone (Zolone), Spinosad (Audienz), Spirotetramat (Movento Arbo) Fungizide Netzschwefel bis 0.3%, Netzschwefel > 0.4%, Schwefelsaure Tonerde (MycoThiram, Ziram Sin, Myco-San), Thiophanatmethyl (Cercobin) Akarizide Etoxazol (Arabella), Fenazaquin (Magister), Fenpyroximat (Kiron), Spirodiclofen (Envidor), Tebufenpyrad (Zenar) Tabelle 1: Raubmilbengefährdung verschiedener Pflanzenschutzmittel (Quelle: Flugschrift 122, ACW) Bekämpfungsstrategien In Ausnahmefällen kann der Einsatz eines spezifischen Akarizids jedoch notwendig werden. Bei der Wahl der Produkte ist der Einsatzzeitpunkt und die vorhandenen Stadien genau zu beachten (siehe Tabelle 2). Tabelle 2: Mögliche Bekämpfungsstrategien der Spinnmilbe (Quellen: Flugschrift 122, ACW; Technische Merkblätter Firmen) Bei einem nesterweisen Befall empfiehlt sich nur die Befallsherde zu bekämpfen. Aufgrund ihrer Lebensweise (schneller Generationenwechsel mit verschiedenen Stadien nebeneinander) sind sowohl die Rote Spinne wie auch die Gemeine Spinnmilbe stark resistenzgefährdet. Entsprechend wichtig ist, dass pro Saison maximal eine Behandlung mit Mitteln aus derselben Resistenzgruppe durchgeführt wird. Allgemein wurde die Erfahrung gemacht, dass Behandlungen im Frühjahr erfolgreicher sind, als im Hochsommer (Juli / August). Akarizide haben vorwiegend Kontaktwirkung. Für eine erfolgreiche Spinnmilbenbekämpfung ist die Applikationstechnik deshalb sehr wichtig. Bei der Bekämpfung der Wintereier, sollten diese möglichst gleichmässig mit Spritzbrühe bedeckt sein. Werden die übrigen Stadien bekämpft ist eine gute Benetzung der Blattunterseite zu achten. Für den Einsatz von Akariziden werden deshalb eher hohe Brühmengen empfohlen (600-800 Liter). Inforama Beratung, Cornelia Schweizer, Tel. 034 413 70 22, [email protected] erschienen im Berner Obst 3, Juni 2011