9 Entscheidungen unter Unsicherheit

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Prof. Dr. M. Kocher
Entscheidungen unter Unsicherheit
Bisher haben wir immer Situationen betrachtet, in denen
Unsicherheit (Zufall, Risiko) keine Rolle spielte.
Für die Phänomene, die wir bisher untersucht haben (Konkurrenz-, Monopol- und Oligopolverhalten sowie Externalitäten), waren Modelle ohne Unsicherheit völlig ausreichend.
Nun wollen wir uns jedoch Phänomenen zuwenden, die wesentlich von Unsicherheit geprägt sind. Dazu gehören Versicherungen, Kreditvergabe, Investitionen, Finanzmärkte und,
wie wir sehen werden, vieles mehr.
Um diese Dinge analysieren zu können, müssen wir zunächst
modellieren, wie Individuen zwischen verschiedenen riskanten Alternativen eine Wahl treffen. Dazu müssen wir die
Präferenzen über unsichere Konsumbündel (sog. Lotterien)
beschreiben.
c Sven Rady und Monika Schnitzer 2008
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9.1 Die Erwartungsnutzenhypothese
Eine Lotterie besteht aus
• Zuständen der Welt s = 1, 2, . . . , S;
• Wahrscheinlichkeiten πs, mit denen die einzelnen Zustände der Welt eintreten (π1 + . . . + πS = 1);
• Konsumniveaus cs in jedem Zustand der Welt.
Bemerkungen:
• Ein Zustand der Welt kann alles mögliche beschreiben.
Im Fall einer Feuerversicherung zum Beispiel sind die
relevanten Zustände “Haus brennt ab”, “Haus brennt
nicht ab”.
• Dass die Wahrscheinlichkeiten πs sich zu eins aufaddieren bedeutet, dass einer der Zustände eintreten wird.
• Lotterien sind bedingte Konsumpläne, die für jeden möglichen Zustand der Welt ein Konsumniveau angeben.
Dabei beschränken wir uns auf ein einziges repräsentatives Gut (Geld). Oft werden wir auch von “Einkommen”
oder “Auszahlungen” oder “Vermögen” sprechen.
• Der Erwartungswert einer Lotterie ist definiert als
EW = π1 c1 + . . . + πS cS .
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• Ein sicherer Konsumplan ist eine Lotterie mit S = 1
und π1 = 1.
Die Erwartungsnutzenhypothese besagt zweierlei:
(1) Das Individuum ist charakterisiert durch eine Nutzenfunktion u(c).
(2) Bei der Wahl zwischen gegebenen Lotterien maximiert das Individuum den erwarteten Nutzen
EU = π1 u(c1) + . . . + πS u(cS ).
Bemerkungen:
• Eine solche Nutzenfunktion wird oft nach John von Neumann und Oskar Morgenstern als vNM-Nutzenfunktion bezeichnet.
• Man kann zeigen, dass unter der Erwartungsnutzenhypothese die vNM-Nutzenfunktion eindeutig ist bis auf
eine positive lineare Transformation, d.h. bis auf die Addition einer Konstanten und die Multiplikation mit einer
positiven Zahl. (Vergleichen Sie dies mit der Umrechnung von Celsius auf Fahrenheit.)
• Analog zur Konsumententheorie bei Sicherheit kann man
zeigen, dass die Erwartungsnutzenhypothese genau dann
gilt, wenn die Präferenzen des Individuums über alle
möglichen Lotterien gewisse Axiome erfüllen.
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• Die beiden wesentlichen Axiome sind:
Unabhängigkeitsaxiom. Gegeben seien Lotterien 1,
2 und 3. Wenn 1 2 und 0 < π < 1, dann
(1 mit W. π, 3 mit W. 1 − π)
(2 mit W. π, 3 mit W. 1 − π).
Stetigkeitsaxiom. Gegeben seien Lotterien 1, 2 und
3. Wenn 1 2 3, dann gibt es Wahrscheinlichkeiten π < 1 und π > 0, so dass
(1 mit W. π, 3 mit W. 1 − π)
2
(1 mit W. π , 3 mit W. 1 − π ).
• Was besagen diese Axiome? Finden Sie sie plausibel?
Normativ richtig? Wenn ja, dann sollten Sie Entscheidungen gemäss der Erwartungsnutzenhypothese fällen!
Frage: Kennen Sie Ihre vNM-Nutzenfunktion?
Wahrscheinlich nicht. Wir können aber etwas über sie herausfinden...
Dazu möchte ich Sie bitten, die folgenden drei Fragen zu
beantworten.
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Frage 1: Welcher sichere Betrag wäre genauso gut für Sie
wie eine Lotterie, bei der Sie entweder 4000 EURO gewinnen oder 1000 EURO verlieren, und zwar jeweils mit Wahrscheinlichkeit 1/2?
Ihre Antwort: B1 =
EURO
Frage 2: Welcher sichere Betrag wäre genauso gut für Sie
wie eine Lotterie, bei der Sie entweder 4000 EURO gewinnen
oder B1 erhalten, und zwar jeweils mit Wahrscheinlichkeit
1/2?
Ihre Antwort: B2 =
EURO
Frage 3: Welcher sichere Betrag wäre genauso gut für Sie
wie eine Lotterie, bei der Sie entweder B1 erhalten oder
1000 EURO verlieren, und zwar jeweils mit Wahrscheinlichkeit 1/2?
Ihre Antwort: B3 =
EURO
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Ihre drei Antworten bestimmen fünf Punkte auf ihrer vNMNutzenfunktion. Um dies graphisch darzustellen, normieren
wir die Funktion so, dass
u(−1000) = 0 und u(4000) = 1.
(Durch Wahl einer Konstanten und eines positiven Faktors
können wir das immer erreichen.)
u
rrrr
rrrrrrr
rr
rr
rr
rr
rrr
rrr
rrr
rrr
r
rrr
rr
rr
rr
rrr
rrr
rrr
rrr
1
rrr
rrr
2
rrr
rrr
rrr
rrr
rrr
rrr
rrr
rrr
rrr
rrr
rr
rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr
1
−1000
1000
2000
3000
4000
Figur 9.1: Ihre vNM-Nutzenfunktion
Beachten Sie:
u(B1) = 1/2, u(B2) = 3/4, u(B3) = 1/4
EURO
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9.2 Risikoaversion
Definition:
• Ein Individuum heißt risikoscheu, falls es eine sichere
Auszahlung in Höhe des Erwartungswertes einer Lotterie
dieser Lotterie vorzieht: u(EW ) > EU .
• Ein Individuum heißt risikoneutral, falls es zwischen
dieser sicheren Auszahlung und der Lotterie indifferent
ist: u(EW ) = EU .
• Ein Individuum heißt risikofreudig, falls es die Lotterie
dieser sicheren Auszahlung vorzieht: u(EW ) < EU .
rrrr
u(c) rrrrrrrrrrr
rrr
rr
rr
rr
rr
rrr
rrr
rrr
rrr
rrr
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rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr
r
c
Figur 9.2: Risikoaversion
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Resultat:
• Ein Individuum ist risikoscheu genau dann, wenn seine
vNM-Nutzenfunktion konkav ist.
• Ein Individuum ist risikofreudig genau dann, wenn seine
vNM-Nutzenfunktion konvex ist.
• Ein Individuum ist risikoneutral genau dann, wenn seine
vNM-Nutzenfunktion linear ist.
9.3 Sicherheitsäquivalent und Risikoprämie
Wenn wir zwei Individuen vergleichen, können wir dann sagen, wer riskoscheuer ist?
Wir können natürlich nicht einfach die Erwartungsnutzen
der beiden für eine gegebene Lotterie vergleichen. Aber wir
könnten die Personen fragen, welche sichere Auszahlung ihnen genauso viel wert wäre wie die Lotterie, und dann diese
sicheren Auszahlungen vergleichen.
Definition:
• Das Sicherheitsäquivalent (S Ä) eines Individuums
für eine gegebene Lotterie ist diejenige sichere Auszahlung, bei der das Individuum genau zwischen der Lotterie
und der sicheren Auszahlung indifferent ist:
u(S Ä) = EU.
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• Die Risikoprämie (RP ) eines Individuums für eine gegebene Lotterie ist die Differenz zwischen dem Erwartungswert der Lotterie und ihrem Sicherheitsäquivalent
für das Individuum:
RP = EW − S Ä.
Angewandt auf die obigen drei Fragen bedeutet das:
• B1 ist ihr S Ä für die Lotterie in Frage 1, etc.
• Ihre Riskoprämie für die Lotterie in Frage 1 ist
RP1 = 1500 − B1 =
EURO.
rrrr
u(c) rrrrrrrrrr
rrr
rr
rr
rr
rr
rrr
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rrr
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c
Figur 9.3: Sicherheitsäquivalent und Risikoprämie
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Resultat:
• Ein Individuum ist risikoscheu genau dann, wenn seine
Risikoprämie positiv ist: EW > S Ä.
• Ein Individuum ist risikofreudig genau dann, wenn seine
Risikoprämie negativ ist: EW < S Ä.
• Ein Individuum ist risikoneutral genau dann, wenn seine
Risikoprämie gleich Null ist: EW = S Ä.
Außerdem können wir nun sagen:
• Bei einer gegebenen Lotterie ist dasjenige Individuum
riskoscheuer, dessen Riskoprämie höher ist.
9.4 Nachfrage nach Versicherung
Betrachten wir ein Individuum mit Vermögen w und VNMNutzenfunktion u(w). Mit Wahrscheinlichkeit π wird diese
Person einen Verlust (Schaden) in Höhe von v erleiden. Wie
hoch ist ihre Zahlungsbereitschaft für eine Vollversicherung
gegen diesen Schaden? (Eine solche Versicherung würde im
Schadensfall den Verlust voll ersetzen, also v auszahlen.)
Nehmen wir an, eine solche Versicherung wird zum Preis
p angeboten. Dann muss die Person zwei Lotterien vergleichen:
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• Ohne Versicherung ist das Vermögen w − v, falls der
Verlust eintritt, und w sonst; das erwartete Vermögen
ist also
EWoV = π (w − v) + (1 − π) w = w − π v,
und der Erwartungsnutzen ist
EUoV = π u(w − v) + (1 − π) u(w).
• Mit Versicherung ist das Vermögen immer w −p, ob der
Verlust eintritt oder nicht:
EWmV = w − p,
EUmV = u(w − p).
Angenommen, die Versicherungsbranche bietet die Vollversicherung zum “versicherungstechnisch fairen” Preis an, d.h.
p = πv.
Frage: Wird die Person bei diesem Preis zugreifen?
Antwort: Ja, falls sie risikoscheu ist.
Denn dann gilt EWmV = EWoV , also
EUmV = u(EWmV ) = u(EWoV ) > EUoV .
Oder in Sicherheitsäquivalenten ausgedrückt:
S ÄmV = EWmV = EWoV > S ÄoV .
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Frage: Was ist der höchste Preis, zu dem die Person die
Vollversicherung kaufen würde?
Dieser Reservationspreis p̄ macht das Individuum gerade
indifferent zwischen Versichern und nicht Versichern:
u(w− p̄) = π
u(w − v) + (1 − π) u(w) .
EUmV
EUoV
In Sicherheitsäquivalente übersetzt:
w−
p̄ = S ÄoV .
S ÄmV
Das heißt, die Zahlungsbereitschaft für Vollversicherung ist
genau die Differenz zwischen dem Vermögen, wenn kein
Verlust eintritt, und dem Sicherheitsäquivalent des unversicherten Vermögens:
p̄ = w − S ÄoV .
Resultat:
• Ein risikoscheues Individuum ist bereit, mehr für Versicherung zu bezahlen als den erwarteten Verlust:
p̄ > πv.
Was ist die Intuition hierfür?
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9.5 Risikostreuung
Nehmen Sie an, Ihr jetziges Vermögen sei 20.000 EURO und
Ihre vNM-Nutzenfunktion sei logarithmisch: u(w) = ln w.
Ein riskantes Projekt
Sie haben die Möglichkeit, Ihr Vermögen in ein Projekt zu
stecken, das nach einer Investition von 20.000 EURO entweder 45.000 EURO oder 5.000 EURO auszahlt. Beide Ergebnisse sind gleich wahrscheinlich. Die erwartete Auszahlung
des Projektes ist somit 25.000 EURO.
Frage: Führen Sie das Projekt durch?
Wenn Sie es tun, sind Sie folgender Lotterie ausgesetzt:
• Mit Wahrscheinlichkeit
RO.
1
2
ist Ihr Vermögen 45.000 EU-
• Mit Wahrscheinlichkeit 12 ist Ihr Vermögen 5.000 EURO.
• Der Erwartungswert Ihres Vermögens ist EW = 25.000.
• Ihr Erwartungsnutzen ist
1
1
EU = ln(45.000) + ln(5.000) = 9, 61581.
2
2
• Ihr Sicherheitsäquivalent ist
S Ä = eEU = e9,61581 = 15.000 < 20.000.
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Sie werden das Projekt also nicht durchführen. Ihre Risikoprämie (10.000 EURO) ist so hoch, dass sie den Zuwachs
an erwartetem Vermögen (von 20.000 auf 25.000 EURO)
mehr als aufwiegt.
Ein risikoneutraler Financier
Nehmen Sie an, Sie haben einen risikoneutralen Gönner mit
großem Vermögen.
Frage: Welchen Handel würden Sie ihm vorschlagen?
Eine Partnerschaft
Nehmen Sie nun an, Sie kennen keinen riskoneutralen Financier, haben aber stattdessen die Möglichkeit, Anteile an
dem Projekt an Freunde und Bekannte abzugeben. Der Einfachheit halber nehmen wir an, dass diese genau dasselbe
Vermögen und dieselben Präferenzen besitzen wie Sie.
Frage: Was wäre, wenn Sie einen Ihrer Bekannten mit einem Anteil von 50% beim Projekt miteinsteigen ließen?
Wenn Sie das Projekt in dieser Partnerschaft durchführen,
sind Sie und Ihr Partner jeweils der folgenden Lotterie ausgesetzt:
• Mit Wahrscheinlichkeit
1
2
ist Ihr Vermögen
20.000 − 10.000 + 22.500 = 32.500.
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• Mit Wahrscheinlichkeit
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1
2
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ist Ihr Vermögen
20.000 − 10.000 + 2.500 = 12.500.
• Der Erwartungswert des Vermögens ist EW = 22.500.
• Der Erwartungsnutzen ist
EU =
1
1
ln(32.500) + ln(12.500) = 9, 9112.
2
2
• Das Sicherheitsäquivalent ist
S Ä = eEU = e9,9112 = 20.156 > 20.000.
Diese Partnerschaft macht die Durchführung des Projektes
also für beide Seiten profitabel!
Durch Aufteilung des Risikos auf mehrere Schultern werden die Risikoprämien so verringert, dass sie den erwarteten
Vermögenszuwachs nun nicht mehr aufwiegen.
Als “Inhaber” des Projektes hätten Sie allerdings noch besser abschneiden können...
Verkauf des halben Anteils
Frage: Was ist der höchste Preis, den einer Ihrer Bekannten
für einen Anteil von 50% an den Auszahlungen des Projektes
zu zahlen bereit wäre?
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Wir betrachten also ein Wertpapier, das dem Besitzer 22.500
EURO einbringt, falls das Projekt erfolgreich ist, und 2.500
EURO, falls nicht.
Falls einer Ihrer Bekannten dieses Papier zum Preis p kauft,
ist er der folgenden Lotterie ausgesetzt:
• Mit Wahrscheinlichkeit
1
2
ist sein Vermögen
20.000 − p + 22.500 = 42.500 − p.
• Mit Wahrscheinlichkeit
1
2
ist sein Vermögen
20.000 − p + 2.500 = 22.500 − p.
• Sein Erwartungsnutzen ist
1
1
EU = ln(42.500 − p) + ln(22.500 − p).
2
2
Der Maximalpreis p̄, zu dem Sie dem Bekannten das Wertpapier verkaufen können, macht ihn gerade indifferent zwischen Zugreifen und nicht Zugreifen:
1
1
ln(42.500 − p̄) + ln(22.500 − p̄) = ln(20.000).
2
2
Die Lösung für diese Gleichung ist
p̄ = 10.139
(wie man so etwas ausrechnet, soll uns nicht kümmern).
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Die zuvor betrachtete Partnerschaft (bei der der Bekannte
den Anteil an den Auszahlungen des Projektes implizit zu
einem “Preis” von 10.000 EURO erwirbt) lässt ihm eine
positive “Konsumentenrente”. Durch Erhöhen des Preises
für den Anteil können Sie diese Rente abschöpfen.
Nach Verkauf des Anteils zum Preis p̄ = 10.139 ist Ihr
Erwartungsnutzen
1
1
EU = ln(10.139+22.500)+ ln(10.139+2.500) = 9, 9189
2
2
und ihr Sicherheitsäquivalent gleich
S Ä = 20.311.
Frage: Lohnt es sich, auch die zweite Hälfte des Projektes
zu diesem Preis zu verkaufen?
Nein, denn Ihr Sicherheitsäquivalent wäre dann nur
S Ä = 2 · 10.139 = 20.278 < 20.311.
Die Erklärung hierfür ist die folgende:
• Nachdem Sie die erste Hälfte des Projektes verkauft haben, sind Sie um 139 EURO reicher als der Bekannte,
dem Sie die zweite Hälfte verkaufen würden.
• Bei der logarithmischen vNM-Nutzenfunktion steigt die
Zahlungsbereitschaft für den Anteil am Projekt mit dem
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Vermögen des potentiellen Käufers. (Dieser Vermögenseffekt ist sehr plausibel: Reichere Individuen sind weniger
risikoscheu.)
• Deswegen ist Ihre eigene Zahlungsbereitschaft für die
zweite Hälfte des Projektes höher als die Zahlungsbereitschaft Ihres Bekannten.
Verkauf kleinerer Anteile am Projekt
Frage: Was ist der höchste Preis, den einer Ihrer Bekannten
für einen Anteil von 1% an den Auszahlungen des Projektes
zu zahlen bereit wäre?
Falls ein Bekannter den entsprechenden Anteilsschein zum
Preis p kauft, ist er der folgenden Lotterie ausgesetzt:
• Mit Wahrscheinlichkeit
1
2
ist sein Vermögen
20.000 − p + 450 = 20.450 − p.
• Mit Wahrscheinlichkeit
1
2
ist sein Vermögen
20.000 − p + 50 = 20.050 − p.
• Sein Erwartungsnutzen ist
EU =
1
1
ln(20.450 − p) + ln(20.050 − p).
2
2
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Der Maximalpreis p̄, zu dem Sie dem Bekannten den einprozentigen Anteil verkaufen können, ist gegeben durch die
Indifferenzbedingung
1
1
ln(20.450 − p̄) + ln(20.050 − p̄) = ln(20.000).
2
2
Die Lösung für diese Gleichung ist
p̄ = 249.
Da das Auszahlungsrisiko relativ zum Vermögen des Bekannten nun recht klein ist, liegt die Zahlungsbereitschaft
nahe an der erwarteten Auszahlung von 250 EURO.
Wenn Sie auf diese Weise 100 einprozentige Anteile an 100
verschiedene Bekannte verkaufen, tragen Sie selbst kein Risiko mehr, und Ihr Sicherheitsäquivalent ist
S Ä = 100 · 249 = 24.900,
also fast Ihr erwartetes Vermögen bei Durchführung des
Projektes,
EW = 25.000
– die Risikoprämie ist also so gut wie verschwunden!
Durch den Verkauf der Anteile haben Sie Ihre Position also
beträchtlich verbessern können.
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Resultate:
• Bei sehr kleinen Risiken verhalten sich auch risikoscheue
Individuen annähernd risikoneutral. Das heißt, sie bewerten diese Risiken annähernd mit deren Erwartungswert.
• Durch feine Stückelung und breite Streuung der Anteile
kann ein riskantes Projekt annähernd zu seinem Erwartungswert (d.h. ohne Risikoprämie) verkauft werden.
• Wenn ein Risko zwischen einem risikoneutralen und einem risikoscheuen Akteur aufgeteilt werden soll, ist es
effizient, dass die riskoneutrale Seite die risikoscheue
Seite versichert, indem sie das gesamte Risko allein trägt.
Diskussion:
Was hat all dies zu tun mit
• Versicherungsmärkten?
• Finanzmärkten?
• Wagniskapital und Börsengängen?
• Verbriefung von Zahlungsströmen (Securitization)?
• Entlohnung von Arbeitnehmern?
Sind Risiken wirklich immer breit gestreut?
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