Konzert zum 60. Jahrestag des Kriegsendes

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St. Nikolai
D i e H a u p t k i r c h e
a m K l o s t e r s t e r n
Konzert zum 60. Jahrestag
des Kriegsendes
Sonntag, 8. Mai 2005, 18.00 Uhr
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Aus urheberrechtlichen Gründen und um das Konzert nicht zu stören,
sind Foto-, Film-, und Tonaufnahmen jeglicher Art nicht gestattet.
Programmheft-Redaktion: Eva Reisinger · Satz & Layout: Frauke Müffelmann
Arnold Schönberg (1874–1951)
Friede auf Erden op. 13
Ein Überlebender aus Warschau op. 46
Frank Martin (1890–1974)
In terra pax
Rolf Becker, Sprecher
Gabriele Rossmanith, Sopran
Schirin Partowi, Alt
Henning Kothe, Tenor
Klaus Häger, Bariton
Volker Philippi, Bass
Kinderchor der Kantorei St. Nikolai
Kantorei St. Nikolai
Hamburger Camerata
Matthias Hoffmann-Borggrefe
Unter der Schirmherrschaft von:
Prof. Gesine Schwan
Dr. Andrzej Byrt
Liebe Besucher des Konzertes
am 60. Jahrestag des Kriegsendes,
der 8. Mai 1945 war einer jener Tage im Laufe unserer deutschen Geschichte,
an dem die Welt stillstand, der lange Moment zwischen Aus- und Einatmen.
Die Katastrophe war nicht mehr hörbar – aber noch längst nicht sichtbar.
Langsam – über lange, lange Jahre wanderte die schmerzhafte Erinnerung
und die Erkenntnis durch viele Nebel. Erinnerung ist ein notwendiger Teil der
Kultur – wir werden daran weiter zu arbeiten haben.
Heute, 60 Jahre danach, erinnern Sie sich, liebe Besucher in der Hauptkirche
St. Nikolai in Hamburg, an den Tag, an dem die Herrschaft der Nationalsozialisten in unserem Land endete.
Viele Künstler haben versucht, das Grauen des Terrors auszudrücken, dazu
gehören Frank Martin und Arnold Schönberg.
Schönbergs tiefes Empfinden für die geschundene Stadt Warschau – aber auch
beider Sehnsucht nach Frieden auf der Welt sind ihre Antworten, die zurück,
aber auch in die Zukunft weisen.
Ich grüße Sie herzlich,
Ihre
Prof. Gesine Schwan
Präsidentin der Universität Viadrina Frankfurt/Oder
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Konzertbesucher,
die Hauptkirche St. Nikolai am Klosterstern in Hamburg hat, beginnend mit
dem 1. August 2004, bis zum 8. Mai 2005 mit Vorträgen und Konzerten einen
beachtenswerten Bogen gespannt: vom 60. Jahrestag des Warschauer
Aufstandes bis zum 60. Jahrestag der bedingungslosen Kapitulation
Hitlerdeutschlands.
Die Hauptkirche St. Nikolai hat in Zusammenarbeit mit unserem
Generalkonsulat in Hamburg, der Deutsch-Polnischen Gesellschaft und
weiteren Institutionen Ihrer Stadt damit einen wichtigen Beitrag zum
Verständigungsprozess zwischen Polen und Deutschen geleistet.
Mit dem heutigen Konzert zur Erinnerung an das Ende des Zweiten Weltkrieges
wird das Thema der gemeinsamen deutsch-polnischen Geschichte noch einmal
aufgenommen.
Der 8. Mai 2005 ist ein Tag des Gedenkens und der Besinnung. Wenn wir heute
zurückblicken, können wir aber auch mit Freude auf die vielen Annäherungen,
ja manche langjährigen Freundschaften verweisen, die sich zwischen Menschen
unserer beiden Länder entwickelt haben.
Gemeinsame Erinnerung und gemeinsame Arbeit an unserer europäischen
Zukunft ist ein Ziel, für das sich alle Anstrengungen lohnen.
Ich wünsche Ihnen ein bewegendes Konzert.
Dr. Andrzej Byrt
Botschafter der Republik Polen
in der Bundesrepublik Deutschland
Vision – Desillusion – Hoffnung?
Friede auf Erden und In terra pax – diese beiden trotz des gleichbedeutenden Titels
so unterschiedlichen Chorwerke umrahmen am heutigen Abend den Survivor from
Warsaw, einen verstörenden Versuch, das Grauen der Barbarei des Nationalsozialismus in Töne zu fassen. Schönbergs Friede auf Erden entstand 1907/11, also
vor den beiden Weltkriegskatastrophen, und hat darum einen ganz anderen Zungenschlag als Frank Martins In terra pax, ein Werk aus dem Jahr 1944 und gedacht
für den Tag des Waffenstillstands. Auf Schönbergs spätromantische Vision folgt
die völlige Desillusionierung des Überlebenden aus Warschau, während sich Martins
Oratorium breve an der christlichen Friedensbotschaft als Hoffnung für die Menschheit orientiert.
Schönberg: Friede auf Erden
Ob Arnold Schönberg sein Chorwerk Friede auf Erden wirklich für ein Preisausschreiben komponierte, lässt sich nicht mehr zweifelsfrei nachweisen. Interessanter
erscheint ohnehin eine Anmerkung des Komponisten zu einer Reinschrift aus dem
Jahr 1907/08, das Werk sei »womöglich ohne Begleitung (a cappella) auszuführen;
nur für den Fall, als die Reinheit der Intonation ausbleiben sollte, ist die Orgel zur
Begleitung heranzuziehen«. Diese erste Einschränkung der A-cappella-Forderung
war vermutlich eine Reaktion auf die wegen unüberwindbarer Schwierigkeiten
abgesetzten Proben des Werkes beim Wiener Singverein unter Franz Schalk im
Jahr 1908. Friede auf Erden wurde erst am 9. Dezember 1911 unter der Leitung von
Franz Schreker in Wien uraufgeführt, der bereits vor Probenbeginn eine instrumentale Unterstützung bei Schönberg anregte. Arnold Schönberg konzipierte
daraufhin im Herbst 1911 eine Orchesterbegleitung (Streicher, doppelt besetztes
Holz, 2 Hörner) zunächst nur für die Uraufführung, »weil Schreker es ohne das
nicht mit seinem jungen Chor riskieren kann«, wie er dem Direktor der Universal
Edition schrieb. Die Uraufführung im großen Saal des Musikvereins wurde dann
nach dem Bericht Franz Schrekers, der das Wiener Tonkünstler-Orchester »bis
beinahe zur Unhörbarkeit abgedämpft« hatte, ein »unbestrittener Erfolg«.
Conrad Ferdinand Meyer hatte sein Gedicht 1886 für die Weihnachtsnummer von
Schorers Familienblatt geschrieben und überließ es später auch Bertha von Suttner,
deren Friedensbewegung er sehr nahe stand, für ihre Zeitschrift Die Waffen nieder.
Die erste Strophe beginnt mit der weihnachtlichen Friedensbotschaft, die zweite
und dritte Strophe interpretieren die Menschheitsgeschichte als eine Zeit des
Unfriedens, jedoch nicht gänzlich losgelöst von der Hoffnung auf Gerechtigkeit
und Frieden (im säkularen Sinne), der sich in der kommenden Zeit (vierte Strophe)
verwirklichen lassen möge. Meyers eher säkulare Darstellung von Realität und
idealer Vision nähert Schönberg durch seine Vertonung wieder stärker dem Religiösen an. Dies erreicht er vor allen Dingen durch eine Art allegorischer Interpretation der »realen« und der »idealen« Welt, denen die Gegensatzpaare Polyphonie
und Homophonie wie auch Dissonanz und Konsonanz entsprechen. Das atmosphärisch unglaublich dichte und oft auch pathetisch aufgeladene Chorwerk lässt
gegen Ende aber doch eine gewisse Skepsis Schönbergs gegenüber Meyers Idealismus durchscheinen: Inmitten eines expressiven und sehr dynamischen Kontextes
erklingt das Wort »Friede« zweimal mit starken Dissonanzen und in sehr verhaltener
Dynamik – als sei es eine große Frage an die Zukunft. In einem Brief aus dem Jahr
1923 schreibt Schönberg über dieses, sein letztes in tonalem Stil gehaltenes Werk,
dass es »eine Illusion für gemischten Chor ist, eine Illusion, wie ich heute weiß,
der ich 1907, als ich sie komponierte, diese reine Harmonie unter Menschen denkbar
hielt«. Im Mai 1928 verfasste er einen Essay zum Thema Fehlt der Welt eine Friedenshymne?, in dessen Entwurf seine distanzierte Einstellung zum Einfluss der
Künste auf politisches Geschehen deutlich wird: »Wenn es vielleicht richtig ist,
dass man religiös sein muss, wenn man Kirchenmusik schreibt, verliebt wenn man
Liebeslieder [...] schreiben will, so muss man doch gewiss nicht verwundet sein
um einen Verwundeten oder sterbend um einen Sterbenden zu schildern. Und so
wäre es gewiss möglich, eine Friedenshymne zu komponieren, ohne dass man an
einen ewigen Frieden glaubt.«
Schönberg: Ein Überlebender aus Warschau
Im August/September 1947 komponierte Schönberg auf Anregung der russischen
Tänzerin, Tanzpädagogin und Choreographin Corinne Chochem seine Kantate
A Survivor from Warsaw, deren Text er selbst zusammenstellte, laut einer Notiz
auf der Titelseite des Particells »aus Berichten, die ich direkt oder indirekt erhalten
habe«. Verglichen mit anderen religiös inspirierten Werken Schönbergs wie Moses
und Aron oder Die Jakobsleiter schlägt hier das reflektierte zeitgenössische Geschehen eindeutig ins Politische um. Wenn der Erzähler zu Beginn des Textes berichtet: »They all started to sing ... the old prayer they had neglected for so many
years – the forgotten creed!«, so kann dies sicherlich auch für Schönberg gelten:
Er war 1898 evangelisch getauft worden und kehrte erst 1933 zum Judentum zurück
– auch er hatte das Bekenntnis Sch’ma Israel vergessen und sich seiner erst unter
dem entsetzlichen Eindruck der Schoah wieder erinnert.
Die Erzählung des Überlebenden aus Warschau beschreibt das für den nationalsozialistischen Terror typische Szenario eines Appells zur Selektion und Ausmusterung von Ghetto- oder Lagerbewohnern und greift hierbei signifikante Schemata
des NS-Lageralltags auf. Der in englischer Sprache verfasste Bericht des Überlebenden über die Erniedrigungen, Brutalitäten und Schikanen im Lager weist dem
deutschen Feldwebel bewusst deutschen Text zu, also die Sprache der Täter, noch
dazu mit Anklängen an den Berliner Dialekt. Das Warschauer Ghetto dient dabei
nur als stellvertretendes Beispiel für den Vernichtungsterror des Regimes, insofern
ist die Authentizität des Details weniger von Belang.
Höhepunkt und ergreifendster Moment ist der Augenblick, als das Abzählen der
Todgeweihten in jenes Sch’ma Israel übergeht, das in der jüdischen Liturgie dem
Hauptgebet des Rabbiners vorangeht: »Höre, Israel: Der Ewige, unser Gott, der
Ewige ist einzig, du sollst den Ewigen, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen
und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Vermögen.« Das Sch’ma Israel
wird als zentrales Glaubensbekenntnis des Judentums in Zeiten der Freude und
des Leids gesprochen, zum Ausdruck des Lobs, der Hoffnung und Zuversicht ebenso
wie als Stärkung für Zweifelnde und als letztes Wort Sterbender. In Schönbergs
Interpretation endet das Glaubensbekenntnis mit 5. Mose 6,7 (»...wenn du dich
legst und wenn du dich erhebst.«): Dies mag einerseits eine Anlehnung an das
Gebetbuch der reformierten jüdischen Gemeinden sein, gleichzeitig betont es aber
auch das metaphorische Moment des Sich-Erhebens gegen Unterdrückung und
Gewaltherrschaft und die »rebirth of the Jewish nation« (Timothy L. Jackson). Dieser
überwältigende Schlusschor gibt dem Ende des Werks eine enorme positive
Wirkung, und die »selbst in der größten Bedrängnis unerschütterlich bleibende
Liebe zu Gott und das Gottvertrauen sind dabei nicht nur Ausdruck des Selbstbehauptungswillens des jüdischen Volkes, sondern letztlich der Auftakt zum triumphalen Sieg über die Barbarei« (Ulrich Scheideler).
Martin: In terra pax
Frank Martin sah die Vertonung religiöser Texte als etwas sehr Privates an und
ließ aus diesem Grund eine 1929 komponierte Weihnachtskantate und eine Messe
für Doppelchor a cappella von 1922–26 lange Zeit unaufgeführt. Einer reinen
Kirchenmusik stand er fern, ja er hielt sie sogar für unmöglich. Eine religiös geprägte
Musik, etwa im Stile von Strawinskys Psalmensinfonie, erschien ihm jedoch durchaus ein gangbarer Weg. 1946 schrieb er: »Aber gerade aufgrund des Umstandes,
dass eine allgemeine religiöse Übereinstimmung heute nicht mehr existiert, steht
der Künstler, der ein religiöses Werk schaffen will, seinerseits vor der Unmöglichkeit,
eine Basis für eine wirkliche und generelle Übereinstimmung mit dem Hörer zu
finden. Ja, es kann sein, dass der Hörer durch die neuartige Textauslegung in seinen
Gefühlen beleidigt wird« (in: Écrits: Le compositeur moderne et les textes sacrés).
Einem außergewöhnlichen Auftrag aber gelang es, die Skrupel des Komponisten
zu überwinden: Im Sommer 1944 bat René Dovaz, Direktor von Radio Genf, Martin
um ein Chorwerk, das am Tage des Waffenstillstandes zum ersten Mal gesendet
werden sollte: »Nie wäre es mir in den Sinn gekommen, von mir aus in einem solchen Zeitpunkt einen Gegenstand von so brennender Bedeutung zu behandeln.
Aber da man mich fragte, ja beauftragte, hatte ich es leicht, an die Ausführung
zu gehen. Und mit welcher Freude! Denn ich befand mich fast in der Lage des alten
Meisters, der für die Kirche arbeitete. Ich musste das Publikum nicht von der Notwendigkeit eines solchen Werkes überzeugen, ich trug dafür keine Verantwortung.
Ich musste nur danach trachten, dem Hörer etwas zu bieten, was dem Tag
angemessen war, dem Tag des Friedens mit seiner überbordenden Freude, seiner
Angst und den schrecklichen Erinnerungen. Dauer und Besetzung waren mir vorgeschrieben und unterbanden langwieriges Zaudern. Solcherart schrieb ich von August
bis Oktober 1944 In terra pax, zeitweise mit den alliierten Armeen um die Wette
laufend. Sie ließen mir leider viel zu viel Zeit.«
Allerdings lehnte Martin den Vorschlag des Radiosenders ab, Texte einer Genfer
Schriftstellerin heranzuziehen: Für ihn stand fest, dass für einen solchen Anlass
nur Bibelworte in Frage kämen. Binnen fünf Tagen stellte er Verse aus Jesaja, den
Psalmen, den Evangelien und der Offenbarung des Johannes so zusammen, dass
die religiöse Ursprungsbedeutung im Sinne der aktuellen Situation verstanden
wurde, was er teilweise auch durch kleine Textänderungen erreichte. Der Titel des
Werks lässt einen lateinischen Text erwarten, doch Martin wählte seine Muttersprache Französisch, da es ihm sehr wichtig war, von seinen Zuhörern verstanden
zu werden. Aus diesem Grund erklingt am heutigen Abend auch die von Martin
autorisierte deutsche Fassung, deren Gesangslinien und Orchesterbegleitung der
Komponist an etlichen Stellen an die deutsche Sprachmelodie angepasst hat.
Das Oratorium gliedert sich in vier Abschnitte. Zu Beginn wird die Kriegssituation
anhand der vier apokalyptischen Reiter und mit dem Hinweis auf den »Tag des
Zorns« dargestellt, und in gewisser Weise klingen in der Hoffnungslosigkeit und
Verzweiflung dieses ersten, stark bläserbetonten Teiles Elemente des Überlebenden
aus Warschau wieder an. Im zweiten Teil stehen der Ruf zur Umkehr (ohne die es
wahren Frieden nicht geben kann), die menschliche Bitte um Erbarmen und die
Verheißung des Friedens im Mittelpunkt. Dieser Teil endet mit dem Lob Gottes
aus dem 100. Psalm, mit dem man das Werk auch beenden könnte. Dieser Schluss-
chor des zweiten Teiles (er entspricht dem Anfang der Weihnachtskantate von 1929)
beginnt mit Gedanken des Trostes und der Verheißung einer neuen Zeit und endet
im Jubel aller Völker. Faszinierend ist, wie Frank Martin die Musik des Jubels (einen
Kanon) bereits in die Orchesterbegleitung des Beginns integriert: In der Verheißung liegt schon der Jubel begründet. Ein interessantes Detail am Rande ist, dass
der Instrumentalist, der zu Beginn das lebensbedrohliche Tamtam schlägt, nun
die Friedensglocke läutet.
Der entscheidende dritte Teil ist als »Herzstück« des Oratoriums ganz nach innen
gekehrt. In einer großartigen Passacaglia nimmt Martin Gedanken des leidenden
Gottesknechtes aus Jesaja 42, 52, 53 auf und lässt dann die Seligpreisungen mit
dem Kreuzeswort »Vater, vergib ihnen« und das Vaterunser folgen. Dynamisch und
instrumental konzentriert sich die Musik nach innen, bis in den Seligpreisungen
und im Vaterunser Solist bzw. die einstimmig singenden Chöre nur noch vom
Streichorchester bzw. einem Kammerorchester begleitet werden.
Im vierten und letzten Abschnitt schließlich werden ein neuer Himmel und eine
neue Erde prophezeit. Diese Verheißung mündet in das »Heilig ist Gott der Herr«
und endet im hoffnungsvollsten Piano. Höhepunkt dieses vierten Teiles ist ein
Kinderchor, der das neue menschliche Sein vorstellt: Den Kindern (bei der Uraufführung waren es nur Mädchen, weil sie allein im Jahr 1945 den Status der moralischen Unschuld darstellen konnten) gehört das Reich Gottes und damit die Zukunft.
Für die unmittelbare und nachhaltige Wirkung des Werkes ist aber vor allem die
musikalische Gestaltung verantwortlich. Martin hatte seinen Personalstil erst
wenige Jahre vor der Komposition von In terra pax in seinem Oratorium Le vin herbé
von 1938 voll entfaltet, als er bereits 48 Jahre alt war. Allerdings erscheint In terra
pax demgegenüber als stilistischer Rückgriff, was Martins Streben nach größtmöglicher Einfachheit widerspiegelt. Oktavparallelen sind nicht mehr verboten,
sondern werden zur Klammer des Stücks, und Melodietöne dürfen durchaus in
den Begleitharmonien mitklingen: Es geht Martin um leichte Fasslichkeit für Ausführende und Zuhörer, modale Melodien und deutliche harmonische Kadenzen
sind ihm wichtiger als kompositorische Dogmen.
Martin schreibt dazu: »Ohne eine einzige Anforderung des Musikers in mir zu opfern,
habe ich versucht, in dem kurzen Oratorium eine Musik zu schreiben, die das Ohr
jedes Hörers erreicht: durch eine so natürliche Melodik und eine so direkte wie
expressive Harmonik, als es mir nur möglich war. Der Gebrauch einiger kontrapunktischer Künste, wie etwa des Kanons, wurde mir durch die Art einzelner wort-
geborener Melodien und durch mein Streben nach Einfachheit in der Vielfalt nahe
gelegt.« (zit. nach R. Klein, Frank Martin. Sein Leben und Werk, Wien 1960)
In terra pax ist als Auftragswerk einerseits natürlich einem bestimmten Zweck,
ja sogar einem bestimmten Tag zugeordnet. Frank Martin hat es aber weltumspannender empfunden und nicht nur dem Ende dieses furchtbarsten aller Kriege
gewidmet. Er schreibt darüber: »Ich glaube nicht, dass ich [...] jemals irgendwelche
Illusionen hatte über die Art des Friedens, der dem Ende des Krieges folgen würde.
Aber dieser Mangel [...] konnte mich nicht an dem Versuch hindern, den Übergang
von tiefster Verzweiflung zur Hoffnung auf eine leuchtendere Zukunft auszudrücken.
Und das bedeutete dann, dass ich in den Worten Christi die absolute Forderung
nach Vergebung [...] aussage, ohne die ein wirklicher Friede unfassbar ist. Aber
diese Forderung ist so hoch, dass ihre Verwirklichung auf Erden ohne das Wunder
einer vollständigen Umwandlung des menschlichen Denkens und Fühlens nicht
vorstellbar ist. So kann für uns ein wahrer Friede nur eine Hoffnung [...] sein, eine
Brücke, die in eine unsichere Zukunft geschlagen wird, eine Zukunft, die wir uns
aber vorstellen müssen [...], wenn wir auch an ihre irdische und materielle Verwirklichung nicht glauben können. In terra pax ist, wenn man so will, ein Werk
für eine bestimmte Gelegenheit. Ich selbst habe es nie als ein solches betrachtet:
die Probleme, die Krieg und Frieden aufwerfen, sind ewig. Es gibt nicht nur militärische Kriege, und ist Friede nicht eine ständige Sehnsucht unserer Seelen?«
Matthias Hoffmann-Borggrefe
Arnold Schönberg
Friede auf Erden
Text: Conrad Ferdinand Meyer
Da die Hirten ihre Herde
Ließen und des Engels Worte
Trugen durch die niedre Pforte
Zu der Mutter und dem Kind,
Fuhr das himmlische Gesind
Fort im Sternenraum zu singen,
Fuhr der Himmel fort zu klingen:
»Friede, Friede auf der Erde!«
Doch es ist ein ew’ger Glaube,
Dass der Schwache nicht zum Raube
Jeder frechen Mordgebärde
Werde fallen allezeit.
Etwas wie Gerechtigkeit
Webt und wirkt in Mord und Grauen,
Und ein Reich will sich erbauen,
Das den Frieden sucht der Erde.
Seit die Engel so geraten,
O wie viele blut’ge Taten
Hat der Streit auf wildem Pferde,
Der Geharnischte vollbracht!
In wie mancher heil’gen Nacht
Sang der Chor der Geister zagend,
Dringlich, flehend, leis verklagend:
»Friede, Friede auf der Erde!«
Mählich wird es sich gestalten,
Seines heil’gen Amtes walten,
Waffen schmieden ohne Fährde,
Flammenschwerter für das Recht,
Und ein königlich Geschlecht
Wird erblühn mit starken Söhnen,
Dessen helle Tuben dröhnen:
»Friede, Friede auf der Erde!«
Arnold Schönberg
A Survivor from Warsaw · Ein Überlebender aus Warschau
Text: Arnold Schönberg
I cannot remember ev’rything.
I must have been unconscious most
of the time. I remember only the
grandiose moment when they all
started to sing, as if prearranged, the
old prayer they had neglected for so
many years – the forgotten creed!
But I have no recollection how I got
underground to live in the sewers of
Warsaw for so long a time.
The day began as usual: Reveille when
it still was dark. Get out! Whether you
slept or whether worries kept you
awake the whole night. You had been
separated from your children, from your
wife, from your parents; you don’t know
Ich kann mich an nichts mehr erinnern.
Ich muss die meiste Zeit bewusstlos
gewesen sein. Ich erinnere mich nur an
den großartigen Moment, an dem alle –
wie einstudiert – anfingen, das alte
Gebet zu singen, das sie viele Jahre
vernachlässigt hatten – das vergessene
Glaubensbekenntnis! Aber ich kann
mich nicht daran erinnern, wie ich in
den Untergrund gekommen bin und in
den Kanälen von Warschau so lange
überleben konnte.
Der Tag begann wie üblich: Wecken, als
es noch dunkel war. Raus! Ob man noch
schlief oder man vor Sorgen die ganze
Nacht nicht geschlafen hatte. Man war
von seinen Kindern, von seiner Frau, von
seinen Eltern getrennt; man wusste
what happened to them – how could
you sleep?
nicht, was mit ihnen geschehen war –
wie hätte man da schlafen können?
The trumpets again – Get out! The
sergeant will be furious! They came out;
some very slow: the old ones, the sick
ones; some with nervous agility. They
fear the sergeant. They hurry as much
as they can. In vain! Much too much
noise; much too much commotion – and
not fast enough! The Feldwebel shouts:
“Achtung! Stilljestanden! Na wird’s mal?
Oder soll ich mit dem Jewehrkolben
nachhelfen? Na jutt; wenn ihr’s
durchaus haben wollt!” The sergeant
and his subordinates hit everybody:
young or old, quiet or nervous, guilty
or innocent. It was painful to hear
them groaning and moaning.
I heard it though I had been hit very
hard, so hard that I could not help
falling down. We all on the ground who
could not stand up were then beaten
over the head.
I must have been unconscious. The next
thing I knew was a soldier saying:
“They are all dead”, whereupon the
sergeant ordered to do away with us.
There I lay aside – halfconscious. It had
become very still – fear and pain.
Then I heard the sergeant shouting:
“Abzählen!”
Und wieder die Trompeten – Raus! Der
Feldwebel wird wütend sein! Sie kamen
heraus; manche sehr langsam: die
Alten, die Kranken; manche in nervöser
Behendigkeit. Sie fürchten sich vor dem
Feldwebel. Sie beeilen sich, so sehr sie
können. Vergeblich! Viel zu viel Lärm;
viel zu viel Verwirrung – und nicht
schnell genug! Der Feldwebel schreit:
»Achtung! Stilljestanden! Na wird’s mal?
Oder soll ich mit dem Jewehrkolben
nachhelfen? Na jutt; wenn ihr’s
durchaus haben wollt!« Der Feldwebel
und seine Untergebenen schlugen
jeden: jung oder alt, still oder aufgeregt,
schuldig oder unschuldig. Es war
schmerzhaft, sie stöhnen und wimmern
zu hören. Ich hörte es, obwohl ich heftig
geschlagen worden war, so heftig, dass
ich mich nicht halten konnte und hinfiel.
Wir alle, die am Boden lagen und nicht
aufstehen konnten, wurden dann auf
den Kopf geschlagen.
Ich muss bewusstlos gewesen sein. Das
nächste, was ich wahrnahm, war ein
Soldat, der sagte: »Die sind alle tot«,
worauf der Feldwebel befahlt, uns
wegzuschaffen. Da lag ich abseits – halb
bewusstlos. Es war sehr ruhig geworden
– Furcht und Schmerz. Dann hörte ich
den Feldwebel brüllen: »Abzählen!«
They started slowly and irregularly:
one, two, three, four – “Achtung!”
the sergeant shouted again, “Rascher!
Nochmal von vorn anfangen! In einer
Minute will ich wissen, wie viele ich zur
Gaskammer abliefere! Abzählen!”
They began again, first slowly: one,
two, three, four, became faster and
faster, so fast that it finally sounded like
a stampede of wild horses, and all of a
Sie fingen langsam und unregelmäßig
an: eins, zwei, drei, vier – »Achtung!«,
brüllte der Feldwebel wieder, »Rascher!
Nochmal von vorn anfangen! In einer
Minute will ich wissen, wie viele ich zur
Gaskammer abliefere! Abzählen!« Sie
fingen wieder an, zuerst langsam: eins,
zwei, drei, vier, wurden schneller und
schneller, so schnell, dass es schließlich
wie eine durchgehende Horde wilder
sudden, in the middle of it, they began
singing the Shama Yisroel:
Pferde klang, und ganz plötzlich,
mittendrin, begannen sie das Sch’ma
Israel zu singen:
Höre, Israel: Der Ewige, unser Gott, der Ewige ist einzig, du sollst den Ewigen, deinen
Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem
ganzen Vermögen. Es seien diese Worte, die ich dir heute befehle, in deinem ganzen
Herzen; schärfe sie deinen Kindern ein und sprich von ihnen, wenn du in deinem Haus
sitzest und wenn du auf dem Wege gehst, wenn du dich legst und wenn du dich erhebst.
Frank Martin: In terra pax
Text: Frank Martin nach Worten der Bibel;
deutsche Fassung von Romana Segantini
Teil I
Nr. 1 Bariton und Chor
Da das Lamm das erste Siegel brach,
schaute ich auf, und ich sah,
es erschien ein weißes Pferd.
Der darauf saß, den Bogen trug,
und ihm ward geben die Krone,
und er zog aus als ein Held,
um zu siegen.
Da das Lamm das zweite Siegel brach,
da erschien ein rotes Pferd.
Dem, der darauf saß, ward geben
die Macht, allen Frieden der Welt zu
vernichten, auf dass alle Menschen sich
töten untereinander.
Da es der Siegel drittes brach,
da erschien ein schwarzes Pferd.
Der Reiter, der es ritt, der hielt in
der Hand eine Waage.
Da das Lamm sodann das vierte Siegel
brach, schaute ich abermals, und ich
sah, es erschien ein fahles Pferd.
Und der darauf saß, das war der Tod,
und die Hölle kam nach.
Ihnen ward die Macht,
die Menschen zu vernichten
durch das Schwert, durch Not und
Hunger, Pest und schwere Plagen.
Und siehe, die Erde bebte. Die Sonne
ward schwarz wie ein här’ner Sack und
der helle Mond ward rot wie das Blut,
die Sterne des Himmels fielen auf die
Erde, gleich wie die Feigen fallen vom
Baume, geschüttelt vom Wind.
Der Himmel entwich wie ein Buch,
das man rollt und die Inseln wurden
erschüttert.
Die Herren auf Erden, die Reichen,
die Hauptleute, die Träger der Macht,
alle Freien und auch alle Knechte
verbargen sich in den Klüften, und sie
schrien auf zum Gestein und zu den
Bergen: Vernichtet uns, dass wir
verschwinden vor seinem Antlitz!
Denn der Tag bricht herein, Tag des
Fluchs, der große Tag des Zornes.
Und vor ihm, wer wird da bestehn?
Nr. 2 Chor
Mein Gott, mein Gott,
warum hast du mich verlassen?
Warum entfernst du dich, ohne mir zu
helfen und hörst nicht meine Klage?
Mein Gott, ich schrei des Tags,
und du erhörst mich nicht, und des
Nachts find’ ich auch keine Ruh’.
Mein Gott, mein Gott,
warum hast du mich verlassen?
Nr. 3 Bass und Chor
O Schmach! O wehe des sündigen
Volks, des verderbten Stammes,
des boshaften Samens!
Wie kann ich neue Strafe euch ersinnen,
so ihr immer von neuem Verrat übt?
Dies ist der Tag,
der große Tag des Herrn.
Tag der Not, grausamer Tag
unbarmherzigen Zorns.
Er wird das Land zerstören
und vernichten.
Er wird vertilgen die Sünder der Welt.
Denn sieh, die Sonn’ am Horizont
geht finster auf;
und der Mond in der Nacht
scheint nicht hell.
Ob ihrer Lüge will die Welt
ich bestrafen,
ob ihrer Sünd’ und ihrer Schuld.
Und verfluchen Hochmut und Stolz
und die gewalt’ge Tyrannei.
Darum will die Himmel ich bewegen,
dass die Erde von Grund aus erbebe.
Dies ist der Tag, der Tag des Herrn!
Der Tag der großen Rache,
der Tag des gewaltigen Zorns.
Nr. 4 Sopran, Alt, Tenor, Bass und Chor
Ewiger Gott, Herr meines Heils,
bei Tag, bei Nacht schrei ich zu dir.
Lass mein Gebet erreichen deine Gnade!
Neige dein Ohr zu meiner Seele Not!
Denn mein Herz ist schmerzerfüllt,
und ich gehe dahin,
mich erwartet der Tod.
Du hast geschlagen mich im Zorn,
du hast gelegt mich in den Sarg,
und mich gestürzt
in des Grabes Vernichtung.
Fern deiner Gnad’,
ich bitt’ um deine Hülf.
Sieh mich an, ich leide, mein Gott.
Ach, warum, warum
hast du mich verlassen?
Ist es denn für die Toten,
dass Wunder geschehn?
Stehn Tote auf zu deiner Größe Lob?
Spricht man denn im finstern Grab
von deiner Güte, deiner ewigen Treu
im Verderben?
Des Nachts erfleh’ ich deine Hülf,
und früh am Tag schrei’ ich zu dir.
Warum, o Herr, verstößt du
meine Seele?
O sag, warum entfernst du dich von mir?
Zu dir schrei’ ich, Gott, und ich warte.
Ach, warum, warum verließest du mich?
Teil II
Nr. 5 Tenor und Chor
Wächter, sage, was dir kündet
die Nacht! Wächter, sage,
was dir kündet die Nacht!
Und des Wächters Antwort ertönt:
Der Morgen kommt, und auch die
Nacht. Fragt immerfort! Fragt immerfort!
Demütigt euch und kommt zurück!
Erbarme dich, mein Gott,
und Barmherzigkeit übe!
Meine Sünde ist groß.
Verzeihe mir, mein Gott!
O Herr! Befreie mich von Blutes Schuld!
Mach mich rein! Mach mich rein!
Ach, mach mich wieder rein,
mach mich weißer als Schnee!
O Gott, gib mir die Freude
in deinem Heil!
Nr. 6 Bariton, Sopran und Tenor
Aber nicht ewig wird dauern
die Finsternis, alle Welt
in Todesangst hüllend.
Die Völker, die dahingingen im Dunkeln,
sehn jetzt ein herrliches Leuchten!
Und allen, die da lebten im finstern
Reich der Todesangst, wird nun
erstrahlen neues Licht!
Sieh, wie schön sind auf den Bergen
die Schritte des Herolds,
der kündet die freudige Botschaft!
Der den Frieden uns bringt!
Der das Heil uns verheißt!
Der also redet: Dein Gott herrschet!
Der Freudenschrei deiner Wächter
widerhallt.
Mächtig ertönet ihr Ruf, denn die
herrliche Botschaft tun sie nun kund,
dass mit eigenen Augen sie schauen,
wie uns der Herr den Frieden nun bringt.
Lasset laut erschallen Freudenklänge,
Trümmer, wo einst die Stadt!
Denn unser Gott wird trösten die Völker!
Und überall auf der leidenden Erde wird
auferstehn Frieden und Heil.
Nr. 7 Solisten und Chor
Spendet Trost, spendet Trost
dem Volke, spricht euer Gott.
Und Freude verheißet allenthalben
und kündet allen laut,
dass die Zeit des Krieges ist erfüllt
und dass nun alle Sünde ist vergeben,
dass unser Gott in seiner Macht uns
sandt’ die zwiefache Straf
uns’rer Schuld.
Ein Ruf erschallt: Unserm Gott
in der Wüste bereitet einen Weg!
Und in der Öde ebnet die Straße
für den Einzug uns’res Herrn!
Erhebet die Tiefen aller Täler,
erniedrigt die Gipfel der hohen Berge,
wandelt die Hügel zu einer Eb’ne und
durch enge Schluchten führt einen Weg!
Sodann wird allenthalben die Macht
des Ewigen sich kundtun, und alles
Fleisch wird miteinander es sehn.
Und wir hören alsbald
sein göttliches Wort.
Sagt eine Stimme: Schreie!
Ich aber frag: Was soll ich schreien?
Alles Fleisch ist wie die Blume
und seine Schönheit welkt dahin
wie Gras auf dem Feld.
Halme brechen, Blumen welken,
wenn die Stürme uns’res Herrn
über sie wehen.
Wahrlich, das Volk ist wie die Blume,
und seine Schönheit welkt dahin
wie Gras auf dem Feld.
Doch in Ewigkeit währet
Gottes mächtiges Wort.
Mache dich auf, mache dich auf,
stehe auf, Volk des Herrn!
Leg an deine schönsten Kleider!
O Zion, leg an deinen Schmuck!
O werfe alle Fesseln von dir!
O Zion, leg an deinen Schmuck!
Mache dich auf, stehe auf,
Volk des Herrn!
Mache dich auf, erheb dich
aus dem Staube!
Leg an deine schönsten Kleider!
Gottes Hand reichte dir den Kelch
seines grimmigen Zornes.
Und du leertest bis zum Grunde
den Kelch der Unbesonnenheit.
Uns ist geboren ein Kind,
ein Sohn ist uns geschenkt.
Und er wird genannt: Wunderbarer,
Herr des Rechts, mächt’ger Gott,
ewiger Vater, Friedensfürst der Welt!
Erhebt zu Gott der Freude Jubel,
ihr Völker aller Welt!
Preiset, preiset die Ehre unsres Herrn!
Jauchzet und singt zu seinem Lobe!
Und wisst, der Ewige ist Gott!
Demütig singt die ganze Welt
zu seiner Ehr’: Groß ist unser Gott.
Denn seine Güte währet immer,
seine Treue in Ewigkeit.
Teil III
Nr. 8 Alt
Und sieh, dies ist mein Knecht, mein
Erkor’ner, der meiner Seele wohlgefällt.
Es waltet mein Geist in ihm. Er wird
allen Völkern verkünden das Recht.
Er wird nicht schreien, er wird die
Stimme nicht erheben, auch nicht
sie auf den Gassen hören lassen.
So zerbricht er auch nicht das
zerstoß’ne Rohr, und er wird den Docht
nicht löschen, der leise noch glimmt.
Und er wird verkünden das Recht
nach wahrhaftigem Gesetz.
Er wird erhöht, erhöhet werden
und sehr hoch erhoben sein.
Und also wie er den Menschen
ein Anblick des Grauens war,
so sehr entstellt war sein Antlitz,
so sehr die Erscheinung verschieden
von jedem Menschensohne,
also wird er einst vielen Völkern sein
die Quelle ihrer Freude.
Und vor ihm verstummt das Wort der
Könige: Sie werden sehn, was ihnen bis
jetzt noch niemand erzählt, sie werden
hören, was sie vernommen noch nie.
Aber wer glaubt uns’rer Predigt? Und
wem wird der Arm des Herrn offenbart?
Denn er ist erstanden vor Ihm gleich
einer schwachen Pflanze, gleich wie
ein Sprössling steigt aus unfruchtbarer
Erde; in ihm war keine Schönheit,
kein Glanz, unsern Blick zu erfreu’n,
seine Gestalt könnt’ keinem gefallen.
Alle Schmach, alle Verachtung galt ihm;
zum Leiden auserkoren und an
Schmerzen gewöhnt, war sein Antlitz
wie jenes, vor dem alle sich verhüllen;
so verachteten wir ihn.
Fürwahr, er hat unsre Schmerzen
getragen, er lud auf sich all unser Leid;
uns aber schien, er sei bestraft von
unsrem Herrn, von Gott erniedrigt und
geschlagen.
Jedoch, er ist verwundet für unsre
Sünde, zerschlagen für uns’re Schuld.
Da er gequält und gehöhnt, gemartert
ward, hat er den Mund nicht aufgetan,
gleich wie ein sanftes Lamm, das zur
Schlachtbank hingeführt wird; gleich
wie ein stummes Schaf, geduldig vor
seinem Scherer, hat er den Mund nicht
aufgetan.
Er ward von uns genommen aus
Todesangst und Gericht.
Aber wer unter uns hat geglaubt,
dass verstoßen er ward aus dem Land
der Lebendigen und geschlagen für
unsre Schuld?
Nr. 9 Tenor
Selig sind die da Leid tragen,
denn sie sollen getröstet werden.
Selig sind die Barmherzigen,
denn sie werden Barmherzigkeit
erlangen.
Selig sind die Friedfertigen,
denn sie werden Gottes Kinder heißen.
Liebet eure Feinde und bittet für die,
so euch beleidigen und verfolgen!
Vater, vergib ihnen, denn sie wissen
nicht, was sie tun.
Nr. 10 Chor
Unser Vater im Himmel,
dein Name werde geheiligt
dein Reich komme,
dein Wille geschehe
auf Erden wie im Himmel!
Unser täglich Brot gib uns heute,
und vergib uns unsere Schuld,
wie wir unsern Schuldigern vergeben.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Übel!
Amen.
Teil IV
Nr. 11 Solisten und Chor
Dann sah ich einen neuen Himmel und
eine neue Erde, denn der erste Himmel
und die erste Erde waren nicht mehr,
und das Meer war verschwunden.
Und ich sah, vom Himmel herab,
von Gott gesandt, kam die neue Stadt,
die heilige Burg, bereitet wie eine Braut,
die sich geschmückt hat für ihren Mann.
Und ich hörte vom Thron eine große
Stimme, die da sprach: Sieh da, dies ist
die Stätte des Herrn bei den Menschen;
sie werden jetzt sein Volk sein, und Gott
der Herr wird selbst mit ihnen sein.
Und Er wird trocknen die Tränen ihrer
Augen, und der Tod wird nicht mehr
sein, und es wird nicht mehr sein
weder Leid, noch Schmerz, noch Klage.
Denn alles, was da war, ist vergangen.
Und sieh, ich mache alles neu.
Heilig! Heilig! Heilig
ist Gott der Herr,
der da war, der da ist
und der da kommt!
Du bist würdig, du,
unser Herr und unser Gott,
zu nehmen die Macht,
den Ruhm und alle Ehre.
Unsre Kleider sind gereinigt,
unsre Kleider sind gewaschen
in dem Blute des Lamms.
Wir haben keinen Hunger,
wir haben keinen Durst,
denn das Lamm führt uns hin
zur Quelle alles Lebens.
Heilig! Heilig! Heilig
ist Gott der Herr,
der da war, der da ist
und der da kommt!
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wir hoffen, dass Ihnen das heutige
Konzert gefallen hat.
Trotz der immer stärker werdenden
Finanznot der Kirche sind wir bestrebt,
solche Konzerte auch in Zukunft veranstalten zu können. Um die Kirchenmusik an St. Nikolai langfristig auf eine
tragfähige Basis zu stellen, wurde der
»Förderkreis der Kantorei St. Nikolai e.V.«
gegründet. Er unterstützt die kirchenmusikalische Arbeit an St. Nikolai in
ideeller, konzeptioneller und materieller
Hinsicht.
Neben den großen oratorischen Aufführungen zählen hierzu insbesondere
die Probenarbeit, die musikalische
Ausgestaltung von Gottesdiensten und
Konzertveranstaltungen innerhalb wie
außerhalb der Hauptkirche St. Nikolai
sowie Konzertreisen im In- und Ausland.
Diese Aufgaben kosten viel Engagement, Zeit und Geld. Darum möchten wir
Sie sehr herzlich einladen, uns durch Ihre
Mitgliedschaft im »Förderkreis der Kantorei St. Nikolai e.V.« (mit einem frei zu
bestimmenden Jahresbeitrag ab € 10,–)
oder durch sonstige Sach- und Geldspenden zu unterstützen. Selbstverständlich sind Ihre Spenden steuerlich absetzbar. Für weitere Auskünfte wenden Sie
sich bitte an das Büro der Kantorei
St. Nikolai (Abteistraße 38, 20149 Hamburg,
Tel.: 040/44 11 34-24, Fax: -26) oder auch
an Matthias Hoffmann-Borggrefe direkt
(Tel.: 040/72 00 67 05).
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Verehrtes Konzertpublikum,
Kirchenmusik
in der Hauptkirche St. Nikolai
Freitag, 27. Mai 2005, 19.30 Uhr
»Festliche Trompetengala«
Matthias Höfs
und Studierende seiner Trompetenklasse
Matthias Hoffmann-Borggrefe, Orgel
Werke von J.S. Bach, G.F. Händel, B. Britten u.a.
Sonntag, 12. Juni 2005, 18.00 Uhr
Emporenkonzert
»Streich- und Klavierquartett«
Werke von W.A. Mozart, A. Webern, J. Haydn
Meike Thiessen, Violine · Robert Hille, Violine
Christian Stahnke, Viola · Serge Novikov, Violoncello
Matthias Hoffmann-Borggrefe, Klavier
Freitag, 24. Juni 2005, 19.30 Uhr
Benefizkonzert zugunsten einer
Truhenorgel an St. Nikolai
J. Haydn: Die Schöpfung
Monika Frimmer, Sopran
Achim Kleinlein, Tenor · Thomas Laske, Bass
Kantorei St. Nikolai · brass con brio · Hamburger Camerata
Leitung: Matthias Hoffmann-Borggrefe
Konzerteinführung um 18.45 Uhr (ca. 20 Minuten)
Samstag, 19. November 2005, 19.00 Uhr
G. Verdi: Requiem
Miriam Meyer, Sopran · Manuela Bress, Alt
Wolfram Wittekind, Tenor · Ulf Bästlein, Bass
Kantorei St. Nikolai · Hamburger Camerata
Leitung: Matthias Hoffmann-Borggrefe
Einführungsvortrag mit Thorsten Weber:
Montag, 14. November 2005, 19.30 Uhr
Vorverkauf (24.6. & 14./19.11.) bei Konzertkasse Gerdes (Tel. 45 33 26)
und allen bekannten Vorverkaufsstellen sowie an der Abendkasse.
Die Durchführung der Konzerte der Hauptkirche St. Nikolai am
Klosterstern erfolgt durch Metropolitan Artist & Concert Management.
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