Sehr geehrte Damen und Herren, ich leide seit kurzem an einer Brustkrebserkrankung in einem frühen Stadium. Die Standardbehandlung (Operation, Strahlentherapie und medikamentöse Therapie) habe ich im Brustzentrum der Universitätsfrauenklinik Heidelberg erhalten. Über verschiedene Medienberichte erfuhr ich von einer weiteren medikamentösen Therapiemöglichkeit: die Behandlung mit Bisphosphonaten. Die behandelnden Ärzte des Brustzentrums der Universität Heidelberg klärten mich darüber auf, dass diese Therapie noch nicht zugelassen sei, aber mehrere Studien darauf hindeuten, dass eine solche Behandlung bei Patientinnen mit frühem Brustkrebs die Prognose verbessern könnte. Folgende Studien wurden genannt: • Therapie mit Clodronat 1600 mg täglich über 2 Jahre o Phase 2 Studie, nicht plazebo-kontrollliert, Patientinnen mit disseminierten Tumorzellen im Knochenmark, (Diel et al, New England Journal of Medicine 1998; Schuetz et al, Annals of Oncology 2008) o Phase 3 Studie, plazebo-kontrolliert, Patientinnen aller Stadien (Powles et al, Journal of Clinical Oncology 2002 & Breast Cancer Research 2006) • Therapie mit Zoledronat 4 mg alle 6 Monate über 3 Jahre o Phase 3 Studie, vierarmige endokrine Therapiestudie, prämenopausale Patientinnen (Gnant et al, New England Journal of Medicine 2009 (ABCSG-12 Studie)) o Phase 3 Studie, interventionelle Therapiestudie, postmenopausale Patientinnen (Eidtmann, San Antonio Breast Cancer Symposium 2008 (ZOFAST-Studie)) In allen aufgeführten Studien konnte gezeigt werden, dass die Patientinnen, welche ein Bisphosphonat eingenommen hatten, eine bessere Prognose bezüglich des krankheitsfreien Überlebens oder sogar des Gesamtüberlebens aufwiesen. Die Nebenwirkungen waren geringfügig. Die Organkommission Mamma der Arbeitgemeinschaft für gynäkologische Onkologie (AGO) der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe hat in ihren aktuellen Therapieempfehlungen eine Therapie mit den Bisphosphonaten Clodronat oder Zoledronat nach den oben genannten Schemata mit einem „+“ empfohlen. Auf der Basis der oben genannten Studien beantrage ich bei Ihnen die Kostenübernahme für eine adjuvante Bisphosphonattherapie mit Zoledronat 4 mg alle 6 Monate über 3 Jahre gemäß den Ergebnissen der ABCSG-12 und ZOFAST-Studie, da die intravenöse Gabe eine für mich optimale Applikationsform darstellt. Mit freundlichen Grüßen Sehr geehrte Patientin, Sie leiden an einer Brustkrebserkrankung im Frühstadium. Neben der Therapie der Brust selbst (Operation, Bestrahlung) ist eine Behandlung des ganzen Körpers zur Vermeidung von Tochtergeschwulsten notwendig. Hierzu werden individualisiert Therapien mit Antihormonen, Antikörpern und Chemotherapien verwendet, die nachweislich die Prognose der behandelten Patientinnen verbessern. Seit kurzem existieren Studienergebnisse, die eine weitere medikamentöse Behandlung nahelegen. Die sogenannten Bisphosphonate scheinen die Prognose bei frühem Brustkrebs verbessern zu können. Bisphosphonate sind seit langem in der Behandlung des Knochenschwundes (Osteoporose) bekannt. Sie stoppen knochenabauende Zellen. Bei Brustkrebserkrankungen sollen sie weitere direkte und indirekte Wirkungen auf die Tumorzellen haben. So sollen sie das Immunsystem aktivieren, die Neubildung von Blutgefäßen hemmen und Tumorzellen direkt schädigen. Die bisher veröffentlichten Untersuchungen haben das Bisphosphonat Clodronat als tägliche Tabletteneinnahme (1600 mg) über 2 Jahre oder eine Infusion mit Zoledronat (4 mg) alle 6 Monate über 3 Jahre untersucht. In den Studien konnte eine positive Wirkung auf die Tumorerkrankung nachgewiesen werden. Zwischen 30%-40% der Tochtergeschwulste konnten gegenüber den Patientinnen, die keine Bisphosphonate eingenommen hatten, vermieden werden. Um ein Tochtergeschwulst bei einer Patientin zu vermeiden, mussten 36 Patientinnen behandelt werden. Als Nebenwirkungen sind in dieser Dosierung grippeähnliche Symptome bei der ersten Gabe bekannt. Darüber hinaus wurden –allerdings nur in höheren Dosierungen- Schädigungen der Nieren und des Kieferknochens beobachtet. Aus diesem Grund empfehlen wir vor dem Beginn einer jeden Therapie mit den oben genannten Bisphosphonaten die Nierenfunktion über das Blut und des Zahnstatus beim Zahnarzt kontrollieren zu lassen. Des Weiteren weisen wir darauf hin, dass die Behandlung mit den Bisphosphonaten Clodronat oder Zoledronat bei Patientinnen mit frühem Brustkrebs gemäß den oben genannten Studien bisher nicht von der europäischen Gesundheitsbehörde zugelassen worden ist. Aus diesem Grund müssen die Krankenkassen die Kosten einer Behandlung nicht zwingend erstatten. Wollen Sie dennoch eine Behandlung durchführen lassen, müssen Sie die Therapiekosten selbst übernehmen (Clodronat ca. € 2400,- und Zoledronat ca. € 1000,- pro Behandlungsjahr). Gerne beraten wir Sie auch persönlich über eine Behandlung mit Bisphosphonaten im Frühstadium einer Brustkrebserkrankung. Mit freundlichen Grüßen