3. Experimentelle Verfahren der Kern

Werbung
3. Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik
3.1 Wechselwirkung von Strahlung (Teilchen und Photonen)
mit Materie
3.1.1 Wechselwirkung geladener Teichen mit Materie
3.1.2 Wechselwirkung von Photonen mit Materie
3.2 Teilchendetektoren
Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
1
3.1.1 Schwere geladene Teilchen (p, µ, α, etc.) in Materie
(Moderat relativistische) Schwere Teilchen (Masse M) verlieren Energie (hauptsächlich) durch
• Ionisation
• atomare Anregungen
Dabei kann pro Stoß maximal die Energie Tmax auf ein freies Elektron übertragen werden
Tmax
2me c 2 β 2γ 2
=
2
1 + 2γ me M + (me M )
Berechnung des Impulsübertrags auf ein Elektron (Coulomb‐WW + QM) erstmals durch
Bethe (1930) und Bloch (1933). Eine aktuelle Version der „Bethe‐Bloch Formel“ :
1 dE
2me c β γ Tmax
δ⎤
Bremsvermögen
2
2 Z 1 ⎡1
−
=
ln
−
−
Kz
β
(stopping power)
2 ⎥⎦
A β 2 ⎢⎣ 2
I2
ρ dx
2
2
2
K = 4πN Are2me c 2 = 0.307075 MeVcm 2
z = Ladung des einfallenden Teilchens
Z = Ladung des Absorbers
A = Massenzahl des Absorbers
I = mittlere Ionisierungsenergie (in eV!) Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
2
Energieverlust von µ+ in Kupfer über 9 Größenordnungen in βγ
(Bethe‐Bloch im Bereich 0.1 < βγ < 100)
Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
3
Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
4
Reichweite von schweren, geladenen Teilchen
Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
5
3.1.2 Energieverlust von Elektronen
Zusätzlich: Energieverlust durch Bremsstrahlung Kritische Energie EC : Energieverlust durch Ionisation = Energieverlust durch Bremsstrahlung
EC =
610 MeV
Z + 1.24
(Festkörper, Flüssigkeiten)
Strahlungslänge X0 :
Wegstrecke (eigentlich ρ·x in g cm‐2) nach der die Energie auf 1/e faches abgefallen ist
(durch Bremsstrahlungsverluste).
716.4g cm -2 A
X0 =
Z ( Z + 1) ln 287 Z
(
Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
)
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
6
Material
X0 [g/cm²]
EC [MeV]
H2
63.0
340.0
Al
24.0
47.0
Ar
18.9
35.0
Xe
8.5
14.5
Fe
13.8
24.0
Pb
6.3
6.9
Plexiglas
40.5
80.0
H2O
36.0
93.0
NaI(Tl)
9.5
12.5
Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
7
Čerenkovstrahlung
CS entsteht, wenn:
Geschwindigkeit des geladenen Teilchens v > c/n Lichtgeschwindigkeit im Medium
(Brechungsindex n)
Intensitätsverteilung:
⎞
d 2 N 2παz 2 ⎛
1
=
1
−
⎜
⎟
dxdλ
λ2 ⎜⎝ β 2n 2 (λ ) ⎟⎠
Energieverlust durch CS klein gegenüber Ionisationsverlust
Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
8
Pavel Cherenkov (Черенков)
Nobelpreis 1958
Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
9
3.1.2. Wechselwirkung von Photonen mit Materie
1. Photoeffekt (dominiert im keV Bereich)
Wechselwirkung des Photons mit gebundenen Elektronen.
Photon wird vollständig absorbiert.
2. Compton‐Streuung (dominiert im Bereich: einige 100keV bis wenige MeV) Wechselwirkung des Photons mit „freien“ Elektronen.
Streuung des Photons.
3. Paarerzeugung (dominiert im höherenergetischen Bereich, ab einigen MeV)
Im Feld eines Atoms kann sich ein Photon in Elektron‐Positron Paar umwandeln.
Nur falls: Eγ > 2mec2
Abschwächung von elektromagnetischer Strahlung in Materie:
I ( d ) = I 0e − μ d
Totaler linearer Absorptionskoeffizient µ = µphoto + µcompton + µpaar
μ=ρ
NA
σ
∑
A
Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
10
Photoeffekt
Mittlere freie Weglänge λ = 1/µ • „Kanten“ wegen
Schalenstruktur der Atomhülle
(K‐Elektron in Pb EK = 88keV)
• Zunahme von σ mit Z4‐Z5
• Abfall von σ mit E‐3
σ photo
8π 2 3 5 ⎛⎜ me c 2 ⎞⎟
re α Z
=
⎜ E ⎟
3
⎝ γ ⎠
δ
Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
⎧3.5 Eγ << me c 2
mit δ = ⎨
2
E
m
c
1
>>
γ
e
⎩
re =
e2
1
= 2.8fm
2
4πε 0 me c
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
11
Comptonstreuung: Kinematik
Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
12
Comptonstreuung: Wirkungsquerschnitt
Aus QED erhält man Klein‐Nishina Formel: ε =
Eγ
me c 2
Winkelverteilung der gestreuten Photonen:
2
2
⎡
⎤
⎡
⎤
(
)
+
−
θ
ε
1
cos
θ
1
1
cos
dσ
⎡
⎤
2
= re ⎢
⎥ ⎢ 2 ⎥ ⎢1 + (1 + cos2 θ )[1 + ε (1 − cos θ )]⎥
(
)
+
−
1
ε
1
cos
θ
dΩ Compton
⎦⎣
⎣
⎦ ⎣
⎦
3
Energieverteilung (E = Ekin des Elektrons): ε =
dσ
dE
Eγ
me c
, s=
2
E
Eγ
π re2 ⎡
Compton
2 ⎞⎤
s2
s ⎛
2
s
=
+
+
−
⎜
⎟
ε ⎠⎥⎦
me c 2 E ⎢⎣ ε 2 (1 − s )2 1 − s ⎝
Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
13
Winkelverteilung der Photonen Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Energieverteilung der Elektronen
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
14
Überblick: Wechselwirkung von Photonen in Materie
Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
15
Elektromagnetische Schauer
Wenn ETeilchen > EC entsteht Bremsstrahlung:
Es kann zur Ausbildung elektromagnetischer Schauer kommen: alternierende Folge von Photonen und e‐e+‐ Paaren
Bremsstrahlung
Primärelektron
Energie E0
Paarbildung
Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
16
3.2 Teilchendetektoren
Was soll/kann gemessen werden?
• Spuren (nur für geladene Teilchen)
• Impuls
• Geschwindigkeit
• Ruhemasse
• Energie
• Ladung
• …
Durch Nachweis von
• Ionisation
• Licht
• Wärme
• Sekundärteilchen
• …
Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
17
3.2.1 Spurdetektoren
Nebelkammer / Cloud Chamber
Photo Credit: Carl D. Anderson, Vol.43, p491 (1933)
Wilsonsche Nebelkammer:
Übersättigung des Gases durch Expansion
Kondensation an ioniserenden Teilchen Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Andersons Entdeckung des Positrons:
Positron kommt von unten, trifft auf
Bleiplatte, verliert Energie und tritt oben
wieder aus der Bleiplatte (kleinerer
Radius wegen Energieverlust)
NP 1927
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
18
Nebelkammer am DESY
Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
19
Blasenkammer / Bubble Chamber
Blasenkammer
(D.A. Glaser NP 1960, Alvarez NP 1968)
• überhitzte Flüssigkeit
• Blasenbildung entlang
der Spur ionisierender
Teilchen
Gargamelle (CERN) 1973:
Entdeckung der neutralen, schwachen Ströme (EPS Prize 2009)
Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
20
Photoemulsionen
Standard detector 1950‐1960
(danach Blasenkammer)
C.F. Powell NP 1950
Auch heute wieder aktuell:
DONUT: Nachweis des tau‐neutrinos (2000)
OPERA (Neutrino Oszillationen)
150000 bricks aus Blei/Photoemulsion
Extrem gute Auflösung:
bis zu 1µm
Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
21
Streamerkammer / Funkenkammer
Nach einem Triggersignal: starkes E‐Feld wird erzeugt (in Gasvolumen),
Entlang der ionisierenden Spur entsteht Überschlag.
Vorteil: hohe Auflösung, einfacher Aufbau
großes Volumen.
Nachteil: eingeschränkt triggerbar,
große Totzeit.
Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
22
3.2.2 Gasdetektoren
Proportionalkammer :
(Gasgefülltes Volumen, Hochspannung zwischen Wand und Anodendraht)
r
E (r) = U0 ⋅
1
r ln Ra Ri
Je kleiner der Durchmesser des Anodendrahtes (Ri) desto höher das E‐Feld
Ionisierende Strahlung erzeugt Primärelektronen (Bethe‐Bloch)
werden zum Anodendraht beschleunigt,
in der Nähe des Drahtes entstehen Sekundärelektronen,
es kommt zur Lawinenbildung,
Starkes Signal kann ausgelesen werden
Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
23
Arbeitsbereiche von gasgefüllen Detektoren
Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
24
3.2.3 Szintillationszähler
• Ionisierende Strahlung regt Atome/Moleküle
des szintillierenden Materials an.
• Abregung durch Emission von
sichtbarem Licht / UV‐Licht.
• Licht soll nicht gleich wieder absorbiert werden:
Wellenlängenschieber (Absorption und Reemission
bei größerer Wellenlänge) wird beigemischt.
• Licht fällt auf Photokathode,
Photoelektron wird emittiert.
• Photoelektron wird durch Dynoden (Hochspannung)
vervielfacht. Signal kann ausgelesen werden.
Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
25
Nachweis von Photonen von Szintillator: Photomultiplier
Quantum Efficiency ε: gibt an wieviele Photoelektronen pro Photon erzeugt werden.
Typisch ε = 0.25
Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
26
Super-Kamiokande Detektor
Borexino während der Füllphase (oben Szintillator, unten Reinstwasser)
Plastik Szintillator fuer MINERVA experiment (Fermilab) 3.2.4 Halbleiterzähler
• Diode (pn Übergang) in Sperrrichtung (a)
• Durch Sperrspannung ensteht
Verbreiterung der Verarmungszone (b)
• Ionisierende Strahlung erzeugt freie
Ladungsträger in der Verarmungszone
• Zur Erzeugung eines Elektron‐Loch Paares
sind nur einige eV nötig.
Hohe Zahl an Ladungsträgern.
Deshalb sehr genaue Messung.
Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
31
Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
32
Silizium Oberflächendetektoren
häufig als Spurdetektoren in der Hochenergiephysik
•
•
•
•
•
Planarer Aufbau (Dicke im mm‐Bereich, großflächig 100cm2)
Photolithographische Herstellung
Kann segmentiert werden zur Ortsauflösung
Integrierte Mikroelektronik
Für viele zukünftige Detektoren muss Strahlenhärte verbessert werden
Caren Hagner / PHYSIK 5 / Wintersemester 2012/2013
Kapitel 3: Experimentelle Verfahren der Kern- und Teilchenphysik /
33
Herunterladen