Humangenetische Beratung im Rahmen prädiktiver Gendiagnostik Interdisziplinäre Analyse rechtlicher Vorgaben durch das Gendiagnostikgesetz und praktischer Umsetzungsprobleme Susann Sperling, M.mel. Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Interdisziplinäres Zentrum Medizin-Ethik-Recht Herausgegeben von Prof. Dr. Hans Lilie Prof. Dr. Hans Lilie (Hrsg.), Schriftenreihe Medizin-Ethik-Recht, Band 54, 2014 Bibliografische Informationen der Deutschen Bibliothek: ISSN 1862-1619 ISBN 978-3-86829-721-8 Schutzgebühr Euro 5 Interdisziplinäres Zentrum Medizin-Ethik-Recht (MER) Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Universitätsplatz 5 D- 06108 Halle (Saale) [email protected] www.mer.jura.uni-halle.de Tel. ++49(0)345-55 23 142 INHALTSVERZEICHNIS A. Einleitung……………………………………………….……………….….................................................................. 1 B. Allgemeine Grundlagen………………………………..……………………………………………………….… 3 I. Humangenetik………………..…………………………………………………………………………………..… 3 II. Prädiktive Gendiagnostik…………………………………………..……………………..……………...… 3 III. Genetischer Exzeptionalismus…………………………………………………………..…………...… 4 IV. Humangenetische Beratung………………………………………………………………..………….… 5 1. Genetischer Berater…………………………..…..………………………………………………...… 5 2. Inhalte einer humangenetischen Beratung…………..………………….………….… 6 C. Rechtliche Regelungen zur Qualifikation des genetischen Berater……………..…. 7 I. Gendiagnostikgesetz……………………………………………..…………………………………………… 7 II. Konkretisierung durch die Richtlinie der Gendiagnostik-Kommission………... 8 1. Qualifikationsinhalte…………………………………………………………………………………... 8 2. Durchführung der Qualifizierungsmaßnahme ……………………………………..… 9 III. Umsetzung durch die Landesärztekammern …..…………….……………………………… 10 1. Theoretischer Teil ………………………………………….…………………………………………… 10 2. Praktisch-kommunikativer Teil…………………………….…………………………………… 11 IV. Zusammenfassung und Schlussfolgerung …………………….……………………………… 12 D. Medizinische Besonderheiten prädiktiver Gendiagnostik ………………………………..… 14 I. Aussagekraft und Wahrscheinlichkeiten………..………………………………………………… 14 1. Testverfahren……………………………………………………………………………………………… 14 2. Aussagekraft genetischer Untersuchungsergebnisse ………………………..… 15 3. Individuelle Risikobestimmung und Risikokommunikation ………………….. 17 4. Ergebnis…………………………………………….………………………………………………………… 17 II. Zufallsbefunde……………………………………………………………………………………………………… 18 III. Genetische Erkrankungen………………………………………………………………………………..… 19 1. Allgemeine Zusammenhänge……...………………………………………………………… 19 2. Beispiele……………………………………………………………………………………………………. 19 a) Brust- und Eierstockkrebs………………………………………………………..………… 19 b) Chorea Huntington……………………………………………………………………………… 22 3. Fazit………………………………………………..…………………………………………………………….. 23 E. Medizin-ethische Besonderheiten…………………………………………….…………………………… 25 I. Allgemeine Problembeschreibung……………………………………..………………………..…… 25 II. Recht auf Wissen und Recht auf Nichtwissen der betroffenen Person …..…. 25 1. Recht auf Wissen…………………………………………..…………………………………………… 26 2. Recht auf Nichtwissen………………………………………….…………………………………… 26 3. Umgang mit Zufallsbefunden…………………………………………………………………… 27 III. Drittbetroffenheit (Recht auf Wissen vs. Recht auf Nichtwissen)…………..….... 28 1. Gesetzliche Regelung: Empfehlungspflicht des Arztes …………………..…… 29 a) Regelung im Gendiagnostikgesetz…….......................................………………… 29 b) Folge………………….............................................................................…..……………………… 29 2. Forderung: Informationsrecht des Arztes..............................………………………… 30 3. Internationale Regelungen..........................................................................………………… 31 4. Schlussfolgerung...………………...........................................................................……………… 32 F. Humangenetische Beratungsprinzipien......................................................................................… 33 I. Entwicklung und allgemeine Prinzipien................................................…………………..…… 33 II. Prinzip der Nicht-Direktivität...…………...................................................................……………..… 34 1. Inhalt und Anforderungen an den genetischen Berater …..…………………… 34 2. Kritik...………………………................................................................................................................… 34 III. Beratungsqualität..................................................................................................………………………… 35 G. Erforderliche Qualifikation des genetischen Beraters...……………………………………… I. Argumente für einen (Fach-)Arztvorbehalt...……………………………………………….… II. Argumente gegen einen Arztvorbehalt 37 37 ...…………………………………………………….… 38 III. Internationale Vorgaben...………………………………………………………………………………… 39 H. Zusammenfassung...………………………………………………………………………………………………… 40 Literaturverzeichnis................................................................................................................……………………… 42 1 A. EINLEITUNG „My Medical Choice“ – so lautete der am 14. Mai 2013 in der New York Times veröffentlichte Artikel von Angelina Jolie, in dem sie mitteilt, dass sie sich beide Brüste aus Angst vor einer Krebserkrankung vorsorglich hat amputieren lassen. 1 Anlass für diese Entscheidung war eine bekannte familiäre, genetisch bedingte Veranlagung an Brust- und Eierstockkrebs zu erkranken. Angelina Jolie wusste aufgrund eines prädiktiven Gentests, dass sie Trägerin eines mutierten „Brustkrebsgens“ BRCA1 ist. Nach eigenen Angaben konnte sie mit der prophylaktischen Operation ihr Erkrankungsrisiko für Brustkrebs von 87% auf unter 5% reduzieren. Mit diesem Bekenntnis sorgte sie nicht nur weltweit für Schlagzeilen, sondern löste auch eine Debatte über die Vor- und Nachteile einer prädiktiven Gendiagnostik, die Aussagekraft derartiger Ergebnisse und den Nutzen vorbeugender Maßnahmen aus. Das Interesse an genetischer Beratung und Diagnostik stieg auch in Deutschland an. Weil aufgrund modernster Technik und einem immer besseren wissenschaftlichen Krankheitsverständnis viele Erkrankungen bereits im Vorfeld diagnostizierbar sind, aber oftmals keine adäquaten Behandlungs- und Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stehen, spielt die genetische Beratung in diesem Bereich eine zentrale Rolle. In Deutschland sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Durchführung einer prädiktiven Gendiagnostik und die Anforderungen an die humangenetische Beratung seit Februar 2010 im Gesetz über genetische Untersuchungen bei Menschen, kurz Gendiagnostik-Gesetz (GenDG), normiert. Eine Beratung können seitdem nicht mehr nur Fachärzte2 für Humangenetik (bzw. Ärzte mit der Zusatzbezeichnung „Medizinische Genetik“) durchführen, sondern alle, die eine Qualifikation zur fachgebundenen genetischen Beratung erworben haben. Da die prädiktive genetische Diagnostik im Rahmen der Vorsorge eine immer bedeutsamere Rolle im Gesundheitswesen spielt, soll im Rahmen der vorliegenden Arbeit untersucht werden, ob die gesetzlichen Regelungen und deren praktische Umsetzung zum Erwerb der erforderlichen Qualifikation für die Durchführung einer genetischen Beratung dem speziellen Schutzbedürfnis der Betroffenen gerecht wird. 1 http://www.nytimes.com/2013/05/14/opinion/my-medical-choice.html?_r=0 <zuletzt abgerufen: 23.07.13>. 2 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht. 2 Nach einer allgemeinen Einführung in die Thematik (B), werden die rechtlichen Rahmenbedingungen und Anforderungen zur Qualifikation des genetischen Beraters näher betrachtet und dabei die Frage aufgeworfen, ob die aktuellen Gegebenheiten eine kompetente humangenetische Beratung und eine gute Beratungsqualität gewährleisten können (C). Anschließend sollen anhand einiger ausgewählter Problembereiche die medizinischen und medizin-ethischen Besonderheiten genetischer Daten im Bezug auf die prädiktive Gendiagnostik (D, E) sowie humangenetische Beratungsprinzipien (F) erläutert werden. Nachfolgend ist zu untersuchen, welche konkreten Anforderungen aufgrund der dargestellten Besonderheiten an die Qualifikation des genetischen Beraters zu stellen sind (G). Die Ergebnisse der Analyse werden abschließend in Thesen zusammengefasst (H). 3 3 Die Ausführungen konzentrieren sich auf die Problematik der humangenetischen Beratung im Rahmen prädiktiver Gendiagnostik bei Erwachsenen im Bezug auf die Diagnose und Beratung bei erwarteten zukünftigen Erkrankungen. Andere Gebiete der genetischen Diagnostik, bspw. postnatale Diagnostik, Pränataldiagnostik, Präimplantationsdiagnostik, Heterozygotentests werden aufgrund ihrer spezifischen Problembereiche und Eigenarten nicht thematisiert. 3 B. ALLGEMEINE GRUNDLAGEN I. Humangenetik Die Humangenetik befasst sich als interdisziplinäres Teilgebiet der Genetik speziell mit der Vererbung genetischer Eigenschaften, die für bestimmte Krankheiten (mit-) ursächlich sind. Nach einer eher düsteren Vergangenheit in Zeiten des Nationalsozialismus und der damaligen Orientierung an eugenischen Zielvorstellungen hat sich die Humangenetik inzwischen gewandelt und ist mit einer präventiv-medizinischen Ausrichtung im medizinischen Alltag fest etabliert.4 Durch die humangenetische Forschung erweitert sich das medizinische Verständnis für die Ursachen und Entstehung von Krankheiten und kann die Krankheitsprävention verbessern. Die Forschungsergebnisse haben unmittelbare Auswirkungen auf die medizinische Versorgung der Menschen, bspw. durch bessere technische Verfahren zur Untersuchung der Erbanlagen und Diagnosemöglichkeiten genetisch bedingter Krankheiten sowie bei der gezielten Behandlung derartiger Erkrankungen. II. Prädiktive Gendiagnostik Das Grundproblem der Gendiagnostik besteht darin, dass zwar viele Krankheiten aufgrund modernster Technik und Forschungserkenntnissen diagnostizierbar sind, die tatsächlichen Behandlungs- und Therapiemöglichkeiten diesem Wissensstand jedoch hinterherhinken. Die prädiktive Gendiagnostik ist als Verfahren zur Voraussage und Vorbeugung von Krankheiten ein fester Bestandteil der Humanmedizin und wird aufgrund eines sich wandelnden Krankheitsverständnisses (weg vom kurativen hin zum prädiktiven Krankheitsverständnis), in der Bedeutung für die medizinische Versorgung noch zunehmen.5 Die für die Krankheitsentstehung verantwortlichen Erbanlagen eines jeden Menschen können durch verschiedene Laboruntersuchungen nachgewiesen werden. Zudem werden die Informationen über genetische Krankheitsveranlagungen oft vor deren Manifestation gewonnen, also vor dem Zeitpunkt des eigentlichen Krankheitsausbruches mit erkennbaren Symptomen. Gem. § 3 Nr. 8 GenDG handelt es sich bei einer genetischen Untersuchung dann um eine prädiktive Untersuchung, wenn diese mit dem Ziel der Abklärung (a) einer erst zukünftig auftretenden Erkrankung oder gesundheitlichen Störung oder (b) einer Anlageträgerschaft für Erkrankungen oder gesundheitliche Störungen bei Nachkommen 4 5 GfH, Positionspapier GfH 2007, 6. Kreß, Medizinische Ethik: Gesundheitsschutz, Selbstbestimmungsrechte, heutige Wertkonflikte, 66. 4 durchgeführt wird. Dies bedeutet, dass mittels molekulargenetischer Untersuchungsverfahren genetische Veränderungen (Mutationen) identifiziert werden sollen, die zukünftig zu einer Erkrankung der Person führen bzw. führen können. 6 Die gefundenen Genveränderungen können dabei entweder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im späteren Leben zu einer Erkrankung führen (prädiktiv- deterministische Untersuchung) oder eine auf statistischen Berechnungen beruhende erhöhte Erkrankungswahrscheinlichkeit bedeuten, die jedoch keine eindeutige persönliche Prognose ermöglicht (prädiktiv-probabilistische Untersuchungen).7 Vom Gesetzgeber werden genetische Untersuchungen auf Krankheiten, die sowohl durch genetische Eigenschaften als auch durch äußere Einflüsse verursacht werden (multifaktorielle Erkrankung), nicht zur prädiktiven Gendiagnostik hinzugezählt, sondern als diagnostische genetische Untersuchungen bewertet (§ 3 Nr. 7 b GenDG), wenn die äußeren Einflüsse „maßgeblich zum Ausbruch dieser Erkrankung beitragen“.8 Als Konsequenz können gem. § 7 Abs. 1 GenDG Untersuchungen auf multifaktorielle Erkrankungen von jedem Arzt und solche für monogene, d.h. nur durch ein bestimmtes Gen verursachte Krankheiten, nur von einem Facharzt für Humangenetik oder von Ärzten, welche sich anderweitig für genetische Untersuchungen im Rahmen ihres Fachgebietes qualifiziert haben, durchgeführt werden. Die Unterscheidung zwischen monogenen und multifaktoriellen Krankheiten dient aber aus naturwissenschaftlicher Sicht im Grunde nur der Veranschaulichung, da zwischen ihnen fließende Übergänge bestehen.9 Auch wenn der Genmutation bei spezifischen Erkrankungen eine übergeordnete Bedeutung zukommt, ist die Krankheitsentstehung überwiegend von mehreren Faktoren abhängig und eine genetische Veränderung oft nicht allein kausal für eine bestimmte Krankheitsausprägung (siehe D).10 III. Genetischer Exzeptionalismus Ob sich die auf Grundlage genetischer Untersuchungen gewonnenen Gesundheitsinformationen so wesentlich von anderen persönlichen medizinischen Informationen unterscheiden, dass man von einem „genetischen Exzeptionalismus“ sprechen kann, wird in Fachkreisen kontrovers diskutiert (soll hier aber nicht weiter thematisiert wer6 Amtliche Begründung, BT-Drs. 16/10532, S.22. ebda. 8 ebda. 9 Vossenkuhl, Der Schutz genetischer Daten: Unter besonderer Berücksichtigung des Gendiagnostikgesetzes, 125; Deutscher Ethikrat, Die Zukunft genetischer Diagnostik - von der Forschung in die klinische Anwendung: Stellungnahme, 23. 10 Enquete-Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“, BT-Drs. 14/9020, S. 120, 121. 7 5 den). Die Argumente, mit denen eine Sonderstellung genetischer Informationen gerechtfertigt wird, können jedoch für das allgemeine Verständnis der spezifischen Eigenschaften genetischer Informationen hilfreich sein. Folgende Besonderheiten genetischer Daten führen dazu, dass auch der Gesetzgeber eine gesetzliche Sonderreglung für erforderlich hielt11: - hohe persönlichkeitsrechtliche Relevanz, - Aussagen über Erkrankungen im Vorfeld erster manifester Symptome (hohes prädiktives Potential, zeitliche Entkoppelung), - Wahrscheinlichkeitsaussagen aufgrund statistischer Berechnungen (Unsicherheit der Prognose, erhöhte Interpretationsbedürftigkeit), - Diskrepanz zwischen Diagnose- u. Therapiemöglichkeiten, - Diskriminierungs-, Stigmatisierungspotential (Gesellschaft, Arbeitsplatz, Versicherungen), - erlaubt Rückschlüsse auf genetischen Status von Familienangehörigen, Verwandte (Drittbetroffenheit), - Unveränderlichkeit, Vererbbarkeit, - eindeutige Identifizierbarkeit, - Umfang u. Bedeutung für Betroffene schwer einschätzbar. IV. Humangenetische Beratung 1. Genetischer Berater Da es keine einheitliche Begriffsverwendung gibt, wird als „genetischer Berater“ im Rahmen dieser Arbeit diejenige Person bezeichnet, welche die humangenetische Beratung durchführt bzw. durchführen sollte, ohne dies mit einer bestimmten beruflichen Qualifikation (Arzt, Facharzt für Humangenetik) zu verbinden. 11 Enquete-Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“, BT-Drs. 14/9020, S. 131; Vossenkuhl, Der Schutz genetischer Daten: Unter besonderer Berücksichtigung des Gendiagnostikgesetzes, 94; Henn, in: Duttge et al., Das Gendiagnostikgesetz im Spannungsfeld von Humangenetik und Recht, 13 (14); Brändle et al., in: Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Gendiagnostik in Deutschland: Status quo und Problemerkundung, Supplement zum Gentechnologiebericht, 123 (140); Amtliche Begründung, BT-Drs. 16/10532, S.16; Hadolt / Lengauer, Genetische Beratung in der Praxis: Herausforderungen bei präsymptomatischer Gendiagnostik am Beispiel Österreichs, 30; Hildt, in: Hirschberger et al., Ethische Fragen genetischer Beratung, 225 (226).; Henn, in: Hirschberger et al., Ethische Fragen genetischer Beratung, 103 (107); Hübner / Pühler, MedR 2010, 676 (676); Kiehntopf / Pagel, MedR 2008, 344 (346, 347). 6 2. Inhalte einer humangentischen Beratung Gegenstand der humangenetischen Beratung ist gem. § 10 Abs. 3 S. 2 GenDG die eingehende Erörterung der möglichen medizinischen, psychischen und sozialen Fragen im Zusammenhang mit einer Vornahme oder Nichtvornahme der genetischen Untersuchung und ihren vorliegenden oder möglichen Untersuchungsergebnissen sowie der Möglichkeiten zur Unterstützung bei physischen und psychischen Belastungen der betroffenen Person durch die Untersuchung und ihr Ergebnis. Die Beratung soll Einzelnen oder Familien dabei helfen, die Aussagekraft genetischer Daten zu verstehen und eine selbstbestimmte Entscheidung über die Durchführung oder Ablehnung einer genetischen Untersuchung zu treffen und im Nachhinein den richtigen Umgang mit den Informationen gewährleisten.12 Eine humangenetische Beratung sollte dabei mind. 30 Minuten dauern und mehrere Gespräche umfassen. 13 Sie ist damit umfangreicher als eine ärztliche Aufklärung und auch von dieser zu unterscheiden, da sie eine eigene ärztliche Leistung darstellt.14 Im Rahmen prädiktiver genetischer Untersuchungen ist die Beratung gem. § 10 Abs. 2 GenDG vor der genetischen Untersuchung und nach dem Vorliegen des Untersuchungsergebnisses durch den dafür qualifizierten Arzt (siehe C.) durchzuführen, sog. Beratungstrias (Beratung-Diagnostik-Beratung). Damit werden für prädiktive genetische Untersuchungen die meisten Beratungspflichten vorgeschrieben.15 12 Amtliche Begründung, BT-Drs. 16/10532, S.17. BÄK, RL zur prädiktiven genetischen Diagnostik, DÄ 2003, A-1287 (1302); GfH / BVDH, medgen 2011, 281 (284). 14 Amtliche Begründung, BT-Drs. 16/10532, S.28. 15 Bei diagnostischen Untersuchungen kann der Arzt eine Beratung gem. § 10 Abs. 1 GenDG nach der Diagnostik anbieten bzw. trifft ihn u.U. eine Angebots-, aber keine Beratungspflicht. 13 7 C. RECHTLICHE REGELUNGEN ZUR QUALIFIKATION DES GENETISCHEN BERATERS I. Gendiagnostikgesetz Eine diagnostische genetische Untersuchung darf nach § 7 Abs. 1 GenDG nur durch Ärzte und eine prädiktive genetische Untersuchung nur durch Fachärzte für Humangenetik oder andere Ärzte, die sich beim Erwerb einer Facharzt-, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnung für genetische Untersuchungen im Rahmen ihres Fachgebietes qualifiziert haben, vorgenommen werden. Somit gilt für die Durchführung einer prädiktiven Gendiagnostik ein spezifischer Facharztvorbehalt. Gem. § 7 Abs. 3 GenDG darf eine genetische Beratung nach § 10 [GenDG] nur durch in Abs. 1 genannte Ärzte, die sich für genetische Beratungen qualifiziert haben, vorgenommen werden. D.h. alle Ärzte, die gem. § 7 Abs. 1 GenDG die prädiktive genetische Untersuchung machen dürfen, können auch die entsprechende genetische Beratung vor und nach der prädiktiven Gendiagnostik (§ 10 Abs. 2 GenDG) durchführen, aber nur dann, wenn sie dafür eine zusätzliche Qualifikation nachweisen können. Vor der gesetzlichen Regelung waren aufgrund der Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern nur Fachärzte für Humangenetik und Ärzte mit der, seit längerer Zeit nicht mehr verliehenen, Zusatzbezeichnung „Medizinische Genetik“16 entsprechend qualifiziert.17 Denn grundsätzlich haben die Ärztekammern die Regelungskompetenz, um in ihren Weiterbildungsordnungen die konkreten Qualifikationsanforderungen und Weiterbildungsinhalte festzulegen.18 Weil die genetische Diagnostik in der Praxis aber in immer mehr medizinischen Bereichen zur Anwendung kommt und der Bestand an qualifizierten Ärzten zu gering ist, um die steigende Nachfrage an humangenetischer Beratung zu decken, hat der Gesetzgeber erlaubt, dass auch andere Ärzte in ihrem jeweiligen Fachgebiet eine genetische Beratung durchführen dürfen, soweit sie eine entsprechende Qualifikation zur genetischen Beratung nachweisen können, wobei diese Qualifikationsmöglichkeit nicht mehr an die Weiterbildungsordnungen gebunden sein soll.19 Die Gendiagnostik-Kommission (GEKO) wurde gem. § 23 Abs. 2 Nr. 2a GenDG mit der Ausgestaltung von Richtlinien für die Anforderungen an die Quali- 16 Im Text nachfolgend nur noch gemeinschaftliche Bezeichnung als Fachärzte für Humangenetik. Amtliche Begründung, BT-Drs. 16/10532, S. 26; Henn, in: Duttge et al., Das Gendiagnostikgesetz im Spannungsfeld von Humangenetik und Recht, 13 (20). 18 Hübner / Pühler, MedR 2010, 676 (680). 19 Amtliche Begründung, BT-Drs. 16/10532, S. 26; Henn, in: Duttge et al., Das Gendiagnostikgesetz im Spannungsfeld von Humangenetik und Recht, 13 (20). 17 8 fikation zur genetischen Beratung gem. § 7 Abs. 3 GenDG beauftragt. 20 Konkrete inhaltliche Anforderungen an die Qualifikation der genetischen Berater werden durch den Gesetzgeber nicht vorgeschrieben. Die Regelung des § 7 Abs. 3 GenDG trat zum 01. Februar 2012 in Kraft (§ 27 Abs. 4 GenDG). Damit dürfen seitdem Ärzte (die keine Fachärzte für Humangenetik sind) die genetische Beratung nur durchführen, soweit sie über eine besondere Qualifikation verfügen. II. Konkretisierung durch die Richtlinie der Gendiagnostik-Kommission Die GEKO erließ am 11. Juli 2011 die Richtlinie über die Anforderungen an die Qualifikation zur und die Inhalte der genetischen Beratung gem. § 23 Abs. 2 Nr. 2a und § 23 Abs. 2 Nr. 3 GenDG.21 Da sich die Qualifizierungsmaßnahme für die genetische Beratung von der Qualifikation der Fachärzte für Humangenetik unterscheidet, wird sie als „Qualifikation zur fachgebundenen genetischen Beratung“ bezeichnet. Innerhalb der eigenen Fachgrenzen dürfen alle Ärzte nach Erwerb der Qualifikation die genetische Beratung selbst durchführen. Fachärzte für Humangenetik sollen genetische Beratungen dann durchführen, wenn die Fragestellungen über das jeweilige Fachgebiet des behandelnden Arztes hinausgehen.22 1. Qualifikationsinhalte Den Ärzten sollen Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, damit sie die genetischen Informationen richtig interpretieren sowie deren Bedeutung der betroffenen Person in der Beratung verständlich erläutern können.23 Die Qualifikation zur fachgebundenen genetischen Beratung beinhaltet einen theoretischen und einen praktischkommunikativen Teil. In dem theoretischen Teil, welcher 72 Fortbildungseinheiten (1 FB-Einheit = 45 min) umfassen soll, werden in einem Basismodul allgemeine Aspekte, genetische Grundlagen und methodische Aspekte der genetischen Beratung sowie Grundlagen genetischer Risikobestimmung vermittelt.24 Daneben sind psychosoziale und ethische Aspekte sowie fachspezifische medizinische Inhalte Bestandteil der Qualifikation. 20 Dieser Eingriff in das ärztliche Berufsrecht und die Übertragung der Regelungskompetenz auf die GEKO ist allerdings nicht unumstritten. 21 GEKO-RL, Bundesgesundheitsbl. 2011, 1248 (1248). 22 ebda. 23 ebda. (1252). 24 ebda. (1253). 9 Der praktisch-kommunikative Teil soll mind. zehn praktische Übungen anhand von Fallbeispielen umfassen oder durch die Teilnahme eines Supervisors (Facharzt für Humangenetik) bei der Durchführung der Beratungen abgeleistet werden.25 Dieser Nachweis kann jedoch durch den Nachweis anderer Qualifikationen ersetzt werden (Erwerb der Psychosomatischen Grundversorgung, Fort- und Weiterbildungen mit vergleichbaren Inhalten).26 2. Durchführung der Qualifizierungsmaßnahme Die Übergangsfrist von zwei Jahren bis zum Inkrafttreten der Qualifikationsanforderung (§ 7 Abs. 3 GenDG) war zu kurz bemessen, um die zeitintensive Vermittlung theoretischer Kenntnisse flächendeckend anzubieten, damit genügend Ärzte zu genetischen Beratern ausgebildet werden können und so der steigende Beratungsbedarf (auch aufgrund der Ausweitung von Beratungspflichten durch das GenDG) gedeckt werden konnte.27 Bis zur vollständigen Entwicklung und Zertifizierung der entsprechenden Qualifizierungsinstrumente und der Etablierung eines bundesweiten Angebotes an Kursen wurde für eine Übergangsfrist von fünf Jahren ab Inkrafttreten der Richtlinie der direkte Zugang zu Wissenskontrollen ohne vorherige Teilnahme an einer theoretischen Weiterbildung ermöglicht.28 Somit haben die Ärzte die Wahl, ob sie an einem Kurs teilnehmen, der ihnen das notwendige genetische Fachwissen, psychosoziale und ethische Aspekte einer genetischen Beratung vermitteln soll, oder ob sie ohne eine Weiterbildung direkt an einer Prüfung teilnehmen. Diese Übergangsregelung gilt bis zum 11. Juli 2016. Danach dürfen nur noch Ärzte mit einer fünfjährigen Berufspraxis als Facharzt unmittelbar an der Wissenskontrolle teilnehmen und alle anderen müssen die umfangreiche theoretische Qualifizierungsmaßnahme absolvieren.29 Für den praktisch-kommunikativen Bestandteil der Qualifikation gibt es keine Sonderregelung. Hier gelten die Anforderungen der Richtlinie seit Juli 2011. 25 ebda. (1254). ebda. (1254). 27 Henn, in: Duttge et al., Das Gendiagnostikgesetz im Spannungsfeld von Humangenetik und Recht, 13 (21); GEKO-RL, Bundesgesundheitsbl. 2011, 1248 (1255). 28 GEKO-RL, Bundesgesundheitsbl. 2011, 1248 (1253, 1255). 29 ebda. (1253). 26 10 III. Umsetzung durch die Landesärztekammern Die Umsetzung und Durchführung der Qualifizierungsmaßnahmen obliegt wiederum den 17 Landesärztekammern, die jedoch unterschiedliche Anforderungen an den Erwerb der Qualifikation zur fachgebundenen genetischen Beratung stellen. Die Informationen über die jeweiligen Vorgaben sind bei fast allen Ärztekammern auf deren Homepages zu finden (weitere Informationen wurden auf Nachfrage schriftlich mitgeteilt).30 1. Theoretischer Teil Die Wissenskontrolle erfolgt bundeseinheitlich durch einen Multiple-Choice-Test im Umfang von 20 Fragen (15 aus dem Bereich der Humangenetik, 5 fachspezifische Fragen), wobei 60% richtig beantwortet werden müssen. Das Absolvieren der Wissenskontrolle durch eine webbasierte Prüfung oder einen Präsenztest ist bei insgesamt 15 Ärztekammern möglich, vereinzelt ist eine Prüfung aber auch nur durch einen Präsenztest möglich. Die Prüfung über ein Online-Portal (der jeweiligen ÄK) wird u.a. bei den ÄK in Bayern, Nordrhein, Saarland und Westfalen-Lippe angeboten. Nur über ein Präsenzverfahren ist die Wissenskontrolle z.B. in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Schleswig-Holstein möglich. In BadenWürttemberg, Bremen, Hamburg, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thüringen werden die Wissenskontrollen ebenfalls angeboten.31 Eine Sonderstellung hat indes die ÄK Niedersachsen. Hier wurden die Qualifikationsanforderungen in die Weiterbildungsordnung aufgenommen. Diese Regelung bildet auch die Rechtsgrundlage für den Erwerb der Qualifikation zur fachgebundenen genetischen Beratung und nicht die Richtlinie der GEKO, auf deren Basis keine Qualifikationen erteilt werden.32 Der theoretische Teil der Qualifikation kann in Niedersachsen nicht durch eine kurze Prüfung, sondern nur durch die Teilnahme an einem 72-Stunden-Kurs (unter Leitung eines Humangenetikers) absolviert werden.33 In Vorbereitung auf die Wissenskontrolle werden von den Ärztekammern, welche eine solche Prüfung durchführen, sechs- bis achtstündige Auffrischungskurse (Refresherkurse) angeboten. Die Möglichkeit der fakultativen Teilnahme an einem 30 Homepage-Verweise siehe Literaturverzeichnis, Anlage A. Lediglich für die LÄK Hessen konnten keine genauen Informationen recherchiert werden. 32 Auskunft per E-Mail, Justiziar ÄK Niedersachsen am 17.06.2013. 33 Weiterbildungsordnung ÄK Niedersachsen, Abschnitt C: Zusätzliche Weiterbildungen und Zusatzbezeichnungen, Punkt 10: Genetische Beratung, fachgebunden, Internetquelle: <https://www.aekn.de/weiter bildung/weiterbildungsordnung/>, zuletzt abgerufen am 27.08.13. 31 11 Vorbereitungskurs, teilweise auch durch Online-Fortbildungen (z.B. E-Learning-Kurs) bieten elf Landesärztekammern an. 34 Die ÄK Bremen und Sachsen-Anhalt bieten ebenfalls eintägige Auffrischungskurse an.35 In Mecklenburg-Vorpommern ist die Teilnahme an einem achtstündigen Kurs verpflichtend für die Teilnahme an der Wissenskontrolle, in Hessen werden nur umfangreichere Fortbildungsveranstaltungen angeboten.36 Die ÄK Schleswig-Holstein bietet Refresherkurse für die Qualifikation zur fachgebundenen genetischen Beratung nur im vorgeburtlichen Kontext an und in Niedersachsen besteht aufgrund der spezifischen Regelungen in der Weiterbildungsordnung kein Bedarf an derartigen Auffrischungskursen. 2. Praktisch-kommunikativer Teil Obwohl die Anforderungen für die praktisch-kommunikativen Bestandteile in der Richtlinie der GEKO klar geregelt sind, gibt es in einzelnen Landesärztekammern abweichende Vorgehensweisen, damit dieser Bestandteil der Qualifikation leichter erbracht bzw. nachgewiesen werden kann. Auf Nachfrage teilte die ÄK Berlin mit, dass die Teilnahme an einem Auffrischungskurs nicht zugleich als Nachweis für den praktisch-kommunikativen Teil der Qualifikation gewertet wird.37 Dieser Nachweis kann nur durch eine Facharztqualifikation in der unmittelbaren Patientenversorgung, den Erwerb der Psychosomatischen Grundversorgung bzw. gleichwertige Fortbildungen oder bei Weiterbildungsassistenten durch die Bescheinigung einer sechsmonatigen Weiterbildungszeit in der unmittelbaren Patientenversorgung erbracht werden. Auch die ÄK Schleswig-Holstein erteilt die Qualifikation zur fachgebundenen genetischen Beratung nur dann, wenn neben der bestandenen Wissenskontrolle die Qualifikation „Psychosomatische Grundversorgung“ (oder äquivalente Fortbildungen) nachgewiesen werden kann. Die Weiterbildungsordnung der ÄK Niedersachsen schreibt für die entsprechende Anerkennung die Teilnahme an zehn praktischen Übungen oder an einem Weiterbildungskurs (80 Stunden) in Psychosomatischer Grundversorgung vor. 34 Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Nordrhein, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Thüringen, Westfalen-Lippe. 35 Keine Informationen darüber, ob die Teilnahme verpflichtend oder freiwillig ist. 36 Auskunft per E-Mail, Stabsstelle Qualitätssicherung, Versorgungsmanagement und Gesundheitsökonomie, LÄK Hessen am 17.06.2013; Referat Fortbildung, LÄK MecklenburgVorpommern am 20.06.13. 37 Auskunft per E-Mail, ÄK Berlin, Abt. Fortbildung/Qualitätssicherung am 26.06.2013. 12 Im Gegensatz zu den Regelungen in Berlin genügt der ÄK Hamburg die Teilnahme an einem angebotenen Refresherkurs, um die Anforderungen der praktischenkommunikativen Qualifikationsbestandteile der Richtlinie der GEKO zu erfüllen. Interessanterweise unterscheiden sich die Inhalte der Auffrischungskurse beider Ärztekammern nicht. Bestandteile sind die gesetzlichen und theoretischen Grundlagen der Genetik sowie die Vermittlung von Grundlagen der humangenetischen Beratung mit Fallbeispielen, Methoden der Gendiagnostik, Befundinterpretation und fachspezifische Themen. Da all diese Kursinhalte innerhalb eines Tages vermittelt werden, besteht sicherlich nicht genügend Zeit die Besonderheiten der Gesprächsführung im Rahmen genetischer Beratungen umfassend zu thematisieren. Auch die ÄK des Saarlandes stellt ähnlich geringe Anforderungen an den Nachweis der praktisch-kommunikativen Qualifikation. Hier muss nicht einmal der Auffrischungskurs besucht werden, allein die Bezeichnung als „Facharzt“ (unabhängig auf welchem Gebiet) ist ausreichend, da davon ausgegangen wird, dass die notwendigen Inhalte Bestandteil der jeweiligen Weiterbildung waren. IV. Zusammenfassung und Schlussfolgerung Humangenetische Beratungen vor und nach einer prädiktiven genetischen Untersuchung dürfen Ärzte mit einer fachärztlichen Weiterbildung durchführen, soweit sie die Qualifikation zur fachgebundenen genetischen Beratung erworben haben. Fachärzte der Humangenetik gelten aufgrund ihrer Weiterbildung als qualifiziert. Alle anderen Ärzte können bei der zuständigen Landesärztekammer bis Juli 2016 die notwendige theoretische Qualifikation sehr einfach (mit Ausnahme der Regelungen der ÄK Niedersachsen) durch den Abschluss einer Wissenskontrolle ohne verpflichtende Teilnahme an einem Vorbereitungskurs erwerben. Der Vorbereitungskurs an sich vermittelt jedoch auch nur Kenntnisse, die zum Bestehen der Prüfung notwendig sind. Die Anforderungen für den Nachweis der praktisch-kommunikativen Qualifikation sind in der Richtlinie der GEKO zwar eindeutig normiert, werden aber von einzelnen Ärztekammern unterlaufen, indem diese eine bloße Facharztqualifikation oder die Teilnahme an einem eintägigen Auffrischungskurs als ausreichend betrachten. Auch die GEKO mahnt in ihrem ersten Tätigkeitsbericht an, dass die Wissenskontrollen teilweise unsachgemäß durchgeführt werden und die praktischen Qualifikationsbestandteile mitunter unbeachtet blieben.38 Nach Ansicht der GEKO sollten die Risikokom38 GEKO, Tätigkeitsbericht 2013, 16. 13 munikation und die psycho-sozialen Folgen prädiktiver Gendiagnostik stärker in den Mittelpunkt rücken.39 (Fach-)Ärzte können die Qualifikation zur fachgebundenen genetischen Beratung aufgrund der aktuellen Regelung schnell und ohne großen Aufwand erwerben. Es ist jedoch fraglich, ob dadurch die Qualität der genetischen Beratung insgesamt noch auf einem hohen Niveau gewährleistet werden kann. Denn während Fachärzte für Humangenetik ein tiefgreifendes, umfassendes Verständnis für die Besonderheiten und spezifischen Problemebereiche genetischer Beratungen haben, sind eine Vielzahl der Ärzte, die jetzt aufgrund ihrer erworbenen Qualifikationen diese Gespräche selbst führen, für die spezielle Thematik nicht genügend sensibilisiert. Zudem handelt es sich bei der Humangenetik um ein modernes, noch recht junges Themengebiet, wodurch genetisches Wissen gerade auch bei älteren Ärzten im Studium bzw. der Weiterbildung noch gar nicht vermittelt wurde.40 39 ebda. Henn, in: Duttge et al., Das Gendiagnostikgesetz im Spannungsfeld von Humangenetik und Recht, 13 (22); Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina et al., Prädiktive genetische Diagnostik als Krankheitsprävention, Stellungnahme, 24. 40 14 D. MEDIZINISCHE BESONDERHEITEN PRÄDIKTIVER GENDIAGNOSTIK I. Aussagekraft und Wahrscheinlichkeiten Bei den Ergebnissen genetischer Untersuchungen handelt es sich meist nur um statistische Wahrscheinlichkeiten, die keine eindeutige Prognose für die betroffene Person erlauben. Häufig besteht aber die Gefahr, dass die Aussagekraft eines Ergebnisses überschätzt wird. Die Gründe, weshalb eine eindeutige Aussage nicht möglich ist und auch Wahrscheinlichkeitsberechnungen nicht immer zutreffen, sind vielfältig. Dies kann einerseits an den Testverfahren selbst und zum anderen an der darauf beruhenden Berechnung von statistischen Erkrankungsrisiken liegen. 1. Testverfahren Um Informationen über die genetische Konstitution eines Menschen zu erhalten, gibt es verschiedene Analysemöglichkeiten. Je nachdem, ob eine bestimmte Mutation gesucht und dadurch ausgeschlossen bzw. bestätigt oder eine Vielzahl genetischer Informationen gewonnen werden soll. Die zwei gängigsten Verfahren zur Genanalyse sind die Oligonukleotid-Hybridisierung und die Polymerase-Kettenreaktion (PCR).41 Mittels PCR-basierter Sequenzierung können ganze DNA-Abschnitte und durch andere Verfahren auch das gesamte menschliche Genom (next generation sequencing) untersucht werden.42 Hierbei fallen aber zahlreiche Nebenbefunde (sog. Überschussinformationen) an.43 Mit den eingesetzten Testverfahren können jedoch nicht immer alle Mutationen nachgewiesen werden, die mit einer bestimmten Erkrankung mutmaßlich in Verbindung stehen.44 Die breit angelegten, eher unspezifischen Analyseverfahren stellen auch hohe Anforderungen an die humangenetische Beratung.45 Gerade im Vorfeld einer prädiktiven Gendiagnostik muss die betroffene Person genau wissen und verstehen können, welche Informationen aufgrund welcher Testverfahren zu erwarten sind. 41 Deutscher Ethikrat, Die Zukunft genetischer Diagnostik - von der Forschung in die klinische Anwendung: Stellungnahme, 29, 30. 42 ebda. 43 ebda. 32. 44 Javaher / Schmidtke, in: Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Gendiagnostik in Deutschland: Status quo und Problemerkundung, Supplement zum Gentechnologiebericht, 107 (109). 45 Deutscher Ethikrat, Die Zukunft genetischer Diagnostik - von der Forschung in die klinische Anwendung: Stellungnahme, 41. 15 2. Aussagekraft genetischer Untersuchungsergebnisse Die Aussagekraft, also wie genau eine genetische Information ist und damit auch der klinische Nutzen einer solchen Information, hängt von deren Spezifität, Sensitivität und dem dadurch ableitbaren positiven bzw. negativen prädiktiven Wert ab. 46 Dabei werden die Aussagen aufgrund von Stichproben vieler Menschen getroffen und daraus das persönliche Risiko ermittelt.47 Mit der Spezifität wird ausgedrückt, mit welcher Wahrscheinlichkeit das Testergebnis negativ ausfällt und die Person auch tatsächlich nicht erkrankt ist, also die genetischen Krankheitsmerkmale nicht aufweist.48 D.h. es wird der Prozentsatz angegeben, mit dem wirklich Gesunde (keine Mutationsträger) im Test auch als solche erkannt werden. Unter Sensitivität versteht man die Wahrscheinlichkeit, mit der die Untersuchung ein positives Testergebnis liefert, wenn die Person erkrankt ist. 49 Also wird damit angegeben, wie oft der Test die tatsächlich „kranken“ Personen auch als „krank“ erkennt. Ein positiver prädiktiver Wert gibt an, wie viele Personen mit einer festgestellten genetischen Krankheitsveranlagung auch wirklich krank sind und der negative prädiktive Wert gibt die Anzahl der tatsächlich gesunden Person an, bei denen die Krankheit nicht festgestellt wurde (jeweils in Prozent).50 Spezifität und Sensitivität liegen bei monogenen Erkrankungen oft höher als bei multifaktoriellen Krankheiten und auch die prädiktiven Werte unterscheiden sich diesbezüglich.51 Die Penetranz sagt aus, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Krankheit auch tatsächlich ausbricht. Eine verminderte Penetranz liegt dann vor, wenn sich die Krankheitssymptome (phänotypische Merkmale) bei einigen deutlich, bei anderen schwächer oder gar nicht ausbilden, obwohl alle Mutationsträger sind.52 So haben z.B. die Mutationen in „Brustkrebsgenen“ eine eher verminderte Penetranz und bei Chorea Huntington kann eine 100%ige Penetranz vorliegen (siehe D.IV.2). 46 GEKO-RL, Bundesgesundheitsbl. 2013, 159 (159, 160); Javaher / Schmidtke, in: BerlinBrandenburgische Akademie der Wissenschaften, Gendiagnostik in Deutschland: Status quo und Problemerkundung, Supplement zum Gentechnologiebericht, 107 (108). 47 Deutscher Ethikrat, Die Zukunft genetischer Diagnostik - von der Forschung in die klinische Anwendung: Stellungnahme, 53. 48 GEKO-RL, Bundesgesundheitsbl. 2013, 159 (160). 49 ebda. 50 Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina et al., Prädiktive genetische Diagnostik als Krankheitsprävention, Stellungnahme, 29. 51 GEKO-RL, Bundesgesundheitsbl. 2013, 159 (160, Fn. 3, 4). 52 Deutscher Ethikrat, Die Zukunft genetischer Diagnostik - von der Forschung in die klinische Anwendung: Stellungnahme, 22. 16 Eine Aussage bei einer prädiktiven genetischen Diagnostik kann damit im Bezug auf die Manifestationswahrscheinlichkeit folgende Qualität haben: Praktisch sicheres Eintreten (vollständige Penetranz); überwiegend wahrscheinliches Auftreten (verminderte Penetranz), mäßige oder schwache Prädisposition (Krankheitsanfälligkeit); kein sicherer Ausschluss des Auftretens oder sicherer Ausschluss.53 Weil es sich bei all den Aussagen um statistisch ermittelte Prozentangaben handelt, die selten eine 100%ige Wahrscheinlichkeit haben, kann das Testverfahren bei der einzelnen Person daher auch falsch-positive oder falsch-negative Ergebnisse liefern.54 Die Prognosen sind nicht wiederleg- oder überprüfbar, denn solange die Krankheit nicht ausbricht, ist das positive Testergebnis nicht bestätigt.55 Auch die Auswirkungen präventiver Vorsorgemaßnahmen sind nur schwer bestimm- und verallgemeinerbar.56 Bei einer falsch-positiven Aussage glaubt die Person, sie habe z.B. ein erhöhtes Risiko für Brustkrebs und lässt sich deshalb vielleicht vorsorglich das Brustgewebe entfernen, dabei ist ihr wirkliches Risiko tatsächlich kleiner oder sie wird sogar nie an Brustkrebs erkranken. Auf der anderen Seite kann ein falsch-negatives Ergebnis, also die Annahme, man sei kein Mutationsträger bzw. habe nur ein geringes Erkrankungsrisiko dazu führen, dass eventuell hilfreiche Vorsorgemaßnahmen nicht wahrgenommen werden und die Krankheit ausbricht. Desweiteren ist es möglich, dass eine gefundene genetische Veränderung aufgrund fehlender Kenntnisse in ihrer Bedeutung und ihrem Einfluss auf den Gesundheitszustand nicht beurteilt werden kann.57 Trotz des enormen wissenschaftlichen Fortschrittes sind noch immer nicht alle Gene in ihrer Anzahl und Funktion bekannt.58 Und auch das Zusammenwirken untereinander und mit anderen Einflussfaktoren ist eine noch eher unbekannte Komponente, wodurch sich die statistischen Aussagen und Berechnungen stets wieder relativieren können. 53 BÄK, RL zur prädiktiven genetischen Diagnostik, DÄ 2003, A-1287 (1298). Javaher / Schmidtke, in: Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Gendiagnostik in Deutschland: Status quo und Problemerkundung, Supplement zum Gentechnologiebericht, 107 (108). 55 Stockter, in: Duttge et al., Das Gendiagnostikgesetz im Spannungsfeld von Humangenetik und Recht, 27 (30). 56 GfH, Positionspapier GfH 2007, 11. 57 GEKO-RL, Bundesgesundheitsbl. 2013, 159 (161). 58 Zerres et al., Der Gastroenterologe 2013, 287 (288). 54 17 3. Individuelle Risikobestimmung und Risikokommunikation Die beschriebenen statistischen Wahrscheinlichkeiten und Berechnungen erlauben somit keine 100%ig genaue Aussage über das individuelle Erkrankungsrisiko einer bestimmten Person. Auch die altersabhängige Erkrankungswahrscheinlichkeit ist ein zusätzlicher wichtiger Parameter für die Interpretation des Testergebnisses.59 Zudem muss beachtet werden, dass sich Mutationen in jedem Einzelfall unterschiedlich auswirken können.60 Dabei können auch andere Einflussfaktoren eine Rolle spielen (z.B. Umweltbedingungen, Lebensweise, Vorsorgemaßnahmen). 61 Die Nützlichkeit der errechneten Risikoangaben wird deshalb auch manchmal kritisch mit der Aussagekraft der Prophezeiungen des Orakels von Delphi verglichen. 62 In der medialen Darstellung wird häufig der Eindruck vermittelt, die Gene haben eine umfassende Erklärungskraft für die komplette Persönlichkeit.63 Wenn dann eine genetische Veranlagung für eine Krankheit gefunden wird, wird dies automatisch als Bedrohung und vorprogrammiertes Schicksal empfunden. 64 Deshalb muss der genetische Berater genau auf seine Wortwahl achten und sollte dem Betroffenen nicht den Eindruck vermitteln, er sei Träger „schlechter“ Gene.65 Gleichzeitig darf aber auch das bestehende Risiko nicht verharmlost werden.66 4. Ergebnis Das Hauptproblem der prädiktiven Gendiagnostik ist somit, dass die auf eine bestimmte Population zutreffende Wahrscheinlichkeitsaussage im Einzelfall falsch sein kann.67 Daher muss dem Betroffenen in der humangenetischen Beratung klar die begrenzte, individuelle Aussagekraft einer genetischen Information vermittelt werden.68 Allerdings erwartet die ratsuchende Person auch zu Recht, dass ihr die Risikoziffern in einer verständlichen Form erklärt werden, weil u.U. darauf die persönlichen Lebensentscheidungen beruhen.69 Der individuelle Nutzen, den ein genetischer 59 Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina et al., Prädiktive genetische Diagnostik als Krankheitsprävention, Stellungnahme, 30. 60 GEKO-RL, Bundesgesundheitsbl. 2013, 159 (161). 61 Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina et al., Prädiktive genetische Diagnostik als Krankheitsprävention, Stellungnahme, 27. 62 Cremer / Propping, medgen 2011, 385 (391). 63 Samerski, in: Hirschberger et al., Ethische Fragen genetischer Beratung, 171 (177). 64 ebda. 65 Cremer / Propping, medgen 2011, 385 (392). 66 ebda. 67 Deutscher Ethikrat, Die Zukunft genetischer Diagnostik - von der Forschung in die klinische Anwendung: Stellungnahme, 56. 68 Cremer / Propping, medgen 2011, 385 (399). 69 ebda. (385). 18 Test haben kann, ist immer auch in Abhängigkeit von verschiedenen individuellen und krankheitsspezifischen Faktoren zu betrachten (Schwere der Erkrankung, Therapie- und Behandlungsmöglichkeiten, individuelle Erfahrungen, Drittbezug) und daher selten statistisch berechenbar.70 Dabei ist zu beachten, dass genetischer Berater und Betroffener nicht immer in der Bewertung eines Risikos übereinstimmen. 71 Die Beurteilung kann sich im Verlauf der Zeit durch neue medizinische Möglichkeiten oder veränderte Lebenssituationen der Betroffenen ändern.72 Die richtige Interpretation eines Testergebnisses und die Übertragung einer statistischen Erkrankungswahrscheinlichkeit auf eine Einzelperson innerhalb einer humangenetischen Beratung sind somit mitunter sehr schwierig und ohne ein genetisches Fachwissen sowie eine entsprechende Kommunikationskompetenz nicht kompetent möglich.73 II. Zufallsbefunde Je nachdem, welche Untersuchungsmethode angewandt wird, können weitere unerwartete und unerwünschte genetische Informationen anfallen, die Aussagen über weitere Krankheitsveranlagungen ermöglichen. 74 Hierbei stellt sich die Frage, inwieweit diese Ergebnisse, sog. Zufalls-, Neben oder Überschussbefunde, dem Betroffenen mitgeteilt werden dürfen bzw. müssen (siehe E.II.3). Um dieser Problematik weitestgehend zu entgehen, sollte ein Diagnoseverfahren gewählt werden, bei dem aufgrund im Vorfeld ausgewählter, zu untersuchender Gene, die Möglichkeit von Zufallsbefunden reduziert wird.75 Diese Problematik tritt aber nicht nur im Zusammenhang mit genetischen Untersuchungen auf. Nebenbefunde und unerwartete, zusätzliche Informationen über den Gesundheitszustand eines Patienten abseits der eigentlichen Erkrankung sind auch bei nicht-genetischen Untersuchungen (Röntgen, MRT, Ultraschall) möglich.76 70 Javaher / Schmidtke, in: Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Gendiagnostik in Deutschland: Status quo und Problemerkundung, Supplement zum Gentechnologiebericht, 107 (113). 71 Cremer / Propping, medgen 2011, 385 (391). 72 Javaher / Schmidtke, in: Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Gendiagnostik in Deutschland: Status quo und Problemerkundung, Supplement zum Gentechnologiebericht, 107 (113). 73 so auch Vossenkuhl, Der Schutz genetischer Daten: Unter besonderer Berücksichtigung des Gendiagnostikgesetzes, 44. 74 Deutscher Ethikrat, Die Zukunft genetischer Diagnostik - von der Forschung in die klinische Anwendung: Stellungnahme, 84, Fn.150. 75 GfH, medgen 2013, 284 (286); Deutscher Ethikrat, Die Zukunft genetischer Diagnostik - von der Forschung in die klinische Anwendung: Stellungnahme, 140. 76 GEKO, Tätigkeitsbericht 2013, 18. 19 III. Genetische Erkrankungen 1. Allgemeine Zusammenhänge Die Anzahl der gefundenen Genmutationen, die für die Entstehung einer Krankheit (mit-)ursächlich sind, steigt aufgrund des enormen wissenschaftlichen Fortschritts auf diesem Gebiet stetig an.77 Die sog. Volks- oder Zivilisationskrankheiten, wie Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Allergien, Herzinfarkt, Krebs, Demenz, Schlaganfall, Adipositas und inzwischen auch psychische Krankheiten (Depressionen, bipolare Störungen) werden teilweise ebenfalls durch genetische Veranlagungen hervorgerufen oder verstärkt.78 Weil der genetische Einfluss aber nur schwer abschätzbar ist, lassen sich allein auf Grundlage der genetischen Informationen keine genauen Aussagen über einen Krankheitsausbruch oder Schweregrad der derartigen Erkrankung treffen.79 Zählt man neben den bekannten monogenen Krankheiten auch alle anderen Erkrankungen hinzu, bei denen ein genetischer Einfluss besteht bzw. vermutet wird, so sind wir vermutlich alle Träger einiger genetischer Veränderungen, die zu einer Krankheit führen können.80 Im medizinischen Alltag findet eine prädiktive Diagnostik aber immer noch vorwiegend dann Anwendung, wenn aufgrund einer familiären Erkrankungshäufigkeit eine Erbkrankheit vermutet wird. 81 Im Folgenden sollen daher die aktuellen medizinischen Möglichkeiten, die sich mit einer prädiktiven Gendiagnostik bieten, anhand von zwei Beispielen veranschaulicht werden. 2. Beispiele a) Brust- und Eierstockkrebs Pro Jahr erkranken in Deutschland ca. 60.000 Frauen an Brustkrebs und 9.000 Frauen an Eierstockkrebs, bei rund 20% der Fälle ist eine familiäre Häufung vorhan- 77 Deutscher Ethikrat, Die Zukunft genetischer Diagnostik - von der Forschung in die klinische Anwendung: Stellungnahme, 21. 78 Vossenkuhl, Der Schutz genetischer Daten: Unter besonderer Berücksichtigung des Gendiagnostikgesetzes, 124; Deutscher Ethikrat, Die Zukunft genetischer Diagnostik - von der Forschung in die klinische Anwendung: Stellungnahme, 24; Cremer / Propping, medgen 2011, 385 (389). 79 Vossenkuhl, Der Schutz genetischer Daten: Unter besonderer Berücksichtigung des Gendiagnostikgesetzes, 125. 80 Eberbach, MedR 2010, 155 (155); Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina et al., Prädiktive genetische Diagnostik als Krankheitsprävention, Stellungnahme, 10. 81 Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina et al., Prädiktive genetische Diagnostik als Krankheitsprävention, Stellungnahme, 17. 20 den.82 Damit ist Brustkrebs die häufigste, bösartige Krebserkrankung bei Frauen. 83 Ca. 5-10% aller Brustkrebserkrankungen liegt eine genetische Ursache zu Grunde. 84 BRCA1 und BRCA2 sind die beiden, autosomal-dominant vererbten Gene, welche bei einem familiären Mamma- und Ovarialkarzinom am häufigsten verändert sind, etwa 50% der genetisch bedingten Erkrankungsfälle sind auf eine Mutation dieser Gene zurückzuführen.85 Das Risiko für die Entstehung von Brustkrebs liegt dann bei ca. 80-90%, für Eierstockkrebs bei 20-50%.86 Aber auch andere Faktoren und der Lebensstil können laut Untersuchungen Einfluss auf die Penetranz einer genetischen Disposition haben.87 Trägerinnen einer BRCA-Mutation haben zudem ein allgemein erhöhtes Erkrankungsrisiko für andere Karzinome, z.B. Nieren-, Magen-, Darm- und Gebärmutterhalskrebs.88 Mutationsträgerinnen erkranken etwa 20 Jahre früher als Frauen mit sporadischem Brustkrebs.89 Eine Beratung und prädiktive Gendiagnostik wird u.a. dann durchgeführt, wenn in der Familie drei Brustkrebserkrankungen (altersunabhängig), zwei Erkrankungen (eine vor dem 51. Lebensjahr), eine Erkrankung vor dem 36. Lebensjahr, zwei Eierstockkrebserkrankungen oder einmal Brust- und Eierstockkrebs aufgetreten sind.90 Bei einer prädiktiven Untersuchung kann in gut der Hälfte der Fälle eine Mutation ausgeschlossen und die Ratsuchenden somit entlastet werden.91 Wird in einer betroffenen Familie keine Mutation nachgewiesen, kann ein statistisches Erkrankungsrisiko nur anhand einer Familienanamnese ermittelt werden.92 Auch in diesen Fällen kann ggf. die Teilnahme an einem Früherkennungsprogramm möglich und ratsam sein. Denn mit dem negativen Ergebnis wurde lediglich das spezifische Risiko ausgeschlossen, an einer BRCA-Mutation zu erkranken.93 Es besteht aber weiterhin ein Risiko, im Laufe des Lebens an Brust- oder Eierstockkrebs 82 Meindl et al., DÄ 2011, 323 (323). ebda.; Schmutzler / Kast, in: Kreienberg, Mammakarzinom interdisziplinär , 31 (32). 84 Meindl et al., DÄ 2011, 323 (329); Steiner et al. in: Hirschberger et al., Ethische Fragen genetischer Beratung, 25 (25). 85 Meindl et al., DÄ 2011, 323 (323, 324); Schmutzler / Kast, in: Kreienberg, Mammakarzinom interdisziplinär , 31 (32). 86 ebda. 87 Meindl et al., DÄ 2011, 323 (324). 88 ebda. (327); Schmutzler / Kast, in: Kreienberg, Mammakarzinom interdisziplinär , 31 (33). 89 Meindl et al., DÄ 2011, 323 (327). 90 Schmutzler / Kast, in: Kreienberg, Mammakarzinom interdisziplinär , 31 (34). 91 Meindl et al., DÄ 2011, 323 (324). 92 ebda. 93 Deutscher Ethikrat, Die Zukunft genetischer Diagnostik - von der Forschung in die klinische Anwendung: Stellungnahme, 56. 83 21 zu erkranken, da die Mehrzahl der Brustkrebserkrankungen auf eine andere Ursache als eine BRCA-Mutation zurückzuführen ist.94 Betroffene, die aufgrund einer nachgewiesenen Mutation oder der Familienanamnese als Hochrisikoperson eingestuft werden, nehmen an einem intensiven Früherkennungsprogramm teil, wodurch eine Krebserkrankung bereits im Frühstadium erkannt werden soll.95 Eine unmittelbar wirksame Therapie gibt es jedoch nicht.96 Bestandteile einer engmaschigen Kontrolle sind (abhängig auch vom Alter und den individuellen Lebensumständen) eine halbjährliche ärztliche Tastuntersuchung, Sonografie ab dem 25. Lebensjahr, jährliche Mammografie ab 30 Jahren, Kernspintomografie und MRT-Untersuchungen.97 Die ständige Strahlenbelastung kann eventuell negative Auswirkungen auf die Entstehung von Brustkrebs haben, wodurch die Mammografie teilweise auch kritisch bewertet wird.98 Dies kann bedeuten, dass die zur Früherkennung von Brustkrebs regelmäßig eingesetzten diagnostischen Untersuchungen u.U. selbst einen Beitrag zur Krebsentstehung leisten.99 Daneben besteht die Möglichkeit einer prophylaktischen Operation (ein- oder beidseitige Entfernung der Brustdrüsen, Eileiter-Eierstockentfernung). Diese kann das jeweilige Erkrankungsrisiko und damit die Mortalitätsrate signifikant senken.100 Eierstockkrebs wird meist erst in einem späten Erkrankungsstadium erkannt, deshalb ist eine prophylaktische Entfernung der Eierstöcke bei älteren Frauen mit einer BRCA1/2-Mutation oftmals indiziert.101 Möglicherweise ist die Reduzierung des Risikos durch eine Eierstock-Entfernung jedoch abhängig von der jeweiligen Genmutation.102 Bei der Entscheidung für oder gegen eine prophylaktische Operation wird die Belastung, welche ein Gentest für die Betroffenen mit sich bringt, besonders deutlich. Denn es ist stets zu bedenken, dass eine (evtl. risikoreiche) Operation jeweils nur das spezifische Risiko senkt, es aber 94 ebda. Meindl et al., DÄ 2011, 323 (324); Steiner et al. in: Hirschberger et al., Ethische Fragen genetischer Beratung, 25 (27,28). 96 Kreß, Medizinische Ethik: Gesundheitsschutz, Selbstbestimmungsrechte, heutige Wertkonflikte, 67. 97 Steiner et al. in: Hirschberger et al., Ethische Fragen genetischer Beratung, 25 (28, Fn.7).; Meindl et al., DÄ 2011, 323 (328). 98 Steiner et al. in: Hirschberger et al., Ethische Fragen genetischer Beratung, 25 (28, Fn.7).; Vossenkuhl, Der Schutz genetischer Daten: Unter besonderer Berücksichtigung des Gendiagnostikgesetzes, 31. 99 Vossenkuhl, Der Schutz genetischer Daten: Unter besonderer Berücksichtigung des Gendiagnostikgesetzes, 31. 100 Meindl et al., DÄ 2011, 323 (323); Schmutzler / Kast, in: Kreienberg, Mammakarzinom interdisziplinär , 31 (37); Steiner et al. in: Hirschberger et al., Ethische Fragen genetischer Beratung, 25 (28). 101 Schmutzler / Kast, in: Kreienberg, Mammakarzinom interdisziplinär , 31 (37).; Steiner et al. in: Hirschberger et al., Ethische Fragen genetischer Beratung, 25 (28). 102 Steiner et al. in: Hirschberger et al., Ethische Fragen genetischer Beratung, 25 (28). 95 22 dennoch zu einer Krebserkrankung kommen kann.103 Zudem ist ein positives Testergebnis nicht gleichzusetzen mit einer 100%igen Erkrankungswahrscheinlichkeit und es kann sich ebenso um eine falsch-positive Aussage handeln, weshalb eine solche einschneidende Vorbeugungsmaßnahme unnötig wäre.104 2010 wurde zudem ein weiteres Tumorgen (RAD51C) identifiziert und nach neueren Erkenntnissen haben bisher als moderat eingestufte Gene in Risikofamilien eine höhere Penetranz für Brustkrebs als ursprünglich angenommen. 105 Bei ca. 30% der gefundenen Mutationen handelt es sich um eine unklassifizierte Variante, hier ist eine prädiktive Diagnostik von Angehörigen nicht möglich, da zur Zeit keine Aussage über das spezifische Erkrankungsrisiko für Brustkrebs getroffen werden kann. 106 Somit sind immer weitere Erkenntnisse zu erwarten, die sowohl den Kreis möglicher Betroffener erweitern als auch einen Beitrag zur besseren Prävention liefern können. b) Chorea-Huntington Die Huntington-Krankheit wurde erstmals 1872 von George Sumner Huntington beschrieben.107 Er hat die Krankheitsmerkmale (erblich bedingt, Wahnvorstellungen, Suizidneigung, Manifestation im Erwachsenalter) als wesentlich für ChoreaHuntington charakterisiert.108 Es handelt sich um eine seltene, progredient verlaufende Krankheit ohne eine unmittelbar wirksame, d.h. heilende Therapiemöglichkeit.109 Der Erkrankung liegt ein autosomal-dominanter Erbgang zu Grunde, wobei die Nukleotid-Basenabfolge CAG an einer bestimmten Stelle mehrfach wiederholt wird. 110 Bei über 40 Wiederholungen beträgt die Penetranz 100%, d.h. jeder Mutationsträger wird im Laufe seines Lebens erkranken.111 Die Erkrankung ist dann mit absoluter Wahrscheinlichkeit voraussagbar. Sie tritt zumeist im Alter von 30-50 Jahren auf und geht einher mit einer Trias aus neurologischen und psychischen Auffälligkeiten sowie kognitiven Leistungsstörungen.112 Der Krankheitsverlauf und das Auftreten der 103 Vossenkuhl, Der Schutz genetischer Daten: Unter besonderer Berücksichtigung des Gendiagnostikgesetzes, 31. 104 Deutscher Ethikrat, Die Zukunft genetischer Diagnostik - von der Forschung in die klinische Anwendung: Stellungnahme, 56. 105 Meindl et al., DÄ 2011, 323 (324). 106 Schmutzler / Kast, in: Kreienberg, Mammakarzinom interdisziplinär , 31 (36). 107 Kreuz, in: Hirschberger et al., Ethische Fragen genetischer Beratung, 51 (52). 108 ebda. (53). 109 ebda. (54); Nguyen, medgen 2013, 221 (222). 110 Kreuz, in: Hirschberger et al., Ethische Fragen genetischer Beratung, 51 (54). 111 ebda. (55); Deutscher Ethikrat, Die Zukunft genetischer Diagnostik - von der Forschung in die klinische Anwendung: Stellungnahme, 68. 112 Kreuz, in: Hirschberger et al., Ethische Fragen genetischer Beratung, 51 (53); Nguyen, medgen 2013, 221 (222). 23 Symptome bzw. deren Intensität variiert von Patient zu Patient.113 Eine Manifestation ist umso früher und schwerer, je mehr CAG-Wiederholungen vorliegen.114 Liegt die Wiederholungsrate des CAG-Tripletts in dem bestimmten Gen dagegen zwischen 36 und 40, so kann nicht sicher vorausgesagt werden, ob die Krankheit ausbrechen wird.115 Psychische Auffälligkeiten, wie z.B. Depressionen, Leistungsstörungen und Konzentrationsverlust, Persönlichkeitsveränderungen und Reizbarkeit, treten meist wesentlich früher auf als die neurologischen Symptome. 116 Desweiteren kommt es zu typischen Bewegungsstörungen (unwillkürliche, schnelle Bewegungen, Grimassen = Chorea-Symptom).117 Als Therapiemöglichkeiten stehen verschiedene Maßnahmen zur Verfügung, um die Symptome zu lindern. Psychische Symptome können mit Medikamenten und Psychotherapie und die Bewegungsstörungen mit Hilfe von Physiound Ergotherapie behandelt werden.118 Neben dem Morbus Huntington wurden in den letzten Jahren weitere Huntingtonähnliche Erkrankungen bzw. choreatiforme Bewegungsstörungen entdeckt, die ebenfalls genetisch bedingt sind.119 Eine genaue Differenzialdiagnose ist jedoch nur sehr schwer möglich.120 Bei etwa 90% der erblich bedingten choreatiformen Bewegungsstörungen findet sich eine Mutation des Huntington-Gens (HTT).121In Zukunft werden wohl noch weitere Gene bekannt sein, die für Huntington-ähnliche Erkrankungen ursächlich sind.122 3. Fazit Aufgrund der nicht eindeutigen Unterscheidungsmöglichkeit zwischen monogenen und multifaktoriellen Krankheiten sollten alle genetische Untersuchungen, die eine prädiktive Aussage über einen zukünftigen Gesundheitszustand ermöglichen, dem hohen Schutzstandard unterliegen, den der Gesetzgeber für monogene Erkrankungen gem. § 3 Nr. 8 GenDG vorsieht. Denn gerade bei einem Zusammenspiel von genetischen und äußeren Faktoren ist an den genetischen Berater eine hohe fachli113 Kreuz, in: Hirschberger et al., Ethische Fragen genetischer Beratung, 51 (53). Deutscher Ethikrat, Die Zukunft genetischer Diagnostik - von der Forschung in die klinische Anwendung: Stellungnahme, 68, Fn.128; Nguyen, medgen 2013, 221 (222). 115 ebda. 116 Kreuz, in: Hirschberger et al., Ethische Fragen genetischer Beratung, 51 (53); Nguyen, medgen 2013, 221 (222). 117 Kreuz, in: Hirschberger et al., Ethische Fragen genetischer Beratung, 51 (53). 118 ebda. (54); Nguyen, medgen 2013, 221 (226). 119 Nguyen, medgen 2013, 221 (221). 120 ebda. 121 ebda. (221, 222). 122 ebda. (226). 114 24 che Kompetenz zu stellen.123 Zudem sind, trotz immer neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und einem besseren Verständnis über den Einfluss genetischer Faktoren auf den Gesundheitszustand, viele Faktoren noch unbekannt und es handelt sich fast nie um eine sichere Aussage, sondern lediglich um eine Risikoeinschätzung. 124 123 Vossenkuhl, Der Schutz genetischer Daten: Unter besonderer Berücksichtigung des Gendiagnostikgesetzes, 125. 124 Cremer / Propping, medgen 2011, 385 (389). 25 E. MEDIZIN-ETHISCHE BESONDERHEITEN I. Allgemeine Problembeschreibung Neben den medizinischen Aspekten, die für eine kompetente humangenetische Beratung im Rahmen prädiktiver Gendiagnostik wichtig sind, gibt es eine Reihe medizin-ethischer Besonderheiten, die sowohl die betroffene Person als auch den genetischen Berater vor Schwierigkeiten stellen können. Im Vorfeld einer prädiktiven genetischen Untersuchung stellt sich für den Ratsuchenden die Frage, ob er diese überhaupt durchführen lassen will und mit dem (unbekannten) Ergebnis umgehen kann. Ist das Ergebnis mitgeteilt, bleibt die Frage, was der „genetische Status“ konkret bedeutet und ob Verwandte, die auch Träger dieser genetischen Veränderung sein können, informiert werden sollen oder müssen. Der genetische Berater muss die tatsächlichen Beweggründe für die Inanspruchnahme einer prädiktiven Gendiagnostik im Gespräch herausarbeiten, um einer Durchführung aus den falschen Gründen entgegenzuwirken (z.B. Druck von Familienangehörigen, gesellschaftliche Erwartungen). Außerdem können sich für ihn Unsicherheiten im Bezug auf die konkreten Mitteilungspflichten bei Zufallsbefunden ergeben. Desweiteren entsteht ein Konflikt, wenn die genetische Information für Dritte (Verwandte) relevant ist, die betroffene Person selbst die Familienangehörigen aus persönlichen Gründen aber nicht informieren möchte und die Zustimmung zur Informationsweitergabe verweigert. II. Recht auf Wissen und Recht auf Nichtwissen der betroffenen Person Das Recht auf Wissen und das Recht auf Nichtwissen sind zwei eigenständige Rechtsgüter, die aus dem vom allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG hergeleiteten Recht auf informationelle Selbstbestimmung abgeleitet werden, wobei auch häufig die spezifische Bezeichnung „geninformationelle Selbstbestimmung“ verwendet wird, und sich dabei prinzipiell gleichrangig gegenüberstehen.125 Sie werden im Wesentlichen durch §§ 8, 9 Abs. 2, 10 GenDG geschützt.126 125 Regenbogen, Ärztliche Aufklärung und Beratung in der prädiktiven genetischen Diagnostik, 99. Stockter, in: Duttge et al., Das Gendiagnostikgesetz im Spannungsfeld von Humangenetik und Recht, 27 (49). 126 26 1. Recht auf Wissen Im Bezug auf die Gendiagnostik hat jeder Mensch das Recht auf Kenntnis seines eigenen genetischen Status.127 Ein negativer Befund wirkt entlastend und kann Zukunftsängste beseitigen. Aber auch bei einem positiven Befund kann sich das Wissen vorteilhaft auf die weitere Lebensgestaltung auswirken. Durch die Informationen können Entscheidungen getroffen werden, die einen Krankheitsausbruch verhindern oder Symptome lindern (z.B. prophylaktische Operation, engmaschige Kontrollen). 128 Aus dem Wissen um eine genetische Veranlagung erwächst der betroffenen Person aber auch ein größerer Verantwortungsbereich, zum einen in Bezug auf die eigene Lebensführung und zum anderen hinsichtlich der Informationsweitergabe an Verwandte.129 2. Recht auf Nichtwissen Aus dem Selbstbestimmungsrecht folgt andererseits aber auch, dass jeder auf die Kenntnis des eigenen genetischen Status verzichten kann.130 Es wird damit aus informeller Sicht eine gewisse Unwissenheit im Bezug auf das genetische Erkrankungsrisiko garantiert.131 Die Gründe für einen Verzicht auf den Erhalt genetischer Informationen sind sehr vielschichtig: Angst vor der Diagnose und den Auswirkungen auf das weitere Leben, vor psychischen Problemen aufgrund der Diagnose, vor Erwartungen aus dem sozialen Umfeld, mögliche familiäre Konflikte und befürchtete Konsequenzen und Schlechterstellung im Kontakt mit Versicherungen und Arbeitgebern.132 Um eine autonome, selbstbestimmte Entscheidung treffen zu können, muss man aber über sämtliche relevante Informationen verfügen. In der genetischen Beratung sollen diese vermittelt werden, damit man sich bewusst für oder gegen die Durchführung einer prädiktiven genetischen Diagnostik entscheiden kann. 127 Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina et al., Prädiktive genetische Diagnostik als Krankheitsprävention, Stellungnahme, 49; Hildt, in: Hirschberger et al., Ethische Fragen genetischer Beratung, 225 (228). 128 Deutscher Ethikrat, Die Zukunft genetischer Diagnostik - von der Forschung in die klinische Anwendung: Stellungnahme, 128. 129 ebda. 123. 130 ebda. 49. 131 Steiner et al. in: Hirschberger et al., Ethische Fragen genetischer Beratung, 25 (39). 132 Rudnik-Schöneborn et al., Ethik Med 2013, 58, 59. 27 3. Umgang mit Zufallsbefunden Im Rahmen der Aufklärung gem. § 9 Abs. 1 GenDG muss der Arzt den Betroffenen darauf hinweisen, dass Zufallsbefunde möglich sind. Entscheidet die Person, dass sie über Zufallsbefunde nicht informiert werden möchte, darf der Arzt diese auch nicht mitteilen (Recht auf Nichtwissen).133 Allerdings können nicht alle möglichen Zufallsbefunde im Vorfeld thematisiert und damit vom Patienten bewusst ausgeschlossen werden. Gerade für den Fall einer Sequenzierung des gesamten Genoms enthält das Gesetz keine spezielle Regelung.134 Aber auch wenn die betroffene Person über Zufallsbefunde informiert werden möchte, ist es nach Ansicht der GfH nicht sinnvoll, alle gefundenen Informationen ohne eine Filterung mitzuteilen.135 Damit stellt sich für den Arzt die Frage, ob und in welchem Umfang er die unerwarteten, zusätzlichen Informationen an den Betroffenen weiterleiten darf. Ob grds. eine Mitteilungspflicht besteht und in welchem Verhältnis diese zum informationellen Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen steht, soll nach Ansicht der GEKO im internationalen Rahmen geklärt werden.136 Durch das Mitteilen oder Verschweigen werden aber die Rechte auf Wissen bzw. Nichtwissen tangiert und ein Rechtsgut unmittelbar verletzt. Die Entscheidung über das richtige Vorgehen setzt dabei immer eine auf den Einzelfall bezogene Abwägung voraus. 137 Die GEKO sieht daher die Notwendigkeit, bestimmte Kriterien zu finden, anhand derer der Arzt über den Umgang mit den zusätzlichen Informationen entscheiden kann.138 Dabei sind unterschiedliche Faktoren zu beachten: medizinische Dringlichkeit, Patientenwohl, Patientenwille (Selbstbestimmungsrecht im Bezug auf die Durchführung der Gendiagnostik und seine Lebensgestaltung), Pflicht zur Schadensvermeidung und Fürsorgeprinzip.139 Die GfH schlägt auf Basis des aktuellen Wissenstandes die Einteilung mitteilungsrelevanter Informationen in verschiedene Kategorien vor, wobei die Übergänge fließend sein können.140 Die genetischen Eigenschaften sollen hinsichtlich ihres Risikos für eine Erkrankung wie folgt eingeordnet werden: Behandelbare Krankheiten mit effektiven Therapie- und Vorsorgemaßnahmen (Kat. 1), aktuell nicht behandelbare 133 ebda. 5. Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina et al., Prädiktive genetische Diagnostik als Krankheitsprävention, Stellungnahme, 33. 135 GfH, medgen 2013, 284 (286). 136 GEKO, Tätigkeitsbericht 2013, 21. 137 ebda. 138 ebda. 37; so auch: Zerres et al., Der Gastroenterologe 2013, 287 (291). 139 GEKO, Tätigkeitsbericht 2013, 37. 140 GfH, medgen 2013, 284 (284). 134 28 Krankheiten (Kat. 2), multifaktorielle Erkrankungen mit einem geringen Einfluss der Gene auf Krankheitsentstehung (Kat. 3) und kein Einfluss auf eigene Gesundheit, aber u.U. Auswirkungen für Nachkommen, Familienangehörige (Kat. 4).141 Der Arzt muss dann individuell entscheiden, ob er den Zufallsbefund mitteilt oder nicht. 142 Dabei ist nach Ansicht der GfH eine Mitteilung bei Krankheiten, die in Kat. 1 eingeordnet werden, geboten und bei allen anderen eine Einzelfallabwägung erforderlich.143 Die Kategorisierung kann auch eine Orientierungshilfe bei der Entscheidung der betroffenen Person über die gewünschte bzw. nicht-gewünschte Mitteilung derartiger Informationen darstellen.144 Dieses Vorgehen stellt jedoch erhebliche Anforderungen an die Beratungskompetenz des genetischen Beraters.145 Er muss einen aktuellen, fachwissenschaftlichen Überblick über die Bedeutung der genetischen Informationen für bestimmte Krankheiten haben (stetiger Erkenntniszuwachs aufgrund zahlreicher Forschungen) und die verfügbaren Therapiemöglichkeiten entsprechend einordnen können. 146 Die dafür notwendige Sachkenntnis und nötige Erfahrung im Umgang mit genetischen Informationen kann weder ein eintägiger Auffrischungskurs vermitteln, noch in der allgemeinmedizinischen, nicht-genetischen Berufspraxis erworben werden. III. Drittbetroffenheit (Recht auf Wissen vs. Recht auf Nichtwissen) Genetische Informationen ermöglichen oft Rückschlüsse auf die genetische Konstitution der Verwandten des Betroffenen. Dabei entsteht einerseits ein Konflikt zwischen der Achtung des Wunsches des Betroffenen auf Geheimhaltung (Schweigepflicht) und dem möglichen Interesse der Familienangehörigen über ein bestehendes genetisches Risiko informiert zu werden (Recht auf Wissen). Gleichzeitig würde aber durch eine ungewollte und unvorbereitete Informationsweitergabe das Recht auf Nichtwissen der Verwandten unterlaufen und kann deren persönliche Freiheit einschränken.147 Die gewollte Gleichrangigkeit der beiden Rechtsgüter kann im Bezug auf die Interessenwahrung aller Beteiligten gar nicht gewährleistet werden. Der genetische Berater wird immer bedeutende Handlungsprinzipien verletzen, entweder 141 ebda. (284, 285). Rudnik-Schöneborn et al., Ethik Med 2013, 14. 143 GfH, medgen 2013, 284 (285). 144 Rudnik-Schöneborn et al., Ethik Med 2013, 7,8. 145 GfH, medgen 2013, 284 (285). 146 ebda. 147 Deutscher Ethikrat, Die Zukunft genetischer Diagnostik - von der Forschung in die klinische Anwendung: Stellungnahme, 123; Stockter, in: Duttge et al., Das Gendiagnostikgesetz im Spannungsfeld von Humangenetik und Recht, 27 (40). 142 29 missachtet er die Patientenautonomie und die Schweigepflicht und informiert eigenständig die Angehörigen oder aber er entscheidet sich für die Nichtweitergabe der Informationen und handelt dabei u.U. entgegen seiner Fürsorgepflicht. 148 Für den genetischen Berater ist es im Grunde ein unlösbarer Konflikt.149 Bisherige Richtlinien und Empfehlung haben sich mit einer einheitlichen Regelung der Problematik immer schwer getan.150 1. Gesetzliche Regelung: Empfehlungspflicht des Arztes a) Regelung im Gendiagnostikgesetz Gem. § 11 Abs. 1 iVm Abs. 3 GenDG darf das Ergebnis einer genetischen Untersuchung und Analyse nur der betroffenen Person und anderen Personen nur bei ausdrücklicher Zustimmung mitgeteilt werden. Allerdings muss der Arzt laut § 10 Abs. 3 S. 4 GenDG im Rahmen der genetischen Beratung dem Betroffenen die Empfehlung geben, seinen Verwandten eine genetische Beratung zu empfehlen, soweit anzunehmen ist, dass diese Träger der zu untersuchenden genetischen Eigenschaften mit Bedeutung für eine vermeidbare oder behandelbare Erkrankung oder gesundheitliche Störung sind. Es obliegt damit dem Arzt zu entscheiden, ob er im konkreten Einzelfall eine Empfehlung ausspricht.151 Der Gesetzgeber geht davon aus, dass durch diese Empfehlungspflicht das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen und das der Verwandten gleichermaßen gewahrt werden.152 Dies ist jedoch zweifelhaft.153 b) Folge Handelt es sich nicht um eine vermeidbare oder behandelbare Erkrankung, so trifft den Arzt auch keine Empfehlungspflicht und dadurch hat das Recht auf Nichtwissen der Angehörigen eine absolute Vorrangstellung.154 Aufgrund der enormen psychischen Belastungen und mangelnder Therapie- und Behandlungsmöglichkeiten ist dies auch vertretbar. 148 GfH, Positionspapier GfH 2007, 9. ebda. 150 Damm, in: Albers, Risikoregulierung im Bio-, Gesundheits- und Medizinrecht, 243 (247). 151 GEKO, Tätigkeitsbericht 2013, 22. 152 Amtliche Begründung, BT-Drs. 16/10532, S.29. 153 Duttge, in: Duttge et al., Das Gendiagnostikgesetz im Spannungsfeld von Humangenetik und Recht, 1 (8). 154 Heyers, MedR 2009, 507 (509). 149 30 Bei Krankheiten, die bei frühzeitiger Diagnose behandelbar sind, ist dies jedoch anders. Ob mit der Normierung einer Empfehlungspflicht der komplexe Konflikt im Bezug auf die Betroffenheit von Drittinteressen gelöst wurde, ist mehr als fraglich. Handelt es sich um eine Krankheit, bei der aufgrund medizinischer Möglichkeiten ein Krankheitsausbruch hinausgezögert oder gar verhindert werden kann, haben die Angehörigen oft ein vitales Interesse an dem Erhalt der entsprechenden Informationen und in diesem Zusammenhang ist eine moralische Verpflichtung der betroffenen Person selbst zur Weitergabe von genetischen Informationen in Fachkreisen weitestgehend unumstritten.155 Findet eine Kommunikation aber innerhalb der Familie aus den unterschiedlichsten Gründen (Streitigkeiten, Angst, Schuldgefühle) nicht statt, bietet der Gesetzgeber keine Lösung des Konflikts an. Denn wie Damm treffend formulierte, enthält die gesetzliche Regelung „nicht mehr und nicht weniger als eine Rechtspflicht des Arztes zu der Empfehlung, etwas zu empfehlen.“ 156 Dem Arzt wird keine Möglichkeit eingeräumt, die Familienangehörigen selber zu informieren. Auch kann er nicht überprüfen, ob die Betroffenen der Empfehlung folgen.157 Durch diese gesetzliche Regelung wurde der Arzt (haftungsrechtlich betrachtet) zwar aus jeder Verantwortung entlassen158, doch aus moralischen Gesichtspunkten nicht entlastet. 2. Forderung: Informationsrecht des Arztes Disziplinübergreifend wird aus ethischer, medizinischer und rechtlicher Sicht aufgrund der unbefriedigenden Regelung des § 10 Abs. 3 S. 4 GenDG daher gefordert, dass der Arzt in konkreten Fällen selber das Recht haben sollte, potentiell gefährdete Verwandte zu informieren.159 Dem Arzt muss eine auf den Einzelfall bezogene Abwägung zwischen Schweige- und Fürsorgepflicht erlaubt sein.160 Für die Konfliktlösung kann es keine allgemeinen, übergreifenden Regeln geben. 161 Fraglich ist aber, ob dem Arzt ein Informationsrecht eingeräumt oder eine Informationspflicht auferlegt werden sollte. Der Deutsche Ethikrat lehnt die Etablierung eines eigenständigen In- 155 ebda.; auch GfH, Positionspapier GfH. 2007, 8,9. Damm, in: Albers, Risikoregulierung im Bio-, Gesundheits- und Medizinrecht, 243 (248). 157 Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina et al., Prädiktive genetische Diagnostik als Krankheitsprävention, Stellungnahme, IX. 158 Eberbach, MedR 2011, 757 (761). 159 Deutscher Ethikrat, Die Zukunft genetischer Diagnostik - von der Forschung in die klinische Anwendung: Stellungnahme, 84; Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina et al., Prädiktive genetische Diagnostik als Krankheitsprävention, Stellungnahme, IX; Heyers, MedR 2009, 507 (510). 160 Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina et al., Prädiktive genetische Diagnostik als Krankheitsprävention, Stellungnahme, IX, 60. 161 GfH, Positionspapier GfH 2007, 9. 156 31 formationsrechts des Arztes ab.162 Jedoch geht er davon aus, dass der Arzt durch § 34 StGB (rechtfertigender Notstand) eine ausreichende Interventionsmöglichkeit hat, um Drittinteressen in besonderen Konfliktkonstellationen zu schützen. 163 Die GEKO weist darauf hin, dass es mit Bezug auf die Auslegung der ärztlichen Fürsorgepflicht durchaus Fälle geben kann, in denen eine aktive Mitteilung an die Familienangehörigen unter Umständen notwendig ist, soweit der Arzt diese ebenfalls betreut.164 Duttge hingegen empfiehlt die Einbeziehung der Verwandten schon im Vorfeld der Durchführung einer prädiktiven Gendiagnostik.165 Dann könnten sie selbst entscheiden, ob sie bei einer Mitbetroffenheit Kenntnis von den genetischen Informationen haben möchten.166 Damit würde auch die autonome Ausübung des Rechts auf Nichtwissen aufgrund umfassender Informationen gewährleistet sein und das Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen wäre dann nachrangig.167 3. Internationale Regelungen In Österreich hat der Arzt auch nur eine Empfehlungspflicht, nämlich dann, wenn gem. § 70 Nr. 2 GTG168 anzunehmen ist, dass eine ernste Gefahr einer Erkrankung von Verwandten der untersuchten Person besteht. In der Schweiz darf der Arzt das Untersuchungsergebnis zwar grds. nur mit ausdrücklicher Zustimmung der betroffenen Person Verwandten und Angehörigen mitteilen (Art. 19 S.1 GUMG) kann, aber, wenn die Zustimmung verweigert wird, gem. Art. 19 S. 3 GUMG169 die Entbindung vom Berufsgeheimnis beantragen, sofern dies zur Wahrung überwiegender Interessen der Verwandten notwendig ist. In den USA ist eine aktive Mitteilung durch den Arzt möglich, da die genetische Beratung unter einem familienzentrierten Ansatz stattfindet.170 Im Bezug auf die Risikokommunikation innerhalb der Familie kann bspw. in Australien oder Finnland eine neutrale, staatliche Institution („Familial Cancer Service“) mit 162 Deutscher Ethikrat, Die Zukunft genetischer Diagnostik - von der Forschung in die klinische Anwendung: Stellungnahme, 175. 163 ebda.; anders: Heyers, MedR 2009, 507 (510). 164 GEKO, Tätigkeitsbericht 2013, 22. 165 Duttge, in: Duttge et al., Das Gendiagnostikgesetz im Spannungsfeld von Humangenetik und Recht, 1 (8). 166 ebda. 167 ebda. 168 Gentechnikgesetz, BGBl. Nr. 510/1994 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2012. 169 Bundesgesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen vom 8. Oktober 2004 (Stand am 1. April 2007), 810.12. 170 GEKO, Tätigkeitsbericht 2013, 22. 32 der Benachrichtigung von Angehörigen und Übermittlung eines Beratungsangebotes beauftragt werden.171 4. Schlussfolgerung Eine „richtige“ Lösung für den komplexen Interessenskonflikt zwischen genetischer Selbstbestimmung, ärztlicher Fürsorge- und Schweigepflicht und Wahrung der Interessen von Familienangehörigen gibt es weder aus ethischer noch aus rechtlicher Sicht.172 Sollte der Arzt einen innerfamiliären Konflikt erkennen, der eine Informationsweitergabe durch die betroffene Person an die Verwandten verhindert, aber aus Krankheitsvermeidungsaspekten eine Information als notwendig erachten, sollte ihm zumindest ein Informationsrecht zugestanden werden. 173 Denkbar wäre auch die Einbeziehung einer Ethikkommission, die die unterschiedlichen Interessen der betroffenen Person und der Angehörigen sowie die diagnostizierte genetische Erkrankung und die aktuell verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten bewertet und eine Empfehlung abgibt, ob der Arzt im konkreten Einzelfall die Autonomie des Betroffenen achten oder aus Fürsorgeaspekten die Angehörigen informieren sollte. 171 Henn, in: Hirschberger et al., Ethische Fragen genetischer Beratung, 103 (111). so auch: Regenbogen, Ärztliche Aufklärung und Beratung in der prädiktiven genetischen Diagnostik, 256; Hildt, in: Hirschberger et al., Ethische Fragen genetischer Beratung, 225 (237). 173 so auch: Heyers, MedR 2009, 507 (512). 172 33 F. HUMANGENETISCHE BERATUNGSPRINZIPIEN I. Entwicklung und allgemeine Prinzipien Als das humangenetische Wissen in der Medizin während der Zeit des Nationalsozialismus vorwiegend zur Erreichung eugenischer Ziele eingesetzt wurde, diente die genetische Beratung ebenso dazu, durch die Beeinflussung der Personen diese in Richtung eines damaligen vernunftgemäßen Verhaltens (Leidensminderung, Eigeninteresse) zu lenken.174 In den 1960er Jahren wurden dann vermehrt präventivmedizinische Zielsetzungen der genetischen Beratung zugrunde gelegt.175 Seitdem hat sich das Konzept der nicht-direktiven Beratung als wesentliches Prinzip humangenetischer Beratung etabliert.176 Dennoch wurde auch in den 1970er Jahren das Verhältnis zwischen gesellschaftlichem Präventionsinteresse und der Achtung der selbstbestimmten, individuellen Entscheidung des Betroffenen thematisiert. 177 Es zeigte sich aber, dass die Humangenetik und eben auch die humangenetische Beratung nie im Interesse der Allgemeinheit angewandt werden kann, sondern immer als Hilfestellungen für einzelne Personen bzw. Familien zu verstehen ist. 178 Mit der Betonung eines klientenzentrierten Ansatzes hat man sich seit den 1980er Jahren von den eugenischen und gesellschaftlichen Zielsetzungen scharf distanziert. 179 Der informationelle Aspekt (Wissensvermittlung) und die Unterstützung einer individuellen Entscheidungsfindung (Prinzip der Individualität) sind somit neben dem Prinzip der Freiwilligkeit die zwei wesentlichen Aspekte einer guten genetischen Beratung, die schon vor Inkrafttreten des GenDG von den Beratern beachtet wurden. 180 Der Gesetzgeber hielt es aber für notwendig, die Beratungsprinzipien ebenfalls gesetzlich festzuschreiben (§ 10 Abs. 3 S. 1 GenDG), um eine qualifizierte humangenetische Beratung weiterhin zu gewährleisten und dadurch auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu wahren (§ 1 GenDG).181 Gem. § 10 Abs. 3 Satz 1 GenDG 174 GfH, Positionspapier GfH, 6. Wevelsiep, Ethik Med 2000, 88 (92). 176 Hadolt / Lengauer, Genetische Beratung in der Praxis: Herausforderungen bei präsymptomatischer Gendiagnostik am Beispiel Österreichs, 13; Wevelsiep, Ethik Med 2000, 88 (92). 177 Wevelsiep, Ethik Med 2000, 88 (92). 178 GfH, Positionspapier GfH 2007, 6; Steiner et al. in: Hirschberger et al., Ethische Fragen genetischer Beratung, 25 (38). 179 Hadolt / Lengauer, Genetische Beratung in der Praxis: Herausforderungen bei präsymptomatischer Gendiagnostik am Beispiel Österreichs, 12; Wevelsiep, Ethik Med 2000, 88 (92). 180 Hadolt / Lengauer, Genetische Beratung in der Praxis: Herausforderungen bei präsymptomatischer Gendiagnostik am Beispiel Österreichs, 12; Henn / Schindelhauer-Deutscher, Bundesgesundheitbl. 2007, 174 (175); Zoll, in: Hirschberger et al., Ethische Fragen genetischer Beratung, 85 (87); Damm, in: Albers, Risikoregulierung im Bio-, Gesundheits- und Medizinrecht, 243 (256). 181 Damm, in: Albers, Risikoregulierung im Bio-, Gesundheits- und Medizinrecht, 243 (258). 175 34 muss die genetische Beratung in allgemeinverständlicher Form und ergebnisoffen erfolgen. Bei prädiktiven genetischen Untersuchungen ist der Arzt zwar verpflichtet, eine humangenetische Beratung durchzuführen, die betroffene Person kann jedoch durch eine schriftliche Erklärung darauf verzichten (§ 10 Abs. 2 GenDG). Somit ist auch das Prinzip der Freiwilligkeit gesetzlich verankert. Ein weiteres wichtiges Prinzip, Vertraulichkeit, wird durch die ärztliche Schweigepflicht und das Verbot der Weitergabe von Informationen an Verwandte ohne die Zustimmung des Betroffenen (§ 11 Abs. 3 GenDG) gewahrt. II. Prinzip der Nicht-Direktivität 1. Inhalt und Anforderungen an den genetischen Berater Der Gesetzgeber versteht unter einer ergebnisoffenen Beratung eine informationsvermittelnde Beratung, „ohne jedoch die Entscheidung in eine bestimmte Richtung zu lenken“ (sog. Nicht-Direktivität).182 Dem Betroffenen soll durch die Wertneutralität des Beraters eine individuelle, autonome Entscheidung ermöglicht werden. 183 Eine wertneutrale Beratung stellt hohe Anforderungen an den Berater. Er muss sich jeglicher persönlicher Wertung enthalten.184 Dem Ratsuchenden müssen Kompetenzen vermittelt werden, damit er seine Entscheidung selbstbestimmt treffen kann, ohne dabei aber bereits eine Lösung/Entscheidung anzubieten.185 Das Beraten ist somit eine bestimmte Form der Kommunikation, die sich von anderen Arzt-PatientenGesprächen (Aufklärung, Belehrung) klar unterscheidet.186 Bereits 2002 stellte die Enquete-Kommission in ihrem Schlussbericht fest, dass für die Ausbildung des dafür notwendigen Reflexionsvermögens eine gezielte (Weiter-)Qualifikation des Beratenden erforderlich sei.187 2. Kritik Das Prinzip einer ergebnisoffenen, neutralen Beratung wurde bereits vor der gesetzlichen Normierung kritisch hinterfragt und war bzw. ist nicht unumstritten. In komple182 Amtliche Begründung, BT-Drs. 16/10532, S.28. Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina et al., Prädiktive genetische Diagnostik als Krankheitsprävention, Stellungnahme, 49. 184 Enquete-Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“, BT-Drs. 14/9020, S. 168. 185 Hadolt / Lengauer, Genetische Beratung in der Praxis: Herausforderungen bei präsymptomatischer Gendiagnostik am Beispiel Österreichs, 14, 15. 186 ebda.15. 187 Enquete-Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“, BT-Drs. 14/9020, S. 168. 183 35 xen Gesprächssituationen sind eine Grenzziehung zwischen bloßer Informationsvermittlung oder bereits sanfter Manipulation sowie eine absolute Wertneutralität nur schwer möglich.188 Oftmals erhoffen sich die Betroffenen auch eine gewisse Wegweisung.189 Zudem unterliegen die Personen immer äußeren Einflüssen, die bei der Entscheidungsfindung eine Rolle spielen.190 Die strikte Beachtung des Prinzips kann dann dazu führen, dass der Betroffene psychisch überfordert ist, weil der Berater selber keine Ratschläge erteilt.191 Dem Anliegen des Ratsuchenden wird die Beratung als reine Wissensvermittlung in diesem Fall nicht gerecht, sondern dient vielmehr der Vermeidung haftungsrechtlicher Konsequenzen. 192 In der Psychotherapie gilt das Prinzip der Nicht-Direktivität bereits als überholt und wurde durch andere Beratungskonzepte, z.B. auf Grundlage der Erfahrungsorientiertheit, ersetzt.193 Der Berater soll sich hierbei an den jeweiligen, individuell festgelegten Beratungszielen und Bedürfnissen orientieren.194 III. Beratungsqualität Allein durch das Postulat der Nicht-Direktivität und der Betonung der Klientenautonomie kann eine bestimmte Beratungsqualität aber nicht von vornherein gewährleistet werden. Die Probleme im Bezug auf gesellschaftliche Erwartungen, Werte- und Handlungsunsicherheiten und Drittbetroffenheit bleiben bestehen. 195 Die Formulierung bestimmter Standards für eine Arzt-Patienten-Kommunikation und die rationale Bewertung als abrechnungsfähige ärztliche Leistung sind sehr schwierig. 196 Schon das Beratungsziel kann kaum in einem einheitlichen Standard beschrieben werden, da stets einzelfallspezifische, individuelle Gründe zur Wahrnehmung eines Beratungsangebotes führen und somit immer auch ein anderes Ziel verfolgt wird. 197 Deswegen sollten sich gesetzliche Vorgaben bei dem Versuch der Gewährleistung einer bestimmten Beratungsqualität vielmehr auf die richtige Ausbildung genetischer Berater konzentrieren als auf die Normierung sich stetig im Wandel befindlicher ethischer 188 Damm, MedR 1999, 437 (444). Zoll, in: Hirschberger et al., Ethische Fragen genetischer Beratung, 85 (88). 190 Wevelsiep, Ethik Med 2000, 88 (94). 191 Regenbogen, Ärztliche Aufklärung und Beratung in der prädiktiven genetischen Diagnostik, 252. 192 Zoll, in: Hirschberger et al., Ethische Fragen genetischer Beratung, 85 (88). 193 Regenbogen, Ärztliche Aufklärung und Beratung in der prädiktiven genetischen Diagnostik, 123; Zerres et al., medgen 2007, 255 (257). 194 Enquete-Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“, BT-Drs. 14/9020, S. 171. 195 Wevelsiep, Ethik Med 2000, 88 (93). 196 Regenbogen, Ärztliche Aufklärung und Beratung in der prädiktiven genetischen Diagnostik, 232; Kreß, Medizinische Ethik: Gesundheitsschutz, Selbstbestimmungsrechte, heutige Wertkonflikte, 31. 197 Regenbogen, Ärztliche Aufklärung und Beratung in der prädiktiven genetischen Diagnostik, 232. 189 36 Beratungsprinzipien. Dabei sollten im Rahmen der Ausbildung die entsprechenden Beratungskompetenzen vermittelt werden. Wie anhand der Darstellung der Entwicklung der heute maßgeblichen humangenetischen Beratungsprinzipien ersichtlich wurde, haben sich die Beratungstheorien dem gesellschaftlichen Wertewandel angepasst. Die rechtliche Normierung eines bestimmten ethischen Beratungskonzepts ist daher weder notwendig noch zielführend. 37 G. ERFORDERLICHE QUALIFIKATION EINES GENETISCHEN BERATERS Anhand der dargestellten medizinischen und medizin-ethischen Besonderheiten im Zusammenhang mit der Durchführung einer prädiktiven Gendiagnostik hat sich gezeigt, dass der genetische Berater über eine Vielzahl unterschiedlicher Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen muss. Die richtige Interpretation des Ergebnisses erfordert eine große fachliche Kompetenz, der Umgang und das Gespräch mit den Betroffenen aber auch eine nicht zu vernachlässigende soziale Kompetenz. Desweiteren hat sich gezeigt, dass die aktuelle Praxis des schnellen Erwerbs der Qualifikation zur fachgebundenen genetischen Beratung die notwendigen Kompetenzen nicht vermitteln kann. Somit stellt sich die Frage, welche Qualifikationen ein genetischer Berater haben sollte und ob es neben dem Arztvorbehalt andere Konzepte geben kann, die eine kompetente humangenetische Beratung gewährleisten. I. Argumente für einen (Fach-)Arztvorbehalt Insbesondere für prädiktive Untersuchungen, die nur eine zukünftige Krankheit prognostizieren können und damit auch hohe Anforderungen an die diesbezügliche genetische Beratung stellen, ist eine entsprechende fachliche Kompetenz erforderlich, die nur Fachärzte für Humangenetik besitzen.198 Durch einen Facharztvorbehalt kann der Gefahr einer falschen Befundinterpretation entgegengewirkt und ein effizienter Schutz vor dem falschen Umgang mit den Kenntnissen geboten werden. 199 Aber es sollten Fachärzte aller Bereiche auf dem Gebiet der Humangenetik besser ausgebildet werden, um familiäre Erkrankungsrisiken zu erkennen.200 Zudem umfasst die Weiterbildung zum Facharzt für Humangenetik auch die notwendige ethische und psychologische Kompetenzvermittlung.201 Auch die Bundesärztekammer ist der Ansicht, dass Ärzte ohne eine spezielle Weiterbildung nicht im Bereich der prädiktiven Gendiagnostik tätig sein sollten.202 Dadurch, dass Diagnostik und Beratung von demselben Arzt durchgeführt werden, haben die betroffenen Personen eine Kontinui- 198 Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina et al., Prädiktive genetische Diagnostik als Krankheitsprävention, Stellungnahme, VIII; Enquete-Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“, BT-Drs. 14/9020, S.164, 170; GfH, Positionspapier GfH. 2007, 9. 199 Enquete-Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“, BT-Drs. 14/9020, S.165. 200 Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina et al., Prädiktive genetische Diagnostik als Krankheitsprävention, Stellungnahme, 24. 201 Zerres et al., medgen 2007, 255 (261). 202 BÄK-Stellungnahme in: Duttge et al., Das Gendiagnostikgesetz im Spannungsfeld von Humangenetik und Recht, 171 (178). 38 tät in der Behandlung, die bei der Aufspaltung der Aufgaben innerhalb eines interdisziplinären Teams verloren gehen kann.203 II. Argumente gegen einen Arztvorbehalt Der Gesetzgeber begründet die Statuierung eines Arztvorbehaltes damit, dass nur durch diese Beschränkung die Grundrechtsgüter der Betroffenen (Gesundheit, informationelle Selbstbestimmung) geschützt werden können, weil damit die Entstehung eines „freien Marktes“ unterbunden wird, wo diagnostische Untersuchungen nur aus wirtschaftlichen Gründen angeboten würden. 204 Diese Begründung mag für die Durchführung der Gendiagnostik zwar plausibel sein, garantiert aber nicht automatisch, dass auch die genetische Beratung nur von Ärzten angemessen und kompetent durchgeführt werden kann. Mit einem Arztvorbehalt allein kann eine gute Beratungsqualität auch aufgrund des Facharztmangels und der ohnehin erforderlichen interdisziplinären Zusammenarbeit nicht garantiert werden.205 Neben den speziellen Fachkenntnissen ist eine fachübergreifende Versorgung notwendig, da aufgrund der wichtigen psychologischen Komponenten eines Beratungsgespräches Psychologen und Sozialarbeiter im Verlauf der Beratung u.U. sowieso hinzugezogen werden. 206 Somit sollte die interdisziplinäre Zusammenarbeit stärker ausgebaut werden, damit eine qualitativ gute Beratung gewährleistet werden kann.207 Der Arztvorbehalt macht nur dann Sinn, wenn die Ärzte auch entsprechend gut ausgebildet werden. Dies ist jedoch in Deutschland aktuell nicht sichergestellt. 208 Auch nach Ansicht des Deutschen Ethikrates kann von den (Fach-) Ärzten aktuell nicht mehr grundsätzlich erwartet werden, dass sie eine qualitativ hochwertige genetische Beratung unter Einhaltung aller humangenetischen Beratungsprinzipien garantieren können.209 In Deutschland verfügen auch Fachwissenschaftlicher mit einer Weiterbildung zum „Fachhumangenetiker (GfH)“ über die notwendigen wissenschaftlichen und medizinischen Kenntnisse und wären nach einer entsprechenden Fortbildung im Bereich der Patientenkommunikation unter der Einbindung in das behandelnde ärzt- 203 Regenbogen, Ärztliche Aufklärung und Beratung in der prädiktiven genetischen Diagnostik, 216. Amtliche Begründung, BT-Drs. 16/10532, S.25. 205 Regenbogen, Ärztliche Aufklärung und Beratung in der prädiktiven genetischen Diagnostik, 214. 206 ebda. 215; Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina et al., Prädiktive genetische Diagnostik als Krankheitsprävention, Stellungnahme, VII. 207 Regenbogen, Ärztliche Aufklärung und Beratung in der prädiktiven genetischen Diagnostik, 285. 208 Enquete-Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“, BT-Drs. 14/9020, S. 159. 209 Deutscher Ethikrat, Die Zukunft genetischer Diagnostik - von der Forschung in die klinische Anwendung: Stellungnahme, 126. 204 39 liche Team ebenso bestens für die Durchführung einer genetischen Beratung qualifiziert.210 Das Ziel der Gewährleistung einer qualitativ hochwertigen Beratung muss also nicht notwendigerweise am besten durch einen Arztvorbehalt erreichbar sein. Der Arzt wird durch die Ausweitung seiner Beratungspflichten zunehmend zu einem medizinischen Lebensberater.211 Dadurch übernimmt er einmal mehr eine Funktion, die außerhalb seiner eigentlichen ärztlichen Tätigkeit liegt. Auch aufgrund knapper personeller Ressourcen sollte über alternative Beratungsmodelle nachgedacht werden. III. Internationale Vorgaben Die Festschreibung eines Arztvorbehaltes als Qualifikationsanforderung für die Durchführung einer humangenetischen Beratung ist international betrachtet eher die Ausnahme als die Regel.212 Wesentlich etablierter ist der anerkannte Beruf des „Genetic Counsellors“ bzw. „Genetic Nurse“. Die humangenetische Beratung wird dann von einem entsprechend ausgebildeten genetischen Berater durchgeführt, der jedoch über keine umfassende medizinische Vorbildung oder sogar eine FacharztQualifikation verfügen muss. 213 In Amerika oder Großbritannien gibt es die Möglichkeit einen dafür qualifizierenden Master-Abschluss in „Genetic Counselling“ zu erlangen.214 Die Grundlage für den Masterstudiengang kann ein naturwissenschaftlicher, psychologischer oder pflegewissenschaftlicher Bachelor-Studiengang bilden.215 Die genetischen Berater arbeiten dann in einem interdisziplinären Team mit den behandelnden Ärzten zusammen. 216 210 Schmidtke / Rüping, DÄ 2013, A-1248 (1250). Eberbach, MedR 2011, 757 (764). 212 Schmidtke, medgen 2011, 26 (27); Schmidtke / Rüping, DÄ 2013, A-1248 (1249). 213 Regenbogen, Ärztliche Aufklärung und Beratung in der prädiktiven genetischen Diagnostik, 214; Schmidtke, medgen 2011, 26 (27); Deutscher Ethikrat, Die Zukunft genetischer Diagnostik - von der Forschung in die klinische Anwendung: Stellungnahme, 126. 214 Enquete-Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“, BT-Drs. 14/9020, S.172. 215 Schmidtke / Rüping, DÄ 2013, A-1248 (1249). 216 ebda. 211 40 H. ZUSAMMENFASSUNG Die Analyse aus rechtlicher, medizinischer und ethischer Sicht hat gezeigt, dass es mehr oder weniger erhebliche Probleme bei der praktischen Umsetzung der normativen Vorgaben durch das GenDG im Bezug auf die humangenetische Beratung im Rahmen prädiktiver Gendiagnostik gibt. Die Ergebnisse lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: (1) Die rechtlichen Vorgaben durch das Gendiagnostikgesetz und die Richtlinien der GEKO versuchen eine hohe Beratungsqualität und kompetente Beratung zu gewährleisten. (2) Durch die aktuellen, teilweise sehr unterschiedlichen Regelungen der Landesärztekammern zum Erwerb der notwendigen Qualifikation für genetische Beratungen kann die Qualität der genetischen Beratung insgesamt nicht mehr auf einem hohen Niveau gewährleistet werden. (3) Durch die aktuelle Praxis des schnellen Erwerbs der Qualifikation zur fachgenetischen Beratung können die notwendigen Kompetenzen nicht vermittelt werden. (4) Der freiwillige Refresherkurs ist aufgrund des Umfanges von sechs bis acht Stunden weder mit der fünfjährigen Weiterbildung zum Facharzt für Humangenetik noch mit der ab Juli 2016 durch die Richtlinie der GEKO vorgeschriebenen 72-FB-Einheiten umfassenden Qualifizierungsmaßnahme vergleichbar. (5) Kenntnisse über die eigenen Gene und deren Einfluss auf die eigene Gesundheit zu haben, wird aber in Zukunft ein wichtiger Bestandteil der medizinischen Versorgung sein. (6) Ein Problem im Bereich der prädiktiven Gendiagnostik ist die ungenaue Aussagekraft der genetischen Informationen für die einzelne Person. Die genetische Beratung erfordert daher eine hohe fachliche und kommunikative Kompetenz. 41 (7) Da sich die gegensätzlichen Interessen im Berater-Klienten-Verhältnis bzw. im Bezug auf Drittinteressen nicht allgemein, sondern nur einzelfallspezifisch klären lassen, sollte die gesetzliche Regelung des § 10 Abs. 3 S.4 GenDG entsprechend geändert werden. (8) Bei behandelbaren genetischen Erkrankungen sollte der Arzt ein Recht auf eine eigenständige Informationsweitergabe an betroffene Verwandte haben. Um die Interessen aller Beteiligten zu wahren, könnte ein klinisches Ethikkomitee in die Entscheidung einbezogen werden. (9) Familienorientierte Beratungsprinzipien könnten die Beratungsqualität verbessern. (10) Ein Arztvorbehalt für humangenetische Beratungen macht nur dann Sinn, wenn die Ärzte auch entsprechend gut ausgebildet werden. (11) Der Mangel an gut ausgebildeten Fachärzten im Bereich Humangenetik sollte nicht durch die Einbeziehung „fachfremder“ Ärzte für die humangenetische Beratung behoben werden. (12) Aufgrund knapper personeller Ressourcen und aktueller Schwächen in der Weiterbildung können andere Beratungsmodelle und die Einbeziehung anderer Berufsgruppen (Fachhumangenetiker) eine qualitativ hochwertige Alternative sein. 42 LITERATURVERZEICHNIS Bundesärztekammer (Hrsg.): Richtlinie zur prädiktiven genetischen Diagnostik, 14.02.2003, DÄ 2003, 100 (19), S. A-1297-1305 (zit. als: BÄK, RL zur prädiktiven genetischen Diagnostik, DÄ 2003, S.). 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Zuvor studierte sie an der Technischen Universität Dresden „Law in Context“, Schwerpunkt Wirtschaftsrecht (LL.B.). 49 Schriftenreihe Medizin-Ethik-Recht In dieser Reihe sind bisher folgende Bände erschienen: Band 1 Prof. Dr. Gerfried Fischer „Medizinische Versuche am Menschen“, 2006 Band 2 Verena Ritz „Harmonisierung der rechtlichen Regelungen über den Umgang mit humanen embryonalen Stammzellen in der EG: Bioethik im Spannungsfeld von Konstitutionalisierung, Menschenwürde und Kompetenzen“, 2006 Band 3 Dunja Lautenschläger „Die Gesetzesvorlagen des Arbeitskreises Alternativentwurf zur Sterbehilfe aus den Jahren 1986 und 2005“, 2006 Band 4 Dr. Jens Soukup, Dr. Karsten Jentzsch, Prof. Dr. Joachim Radke „Schließen sich Ethik und Ökonomie aus“, 2007 Band 5 Prof. Dr. Hans Lilie (Hrsg.) „Patientenrechte contra Ökonomisierung in der Medizin“, 2007 Band 6 Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben (Transplantationsgesetz –TPG) Auszug aus dem Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz -AMG) Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens (Transfusionsgesetz TFG), 2007 Band 7 Dr. Erich Steffen „Mit uns Juristen auf Leben und Tod“, 2007 Band 8 Dr. Jorge Guerra Gonzalez, Dr. Christoph Mandla „Das spanische Transplantationsgesetz und das Königliche Dekret zur Regelung der Transplantation“, 2008 Band 9 Dr. Eva Barber „Neue Fortschritte im Rahmen der Biomedizin in Spanien: Künstliche Befruchtung, Präembryonen und Transplantationsmedizin“ und „Embryonale Stammzellen -Deutschland und Spanien in rechtsvergleichender Perspektive“, 2008 Band 10 Prof. Dr. Dr. Eckhard Nagel „Was ist der Mensch? Gedanken zur aktuellen Debatte in der Transplantationsmedizin aus ethischer Sicht“ Prof. Dr. Hans Lilie „10 Jahre Transplantationsgesetz -Verbesserung der Patientenversorgung oder Kommerzialisierung?“, 2008 Band 11 Prof. Dr. Hans Lilie, Prof. Dr. Christoph Fuchs „Gesetzestexte zum Medizinrecht“, 3. Auflage, 2011 50 Band 12 PD Dr. Matthias Krüger „Das Verbot der post-mortem-Befruchtung -§ 4 Abs. 1 Nr. 3 Embryonenschutzgesetz –Tatbestandliche Fragen, Rechtsgut und verfassungsrechtliche Rechtfertigung“, 2010 Band 13 Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe, Dr. Marlis Hübner „Ärztlich assistierter Suizid -Tötung auf Verlangen. Ethisch verantwortetes ärztliches Handeln und der Wille des Patienten“,2010 Band 14 Philipp Skarupinski „Medizinische, ethische und rechtliche Aspekte der Notwendigkeit einer Kinderarzneimittelforschung vor dem Hintergrund der EG-Verordnung 1901/2006“, 2010 Band 15 Stefan Bauer „Indikationserfordernis und ärztliche Therapiefreiheit: Berufsrechtlich festgelegte Indikation als Einschränkung ärztlicher Berufsfreiheit? Dargestellt am Beispiel der Richtlinie zur assistierten Reproduktion“, 2010 Band 16 Heidi Ankermann „Das Phänomen Transsexualität –Eine kritische Reflexion des zeitgenössischen medizinischen und juristischen Umgangs mit dem Geschlechtswechsel als Krankheitskategorie“, 2010 Band 17 Sven Wedlich „Konflikt oder Synthese zwischen dem medizinisch ethischen Selbstverständnis des Arztes und den rechtlich ethischenAspekten der Patientenverfügung“, 2010 Band 18 Dr. Andreas Walker „Platons Patient –Ein Beitrag zur Archäologie des Arzt-Patienten-Verhältnisses“, 2010 Band 19 Romy Petzold „Zu Therapieentscheidungen am Lebensende von Intensivpatienten –eine retrospektive Analyse“, 2010 Band 20 Dr. Andreas Linsa „Autonomie und Demenz“, 2010 Band 21 Stephanie Schmidt „Die Beeinflussung ärztlicher Tätigkeit“, 2010 Band 22 Dr. Cerrie Scheler „Der Kaiserschnitt im Wandel –von der Notoperation zum Wunscheingriff“, 2010 Band 23 Lysann Hennig „Wenn sich Kinder den Traumkörper wünschen – Schönheitsoperationen, Piercings und Tätowierungen bei Minderjährigen“, 2010 Band 24 Dr. Michael Lehmann „Begründen und Argumentieren in der Ethik", 2011 Band 25 Dr. Susanne Kuhlmann „Der Dialyseabbruch: Medizinische, ethische und juristische Aspekte", 2011 Band 26 Dr. Katharina Eger „Off-label use -Eine Übersicht mit Beispielen aus dem Fachgebiet Neurologie", 2011 51 Band 27 Annette Börner „Die Macht der Sachverständigen im Arzthaftungsfall Rolle und Auswirkungen der Sachverständigengutachten unter besonderer Berücksichtigung von Medizin, Ethik und Recht", 2011 Band 28 Susanne Weidemann „Von der Wirkmacht der Messwerte. Überlegungen zum verschwundenen Einzelfall in der medizinischenPraxis", 2011 Band 29 Christian Albrecht „Das Patientenverfügungsgesetz -Eine Bilanz der praktischen Umsetzung", 2011 Band 30 Dr. Erich Steffen „Macht und Ohnmacht des Richters im Arzthaftungsrecht", 2011 Band 31 Franziska Kelle „Widerspruchslösung und Menschenwürde Eine verfassungsrechtliche Untersuchung zur Begründbarkeit einer Organspendepflicht und zur Vereinbarkeit von Menschenwürde und Widerspruchslösung unter Berücksichtigung ethischer und medizinischer Aspekte“, 2011 Band 32 Maria Busse „Transsexualität als Krankheit? Einordnung im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung unter Berücksichtigung medizinischer und ethischer Aspekte“, 2011 Band 33 Dr. Daniel Ammann „Psychotherapie im System der gesetzlichen Krankenversicherung.Eine interdisziplinäre Analyse struktureller Versorgungsprobleme und möglicher sozialrechtlicher Lösungsansätze insbesondere am Beispiel der unipolaren Depression und der BorderlinePersönlichkeitsstörung“, 2011 Band 34 Clemens Heyder „Das Verbot der heterologen Eizellspende", 2012 Band 35 Dr. Uta Baddack „Der Patient zwischen Autonomie und Compliance", 2012 Band 36 Andreas Raschke „Der intensivpflichtige Patient und die ärztliche Schweigepflicht", 2012 Band 37 Prof. Dr. Klaus Peter Rippe „Ethik der Tierversuche Aufder Suche nach einem neuen Paradigma“, 2012 Band 38 Johannes Zins „Altersabhängige Rationierung im öffentlichen Gesundheitswesen“, 2012 Band 39 Marlen Asch, „Personale Selbstbestimmung und Identität bei Demenzkranken Eine Interdisziplinäre Analyse“, 2012 Band 40 Dr. Claudia C. Hülsemann, „Composite Tissue. Medizinische Möglichkeiten, rechtliche Grundlagen und ethische Implikationen”, 2012 Band 41 Julia Reimers, „Substitution im Strafvollzug -Eine Betrachtung unter medizinischen, ethischen und rechtlichen Gesichtspunkten“, 2013 52 Band 42 Robert Briske, „Die Patentierbarkeit von menschlichen embryonalen Stammzellen“, 2012 Band 43 Anna Genske, Robert Briske, Jorma Brünner, Sven Mühlberg, Andreas Raschke, "Die Beratung bei der Erstellung von Vorsorgeverfügungen ein Leitfaden", 2012 Band 44 Anna Genske, "Drittnützige Studien mit bewusstlosen Intensivpatienten -Legitimation und Grenzen", 2013 Band 45 Anja Thyrolf, „Ambient Assisted Living, Möglichkeiten, Grenzen und Voraussetzung einer gerechten Verteilung altersgerechter Assistenzsysteme“, 2013 Band 46 Dr. Johannes T. Höcker, „Neue Impulse zur Gestaltung der Risikoaufklärung“, 2013 Band 47 Anna Kostroman, „Die Umsetzung des Patientenwillens im Rahmen einer Patientenverfügung. Eigene Erfahrungen aus der Krankenhauspraxis“, 2014 Band 48 Franziska Wagener, „Mater semper certa est? Zur Rolle der Mutter und zur Frage, ob die Einführung einer Möglichkeit zur Statuskorrektur notwendig ist“, 2014 Band 49 Jana Schäfer-Kuczynski, „Vom Objekt zum Subjekt – Perspektivwechsel zum Rechtsträger Kind am Beispiel der Debatte über die rituelle Beschneidung Minderjähriger“, 2014 Band 50 Sven Wedlich, „Nationale Präventionsmaßnahmen zur Erreichung des WHO-Impfziels bei Masern“, 2014 Band 51 Prof. Dr. Karl-Peter Ringel, Kathrin Meyer „§ 226a StGB - Sonderstraftatbestand der Frauenbeschneidung & verfassungswidrige Ungleichbehandlung", 2014 Band 52 Christiane Vogel, „Die Medical Humanities im Kontext des medizinischen Fortschritts Der literarische Umgang mit ethisch relevanten Themen der modernen Medizin an Beispielen der Synthetischen Biologie und der ökonomischen Bewertung von Leben und Gesundheit“, 2014 Band 53 Franziska Enge, „Die Differenzierung des Schutzes vulnerabler Personen in der geplanten EU-Verordnung zu klinischen Studien unter Berücksichtigung der Deklaration von Helsinki und des gegenwärtigen deutschen Rechts“, 2014