Aus dem Leben eines Giganten

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Der Hirschkäfer
Aus dem Leben eines Giganten
Er zählt zu den bekanntesten Insekten. Um ihn ranken sich
zahlreiche Mythen. Er wurde zum Insekt des Jahres 2012 gewählt. Aber allgegenwärtig ist er wahrlich nicht: der Hirschkäfer.
A
uf dem dicken Ast einer alten
Eiche bewegen sich zwei große
Männchen mutig aufeinander
zu. Die Oberkiefer sind bedrohlich
hoch aufgerichtet. Schon verhaken
sich ihre „Zangen“. Minutenlang
zerren und schieben sie aneinander.
Der Kampf wankt hin und her. Jetzt
scheint der eine der stärkere, im
nächsten Moment befreit sich der
andere aus der kniffligen Lage. Dann
fällt die Entscheidung. Mit einem beherzten Griff hebt der Sieger seinen
Gegner in die Höhe und schleudert
ihn vom Baum. Der Verlierer fällt tief.
Doch er gibt nicht auf. Am Boden
angekommen, macht er sich sofort
wieder auf den Weg nach oben.
Langsam, aber beharrlich, klettert
er den Stamm hinauf und versucht
erneut sein Glück. Warum dieses
scheinbar so sinnlose Kräftemessen?
- Da steckt eine Frau dahinter.
I
n dem etwa vier bis acht Wochen
währenden kurzen Erwachsenenleben haben die Männchen nur ein
Hirschkäfer Weibchen.
Ziel: Sie wollen sich paaren. Die
Weibchen wählen aber sorgfältig aus.
Nur der Stärkste kommt zum Zuge.
Und so setzen die Männchen ihre
kräftigen Oberkiefer, die „Zangen“
ein, um die Nebenbuhler aus dem
Wege zu räumen. Außer zum Kämpfen und um den Weibchen zu imponieren sind diese Waffen zu nichts
nutze. Die Männchen können mit den
überdimensionalen Mundwerkzeugen
nicht einmal ihre Nahrung besorgen.
Hierzu sind sie auf die Hirschkäferfrauen angewiesen. Die Damen
sind nämlich mit ihren kurzen, aber
ungemein kräftigen Oberkiefern im
Gegensatz zu den Herren durchaus
in der Lage, die Rinde eines Baumes anzuschneiden. Den aus der
Wunde rinnende Saft lecken beide
mit ihren goldgelben Unterlippen
und den Unterkiefern auf. Die Weibchen versorgen also die Männchen
mit Nahrung. Dies geschieht aber
nicht ganz ohne Gegenleistung. Die
Männchen verteidigen die Weibchen
und die Saftaustrittsstelle. Auch hier
kommen die monströsen Oberkiefer zum Einsatz. Nicht nur gegen
Artgenossen, selbst gegen Vögel
setzen sich die Männchen oftmals
erfolgreich zur Wehr.
N
ach der Paarung sucht das Weibchen Wurzeln oder Stubben. An
dem meist morschen Holz gräbt es
sich bis zu 1 m in die Erde ein. Dort
legt es die runden, gelblichen Eier.
Die Larvenzeit dauert bei Hirschkäfern ungewöhnlich lange. Fünf bis
acht Jahre sind die Regel. Vor der
Verwandlung zur Puppe fertigt die bis
zu 10 cm lange Larve innerhalb von
zwei bis drei Wochen aus Erde und
Mulm einen hühnereigroßen Kokon.
Bereits jetzt lassen sich Männchen
von Weibchen unterscheiden. Die
Männchen bauen größere Kokons.
Nach dem sechswöchigen Puppenstadium schlüpfen die Käfer im
Herbst, überwintern aber noch in
der Puppenwiege. Erst im folgenden
Frühsommer öffnet der Käfer den
Kokon mit den Oberkiefern und gräbt
sich senkrecht nach oben an die
Erdoberfläche.
V
iele Menschen haben schon lange
nicht mehr oder gar noch nie einen lebenden Hirschkäfer zu Gesicht bekommen. Die Art ist
selten geworden.
Aber in den großen
Waldgebieten, besser: in den großen
Laubwaldgebieten,
ist sie durchaus zu
Hause. Der Hirschkäfer profitiert von
einer geänderten
Philosophie in der
Forstwirtschaft.
Vor wenigen Jahrzehnten waren die
Wälder „sauberer“.
Naturschutz
Das Faltblatt
„DEM HIRSCHKÄFER AUF DER SPUR“
können Sie bestellen beim
BUND Saar
[email protected]
Tel.: 0681 813700
Vortag
Der Hirschkäfer „Insekt des Jahres 2012“
von Martin Lillig
am 14. Juni, 18:00 Uhr
Scheune Neuhaus
Info & Anmeldung: Scheunenbüro
[email protected]
Tel.: 06806 102419
Absterbende und tote Bäume wurden
entfernt. Heute verbleibt Totholz
im Wald. Dies hilft nicht nur dem
Hirschkäfer, sondern auch den vielen
anderen Holzinsekten, den Fledermäusen, zahlreichen Vögeln und
selbst der Wildkatze.
U
m mehr über die Verbreitung des
Hirschkäfers zu erfahren, bitten
der SaarForst Landesbetrieb, BUND
Saar, NABU Saar und das Zentrum
für Biodokumentation um Mitteilungen von Hirschkäferbeobachtungen.
Wichtig ist zu erfahren, wo, wann,
wer lebende oder tote Käfer entdeckt hat. Hierbei sind nicht nur
aktuelle, sondern auch alte Funde
von Interesse.
Ihre Mitteilung können Sie an den
BUND Saar, [email protected], Tel.
0681 813700, richten. Unter allen
Einsendern verlost der SaarForst am
Jahresende Preise zum Thema Wald
und Naturschutz.
Martin Lillig
Hirschkäfer Männchen.
Umweltmagazin Saar 2/2012
19
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