Wie lange leben Insekten? Methusalems mit sechs Beinen Naturschutz In Kalifornien keimte vor mehr als 5.000 Jahren eine Kiefer, die noch heute steht. Die älteste Fichte, die in Mittelschweden wächst, ist nach Ergebnissen der 14C-Analyse sogar 9.550 Jahre alt. Einzelne Grönlandhaie durchstreifen über 400 Jahre lang die Meere. Riesenschildkröten können 200 Jahre erreichen. Das Höchstalter für einen Menschen wird auf etwa 120 Jahre geschätzt. So lange dauert das Leben eines Insektes nicht. Aber wie alt werden diese Tiere? Ä lter wird der größte europäische Käfer, der Hirschkäfer (Lucanus cervus). Bis zu acht Jahre lebt er als Larve vom morschen Holz abgestorbener Bäume in deren Wurzelbereich. Im Herbst vor dem Ausfliegen verpuppt er sich und verwandelt sich zum ausgewachsenen Hirschkäfer. Er bleibt allerdings noch den Winter über in seiner Puppenwiege unter der Erde. Erst im folgenden Frühsommer verlassen Hirschkäfer ihr Versteck. Dabei erscheinen die Männchen etwa eine Woche vor den Weibchen, da ihre Puppenwiege weniger tief in der Erde liegt und somit schneller erwärmt wird. Das Leben als „richtiger“ Käfer währt aber nur kurz. Nach wenigen Wochen ist es vorüber, wobei die Lebenserwartung der Weibchen etwas höher ist als die der Männchen. D ie weitaus längste Zeit ihres Lebens verbringen Hirschkäfer also als Larve. Dies gilt auch für die Siebzehnjahr-Zikade (Magicicada septendecim) im Osten Nordamerikas. Die Larvenentwicklung dauert 17 Jahre. Nach dieser langen Zeit verwandeln sich Milliarden Zikaden nahezu zeitgleich zu erwachsenen Zikaden. Nach wenigen Tagen erfolgt die Paarung, womit die Aufgabe und somit der Lebenszyklus des Männchens beendet ist. Die Weibchen sterben nach dem Ablegen der Eier. Nach vier bis sechs Wochen sind die Siebzehnjahr-Zikaden wieder verschwunden. Die Larven verbringen ihre Zeit in der Erde, wo sie an Wurzeln saugen. E benfalls in Nordamerika lebt ein Insekt, das auch recht alt wird – aber die meiste Zeit seines Lebens nicht als Larve, sondern als ausgewachsenes Tier verbringt: ein Käfer, den die Amerikaner Blue Death Feigning Beetle (Blauer todvortäuschender Käfer) und die Wissenschaftler Asbolus verrucosus nennen. Sein Körper ist von einer blauen Wachsschicht überzogen, die ihn vermutlich vor Austrocknung schützt. Denn er lebt in Nordmexiko und im heißen, trockenen Südwesten der USA, unter anderem im Tal des Todes und in der Mojave-Wüste. Bei Störung stellt er sich häufig tot, eine bei Insekten nicht ungewöhnliche Strategie, sich vor Feinden zu schützen. Diese Käfer können angeblich monatelang ohne Nahrung und bis zu einem Jahr ohne Wasser überleben. Unterschiedliche Quellen sprechen von einer Lebensspanne von 7 bis 20 Jahren. D er Weltrekordhalter scheint aber ein Käfer zu sein: Der Goldene Prachtkäfer (Cypriacis aurulenta), wieder eine nordamerikanische Art. Sie besiedelt den Westen der USA und Kanadas. Mit importiertem Holz gelangt sie gelegentlich auch in andere Erdteile. Die Entwicklung der Larven vollzieht sich meist innerhalb von fünf Jahren. In Ausnahmefällen kann sie aber auch mehrere Dekaden dauern. So wird von einem Höchstalter von etwa 50 Jahren berichtet. Die Weibchen sind zwischen Juni und Oktober aktiv. Sie legen die Eier z.B. an durch Feuer oder sonstige Einflüsse geschädigte Douglasien, verschiedene Kiefern oder andere Nadelbäume. Die Larven entwickeln sich im Holz, was zu wirtschaftlichen Schäden für die Holzindustrie führen kann. I nsekten werden also lange nicht so alt wie Vertreter manch anderer Tiergruppe. Den meisten Arten ist ein nur kurzes Leben beschieden. Im Einzelfall können Insekten jedoch ein erstaunlich hohes Alter erreichen. Dr. Martin Lillig B ei den Insekten kann die Lebenserwartung innerhalb einer Art recht unterschiedlich sein. Während die Männchen bereits nach sehr kurzer Zeit sterben, können die Arbeiterinnen der Blutroten Raubameise (Formica sanguinea), einer der Roten Waldameisenarten, maximal etwa fünf Jahre erreichen, während die Königin es durchaus auf 15 bis 20 Jahre bringen kann. In Gefangenschaft wurde eine Königin der Schwarzen Wegameise (Lasius niger) sogar 29 Jahre alt. Ein solch hohes Alter erscheint jedoch unter natürlichen Bedingungen kaum erreichbar. Foto: Dr. Martin Lillig D ie Zahl der Punkte zeigt das Alter des Marienkäfers – daran glauben auch heute noch viele Menschen. Wäre dies richtig, gäbe es nur sieben Jahre alte Siebenpunkt-Marienkäfer (Coccinella septempunctata). Und der Asiatische Marienkäfer (Harmonia axyridis), der seit 2004 auch im Saarland fliegt, würde ein Alter von bis zu 19 Jahren erreichen. Der ebenfalls häufig anzutreffende gelbe 22-Punkt-Marienkäfer (Psyllobora vigintiduopunctata) besitzt zusätzlich zu den 22 Punkten auf den Flügeldecken noch fünf auf dem Halsschild. Andererseits gibt es auch Marienkäfer ganz ohne Punkte. Wie alt wären diese? In der Realität werden Marienkäfer maximal drei Jahre alt. Hirschkäfer (Männchen). Umweltmagazin Saar 4/2016 19