Herzinfarkt: Mensch in Gefahr! In der Kardiologie des EVK geht es um das Er Behandeln, Heilen und auch um das Vorbeug ßen. „Diese Adern, deren krankhafte Veränderungen für den Herzinfarkt verantwortlich sind, verlaufen direkt auf dem Herzmuskel“, erläutert Dr. Schmitz anhand eines Schaubilds. Der Herzinfarkt tritt ein, wenn sich ein Herzkranzgefäß plötzlich verschließt. Denn in dem Moment kann kein Blut mehr zum abhängigen Anteil des Herzmuskels fließen. Der nun nicht mehr durchblutete Muskelbereich stirbt ab, weil ihm Sauerstoff und Nährstoffe fehlen – ein lebensbedrohlicher Prozess, der sich im Eiltempo vollzieht. Daher gelte es, sofort zu handeln: „Zeit ist Muskel.“ Und der Erhalt von möglichst viel Muskelmasse bedeutet das Sichern einer möglichst hohen Herzleistung und Lebensqualität. Die traurige Hitliste der Todesursachen hat seit langer Zeit immer wieder denselben Spitzenreiter: den Herzinfarkt. Herzkreislauferkrankungen sind die häufigste Ursache für das Sterben eines Menschen in den westlichen Gesellschaften und unter diesen Erkrankungen nimmt der Herzinfarkt die Spitzenposition ein. Umso wichtiger ist es, die Symptome ernst zu nehmen und beim Infarkt-Verdacht sofort den Notruf 112 zu wählen. Je schneller eine notärztliche Behandlung erfolgt, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Patient überlebt und dass wertvolle Herzmuskelregionen für den Erhalt von Leben und Lebensqualität gerettet werden. O bwohl die Sonne verführerisch an einem der ersten warmen Frühlingstage nach draußen lockt, interessiert sich 22 StippVisite eine Gruppe Bergisch Gladbacher noch mehr für das, was im Forum Facharztzentrum des Evangelischen Krankenhauses Bergisch Gladbach (EVK) geboten wird: ein Medizindialog zum Thema „Herzinfarkt: Herz in Gefahr“. Richtiger müsse es heißen „Mensch in Gefahr“, steigt Dr. Hermann J. Schmitz sogleich ins Thema ein. Denn ein Infarkt des Herzens könne unter Umständen den schnellen Tod bedeuten. Dr. Schmitz weiß haargenau, wovon er spricht, denn er ist seit langem Leitender Oberarzt für Innere Medizin und Kardiologie am EVK, wo Chefarzt Prof. Dr. Hans-Peter Hermann einem vielköpfigen Team vorsteht. Manch brenzlige Situation wurde da schon bewältigt und Tag für Tag Menschenleben gerettet. Wie kommt es zum Herzinfarkt? Der Auslöser sitzt in den Herzkranzgefä- Aber warum verschließt sich überhaupt ein Herzkranzgefäß? Dr. Schmitz führt anhand von Bildern anschaulich vor Augen, wie sich sogenannte Plaques an den Innenwänden der Herzarterien bilden. In den Innenwänden der Arterien lagern sich fettige, wachsartige Substanzen ab, die aus Cholesterin, Zellen, Bindegewebe und Kalk bestehen können. Die Plaque-Bildung könne durchaus bereits in der Jugend beginnen. Bei manchen Menschen bilden sich geradezu „Cholesterinstraßen“. Das merkt der Betreffende meist nicht, denn die Beeinträchtigung fällt in der Regel erst dann auf, wenn sich der Querschnitt einer Herzarterie um mehr als 70 Prozent verengt. Die Engstellen drosseln den Blutfluss derart, dass der Herzmuskel bei stärkerer Belastung dann unterversorgt wird und Beschwerden auftreten. Solche Engstellen las- rkennen, gen von Erkrankungen des Herzens sen sich bei einer Herzkatheter-Untersuchung mittels Kontrastmittel darstellen. Ein typisches Anzeichen ist die Angina pectoris: die Brustenge, so als schnüre ein Ring den Oberkörper ein. Die Beschwerden bei der Angina pectoris können bisweilen in den oberen Rücken, Kiefer oder in den Oberbauch ausstrahlen, so der Kardiologe. Da denke der Betroffene natürlich nicht an Herzprobleme. Dr. Schmitz berichtet, dass einige Patienten zunächst beim Zahnarzt, Gastroenterologen oder dem Orthopäden vorstellig waren. Bei „Herzensangelegenheiten“ ist die sorgfältige und umfangreiche Anamnese, durch den Arzt besonders wichtig. „Es ist eine besondere ärztliche Kunst, die Beschwerden zu erfragen“, sagt Dr. Schmitz. Das sei ein „ganz zentraler Punkt“ in der Diagnosestellung und „oftmals viel bedeutsamer als technische Untersuchungen wie zum Beispiel ein Belastungs-EKG“. Gefährlich wird es, wenn große fettreiche Plaques aufplatzen – und so zu einer instabilen Angina pectoris führen. „Wenn so ein Plaque aufplatzt, dann entsteht ein Wundkrater an der Gefäßinnenwand, der sofort dazu führt, dass sich ein Ge- rinnsel bildet und den Gefäßkanal einengt oder im schlimmsten Fall ganz verstopft“, so der Herzspezialist. „Das ist der klassische Auslöser, wie es zum Herzinfarkt kommt.“ Nicht die chronische Verengung spiele für die Entstehung eines Herzinfarktes die entscheidende Rolle, sondern aufplatzende Plaques. Ein Herzinfarkt macht Beschwerden wie die Angina pectoris, doch sind diese in der Regel wesentlich intensiver und anhaltend. Ein Herzinfarkt werde vom Betroffenen in der Regel als „ein absolut dramatisches Erlebnis“ wahrgenommen, beschreibt Dr. Schmitz. Die Schmerzen in der Brust seien meist sehr stark, sie könnten in Bauch, Arme oder auch Rücken ausstrahlen. Das Engegefühl in der Brust sei teils massiv, als „stünde ein Elefant auf der Brust“. Dem Patien- ten sei es oft auch übel, seine Haut schweißig. Bei Herzinfarktverdacht müsse unbedingt sofort der Notarzt alarmiert werden. Dieser könne den Infarkt durch ein noch vor Ort registriertes EKG diagnostizieren, erste Medikamente geben und den sofortigen Transport in zum Herzkatheter-Labor begleiten. Doch leider kommt der Notarzt oft zu spät: 30 Prozent der betroffenen Menschen sterben laut Statistik am Herzinfarkt, bevor sie ein Krankenhaus erreicht haben. Gefährlich ist der Herzinfarkt zum einen, weil Herzmuskelgewebe abstirbt – und dadurch im Nu lebenswichtige Funktionen ausfallen. Gefährlich ist er aber auch deshalb, weil er ein Kammerflimmern auslösen kann. Dies sei – anders als das StippVisite 23 zu reduzieren, ist noch wichtiger, als das Gewicht zu verringern“, informierte Dr. Schmitz aufgrund neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse. „In dem in der Bauchhöhle vorhandenem Fett werden für den Stoffwechsel und damit auch für die Gefäße schädliche Substanzen produziert, die das Herzinfarkt-Risiko steigern“. „im Kern harmlose“ Vorhofflimmern – überaus gefährlich, so Dr. Schmitz. Denn bei dieser Art Rhythmusstörung gerät die elektrische Erregung des Herzens komplett aus dem Takt. „Die Zellen zucken unkontrolliert, der Herzmuskel kann nicht mehr pumpen“. Schon nach 6 bis 8 Sekunden verliert der Patient das Bewusstsein, nach ca. 40 Sekunden setzt die Atmung aus, nach ca. 8 bis 10 Minuten tritt der Hirntod ein. Nur durch die Elektroschocks eines Defibrillators lässt sich in der Regel das Kammerflimmern beseitigen. Was kann jemand tun, der Zeuge eines Herzinfarkts wird? „Niemals jemanden selbst ins Krankenhaus fahren!“, schärft Dr. Schmitz den Zuhörern ein. „Unbedingt die 112 wählen und bei Zeichen eines Herzstillstandes eine Herzdruckmassage durchführen, bis ein Defibrillator zum Einsatz kommen kann.“ Bei der Behandlung von Herzinfarktpatienten leistet nicht nur der Defibrillator wertvolle Dienste. Der akute Herzkatheter-Eingriff ermöglicht die mechanische Wiedereröffnung des Herzkranzgefäßverschlusses. „In dem Moment, wo wieder Blut 24 StippVisite fließt, hört der Absterbeprozess des Herzmuskels auf“, sagt Dr. Schmitz. Per Ballonkatheter eingeführte und dann in das Kranzgefäß implantierte Gitterstützen, sogenannte Stents, können dann die vormalige Verschlussstelle offen halten. Mit diesem Vorgehen kann das Risiko an einem Herzinfarkt oder seinen Folgen zu sterben, dramatisch reduziert werden. Wer einem Herzinfarkt vorbeugen will, sollte seine persönlichen Risikofaktoren senken. Dazu gehört nach Dr. Schmitz vorrangig das, was jeder selbst beeinflussen kann: • Das Rauchen stoppen! Denn jede einzelne Zigarette schadet. • Ausreichende Bewegung! „Der Wert von Bewegung ist sehr hoch“, so Dr. Schmitz. „Sie müssen keinerlei Leistungssport machen. Alleine 3 bis 4 mal pro Woche 30 Mi nuten zügiges Gehen zeige sehr gute Gesundheits-Effekte. • Weg mit dem Übergewicht (Bauchfett)! „Den Bauchumfang Gegen zwei Risikofaktoren lässt sich allerdings nur schwer selbst etwas unternehmen. Der eine Faktor sind die Blutfette: „Man kann den Cholesterinspiegel durch cholesterinarme Kost nur wenig verändern“, gibt der Arzt all denen mit auf den Weg, die beim Essen eines Hühnereis ein schlechtes Gewissen haben. Außerdem sei Cholesterin nicht von sich aus ein Problem, sondern für den Körper durchaus wichtig. „Schlecht ist nur das Cholesterin, das im Blut schwimmt.“ Im Ernstfall könnten nur Medikamente helfen. Ein unveränderbarer Risikofaktor ist die genetische Belastung. In solch einem Fall ist es für die Betroffenen umso wichtiger, die übrigen Risikofaktoren auszuschalten. Dr. Schmitz betonte, dass der Arzt jeden Patienten individuell betrachten und behandeln müsse. Beim abschließenden Gespräch zwischen Dr. Schmitz und den Zuhörern gestand jemand: „Ich hatte Bedenken wegen des Ärztedeutschs. Aber Sie haben das super gemacht!“ Ihr Ansprechpartner am EVK zu diesem Thema ist Dr. Hermann J. Schmitz Leitender Oberarzt für Innere Medizin und Kardiologie Telefon 02202 122-2100