Kopf-Hals-Karzinome beeinträchtigen die Immunfunktionen von dendritischen Zellen Sabrina Jeske, Ralph Pries und Barbara Wollenberg Universitätsklinikum Schleswig-Holstein – Campus Lübeck, Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde www.hno.uni-luebeck.de Hintergrund Das CpG ODN Es wurde nachgewiesen, dass plasmazytoide dendritische Zellen (pDC) als Teil des angeborenen Immunsystems die bösartigen Kopf-Hals-Tumore infiltrieren, wobei sich jedoch bei den Patienten eine deutliche Verminderung der zellvermittelten Immunantwort zeigt. pDCs sind durch die schnelle Bildung von großen Mengen des Botenstoffes IFN-α als Antwort auf immunologische Stimuli wie zum Beispiel Viren gekennzeichnet. Fehlt dieser Stimulus unterstützen pDCs eine Toleranzentwicklung bei T-Zellen und spielen somit eine wichtige Rolle bei der Hemmung einer gegen den Tumor gerichteten T-Zell vermittelten Immunantwort. Schon vor über 100 Jahren erkannte der New Yorker Chirurg William Coley, dass das Immunsystem Tumore erfolgreich bekämpfen kann. Er beobachtete, dass sich Sarkome (Tumore des mesenchymalen Stützgewebes) nach einer bakteriellen Infektion im Bereich des Tumors zurückbildeten. Innerhalb des bakteriellen Erbguts konnten die immunologisch aktiven Anteile vor etwa 20 Jahren eingegrenzt werden und sogenannte Palindromsequenzen (spiegelbildliche Sequenzen um ein zentrales Dinukleotid) verantwortlich für die Aktivierung gemacht werden. Als nächster Schritt konnte mit synthetischen Oligonukleotiden (CpG ODN), die solche Palindromsequenzen enthielten, die immunstimulatorische Wirkung genomischer DNA von Bakterien reproduziert werden. Erkannt werden diese Palindromsequenzen durch den sogenannten Toll-like-Rezeptor 9, der sich unter anderem auf den pDCs befindet, und führen als Imitat einer mikrobiellen Infektion zur Stimulation des Immunsystems. Dieser immunologische Therapieansatz könnte eine enorme Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten eröffnen. - Es wurden drei CpG ODN-Klassen definiert, die sich in ihrer Sequenz sowie in ihrer Wirkung wesentlich unterscheiden. Typ A CpG (z.B. ODN 2216: 5‘-ggGGGACGATCGTCgggggG-3‘) stimuliert pDCs dazu große Mengen an IFN-α and IFN-β zu produzieren. Der Mechanismus ist hierbei ähnlich einer Virusinfektion. B-Zelle CpG ODN pDC Gesteigerte Synthese von IL12 und IFN-α stimuliert indirekt NK-Zellen Typ B CpG (z.B. ODN 2006: 5'TCgTCgTTTTgTCgTTTTgTCgTT-3' ) unterstützt die pDC Zellreifung, ist effektiv in der Stimulierung von B-Zellen, hat aber nur eine geringe IFN-α Produktion zur Folge. In Kombination mit dem Rezeptor CD40L werden große Mengen an IL-12 von der pDC produziert, welches zu einer IL-12 abhängigen TH1Immunantwort führt. Typ C CpG verbindet beide Aktivitäten von CpG-A und CpG-B Untersuchungsmethoden Isolierung der plasmazytoiden dendritischen Zellen Leukozyten werden aus dem Blut gesunder Spender über einen Dichtegradienten (Ficoll) isoliert, die pDCs mit Eisenoxid/Dextranmatrix gekoppelten Antikörpern gegen BDCA4/Neuropilin1 markiert und anschließend über Magnetsäulen angereichert. FACS Analyse Die „Teilnehmer“ Die pDC - gehört zur Gruppe der Dendritische Zellen (DC), dieses sind hochspezialisierte antigenpräsentierende Zellen des Immunsystems. Die aufgenommenen antigenen Strukturen werden in der Folge prozessiert und sehr effizient dem weiteren Immunsystem präsentiert. Gleichzeitig werden die DCs aktiviert, was zu einer beginnenden Zellreifung und zur Sekretion von Botenstoffen (Zytokine) wie z.B. IFN-α führt. Diese rekrutieren weitere immunkompetente Zellen an den Ort der beginnenden Immunreaktion. - im zweiten Abschnitt der speziellen Funktion der DCs, steht die Aktivierung und Einbeziehung der spezifischen Immunabwehr. Dazu wandern die reifenden DC in die regionären Lymphknoten, wo sie die Antigenstrukturen den noch naiven T-Zellen präsentieren. Die zu untersuchenden Rezeptoren der pDCs werden mit fluoreszierenden Antikörpern markiert und können dann im sogenannten Durchflusszytometer gemessen werden. Änderungen in der Rezeptordichte und die Zu-/Abnahme an tragenden Zellen, die u.a. den Reifegrad der Zelle und die Migrationsfähigkeit zeigen, können so gemessen werden. Auch lassen sich durch diese Methode die pDCs in einer Zellpopulation genau bestimmen. ELISA Das IFN-α - Protein aus 166 Aminosäuren - führt zu einer gesteigerten Produktion von Proteinen, die einerseits z.B. die weitere Virusproduktion und andererseits den Abbau von viraler und zellulärer DNA bewirken. Außerdem werden vermehrt Rezeptoren und andere Proteine gebildet, welche die markierten Zellen durch T-Lymphozyten leichter angreifbar machen. - aktiviert NK-Zellen (natürliche Killer-Zellen). - stimuliert die Entwicklung von TH1-Zellen. Die Zellen der bösartigen Kopf-Hals-Tumore - Für unsere Untersuchungen in vitro, das heißt, außerhalb des Organismus, verwenden wir speziell gezogene, reproduzierbare Zelllinien. - Die Untersuchungen dieser Doktorarbeit werden mit den Zelllinien BHY und PCI-13 durchgeführt. Beide Zelllinien entstammen Kopf-Hals-Karzinomen, weisen jedoch andere Eigenschaften und Profile von ausgeschütteten Botenstoffen auf. - schaffen es durch unterschiedliche Mechanismen dem Immunsystem zu entfliehen. Unter anderem sezernieren sie Botenstoffe z.B. TGF-β, die die T-Zell-Entwicklung unterdrücken oder TSuppressorzellen aktivieren, oder IL-10 welches die Aktivierung der DCs hemmt. Mittels ELISA kann das im Zellüberstand vorhandene IFN-α durch eine Antikörperreaktion quantitativ bestimmt werden. Durch eine Antikörper-AntigenAntikörper-Enzymreaktion entsteht ein gelblicher Farbstoff dessen Konzentration dann in einem Photometer gemessen wird. Ergebnisse Die Ergebnisse unserer Untersuchungen zeigen den Einfluss des Tumormillieus auf die Produktion von IFN-α und die Ausbildung der untersuchten Rezeptoren. Durch das Verhindern einer adäquaten IFN-α Antwort der pDCs kommt es nur zu einer unzureichenden TH1-Antwort im Microenvironment des Tumors, mit der Konsequenz, dass er einem Angriff des Immunsystems entgeht. Die verschiedenen Typen der CpG Oligonukleotide zeigen unterschiedliche Potenzen in der Stimulierung der pDCs zur IFN-α Synthese. Es ist festzustellen, dass Zeit und Konzentration einen Einfluss ausüben. Je größer das Zeitfenster und je höher die Konzentration, desto höher die Menge an ausgeschüttetem IFN-α. Bei den Untersuchungen zum Einfluss von Tumorzellen und Tumormillieu auf die IFN-α Sekretion der pDCs, zeigte sich ein Unterschied in der Suppressionspotenz der einzelnen untersuchten permanenten Tumorzelllinien. In weiteren Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass es sich hierbei um einen Botenstoff im Tumormillieu handelt. Literatur und Quellennachweise beim Autor Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Klinik für HNO Ratzeburger Allee 160 D-23538 Lübeck Tel 0451-500-6598 Sabrina Jeske [email protected]