Tierversuche zum Wohle des Menschen?

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Karin Blumer
Tierversuche zum Wohle
des Menschen?
Ethische Aspekte des Tierversuchs unter
besonderer Berücksichtigung
transgener Tiere
UTZ
Herbert Utz Verlag. Wissenschaft
München 1999
MünchnerphilosophischeBeiträge
herausgegebenvon
Nikolaus Knoepffler
Wilhelm Vossenkuhl
Siegbert Peetz
Bernhard Lauth
Die DeutscheBibliothek-CIP-Einheitsaufnahme
Blumer,Karin:
Tierversuchezum WohledesMenschen?
: ethischeAspektedes
Tierversuchsunter besondererBerücksichtigung
transgenerTiere/
KarinBlumer. München: Utz, Wiss.,1999
(Münchner philosophischeBeiträge)
ZugI.: München,Univ., Diss.,1997u.d.T.:
Blumer, Kann Ruth: Phänomenologieder Achtung
ISBN 3-89675-398-3
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ISBN 3-89675-398-3
Printed in Germany
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Herbert Utz Verlag GmbH, München
Tel.:089/277791-00Fax:089/2m91-01
~
INHALTSVERZEICHNIS
1 Einführung
15
1.1 Aufbau der Arbeit
17
1.2 Technische Vorbemerkungen
18
2 Ethik und Tierversuche -Vorbemerkungen
19
2.1 Wurzeln des Tierversuchs als Methode der
Naturwissenschaften und als Problem der Ethik
19
2.2 Die gesetzliche Pflicht zur ethischen Argumentation
21
2.3 Die soziale Pflicht zur ethischen Argumentation
22
2.4 Terminologische
24
Vorklärungen
2.4.1 Ethik, Moral
24
2.4.2 Der Handlungsbegriff
25
2.4.2.1 Die Differenzierung sittlich gut/schlecht
sittlich richtig/ falsch
versus
2.4.2.2 Elemente der sittlichen Handlung und
Handlungsbeschreibung
25
26
2.4.2.2.1 Die sittliche Handlung als spezifisch
menschliche Aktivität
27
2.4.2.2.2 Die Unterlassung als Sonderfall der sittlichen
Handlung
30
2.4.2.2.3 Folgen sittlicher Handlungen
30
2.4.3 Definition"
Tierversuch"
2.4.4 Charakterisierung
transgene Tiere
der Handlungen
2.4.5 Der Begriff /IVerantwortung"
32
in Bezug auf
34
36
7
Inhaltsverzeichnis
3 Der moralische Status von Tieren
38
3.1 Begriffsklärungen
38
3.2 KlassischerAnthropozentrismus
39
3.2.1 ReneDESCARTES
40
3.2.2 Immanuel KANT
42
3.2.3 Zusammenfassungund Kritik des klassischen
Anthropozentrismus
44
3.3 Gemäßigter Anthropozentrismus
49
3.4 Holismus
50
3.5 Radikaler Biozentrismus
52
3.5.1 Albert SCHWElTZER -Ethik der Ehrfurcht vor dem
Leben
52
3.5.2 Kritik des radikalen Biozentrismus
54
3.6 Pathozentrismus
3.6.1 Allgemeine Kritik am Pathozentrismus
57
3.6.2 Die Position von Peter SINGER
58
3.6.2.1 Annahmen und Argumente
58
3.6.2.2 Kritik an SINGER
61
3.6.2.2.1Der Personenbegriff
3.6.2.2.2Kritik am Präferenz-Utilitarismus und am
Prinzip der Lustmaximierung
3.6.3 Pathozentrismus und bundesdeutsches
Tierschutzgesetz
65
3.7 Gemäßigter Biozentrismus als inhaltliche Bestimmung
der Phänomenologie der Achtung
66
62
64
3.7.1 Vorbemerkungen
66
3.7.2 Darlegung der zentralen Begriffe
67
3.7.2.1 Interessen
8
54
68
r
Inhaltsverzeichnis
3.7.2.2 Strebungen
70
3.7.2.3 Güter
72
3.7.2.4Erkenntnistheoretischer und sittlicher Rang der
Begriffe
3.7.3 Die moralische Gemeinschaft
3.7.3.1 Der moralische Status für alle Lebewesen
74
3.7.3.2 Strebungen lebender Organismen als Basis des
moralischen Status
75
3.7.3.3 Ablehnung des strengen genetischen
Determinismus -der prinzipielle Unterschied
zwischen belebter und unbelebter Natur
77
3.7.3.4 Individuen als Träger des moralischen Status
81
3.7.3.4.1Der Individualitätsbegriff
3.7.3.4.2Exkurs: Die Stellung isolierter Zellen und
tierischer Embryonen
3.7.3.5 Hierarchisierung innerhalb der moralischen
Gemeinschaft
:
i
73
74
3.7.3.5.1Steigende Individualität als Grundmaß der
Hierarchisierung
3.7.3.5.2Entgegnung des HaupteinwandesUnmöglichkeit der Konkretisierung
3.7.3.6 Die Sonderstellung des Menschen
3.7.4 Postulat der Achtung
81
82
84
84
86
87
92
3.7.4.1 Aufruf zur Achtung aller Lebewesen
92
3.7.4.2 Stellenwert des Postulats der Achtung
96
3.7.5 Resümee
97
4 Die formale Bestimmung der sittlichen
Richtigkeit
4.1 Deontologische Argumentation
99
99
9
r--i
i
Inhaltsverzeichnis
4.2 Teleologische Argumentation
100
4.3 Kritik der Deontologie
101
4.3.1 Mangelnde Berechtigung des Menschen zum
Tierversuch und zur gentechnischen Veränderung
von Organismen?
103
4.3.1.1 Die Berufung auf Gott als handlungslimitierende
Instanz
103
4.3.1.2 Die Berufung auf "die Natur" als
handlungslimitierende
Instanz
106
4.3.2 Sind Tierversuche oder gentechnische V eränderungen von Organismen "aus der Natur der Handlung"
heraus unzulässig?
108
4.3.3 Exkurs: Der Naturbegriff
109
im ethischen Argument
4.3.3.1 Problemdarstellung
4.3.3.2 Die Vielseitigkeit
109
des Naturbegriffs
4.3.3.3 Das Problem des "naturalistischen
109
Fehlschlusses"
4.3.3.4 Konsequenzen für die Verwendung des
Naturbegriffs im ethischen Argument
4.3.4 Resümee
112
114
117
5 Ethische Nonnen für den Tierversuchsbereich
118
5.1 Die Güterabwägung als Methode zur Bestimmung
der sittlichen Richtigkeit
118
5.1.1 Vorbemerkungen
5.1.1.1 Normenfindung
119
in der Ethik
5.1.1.2 Erkenntnistheoretische
phänomenologische
5.1.2 Güter des Menschen
10
119
Prämisse: Der
Analogieschluß
120
124
5.1.2.1 Grundgüter
126
5.1.2.2 Sonstige Güter
126
Inhaltsverzeidlnis
5.3.1.2.1Pflicht zur Verwendung "niederer" Tiere
5.3.1.2.2Pflicht zur Belastungsreduktion
5.3.2 Normen in Bezug auf den zwischenmenschlichen
Bereich
5.3.2.1 Direkt am Tierversuch beteiligte Personen
142
143
144
144
5.3.2.2 Gesamtheit der Wissenschaftler (Scientific
community)
145
5.3.2.3 Indirekt durch die Handlung betroffene Personen 146
5.4 Transgene Tiere und Übelvermeidungj -minimierung
147
5.4.1 Übelvermeidung bei der ErstellungjVerwendung
transgener Tiere
148
5.4.1.1 Embryonenspender
148
5.4.1.2 Embryonenempfänger
150
5.4.1.3Vasektomierte Böcke
150
5.4.1.4 Nicht transgen geborene und überzählige
männliche Tiere
151
5.4.1.5Transgene Tiere
152
5.4.2 Übelvermeidung durch transgene Tiere
5.5 Tierversuche im Rahmen der Aus-, Fort- oder
Weiterbildung
154
5.5.1 Problemanalyse: Einteilung der betreffenden
Tierversuche
154
5.5.2 Beurteilung
157
5.6 Tierversuche im Rahmen reiner Grundlagenforschung
5.6.1 Problemanalyse
159
159
5.6.1.1 Der Begriff "Grundlagenforschung"
160
5.6.1.2Exkurs: "Wertneutralität" der Wissenschaft
162
5.6.1.3Handlungstheoretische Differenzierungen
164
5.6.2 Beurteilung
12
153
165
-
Inhaltsverzeichnis
5.6.2.1 Unmöglichkeit der Bewertung?
165
5.6.2.2 Die expandierte Güterabwägung
166
5.6.2.3 Legitimität der Forschungsrichtung
167
5.6.2.4PersonenbezogeneKriterien
168
5.6.2.5Sozialethische Kriterien
170
6 Patentierung transgener Tiere
172
6.1 Problemanalyse
172
6.1.1 Prinzipielle Einwände
173
6.1.2 Folgenorientierte Einwände
174
6.1.3 Rechtliche Einwände
175
6.2 Beurteilung
6.2.1 Kritik der prinzipiellen Einwände
6.2.1.1 Der Antragsteller als "Schöpfer"?
176
176
176
6.2.1.2Teleologische Begründung eines generellen
Patentierungsverbots?
6.2.2 Beurteilung der Folgen
178
179
6.2.3 Rechtliche Einwände
181
6.3 Resümee
181
7 Synopse und Ausblick
184
8
186
Zusammenfassung
9 Summary
189
10 Literatur
191
13
--
Einfiihrnng
1 Einführung
Im Lauf des vergangenen Jahrhunderts konnten die modernen
Natur- und Technikwissenschaften
immense Fortschritte sowohl
theoretischer als auch praktischer Natur erzielen. Unstrittig verdankt sich so das Bestehen unserer heutigen Gesellschaftssysteme
zu einem wesentlichen Teil auch und gerade diesen Wissenschaften, die in vielerlei Hinsicht die Möglichkeitsbedingungen
einer
gesicherten Existenz der sozialen Strukturen lieferten. Dennoch
läßt sich seit einigen Jahrzehnten gerade in den Bevölkerungen der
westlichen Industriestaaten
ein wachsendes Unbehagen an der
Technisierung der Lebenswelt feststellen, das seinen Ausdruck in
zunehmender Kritik an Wissenschaft und Technik findet.
Diese Arbeit setzt sich thematisch mit einem Kerngebiet dieser
Debatten auseinander -dem brisanten Feld der ethischen Vertretbarkeit von Tierversuchen. In dessen Zentrum steht die Frage, ob und wenn ja in welchen Fällen -der Einsatz von Tieren zur Lösung
wissenschaftlicher
Fragestellungen
gerechtfertigt
werden
kann.
In diesem Bereich muß zunächst geklärt werden, ob Tiere Wesen mit einem moralisch relevanten Eigenwert darstellen, denen
gegenüber wir direkte Pflichten haben. Wenn dies positiv zu beantworten ist, stellt sich die weiterreichende Frage, ob -und wenn
ja, in welchem Ausmaß -sich diese Pflichten von denen, die wir
anderen Menschen (und gegebenenfalls niederen Lebewesen wie
Pflanzen) gegenüber besitzen, unterscheiden.
Spätestens seit dem Jahr 1974 kann eine ethische Diskussion des
Tierversuchsbereichs
nicht mehr umhin, sich mit einer augenscheinlich neuen Dimension der technischen Eingriffe des Menschen in die außermenschliche Natur auseinanderzusetzen:
Der
Gentechnologie, die es seither ermöglicht, das Erbgut von Tieren
mehr oder weniger gezielt zu verändern. JAENISCH und MINTZ
(1974) gelang in diesem Jahr erstmals die Einschleusung fremden
genetischen Materials -gereinigter DNA des SV40-Virus -in Mäuseembryonen. Basierend auf den Erkenntnisfortschritten
von Biotechnologie und Reproduktionsmedizin
einerseits und Molekularbiologie andererseits gelang wenige Jahre später erstmals die
15
Einführung
Übertragung und anschließende somatische Expression eines klonierten Gens in Mäusezygoten (GORDON et al., 1980).
Eine breite Öffentlichkeit wurde auf die gen technische Veränderung von Tieren durch einen spektakulären Versuch von PALMITER et al. (1982) aufmerksam, die ein Wachstumshorrnongen
in
Mäuseembryonen injizierten. Die Tiere, die das Transgen stabil
integrierten und exprimierten, wiesen das doppelte Normalgewicht von nichtveränderten
Wurfgeschwistern
auf und wurden
publikumswirksam
auf dem Titelbild der Zeitschrift "Nature" gezeigt.
Ebenfalls 1982 wurde der Begriff" transgene Tiere" geprägt
(GORDON und RUDDLE, 1982), der heute in Abhängigkeit davon, ob die transferierte DNA stabil in das Genom des Empfängertiers integriert ist, in leicht abweichenden Definitionen verwendet
wird (GELDERMANN und MOMM, 1995).
In der vorliegenden Arbeit steht der Begriff "transgene Tiere"
für all diejenigen tierischen Individuen, die im Genom der somatischen -und meistens auch der Keimbahnzellen -in vitra rekombinierte DNA-Sequenzen stabil integriert haben. Bei den übertragenen DNA-Sequenzen (Transgenen) kann es sich dabei um Abschnitte von genomischer DNA mit homologen regulatorischen
Einheiten oder aber um Genkonstrukte, die aus regulatorischen
und kodierenden Bereichen verschiedener Gene zusammengesetzt
sind, handeln (WOLF und BREM,1995a).
Die im Rahmen dieser Studie geleistete ethische Evaluation des
Tierversuchs stellt sich der Aufgabe, das Spezialproblem der Erstellung transgener Tiere einer kritischen Reflexion zuzuführen,
an mehreren Stellen. Die Grundprämisse hierbei ist, daß die Erstellung transgener Tiere zwar auf neuartigen bio- und gentechnologischen Methoden beruht, aber dennoch anhand derselben
Kriterien wie "klassische" Tierversuche bewertet werden muß.
Auf eine ausführliche Darstellung der Methoden, die heute zur
Erstellung von transgenen Tieren verwendet werden, wird dabei
allerdings verzichtet; vielmehr setzt diese Studie die Kenntnis der
grundlegenden
naturwissenschaftlichen
Termini und Verfahren
voraus. Verwiesen sei an dieser Stelle auf die umfangreiche einschlägige Fachliteratur, wie Übersichtsartikel
von BREM et al.
16
=
I
Einführu),
(1985),BREM (1993)sowie WOLF und BREM (1995a,1995b) oder
entsprechend ausgerichtete Bücher wie KOCH-BRANDT (1993),
SCHENKEL (1995) oder WATSON et al. (1993).
1.1 Aufbau der Arbeit
Der inhaltliche Aufbau der vorliegenden Arbeit ergibt sich folgerichtig aus den angesprochenen Fragestellungen. In einem ersten Schritt werden nach einem knappen Überblick zur Geschichte
des Tierversuchs und den Gründen, die den Naturwissenschaftler
zum Eintritt in einen ethischen Diskurs verpflichten, die wichtigsten philosophischen Begriffe und Definitionen vorgestellt.
Der nächste große Abschnitt setzt sich mit den unterschiedlichen ethischen Konzeptionen zum moralischen Status von Tieren
auseinander, wobei zunächst die fünf prominentesten Argumentationsgängeje kurz vorgestellt und kritisiert werden.
Ein abschließender Schritt dient der Entwicklung der inhaltlichen Bestimmung einer eigenen ethischen Position, die als Phänomenologieder Achtung bezeichnet wird.
Nach der Klärung, wem gegenüber der sittlich handelnde
Mensch direkte Pflichten hat, folgt eine Diskussion über die formalen Grundprinzipien bei der Bestimmung der sittlich richtigen
Handlung. In deren Ergebnis wird nach einer Einführung in die
ethischen Argumentationslinien "Deontologie" und" Teleologie"
für die Phänomenologie der Achtung ein in Bezug auf Tiere ausschließlich folgenorientiertes Vorgehen postuliert. Es wird außerdem gezeigt, daß diese Diskussion für die Fragen der generellen
Zulässigkeit von Tierversuchen und gentechnischen Eingriffen
von zentraler Bedeutung ist.
Die Ergebnisse der inhaltlichen und formalen Bestimmung der
Phänomenologie der Achtung dienen zur Entwicklung eines
Normenkatalogs für den Tierversuchsbereich, der auf dem Prinzip
der Güterabwägung basiert. Berücksichtigt werden hierbei neben
der Erstellung und Verwendung transgener Tiere auch die problematischen Gebiete des Tierversuchs in der Aus-, Fort- und Weiterbildung und des Tierversuchs in der reinen Grundlagenforschung.
17
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