Die Veränderung der Musikrezeption durch das Web 2.0 und deren

Werbung
Die Veränderungen der Musikrezeption durch das
Web 2.0 und deren Auswirkung auf die Musikpromotion.
Diplomarbeit: Evelyn Hemmer
Diplomarbeitsbetreuer: ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Peter Tschmuck
Universität für Musik und Darstellende Kunst, Wien
Inhalt
Einleitung ......................................................................................... 6
Hypothese ........................................................................................ 8
Methodik und Abgrenzung .................................................................. 8
Einteilung ......................................................................................... 9
I.
Musikrezeption und Musikgeschmack ................................................. 10
1.
Musikrezeption ................................................................................ 10
2.
Musikgeschmack und Musikpräferenzen ............................................. 11
3.
Entwicklung des persönlichen Musikgeschmacks .................................. 13
3.1.
Entwicklung musikalischer Fähigkeiten ............................................... 14
Informationsverarbeitung ................................................................. 14
3.2.
Musikalische Sozialisation ................................................................. 16
Das Elternhaus ................................................................................ 18
Die Jugend- und Schulzeit (Peer Group) ............................................. 19
Das Erwachsenenalter – Ich-Identität ................................................ 21
4.
Musikgeschmack, Lebensstil und Identität .......................................... 22
Ausblick ......................................................................................... 25
II.
Musikrezeption in den Massenmedien ................................................. 26
1.
Massenmedial verbreitete Musik ........................................................ 27
Tonträger ....................................................................................... 28
Das Radio ....................................................................................... 29
Musikfernsehen ............................................................................... 30
Computer und Internet .................................................................... 30
2.
Musik im Spannungsfeld zwischen Medien und Wirtschaft ..................... 32
2
III.
Web 2.0 ......................................................................................... 36
1.
Vom Internet zum Web 2.0............................................................... 36
Begriffsentstehung .......................................................................... 37
Begriffsdefinition und Kritik............................................................... 39
Aktivität im Web 2.0 ........................................................................ 40
2.
Social Software ............................................................................... 40
2.1.
Weblogs ......................................................................................... 43
Trackback, Permalink und Blogroll ..................................................... 44
RSS-Feed ....................................................................................... 45
Blogs und die traditionellen Medien .................................................... 46
Podcast oder AudioBlogs .................................................................. 46
2.2.
Wikis ............................................................................................. 47
2.3.
Social Tagging ................................................................................ 48
2.3.1. Folxonomies ................................................................................... 50
2.3.2. Recommender-Systeme ................................................................... 52
Content-based Filtering .................................................................... 53
Collaborative Filtering ...................................................................... 54
Hybride Ansätze .............................................................................. 55
2.4.
Social Networking ............................................................................ 56
3.
Nutzung von Web 2.0-Angeboten ...................................................... 58
Medienwirkungsforschung ................................................................ 58
Web 2.0-Nutzer............................................................................... 62
The Long Tail .................................................................................. 67
4.
Erfolgsfaktoren von musikspezifischen Web 2.0-Angeboten .................. 70
IV.
Typologie von Web 2.0-Angeboten .................................................... 72
1.
Rezeptionsmöglichkeiten im Web 2.0 ................................................. 72
1.1.
PASSIV .......................................................................................... 73
3
1.2.
INFORMATIV ................................................................................... 75
1.3.
INTERAKTIV: KOMMUNIKATIV und PARTIZIPATIV................................ 75
1.3.1. KOMMUNIKATION ............................................................................ 75
One-one-Kommunikation .................................................................. 76
One-many-Kommunikation ............................................................... 77
1.3.2. PARTIZIPATION............................................................................... 77
User Generated Content - Many-Many-Kommunikation ........................ 78
Profile ............................................................................................ 78
Tagging .......................................................................................... 79
1.4.
PRÄFERENZAKTIV............................................................................ 80
1.5.
PRODUKTIV .................................................................................... 80
Prosuming ...................................................................................... 80
Crowdsourcing und Beta................................................................... 83
2.
Bewertung verschiedener Web 2.0-Angebote ...................................... 84
2.1.
Last.fm .......................................................................................... 84
2.2.
MySpace ........................................................................................ 89
2.3.
SellaBand ....................................................................................... 93
2.4.
Musikspezifische Weblogs ................................................................. 98
V.
Auswirkungen auf die Musikpromotion ..............................................104
Kundenkontakt und Kundenkommunikation .......................................105
Virales Marketing............................................................................106
Kundenbindung ..............................................................................107
Selbstvermarktung .........................................................................108
Schlusswort ............................................................................................110
Literatur .................................................................................................112
4
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Musikalische Sozialisation ....................................................... 17
Abbildung 2: Die Wertschöpfungskette der Musikindustrie ............................. 34
Abbildung 3: Der Begriff Web 2.0 ............................................................... 39
Abbildung 4: Systemgruppen von Social Software ........................................ 43
Abbildung 5: Tagcloud von Last.fm über den Musikers Beck........................... 49
Abbildung 5: Passive und aktive Nutzer in Prozent ........................................ 63
Abbildung 6: Web 2.0-Nutzung durch Erwachsene und 14- bis 29-Jährige /
wöchentliche Nutzung in Prozent aller Onliner .......................... 63
Abbildung 7: Typologie der Nutzer .............................................................. 64
Abbildung 8: The Long Tail ........................................................................ 68
Abbildung 9: Kategorien von Rezeptionsmöglichkeiten .................................. 73
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Vor- und Nachteile von Folxonomies ............................................ 52
Tabelle 2: Grafische Darstellung mittels Harvey Balls .................................... 72
Tabelle 3: Gegenüberstellung der Web 2.0-Angebote ...................................102
Tabelle 4: Sources of Awareness in Prozent für Promotion 2001-2007............104
5
Einleitung
Die Musikindustrie wuchs im 20. Jahrhundert zu einem Industriezweig mit einer
enormen Produktpalette und hoher gesellschaftlicher Relevanz heran. Sie
kontrolliert Radios und Musikfernsehen. Die Programme sind vorgegeben, wir
müssen hören was uns die Musikindustrie „vorsetzt“. Verschuldet durch das
Internet,
rutscht
diese
Industrie
nun
in
die
Krise.
Vom
„digitalen
Paradigmenwechsel1“ und von „digitaler Mediamorphose2“ wird gesprochen. Es
beutet, dass sich etwas tut in der Musikbranche, dass sich die Strukturen ändern
und dass sich die Bedingungen für die Musikrezipienten, für die Musikschaffenden
und für die Industrie ändern.
Dabei haben sich die Änderungen durch das Internet schleichend vollzogen. Zu
Beginn konnte nur mit einem langsamen Modem gesurft und dabei musste
immer die Telefonrechnung im Auge behalten werden. Erst durch die Entwicklung
von einfachen Standards wurde das Web für „normale“ Verbraucher zugänglich
und zur „Gefahr“ der Musikindustrie. Die Nutzer werden immer erfahrener und
verbringen immer mehr Zeit im Internet. Das Web wird als Selbstverständlichkeit
und als vertrauenswürdiges Medium gesehen. Mittels Social Software können
User heute zusammenarbeiten und ihre kollektiven Interessen einbeziehen. Es
wird nicht nur kommuniziert sondern auch Inhalte stehen im Mittelpunkt.
Mit dem Aufkommen des Internets und besonders durch die Vereinfachungen im
Web 2.0 steht uns nun die ganze Musikwelt offen. Chris Anderson, Chefredakteur
des Technologie-Magazins „Wired“ und Autor des Buches „The Long Tail“, meint
zur Musikrezeption im Web 2.0: „Ein Jahrhundert lang haben wir die Spreu vom
Weizen getrennt, um die kostbare Regalfläche, den begrenzten Sendeplatz, die
wenigen Übertragungsmöglichkeiten und die Aufmerksamkeit so effektiv wie
möglich zu nutzen.“3 Heute müssen wir die Hits nicht mehr mögen nur weil es
nichts anderes gibt.
1
2
3
Vgl. Tschmuck 2003
Vgl. Smudits 2002
Anderson 2006 S. 6
6
Dies spiegelt eine sehr subjektive Ansicht der Musikrezeption wider. Es drängen
sich einige Fragen zur kritischen Begutachtung auf: Was ist Musikrezeption und
wie entsteht unser Musikgeschmack? Wie wird Musik in den Massenmedien
rezipiert? Was ist das Web 2.0 und welche Veränderung bringt es? Welche
Möglichkeiten der Musikrezeption stehen uns durch das Web 2.0 offen? Wie
verändern diese Möglichkeiten die Musikindustrie?
7
Hypothese
Durch das Aufkommen von Web 2.0 erhalten Rezipienten von massenmedial
vermittelter Musik, mehr Möglichkeiten zur Musikrezeption und entwickeln sich
dadurch
zu
einem
„Prosumers“:
aktiveren
Konsumenten,
Publikum.
welche
Aus
freiwillig
„einfachen
Hörern“
Informationen
werden
über
ihre
Musikpräferenzen preisgeben und somit als eine Art Produzent die Grundlage der
von ihnen rezipierten Musik bilden. Dadurch, so die Annahme, verändert sich die
Musikpromotion der Industrie grundlegend.
Diese Arbeit setzt sich zum Ziel, die Rezeptionsmöglichkeiten im Web 2.0
aufzuzeigen und zu typologisieren. Diese Klassifizierung dient der Ordnung und
Vergleichbarkeit von musikspezifischen Web 2.0-Angeboten. Der Begriff Aktivität
zeigt sich als entscheidende Größe bei der Musikrezeption und der Bildung des
Musikgeschmacks. Deshalb wird das Web 2.0 anhand von Aktivitätskriterien von
passiv bis produktiv analysiert. Dieser Typologie folgt die Untersuchung
ausgewählte Beispiele von Web 2.0-Angeboten und die Untersuchung der
Auswirkung
auf
Musikrezeption,
die
Musikpromotion.
Musikgeschmack
Im
und
Vorfeld
werden
massenmedial
die
Themen
vermittelte
Musik
aufgearbeitet sowie das Web 2.0 vorgestellt.
Methodik und Abgrenzung
Diese
Arbeit
verschiedensten
beruht
auf
einer
wissenschaftlichen
qualitativen
Disziplinen.
Literaturanalyse
Sozial-,
aus
den
kommunikations-,
kultur- und musikwissenschaftliche Ansichten kommen genauso zur Sprache wie
wirtschaftswissenschaftliche Aspekte. Der empirische Teil in Kapitel IV stützt sich
auf den theoretischen Rahmen der ersten drei Kapitel. Den Kern dieser Arbeit
bildet das selbst entwickelte Analyseschema von Web 2.0-Angeboten anhand von
Aktivitätskriterien und die darauf folgende Analyse von ausgewählten Beispielen.
Gegenstand dieser Arbeit sind die veränderten Rezeptionsmöglichkeiten und
deren Auswirkungen auf die Rezipienten. Es wird dabei auf die Musikindustrie
abseits der Tonträgerindustrie und abseits der Tauschbörsen Bezug genommen.
Diese Arbeit konzentriert sich nicht auf bestimmte Musikgenres, obwohl die
Beschäftigung mit industriell produzierter und massenhaft distributierter Musik in
den einführenden Kapiteln (I, II, III) die Konzentration auf Popmusik nahe legt.
8
Einteilung
Teil I: Der erste Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit dem Begriff der
Musikrezeption und der Entstehung des persönlichen Musikgeschmacks. Dabei
wird klar, dass es sich beim Rezipieren von Musik um eine aktive Tätigkeit
handelt und das nur durch aktives Rezipieren sich der Musikgeschmack ausbildet.
Teil II: Einen großen Anteil an der musikalischen Sozialisation eines Menschen
tragen die Medien. In Teil II wird die massenmedial vermittelte Musik diskutiert.
Die Hauptfunktion der Massenmedien in der Musikindustrie als Promoter wird
aufgezeigt.
Teil III: Im dritten Abschnitt werden die unterschiedlichen Möglichkeiten und die
Besonderheiten des Web 2.0 aufgezeigt. Dabei wird auch auf Erkenntnisse über
die
Nutzer
eingegangen.
Es
zeigen
sich
die
Möglichkeiten
zur
aktiven
Musikrezeption und die tatsächliche Nutzung durch User.
Teil IV: Im empirischen Teil fließen die Ergebnisse der vorigen Kapitel in ein
Analyseschema für Web 2.0-Anwendungen ein. Die Analyse erfolgt durch
definierte Aktivitätskriterien von passiv bis produktiv. Anschließend werden
verschiedene Web 2.0-Angebote anhand dieser Kriterien geprüft.
Teil V: Im fünften Teil der Arbeit wird ein Ausblick in die Zukunft der
Musikindustrie gegeben. Die Erkenntnisse des empirischen Teils werden die
Möglichkeiten der Musikindustrie hinsichtlich der Musikpromotion bzw. der
Musikvermarktung aufzeigen.
Anmerkung: Auf eine geschlechtsneutrale Schreibung wurde in dieser Arbeit
zugunsten einfacherer Lesbarkeit verzichtet. Selbstverständlich sind mit der
maskulinen Verwendungsform stets beide Geschlechter gemeint.
9
I. Musikrezeption und Musikgeschmack
Der erste Teil gibt eine Einführung in die Musikrezeption und diskutiert die
Entwicklung
des
persönlichen
Musikgeschmacks.
Ein
Bezug
zwischen
Musikgeschmack und Medien wird aufgezeigt um in weiterer Folge den Einfluss
von massenmedial verbreiteter Musik auf den Rezipienten zu untersuchen.
Die Wichtigkeit der aktiven Musikrezeption zeigt sich in Kapitel I und dient später
als dem Forschungsinteresse zugrundeliegender Begriff bei der Kategorisierung
des Musikangebots im Web 2.0.
1. Musikrezeption
„Im Sprachgebrauch wird Musikrezeption als Synonym für „Musikhören“
verwendet.
Gleichgültig
ob
ästhetische-historische,
psychologisch-
soziologische oder physiologische Fragen des Musikhörens angesprochen
werden, gleichgültig auch ob der Hörvorgang, der Höreindruck oder das
Musikverständnis des Hörenden Untersuchungsgegenstand ist – überall
taucht in verschiedenen Bedeutungsvarianten der Begriff Musikrezeption
auf.“ (Rösing 1983, S.1)
Unter Musikrezeption wird die aktive Auseinandersetzung von Hörern mit Musik
verstanden. Der Rezeptionsprozess beginnt mit der Zuwendung zum Medium. Im
Mittelpunkt
des
Prozess
steht
die
Hörer–Musik-Interaktion
(vgl.
Charlton/Schneider 1997a, S. 16). Indem die Zuhörer Wissen (erlangt durch
musikalische Fähigkeiten und durch musikalische Sozialisation) an die Musik
herantragen, interagieren sie auf der einen Seite mit der Musik und entwickeln so
die tatsächlich rezipierte Musik, auf der anderen Seite wird diese rezipierte Musik
im Alltag zur Entwicklung des Lebensstils und der Identität benutzt (vgl.
Hechenberger 1999, S. 48). Diese sogenannte Aneignungsphase schließt an die
eigentliche Rezeption an und setzt die Musikerfahrungen und die eigene
Lebenswelt zueinander in Beziehung. Beispielsweise findet diese Aneignung in
Gesprächen mit anderen Personen statt (vgl. Charlton/Schneider 1997a, S. 16).
10
In diesem Sinne ist zwischen Rezeption und Aneignung zu unterscheiden. Die
Rezeption bezeichnet die konkrete Interaktion zwischen Musik und Zuhörer, in
Folge dessen die rezipierte Musik hergestellt wird. Die Rezeption ist mit der
Dauer der Zuwendung identisch. Unter Aneignung ist die Übernahme der
rezipierten Musik in den Alltag und den lebensweltlichen Kontext der Zuhörer
gemeint. Indem musikalische Information in den lebensweltlichen Kontext
gebracht wird, kann neue Bedeutung entstehen, indem der musikalische Code in
einer bestimmten Erlebnisdimension mit Gegenständen, Dingen, Einstellungen,
Wünschen oder Sehnsüchten gekoppelt wird (vgl. Hechenberger 1999, S. 48).
Inhaltlichen konstituiert sich dieser musikalische Code durch die Sozialisation des
Zuhörers als außermusikalischer Faktor, der mit den musikalischen Faktoren
interagiert. Die Musik kann ihrerseits die Rezeption als auch die Aneignung
strukturieren indem sie entsprechende Angebote macht: ein Hit entsteht
beispielsweise, wenn es gelingt, dass sich ein Musikstück im sozialen Netz
spezifischer Zielgruppen mit bestimmten dort zirkulierenden Bedeutungen
verankert. Die Struktur der Musik gestaltet hier zum einen die Interaktion vor,
zum anderen aber ebenso die Aneignung, indem sie auf soziale Kontexte
verweist, die über die Sozialisation vom Zuhörer erlernt werden können (vgl.
Hechenberger 1999, S. 49).
Der Rezeptions- und Aneignungsprozess kann als eine bewusste Beschäftigung
mit Musik verstanden werden. Diese Prozesse helfen bei der Identitätsfindung
und –entwicklung und somit auch bei der Entwicklung des Musikgeschmacks. Die
äußeren Bedingungen der Rezeption haben sich allerdings durch technische
Entwicklungen stark verändert.
2. Musikgeschmack und Musikpräferenzen
Als Musikgeschmack kann man das umfassende Musikkonzept eines Individuums
bezeichnen.
Dieses
Musikkonzept
stellt
die
Grundlage
für
die
Präferenzentscheidungen des einzelnen dar. Musikgeschmack erscheint im
Gegensatz zu Musikpräferenzen als der umfassendere Begriff, Musikpräferenzen
als eine der Möglichkeiten, jenen zu objektivieren. Musikgeschmack wird also
11
mittels der beobachtbaren Musikpräferenzen identifizierbar (vgl. Kunz 1998, S.
21-22).
Grundsätzlich kann man unterscheiden zwischen aktuellen Entscheidungen
(Präferenzen) und langfristigen Orientierungen (Geschmack) bezüglich des
Gefallens von Musik (vgl. Kunz 1998, S. 21-22).
Musikpräferenz bezeichnet etwas oder jemanden, das oder der von jemanden im
Bereich der Musik bevorzugt wird. Es handelt sich um das Erlebnis einer in der
Vergangenheit abgeschlossenen Tätigkeit des Bevorzugens. Musikpräferenzen
sind
somit
als
Rangskala
Präferenzverhalten
(Musikwerke)
oder
kann
auf
des
sich
jeweils
auf
Merkmale
Vorgezogenen
Personen
der
Musik
zu verstehen.
(Musiker)
auf
(Rhythmus)
Das
Gegenstände
beziehen.
Die
persönlichen Präferenzen sind also ausschlaggebend dafür in welches Konzert ich
gehe,
welche
CD
ich
mir
kaufe.
Musikpräferenzen
bezeichnen
das
Entscheidungsverhalten in konkreten Situationen (vgl. Kunz 1998, S. 21-22).
„Sie bilden den Bezugsrahmen für Urteile und Vorurteile, bestimmen die
Selektion von musikalischen Wahrnehmungsinhalten; sie bedingen die
Kontinuität
des
Verhaltens
den
wechselnden
inneren
und
äußeren
Situationen gegenüber; sie fungieren bisweilen auch als Mittel sozialer
Anpassung und/oder Abgrenzung. Musikpräferenzen sind „Entscheidungen
die
Rangskalen
bilden“
indem
sie
Musikstücke
vorziehen
oder
nachordnen.“ (Jost 1982 in Rejzlik 2001 S. 31-32)
Musik rezipieren wir durch die Übertragung mittels technischer Medien, in
öffentlichen Darbietungen wie Konzerten und indem wir selbst musizieren. Bei
der Rezeption realisiert sich unser Musikgeschmack, hier kommt er zur
Anwendung und wird verändert. Erweitern wir unsere Erfahrungsräume können
wir unseren Geschmack verändern, erweitern oder verschieben (vgl. Kunz 1998,
S. 216).
Das Augenmerk dieser Arbeit liegt auf der Änderung der Rezeption von Musik
durch die Medien, genauer gesagt durch das Web 2.0. Das massenmedial
12
dargebotene Musikangebot und eine scheinbar uneingeschränkte Verbreitung
spielen heutzutage bei der Ausbildung von Geschmack eine zentrale Rolle,
trotzdem darf die Sozialisation abseits der Medien nicht außer Acht gelassen
werden.
„Der Begriff Musikpräferenz bezieht sich auf den ersten Blick lediglich auf
die Tatsache, dass Menschen bestimmte Musik mögen, andere hingegen
nicht, dass sie sich gegenüber Musik aber auch tolerant oder gleichgültig
verhalten
können.
Musikpräferenzen
Bei
ein
näherer
Bündel
von
Betrachtung
psychischen
verbirgt
sich
hinter
Phänomenen,
deren
Berücksichtigung unerlässlich ist, wenn man verstehen will, weshalb
Individuen unterschiedliche Musik präferieren, weshalb Menschen „ihr
Geschmack“ so wichtig sein kann.“ (Behne 2002, S. 339)
Deshalb
wird
im
Folgenden
auf
die
Entwicklung
des
persönlichen
Musikgeschmacks bzw. auf die musikalische Sozialisation eingegangen um
danach die Zusammenhänge von Musikgeschmack, Lebensstil und Identität zu
erklären. Die Medien sind Teil der Sozialisation eines Individuums werden aber
hier in einem eigenem ausführlichen Kapitel behandelt.
3. Entwicklung des persönlichen Musikgeschmacks
Bei der Entwicklung des persönlichen Musikgeschmacks sind zwei grundlegend
verschiedene Prozesse zu unterscheiden:
•
Die Entwicklung musikalischer Fähigkeiten
•
Die musikalische Sozialisation bzw. die Orientierung an einem Teil des
verfügbaren Musikangebots
Für den erstgenannten Prozess ist etwa das erste Lebensjahrzehnt anzusetzen.
Die Anfänge des zweiten Prozesses, durch den wir individuellen Musikgeschmack
entwickeln, sind schwieriger auszumachen, seine Höhepunkte sind aber sicherlich
im zweiten Lebensjahrzehnt, also in der Jugend anzusetzen. Für den zweiten
Prozess
lassen
sich
vier
Instanzen
benennen,
die
nacheinander
von
dominierender Bedeutung sind: die Eltern, die Gleichaltrigen (Peer Group), sowie
das Individuum selbst. Als vierte Instanz treten bereits im Vorschulalter die
13
Medien, die durch die Vielfalt ihres Angebots die Einflüsse von Eltern und
Gleichaltrigen abschwächen, modifizieren oder verstärken können. Da die Medien
sich als immer wichtiger werdende Instanz erweisen und ein zentraler Faktor
dieser Arbeit sind, wird ihnen in Kapitel II besondere Aufmerksamkeit gewidmet.
Die Orientierung der eigenen Musikpräferenzen an den Eltern ist in der frühen
Kindheit naheliegend. Spätestens mit der Pubertät beginnt eine zunehmende
Orientierung nach außen, an Gleichaltrigen. Typisch für diese Zeit ist eine
Fokussierung auf wenige musikalische Stilrichtungen und eine Ablehnung der
meisten übrigen Musik, eine Einstellung die sich jedoch in den folgenden Jahren
wieder zu toleranteren Haltungen entwickelt. Wenn schließlich als Ergebnis der
Pubertät Ich-Identität entwickelt ist, kann man eher davon ausgehen, dass
Musikpräferenzen individuellen Bedürfnissen entsprechen, dass sie – nach
allmählicher Übernahme der Erwachsenenrolle – die Persönlichkeit des einzelnen
widerspiegelt (vgl. Behne 2002, S. 345-353).
3.1.
Entwicklung musikalischer Fähigkeiten
Physiologisch gesehen hört jeder Mensch (auch schon vor der Geburt) gleich: die
Schallwellen gelangen durch den äußeren Gehörgang zum Trommelfell. Im
dahinter liegenden Mittelohr verstärken die Bewegungen der drei kleinsten
Knöchelchen des Menschen (Hammer, Amboss und Steigbügel) den Schall um
ein 20-faches, um ihn vollständig an die nächste Station, das Innenohr,
weiterleiten zu können. In der dort befindlichen Chochlea (Schnecke) befinden
sich die Haarsinneszellen (20.000 pro Ohr), die unterschiedliche Aufgaben
haben: Einige verarbeiten hohe Töne, andere tiefe Töne. Diese Haarsinneszellen
sind für die Verstärkung und Umwandlung der mechanischen Schwingungen in
elektrische Impulse verantwortlich, die das Gehirn entlang des Hörnervs
erreichen. Dort werden schließlich die Empfindungen des Gehörs bestimmt (Vgl.
Petsche 2002, S. 630-637).
Informationsverarbeitung
„Das System der Informationsverarbeitung im Gehirn ist zielgerichtet und
soll dem Menschen ermöglichen, sich ein kohärentes Bild seiner Welt zu
14
erarbeiten. Dazu müssen die für das Individuum relevanten Fakten
registriert und irrelevante unterdrückt werden.“ (Peschke 2002, S. 637)
Die Informationsverarbeitung beginnt damit, dass eine Botschaft die Sinnes- und
Wahrnehmungsorgane des Rezipienten erreicht. Angesichts der allgemein hohen
Informationsdichte, bzw. sogar Informationsüberlastung, wird dabei ohne eine
gewisse Aktivierung kaum Bereitschaft beim Rezipienten bestehen, sich von sich
aus einer bestimmten Botschaft zuzuwenden. Unter Aktivierung wird eine
momentane psychologische Reaktion verstanden, die mit emotionalen und
kognitiven
Prozessen
vernetzt
ist.
Momentane
Reaktionen
umfassen
alle
Vorgänge in einer Person, die sich unmittelbar oder im Anschluss an eine
Darbietung einer Botschaft (z.B. Hören eines Musiktitels) abspielen. Sowohl
bewusste als auch vorbewusste Vorgänge sind eingeschlossen.
Es handelt sich dabei um Vorgänge im sensorischen System bzw. um Prozesse
im Kurzzeitgedächtnis: Die Informationen, oder auch nur Teile davon, werden in
dieser Aneignungsphase kondensiert und vereinfacht, so dass sie kurzzeitig
gespeichert werden können. Im Kurzzeitspeicher spielt sich das momentane
Denken ab. Die momentanen Reaktionen einer Person werden jedoch über die
ablaufenden physiologischen Prozesse hinaus auch durch die jeweils bei einem
Individuum bereits vorhandenen psychografischen und soziografischen Merkmale
mit beeinflusst. Schließlich erfolgt ein Abgleich der aufgenommenen Information
mit
dem
bereits
im
Gedächtnis
vorhandenen
Reservoir
an
Kenntnissen,
Erfahrungen, Erlebnissen etc.; hierbei entscheidet sich, ob aufgenommene
Information angemessen integriert werden kann. Wenn eine Integration möglich
ist,
dann
wird
die
Information
Bestandteil des
Gedächtnisses
bzw.
der
Erinnerung, sie gelangt in den Langzeitspeicher. Wenn dies nicht gelingt, dann
verschwindet die Information aus dem Bewusstsein (vgl. Bruhn 2002, S. 439451).
Diese im Langzeitspeicher enthaltenen Interessen können Rezipienten dazu
motivieren, sich von sich aus aktiv bestimmten Medien oder Medieninhalten
zuzuwenden und nicht nur passiv auf die Präsentation beliebiger Botschaften zu
reagieren. In die Klasse von Interessen fällt auch das sogenannte „Involvement“,
bzw. das Engagement, das Individuen einer Botschaft entgegenbringen und mit
15
dem sie bei der Informationsverarbeitung entsprechend vorgehen (vgl. Schenk
2007, S. 246-247).
Je nach Stärke des „Involvements“ des Rezipienten bleiben die Botschaften im
Langzeitgedächtnis gespeichert. Zur Einstellungsänderung führen Botschaften
nur über sogenannte „zentrale Routen“ der Informationsverarbeitung. Zentrale
Routen der Informationsverarbeitung können Personen über Medien beschreiten,
welche gedankliche Anstrengung im Zusammenhang mit einer wahrgenommenen
Botschaft ermöglichen. Der gedankliche Aufwand der vom Rezipienten an das
Medium herangetragen wird, ist in der Regel sehr hoch, so dass eine gewisse
Motivation oder ein Interesse am Gegenstand oder Thema vorausgesetzt werden
muss.
Die
dadurch
entstehende
Einstellung
wird
in
die
vorhandenen
Einstellungen integriert und erweitert diese (vgl. Schenk 2007, S. 260-263). Es
wird deutlich, dass ein persönlichkeitsspezifischer Selektionsprozess stattfindet –
jeder Mensch hört also anders.
Aber nicht nur die physischen Voraussetzungen haben Einfluss auf das
individuelle Musikempfinden und den Geschmack, ganz entscheidend kommt zu
den physischen Fähigkeiten das soziale und musikalische Umfeld als großer
Einflussfaktor
hinzu.
Nach
heutigem
Wissensstand
ist
unbestritten,
dass
musikalische Fähigkeiten sowohl eine Produkt von Erbanlagen als auch von
Umwelteinflüssen
sind
(vgl.
Gembris
1998,
S.
189).
Genau
diese
Umwelteinflüsse stehen im Mittelpunkt einer soziologischen Betrachtung von
Musikrezeption.
3.2.
Musikalische Sozialisation
Die
musikalische
Sozialisation
ist
ein
Teilbereich
des
umfangreichen
Sozialisationsprozesses eines Individuums. Darunter wird das Hineinwachsen in
die musikalische Umwelt und Kultur bzw. der kompetente Umgang mit
musikbezogenen
Erlebens-
und
Verhaltensweisen
wie
z.B.
Rezeption,
Reproduktion, Produktion, Reflexion, Transposition. Ob man auf der Straße die
Musik aus dem MP3-Player genießt, oder nur abends in bestimmten Lokalen
tanzt, ist eine Frage der musikalischen Sozialisation (vgl. Dollase 2005, S. 153155).
16
Zur musikalischen Sozialisation existieren eine Reihe von Modellvorstellungen.
Schwerpunkt
dieser
Modelle
ist
die
Darstellung
der
verschiedenen,
den
Musikgeschmack bedingenden Variablen und deren Beziehungen untereinander.
Problematisch dabei ist, dass die vielschichtigen Zusammenhänge der Variablen
kaum aufzuzeigen sind, da fast immer alles mit allem zusammenhängt. Weiterhin
ist es praktisch unmöglich, alle für die Musiksozialisation relevanten Variablen in
einem Modell zu berücksichtigen.
Dollase versuchte 1986 einen Überblick zu schaffen:
Abbildung 1: Musikalische Sozialisation
Quelle: Dollase 1986 aus Kunz 1998, S. 26
Die Abbildung zeigt die Faktoren, die bei der musikalischen Sozialisation eine
Rolle
spielen.
Neben
den
objektiven
Lebensbedingungen
Geschlecht
und
historische Zeit werden unter dem Oberbegriff Individuum die Lernprozesse der
musikalischen Sozialisation und deren Ergebnisse zusammengefasst.
Diese objektiven Lebensbedingungen formen, steuern und ermöglichen die
persönlichen Aneignungsstrategien eines Individuums in Bezug auf Musik. Das
Individuum, das diese Lernprozesse durchlebt interagiert aktiv in einem
17
dynamischen Prozess mit der Umwelt. Der Mensch wird hierbei grundsätzlich
nicht als rein empfangendes Element im Sozialisationsgeschehen betrachtet,
sondern
als
aktiv
miterlebendes,
aufnehmendes
und
sich
entwickelndes
Lebewesen. Dazu muss der gesellschaftliche Kontext einbezogen und das
verfügbare musikalische Material berücksichtigt werden (vgl. Kunz 1998, S. 2326).
„Wie viel Zeit zum Beispiel für Musik verwendet, wie viel Geld ausgegeben
werden kann, in welchen Situationen sich überhaupt Musik machen oder
hören
lässt
und
verschiedenen
wie
stark
Institutionen
die
musikalisch
(Medien,
Peers,
Handelnden
Schule,
von
den
Elternhaus)
beeinflusst werden, ist entscheidend für die Lernprozesse und die
Konstitution der musikalischen Sozialisation eines Individuums“ (Rösing
1995, S. 352)
Das soziale Umfeld hat also auf die musikalische Entwicklung des Menschen in
seiner musikalischen Sozialisation größten Einfluss. Die wichtigsten Institutionen
- Elternhaus, Peer Group, und Medien werden im folgenden Abschnitt näher
beleuchtet.
Das Elternhaus
Kinder besitzen bereits unmittelbar nach der Geburt musikalische Fähigkeiten,
die verloren gehen, wenn sie nicht in der ersten Zeit unterstützt werden. Die
Anregung
für
die
Entwicklung
musikalischer
Fähigkeiten
erwachsen
aus
sprachlichen und nicht-sprachlichen Vokalisationen der Bezugsberechtigten.
Mit der musikalischen Entwicklung sind folgende Faktoren verknüpft (vgl. ShuterDyson 2002b, S. 307):
•
Eltern singen mit dem Kind
•
Gemeinsames Musizieren
•
Konzertbesuche
•
Musikalischer Hintergrund der Eltern etc.
Kinder, die im Elternhaus Unterstützung beim Erlernen eines Musikinstrumentes
erfahren, nehmen länger und mit größerer Motivation am Unterricht teil. Auch
18
der Bildungsgrad der Eltern spielt dabei eine Rolle. Ein hoher Bildungsgrad erhöht
die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind ein Instrument erlernt (vgl. Bastian 1991).
Geht man davon aus, dass man von Musik, die man selbst gespielt hat,
entscheidend geprägt wird, so ist es nachvollziehbar, dass klassische Musik
wesentlich häufiger von Abiturienten, die klassische Musik produziert haben,
geschätzt wird; Popmusik hingegen eher von Volks- und Hauptschülern, die diese
konsumieren (vgl. Behne 2002, S. 347). Behne weist jedoch explizit darauf hin,
dass Brittin4 in einer Studie 1991 mit klingenden Beispielen aus dem Pop-Bereich
herausfand, dass musikalisch erfahrene Studenten Popmusik durchweg positiver
beurteilen als Unerfahrene. Das Versprachlichungsausmaß scheint in einem
Elternhaus mit gehobenerem Bildungshintergrund größer zu sein, wie auch das
Interesse an Musik und deren Ausübung sowie die Reflexion über das Gehörte.
Offensichtlich gibt es zudem eine lineare Beziehung zwischen musikalischer
Entwicklung und dem sozioökonomischen Status der Eltern. So kann man
festhalten, dass schichtenspezifische Musikpräferenzen u.a. die Funktion einer
Aus- und Abgrenzung haben, denn sie sind Mittel, die von Bourdieu benannten
„feinen Unterschiede“ zu betonen (vgl. Bourdieu 1979)
„In der Tat bekunden „soziale Aufsteiger“ (Studenten aus Arbeiterfamilien)
eine deutlich stärkere Präferenz für klassische Musik, als man anhand ihres
sonstigem sozialen Umfeldes erwarten würde.“ (Behne 2002, S. 347)
Das Elternhaus prägt somit hinsichtlich des Geschmacks, des Interesses und der
Motivation,
sich
mit
Musik
(auch
praktisch)
in
entscheidendem
Maße
auseinanderzusetzen.
Die Jugend- und Schulzeit (Peer Group)
„Musik in der Sozialisation und Persönlichkeitsentwicklung eines jungen
Menschen ist eine besonders große Rolle zuzuschreiben. Sie nutzen die
Musik in weit umfassenderem Maße als Kinder und Erwachsene, sie
definieren sich geradezu über sie.“ (Baacke 1998, S. 13)
4
Brittin, R. V. (1991). The effect of overtly categorizing music on preference for popular
music styles. Journal of Research in Music Education, 39, 143-151
19
Kinder entwickeln untereinander eine eigene Form der Musikkultur. Dies mag
daran liegen, dass die Musik der Erwachsenen den Kindern zu komplex erscheint
und sie daher zunächst in ihrer Komplexität reduzierte Musik in sich aufnehmen,
z.B. Kinderlieder. Sogar von Schule zu Schule oder innerhalb einer Schule gibt es
Unterschiede, die z.B. damit zusammenhängen können, dass die Lehrer mit den
Kindern sehr unterschiedliche Stücke bearbeiten. Wichtig ist, dass der Austausch
untereinander über Musik die (verbalen) Musikpräferenzen beeinflusst und der
Persönlichkeitsentwicklung entscheidende Wendungen über Ge- und Missfallen
herbeiführen kann (vgl. Shuter-Dyson 2002b, S. 308).
Eine der wichtigsten Eigenschaften von Musik im Hinblick auf musikalische
Sozialisation setzt bereits sehr früh ein: Heranwachsende nutzen Musik, um sich
Urteile über andere Menschen in ihrer Umgebung zu machen. Freundschaften
entstehen gerade in der Pubertät auf der Basis gemeinsamer musikalischer
Interessen und Präferenzen. Dabei dient Musikrezeption oftmals als Basis für
interpersonale Kommunikation – jugendliche Unterhaltungen drehen sich häufig
um die neuesten Platten oder Musikvideos. In diesem Zusammenhang spielt auch
das Konzept des Meinungsführers eine bedeutende Rolle. Jugendliche mit einem
überdurchschnittlichen
Interesse
an
Musik,
das
sich
in
einer
überdurchschnittlichen CD- oder MP3-Sammlung äußert, besitzen innerhalb ihrer
Peer Group oftmals eine herausragende Position, da sie als Ratgeber und
Vorreiter in Sachen guten Geschmacks und Stils gelten (vgl. Lull 1985, S. 363372).
Das Gefühl, bei den Gleichaltrigen (Peer Group) „ankommen“ zu wollen, mag
manche
dazu
bringen,
sich
einer
bestimmten
modischen
Musikrichtung
anzuschließen. Umgekehrt gibt es auch Menschen, die sich erst einer Gruppe
anschließen, wenn die Gemeinsamkeiten, in diesem Fall der Musikgeschmack,
feststeht. Hier wird die Person in seiner Meinung verstärkt und kann in der
Gemeinschaft ohne Probleme bestehen. Eine vorherrschende Meinung über einen
bestimmten Stil kann also durchaus ansteckend sein.
Empirische Untersuchungen belegen, dass die musikalische Karriere eines
Menschen in großem Maße davon geprägt wird, was man in der Jugendzeit
gehört hat (vgl. Rösing 2002, S. 373-375).
20
„Empirisch lässt sich zeigen, dass musikalische Vorlieben nicht isolierte
Vorlieben sind, sondern zugleich auch mit einer Reihe anderer Interessen
kovariieren. Wer sich für eine bestimmte Musikrichtung entscheidet, der
teilt mit anderen, die diese Musik ebenfalls mögen, eine Reihe von
psychologischen und sozialen Kennzeichen.“ (Dollase 1998, S. 335)
Mit Hilfe von Musik kommunizieren Jugendliche demnach einerseits innerhalb der
Peer Group und auf der anderen Seite extern mit ihrer Umwelt; sie bietet ihnen
die Möglichkeit, sich symbolisch zu Themen zu äußern, für die sie selbst
eventuell noch keine Worte finden oder die sie beschäftigen.
Das Erwachsenenalter – Ich-Identität
Das Erwachsenenalter ist schwer einzugrenzen. Wo hört die Jugend auf, wo liegt
die Grenze zum Alter? Insgesamt umfasst das Erwachsenenalter einen Zeitraum
von 60 Jahren und mehr. In den vergangenen Jahrzehnten hat eine Ausdehnung
der Jugend bzw. der jugendnahen Lebensphase (Postadoleszenz) und eine soziokulturelle Verjüngung des Erwachsenenalters stattgefunden. Dieses Phänomen
wirkt auch weit in die musikalische Entwicklung hinein. Der Einfluss von
Sozialisierungs- und Lernprozessen auf die musikalische Entwicklung ist in der
Kindheit und Jugend besonders stark und nimmt im Laufe des Erwachsenenalters
ab. Die bereits in Kindes- und Jugendalter vorhandenen Unterschiede in der
musikalischen Entwicklung vergrößern sich mit Beginn des Erwachsenenalters
(vgl. Gembris 2008, S. 164-165).
Lebensorientierung, Bedürfnisse und Werte ändern sich im Laufe des Lebens.
Musikbezogene Freizeitinteressen können (z.B. durch Familiengründung) nicht
mehr in früherem Umfang realisiert werden. Musik wird deshalb weniger
zielgerichtet gehört, Beiläufigkeit und Beliebigkeit im Umgang mit Musik
dominieren. Das noch in der Jugendzeit typische Interesse an Moden und
Strömungen flacht ab. Erst mit dem Ausstieg aus dem Berufsleben ändert sich
dies wieder (vgl. Gembris 2008, S. 184).
Musikpräferenzen und Vorlieben von erwachsenen Musikhörern stehen im
Zentrum
der
Medienforschung,
da
im
Zeitalter
des
Formatradios
die
Gewohnheiten von Musikhörern gleichzeitig die Zielgruppen für die Werbung
21
definieren. Nur wenige Studien beschäftigen sich mit den Präferenzen und dem
Musikgeschmack
im
Erwachsenenalter.
Nach
diesen
Studien
bleiben
die
musikalischen Präferenzen, die jemand im frühen Erwachsenenalter mit etwa 24
Jahren hat, auch für die folgenden Jahrzehnte des Lebens erhalten. Diese
Studien
sind
aber
fast
ausnahmslos
Querschnittsstudien,
welche
nur
Momentaufnahmen verschiedener Altersgruppen vergleichen. Generations- bzw.
Kohortenzugehörigkeit, welche auf Grund unterschiedlicher Prägungen in der
musikalischen Sozialisation, einen erheblichen Einfluss auf den Musikgeschmack
haben, werden mit Einflüssen des Alters vermischt (vgl. Gembris 2008, S. 184).
4. Musikgeschmack, Lebensstil und Identität
Nach Friedemann Schulz von Thun ist das Selbstkonzept die Meinung, welche
man von sich selbst hat (vgl. Schulz von Thun 1982, S. 167). Es entwickelt sich
„als Folge definierender Erfahrungen“ (Schulz von Thun 1982, S. 174), die sich
aufgrund der Kommunikation mit anderen Menschen ergeben. Umgekehrt ist das
Selbstkonzept bzw. Identität wiederum Ursache für die Art und Weise der
Aneignung von Wirklichkeit durch das Individuum.
„Ein Hauptmechanismus des Selbstkonzeptes besteht darin, sich seine
Umwelt selber zu schaffen und bestimmten Erfahrungen ganz aus dem
Wege zu gehen.“ (Schulz von Thun 1982, S. 178)
Unterschiedliche
Selbstkonzepte
sind
also
mitverantwortlich
dafür,
dass
dieselben Informationen von verschiedenen Menschen anders wahrgenommen
werden.
Gerade in der Jugendzeit ist die Suche nach einer eigenen Identität der
entscheidende Bewältigungsaspekt; diese Zeit ist die wichtigste Phase der
Identitätsentwicklung, auch wenn diese das ganze Leben über stattfindet. Vor
allem bietet die (Popular-) Musik den Jugendlichen Leitbilder und Lebensstile an.
Deshalb liegt aufgrund der vielfältigen Funktionen von Musik in diesem
Lebensabschnitt der Gedanke nahe, dass Musik die Identität vor allem von
Jugendlichen prägt (vgl. Erikson 1973, S. 140-141).
22
„Unter Identität im modernen Sinn versteht man das Bewusstsein einer
Person, sich von anderen Menschen zu unterscheiden (Individualität)
sowie über die Zeit (Kontinuität) und über verschiedene Situationen
(Konsistenz) hinweg im Kern dieselbe, durch bestimmte Merkmale
ausgezeichnete Person zu bleiben.“ (Erikson 1966, S. 107)
Dass besonders Musik ein wichtiges Medium zur Identitätsfindung sein kann,
hängt mit den vielfältigen Funktionen von Musik zusammen, die von der
Körperwahrnehmung bis zur Kompensation von seelischen Problemen reichen.
Entscheidend
für
Zusammenhang
weitergehende
die
Identifikationsprozesse
persönliche
Übernahme
ist
der
in
diesem
Lebensstile
und
Weltanschauungen präferierter Musiker/Musikgruppen. Diese äußern sich in der
Rockmusik zum Beispiel durch Liedtexte und Kleidung, aber auch durch den
Musikstil. Die durch die Musik und ihr soziokulturelles Umfeld (welches zumeist
die
Medien
bekanntmachen)
vermittelten
Identifikationsmuster
und
Lebensentwürfe werden durch individuelle Aneignungsprozesse Teil der eigenen
Identität (vgl. Kunz 1998, S. 60).
„Der Musikgeschmack ist eine Komponente des Lebensstils, d.h. Teil eines
Syndroms
mehr
Orientierungen
oder
und
Musikgeschmacks
Menschen.
weniger
kohärenter
Zu-
Verhaltenspraktiken.
verrät
Umgekehrt
daher
lässt
einiges
sich
Die
über
von
und
den
Abneigungen,
Kenntnis
des
Lebensstil
eines
allgemeinen
Mustern
des
Kulturkonsums auf Grundzüge des Musikgeschmacks schließen.“(Otte
S. 25-26)
Es gibt in der Musikwissenschaft Ansätze, welche den Identitätsprozess auf den
Prozess der Entwicklung des persönlichen Musikgeschmacks übertragen. Behnes
Ansatz (vgl. Behne 1975, S. 38) geht beispielsweise auf das Model der
„kognitiven
Dissonanz“
zurück,
in
dessen
Mittelpunkt
die
persönliche
musikalische Erfahrung des Individuums steht:
„Ein
musikalisches
Einstellungen,
hinsichtlich
Konzept
Informationen,
eines
ist
die
Summe
Vorurteilen
bestimmten,
mehr
etc.,
oder
von
die
Vorstellungen,
ein
Individuum
weniger
begrenzten
musikalischen Objektes besitzt.“ (Behne 1975, S. 36)
23
Die „wichtigsten Determinanten bei der Entstehung musikalischer Konzepte“ sind
nach
Behne
„die
vier
Grundfaktoren
Sozialisation
(Umwelt),
Alter
und
Persönlichkeit (Individuum) und die Musik (Material)“ (Behne 1975, S. 38). Die
musikalischen Konzepte steuern die Wahrnehmungsselektivität, die Selektion des
Wahrzunehmenden, die Bereitschaft zur Produktion und Rezeption von Musik.
„Wahrnehmungsselektivität und Selektion des Wahrzunehmenden wirken
über das Hörerlebnis und damit über das musikalische Material wieder
direkt auf das Konzept ein […].“ (Behne 1975, S. 42-43)
Hörerfahrungen, denen man sich willentlich aussetzt, sind durch das bereits
bestehende Konzept determiniert. Neuartige Hörerfahrungen verursachen durch
Rückkopplungsprozesse
Veränderungen des
bestehenden Konzeptes.
Diese
Hörerfahrungen, die mit dem bestehenden Hörkonzept zunächst nicht in Einklang
zu bringen sind, bezeichnet Behne als kognitive Dissonanzen.
Neue Vorstellungen vom Begriff der Identität stellen vermehrt Veränderung und
Vielfalt in den Mittelpunkt. Besonders durch das Web 2.0 weitet sich der Begriff
der Identität aus. Döring schreibt 2003 (S. 325):
„Identität wird heute als komplexe Struktur aufgefasst, die aus einer
Vielzahl einzelner Elemente besteht (Multiplizität), von denen in konkreten
Situationen jeweils Teilmengen aktiviert sind oder aktiviert werden
(Flexibilität). Eine Person hat […] nicht nur eine „wahre“ Identität, sondern
Verfügt über eine Vielzahl von gruppen-, rollen-, raum-, körper-, oder
tätigkeitsbezogenen Teilidentitäten“
24
Ausblick
Zusammenfassend kann man sagen, dass Musikrezeption eine aktive Tätigkeit ist
und zur Ausbildung des Musikgeschmacks führt. Der Musikgeschmack ist nicht
willkürlich, sondern von verschiedenen Faktoren der Sozialisation abhängig.
Darunter
fällt
auch
die
Prägung
durch
die
Medien.
Durch
eine
aktive
Auseinandersetzung mit Musikmedien nehmen wir neue Musik passend zur
Identität auf.
„Medien verändern oder erweitern den Musikgeschmack insofern, als die
Erweiterung der medialen Erfahrungsmöglichkeiten mit der Ausdehnung
der sozialen Kreise korrespondiert. Neue Hörerlebnisse werden erst dann
in die eigene kulturelle Praxis integriert, wenn sie in den relevanten
sozialen Kontext akzeptiert und identitätsstiftend sind, also zu einer
Ressource in sozialen Strategien wurden.“ (Gebesmair 2001, S. 229)
Durch
die
Erweiterung
des
WWW
zum
Web 2.0
werden
die
Aktivitätsmöglichkeiten der Rezipienten, oder nunmehr User, stark erweitert.
Mittels verschiedener Programme können User zusammenarbeiten und ihre
kollektiven (Musik-) Interessen einbeziehen. Es wird nicht nur kommuniziert
sondern auch Inhalte stehen im Mittelpunkt (vgl. Alby 2007, S. 90). Durch diese
Programme entstehen erhebliche Erleichterungen der Publikation eigener Inhalte
und ihre globale Zugänglichkeit. Verlage und Sender verlieren somit ihr Privileg,
darüber zu entscheiden, welche Inhalte wann veröffentlicht werden (vgl.
Niedermaier 2008, S. 59). Dem Musikrezipienten stehen nun um ein vielfaches
mehr Möglichkeiten zur Verfügung sich mit Musik auseinanderzusetzen. Die
verstärkten
Aktivitätsmöglichkeiten
zeigen
sich
im
nächsten
Kapitel
als
entscheidende Veränderung in der Musikrezeption durch das Web 2.0.
25
II.
Musikrezeption in den Massenmedien
Neben den verschieden Sozialisationsinstanzen, welche wir in unserem Leben
durchlaufen, sind wir immer von den unterschiedlichsten Medien begleitet. In den
meisten Medien hat Musik einen erheblichen quantitativen Anteil. Nicht nur
Tonträger und das Musikfernsehen, sondern auch viele andere Medien nutzen
Musik, um ihre Attraktivität sicher zu stellen. So finden sich z.B. in den meisten
Printmedien musikjournalistische Beiträge. Selbst bei so „musikfernen“ Medien
wie dem Telefon ist in der Warteschleife Musik zu hören und selbstgewählte
Klingeltöne
auf
dem
Mobiltelefon
sind
eine
vor
allem
bei
Jugendlichen
vielgenützte Möglichkeit, um das eigene Handy durch zusätzliche Symbolik so zu
gestalten, dass dem jeweiligem Publikum etwas über Status, die Einstellungen,
die Interessen und Gruppenzugehörigkeit des Besitzers mitgeteilt wird (vgl.
Münch; Eibach 2005, S. 462).
Der größte Teil der Musikrezeption findet heute mittels technischer Medien statt.
Als Folge dessen ist ein großer Forschungsbereich entstanden, der sich immer
komplexer gestaltet, da ältere Medien häufig nicht völlig abgelöst werden (vgl.
Münch 2008, S. 267).
Medien werden nicht mehr als ein neutraler Mittler begriffen, durch den die
Inhalte
–
nur
eventuell
durch
Störungen
beeinträchtigt
-
unverändert
transportiert werden, sondern als wesentlicher, wenn nicht entscheidender
Einflussfaktor auf die Medienbotschaft (vgl. Münch 2008, S. 268). Die heutigen
Modelle
sind
ausdifferenziert
durch
Rückkopplungsschlaufen
worden.
Sender
und
und
Empfänger
Zusatzannahmen
sind
nun
stark
gegenseitige
Wirkungsfaktoren, die ihrerseits jeweils wiederum durch eine Vielzahl von
Faktoren beeinflusst werden (vgl. Münch 2005, S. 464).
Medien nehmen neben der Peer Group in der Gestaltung der Identität eines
Menschen eine überaus wichtige Rolle ein. Sie verstärken die Ausbreitung
bestimmter Trends und Einstellungen und sind somit maßgeblich an der
individuellen Identitätsentwicklung beteiligt (vgl. Winterhoff-Spurk 2004, S. 85).
26
Medienwirkungsforscher stehen aber vor der bis heute nur ansatzweise gelösten
Frage,
wie
sich
Musikgeschmack
der
Medienkonsum
des
Rezipienten
auf
Persönlichkeit,
auswirkt.
Gemeinsam
Identität
und
haben
die
unterschiedlichen Studien die Erkenntnis, dass die Wirkung der Massenmedien
nicht
nur
von
den
präsentierten
Inhalten,
sondern
auch
von
der
„Rezeptionssituation und den Rezipientenmerkmalen abhängig ist“ (vgl. Brosius
2006, S. 592). Als Faktor medialer Wirkungszusammenhänge sind auch
komplexe „gesellschaftliche Rahmenbedingungen“ (vgl. Brosius 2006, S. 592) zu
beachten.
Massenmedien sind als Instrumente der Massenkommunikation in der modernen
Gesellschaft jederzeit verfügbar und stellen eine gewaltige Vielfalt an Inhalten
und Informationen bereit, welche abhängig vom Interesse und der Bereitschaft
des Nutzers individuell ausgewählt werden können. Die neuen technologischen
Möglichkeiten
ausübende
erweitern
Künstler
den
und
gestalterischen
Produzenten.
Spielraum
Vor
allem
für
die
Komponisten,
zeitgenössische
elektroakustische Musik und die populärer Musik gewinnen so künstlerische
Impulse. Durch das Internet steigt zwar der Zwang zur billigen Musikproduktion,
wodurch sich eine Veränderung der künstlerischen und technischen Qualität
ergeben könnte, es erhöht aber auch die musikalische Konkurrenz und die
Verbreitungschancen
kleiner
Musikproduktionen
vor
allem
durch
neue,
interessierte, aktive Musikhörer (vgl. Maempel 2008, S. 250).
„Es
gehört
mittlerweile
zur
allgemeinen
geteilten
Auffassung
der
Medienforschung, dass sich die Medienrezeption und –nutzung als aktiver
Prozess bzw. als Aktivität des Zuschauers wie des Publikums beschreiben
und begreifen läßt.“ (Göttlich 2008, S. 384)
1. Massenmedial verbreitete Musik
Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts standen im Zentrum der Musikindustrie
die
Musikverleger
und
Musikveranstalter,
deren
Marktmacht
auf
der
technologischen Basis der Musikaufführung und massenhaften Verbreitung
mittels Musikdrucken beruhte (vgl. Tschmuck 2003, S. 20). Zu dieser Zeit war
die Rezeption von Musik eine äußerst aktive Tätigkeit. Es bestand die Möglichkeit
27
Notendrucke
zu
kaufen
und
zu
Hause
selbst
nachzuspielen
oder
eine
Musikveranstaltung zu besuchen.
Tonträger
Durch die Erfindung des Phonographen von Thomas Alva Edison, der dessen
Zukunft in der Telefonindustrie sah, und der experimentellen Forschung an
Tonträgermedien
durch
Emile
Berliner,
konnten
erste
zufriedenstellende
Musikaufnahmen durchgeführt werden. Somit war der Grundstein für die
massenhafte Produktion von Musik gelegt (vgl. Tschmuck 2003, S. 24-32).
Die Band-Technik hat der Schallplatte in den 1960er-Jahren ein neues Format
industriell gefertigter Musikträger an die Seite gestellt: die Musik-Cassette (MC).
Analoge Umwandlung des Schalls in elektrische Signale wurde in den 1970erJahren durch digitale Technik ersetzt. Sie zerlegt die analogen Signale in eine
Sequenz
zeitlich
eng
aufeinanderfolgender
Daten,
die
im
binären
Code
gespeichert werden. Als Speicherformat dient vor allem die mit Laserstrahl
abgetastete
Compact Disc
(CD)
(vgl.
Blaukopf 2002, S. 176-177). Die
Entwicklung der CD revolutioniert die Tonträgerproduktion Ende der 1990er. Mit
ihr erfährt die Tonträgerindustrie einen neuerlichen Aufschwung durch die
Reproduktion schon vorhandenen Materials. Radio und Fernsehen fungieren als
Promotoren für die Tonträgerindustrie (vgl. Sperlich 2005, S. 45).
Der erste, der sich Gedanken um den Stellenwert der Kunst und ihre wandelnde
gesellschaftliche Bedeutung unter den geänderten Bedingungen der technischen
Aufnahme und massenhaften Wiedergabe machte, war Walter Benjamin, der in
seinem Essay „Das Kunstwerk und seine technische Reproduzierbarkeit“ (1936)
Entwicklungen beschrieb, die zu seiner Zeit zum Teil noch Spekulationen
darstellten, sich jedoch heute – im Zuge der immer weiter um sich greifenden
Ausbreitung des massenmedialen Netzes – größtenteils bewahrheiten.
Walter Benjamins Gedanken beruhen auf der Prämisse, dass durch die
Reproduzierbarkeit das Kunstwerk aus seinem kultischen Kontext gerissen und in
einen alltäglichen Umgang gebettet wird, in dem es Authentizität, Aura und
Originalität und seinen klassischen Autor verliert“ (vgl. Rejzlik 2001, S. 50).
28
Insbesondere auf die Rezeptionsgewohnheiten der Hörer hatte die technische
Vermittlung einen entscheidenden Einfluss. Beim individuellen Abspielen von
Tonträgern erfolgte noch eine aktive Selektion und Hinwendung zur Musik,
welche in Folge des Aufkommens des Massenmusikmediums schlechthin, dem
Radio, zu einer passiven Rezeption eines massenhaft vorgefertigten Programms
führte (vgl. Rejzlik 2001, S. 53).
Das Radio
Durch die Einführung des Rundfunks in den 1920er-Jahren wandelte sich die
Musik zum ersten Mal von der materiellen Form der Schallplatte zu einer
Dienstleistung (Übertragung von Livekonzerten) im Radio (vgl. Tschmuck 2003,
S. 271). Musik und Radio ergänzen sich ideal, da beide den Hörer ausschließlich
auditiv ansprechen. Damit eignen sich die Musik und in der Konsequenz auch das
Radio
hervorragend
zur
sogenannten
Nebenbeinutzung.
Ein
wesentlicher
Unterschied in der Nutzung von Tonträgern zum Radio liegt im Auswahlmodus:
Die eigene Musikauswahl kann und muss ein Hörer aktiv gestalten. Er wählt die
zu hörende CD aus oder erstellt eine Playlist auf dem MP3-Player. Das Radio
muss nur eingeschaltet werden; eine weiter aktive Einflussnahme des Hörers ist
nicht möglich und zumeist auch nicht erwünscht (vgl. Peters 2007, S. 247).
Durch intensiven Radioeinsatz bestimmter Musiktitel entsteht eine wachsende
Vertrautheit mit einem Musiktitel, was zu einer erhöhten Beliebtheit beiträgt.
Hingegen schon sehr beliebte Musik nicht weiter in ihrer Beliebtheit gesteigert
werden kann, da bei wiederholtem Anhören eines Musiktitels oder bei einer
Abfolge sehr ähnlicher Musiktitel, die von den Musiktitel ausgehende, vom Hörer
als positiv empfundene Erregung sinkt. Die Frage zum Einfluss des Hörfunks auf
die Ausbildung von Musikpräferenzen bleibt also strittig (vgl. Münch; Eibach
2005, S. 477).
Dieses Charakteristikum des Mediums Radio, das „Nebenbeihören“, führt dazu,
dass das Musikprogramm immer stärker einen „Hintergrundteppich“ bildet, zur
Stimmungsregulierung dient, und dadurch notgedrungen die Qualität und Vielfalt
der gespielten Musik in Mitleidenschaft gezogen wird. Unterhaltungsmusik im
Hörfunk konnte sich deshalb so erfolgreich durchsetzen, weil sie sich für ein
beiläufiges
Hören
eignet
und
daher
dem
Rezeptionsverhalten
eines
29
Massenpublikums entgegenkommt. Die Radiomusik muss also dem Hörer
vertraut sein und bedarf keiner besonderen Konzentration. Die Wahl möglicher
Musikstile ist damit zwar nicht auf Popmusik beschränkt, dagegen aber sehr wohl
auf massentaugliches und grundsätzlich bekanntes Repertoire (vgl. Rejzlik 2001,
S. 53-55).
Musikfernsehen
Knapp vor dem Radio ist das Fernsehen das meistgenutzte und auch subjektiv
das als am wichtigsten erlebte Medium im Alltag. Programmstudien zeigen für die
Vollprogramme einen Musikanteil zwischen 0,5 und 1,7 Prozent der Sendezeit.
Ein besonders hoher Musikanteil findet sich im sogenannten Musikfernsehen.
Entstanden als Abspielstationen für Videoclips haben sich viele inzwischen zu
jugendspezifischen Vollprogrammen entwickelt (vgl. Münch 2008, S. 275)
Das Musikfernsehen kann einer ähnlichen Kritik, wie der zum Radio unterzogen
werden. Auch hier ist der Rezipient zur Passivität gezwungen.
Computer und Internet
Computer gehören zunehmend zur alltäglichen Ausstattung von Privathaushalten
und des Berufslebens. In über 80 Prozent der Haushalte steht heute mindestens
ein PC (Stand 2006). Die inzwischen fast überall vorhandene Ausstattung der
Computer mit Soundkarten und CD- und DVD-Laufwerken zum Abspielen und
Brennen sowie die zunehmende Zahl an TV- und Radio-Karten haben nicht nur
ihre musikbezogene Nutzung forciert, sondern auch die Ablösung analoger
Geräte zur Aufnahme, Speicherung, Bearbeitung und Wiedergabe von Musik
wurde durch die digitale Technik beschleunigt (vgl. Münch 2008, S. 280).
Mit der Anbindung des Computers an das Internet hat sich der Funktionsumfang
durch neue Möglichkeiten der Kommunikation, Recherche und Publikation
deutlich erweitert (vgl. Münch 2008, S. 282).
Das Internet bezeichnet den Verbund mehrerer Rechner zu einem Netzwerk, in
dem Daten elektronisch ausgetauscht werden können. Der Datenaustausch
zwischen den einzelnen Internet-Rechnern (Servern) erfolgt über die technisch
normierten Internetprotokolle.
30
Der Begriff Internet wird meist gleichgestellt mit dem World Wide Web (WWW) –
dies ist jedoch nur einer mehrerer Dienste des Internets. Das WWW, bzw. „Netz“
ist ein Hypertext – System, durch welches Daten, die auf oben genannten
Servern gelagert sind, mittels eines Webbrowsers dargestellt werden.
„Aufgrund dieses Hypertextprinzips ist das WWW nicht nur ein technisches,
sondern auch ein inhaltliches Verbundsystem. Durch die multimediale
Oberfläche, die einfache Bedienbarkeit, die Vereinnahmung anderer
Dienste
unter
die
einheitliche
Oberfläche
der
Browser
und
die
Bereitstellung massenwirksamer Inhalte hat sich das World Wide Web
(neben
dem
Email-Dienst)
als
wichtigster
Internet-Dienst
etabliert“
(vgl. Eibl; Podehl 2005, S. 173)
Das Internet ist heute in vielfältiger Hinsicht für Nutzer bedeutsam, da es sehr
unterschiedliche Bedürfnisse und Funktionen erfüllen kann. Neben kognitiven
Aspekten wie Informationssuche und –verarbeitung, Befriedigung der Neugierde
und Erlangen bzw. Anwenden von Kompetenzen stehen sozio-emotionale
Aspekte wie soziale Interaktion, soziale und personale Identitäten (vgl. Münch
2008, S. 282).
Die Einführung neuer digitaler Technologien zur Komprimierung von Musik (MP3)
und deren schnelle Verbreitung im Internet lässt die Grenzen zwischen
Reproduktion, Distribution und Rezeption verschwimmen. Musikstücke können
endlos und verlustfrei vervielfältigt werden. Musik wird nach dem erfolgreichen
Produkt CD wieder als Dienstleistung wahrgenommen.
„Die Umwälzungen die sich derzeit in der Musikindustrie ereignen, führen
dazu, dass das Musikgeschäft nicht mehr an den Tonträger gebunden ist,
sondern eine Dienstleistung darstellt, die man über das Internet in
Anspruch nehmen kann.“ (Tschmuck 2003, S. 225)
Größtes Medieninteresse erlangten Online-Tauschbörsen wie Napster, welche es
ermöglichen, bequem und kostenlos, allerdings illegal Musikstücke aus dem
WWW zu beziehen. Abgesehen vom negativen Beigeschmack durch CopyrightVerletzungen, die insbesondere der Tonträgerindustrie Schaden bereiten, bietet
sich die bisher nie dagewesene Möglichkeit, verschiedenste Musikstücke, -stile
31
und Interpreten kennenzulernen. Der große Unterschied zu den Musikmedien
Hörfunk und Fernsehen ist, dass die Musik nicht an den/die passive/n
Rezipienten herangetragen wird, man wird nicht automatisch damit konfrontiert,
sondern man muss erst aktiv danach suchen (vgl. Rejzlik 2001, S. 112-113).
Somit bietet das Internet bisher ungeahnte Möglichkeiten für den, der weiß, was
er sucht, der sich auf Grund von Anhaltspunkten in Musikrichtungen vertiefen
bzw. Neues kennenlernen will. Der Zugang erschwert sich allerdings für
diejenigen, die kaum Zugang zu musikbezogener Information haben oder für die
eine Informationsbeschaffung zu mühsam ist. Auf keinen Fall erreicht ein solches
Medium jene, die von sich aus kein Interesse an Musik haben, sondern sich
passiv verhalten und jene Musik annehmen, die an sie herangetragen wird (vgl.
Rejzlik 2001, S. 113)
2. Musik im Spannungsfeld zwischen Medien und Wirtschaft
Sobald Musik von den Massenmedien transportiert wird, ist sie stets eingebettet
in ein von ökonomischen Aspekten determiniertes Umfeld; in diesem Fall der
Musikindustrie. Die Massenmedien fungieren in der Musikindustrie als Mittler
zwischen
Musikmachern
und
ihrem
Publikum
bzw.
dem
potentiellen
Musikkonsumenten. Denn erst das direkte Hören von Musik schafft die Grundlage
für deren Beurteilung. Diese Beurteilung ist ein wesentliches Kriterium bei der
Kaufentscheidung (vgl. Rejzlik 2001, S. 56-57).
Das Besondere am Musikgeschäft ist, dass Musik hinsichtlich der Massenmedien
zugleich Programminhalt als auch Werbeobjekt ist. Promotion entsteht als
„ungekaufte Werbung“ durch den Einsatz der Musikprodukte im Medienbereich.
Die Industrie hat den Vorteil, dass ihr Produkt durch redaktionellen Einsatz in
Radio, TV, Presse und Internet bekannt gemacht wird. Die Medien haben den
Vorteil, sendefähige Programmbeiträge zu sehr günstigen Kosten (in der Regel
fallen nur Lizenzkosten an) zu erhalten (vgl. Mahlmann S. 136-137).
Die Massenmedien fungieren als Filter, der aus der Vielfalt musikalischer
Produktionen jene herauslöst, die am besten dem wie auch immer antizipierten
32
Massengeschmack gerecht werden. Gefragt ist der kleinste gemeinsame Nenner
für den größtmöglichen Markt (vgl. Gebesmair 2001, S. 227).
Durch diese enge Verknüpfung zwischen Medien und Wirtschaft ist die Promotion
mittlerweile zur Hauptaufgabe der Musikindustrie avanciert. Die Vermarktung
von Künstlern, nicht nur in verschiedenen Ländern, sondern auch über mehrere
Medienplattformen hinweg, ist sehr kostspielig und wurde bisher nur von den
international tätigen Majors erfolgreich praktiziert (vgl. Biegmann; Jakob 2008
S. 97-98).
Promotion ist nicht gleich Werbung, sondern es handelt sich hierbei um den
Einsatz von Musikproduktionen in den Medien. Da es sich nicht um offensichtliche
Werbung handelt, ist die Glaubwürdigkeit beim Konsumenten hoch. Promotion
wird der Werbung vorgereiht, da Musikkäufer dazu neigen, Produkte erst zu
kaufen, wenn sie diese bereits aus den Medien kennen. Werbung wird zur
Verstärkung der Promotion zeitlich später eingesetzt. Allerdings stimulieren
Werbung und Promotion nicht nur legale Verkäufe (vgl. Mahlmann 2008 S. 143).
Die Kernaufgabe der Musikindustrie, ihre Künstler in den Medien zu promoten,
ergab sich Ende der 1940er-Jahre, als sich kleine, unabhängige Plattenlabels mit
kleinen, unabhängigen Radiostationen verbanden. Das wiederholte Abspielen von
Musikstücken durch die Radiostationen wurde zum wichtigsten Instrument der
Verkaufsförderung von Tonträgern. Das führte zu einer neuen Machtverteilung
innerhalb der Musikindustrie. Durch Musikvideos und Konzerttourneen wurde der
Tonträgermarkt weiter angekurbelt und die Kosten für die Promotion weiter
gesteigert (vgl. Tschmuck 2003, S. 320).
Seit den 1950er Jahren spricht man von einer symbiotischen Beziehung zwischen
Tonträger- und Radioindustrie. Die Radiostationen sind von der Plattenindustrie
abhängig, da sie mit den Produkten die Hörer an ihre Sender binden, mit denen
wiederum potentielle Werbekunden angelockt werden. Die Plattenindustrie ist
vom Radio abhängig, da es die wichtigste Werbeplattform von Tonträgern
darstellt (vgl. Gebesmair 2008, S. 154).
Durch die hohe Kostenintensität (die Rate von Erfolgen zu Flops steht 1:10)
konzentriert sich der Markt auf einige große Player, genannt Majors, die
33
wiederum nur ein Teil von internationalen Medienkonglomeraten sind, um die
ganze Wertschöpfungskette zu integrieren (vgl. Steinauß; Gmelin; Günnel 2008
S. 31).
Abbildung 2: Die Wertschöpfungskette der Musikindustrie
Kunde
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Tschmuck 2003 S. 305-326
Die heutigen 4 Majors (Universal, Warner, EMI, SONY-BMG) teilen sich den
Tonträgermarkt mit den unabhängigen, kleinen Independent-Labels. Im globalen
Maßstab stehen die Majors für mehr als 70 Prozent des Weltmarktes. Noch
stärker als die wertmäßige Dominanz ist die überwiegende Präsenz der Majors
bei der strategisch wichtigen Airtime (Sendezeit) im Radio. Die Bedeutung dieser
Kenngröße ist darin begründet, dass bei mehr al 75 Prozent aller CD-Käufe die
Kaufentscheidung durch das Hören von bestimmten Titeln im Radio beeinflußt
ist. Der Versuch, diese Airtime für das eigene Label auszubauen, resultiert teils in
der Anwendung illegaler Methoden – genannt Payola („pay for play“) (vgl.
Steinkrauß; Gmelin; Günnel 2008, S. 31).
Im
Zeitalter
der
Globalisierung
zielen
die
Strategien
der
Musik-
und
Medienkonzerne auf die weltweite Vermarktung einiger weniger, mit riesigem
Aufwand produzierter und promoteter Megaacts ab. Insofern tendieren die
Massenkommunikationsmittel dazu, einen relativ engen Massengeschmack, der
auf Superstars und Megaacts gerichtet ist, zu „produzieren“. Das Geschäft ist Hitgetrieben und dominiert von Personen-Marken. Die Musikindustrie und die
Medien konzentrieren sich auf kurzfristige Erfolge, wenige Superstars und
Vermarktungsformate wie „Starmania“ in Österreich oder „Deutschland sucht den
Superstar“ in Deutschland.
Dabei wird aber die Symbiose zwischen Radio- und Tonträgerindustrie gefährdet.
Die Tonträgerindustrie beklagt, dass die Sender ihre Playlisten (Listen der in
jeder Woche zum Einsatz kommenden Musiktitel) zu sehr einschränken und sich
34
in ihren Formaten angleichen und daher kaum noch als Werbeplattform für neue
Musikproduktionen von Nutzen sind (vgl. Gebesmair 2008, S. 153).
Mittlerweile führt die aufwendige Promotiontätigkeit aber trotzdem dazu, dass ein
großer Teil der Kosten eines Labels auf Marketing- und Promotionkosten (23
Prozent) zurückzuführen sind. Den kleinsten Anteil in der Kostenstruktur der
Majors mit 2 Prozent macht der Bereich Artist & Repertoire, dessen Aufgabe das
Entdecken und der Aufbau von Künstlern ist, aus. Diese geringen Ausgaben
spiegeln
die
mangelnde
Produktpolitik
wider,
aber
auch
die
wachsende
Unzufriedenheit der Kunden, welche sich in sinkenden Absatzzahlen ausdrückt
(vgl. Jakob 2008 S.78).
Die immer größer und komplexer werdenden Systeme der Medienkonglomerate,
sind von subjektiver Einschätzung oder Intuition im Entscheidungsprozess rund
um Musikproduktionen vollkommen entkoppelt und Neuerscheinungen hängen
von Marktforschungsdaten ab. Werber und andere Investoren erwarten eine
hohe Planungssicherheit, deren Erfolg sich in Quoten ausdrückt. Gemessen wird
aber nur die Quantität und nicht die Qualität. Doch das System Quote ist ebenso
bedroht
wie
das
Geschäftsmodell
der
Musikwirtschaft.
Die
gesamte
Kommunikationsindustrie befindet sich in einer Phase revolutionärer Erneuerung.
Die digitale Technologie verändert sämtliche Medienformate, denn sie bietet
Raum für zig neue Kanäle und vor allem die Einbeziehung des Konsumenten (vgl.
Renner 2004, S. 211-215).
„Das alte Modell „ein Sender – viele Empfänger“ ist aufgehoben. Der
Konsument emanzipiert sich, ist in Form von Internetforen und Weblogs
selbst längst der Sender. Das neue Modell „viele Sender – viele
Empfänger“ inflationiert die Währung Quote.“ (Renner 2004, S. 215)
35
III. Web 2.0
Die starke Präsenz des Wortes „Web 2.0“ im derzeitigen medialen Geschehen ist
kaum zu übersehen. „Web 2.0“ als populäres, mediales Schlagwort bezeichnet
das Netz in seiner derzeitigen Erscheinungsform. In Anlehnung daran tauchen
eine Vielzahl an Begriffen auf, wie etwa „Education 2.0“5 oder „Music 2.0“6.
Durch
die
Verwendung
Softwareherstellung
üblich
von
Versionsnummern
sind,
impliziert
(2.0),
der
Begriff
welche
in
Web 2.0
der
eine
Weiterentwicklung. Es wird somit suggeriert, dass das bisherige Internet oder
„Web 1.0“ nicht ganz optimal war und, dass sich etwas Gravierendes geändert
hat (vgl. Alby 2007, S. 17-19). Trügerisch erweist sich der Begriff in zweierlei
Hinsicht: Erstens gibt es keinen genauen Zeitpunkt der Entstehung des Web 2.0
und zweitens befindet sich das Web 2.0 in einer ständigen Erneuerung und
Weiterentwicklung ohne dass man sich eine neue Version zulegen muss.
1. Vom Internet zum Web 2.0
Ermöglicht
wurde
diese
Erweiterung
vor
allem
durch
die
technischen
Weiterentwicklungen des letzten Jahrzehnts. In den 1990er-Jahren des letzten
Jahrhunderts war es anfangs unmöglich, große Datenmengen zu bewegen, da
über Telefonleitungen nur ein gewisses Datenvolumen (z.B.: 56 KB/s Modem)
transportiert werden konnte. Gleichzeitig war man telefonisch nicht erreichbar.
Dargestellt wurden hauptsächlich textbasierte Inhalte, um den Ladevorgang zu
minimieren.
Dies veränderte sich zwar mit der Einführung von ISDN–Leitungen Musikdateien,
Videos oder andere speicherintensive Inhalte anzuzeigen/abzuspielen war jedoch
zeitaufwendig und daher auch wenig attraktiv bzw. noch immer relativ teuer.
Erst die flächendeckende Einführung von leistbaren Breitbandanschlüssen bot die
Grundvoraussetzung für eine größere Bevölkerungsbeteiligung. Pauschaltarife für
5
6
http://hubpages.com/hub/Education20 Abruf am 31.08.2008
http://www.music20book.com/ Abruf am 31.08.2008
36
Internetverbindungen, sogenannten Flatrates, bieten unbegrenzten Austausch
von Dateien aus und ins Internet. Auch der Aufbau von im WWW angezeigten
Seiten hat sich durch Anwendungen wie „Java Skript“ grundlegend geändert:
Seiten werden nicht jedes Mal neu aufgebaut, sondern nur Teilinhalte neu
geladen.
Durch die nun günstige Möglichkeit der Übertragung von datenintensiven
Inhalten, wie Musikstücke, und einer neuen Generation von Internetnutzern,
welche
schon
mit
Computern
aufgewachsen
ist,
steigt
die
Anzahl
der
Internetnutzer (vgl. Berge; Bueschnig 2008, S. 24).
Begriffsentstehung
Der Begriff Web 2.0 wird Dale Dougherty (O’Reilly Media) und Craig Cline
(MediaLive)
zugeschrieben,
die
2004
eine
Konferenz
namens
„Web 2.0
Conference“7 abhielten (vgl. Szugat 2006, S. 14-15). Es ging darum, die
Prinzipien zu identifizieren, welche die Firmen teilen, die den Crash der New
Economy überlebt haben und heute erfolgreich sind. O´Reilly formulierte in
seinem Initialbeitrag zum Web 2.0 diese 7 Prinzipien (Für das Folgende vgl.
O´Reilly 2005):
1. The Web as Platform – das Web ist definiert als zentrale Informations- und
Kommunikationsplattform, die das Erzeugen von Anwendungen und
Inhalten ermöglicht, die auf Basis offener Standards und Protokolle
untereinander integrierbar und miteinander vernetzbar sind.
2. Harnessing Collective Intellegence – Darunter versteht O´Reilly, dass die
Kumulation von Information in Gruppen oft zu besseren Aussagen und
Entscheidungen führen kann als die, die ein Einzelner treffen kann. Dies
wird auch als „Wisdom oft the Crowds“ (Gruppen- und kollektive
Intelligenz) bezeichnet.
3. Data ist the next Intel Inside – Die Kumulation, Aggregation und
Vernetzung von Informationen bzw. Daten ist wesentlicher als die
Funktionalitäten einer Anwendung. Daraus können im Sinne des Prinzips
7
www.web2con.com
37
der
Grundintelligenz
marktbeherrschende
Positionen
aufgrund
von
Netzwerkeffekten entstehen.
4. End oft the Software Release Cycle – Web 2.0-Anwendungen bzw.
webbasierte Dienste stellen keine kommerzielle Standardsoftware dar.
Dienstleistungen
(Integration
von
„Mashups“
in
andere
Internetanwendungen) sind von größerer Wichtigkeit als Softwareprodukte
nach definierten Release-Zyklen. Die Softwareentwicklung bezieht nun
auch die Nutzer mit ein.
5. Lightweight-Programming-Models – Einfache und flexibel änderbare ITArchitekturen und Entwicklungsframeworks sind aufgrund des zuvor
beschriebenen
Prinzips
im
Zuge
laufender
Veränderungsprozesse
unabdingbar.
6. Software Above the Level of Single Device – Resultierend aus der
Konvergenz von Kommunikationsmedien sollten nicht nur PCs sondern
auch mobile Endgeräte Web 2.0 Anwendungen unterstützen. Die Software
soll die Grenzen einzelner Geräte überschreiten.
7. Rich User Experience – Anwendungen sollten benutzerfreundlich ähnlich
Desktop-Anwendungen sein und zusätzlich ergonomische Merkmale (Drag
& Drop) beinhalten.
Eineinhalb Jahre später hat sich der Begriff Web 2.0 durchgesetzt, Google findet
hierzu inzwischen 75,5 Millionen Treffer (Stand: 8.11.2008). Aber es existiert
immer noch große Uneinigkeit darüber, was Web 2.0 nun genau bedeutet. Einige
halten es für ein bedeutungsloses Schlagwort aus dem Marketing, andere
akzeptieren es als neue allgemeingültige Beschreibung eines Phänomens.
Die Mindmap von Markus Angermeier auf der Hompage http://nerdweb.com
visualisiert die vielschichtigen Verstrickungen und Prinzipien des Web 2.0.
38
Abbildung 3: Der Begriff Web 2.0
Quelle: http://nerdwideweb.com/web20/index.html#web20en, 12.06.2008
Begriffsdefinition und Kritik
Die Dehnbarkeit des Begriffs Web 2.0 führt zu heftigen Diskussionen und die
Definition von Tim O’Reilly ist weitgehend umstritten (vgl. Niedermaier 2008, S.
60).
Kritik am Begriff Web 2.0 kommt unter anderem auch vom „Begründer des World
Wide Web“, Tim Berners–Lee:
„Web 1.0 was all about connecting people. It was an interactive space, and
I think Web 2.0 is of course a piece of jargon, nobody even knows what it
means. If Web 2.0 for you is blogs and wikis, then that is people to
people. But that was what the Web was supposed to be all along“8.
Berners-Lee zufolge war das WWW von Beginn an als Kommunikationsmittel
zwischen Menschen gedacht – dies bedeutet für ihn keine besondere Erneuerung.
Anwendungen, die durch den Begriff Web 2.0 zusammengefasst sind, beruhen im
Grunde
nicht
auf
neuen
Ideen,
sondern
auf
der
Möglichkeit
höherer
Datenübertragung für eine immer größer werdende Teilnehmeranzahl (vgl.
Kienitz 2007, S. 15 und vgl. Alby 2007, S. 2).
8
Berners-Lee, Tim (28.07.2006). Interview. URL:
http://www-128.ibm.com/developerworks/podcast/dwi/cm-int082206.txt Abruf am 12.09.2008
39
In dieser Arbeit wird das Web 2.0, in Anlehnung an Tim O’Reillys Definition, als
eine Plattform der kollektiven Intelligenz, welche Software über Gerätgrenzen
hinweg bereitstellt (Software wird nicht vom Rechner aus gestartet, sondern ist
als Web-Anwendung vom Browser aus zu bedienen), verstanden. Es werden
damit vor allem dynamische Webseiten, deren Inhalt benutzergeneriert ist
assoziiert. Der Nutzer avanciert somit vom passiven Empfänger zum aktiven
Produzenten, seine Gewohnheiten werden sich nachhaltig verändern (vgl. Kienitz
2007, S. 14).
Aktivität im Web 2.0
„Das Web 2.0 umfasst Internet-Anwendungen und –Plattformen, die die
Nutzer aktiv in die Wertschöpfung integrieren – sei es durch eigene
Inhalte, Kommentare, Tags oder auch nur durch ihre virtuelle Präsenz.
Wesentliche
Dynamik.
Merkmale
Zugleich
Konventionen
die
sind
wird
somit
jedoch
Interaktivität,
durch
Interoperabilität
Dezentralität
gemeinsame
sichergestellt
Standards
und
damit
und
und
die
Zusammenarbeit räumlich und zeitlich verteilter Nutzer überhaupt erst
möglich.“ (Hass, Walsh, Kilian 2008, S. 7)
2. Social Software
Social Software wird als Schlagwort für verschiedene Anwendungen und
Entwicklungen
dem
Begriff
Web 2.0
zugeordnet
oder
mit
diesem
sogar
gleichgesetzt (vgl. Richter; Koch 2007, S. 7).
Ebenso wie der Begriff Web 2.0 ist auch der Begriff Social Software nicht genau
definiert. In dem viel zitierten Web 2.0-Artikel Tim O´Reillys taucht lediglich der
Begriff Social Networks auf, und im amerikanischen Wikipedia-Eintrag werden
Social Networks als Unterkategorie der Social Software angesehen. Der Begriff
Social Software selbst wird in der Regel für Systeme genutzt, mit denen
Menschen kommunizieren, zusammenarbeiten oder auf irgendeine andere Art
interagieren können (vgl. Alby 2007, S. 89).
40
Das
breite
verschiedene
Spektrum
Weise
von
Social
Software-Anwendungen
strukturieren.
Schmidt
(2006,
S.
lässt
41)
sich
auf
führt
zur
Strukturierung beispielsweise drei Basis- Funktionen des Einsatzes von Social
Software an:
•
Informationsmanagement: Ermöglichung des Findens, Bewertens und
Verwaltens von (online verfügbarer) Information
•
Identitätsmanagement: Ermöglichung der Darstellung von Aspekten seiner
selbst im Internet
•
Beziehungsmanagement: Ermöglichung Kontakte abzubilden, zu pflegen
und neu zu knüpfen
Von Alby (2007, S. 90) wird der Begriff mit der Bestimmung, dass Social
Software den Aufbau und das Selbstmanagement einer Community fördern und
unterstützen muss, eingegrenzt. Eine solche Software sollte es der Community
außerdem erlauben sich selbst zu regulieren.
In der Praxis bietet Social Software ihren Nutzern eine Vielzahl von Funktionen
zur Unterstützung von Zusammenarbeit. So können diese beispielsweise im
Rahmen von Kontaktnetzwerken ihre Freundschaften pflegen, durch Nutzung von
Foren Wissen austauschen und es bieten sich ihnen die Möglichkeiten, ihre
Informationen zu ordnen und diese Ordnung anderen Nutzern zugänglich zu
machen (vgl. Richter; Koch 2007, S. 8).
Diese Beispiele machen deutlich, dass der Begriff Social Software in gewisser
Weise irreführend ist: Nicht die Software an sich ist sozial, sondern diese Qualität
entsteht erst im gemeinsamen, sinnhaft auf andere bezogenen Gebrauch einer
spezifischen Anwendung (vgl. Schmidt 2006, S. 40).
Social Software stellt den Menschen und sein Bedürfnis nach Beziehungen in den
Vordergrund. Der Wunsch, mit anderen Menschen über eigene Meinungen,
Erfahrungen
und
Erkenntnisse
zu
kommunizieren,
gehört
gemäß
der
Maslowschen Bedürfnispyramide zu den Grundbedürfnissen jedes Menschen
(Soziale Bedürfnisse). Social Software wird diesem Anliegen gerecht, indem sie
die
zwischenmenschliche
Kommunikation
über
das
Netz
verbessert.
Gleichermaßen kann Social Software als Instrument zur Selbstverwirklichung
(Bedürfnis nach Selbstverwirklichung) dienen und zur sozialen Anerkennung
41
(Ich-Bedürfnisse)
beitragen
–
zwei
weitere
Grundbedürfnisse
aus
der
Maslowschen Bedürfnispyramide (vgl. Szugat 2006, S. 108 und Kasper 1996, S.
233).
Die Wichtigkeit von Social Software-Programmen zeigt sich in der steigenden
Bedeutung
von
Online-Angeboten,
die
betont
interaktiv
und
partizipativ
ausgerichtet sind, indem sie Usern erlauben kostenlos Material bereitzustellen.
Beispielsweise ist Wikipedia zum Standard-Nachschlagewerk geworden und auf
YouTube werden täglich über 100 Millionen Filmsequenzen angesehen (vgl.
Niedermaier 2008, S. 60-61).
Innovation und Integration
Eine Besonderheit der Social Software-Anwendungen ist die starke Rückkopplung
des Innovationsprozesses: Viele Programme befinden sich in einem Stadium des
„perpetual beta“, werden also gemeinsam mit den Nutzern (weiter-)entwickelt.
Innovationen
in
diesem
Bereich
werden
dadurch
unterstützt,
dass
viele
Entwickler die Schnittstellen ihrer Programme offen legen, um die Kombination
mit anderen Anwendungen zu ermöglichen, oder das gesamte Programm als
Open-Source-Projekt entwickeln, das für Modifikationen und Weiterentwicklungen
durch andere zur Verfügung steht.
Kombination erfolgt im Bereich der Social Software auch durch die Integration
verschiedener einzelner Anwendungstypen. So existieren beispielsweise Dienste,
die
Funktionalitäten
von
Weblogs
und
Kontaktplattformen
miteinander
verbinden: Die Nutzer von MySpace können andere Nutzer als ihre Freunde
deklarieren
und
Weblog-Einträge
verfassen,
denen
sie
unterschiedliche
Sichtbarkeitslevel zuweisen.
Aufgrund dieses spezifischen Zusammenspiels von Nutzungspraktiken und
technischen Innovationen ist das Feld der Social Software hoch dynamisch; seine
Anwendungen befinden sich in unterschiedlichen Stadien der Institutionalisierung
(vgl. Schmidt 2006, S. 6).
Bevor im Folgenden konkret auf die unterschiedlichen Anwendungsmöglichkeiten
und Nutzenpotentiale von Social Software eingegangen wird, soll hier bereits ein
Überblick über die Systemgruppen vorgestellt werden.
42
Abbildung 4: Systemgruppen von Social Software
Informationsmanagement
Wikis
Social Tagging
Weblogs
Social Networking
Identitätsmanagement
Beziehungsmanagement
Quelle: Eigene Darstellung nach Schmidt 2006
2.1.
Weblogs
In den Anfängen des Internets konnte man sich über private Homepages oder
über moderierte Foren im Internet mitteilen. Auf Foren konnte diskutiert,
bewertet
und
geurteilt
werden.
Auf
Homepages
wurden
eigene
Inhalte
dargestellt. Diese Publikationsmöglichkeit war aber nicht für eine schnelle
Änderung ausgelegt. Abgesehen davon, dass man HTML erlernen musste,
verfügten nur wenige über die Möglichkeit HTML-Dateien direkt über ein
Terminalfenster auf einen Internetserver zu verändern.
Erst mit den aktuellen Blog-Systemen wurde das Erstellen von Dokumenten
vereinfacht. Die Barriere, selber zu publizieren, ist gefallen (vgl. Alby 2007, S.
25-26).
Ein Weblog (auch kurz Blog genannt) ist eine Webseite mit rückwärts
chronologisch sortierten Beiträgen (meist Texte und Bilder, in wachsenden Maße
auch andere multimediale Inhalte wie Ton- oder Videodokumente), beginnend
mit dem aktuellsten Beitrag auf der Startseite dem ältere Beiträge folgen.
43
Der Begriff „Weblog“ setzt sich zusammen aus dem Begriff „web“ und „log“
(Protokoll oder Logbuch). Ein Blog ähnelt in gewisser Weise einem Tagebuch
oder Journal, nur, das es im WWW veröffentlicht wird. Die Gesamtheit aller
Websites wird Blogosphäre genannt (vgl. Alby 2007, S. 21).
Um Beiträge (Posts) zu veröffentlichen bedarf es keiner Kenntnis einer
Programmier- oder Auszeichnungssprache. Stattdessen kann der Blogger seinen
Artikel nach dem WYSIWYG (What you see is what you get)-Prinzip ebenso
einfach publizieren, wie er einen Text in einem Textverarbeitungsprogramm
schreiben kann (vgl. Richter; Koch 2007, S. 14).
Ein Blog ist aber mehr als ein im Internet geführtes Tagebuch. Die meisten Blogs
bieten neben den Inhalten zusätzliche Funktionen, über welche die meisten
„normalen“ Webseiten nicht verfügen. So ist es in vielen Blogs möglich, dass die
Leser des Blogs Beiträge kommentieren. Partizipation ist hier das Stichwort: die
Leser sollen nicht einfach nur lesen, sondern sie sollen teilnehmen, den Autor auf
Schwachstellen hinweisen und weitere Aspekte des Themas aufgreifen.
Kritiker meinen, dass Blogs nichts anderes als Foren seien, nur dass sich die
Forumsteilnehmer auf viele Blogs verteilen. Der Unterschied zu einem Forum ist
aber, dass nicht jeder Besucher eine neue Diskussion starten kann, da der
Originalbeitrag
der
Ausgangspunkt
jeder
Diskussion
ist.
Weiters
ist
die
Persönlichkeit des Bloggers stilbestimmend (vgl. Alby 2007, S. 21).
Trackback, Permalink und Blogroll
Eine auf klassischen Webseiten nicht vorhandene Funktion ist der Trackback.
Diese Funktion informiert eine Blog-Software, wenn auf einen Eintrag des Blogs
in
einem
anderen
Blog
Bezug
genommen
wird.
Trackbacks
sind
den
Kommentaren nicht nur ähnlich, weil sie oft wie die Kommentare unter dem
Originaltext mit einem Textauszug des Bezug nehmenden Blogs vermerkt
werden. Vielmehr stellt der Trackback auch inhaltlich einen Kommentar dar, auch
wenn dieser in einem anderen Blog veröffentlicht wird (vgl. Alby 2007, S. 2223).
Eine weitere, neue Funktion sind Permalinks; darunter wird die Webadresse
verstanden, unter der ein einzelner Eintrag permanent aufgerufen werden kann.
44
Jeder Eintrag erhält seine eigene Adresse. So können einzelne Beiträge leicht
weiterempfohlen werden. Trackbacks und Permalinks haben zu einer guten
Vernetzung
untereinander
verholfen,
sodass
sich
neue
Themen
schnell
ausbreiten können. Durch derartige Verlinkungen können zwischen den Blogs
thematische Bezüge hergestellt werden und Themencluster entstehen. Zusätzlich
kann der Blogger durch eine Blogroll (eine Liste mit Links) auf eigene Quellen
und andere, seiner Meinung nach lesenswerte Blogs hinweisen und damit
zusätzlich zur gegenseitigen Vernetzung beitragen. Ein Link auf der Blogroll
drückt also in der Regel eine, von einem spezifischen Beitrag unabhängige,
generelle Empfehlung eines Blogs aus (vgl. Schmidt 2006, S. 41).
RSS-Feed
Für einen interessierten Blogger bedeutet es einen nicht unerheblichen Aufwand
bei der Vielzahl an angebotenen Informationen interessante Neuerscheinungen
zusammenzutragen. Denn auch wenn der Nutzer die Weblogs kennt, die er
verfolgen möchte, dann muss er diese immer noch regelmäßig („von Hand“)
aufrufen und prüfen, ob es neue Einträge gibt. Hier greift das XML18-basierte
Syndizierungsverfahren RSS ein. Dabei handelt es sich um eine Technik, die es
dem Nutzer ermöglicht, die Inhalte einer Webseite – oder Teile davon – zu
abonnieren
oder
in
andere
Webseiten
zu
integrieren.
Die
benötigten
Informationen werden von den jeweiligen Webseiten automatisch in Form eines
„RSS-Feeds“ (d.h. durch die Bereitstellung der Daten im RSS-Format) abgerufen.
So kann ein User durch die Nutzung von Feedreadern (z.B. Online- RSS-Reader,
Browser, Mail-Programme) auf jeweils neu erschienene Artikel eines Weblogs
oder eines Newsdienstes zugreifen ohne jede Website extra aufrufen zu müssen
(News-Aggregation). Zusätzlich stehen ihm stets die aktuellsten Informationen
zur Verfügung. Dabei ist ein RSS-Abonnement nicht auf reine Text-Inhalte
beschränkt. Auch Audio- oder Video-Inhalte (Podcasting) können via RSS
abonniert werden. Somit bildet RSS eine Grundlage zur Verbesserung der
„Awareness“, da die Nutzer schnell und einfach über aktuelle Ereignisse „auf dem
Laufenden“ gehalten werden (vgl. Richter; Koch 2007, S. 15-16).
45
Blogs und die traditionellen Medien
In Europa genießen Blogs noch nicht die Popularität wie in Amerika, dennoch
nehmen sie in mehrerer Hinsicht Einfluss auf die traditionellen Medien. Zum
Beispiel lesen Journalisten Blogs, um sich Neuigkeiten und Informationen für
eigene Berichte zu besorgen. Blogging-Software ist zum großen Teil mit
suchmaschinenfreundlichen Funktionalitäten ausgestattet, wodurch Blogs oft auf
Suchergebnisseiten höher gelistet sind als die Webseiten der anderen Medien.
Gleichzeitig stehen den traditionellen Medien nicht mehr Möglichkeiten zur
Verfügung als den Bloggern, sie haben nicht mehr Platz im Browser-Fenster und
ihre Seiten laden auch nicht schneller. Der entscheidende Vorteil ist aber die
aktuelle Berichterstattung in Bezug auf lokale oder sehr spezielle Themen.
Im Zusammenhang mit der Blogosphäre wird auch vom „Triumph der Amateure“
gesprochen und die Qualität der Berichterstattung kritisiert. Ein Beispiel, welches
der Kritik entspricht, handelt von einem Video der Band „Grup Tekkan“, das von
Matthias Oborski 2006 entdeckt und auf seinen Blog gestellt wurde. In diesem
Videoclip rappen die drei Jugendlichen „in sagenhaft ungelenk nachgeahmter
Hip-Hop-Pose und radebrechenden Deutsch“ ein Liebeslied. Durch eine schnelle
Verlinkung des Videos in der Blogosphäre wurde das Video innerhalb von Tagen
vier Millionen Mal allein auf YouTube angesehen. Fasziniert von der Faszination
der Massen griffen die professionellen Medien das Musikstück und die Darsteller
auf, gipfelnd in einem Auftritt bei Stefan Raabs Sendung „TV-Total“ und einer
CD-Veröffentlichung wenige Tage später (vgl. Friebe; Lobo 2006, S. 188-189).
Podcast oder AudioBlogs
Ein Podcast ist eine Art Radiosendung, die in den meisten Fällen kostenlos im
Internet veröffentlicht wird. Jeder kann einen Podcast erstellen und publizieren.
Podcasts werden oft als AudioBlogs (Blogs welche Audiodateien beinhalten)
bezeichnet, wobei die Abgrenzung nicht genau definiert ist.
Podcasting ist eine Zusammensetzung aus dem Namen des populären MP3Players „iPod“ von Apple und dem englischen Wort „Broadcasting“ (Sendung,
Übertragung). Podcasts können wie Blogbeiträge über RSS-Feeds abonniert
werden, sodass Neuigkeiten automatisch aus dem Web geladen werden (vgl.
Alby 2007, S. 73).
46
2.2.
Wikis
Wikis
sind
Anwendungen,
die
das
gemeinsame
und
(in
der
Regel)
gleichberechtigte Editieren von Textdokumenten im Internet unterstützen; durch
ein System der Versionskontrolle können Änderungen am Text von allen Nutzern
nachverfolgt und gegebenenfalls ergänzt oder rückgängig gemacht werden. Das
wohl bekannteste Wiki ist die Online-Enzyklopädie „Wikipedia“; darüber hinaus
kommen Wikis vor allem im Bereich der Projektdokumentation und des
Informationsmanagements zum Einsatz (vgl. Schmidt 2006, S. 39).
Die wesentliche Stärke eines Wikis ist der geringe Editieraufwand, da die Seiten
von jedem Besucher ohne besonderen Aufwand innerhalb von Sekunden
veränderbar und kommentierbar sind. Daher auch der Name, denn „wiki wiki“ ist
hawaiianisch für schnell. Die einzelnen Seiten und Artikel eines Wikis sind durch
(interne) Links miteinander verbunden, so dass Schlagwörter gegebenenfalls
schnell weiter recherchiert werden können.
Die Einfachheit der Nutzung liegt darin, dass der Text einer Wiki-Seite eigentlich
ohne Kenntnis von Auszeichnungssprachen wie HTML erstellt oder geändert
werden kann. Grundsätzlich genügt reiner Text. Um den Text lesbarer und
gegliedert zu gestalten, können zusätzlich Zeichenkombinationen verwendet
werden, die dem eingeschlossenen Text eine Formatvorlage zuweisen oder
Verweise definieren. Die Gesamtheit dieser Zeichenkombinationen wird als WikiSyntax bezeichnet und unterscheidet sich je nach verwendeter Wiki-Software.
Allen Dialekten ist jedoch zu eigen, dass sie sehr viel einfacher aufgebaut sind als
HTML. Diese Beschränkung auf das Wesentliche ermöglicht einer großen Gruppe
von Menschen mit wenig Lern- und Schreibaufwand an diesem System
teilzuhaben (vgl. Richter; Koch 2007, S. 19).
Die Entscheidung, welche Personen zu einem Wiki beitragen können, ist von
besonderer Bedeutung für die Qualitätskontrolle der Texte. Bei Wikis mit großer
Nutzerbasis - exemplarisch zeigt dies Wikipedia - kann die Kontrolle der Qualität
von gemeinsam erstellten Texten durch Prinzipien der Selbstorganisation erreicht
werden: Bei kleineren Gruppen kann es sinnvoll sein, zusätzliche Maßnahmen der
Moderation zu etablieren. Spezifische Funktionen der Software, beispielsweise die
47
Versionsgeschichte (die den Vergleich verschiedener Fassungen eines Dokuments
erlaubt),
unterstützen
die
Zusammenarbeit
und
machen
es
möglich,
Fehlinformationen auch wieder zu korrigieren. Im Vergleich zu Weblogs tritt der
Aspekt des Identitätsmanagements, also der Präsentation einer individuellen
Persönlichkeit, bei Wikis in den Hintergrund (vgl. Schmidt 2006, S. 44-46).
2.3.
Social Tagging
Inhalte mit beschreibenden Wörtern, so genannten Tags, zu markieren, ist eine
gängige Methode, Inhalte für zukünftige Navigation zu organisieren, zu filtern
oder zu suchen. Gemeinschaftliches Indexieren ist am sinnvollsten, wenn die
Menge an Inhalt zu groß ist, um zentral klassifiziert zu werden. Im Gegensatz zu
hierarchischen Systemen - Begriffe ausschließende Taxonomien - schließen
tagging-basierte Systeme die Gesamtheit aller Begriffe ein. Grundlegendes Ziel
des Taggens ist das Management von Wissen.
Der
Prozess
des
Wissensmanagements
beinhaltet
grundsätzlich
das
Kategorisieren und Bezeichnen von Inhalten, die schließlich in Sinnbildung
resultieren. Wissensgenerierung wird jedoch zusätzlich durch soziale Faktoren
beeinflusst: Der Austausch von Erfahrungen mit anderen macht diese nahezu
allgemeingültig in einer bestimmten Kultur oder Gruppe, wodurch sich ähnliche
Methoden des Organisierens und Managen von Wissen entwickeln. Gesellschaften
sind in diesem Zusammenhang in der Lage, kollektiv Wissen zu organisieren und
Aktivitäten zu koordinieren. Das Social Web ist infolgedessen als „sozial“
definiert, da nicht nur der Einzelne seine Bookmarks einsehen kann, sondern die
Gesamtheit der Benutzer. Sehr oft wird auf tagging basierten Seiten auf kürzlich
hinzugefügte Inhalte und Tags referenziert, die zusätzlich darauf verweisen wer
diese erstellt hat und wie viele weitere Personen diese gemeinsam haben. Auch
Kategorien wie „most popular“ URLs bzw. Verlinkungen zu Benutzern mit
ähnlichen Interessen werden angeboten (vgl. Golder; Huberman 2008, S. 1-3).
User können sich somit mit Leichtigkeit zwischen Objekten, Autoren, Tags und
Indizes bewegen. Wenn eine große Anzahl an Personen sich innerhalb sozialer
Software beteiligen, können Möglichkeiten entstehen, die das Benutzerverhalten
48
in
der
Weise
verändern,
dass
Taggen
zu
neuen
Organisations-
und
Navigationssystemen führen (vgl. Morville; Rosenfeld 2006, S. 77).
Während es bei den Webverzeichnissen nahe liegt, die Kategorien und Items
ganz einfach etwa anhand von Eindrücken oder Hierarchiebäumen visuell
darzustellen, erfordert dies bei einer scheinbar chaotischen Ansammlung von
Begriffen wesentlich mehr Kreativität. Die bisher gängigste Methode sind die
sogenannten „Tagclouds“. Diese sind ein typisches visuelles Merkmal von
Web 2.0-Anwendungen. Man versteht darunter eine Zusammenstellung von
Tags, die einem Objekt verliehen wurde. Die Logik dahinter ist ziemlich intuitiv:
Je häufiger ein Tag unter sämtlichen Schlagworten vorkommt, desto höher ist
sein Gewicht für den gesamten Webauftritt. Fügt man dann sämtliche Tags als
Link (meist alphabetisch) in einer Liste zusammen, sieht man sofort, welche
Schlagworte am häufigsten verwendet werden: Je höher die Gewichtung des
Wortes, desto dichter oder farbiger erscheint es in der „Wolke“ (vgl. Ebersbach;
Glaser; Heigl 2008, S. 130).
Abbildung 5: Tagcloud von Last.fm über den Musikers Beck
Quelle: Last.fm; http://www.lastfm.de/music/Beck/+tags
Ein zusätzlicher Zweck der Tagclouds ist die inhärente Drill-Down-Funktion, die
es den Usern erlaubt sich weitere Interpreten anzeigen zu lassen, die ebenfalls
durch Benutzer zur selben Kategorie hinzugefügt wurden (vgl. Cripe 2007, S. 7).
Die Grundidee von „Social Software“ liegt in der Selbstorganisation der Benutzer.
Unter Sozialer Software werden Anwendungssysteme, die aufgrund neuer
Entwicklungen im Bereich der Internettechnologie und Nutzung von Netzwerkund Skaleneffekten indirekte und direkte zwischenmenschliche Interaktion auf
breiter Basis ermöglichen und deren Beziehung im WWW abbilden und
49
unterstützen. Lediglich wenige Konventionen regeln das gemeinsame Handeln
auf diesen Plattformen. Die Nutzung der Dienste wird für die Benutzer so einfach
wie möglich gestaltet und bietet für den Einzelnen wie auch für die Gruppe
möglichst großen Nutzen (vgl. Richter; Koch 2007, S. 4).
2.3.1.
In
den
Folxonomies
Anfangszeiten
des
WWW
waren
Verzeichnisse
von
Webseiten
unverzichtbar um sich im Netz zurechtzufinden. Zum einen standen die WebSuchmaschinen zu dieser Zeit ganz am Anfang, zum anderen kannten Benutzer
Verzeichnisse wie die Gelben Seiten schon aus der Offline-Welt und konnten ihr
Wissen schnell auf die Online-Welt übertragen. So war „Yahoo!“ zunächst nichts
anderes als eine Sammlung von Bookmarks, aus der ein Verzeichnis von
Webseiten wurde (vgl. Alby 2007, S. 115).
Die Einordnung von Webseiten in ein Verzeichnis geschieht anhand eines
festgelegten
hierarchisierten
Klassifikationsschemas,
einer
sogenannten
Taxonomie. Eine Fußballseite gehört in die Kategorie Fußball, die in der Kategorie
Sport zu finden ist. Menschen kategorisieren jedoch sehr unterschiedlich aus
ihrer eigenen subjektiven Perspektive (vgl. Alby 2007, S. 115-116).
Das Wort „Folxonomy” ist eine Zusammensetzung der Wörter „Folk” (Englisch für
Menschen,
Leute)
und
„Taxonomy”.
Im
Gegensatz
zu
einer
Taxonomie
klassifizieren die Benutzer Objekte wie Bookmarks oder Fotos selbst, indem sie
sie mit sogenannten Tags versehen. Ein Tag ist ein Schlagwort oder mehrere
beschreibende Begriffe für ein Objekt.
Der Vorgang des Annotierens bringt den Nutzern einen Mehrwert, da einerseits
das Auffinden der eigenen Ressourcen erleichtert wird, andererseits es dadurch
leicht möglich wird, ähnliche neue interessante Ressourcen zu finden. Im
Gegensatz zu herkömmlichen Suchmaschinen funktioniert dies für Textinhalte
gleichermaßen gut wie für Bilder, Videos oder andere nichttextuelle Inhalte (vgl.
Jäschke 2006, S. 1)
Die populärsten Web 2.0-Dienste werden von den Usern nicht nur dazu genutzt
um Inhalte zu produzieren, sondern auch um den Content zu erschließen. Da
50
manche Autoren ihre Dokumente wechselseitig korrigieren bzw. fortschreiben,
spricht man in diesem Zusammenhang von „kollektiver Intelligenz“. Hierzu
gehört auch die freie Schlagwortvergabe durch Tags und die Indexierung durch
„Tagging“ (vgl. Peters; Stock 2008, S. 77-78).
Die Zusammenfassung aller, von Usern zugeordneten Tags, wird schließlich als
Folxonomy bezeichnet und ermöglicht über das User-Interface die Suche bzw.
Anzeige über alle Dimensionen. Dem eingeloggten Benutzer werden die von ihm
upgeloadeten Daten samt zugeordneten Tags angezeigt. Ein Klick auf eine
Ressource zeigt diejenigen User, die gleiche Daten eingetragen haben und deren
hinzugefügte Verschlagwortung. Schließlich zeigt ein Klick auf ein Tag jene
Ressourcen, die einem Tag zugeordnet sind (vgl. Priss; Polovina; Hill 2007, S.
284)
Der entscheidende Unterschied zu einer Taxonomie ist, dass keine Kategorien
von irgendeiner Instanz vorgegeben sind; jeder entscheidet selbst, welche Tags
verwendet werden, denn primär geht es darum, dass der Benutzer selbst seine
Daten findet. Gleichzeitig werden die Objekte nicht in einen Kategorienbaum
eingeordnet; im Gegensatz zu einer Taxonomie entsteht bei einer Folxonomy
keine Hierarchie; alles wird auf einer Ebene abgelegt (vgl. Alby 2007, S. 121).
Folxonomies können als schwache Onthologien aufgefasst werden, wobei Tags
durch Benutzer und Ressourcen miteinander verbundene Konzepte darstellen
und Benutzer und Ressourcen als Instanzen der Konzepte betrachtet werden
(vgl.
Jäschke
2006,
S.
2).
Gerade
diese
spezifischen
strukturellen
Netzwerkeigenschaften erklären, warum Folxonomies ihre Mitglieder faszinieren.
51
Tabelle 1: Vor- und Nachteile von Folxonomies
Vorteile
•
Spiegeln
die
Nachteile
Sprache
der
Nutzer
•
Fehlendes kontrolliertes Vokabular
authentisch wider
•
Erlauben verschiedene Interpretationen
•
Verschiedene Levels der Indexierung
•
Sind
der
•
Vermischung von Sprachen
Möglichkeit,
•
Versteckte paradigmatische Relationen
eine
günstige
Form
Inhaltserschließung
•
Sind
die
einzige
Masseninformationen
im
Web
zu
bleiben ungenutzt
erschließen
•
Sind Termquellen für die Entwicklung
und
Pflege
von
Onthologien
•
und
bibliographischen Tags und Aboutness-
kontrollierten Vokabularien
•
Tags
Geben die Qualitätskontrolle an Nutzer
•
weiter
•
Erlauben
Fehlende Trennung von formalen bzw.
Spam–Tags, nutzerspezifische Tags und
andere uneindeutige Schlagworte
konkretes
Suchen
und
•
Browsing
Verschmelzung von Ofness, Aboutness,
Ikologie und Isness
•
Berücksichtigen Neologismen
•
Tragen
dazu
bei,
Communities
zu
identifizieren
•
Geben eine Basis für RecommenderSysteme
•
Sensibilisieren
Nutzer
für
die
Inhaltserschließung
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Peters; Stock 2008 S. 38-39
2.3.2.
Recommender-Systeme
Recommender-Systeme sind Hilfsmittel für den einzelnen Nutzer, um Überblick
im Chaos der Vielzahl an Produkten bzw. Objekten im Web zu schaffen. Es
bezeichnet eine Software, deren Aufgabe darin besteht, dem Benutzer auf
Grundlage seiner Präferenzen eine Empfehlung, z.B. für einen Artikel, ein Band
oder
einen
Song
zu
geben.
Recommender-Systeme
sind
Verfahren
der
Ähnlichkeitsbestimmung zwischen Interessensprofilen einzelner Nutzer. Dazu
benötigt es zum einen die ungefilterten Hintergrunddaten und als weiteren Input
Informationen über den Nutzer. Das Recommender-System ist ein Algorithmus,
52
der beide Daten kombiniert und als Ergebnis personalisierte Empfehlungen
generiert (vgl. Mürzl; Riemenschneider 2008, S. 2-3).
Empfehlungssysteme werden vor allem in Applikationen wie Webstores, OnlineCommunities oder Music-Player verwendet. Sie berechnen, ob der User ein
spezielles Objekt bevorzugt; oder das System identifiziert eine Reihe von
Objekten, die für den Benutzer interessant sein könnten (vgl. Mortensen 2007,
S. 8).
„Social resource sharing systems are web-based systems that allow users
to upload their resources, and to label them with arbitrary words, so-called
tags. The systems can be distinguished according to what kind of
resources are supported. Flickr, for instance, allows the sharing of photos,
del.icio.us the sharing of bookmarks, CiteULike and Connotea the sharing
of bibliographic references, and Last.fm the sharing of music listening
habits” (Jäschke 2006, S. 1)
„Content-Based“ Filtering und „Collaborative“ Filtering sind zwei unterschiedliche
Algorithmen, die in diesem Zusammenhang verwendet werden.
Content-based Filtering
Content-Based Filtering (CBF) analysiert die Ähnlichkeiten von Objekten (z.B.
Dokumenten), indem das System bestimmte Parameter bzw. Eigenschaften
misst und diese mit Eigenschaften weiterer Elemente vergleicht. Dem Anwender
werden, z. B. wenn er ein Dokument über ein bestimmtes Thema gelesen hat,
weitere Dokumente diesbezüglich angeboten (vgl. Heymann 2004, S. 3-4).
In diesem Fall werden Produkte anhand ihrer unterschiedlichen objektiven
Eigenschaften
klassifiziert
und
entsprechend
ihrer
Eigenschaftsausprägung
bewertet. Daraufhin versucht das CBF-System auf Grundlage der objektiven
Eigenschaften und Ausprägung auf die Präferenz des Nutzers bezüglich dieser
Objekte zu schließen. Im Anschluss daran werden die Objekte in eine
Rangordnung gebracht, die der tatsächlichen Rangordnung des Nutzers möglichst
nahe kommen soll. Von Bedeutung ist hierbei die relative Präferenz der Objekte
53
untereinander und nicht die Präferenz des einzelnen Objektes (vgl. Büttner 2008,
S. 2-3).
Vorteilhaft im Bezug auf CBF ist die einfache Erweiterung von neuen Elementen
im System, wenn die zu messenden Parameter, z. B. durch Volltextsuche, direkt
erfassbar sind. Neue Elemente können dementsprechend den vorhandenen
Kategorien zugeordnet werden. Ein Nachteil dieser Methodik besteht darin, dass
der Entscheider grundsätzlich keine neuen Elemente empfehlen kann, da sich die
Struktur auf die Ähnlichkeit von Elementen bezieht und somit die Empfehlungen
auf die vorhandenen Vorlieben des Nutzers bezieht. Neuentdeckungen bzw.
Angaben zur Qualität von Elementen werden vom System nicht unterstützt.
Zudem können Elemente trotz hoher Schlüsselwortanzahl durchaus semantisch
unterschiedliche Bedeutung haben (vgl. Heymann 2004, S. 3-4).
Collaborative Filtering
Der Ansatz des Collaborative Filtering (CF) vergleicht die ausgewählten Elemente
und schlägt dem Benutzer Elemente vor, die andere Teilnehmer in diesem
Zusammenhang ausgewählt haben. Die Methode sucht nicht nach ähnlichen
Elementen,
Ähnlichkeiten
sondern
zwischen
nach
Benutzern
Benutzern
mit
werden
ähnlichem
ermittelt,
Geschmack.
indem
das
Die
System
vergangene Entscheidungen aller Teilnehmer miteinander vergleicht und jene
Teilnehmer auswählt, die eine große Anzahl gleichartiger Entscheidungen
getroffen haben (vgl. Mortensen 2007, S. 10-12). Eine metaphorische Analogie
wäre die Empfehlung eines Freundes, der den Benutzer sehr gut kennt, und ihn
auf eine Neuigkeit aufmerksam macht.
Vorteile des CF bestehen darin, dass dem Benutzer Elemente empfohlen werden
können, die keinerlei Ähnlichkeit mit den bereits ausgewählten Elementen haben.
Nachteilig ist die so genannte „Cold-Start“-Problematik, die besagt, dass (neue)
Elemente schlichtweg nicht empfohlen werden können, wenn noch keine
Bewertung vorliegt. Des Weiteren sollte das Benutzerprofil hinreichend bekannt
sein, um eine qualitativ hochwertige Empfehlung geben zu können. Nur auf Basis
von einer Vielzahl bereits ausgewählter Elemente, d.h. aktiver Beteiligung, kann
54
das Empfehlungssystem ausreichend ähnliche Teilnehmer finden (vgl. Heymann
2004, S. 3-4).
Ein Problem von CF liegt in der Vertrauenswürdigkeit von Empfehlungen. Der
Nutzer weiß nicht, warum ein bestimmtes Objekt empfohlen wurde. Auf Basis
von
geschätzten
bzw.
möglicherweise
unvollständigen
Daten
werden
Empfehlungen seitens Benutzer abgegeben, die vollkommen korrekt, jedoch auch
vollkommen falsch sein können. Deshalb gibt es weitere Ansätze von CF, die
diese Unschärfe verringern: (Für Folgendes vgl. Mortensen 2007, S. 11-12)
Memory-based (user-based) CF
Memory-based CF versucht aufgrund aller bereits empfohlenen Objekte von
Usern
Empfehlungen
abzuleiten.
Dabei
werden
die
dem
aktiven
Empfehlungsempfänger am ähnlichsten Nutzer mittels verschiedener Methoden
identifiziert („nearest-neighbour“). Dieser Ansatz erfordert hohen Aufwand an
Rechenzeit und Speicher, um die Nachbarschaft zweier Empfehlungsempfänger
zu bestimmen, da die Gesamtheit der Nutzer-Objekt-Matrix auf mögliche
Ähnlichkeiten
geprüft
werden
muss.
Zusätzlich
ist
die
Sicherung
der
Benutzerprofile mit Risiken verbunden (vgl. Büttner 2008, S. 9-10).
Model-based CF
Das Model-based CF erstellt aufgrund des gesamten Datenbestandes ein
beschreibendes Modell von Nutzern, Objekten und Bewertungen. Das Modell wird
meist offline über mehrere Stunden bzw. Tagen aufgebaut. Empfehlungen
werden aufgrund von Abfragen dieses Modells errechnet. Anstatt die Ähnlichkeit
von Benutzern zu bestimmen und daraus Empfehlungen zu erstellen, nutzt das
Model-based CF Gleichartigkeit von Objekten (vgl. Mortensen 2007, S. 14).
Hybride Ansätze
Hybride Systeme versuchen durch Kombination der beiden zuvor beschriebenen
Ansätze die jeweiligen Nachteile zu beseitigen. Beispielsweise wird die Methode
des CF angewendet, wobei das Problem des „Cold-Start“ durch content-basierte
Komponenten behoben wird. Für jeden Teilnehmer werden gegebenenfalls
sowohl reale Einträge bzw. Bewertungen als auch „Pseudo-Bewertungen“
55
gespeichert.
Werte
dieser
Pseudo-Entscheidungen
orientieren
sich
an
Bewertungen, die der Teilnehmer tatsächlich für inhaltlich verwandte Elemente
abgegeben hat. Daraufhin werden diese, aufgrund von CF-Elementen als so
genannte „Nachbarn“ identifiziert und aufgrund der Ähnlichkeit zur Empfehlung
herangezogen (vgl. Heymann 2004, S. 5-6).
2.4.
Social Networking
Bei Social Networking-Anwendungen hat der User die Möglichkeit, ein eigenes
Profil
zu
erstellen,
welches
persönliche
Informationen
(Alter,
Wohnort,
Interessen, Foto, etc.) und Kontaktdaten beinhaltet. Dieses Profil ist dann für
andere Nutzer (meist unter verschiedenen, selbstbestimmten Einschränkungen)
zugänglich (vgl. Richter; Koch 2007, S. 27).
Eine Social Networking-Software bietet dem Nutzer vielfältige Funktionen. So
wird auch im Rahmen dieser Netzwerke die Tagging-Technik, angewandt auf
Personen, eingesetzt und der Nutzer kann Profile mit ähnlichen Interessen
finden. Verbesserte Navigation, stärkere Strukturierung und benutzerspezifische
Einstellungen hinsichtlich der Freigabe persönlicher Daten fördern zusätzlich die
Bereitschaft solchen Netzwerken beizutreten. Die grafische Gestaltung der
jeweiligen
Seite
und
die
Veröffentlichung
eigener
Inhalte
werden
durch
Standardbausteine erleichtert (vgl. Richter; Koch 2007, S. 27).
Das strukturierte Abfragen der Information in Formularen hat den Vorteil, dass
man im Netzwerk über eine erweiterte Suchfunktion speziell nach bestimmten
Gesichtspunkten filtern kann. Das gesamte Netzwerk profitiert daher davon,
wenn die Mitglieder möglichst viel von sich preisgeben.
Zu den Profileingaben kann optional ein Foto hochgeladen werden. Wird kein
Foto hochgeladen, erscheint ein „Dummy“, dass den User stets daran erinnert,
dass sein individuelles Foto noch fehlt. Das Profilfoto spielt eine weitere wichtige
Rolle. Es fungiert sehr oft als Icon, das heißt es wird symbolisch mit dem Namen
zusammen gezeigt, wenn jemand eine Nachricht schickt, oder einen Beitrag im
Forum liefert, so dass der Nutzer sofort sieht um wen es sich handelt (vgl.
Ebersbach; Glaser; Heigl 2008, S. 85-87).
56
Die
Verknüpfungen
zu
anderen
Profilen
werden
auf
den
Plattformen
unterschiedlich realisiert. Meist müssen beide Seiten einwilligen, damit ein
Kontakt hergestellt werden kann. Diese Kontakte sind dann für alle Mitglieder
sichtbar. Wenn man ein Profil eines anderen Mitgliedes betrachtet, wird durch die
Visualisierung der Kontakte angezeigt, über wie viele Kontakte das Mitglied
verfügt (vgl. Ebersbach; Glaser; Heigl 2008, S. 88-89).
Es
wird
klar,
dass
es
sich
beim
Social
Networking
um
eine
Art
der
Selbstdarstellung handelt, welche bewusst von den Usern genutzt wird um
bemerkt zu werden. Selbstdarstellungen im realen Leben finden in realen,
räumlichen Umgebungen statt und sind den dort geltenden Gesetzmäßigkeiten
unterworfen. Dies bedeutet, dass es beispielsweise nicht möglich ist, sich als
anonymer Mensch durchs Leben zu bewegen. Der Körper ist immer mit
physischer Präsenz verbunden, sendet Zeichen und wird zum hauptsächlichen
Träger der Selbstdarstellung (vgl. Misoch 2004, S. 51-52). Virtuelle Identität
kennzeichnet sich durch die vollständige mediale Vermittlung aller Zeichen. Alles
was man von sich preisgeben will, muss man auch bewusst eingeben und
versenden. Unbewusste Selbstdarstellungen, wie z.B. Stottern oder Erröten,
fallen weg. Durch den Kontrollgewinn werden den Individuen neue Möglichkeiten
gegeben das eigene Selbst selektiv in der virtuellen Welt zu präsentieren (vgl.
Misoch 2004, S. 130-132).
Obwohl es den Teilnehmern in sozialen Netzwerken hauptsächlich darum geht,
wahrgenommen zu werden, braucht es zum Networking doch auch inhaltliche
Anknüpfungspunkte. Diese zeigen sich in den großen Communities durch das
Herausbilden von Gruppen. Jedes Mitglied hat generell die Möglichkeit, eine
eigene Gruppe zu eröffnen. Die Gruppen sind meistens eigene kleine Plattformen,
die über eine Mitgliederverwaltung, Foren, Blogs und Umfragetools verfügen (vgl.
Ebersbach; Glaser; Heigl 2008, S. 89).
Social Networking kann in verschiedene Social Software-Programme integriert
sein (z.B. last.fm), ist aber auch oft die Hauptfunktion eines Anbieters (z.B. Xing,
Facebook, studivz).
57
3.
Nutzung von Web 2.0-Angeboten
Die Nutzung von Web 2.0-Angeboten wird hier von mehreren Seiten beleuchtet.
Als erstes soll die Zuwendung zum Medium geklärt werden. Die Frage „Warum
wenden sich Menschen dem Web 2.0 hin?“ steht im Mittelpunkt. Danach wird die
Nutzungshäufigkeit anhand von Studien dargelegt. Dabei wird zwischen passiven
und partizipierenden Nutzern unterschieden. Abschließend soll das Prinzip des
„Long Tail“ erklärt werden, welches darlegt, dass auch die „unwichtigsten“
Nischenangebote im Web 2.0 genutzt werden.
Medienwirkungsforschung
Nur wenige Themen sind in den letzten Jahren so intensiv und kontrovers
diskutiert worden, wie die immer stärkere Durchdringung des Alltags durch
Medien. Die traditionelle Trennung zwischen den verschiedenen Medien wird
durch ihre wachsende Multifunktionalität zunehmend obsolet (vgl. Münch 2008,
S. 266).
Versucht man das Internet bzw. das Web 2.0 in den Kontext von Medientheorie
und
Massenkommunikation
einzuordnen,
wird
deutlich,
dass
mit
dort
vorfindbaren Begriffsbestimmungen und einer Fixierung auf Einzelmedien das
sich
technisch,
strukturell
und
inhaltlich
stetig
verändernde
Kommunikationsphänomen Internet nur bedingt erfassen lässt. Das Internet
nötigt
zu
einer
medienübergreifenden
Sichtweise.
Es
weist
durch
seine
Aufhebung der dichotomen Rollenfixierung auf Sender und Empfänger sowie
durch
seine
generelle
Offenheit
für
Nutzer
und
Inhalte
weit
über
die
Charakterisierung der Massenmedien als Instrumente der Einwegkommunikation
hinaus. Mit den neuen medialen Technologien wie dem Internet wird die
gewohnte Trennung zwischen den Produzenten und den Rezipienten im Prozess
der öffentlichen Kommunikation aufgehoben.
Unter Berücksichtigung seines kommunikationsverändernden Potentials ist das
Internet mit seinen verschiedenen Diensten ein umfassendes Multimediasystem,
das eine eigene Kultur mit eigener Sprache, eigenen Kunstformen und eigenem
Regelwerk entwickelt hat. Damit scheint sich das traditionelle Medienverständnis
aufzulösen, in jedem Fall ist es auszuweiten. Technische, soziale und kulturelle
58
Veränderungen im Medienbereich sind „nicht Ursache, sondern selbst schon
Ausdruck einer geänderten gesellschaftlichen Bedarfslage“ (Eibl; Podehl S. 174175)
Bei der Beschäftigung mit Medien lassen sich grob vier Forschungsbereiche
unterscheiden (Für Folgendes vgl. Münch 2008, S. 462-463):
•
Kommunikationsstudien: Sie beschäftigen sich mit den Handlungsmotiven
und
–bedingungen
von
Medienproduzenten
(z.B.
Studien
zur
Programmgestaltung; Fragen der Vermarktung).
•
Studien zur Struktur von Medieninhalten: In inhaltsanalytischen Studien
wird die Struktur von Medieninhalten offengelegt und zumeist mit der
Frage nach ihrer Wirkung verbunden.
•
Rezipientenstudien oder Publikumsforschung:
o Die Medienwirkungsforschung beschäftigt sich mit dem Einfluss von
Medienbotschaften auf das Verhalten und die Einstellungen von
Rezipienten. Die Diskussion um den Einfluss der Musikindustrie auf
die
Popularität
von
Musiktitel
und
–interpreten
kann
hier
eingeordnet werden.
o Die handlungs- und subjektorientierte Rezeptionsforschung fragt
danach, wie und warum Menschen mit Medien umgehen und
welcher individuelle Sinn daraus für sie erwächst.
•
Medienstrukturen: Die Fokussierung auf die strukturellen Bedingungen
selbst und den daraus sich ergebenden Konsequenzen für die mediale
Botschaft, findet sich besonders in systemtheoretischen und postmodernen
Ansätzen. So hat z.B. die Einführung der Fernbedienung beim Fernsehen
zu stark veränderten Rezeptionsmustern geführt („Zappen“).
Das Interesse dieser Arbeit ist in den Bereich der Rezeptionsstudien und
Publikumsforschung einzuordnen. Die Frage „Warum wenden sich Menschen
bestimmten Medien zu?“ kann im Uses and Gratifications Approach bzw. in der
Theorie des aktiven Publikums dargestellt werden. Zwar wurde z.B. durch die
verschiedenen Modelle der Informationsverarbeitung (siehe dazu Kapitel I.3.1.)
dem Publikum durchaus Aktivität zuerkannt, doch wurde diese nicht als
unabhängige Variable eingeführt, sondern eher als mediatisierende „Störgröße“
59
im Wirkungsprozess. Seit Beginn der 1970er-Jahre rückte das „aktive Publikum“
in den Vordergrund der Massenkommunikationsforschung: „Was machen die
Menschen mit den Medien“ hieß nunmehr die neue Forschungsfrage (vgl. Schenk
Medienwirkungsforschung S. 59-61).
Der Uses and Gratifications Approach unterstellt, dass jeder Mensch Vorgänge in
seiner Umwelt subjektiv interpretiert, so dass sie für ihn Nutzen haben, d.h.
seinen Bedürfnissen entsprechen. Menschen suchen aktiv nach einem Weg ihre
individuellen, für sie momentan relevanten Bedürfnisse zu befriedigen. Dies gilt
auch
für
das
Medienhandeln.
Die
Rezipienten
erhoffen
sich
durch
die
Mediennutzung eine Art Belohnung („gratification“). Also führen Bedürfnisse und
daraus
entstehende Motive
Rezipienten
die
zur
Befriedigung
Nutzung von Medien, wodurch sich die
ihrer
Bedürfnisse
erhoffen
(vgl.
Burkart,
Kommunikationswissenschaften S.219-221).
Burkart (1995, S. 228-230) nennt folgende Arten der Gratifikation:
•
Ablenkung und Zeitvertreib: Realitätsflucht, emotionale Befreiung, Flucht
vor Problemen, Stress.
•
Persönliche Beziehungen: zu Moderatoren als wären sie „gute alte
Bekannte“, soziale Isolation.
•
Persönliche Identität: Selbstfindung, Selbstbestätigung, Identifikation mit
Personen/Ideen/Situationen.
•
Kontrolle der Umwelt: Information über die Umwelt.
Man unterstellt, dass der Empfänger massenmedial vermittelter Aussagen mit
diesen
sehr
subjektiv
interessengeleitet
umgeht,
benützt.
d.h.
sie
Mediennutzung
auf
gilt
ganz
als
eine
persönliche
in
viele
Weise
andere
Handlungsabläufe eingebettete Aktivität des Individuums, sie gilt als eine von
mehreren Möglichkeiten zur Bedürfnisbefriedigung (vgl. Burkart 1995, S. 223).
Die
Idee
vom
aktiven
Publikum
lässt
sich
in
ihren
Kernthesen
nun
folgendermaßen darstellen:
•
Das Publikum der Massenkommunikation ist als aktives Element im
Massenkommunikationsprozess zu begreifen, es ist weit davon entfernt,
60
„passiv“ zu rezipieren. Mediennutzung muss im Gegenteil als ein aktives
und zielorientiertes Handeln gesehen werden.
•
Die Zielgerichtetheit des Rezipienten-Handelns resultiert nicht einfach aus
bestehenden Prädispositionen (Einstellungen und normative Erwartungen),
sondern erklärt sich aus dem Zustand der individuellen menschlichen
Bedürfnislage: die Massenmedien und ihre Inhalte stellen eine Möglichkeit
der Bedürfnisbefriedigung dar.
•
Die Massenmedien stehen als Möglichkeit der Bedürfnisbefriedigung
allerdings in unmittelbarer Konkurrenz zu anderen Gratifikationsinstanzen,
d.h. Mediennutzung stellt nur eine von mehreren Handlungsalternativen
dar, die als potentiell funktional äquivalent angesehen werden müssen.
Der Uses and Gratifications Ansatz legt nahe, dass sich Rezipienten zunächst
einmal aus einer bestimmten Intention heraus dem Web 2.0 als Musikmedium
zuwenden – sie erwarten sich die Befriedigung ihrer Bedürfnisse, etwa nach
Information über Musikangebote, sowie nach Unterhaltung und Identifikation.
61
Web 2.0-Nutzer
Die veränderte individuelle Nutzung des Internets hat zu einem sozialen Wandel
beigetragen. Es erweitern sich die Öffentlichkeiten durch die Blogosphäre und der
aktive Nutzer gewinnt an Bedeutung (vgl. Schmidt 2008, S.24-25). Durch
zahlreiche Studien wurde versucht diese Nutzung von Web 2.0-Angeboten
quantifizierbar zu machen. Die Studien wählen für ihre Ergebnisse immer
unterschiedliche Fragestellungen wie z.B. „Nutzen Sie Videoportale?“ oder
„Haben Sie schon einmal einen Beitrag auf Wikipedia verfasst?“ und Ähnliches.
Dies erscheint auch sinnvoll, da sich der „normale“ Nutzer von Web 2.0 keine
Gedanken machen wird, ob er sich gerade im Web 1.0 oder im Web 2.0 befindet.
Die Studien sind deshalb aber nur teilweise vergleichbar.
Die umfassende ARD/ZDF-Onlinestudie (2008: n=1802) ermittelt jährlich die
Nutzung von Internetangeboten in Deutschland. Sie zeigt, dass 65,8 Prozent der
Deutschen online sind, ein Zuwachs von 1,9 Millionen Internetnutzern gegenüber
dem Vorjahr. Durchschnittlich verbringt jeder Erwachsene täglich 58 Minuten
(2007: 54 Minuten) im Internet. Am meisten werden nach wie vor E-MailFunktionen und Instant-Massaging-Dienste genutzt.
Aktive vs. Passive Nutzung
Die Web 2.0 Tomorrow Studie von Burda Community Network (2008 / n=2881)
identifiziert 50 Prozent aller Onliner als Web 2.0-Nutzer (Wikipedia und E-bay
ausgeschlossen). Rund 20 Prozent davon beteiligen sich aktiv am Web 2.0,
produzieren also selbst Inhalte. Die ARD/ZDF-Onlinestudie schätzt das Interesse
der Onliner an der aktiven Teilnahme etwas geringer ein. Nur 13 Prozent sind
sehr interessiert am aktiven Mitwirken. Für zwei Drittel ist dies „schlicht
uninteressant“.
Eine etwas ältere Studie (2006) des Markt- und Meinungsinstituts result in
Zusammenarbeit mit der Medienforschung des Südwestrundfunks zeigt folgendes
Bild (n=501): 11 Porzent der Onliner nutzen Web 2.0-Anwendungen ein- oder
mehrmals
pro
Woche,
weitere
9
Prozent
der
Onliner
nutzen
Web 2.0-
Anwendungen (fast) täglich. Diese Studie zeigt eine überdurchschnittliche aktive
62
Beteiligung der Nutzer. Allerdings werden unter aktiver Beteiligung nicht nur
produzierende sondern auch kommunizierende User verstanden.
Abbildung 6: Passive und aktive Nutzer in Prozent
Quelle: result
Alle Studien zeigen, dass es sich bei der Nutzung von Web 2.0-Anwendungen
nicht um eine Randerscheinung handelt, sondern vielmehr ein weiterer Anstieg
zu erwarten ist, da sich vor allem Jugendliche verstärkt im Web 2.0 aufhalten.
Nach der ARD/ZDF-Onlinestudie „tummeln sich 49 Prozent der 14- bis 29Jährigen in privaten Netzwerken“ (dies ist dreimal so häufig wie die Gesamtheit
der Onliner), 48 Prozent suchen regelmäßig Videoportale auf, und Wikipedia ist
mit 40 Prozent ein fester Bestandteil der Onlinenutzung in dieser Altersgruppe.
Abbildung 7: Web 2.0-Nutzung durch Erwachsene und 14- bis 29-Jährige /
wöchentliche Nutzung in Prozent aller Onliner
Quelle: Eigene Darstellung nach ARD/ZDF-Onlinestudie 2008 (n=1186)
63
Typologie der Nutzer
Auf Basis der Nutzungsmotive typologisiert das Markt- und Meinungsinstituts
result die Web 2.0-Anwender in 8 Kategorien.
Innerhalb dieser Grafik wurden die Typen von Web 2.0-Nutzern platziert – die
Größe der Felder zeigt nicht die Größe der Gruppen, sondern die mögliche
Bandbreite der gestaltenden und kommunikativen Involviertheit an.
Abbildung 8: Typologie der Nutzer
Quelle: result
Infosucher
Eine große Gruppe von Nutzern nutzt Web 2.0 nicht kommunikativ oder
gestaltend, sondern rein betrachtend. Die einzigen Mitgestaltungen sind bei
diesen Usern in der Regel Orientierungsfragen; öffentliche Kommunikation
beschränkt sich auf sporadische Kommentare.
64
Unterhaltungssucher
In Abgrenzung zu den Infosuchern stehen für Unterhaltungssucher vor allem die
Unterhaltungsaspekte im Vordergrund. Ein Beispiel dafür ist jemand, der Videos
auf You-Tube ansieht, ohne sie zu kommentieren. Auch diese Gruppe macht
kaum von den Kommunikations- und Mitgestaltungsmöglichkeiten im Internet
Gebrauch.
Kommunikatoren
Nutzer
dieser
Gruppe
machen
Gebrauch
von
den
öffentlichen
Kommunikationsmöglichkeiten des Web 2.0, haben aber kein Interesse, etwas zu
gestalten oder zu veröffentlichen. Die öffentliche Kommunikation im Web 2.0
findet eher betrachtend statt. Beispiele für diese Gruppe sind etwa Blogleser, die
sich mit Kommentaren an Diskussionen beteiligen.
Profilierte
Profilierte nutzen die Möglichkeiten von Kommunikation und Mitgestaltung
gleichermaßen. „Idealtypisches Beispiel ist ein Blogger, der in seinem Weblog
Inhalte veröffentlicht, die (zumindest ähnlich) auch in anderen Medien hätten
veröffentlicht werden können, sich selbst darstellt, dabei ein spezifisches
inhaltliches Interesse verfolgt (das nicht selten selbstreferenziell das Bloggen
beziehungsweise das Internet ist) und in der Blogosphäre öffentlich und vernetzt
kommuniziert“.
Netzwerker
Netzwerker geht es vor allem um den kommunikativen Aspekt von Web 2.0: den
öffentlichen
und
vernetzten
Austausch
mit
anderen
Nutzern
(z.B.
die
Veröffentlichung von Fotos und Videos). Alle Nutzergruppen (außer den passiven
Nutzern)
haben
Überschneidungen
mit
der
Gruppe
der
Netzwerker,
da
Kommunikation die entscheidende Dimension einer Nutzung des Internets im
Sinne von Web 2.0 darstellt.
Spezifisch Interessierte
Diese Gruppe von Usern nutzt die Partizipationsmöglichkeiten von Web 2.0 im
Kontext eines ganz bestimmten Interesses oder Hobbys. Das Web 2.0 bietet
dabei den Vorteil, Gleichgesinnte kontaktieren zu können und sich in vernetzten
65
Strukturen über ein gemeinsames Thema auszutauschen oder Angebote zum
eigenen Thema überhaupt erst zu finden.
Selbstdarsteller
Selbstdarstellern geht es in erster Linie um die Darstellung der eigenen Person.
Klassisches Beispiel für diese Nutzergruppe sind Nutzer von Profilen auf
MySpace.
Erreichen
die
Selbstdarstellungen
eine
über
bloße
Selbstdarstellung
hinausgehende Qualität, überschneidet sich diese Gruppe mit den Produzenten
oder den Profilierten, bei einem sehr hohen Grad an öffentlicher Kommunikation
werden solche Nutzer auch der Gruppe der Netzwerker zugeordnet.
Produzenten
Produzenten sind Nutzer, denen es in erster Linie darum geht, Inhalte zu
veröffentlichen und die dafür Web 2.0-Angebote nutzen. Die Produzenten sind an
Kommunikation
und
Vernetzung
nur
insoweit
interessiert,
dass
sie
der
Verbreitung ihrer Werke dient. Die Community an sich ist dabei zweitrangig.
Abgesehen von Infosuchern (31 Prozent) und Unterhaltungssuchern ( 34
Prozent), die Web 2.0-Angebote nutzen, ohne Gebrauch von Mitgestaltungs- oder
Kommunikationsmöglichkeiten zu machen, bilden die Kommunikatoren (34
Prozent) die größte Gruppe der aktiven Web 2.0-Nutzer.
Die zweite große Gruppe ist die der „spezifisch Interessierten“. Hier zeigt sich,
dass sich Web 2.0-Angebote für Nischeninteressen bzw. für „spitze Zielgruppen“
besonders gut eignen.
66
The Long Tail
Der große Vorteil von Social Software ist, dass sie im Gegensatz zu zum Beispiel
Radiosendungen keine Hits braucht um wirtschaftlich zu arbeiten. Im Web 2.0
stehen die unzähligen Nischen und Einzelpersonen den großen Hits gegenüber.
Und das mit Erfolg. Die wenigsten Musikaufnahmen schaffen es in die Top 100,
dennoch erreichen sie ein Publikum, das in die Millionen geht. Der Nischenmarkt
kann zwar den traditionellen Mart der Hits nicht ersetzen, teilt sich aber
mittlerweile mit ihm das Rampenlicht. Es müssen keine Regale mehr nach
passenden Musikstücken durchsucht werden, das Internet übernimmt Lager-,
Distributions- und Sendefunktion – und das zu einem Bruchteil der Kosten.
Nach dem „Pareto Prinzip9“ verteilen sich Märkte nach der 80:20-Regel.
20 Prozent der Produkte erzielen 80 Prozent des Umsatzes und 100 Prozent des
Gewinns. Doch bei digitalen Inhalten gelten andere Gesetze. Der Unternehmer
Robbie Vann-Adibé, CEO von Ecast, ein Hersteller von digitalen Musikboxen
erzielt erstaunliche Zahlen. Diese Musikboxen sind mit dem Internet verbunden
und
die
Nutzer
können
aus
Tausenden
von
Musikstücken
wählen,
die
heruntergeladen und auf der Festplatte gespeichert werden können. Der
Prozentsatz an verkauften Alben pro Quartal liegt bei 98. Fast jedes Musikstück
findet seinen Abnehmer. Da es sich um Bits auf einer Datenbank handelt, deren
Speicherungs- und Übertragungskosten sehr gering gehalten werden können,
rentieren sich auch Songs die nicht in hoher Stückzahl erworben werden. Ein
anderes Beispiel bietet der Musikanbieter Rhapsody. Die Nachfragekurve dieses
Online-Musikanbieters erreicht nie die Null (Kurven zur Häufigkeitsverteilung
werden „Long Tailed“ genannt). Selbst die unbeliebtesten Titel werden einige
wenige Male gehört. Rhapsody und digitale Musikboxen sind zwar keine Social
Software, zeigen aber auf, dass bei „grenzenlosen“ Konsummöglichkeiten auch
tatsächlich „grenzenlos“ konsumiert wird (vgl. Anderson 2007, S. 11-12).
9
Beim Pareto Prinzip handelt es sich um eine Wahrscheinlichkeitsverteilung im
Gegensatz zum Pareto-Optimum.
67
Abbildung 9: The Long Tail
Der Long Tail,
hier orange
eingefärbt,
ähnelt einem
langen Schwanz.
Auf der Y-Achse
ist die Anzahl der
Verkäufe und auf
der X-Achse sind
die Produkte
nach Reihenfolge
ihrer
Verkaufsstatistik
aufgelistet.
Quelle: Alby 2007, S. 154 und www.longtail.com
Das Phänomen des sogenannten Long Tail ist für derartige Anbieter vor allem
deshalb so interessant, weil Produkte, die nur in einem geringen Ausmaß
nachgefragt werden, in Summe einen Marktanteil ausmachen können, der vom
Umfang her mit den wenigen Bestsellern vergleichbar ist.
Anderson formuliert sechs Thesen, die den Long Tail ausmachen. Zunächst geht
er davon aus, dass es in fast allen Märkten mehr Nischen geben soll als Hits. Je
mehr die Kosten für die Produktion sinken, desto größer soll dieser Nischenmarkt
werden. Gleichzeitig, so Anderson, kostet es immer weniger, diese Nischen zu
erreichen. Dass das funktioniert, liegt vor allem an den Suchtechnologien, denn
ohne sie wären die Nischen nicht zu finden (vgl. Alby 2007, S. 155).
Das Problem des Informationsüberflusses durch das riesige Warenangebot kann
aber nicht alleine durch Suchfunktionen gefiltert werden, doch durch die
unterschiedlichen
Möglichkeiten
des
Social
Taggings
können
die
eigenen
Vorlieben empfohlen werden. Ohne diese Filter wären die Nischen, die zum
eigenen Geschmack passen, nicht zu finden. Personalisierte Medien, welche sich
durch Social Tagging organisieren, ersetzen aber nicht die traditionellen
Massenmedien. Jedoch werden die traditionellen Medien nicht mehr so stark
wachsen wie in der Vergangenheit (vgl. Leonhard 2008, S. 107-110)
68
Die Anbieter von Nischenprodukten dürfen allerdings nicht vergessen, dass nicht
sie an den vielen kleinen Nischen verdienen, sondern wiederum die großen
Verkäufer wie z.B. Amazon.com. „Der einzelne Anbieter bleibt so klein und
unbedeutend wie er ist“10. Es handelt sich beim Long Tail nicht um ein neues
Geschäftsmodell, denn auch bisher konnte man im Plattenladen jede CD
bestellen, sondern um die Beschreibung des Erfolgs einiger weniger Großen
durch das Anbieten vieler Nischenprodukte. Kleine Anbieter, oder Künstler selbst,
können von diesem „Effekt“ nicht profitieren. Nur die großen Anbieter können die
Größenvorteile bzw. Skaleneffekte, die den Long Tail ausmachen, nutzen.
“You can make money on the long tail but not in the long tail” (Alex
Iskold, 2007)
Trotzdem ist dieser Ansatz sehr interessant für User, welche sich selbst aktiv in
das Web 2.0 einbringen. Sie können davon ausgehen, dass der von ihnen
bereitgestellte User Generated Content oder die von ihnen hochgeladene und
selbst produzierte Musik auch Interessenten findet.
10
http://blog.firstmedia.de/?p=659 Abruf am 12.12.2008
69
4.
Erfolgsfaktoren von musikspezifischen Web 2.0-Angeboten
Wie im Teil I gezeigt wurde, müssen die Emotionen, die mit einem Lied in
Verbindung gebracht werden, zuerst erlernt werden. Zum einen kann dies über
Konzerte oder über Radio geschehen: Je häufiger Musikkonsumenten ein Lied
hören, desto besser erlernen sie es. Der Konsum eines Liedes stiftet also umso
mehr Nutzen, je häufiger das Lied gehört wird. Typischerweise endet dieser sich
selbst verstärkende Effekt damit, dass ein Lied „totgespielt“ wird. Das heißt die
Sättigungsmenge, welche individuell verschieden ist, wurde erreicht und die
Nachfrage nach anderen Liedern steigt (siehe dazu II.1.). Zum anderen spielt die
soziale Interaktion, die mit dem Konsum von Musik verbunden ist, eine zentrale
Rolle: Menschen konsumieren Musik gemeinsam und möchten darüber reden. Es
ist für die Konsumenten also rational, die Musik zu hören, die auch von anderen
Menschen im relevanten sozialen Umfeld gehört wird.
Das Produkt Musik ruft bei zunehmender Nutzerzahl eine Nutzensteigerung
hervor; es handelt sich um einen sogenannten Netzeffekt. Netzeffekte treten
beim Gut Musik bei der Distribution oder beim Konsum von Musik (Modeeffekte)
auf. Entscheidend, ob ein Netzeffekt eintritt, ist immer die kritische Masse. Zum
Beispiel wurde die Peer-to-Peer-Plattform Napster erst zur Gefahr, als die
kritische Masse erreicht und innerhalb des Netzwerks ein sehr breites Sortiment
an Inhalten angeboten wurde (vgl. Clement; Papies; Albers 2008, S. 45-46).
Wenn ein System oder Netz eine bestimmte Teilnehmerzahl überschreitet und
der Nutzen eines Netzes damit ein bestimmtes Niveau erreicht hat, ist zu
erwarten, dass die Teilnehmer das Netz auch in Zukunft nutzen werden und dass
die Anzahl der Neukunden zunehmen wird (vgl. Kollmann; Stöckmann 2008 S.
40).
„Die Mindestzahl an Teilnehmern, die erforderlich ist, damit Systeme einen
ausreichenden
Nutzen
für
eine
langfristige
Verwendung
bei
einem
Anwenderkreis entwickeln können, wird als kritische Masse bezeichnet.“
(Kollmann; Stöckmann 2008 S. 40)
70
Musik als klassisches hedonistisches Gut verstärkt die Macht der kritischen
Masse, durch das hohe Konsumrisiko. Die Ursache liegt darin, dass einerseits die
Qualität als zentrale Produkteigenschaft vor dem Konsum nicht einzuschätzen ist.
Andererseits kommt Musik eine hohe gesellschaftliche Symbolfunktion zu, was
das Risiko erhöht, das falsche Produkt zu kaufen und auf soziale Ablehnung zu
stossen (vgl. Clement; Papies; Albers 2008, S. 50-50).
Besonders bei jungen Unternehmen im Internet kommt es zu einem intensiven
Wettlauf um das Erreichen der kritischen Masse. Wird diese schnell erreicht,
können kleinere Anbieter oder Nachahmer aus dem Markt verdrängt werden.
Verstärkt wird diese Auffassung im Web 2.0, „dass eine Abkehr von der
Sichtweise des Kunden als passiven Informationskonsument hin zu einem
Informationsanbieter
und
–editor
einläutet
und
somit
von
der
aktiven
Teilnehmerzahl abhängig ist.“ Das Wachstum der Teilnehmerzahl avanciert zum
kritischen Erfolgsfaktor. „Gewinner können – basierend auf den Größenvorteilen
der Netzwerke – sogar monopolartige Marktpositionen erreichen. Denn wenn
jeder andere an dem Netzwerk teilnimmt, ist dies aus Kundensicht umso mehr
Grund, sich auch anzuschließen.“ (vgl. Kollmann; Stöckmann 2008 S. 40-41)
71
IV.
Typologie von Web 2.0-Angeboten
In dieser Arbeit hat sich der Aktivitätsbegriff als zentrales Forschungsinteresse
herausgestellt. Einerseits kann nur, wie oben schon mehrfach gezeigt, durch
aktives Musikhören der persönliche Musikgeschmack erweitert oder verändert
werden, andererseits ergeben sich durch die neuen Web 2.0-Applikationen
unzählige Möglichkeiten von Aktivitäten in Bezug auf Musik.
Im Weiteren sollen die verschiedenen Erkenntnisse über Musikrezeption und das
Web 2.0
gemeinsam
mit
Erkenntnissen
aus
der
Medien-
und
Kommunikationsforschung ein Schema der Aktivitätsmöglichkeiten bilden, in
welches verschiedene Web 2.0-Angebote eingeordnet und hinsichtlich ihrer
Aktivitätsmöglichkeiten klassifiziert werden können. Anschließend, in Teil V soll
die Relevanz dieser Typologie für die Musikindustrie erhoben werden.
Zur grafischen Darstellung der Kriterien im Vergleich werden sogenannte „Harvey
Balls“ verwendet.
Tabelle 2: Grafische Darstellung mittels Harvey Balls
Harvey Balls
Trifft nicht zu
Trifft etwas zu
Trifft teilweise zu
Trifft ziemlich zu
Trifft voll zu
0
1
2
3
4
Quelle: eigene Darstellung
1. Rezeptionsmöglichkeiten im Web 2.0
Als Kriterien zur Bewertung werden unterschiedliche Kategorien von passiver bis
aktiver Rezeption unterschieden und herangezogen. Die Steigerung der Aktivität
der Rezeptionsmöglichkeiten zeigt sich in unten abgebildeter Grafik. Von einer
passiven bis zu einer aktiven Rezeption werden fünf Kategorien unterschieden,
wobei Unterkategorien zur genaueren Betrachtung notwendig sind.
72
Abbildung 10: Kategorien von Rezeptionsmöglichkeiten
Quelle: eigene Darstellung
1.1.
PASSIV
In der Medienforschung steht das Medium als Kommunikationsmittel im
Vordergrund. Als Ausgangspunkt medienwissenschaftlicher Forschung wird häufig
das
von
Shannon
und
Weaver
(1976)
entwickelte
Modell
von
Kommunikationsprozessen genannt. Die Kommunikation läuft vom Sender zum
Empfänger über einen Kanal. Dieser lineare Kommunikationsprozess kann (z.B.
durch Rauschen) gestört werden, ausgesendetes und empfangenes Signal
können sich also unterscheiden (vgl. Münch 2005, S. 462).
Für den Rezipienten von Musik bedeutet das Sender-Empfänger-Modell eine rein
passive Haltung in Form von „Zuhören“. Dieses Rezeptionsverhalten wird im
Massenmedium Radio bestätigt. Der Hörfunk wird in dieser Arbeit als ein reines
Distributionsmedium, als ein passives Medium, verstanden. Kritik zu dieser
Passivität äußerte bereits Bertolt Brecht (1932) in seinem Aufsatz „Der Rundfunk
als Kommunikationsapparat“.
„Der Rundfunk wäre der denkbar großartigste Kommunikationsapparat des
öffentlichen Lebens, ein ungeheures Kanalsystem, das heißt, er wäre es,
wenn
er
es
verstünde,
nicht
nur
auszusenden,
sondern
auch
zu
empfangen, also den Zuhörer nicht nur hören, sondern auch sprechen zu
73
machen und ihn nicht zu isolieren, sondern ihn in Beziehung setzen.“
(Lindner 2007, S. 40)
Sein
Wunsch
war
Distributionsapparat
es,
Höreraktivitäten
zu
erreichen
und
so
den
in einen Kommunikationsapparat zu verwandeln. Der
Hörfunk sollte Austausch ermöglichen und zu Gesprächen, Debatten und
Disputen genutzt werden.
Auch Walter Benjamin (1930/1931) kritisierte in seinem Werk „Das Kunstwerk im
Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ die Trennung zwischen Sender
und Publikum.
„Der entscheidende Irrtum dieser Institution, die grundsätzlich Trennung
zwischen
Ausführendem
und
Publikum,
die
durch
ihre
technischen
Grundlagen Lügen gestraft wird, in ihrem Betrieb zu verewigen. (…) Dieser
Widersinn hat dazu geführt, daß noch heute, nach Jahre langer Praxis, das
Publikum völlig preisgegeben, unsachverständig in seinem kritischen
Reaktionen mehr oder minder auf die
Sabotage
angewiesen
Haltung
geblieben
ist.
(…)
In
der
(das Abschalten)
der
Massen
dem
Rundfunkprogramm gegenüber hat diese Barbarei ihren Gipfel erreicht und
scheint nunmehr bereit zu sein, umzuschlagen. Es gehört dazu nur eines:
die Reflexion des Hörers wäre auf sein reales Reagieren hinzulenken, um
es zu schärfen und zu rechtfertigen“ (Benjamin, 1989, S. 1506-1507).
Die Aktivität des Rezipienten ist also auf das Einschalten bzw. Ausschalten des
Gerätes und auf die Senderwahl beschränkt. Benjamin kritisiert wie Brecht die
Trennung von Sender und Empfänger und fordert eine Aktivierung des
Publikums. Er thematisiert die Hilflosigkeit der Hörer und meint, dass durch
Rückbindung an das Programm Kommunikationsbarrieren durchbrochen werden
könnten (vgl. Lindner 2007, S. 96-98).
In der Weiterentwicklung des Radios zum Internetradio hat sich nur der Kanal
geändert. Die Rezeption erfolgt weiterhin passiv und ist auf das Ein- und
Ausschalten beschränkt. Teilweise werden auch in Web 2.0 Radiostationen
angeboten.
74
1.2.
INFORMATIV
Durch die Wandlung des Internets zum WWW wurde es möglich, Informationen
in Form optisch aufbereiteter und formatierter Seiten zu Verfügung zu stellen,
diese Seiten durch Hyperlinks miteinander zu verbinden und mit Hilfe von
Suchmaschinen in Sekunden aufzufinden. Das Internet wurde damit zu einem
globalen Informationsraum, der ohne besondere Vorkenntnisse betreten werden
kann (vgl. Spiegel 2006, S. 11).
Im „alten“ Web 1.0 ist es eindeutig, ob man User oder Autor einer Webseite ist.
In der Regel ist man als User Rezipient oder Konsument einer Seite und damit
ohne Rechte zur Bearbeitung. Als Autor hingegen ist man selbst verantwortlich,
dass Inhalte auf eine Seite gelangen und dass diese akkurat und aktuell sind.
Im Web 2.0 verschwimmen die Grenzen: User werden zu Autoren und bringen
aktuelle Inhalte ein, korrigieren Fehler und sorgen für eine „lebendige“ Webseite
(vgl. Kerres 2006, S. 2).
In der Kategorie informativ geht es aber um den reinen Konsum von
Information, nicht um die Bereitstellung. Sich Wissen rund um Musik, eine
Musikgruppe oder einen Musiker anzueignen, ist ebenso eine Form der Rezeption
wie das Musikhören selbst. Durch aktive Auseinandersetzung mit Musik können
die Musikerfahrungen in die eigene Welt integriert werden (siehe dazu Kapitel
I.1.).
Es ist also unerheblich, ob die Information vom Betreiber der Seite oder von den
Usern der Seite verfasst wurde. Dieses Kriterium bewertet rein die Möglichkeit,
ob weiterführende Information über Musik erhältlich ist.
1.3.
INTERAKTIV: KOMMUNIKATIV und PARTIZIPATIV
1.3.1.
Kommunikation
KOMMUNIKATION
ist
Kommunikationspartner
ein
Prozess,
impliziert.
der
stets
Kommunikation
ein
ist
Gegenüber,
also
immer
einen
ein
doppelseitiges Geschehen, das zwischen mindestens zwei Partnern stattfindet. In
75
der Massenkommunikation werden massenmedial verbreitete Aussagen von den
Rezipienten aufgenommen. Dabei können die Rezipienten nicht, auch wenn dies
der Terminus Massenkommunikation vermuten lässt, mit der Masse gleichgesetzt
werden. In der Kommunikationsforschung wird daher vom „dispersen Publikum“
gesprochen. Darunter sind einzelne Individuen, aber auch kleine Gruppen von
Menschen zu verstehen, deren verbindendes Charakteristikum darin besteht,
dass
sie
sich
einem
gemeinsamen
Gegenstand
–
den
Aussagen
der
Massenmedien – zuwenden. Die Rückkopplungsmöglichkeiten der Rezipienten
beschränken sich allerdings auf „schmalbandiges Feedback“ per Brief, Fax oder
Telefon. Durch das Internet erweitern sich jedoch die Möglichkeiten und
„Interaktivität“ wird zum neuen Schlagwort (vgl. Burkart 2002, S. 168-169).
Aus dem dispersen Publikum der Massenmedien entsteht ein aktiver bzw.
interaktiver Rezipient, der ohne Medienbruch und Zeitverzug direkt auf die
Kommunikatoren Einfluss nimmt oder selbst zum Kommunikator werden kann
(vgl. Beck 2006 S.39).
One-one-Kommunikation
In diesem Kriterium werden die Möglichkeiten der persönlichen Kommunikation
bewertet. Wie können die teilnehmenden User kommunizieren? Unterschieden
wird eine private One-one-Kommunikation, welche aber von allen anderen
Nutzern zu verfolgen ist, von der öffentlichen One-many-Kommunikation. Die
One–one-Kommunikation, welche nur für die beteiligten Nutzer einsehbar ist und
eine Kommunikation ähnlich dem E-mailen darstellt, wird nicht berücksichtigt.
Anerkennung und Aufmerksamkeit sind in der realen wie auch in der Online-Welt
knappe Güter, doch durch die Mechanismen der Online-Welt sind hier die
Chancen größer, Aufmerksamkeit und Anerkennung zu bekommen, auch als
gesellschaftlicher Außenseiter in der realen Welt. Wie wichtig diese Anerkennung
ist, zeigt sich in den verschiedenen Funktionen von Web 2.0-Anwendungen. Zum
Beispiel sind bei MySpace die Anzahl der Kontakte beziehungsweise Freunde
Indikatoren der eigenen Popularität, bei YouTube die Wertung der anderen
Nutzer (vgl. Alby. 2007, S. 112).
76
One-many-Kommunikation
Weiters wird eine One–many-Kommunikation, wie eine reine Kommentarfunktion
zu den unterschiedlichen Themen untersucht.
Nach Alby ist der Begriff „Social Software“ nur durch die Möglichkeit der
Selbstregulation
eingegrenzt.
Diese
Selbstreflexion
erfolgt
über
Kommentarfunktionen. Einerseits entsteht in den Profilen der User ein Konstrukt
des eigenen Selbst durch die Interaktion mit anderen, andererseits garantiert die
Kommentarfunktion eine kritische Diskussion des User Generated Content (vgl.
Alby 2007, S. 89 und S. 113).
Die One-many-Kommunikation wird hier, zur genaueren Betrachtung, vom User
Generated Content unterschieden. In der Literatur werden aber Kommentare oft
mit User Generated Content gleichgesetzt.
„Word of Mouth“ wird die Kommunikation von Konsumenten untereinander
genannt, die sich auf den Besitz, die Benützung oder Eigenschaften von
Produkten oder Dienstleistungen bezieht. Die Besonderheit dabei ist, dass die
Konsumenten
direkt
miteinander
kommunizieren.
Gerade
in
der
Entertainmentbranche haben Konsumenten ein Bedürfnis über ihre Erfahrungen
mit dem Gut zu reden. Durch das Internet gewinnt die Mundpropaganda einen
entscheidenden Aspekt: die Möglichkeit der Archivierung. Das digitale Word of
Mouth ist damit in seiner Gesamtheit wirkungsvoller als die nicht-digitale
Variante. Die Reichweite der digitalen Mundpropaganda ist größer, ferner wird
selbige von einem an der jeweiligen Thematik interessierten und somit
empfänglicheren
Personenkreis
abgerufen.
Schlechte
Kritiken
über
neue
Musikalben können somit den langfristigen Erfolg mindern (vgl. Kilian, Walsh,
Zenz 2008, S. 322-325).
1.3.2.
PARTIZIPATION
Geht es um die Erklärung dessen, was Web 2.0 eigentlich auszeichnet, wird
häufig gesagt “Mit-Mach-Web”, d.h. die erhöhte Bereitschaft dazu, sich an
Prozessen im Internet aktiv zu beteiligen. Als Voraussetzung für den Erfolg von
Social Software gilt die Bereitschaft der Nutzer,
77
•
ihre Anonymität im Netz teilweise oder ganz aufzugeben (Profile) und
•
selbst Inhalte für das Web zu schaffen (User Generated Content) (vgl.
Szugat 2006, S. 14 und Alby 2007, S.90).
User Generated Content - Many-Many-Kommunikation
Aus
einer
One-many-Kommunikation,
wie
bei
der
“herkömmlichen“
Massenkommunikation, wird durch die Möglichkeit selbst Inhalte (Content)
bereitzustellen, eine Many-many-Kommunikation, welche dem Ziel von Brecht
„den Zuhörer nicht zu isolieren, sondern in Beziehung zu setzen“ sehr nahe
kommt (vgl. Burkart 2002, S. 503). Bestes Beispiel ist die Online-Enzyklopädie
„Wikipedia“, aber auch musikbezogene Social Software erlaubt ihren Usern
Inhalte über Bands oder Musikstile selbst zu editieren.
Neben der intelligenten Kombination von Datenquellen ist es gerade der
sogenannte User Generated Content, der vom Benutzer erstellte Inhalt, der das
jeweilige Web 2.0-Angebot so interessant macht. Menschen investieren Zeit,
Energie und Wissen, obwohl sie dafür in der Regel keinen finanziellen Ausgleich
bekommen.
Wer z.B. bei Wikipedia sein Wissen einbringt, der weiß auf der anderen Seite
auch, dass er von den Beiträgen anderer profitieren kann. Dies kann auch zu
einem Gemeinschaftsgefühl führen oder auch zu einem gewissen Stolz, Teil
dieser Gemeinschaft zu sein (vgl. Alby 2007, S. 111-112).
Unter User Generated Content können alle interaktiven und produktiven
Tätigkeiten der Nutzer verstanden werden. Hier, in diesem speziellem Kriterium,
wird nur die Many-many-Kommunikation im Rahmen des User Generated
Content, also die gemeinsame Aufbereitung eines Themas, betrachtet.
Profile
Eine für Social Networks typische Funktion sind die persönlichen Profile. Meist
sind
diese
mit
diversen
Sichtbarkeitseinstellungen
Netzgemeinschaft
versehen
oder
generell
der
für
Mitglieder
Öffentlichkeit
des
der
Netzes
zugänglich. Manche Angebote, wie MySpace, funktionieren größtenteils über
78
diese Profile. Die User sind also bereit, Teile ihrer Identität preiszugeben; sich
selbst im Web darzustellen.
Anhand des beim Anmelden auszufüllenden Mitgliederprofils kann der Nutzer
wählen, wie er sich den anderen präsentieren will. Die unterschiedlichen
Plattformen geben aber mit dem Formular schon die jeweiligen Settings vor. Bei
Xing wird zum Beispiel großer Wert auf die Ausbildung, Karriere und Expertise
gelegt, bei MySpace wird eher auf private Angaben geachtet.
In Zeiten der computervermittelten Kommunikation wird der Rechner als Vehikel
benutzt, um Bekanntschaften zu schließen. Ein besonderer Reiz am Netz scheint
es zu sein, dass es möglich ist, die wahre Identität zurückzustellen, teilweise
auszublenden
oder
komplett
zu
verschleiern.
Durch
die
eingeschränkte
kommunikative Bandbreite des Netzes (grundsätzlich ist nur Kommunikation in
Textform möglich) ist es nun weitaus leichter als im Face-to-Face Gespräch
möglich, zu kontrollieren, welche Bestandteile der Identität an das Gegenüber
weitergegeben werden. Virtuellen Identitäten im Web 2.0 kommt eine besondere
Bedeutung zu. Obwohl sie nicht den Merkmalen der dahinter stehenden Personen
entsprechen müssen, ist doch der Aspekt der Kontinuität (siehe dazu Kapitel I.4.)
entscheidend für die in der Community so wichtige Reputation (vgl. Ebersbach;
Glaser; Heigl 2008, S. 179-180).
Tagging
Die Möglichkeit seine eigene Musik zu kategorisieren, um diese auch für andere
leichter auffindbar zu machen, wurde schon unter Kapitel III.2.3 genauer
beschrieben. In dieser Kategorie wird bewertet, inwieweit User die Möglichkeit
haben, Wissen und Aktivitäten zu koordinieren. Die Kategorie ist um so
ausgeprägter um so häufiger auf Tags und auf die Aufforderung zum Taggen
hingewiesen wird.
Beim Geld hört die Partizipation auf
Die Benutzer im Web 2.0 sollen zwar partizipieren, damit ist aber nicht die
Partizipation an den Werbeinnahmen gemeint. Die Inhalte werden von den Usern
generiert, verdienen tun daran andere. Wenn man sich vor Augen führt, dass
sich
die
Benutzer
in
Währungen
wie
Aufmerksamkeit,
Bestätigung
und
79
Gemeinschaftsgefühl auszahlen lassen und die Betreiber daran echtes Geld
verdienen, dann bekommt dieser Aspekt des Web 2.0 einen etwas schalen
Beigeschmack.
Etwas anders sieht es bei den Blogs aus. Im Prinzip kann jeder mit seinem
eigenen Blog Geld verdienen, mit „Google AdSense“ und ähnlichen Programmen
ca. 50 Dollar im Monat. Sehr populäre Blogs verdienen durchaus höhere
Summen, doch es ist bisher kein Fall bekannt, in dem ein Blogger allein durch
sein eigenes privates Blog den Lebensunterhalt bestreiten konnte (vgl. Alby
2007, S. 159).
1.4.
PRÄFERENZAKTIV
Recommender-Systeme sind ähnlich den zuvor beschriebenen Folxonomies eine
Form der Organisation von Inhalten. Recommender-Systeme versuchen aber
aufgrund von schon getagten Inhalten oder aufgrund des Userverhaltens (z.B.
welche Musik man hört) oder aufgrund von Angaben im Profil oder aufgrund von
„Freunden“ auf Ähnlichkeiten zu anderen Inhalten oder anderen Usern zu
schließen. Durch dieses System sollen passende Empfehlungen gegeben werden.
Es versucht die eigenen Präferenzen herauszufiltern um weiterführende Inhalte,
wie z.B. Neuerscheinungen, anbieten zu können. Deshalb wird diese Kategorie
präferenzaktiv benannt. Sie bewertet in wie weit ein System mit Präferenzen
arbeitet (siehe dazu Kapitel III.2.3.2.).
1.5.
PRODUKTIV
Prosuming
Den Begriff des „Prosumenten“ prägte Alvin Toffler 1980 in seinem Buch „Die
Zukunftschance
–
Von
der
Industriegesellschaft
zu
einer
humaneren
Zivilgesellschaft“. Er bedeutet die Verbindung von Konsument und Produzent zu
einem Prosument. Als erstes Beispiel für die Veränderung des Konsumenten zum
Produzenten nennt Toffler die Einführung eines Schwangerschaftstests zur
Selbstuntersuchung in europäischen Apotheken in den frühen 1970er-Jahren. Es
entsteht eine Do-it-yourself-Bewegung in der der „Outsider“ zum „Insider“ wird
80
und immer mehr Produktivität auf den Verbraucher übertragen wird (vgl. Toffler
1980, S. 272-284).
„Die Bereitwilligkeit, mit der sich der Verbraucher zur Produktion verlocken
läßt, hat weitreichende Konsequenzen. Zum besseren Verständnis sei
daran erinnert, daß der Markt genau auf jene Trennung von Produzent und
Konsument zurückgeht, die heute zunehmend an Konturen verliert. Das
Marktsystem war unnötig, solange die meisten Menschen das, was sie
produzieren, auch selbst verbrauchten. Erst in dem Moment, da der
Verbrauch von der Herstellung geschieden wurde, wurde auch der Markt
unerläßlich (…) Und wo immer sich die Kluft zwischen Konsument und
Produzent verringert, werden Funktionen, Rolle und Macht des Marktes in
Frage gestellt. Die Rolle die der Markt in unserem Leben spielt wird daher
durch den Aufstieg des Prosums verändert“ (Toffler 1980, S. 281-282).
Zwar verstand Toffler den Prosumer-Begriff damals mehr in der Hinsicht, dass
Konsumenten Sach- und Dienstleistungen nicht bloß erwerben, sondern solche
auch aktiv produzieren, etwa im Sinne von Hausarbeit, wie in vormodernen
Zeiten der Subsidiarität. Inzwischen jedoch hat sich der Prosumer-Begriff auch
für Formen der direkten Kollaboration zwischen Unternehmen und Kunden
eingebürgert, die mit Konzepten von Co-Design oder Co-Produzententum gefasst
werden.
Digitales Arbeiten und das Internet weiten die Möglichkeiten für Prosuming
immer weiter aus. Der Prototyp des Prosumenten im Webzeitalter konsumiert,
produziert und kommuniziert nahtlos über mediale, soziale und technische Netze
hinweg und versorgt längst nicht nur mehr sich selbst mit Produkten eigener
Herstellung (vgl. Friebe/Lobo 2006, S. 215).
„2015 wird jeder Mensch einen Song geschrieben, ein Buch veröffentlicht,
ein Video gedreht, ein Weblog publiziert und ein Programm geschrieben
haben.“ (Kevin Kelly)
Prosuming mit Hilfe des Internets entspricht der Brecht`schen Radiotheorie.
Musikhören wird zur Kommunikation und geht sogar darüber hinaus indem die
81
Sender auch zu Produzenten werden und ihre eigene Musik zur Verfügung
stellen.
Aber es muss auch Kritik am Aufstieg des Prosumenten geübt werden. Der
Dresdner Professor für Industrie- und Techniksoziologie Günter Voß hat den
arbeitenden
Kunden
als
Problemfeld
identifiziert.
Voß
spricht
von
einer
abhängigen Konsumarbeit. Konsumenten sind immer häufiger abhängig von
machtvollen und im Weltmaßstab immer häufiger monopolistisch agierenden
Konzernen (vgl. Voß; Rieder 2005, S. 184). Schleichend fängt das bei IKEA mit
der Selbstmontage der Möbel an, allein die verkauften Billy-Regale wurden von
den Kunden in bisher 20 Millionen Arbeitsstunden zusammengebaut. Im Web 2.0
findet man diesen Mechanismus verborgen im Wort Beta, das für unfertige BetaVersion steht und bedeutet, dass ein Unternehmen seine finalen Produkttests
unentgeltlich an die Kunden auslagert. Obwohl das sogenannte „Public Beta
Testing“ oft zu besseren Ergebnissen führt als Testreihen im abgeschlossenen
Labor, ist die Betrachtungsweise von Voß schon deshalb berechtigt, weil
kostenlose Arbeit im Wirtschaftskreislauf nichts zu suchen haben sollte (vgl.
Friebe; Lobo 2005, S. 216).
Seit dem Jahr 2000 erscheint Managementliteratur, welche einen dramatischen
Wandel bei der Kundenrolle beschreibt. Das Heraustreten des Kunden aus
traditionellen
verschiedenen
Rollen
Texten
und
das
Aufkommen
konstatiert.
Dabei
des
spielen
aktiven
digitale
Kunden
wird
Techniken
in
eine
bedeutende Rolle für diese Entwicklung zum „Prosumenten neuen Typs“. Die
Mitwirkung des Konsumenten bei der Leistungserbringung erfordert dabei nahezu
professionelle Kompetenzen. Damit ist die erreichbare Dienstleistungsqualität in
hohem Maße von der Kompetenz der Konsumenten abhängig. Die Tätigkeiten der
Prosumenten neuen Typs ähneln in vielen informatisierter beruflicher Arbeit – der
Prosument neuen Typs nähert sich deutlich der Erwerbsrolle (vgl. Voß; Rieder
2006, S. 111-112). Im Bereich der Musik bedeutet dies die Produktion eigener
Musikstücke und deren kostenlose Bereitstellung auf verschiedenen Social
Software-Seiten oder in Weblogs. Handelt es sich dabei um Social SharingPlattformen, wie z.B. YouTube, stellen diese Produzenten sogar die wichtigste
Ressource der Plattform dar. Ihr einziger Lohn ist ihre Reputation im Netzwerk.
Diese Reputation ergibt sich einerseits durch die Rezipienten, welche durch den
82
Konsum der Inhalte diese in Beliebtheitslisten aufnehmen. Andererseits können
sich Bewerter aktiv an der Organisation der Inhalte beteiligen und sie
kommentieren (vgl. Ebersbach; Glaser; Heigl 2008, S. 107).
Crowdsourcing und Beta
Die
Wortneuschöpfung
„Crowdsourcing“
bezeichnet
den
Trend
zur
Teilauslagerung von Unternehmensaufgaben an eine Menge von Menschen, die
diese Aufgaben in ihrer Freizeit lösen, meist kostenlos. Das WWW dient dabei als
Medium und Plattform für alle Prozesse zwischen Unternehmen und einem Heer
von Freizeitarbeitern (vgl. Ebersbach; Glaser; Heigl 2008, S. 217). Bei BetaVersionen wurde die Software in der Regel schon zuvor intern getestet und wird
dann erst der gesamten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt um die restlichen
Programmfehler (Bugs) zu identifizieren (vgl. Ebersbach; Glaser; Heigl 2008,
S. 190).
Crowdsourcing
und
das
Testen
von
Beta-Versionen
haben
einige
Überschneidungen mit dem User Generated Content, es geht aber meines
Erachtens weiter, da die Unternehmensinteressen und keine persönlichen
Interessen im Vordergrund stehen, weshalb dies der Unterkategorie produktiv
und nicht der Unterkategorie Partizipation zugeteilt wird. Gemeinsam ist ihnen
die
„Bezahlung“;
sie
erfolgt
durch
Aufmerksamkeit,
Bestätigung
und
Gemeinschaftsgefühl.
Vieles von dem, was Internetökonomie heute praktisch ausmacht, läuft darauf
hinaus, dass sich die Kunden selbst in die Vermittlungsleistung mit einbringen
und damit gewissermaßen eine pro-aktive Mitarbeit leisten (müssen), wenn sie
bestimmte Güter und Dienstleistungen erwerben wollen.
83
2. Bewertung verschiedener Web 2.0-Angebote
Vorweg
muss
Angeboten
angemerkt
unterschiedlich
werden,
viel
dass
Literatur
zu
zu
den
verschiedenen
Verfügung
steht.
Web 2.0Die
drei
untersuchten Web 2.0-Netzwerke wurden Anhand ihrer Bekanntheit (gemessen
an der User- oder Profilzahl) und ihrer stark unterschiedlichen Schwerpunkten
ausgewählt, analysiert und so weit wie möglich mit Literaturangaben gestützt.
Weblogs
als
weiteres
Angebot
für
Musikinteressierte
werden
als
eine
gemeinsame Kategorie angesehen, da sich die musikspezifischen Weblogs sehr
stark ähneln.
2.1.
Last.fm
Last.fm ist ein Musikdienst, „der lernt was du magst“11. So beschreibt sich
Last.fm selbst und weist damit gleich zu Beginn auf sein Recommender-System
hin. Last.fm entstand aus dem Zusammenschluss des Online-Plattenlabels von
Felix Miller und Martin Stiksel und dem Studenten Richard Jones, der
Programmerfinder des Audioscrobblers, welcher aufzeichnet, was man auf
seinem Computer hört. Mittlerweile speisen alle Major-Labels und viele kleine
Labels ihr Repertoire in das Programm, auf das weltweit über 20 Millionen User
aus 239 Ländern12 zugreifen, welche von 94 Mitarbeitern13 betreut werden.
„Jedes Lied, das du spielst, wird deinem Last.fm-Profil etwas zu deinen
musikalischen Vorlieben mitteilen. Es kann dich mit anderen Leuten
zusammenbringen, die mögen was du magst – und dir andere Lieder aus
ihrer Musiksammlung empfehlen, sowie aus deiner eigenen
… und während du Last.fm verwendest machst du es immer besser, für
dich und alle anderen. Wenn du ein Lied an einen Freund empfiehlst, zu
11
12
13
www.lastfm.de/about Abruf am 4.12.2008
www.lastfm.de/advertise Abruf am 4.12.2008
www.lastfm.de/team Abruf am 4.12.2008
84
deinen Lieblingsliedern hinzufügst oder etwas darüber schreibst – oder
einfach nur anhörst – veränderst du die Rolle, die dieses Lied auf Last.fm
spielt. Es wird an andere Leute empfohlen werden, da du es angehört
hast. Es wird in unseren Musikcharts nach oben klettern, und vielleicht
wird es von mehr Leuten gehört werden, weil du es gut gefunden hast“14
In den ersten beiden Absätzen der Selbstbeschreibung von Last.fm werden fast
alle relevanten Aktivitätskriterien, wie sie im vorherigen Kapitel ausgearbeitet
wurden, angesprochen.
Passiv 3
Das Last.fm-Radio kann man auch ohne dass man ein Profil besitzt benützen.
Man gibt einfach einen Künstler ein und hört Musik passend zum Künstler. Sobald
man ein Profil bei Last.fm eingerichtet hat und einige Titel vom Audioscrobbler
gespeichert wurden, hat man die Möglichkeit sein eigenes personalisiertes Radio
zu hören, bzw. das seiner „Nachbarn“. Das Radio kann direkt auf der Last.fmSeite oder vom Audioscrobbler aus gestartet werden.
Informativ 4
Zu jeder Musikgruppe oder jeden Musiker gibt es von den Usern selbst verfasste
Informationen, welche auch solange die URL der jeweiligen Quelle eingegeben
wird von Wikipedia oder anderen GFDL-lizensierten Quellen kopiert werden
dürfen. Die Profile der Musiker werden also nicht von den Musikern selbst
gestaltet. Zu jedem Künstler gibt es zusätzlich die Information wie oft dieser
gespielt
wurde,
wie
viele
Hörer
es
auf
Last.fm
gibt,
News
und
eine
Kommentarfunktion. Zusätzlich verbindet Last.fm diese Informationen mit der
Promotion von Konzertterminen und den Musikverkauf über den Partner
7DIGITAL als Download bzw. über amazon.com als Tonträger (vgl. Warm 2008,
S. 74).
14
www.lastfm.de/about Abruf am 4.12.2008
85
Interaktiv: Kommunikation und Partizipation
Um auf Last.fm kommunizieren zu können, muss ein Profil angelegt werden.
Danach
hat
man
zahlreiche
Möglichkeiten
sich
in
die
Social
Software
einzubringen.
One–one-Kommunikation 4
Die öffentliche One-one-Kommunikation wird durch sogenannte „Shoutboxen“
ermöglicht. Diese sind in jedem Profil integriert und können auch von „NichtFreunden“ zum kommentieren des Musikgeschmacks des Profilinhabers oder
auch für alle anderen Nachrichten genutzt werden.
One-Many-Kommunikation 4
Die zuvor erwähnten Shoutboxen befinden sich auch auf den jeweiligen Profilen
der Künstler sowie auf den Informationsseiten über Events. So können sich die
unterschiedlichen User durch diese Kommentarfunktion über die letzte Platte
oder das letzte Konzert des jeweiligen Künstlers unterhalten. Ein zusätzliches
Angebot bietet Last.fm mit einem persönlichen Blog für jeden User. Auch da
Last.fm-Team selbst führt einen Blog.
User Generated Content - Many-many Kommunikation 4
Die Möglichkeit, selbst User Generated Content bereit zu stellen, haben die User
von Last.fm indem sie Informationen zu den Musikern ganz im Stil von Wikipedia
gemeinsam
verfassen.
Diese
Texte
werden
also
ausschließlich
von
den
Profilinhabern editiert.
Profile 3
Die Profile von Last.fm wurden schon mehrfach erwähnt. Eine Besonderheit dabei
ist, dass die User ihre Profile neben dem Uploaden eines Fotos und der Eingabe
einiger weniger Daten zu Person (z.B. 26, Weiblich, Österreich) nur über ihre
gehörte Musik gestalten können.
Um ein User-Profil anlegen zu können, gibt es verschiedene Möglichkeiten: Eine
Möglichkeit besteht darin, sich durch das Last.fm-Repertoire zu hören und jeden
Titel (oder ganze Alben), der einem gefällt mittels „Add to profile button“ seinem
86
Profil hinzuzufügen. Eine andere Möglichkeit sich ein Profil anzulegen kann durch
den MP3-Player und dem „Audioscrobbler Plug In“ erfolgen. Hierfür werden
einfach die Titel vom MP3-Player auf den Last.fm-Server übertragen. Oder man
hört einfach Last.fm-Radio und fügt die ausgewählten Songs zu seinem Profil.
Das User-Profil schließlich gibt Auskunft über den Inhalt und kann natürlich
entsprechend editiert werden (vgl. Steindl 2007, S. 85-86).
Die
Profilbesitzer
können
nach
erfolgreicher
Registrierung
auch
andere
Profilbesitzer als „Freunde“ zum eigenen Profil hinzufügen. Weiters sind auf den
Profilseiten die letzten Aktivitäten, die Freunde, die persönlichen Hitlisten und
vieles mehr einsehbar.
Abonnementen (Kosten 2,5 EURO/Monat) unterscheiden sich von den „normalen“
Usern dadurch, dass sie die Möglichkeit haben, Besucher ihres Profils zu sehen,
dass sie keine Werbung erhalten, unendlich viele Playlisten erstellen können,
eine weitere Radiostation „Lieblingslieder“ (diese müssen eigens dafür getaggt
werden)
nutzen
können,
eine
„Top-Priorität“
zum
Webserver
und
zum
Radioserver zu den Hauptzeiten bekommen und Beta-Versionen schon vor allen
anderen User testen zu können.
Tagging 4
Jeder Besitzer eines Profils kann seine Musik auch ganz einfach mit eigenen
Worten kategorisieren. Inhalte werden bei Last.fm ausschließlich durch die
Community klassifiziert. Auf den Seiten der Musiker sind die jeweiligen Tags
dann sichtbar und informieren die anderen User über Musiker, die mit denselben
Worten getaggt wurden. Die Tags der User können auf den Profil-Seiten
durchsucht werden. Die Tagcloud von Last.fm kommuniziert zusätzlich die
Relevanz der einzelnen Objekte durch vergrößerte Darstellung der häufigsten
Tags.
Präferenzaktiv 4
Last.fm ist ein Online-Radiosender mit der Besonderheit der CollaborativeFiltering-Methode. Ähnlichkeiten von Eigenschaften eines Songs sind dem
Recommender-System
angenommen,
dass
von
jene
Last.fm
Benutzer,
nicht
die
bekannt.
einen
Stattdessen
gewissen
wird
Musikinterpreten
87
favorisieren, ebenfalls jene Interpreten bevorzugen, die der gleichen Gruppe von
Interpreten zugeordnet werden. Nachdem die User ein Profil erhalten und schon
einige Musiktitel gehört haben, ermittelt Last.fm mittels dieser Methode
Korrelationen zwischen Personen mit ähnlichen Präferenzen, so genannte
„Nachbar-Verbindungen“. Dies sind User, die die gleichen Musiktitel oder
Musikstile
bevorzugen.
Last.fm
benutzt
diesen
Ansatz
jedoch
mit
unterschiedlichem Fokus als andere Systeme. Anstatt den Algorithmus, der die
Empfehlungen identifiziert, zu verbessern, versucht der Ansatz von Last.fm den
Datenbestand zu korrigieren und zu vervollständigen (vgl. Mortensen 2007,
S.20)
Auf diese Weise entstehen individuelle Radiosender, welche die Empfehlungen
von Last.fm an die User darstellen (vgl. Steindl 2007, S. 85-86).
Produktiv
Last.fm hat mittlerweile die Kataloge aller großen Majors im Programm und
ermöglicht die Aufnahme auch für alle anderen kleineren Labels. Die im
Repertoire erfassten Künstler erhalten ihre Tantiemen über die MCP/PRSVereinigung15, dem englischen Pendant zur AKM in Österreich oder der GEMA in
Deutschland (vgl. Steindl 2007, S. 85-86). Aber auch private Personen können
ihre eigenen Lieder einspeisen.
Prosuming 4
Künstler, die ihre eigene Musik bei Last.fm zum anhören freigeben wollen,
müssen sich zuvor als Künstler bei Last.fm registrieren lassen. Last.fm lockt mit
den Vorteilen einer großen Community, welche die Künstler zu PromotionsZwecken nützen können16.
Seit 1. Juli 2008 erhalten die Künstler ohne Plattenvertrag nun auch eine
Zahlung im Rahmen des „Artist Royalty Programms“ von Last.fm, welches durch
Werbeeinahmen finanziert wird. Jedes Mal wenn ein Künstler über die „Musik On
15
16
www.mcps-prs-alliance.co.uk Abruf am 7.01.2008
http://www.lastfm.de/uploadmusic?accountType=artist Abruf am 29.11.2009
88
Demand“-Funktion oder in einem Last.fm-Radio gespielt wird, erhält der Musiker
eine Vergütung17.
Crowdsourcing 3
Nur als Abonnement hat man bei Last.fm die Möglichkeit, Beta-Versionen schon
vorab zu testen und diese zu kommentieren. Man wird dabei von Last.fm explizit
um Mithilfe gebeten.
Last.fm stellt ein interessantes Geschäftsmodell von Social Commerce innerhalb
von Social-Music-Plattformen dar. Der Nutzer wird entsprechend seiner Vorlieben
mit Musik versorgt. Gleichzeitig ist es möglich, mit Hilfe von Social Filtering jene
Nutzer zu identifizieren, die dem eigenen Musikgeschmack am nächsten kommen
um ein Netzwerk aufzubauen (Vgl. Baechle 2008, S.131). Das Geschäftsmodell
von Last.fm ist auf drei Säulen aufgebaut. Durch Vermittlungsgeschäfte
Abonnements für Extra-Features und klassische Werbung auf der Homepage
werden Erlöse erzielt (vgl. Warm 2008, S. 74).
2.2.
MySpace
MySpace ist eine mehrsprachige Social Networking-Website, die es den Nutzer
ermöglicht, kostenlose Benutzerprofile mit Fotos, Videos, Blogs, Gruppen usw.
einzurichten. Mit über 180 Millionen Mitgliedern ist MySpace eine der größten
Communities im WWW. Der Schwerpunkt von MySpace liegt seit Gründung durch
Tom Anderson im Jahre 2003 auf der Musik. Anderson nutzte seine Kontakte zu
Künstlern
und
Bands
und
überzeugte
sie
davon,
sich
„ihren
MySpace“
einzurichten. Damit wurde es möglich, dass Bands und Fans miteinander in
Kontakt treten konnten (vgl. Ebersbach; Glaser; Heigl 2008, S. 83).
„MySpace has joined forces with music giants Warner Music Group,
Universal, Sony BMG and EMI to create MySpace Music - the world´s
richest music experience. MySpace has over 5m artists/bands worldwide
17
http://blog.last.fm/2008/07/09/calling-all-musicians Abruf am 29.11.2009
89
connecting with 120m consumers who play over 6 billion tracks per
month, making it the planet´s most visited music destination. But it´s not
just about streaming music. MySpace Music offers purchasable MP3
downloads, ringtones, gig tickets, merchandise and much more. This
prompted David Sinclair of Word to state “for the global community of
musicians and music fans, it´s (MySpace Music) turning into a music
version of Google.”18
Passiv 2
User können auf MySpace-Music die Profile aller Künstler die sich bei MySpace als
Musiker registrieren haben lassen - auch ohne selbst einen Account zu besitzen besuchen. Auf diesen Profilseiten können Musiker ihre eigene Musik hochladen
und diese kann dann (passiv) gehört werden. Interessant ist die „Add to my
profile“-Funktion19,
welche
jedem
Profilinhaber
ermöglicht
hochgeladene
Musikstücke dem eigenen Profil hinzuzufügen. Allerdings können Künstler nicht
mehr als 4 Lieder ihrem Profil hinzufügen, somit muss danach (aktiv) wieder ein
neuer Künstler gesucht werden. Das MySpace-Radio kann ebenfalls, ohne dass
ein Account angelegt werden muss, genutzt werden. Es handelt sich dabei um
einen
Podcast,
also
einer
speziell
für
MySpace
zusammengestellten
Radiosendung, und nicht um ein personalisiertes Radio.
Informativ 4
Die Musiker gestalten ebenso wie die „normalen“ User ihre Profilseiten selbst,
durch Angaben zur Person, über Videobeträge und Fotos20. Die MySpace-Seiten
der Musiker sind meist gut sortiert, damit die User schnell Informationen über
Neuerscheinungen und Tourdaten erhalten. Mittlerweile lassen viele berühmte
Künstler ihre MySpace-Seiten von ihrem Management oder ihrem Fanclub
betreuen.
18
http://creative.myspace.com/uk/trademarketing/downloads/moreopps.pdf Abruf am
22.12.2008
19
http://www.myspace.com/index.cfm?fuseaction=userTour.yourSpace
Abruf
am
22.12.2008
20
http://www.myspace.com/index.cfm?fuseaction=userTour.yourSpace
Abruf
am
22.12.2008
90
Interaktiv: Kommunikation und Partizipation
Um am Netzwerk auch aktiv teilnehmen zu können muss ein Profil erstellen
werden. Nach der Angabe einiger weniger Daten kann jedes Profil individuell
gestaltet werden. Die Profile können privat oder öffentlich sein, d.h. private
Profile können nur von den „friends“ angesehen werden können.
One-one Kommunikation 4
Auf MySpace wird auf den einzelnen Profilseiten öffentlich kommuniziert. Dazu
muss zuerst eine „Freundschaft“ zwischen den kommunizierenden hergestellt
sein. Mit der Funktion „Add comment“ können auf dem befreundeten Profil
Kommentare hinterlassen werden.
One-many Kommunikation 4
Ähnlich
der
One-one-Kommunikation
funktioniert
auch
die
One-many-
Kommunikation. Mittels „Bulletins“ können Informationen gleichzeitig an alle
befreundeten Nutzer versendet werden.
“Post a bulletin and your message will show up on all your friends' bulletin
boards.”21
Besonders vorteilhaft ist diese Funktion für Musiker die ihre Fans über
Neuigkeiten oder über Tourdaten informieren wollen.
Eine weitere Möglichkeit der One-many-Kommunikation hat jeder User über
seinen eigenen Blog.
User Generated Content – Many-many Kommunikation 1
Schriftlich erstellter User Generated Content im Sinne dieser Arbeit wird auf
MySpace nicht produziert. Die User partizipieren nur über die Kommentarfunktion
und erstellen keine gemeinsamen Inhalte. Allerdings werden die MySpaceRadiosendungen gemeinsam mit den Usern erstellt.
21
http://bulletins.myspace.com/index.cfm?fuseaction=bulletin Abruf am 22.12.2008
91
„MySpace have created the world’s first user generated radio station. The
station showcases the latest emerging talent and invites user audition for
a chance to be the show's weekly co-host and, as you would expect from a
user generated station, their fate is decided by the listeners.”22
Profile 4
Ein MySpace-Profil kann auf sehr unterschiedliche Weise gestaltet werden. Diese
individuellen
Gestaltungsmöglichkeiten
mittels
Fotos,
Musik,
Videos
und
Textbeiträgen lassen eine ausgeprägte virtuelle Selbstdarstellung zu. Die dem
Profil hinzugefügte Musik wird automatisch beim Aufrufen der Profilseite
abgespielt und trägt somit wesentlich zur Profilgestaltung bei.
“One of the core reasons MySpace users love the site and keep coming
back, long after they have lost interest in other sites is the creativity and
self-expression the site allows. MySpace can now reveal that we have
revolutionised the way our users manage their profiles making this selfexpression even more fun than before and removing the need to have any
CSS/HTML knowledge or design input from third party sites.”23
Tagging 0
Die Musiker auf MySpace-Music werden zwar in Genres unterteilt, diese basieren
aber nicht auf User-Tags. Es handelt sich um eine Taxonomie aufgrund des
angegebenen Genres des Musikers.
Präferenzaktiv 0
Auf MySpace-Music werden täglich andere Musiker präsentiert und auch die TopKünstler können schnell identifiziert werden. Jedoch basiert dies nicht auf einer
persönlichen Empfehlung. Persönlich können Musikempfehlungen nur mittels
Kommentarfunktion zwischen den Usern ausgetauscht werden.
22
http://www.myspace.com/ukadvertising Abruf am 22.12.2008
http://creative.myspace.com/uk/trademarketing/downloads/moreopps.pdf Abruf am
30.12.2008
23
92
Produktiv
Alle registrierten Musiker können Musik bei MySpace hochladen, solange es sich
um ihre eigene Musik handelt oder sie berechtigt sind diese weiter zu
vertreiben.24
Prosuming 4
MySpace setzte bei der Gründung 2003 den Schwerpunkt auf die Vernetzung von
unabhängigen Musikern und Bands. Mittlerweile ist der Besitz eines MySpaceProfils
für
jede
Band
zum
Muss
geworden,
da
MySpace,
wie
im
Eingangsstatement festgehalten, versucht eine Musikversion von Google zu
werden.
„One big reason to get involved in MySpace is that it´s a great way to
rapidly build your mailing list. […]That pays dividends down the road, as
once someone is on my list I can remind them about my music on a
regular basis. It also gives me more people to promote my concert events
to when I go on tour.” (Nevue 2007, S. 108)
Crowsourcing 1
Eine deutsche Beta-Version wurde Ende 2006 online gestellt und hat im Januar
2007 bereits mehr als 2,5 Millionen Mitglieder25.Seit Sommer 2007 gibt es auch
eine Österreichische Version. Die User werden aber nicht aufgefordert an der
Beta-Version mitzuarbeiten.
2.3.
SellaBand
Das seit 2006 bestehende Angebot SellaBand setzt sich einen sehr interessanten
Schwerpunkt:
Die
Promotion
und
Produktion
von
Neuentdeckungen
mit
Unterstützung der Fans.
24
http://signups.myspace.com/index.cfm?fuseaction=signupBand Abruf am 30.12.2008
Spiegel-Online 01.08.2007,
http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?id=50109989&top=SPIEGEL
Abruf am 22.12.2008
25
93
"To unite Artists and Fans in an independent movement that aims to level
the playing field in the global music industry."26
Üblicherweise schließen Musikschaffende Verträge mit Labels über eine oder
mehrere
Tonträgerproduktion/en
ab.
Der
Labelvertrag,
der
auf
dem
Leistungsschutzrecht basiert, garantiert im Idealfall auf längere Sicht Einnahmen
aus Tonträgern. Die Bindung ist meist exklusiv, das heißt, dass der Tonträger nur
bei dem Label veröffentlicht wird, mit dem der Vertrag abgeschlossen wurde. Die
Exklusivität ist für das Label wichtig, weil es nur so zum einzigen Verwerter der
Leistungsschutzrechte
wird.
Die
Exklusivität
kann
aber
Nachteile
für
Musikschaffende mit sich bringen, vor allem wenn sich der Vertrag über mehrere
Tonträgerproduktionen (und damit über Jahre) an das eine Label bindet.
Musiklabels schießen die Kosten für Produktion, Tournee und Marketing vor,
wodurch Musikschaffende oder Bands häufig gezwungen sind lange Zeit Schulden
abzuzahlen (vgl. Sperlich 2005, S. 91f).
Alternativen bilden Angebote wie www.sellaband.com, welche Musikschaffenden
ermöglichen ohne Verträge und ohne Kosten, sondern durch Fanpartizipation,
einen Tonträger zu produzieren. Jede CD-Produktion wird in 5000 Parts unterteilt
wobei jeder Nutzer einen oder mehrere Parts zum Preis von je 10$ kaufen kann.
Ist die gesamte Summe von 50.000$ erreicht, wird der Band ein A&R-Manager,
ein Produzent und ein Studio zur Verfügung gestellt.
Zwei große Vorteile ergeben sich aus dem Konzept SellaBand: Erstens sind die
Künstler zu keiner Zeit an SellaBand gebunden und können jederzeit einen
Labelvertrag ihrer Wahl unterschreiben. Zweitens steht ein großes Netzwerk an
Musikbegeisterten auf der Plattform SellaBand zur Verfügung, welches dem
Bekanntwerden und der Promotion der Band hilft.
Als
Nutzer
dieser
Plattform
wird
man
interessanterweise
als
„Believer"
bezeichnet, was zum Ausdruck bringen soll, dass man an seine jeweiligen
LieblingskünstlerInnen glaubt und sie deshalb unterstützt. Typisch für Social
26
http://www2.sellaband.com/aboutus.html Abruf am 4.01.2009
94
Software
sind
die
jeweiligen
Profile
der
„Believers"
und
deren
Informationsaustausch untereinander, welcher der Künstlerpromotion dient.
Ist die CD produziert, sind 3 Lieder des neuen Albums auf der Webseite von
SellaBand
gratis
verfügbar,
die
anderen
können
gegen
eine
Gebühr
heruntergeladen werden. Die CD selbst kann über die Webseite, über die
einzelnen Believer-Profile und über den Künstler bezogen werden. Jeder Believer
erhält für seine Teilnahme eine CD. Die Einnahmen aus den Downloads und CD
Verkäufen werden zwischen SellaBand, Musiker und auch Believer geteilt. Somit
soll die aktive Promotion durch die Believer gefördert werden.
Derzeit (Stand Juli 2008) haben 23 Musiker durch die seit 2006 bestehende
Plattform eine CD-Produktion erreicht. Neben den Gründern Johan Vosmeijer
(ehemals
bei
Sony/BMG),
Pim
Betist
und
Dagmar
Heijmans
(ehemals
Sony/BMG), hat die Plattform mittlerweile 7 weitere Mitarbeiter27.
Passiv 2
Um Musik auf SellaBand hören zu können muss man noch kein Profil angelegt
haben. SellaBand bietet ein Radio (auch als „Stand Alone Player“) welches
spezielle Playlisten (z.B. New Uploaded Tracks) zusammenstellt. Man hat aber
auch die Möglichkeit direkt einen Künstler auszuwählen und nur die Musik des
jeweiligen Künstlers zu hören. Dabei entscheidet der Künstler welche Musik
upgeloadet wird. Ist von diesem Künstler schon ein Album über SellaBand
produziert worden, stehen von diesem Album 3 Lieder zur Verfügung. Sobald
man ein
Profil erstellt hat, kann der
Believer seine
eigenen Playlisten
zusammenstellen und seinem Profil anhängen28.
Informativ 2
Um weiterführende Informationen zu den jeweiligen Musikern und Bands zu
finden, müssen deren selbst erstellten Profile besucht werden. Die Musiker haben
die Möglichkeit Informationen in Form von Text-, Bild- und Videoeinträgen
27
http://www2.sellaband.com/aboutus.html Abruf am 30.12.2008
http://www.sellaband.com/player und http://www.sellaband.com/search/?search=1
Abruf am 30.12.2008
28
95
bereitzustellen. Zusätzlich sieht man den Status (Anzahl der verkauften Parts)
der Band oder des Musikers und die Netzwerkbewegungen rund um die
Profilseite.
Interaktiv: Kommunikation und Partizipation
Die Web 2.0-Plattform SellaBand bietet unterschiedliche Möglichkeiten der
Kommunikation und Partizipation. Besonders an SellaBand ist, dass auch die
User für ihre Bemühungen auf der Plattform entlohnt werden.
One-one Kommunikation 3
Die Kommunikation zwischen den Usern ist auf den jeweiligen Profilseiten
einsehbar und findet mittels Kommentarfunktion statt. Hauptsächlich wird diese
Kommunikation aber nicht von den Usern untereinander genützt, sondern von
Musikern und Bands um User gezielt auf ihre Musik aufmerksam zu machen.
One-many Kommunikation 2
Den Profil-Seiten der Musiker kann jeder User Kommentare anfügen. Aber auch
der Künstler selbst kann hier Informationen hinzufügen. Die Nutzung der Onemany-Kommunikation ist aber auf SellaBand viel häufiger genutzt
User Generated Content – Many-many Kommunikation 0
Grundsätzlich erstellen die User von SellaBand nicht die Inhalte über Musiker und
Bands. Die Möglichkeit der User sich für die Promotion einer oder mehrerer
Bands stark zu machen, kann zwar als User Generated Content gesehen werden,
aber nicht im Sinne dieser Arbeit. Im eigenen Profil erhält man einen „PromoTool-Bereich“, welcher zur freiwilligen Vermarktung der Künstler (in die der
Profilinhaber investiert hat) einladet. Die Believers können z.B. einen ShopBereich einrichten und direkt über ihr Profil die Musik ihrer Lieblingskünstler
verkaufen, aber auch ganz einfach Informationen über Künstler bereitstellen.
Profile 4
SellaBand basiert fast ausschließlich auf Profilen. Sowohl die User als auch die
Künstler erstellen ihre Profile selbst. Dabei besteht die Möglichkeit neben der
Bekanntgabe von textuellen Informationen auch Fotos und Videos hochzuladen.
96
Jedem User und Künstler steht auch ein eigener Blog zur Verfügung. Die
persönlichen
Angaben
beschränken sich
auf
das
Herkunftsland
und
den
Eintrittstermin in die Plattform; optional können auch Geschlecht und Alter
angegeben werden.
Tagging 4
Inhalte werden auch auf SellaBand mittels Tagging sortiert. Dabei werden die
meistgenutzten Tags zu einem Künstler größer dargestellt in der Tagcloud. Auf
den Profilseiten der Künstler können die Tags zum jeweiligen Künstler, auf den
Profilseiten der User können die persönlich getaggten Inhalte eingesehen
werden.
Präferenzaktiv 0
SellaBand arbeitet nicht mit Präferenzen oder Empfehlungen. Neuheiten werden
über Playlisten verbreitet. Diese werden aber nicht nach Ähnlichkeiten im
Musikstil oder der User zusammengestellt, sondern nach z.B. neuen Künstlern
oder den erfolgreichsten Künstlern der Plattform. Ein Recommender System
kommt nicht zum Einsatz.
Produktiv
Die Vision von SellaBand ist es Künstler ohne Labelvertrag eine Plattform zur
erfolgreichen Promotion zu bieten. Dabei ist es unerlässlich die Musikstücke der
Künstler gratis anzubieten.
Prosuming 4
Um als Künstler überhaupt bei SellaBand teilnehmen zu können, müssen eigene
Musiktitel hochgeladen werden. Die Künstler tragen somit ausschließlich und
direkt zum Content der Plattform bei. Die Plattform selbst unterstützt dann die
Bekanntmachung der Musiktitel. Anders als bei anderen Plattformen ist jedoch
die Möglichkeit, dass die Künstler, falls ihre Promotion erfolgreich ist und sie die
50.000 Parts verkauft haben, ein Produzent und ein A&R-Manager zur Seite
gestellt wird. Gemeinsam wird ein Album produziert, von dem wiederum drei
Titel der Plattform zur Verfügung gestellt werden.
97
2.4.
Musikspezifische Weblogs
Weblogs sind bekannt für ihren alternativen Journalismus in Tagebuchform
(siehe dazu Kapitel III.2.1.), aber auch im Bereich der Musik und des
Musikjournalismus sind unzählige Weblogs entstanden. Die Angebote ähneln sich
in Hinblick auf Funktion und Aufbau sehr stark und werden daher gemeinsam
untersucht
–
die
gesamte
musikspezifische
Blogosphäre
steht
bei
der
Betrachtung im Mittelpunkt. Blogs werden auf einer sehr individuellen und
persönlichen Ebene verfasst und sind meist auf ein bestimmtes Musikgenre oder
auf eine bestimmte Musikpräferenz beschränkt. Die Betreiber promoten ihre
musikalischen Neuentdeckungen mittels eigenen Textbeiträgen, Videostreams
von
YouTube,
Distributionsverbindungen
zu
Amazon.com
und
mit
Musikdownloads.
„Any music file you acquire following provided links, use only for your own
evaluation purpose, and delete it within 24 hours. If you like anything of
the music presented here, please buy it.”29
“The MP3s on this site are only available for 6 days. My intention is not to
violate copyright laws. If you are owner (copyright or creator) of an MP3
posted here and are unhappy about its use, please email me and I will
delete it immediately.”30
Passiv 0
Passiv kann ein Weblog sehr schlecht genutzt werden. Da sich die hier
untersuchten Weblogs hauptsächlich mit relativ unbekannter Independentmusik
beschäftigen, muss zuerst das Blog nach passender Musik durchsucht werden.
Erst dann können die Audiodateien ausgewählt werden. Über eigene Player oder
Playlisten, welche die Musik auf dem Blog zusammenstellen könnten, verfügen
die Blogs nicht.
29
30
http://indiesurfer.blogspot.com Abruf am 09.12.2008
http://mp3hugger.com/2007/05/about-mp3hugger.html Abruf am 09.12.2008
98
Für die Nutzung aller Inhalte, auch musikalischer, ist allerdings keine Anmeldung
erforderlich. Erst wenn man aktiv in die Kommunikation eintreten will, muss man
sich dem Netzwerk anschließen, einige Blogger lassen aber auch das anonyme
Verfassen von Beiträgen zu.
Informativ 4
Die
große
Stärke
musikspezifischer
von
Weblogs
Informationen.
liegt
Je
in
der
nach
Aufbereitung
persönlichem
alternativer,
Interesse
des
Blogbetreibers werden Informationen zu den unterschiedlichen Musikgruppen
und Genres bereitgestellt. Die Informationen tragen immer die persönliche Note
des Autors und können nicht als Tatsachen angesehen werden. Im lokalen oder
regionalen Musikjournalismus haben die Blogger aber die Vorteile Informationen,
welche für „seriöse“ Journalisten unerheblich wären, schnell und detailiert einer
großen Öffentlichkeit zu unterbreiten (siehe dazu Seite 45 Blogs und die
traditionellen Medien).
Um die Menge an Information filtern zu können, verfügen alle Blogs über eine
Suchfunktion und über eine Art Abosystem (RSS-Feed). Mittels RSS-Feed können
die Besucher des Blogs auf zuvor definierte, neu erschienene Artikel eines oder
mehrerer Blogs zugreifen, ohne jeden einzelnen Blog aufrufen zu müssen. Dabei
ist ein RSS-Abonnement nicht auf reine Text-Inhalte beschränkt. Auch Audiooder Video-Inhalte (Podcasting) können via RSS abonniert werden.
Interaktiv: Kommunikation und Partizipation
One-one-Kommunikation 0
Eine
persönliche
One-one-Kommunikation
ist
in
der
Blogosphäre
eher
unerheblich. Vielmehr steht die Diskussion des Contents, des Inhalts, im
Vordergrund.
One-many-Kommunikation 4
Die zuvor erwähnte Aufbereitung musikspezifischer Inhalte erfolgt in der
Blogosphäre mittels One-many-Kommunikation, also mittels Kommentarfunktion.
Der Content wird durch Kommentare und deren Verlinkung mittels Trackbacks
99
und Blogrolls aufgebaut. So entsteht ein Netz an Informationen zum jeweiligen
Thema.
User Generated Content – Many-many Kommunikation 1
Aus der One-many-Kommunikation wird in der Blogosphäre durch das Verfassen
von Kommentaren, das Hinzufügen von Trackbacks und Permalinks eine Manymany-Kommunikation
zu
einem
spezifischen
Thema.
Das
Gesamtbild
betrachtend, ergibt dies einen User-Generated-Content, der zwar jeweils ein
Thema generiert, dies aber in einer sehr persönlichen und ungeordneten Weise.
Der Content selbst wird nicht verändert oder aktualisiert sondern durch
Kommentare erweitert. Um User-Generated-Content im Sinne des definierten
Kriteriums handelt es sich dabei eher nicht.
Profile 1
Ebenso wie die One-one-Kommunikation ist auch die persönliche Darstellung
durch Profile unerheblich. Die Teilnehmer an einem Blog, also die Verfasser der
Kommentare, sind nur registriert und
erhalten kein Profil. Die
meisten
Partizipatoren betreiben stattdessen selbst einen Blog. Das Betreiben eines Blogs
in der Blogosphäre kann aber gleich, wie die Gestaltung eines Profils in einem
Netzwerk gesehen werden. Denn der Autor des Blogs ist in seinem Blog stil- und
themenbestimmend. Er entscheidet über die Inhalte und deren audiovisuelle
Aufbereitung. Die Person selbst steht dabei aber meist im Hintergrund.
Tagging 0
Blogs sind rückwärts chronologisch sortiert.
Zusätzlich bieten die Blogger
unterschiedliche Orientierungshilfen, wie z.B. Archive, Recent Posts, Blogroll. Das
Ordnen mittels Tags ist unüblich. Die verschiedenen Blogs selbst werden aber auf
Seiten wie www.delicious.com mittels Tags geordnet.
Präferenzaktiv 0
Durch das Fehlen von Profilen und Angaben zu den eigenen Präferenzen ist die
Nutzung eines Recommender-Systems nicht möglich. Ein Blog selbst ist aber eine
Art Empfehlung an die Themeninteressierten.
100
Produktiv 0
Der Blogger ist durch seine selbst motivierte Betreibung des Blogs einer der
Produzenten des Blogs. Die meisten Blogger widmen sich der Musik aber als
Journalisten und nicht als Musiker, welcher seine Musik selbst hochlädt. Auch die
Erweiterung der Blogosphäre, welche ausschließlich durch die Blogger erfolgt,
kann zwar als eine Art Crowdsourcing gesehen werden, im Sinne des zuvor
definierten
Kriteriums
Crowdsourcing,
ist
diese
Aktivität
aber
nicht
mit
einzubeziehen.
101
Tabelle 3: Gegenüberstellung der Web 2.0-Angebote
Last.fm
MySpace
SellaBand
Weblogs
Passiv
3
2
2
0
Informativ
4
3
2
4
One-one
4
4
3
0
One-many
4
4
2
4
Many-many
4
1
0
1
Profil
3
4
4
1
Tagging
4
0
4
0
Präfernzaktiv
4
0
0
0
Prosuming
3
4
4
0
Crowdsourcing
3
1
0
0
Kommunikativ
Partizipativ
Produktiv
Quelle: Eigene Angaben
Bei der Gegenüberstellung der Web 2.0-Angebote fällt auf, dass das Kriterium
One-many-Kommunikation am stärksten ausgeprägt ist. Die Kommunikation und
Partizipation mittels Kommentaren scheint für die User als befriedigendste
Methode am Web 2.0 teilzunehmen. Durch die Wichtigkeit dieses Kriteriums
entstehen besonders in der Musikpromotion neue Möglichkeiten (siehe dazu
Teil V.).
Zum passiven Musikkonsum kann das Web 2.0 sehr schlecht genützt werden, für
ein „Berieseln lassen“ ist zumindest ein zuvor eingegebenes Suchkriterium
notwendig. Meisten können nur einige wenige Lieder am Stück gehört werden.
An Information mangelt es dem Web 2.0 allerdings nicht. Diese ist meist sehr
aktuell und detailiert, die Quellen sind aber oft nicht angegeben.
Die größte Stärke liegt bisher, wie bereits erwähnt, in der Kommunikation, aber
das Web 2.0 hat auch viele Angebote hinsichtlich der Partizipation. Außer in der
Profilgestaltung, bieten die musikspezifischen Web 2.0-Angebote aber vorerst nur
102
wenige Möglichkeiten im Bereich des Taggings oder in der gemeinsamen
Gestaltung von Inhalten.
Der Einsatz von Recommender-Systemen ist bei Distributionsanbietern wie
amazon.com nicht mehr wegzudenken. Musikspezifische Web 2.0-Anwendungen
müssen hier ihre Potentiale erst ausschöpfen.
Grundsätzlich ist im Web 2.0 jeder User produktiv, sobald er sich bei einem
Netzwerk registrieren hat lassen. Für musikalisch produktive Nutzer entwickeln
sich die Web 2.0-Angebote immer stärker zu einfachen, unbürokratischen und
günstigen Promotionsplattformen und unterstützen somit die Selbstvermarktung.
Alle
hier
untersuchten
Partizipation
und
Anwendungen
besonders
könnten
hinsichtlich
ihr
Angebot
Präferenzaktivität
hinsichtlich
noch
deutlich
verbessern. Jedoch ist im Web 2.0 die Glaubwürdigkeit der Plattform und der
Nutzen für den User im Vordergrund, und diese scheinen bisher mit einer
umfassenden Kommentarfunktion am besten zufrieden gestellt zu werden.
103
V. Auswirkungen auf die Musikpromotion
Die
große
Stärke
musikspezifischer
Web 2.0-Anwendungen
liegt
in
der
Interaktivität. Am meisten ausgeprägt ist dabei die Kategorie One-manyKommunikation. Die One-many-Kommunikation als Kommentarfunktion wird in
allen musikspezifischen Web 2.0-Anwendungen angeboten und trägt im weiteren
Sinne
zum
User
Generated
Content
bei.
Die
Promotion
von
Musik
als
Kernaufgabe der Musikindustrie könnte sich dadurch entscheidend verändern
(siehe dazu Kapitel II.2.).
Bisher übernahmen die herkömmlichen Massenmedien die Funktion des Mittlers,
Filters und Promotors für die Musikindustrie. Diese Funktion begründet darauf,
dass Tonträgerkäufe zu 60 Prozent Zielkäufe sind und zu 40Prozent Impulskäufe.
Zielkäufe werden maßgeblich durch die Medien angeregt, aber auch an
Impulskäufen können Medien beteiligt sein. Zum Beispiel können Erinnerungen
an ein Lied, das man im Radio gehört hat, zu einem spontanen Kauf motivieren.
Die Ursachen für die Wahrnehmung eines gekauften Produktes (Source of
Awareness) haben sich, wie unten stehende Tabelle zeigt, in den letzten Jahren
stark verändert. Die klassischen Promotionskanäle Radio und Fernsehen haben
deutlich verloren, umgekehrt hat das Internet als neuer Promotionskanal klar
zugelegt (vgl. Mahlmann 2008 S. 144).
Tabelle 4: Sources of Awareness in Prozent für Promotion 2001-2007
Medium
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
Radiosendungen
9,8
6,5
5,0
4,9
4,4
4,5
4,9
TV-Sendungen
5,1
3,7
4,5
3,6
4,2
3,3
3,4
MTV&VIVA
15,5
13,2
13,2
9,1
5,5
4,2
3,4
Konzert
2,0
1,6
1,9
1,7
2,4
3,0
2,5
Printmedien
3,4
2,6
2,8
3,0
2,9
2,8
3,0
Internet
2,8
3,4
4,2
4,7
5,1
4,8
8,5
Quelle: Eigene Darstellung nach Clement, Schusser, Papies S. 145 (GfK)
Angesichts der Tatsache, dass Musikpromotion der Absatzsteigerung von
Tonträgern dient und diese in den letzten Jahren deutlich abgenommen hat, ist
104
es nicht verwunderlich, dass auch die Künstler selbst auf andere Promotionswege
ausweichen. Künstler konzentrieren sich angesichts unsicherer Einnahmen aus
dem
traditionellen
Tonträgergeschäft
stärker
auf
Konzertaktivitäten.
Bekanntestes Beispiel für die Entwicklung sind Prince, der seine neueste CD im
Jahr 2007 umsonst einer Zeitschrift beilegte, und Madonna, die von ihrem
bisherigem Label Warner Music zu einem Unternehmen (Live Nation) wechselte,
das bisher primär als Konzertveranstalter aufgetreten war (vgl. Altig, Clement,
Papies 2008 S. 17).
Dies ist ein Feld, in dem die Labels bisher nicht an der Wertschöpfung
partizipieren. Plattenfirmen streben nun den Abschluss sogenannter 360-GradVerträge an. Denn durch die Promotion der Labels werden die Künstler aufgebaut
und die Konzert- und Merchandiseagenturen profitieren davon (vgl. Altig,
Clement, Papies 2008 S. 26).
Die fehlende Aufmerksamkeit der Kunden gegenüber den herkömmlichen
Musikpromotoren
wie
Radio
und
Fernsehen,
sowie
die
zunehmende
Unzufriedenheit der Künstler mit der Promotionstätigkeit ihrer Labels zeigt die
steigende Wichtigkeit der Promotion im Internet. Das Web 2.0 zeigt in der
Erreichung von Promotionsaufgaben entscheidende Vorteile gegenüber anderen
Medien.
Kundenkontakt und Kundenkommunikation
Die Plattenlabels haben traditionell keine direkte Kommunikation mit ihren
Kunden. Damit vermarktet die Musikindustrie ihre Produkte an eine relativ
unbekannte Masse (vgl. Clement; Papies; Schusser 2008, S. 10).
Die Entwicklung vom klassischen Sendekonzept (ein Sender – viele Empfänger)
hin zur individuellen Kommunikation öffnet neue Potenziale für den Musikmarkt.
Der physische Handel musste in den vergangenen Jahren die Kompetenz der
Kundenberatung
durch
den
Absatzverlust
immer
weiter
zurückfahren.
Kompetente Fachhändler gaben auf, und Megastores mit hoher Preiskompetenz
nahmen ihren Platz ein. Die Rolle des wichtigen Intermediär zum Kunden können
nun aber neue Technologien in Form von Netzwerken übernehmen. Durch
verschiedene Analysetechniken von Kundenpräferenzen, können Kunden gezielt
105
neue Produkte empfohlen werden, die ihren Vorlieben entsprechen. Diese neue
Software kann Lücken schließen. Der Kunde kann sogar seine eigenen
Präferenzen einbringen und trägt damit zur Meinungsbildung anderer bei. Diese
Prozesse sind im digitalen Handel geeignete Möglichkeiten, die Qualität des
Kundendienstes zu erhöhen, neue Nutzwerte einzubringen und gleichzeitig die
Kosten im Vergleich zum physischen Handel zu reduzieren (vgl. Dyk 2008 S.
202).
„Idealerweise findet ein Kunde beim digitalen Musikhandel der Zukunft ein
speziell auf ihn zugeschnittenes Angebot vor. Dazu gehören Hinweise auf
zu
seinem
Geschmack
passende
Musiktitel
und
Gruppen
sowie
Zusatzinformationen über Künstler, Konzerte in der regionalen Umgebung
[…].“ (Buxmann 2005, S.124)
Virales Marketing
Die Bedeutung von Word of Mouth-Kommunikation steigt, durch die einfachen
Kommentar- und Kommunikationsfunktionen und die schnelle Verbreitung dieser,
stark an. Dies
fordert einen neuen Umgang mit der
Word of Mouth-
Kommunikation von Seiten der Musikindustrie.
In diesem Zusammenhang wird oft der Begriff „virales Marketing“ verwendet.
Gemeint ist die Verbreitung von Botschaften im Internet durch virtuelle Mund-zuMund-Propaganda. Dazu benötigt man Inhalte, die besondere Aufmerksamkeit
erzeugen und das Pioniergefühl ansprechen. Gut eignen sich Inhalte die von Fans
selbst generiert werden und bewusst nicht professionell sind. Mit „viralen Tools“
können Fans zum Mitmachen ermutigt werden, deren Beiträge viel glaubwürdiger
wahrgenommen werden als anonyme Werbebotschaften. Vor allem das aktive
Weiterleiten von Information, über z.B. tell a friend-Funktionen zeigt sich als
geeignet, Botschaften zu verbreiten. Besonders wichtig ist es dabei, sogenannte
„Early Adopters“ zu erreichen und zu überzeugen. Diese können aber nur mittels
einer Pull-Strategie und nicht wie bisher im Musikmarketing üblich mit einer
Push-Strategie erreicht werden, d.h. die Kunden müssen direkt umworben und
können nicht durch generelle Werbung gewonnen werden (vgl. Mahlmann 2008
S. 155-156).
106
Kundenbindung
Die Einbeziehung von Social Networks stellte einen sehr interessanten Fortschritt
in der Internetpromotion dar, allerdings hat man es mit komplexen sozialen
Systemen zu tun, die eigenen Regeln und Normen folgen. Im Gegensatz zu den
konventionellen Ansätzen hat Internet-Promotion die Möglichkeit, Musik-Fans in
die Promotionarbeit mit einzubinden. Die Botschaft über Künstler und neue
Musikprodukte kann sehr effizient über Communities verbreitet werden, so dass
im optimalen Fall für den betreffenden Künstler Fan-Communities entstehen, die
ihrerseits den Kommunikationsprozess fortführen (vgl. Mahlmann 2008 S. 155156). Authentizität ist dabei wichtiger als Professionalität und Kreativität ist
wichtiger als technische Vollkommenheit.
„Für den Erfolg von Promotion gilt als eine wichtige Größe die „Story“: […]
Konsumenten können für diesen Kommunikationsprozess nur aktiviert
werden, wenn es zu Künstlern/Musikprodukten eine spannende und
interessante Geschichte zu erzählen gibt.“ (Mahlmann 2008 S. 145)
Die Industrie muss lernen, den Kunden viel dauerhafter mit Werken seines
Lieblingskünstler zu bedienen und vor allem auch, den Kunden direkt darüber zu
informieren. Das muss sich nicht auf die Veröffentlichung von Titel beschränken,
sondern bezieht sich auch auf das Liefern von Content und Gesprächsstoff über
den Künstler (vgl. Clement, Papies, Schusser 2008 S. 6).
Für die Kundenbindung ist also unerheblich, wie viele Features eine Plattform
bieten kann. Entscheidend sind die sozialen und identitätsstiftenden Faktoren,
wie zum Beispiel die Bereitstellung von Content und „die Wahrnehmung der
Bedeutsamkeit des eigenen Beitrags“. Die Wahrscheinlichkeit, dass Personen
einen zweiten Beitrag in derselben Community schreiben steigt um 12 Prozent,
wenn sie auf den vorangegangenen Beitrag eine Reaktion erhielten (vgl.
Sassenberger 2008, S. 58-59).
Web 2.0 stellt die Bedürfnisse der User und nicht die reine Information in den
Vordergrund und kann somit langfristige Bindungen herstellen.
107
Selbstvermarktung
Eine weitere Entwicklung zeigt, dass die Promotion eines Künstlers nicht mehr
abhängig ist von einem Plattenvertrag. Grundsätzlich hat das Internet die
Promotion von Musik und Künstlern „demokratisiert“. Zumindest in der ersten
Phase der Vermarktung braucht der Künstler nicht den großen Apparat der
Musikindustrie oder ein enormes Marketingbudget. Die kostengünstige InternetPromotion kann durch individuelle Maßnahmen eingeleitet werden und digitale
Verkäufe können auch ohne Vertriebsapparat stattfinden.
Der Erfolg der unabhängigen Künstlerin Anja Plaschg alias Soap&Skin zeigt die
mittlerweile hohe Effizient von Selbstvermarktung durch das WWW. Im Vergleich
zu stark promoteten Künstlern, wie etwa der Band „Cardic Move“, Gewinner des
Ö3 Soundcheck (größter Bandwettbewerb in Österreich), erhält die Künstlerin im
Internet einen höheren Bekanntheitsgrad und eine viel höhere Glaubwürdigkeit.
„Auf MySpace, einem der Tummelplätze der potentiellen Käuferschicht,
gratulieren der hoffnungsfrohen Combo [Cardic Move] gerade mal eine
Handvoll Freunde. Und „Friends“ sind mittlerweile die harte Währung im
Musikgeschäft, Version 2.0.“ (Profil 2008 Nr 47 / 39 Jg. S. 131)
Bisher hat die Erfahrung jedoch meist gezeigt, dass in den nachfolgenden Phasen
der
Verbreitung
eines
Musikprodukts
die
herkömmlichen
Massenmedien
unverzichtbar sind. Deshalb bleibt auch in der Literatur die Rolle von Web 2.0
noch
unklar.
Radio
und
Musikfernsehen
sind
nach
wie
vor
zentrale
Promotionsplattformen, die es zu bedienen gilt. Insofern spielen die Majors mit
ihren Kernkompetenzen auch im digitalen Zeitalter eine zentrale Rolle. Nur sie
haben das Potenzial, Künstler über längere Zeit zu unterstützen und auf großer
Basis und unter Berücksichtigung aller Medien zu vermarkten. Es wird nach wie
vor den Labels obliegen, aus der reichen Vielfalt lokalen musikalischen Schaffens
nach bestimmten Kriterien eine Auswahl zu treffen und diese regional oder
international zu vermarkten (Gebesmaier 2008 S. 175-176).
„Das reichlich düstere Stück [The Sun von Soap&Skin] wollten bislang 20Mal soviel entdeckungsfreudige Fans hören wie den zukünftigen Ö3-Hit.
Mit knapp einer halben Million Profilaufrufen und einer nicht enden
wollenden Mitteilungsflut enthusiasmierter Adoranten („Ich brenne für
108
diese Musik“) ist Soap&Skin kein Geheimtipp mehr. […] Gerade wurde ein
Vertrag mit dem weltweit operierenden Indie-Label PIAS unterzeichnet
[…].“ (Profil 2008 Nr 47 / 39 Jg. S. 132)
Vereinzelt zeigt sich, dass Musik, die zunächst als User Generated Content den
Weg in die Öffentlichkeit des Internets gefunden hatte, sich später auch im
traditionellen
Markt
etablieren
konnte.
Inwieweit
diese
Prozesse
zur
Wertschöpfung in der Musikindustrie auch abseits der Majors beisteuern können,
bleibt abzuwarten.
Die Präsentationsmöglichkeiten für die Musikindustrie und für die Künstler selbst
haben sich durch das Internet im Vergleich zu herkömmlichen Medien wesentlich
erweitert: Internet-Portale sind in der Darstellung der Inhalte wesentlich
flexibler, können Neuigkeiten über Künstler oder Charts kurzfristig aufnehmen.
Sie
sind
nicht
nur
schneller,
sondern
auch
interaktiv,
auch
wenn
die
Kommunikation mit den Teilnehmern nicht immer kontrollierbar ist. Die
Musikindustrie sollte die neuen Möglichkeiten ausschöpfen, auf die Intensivierung
von B2C-Beziehungen (Business to Consumer) bauen und sich Fan-Communities
zu Nutze machen, die es allerdings nach dem Aufbau auch zu pflegen gilt (vgl.
Mahlmann 2008 S. 155-156).
109
Schlusswort
Die Veränderungen meiner persönlichen Musikrezeption durch das Web 2.0
führten zum Interesse an dieser Arbeit. Zunächst beschäftigte ich mich mit dem
Thema Musikgeschmack und wie dieser grundsätzlich entsteht. Dabei stellte sich
heraus, dass vor allem das aktive Musikhören oder aktives Musizieren und die
Kommunikation über Musik, jene Aktivitäten sind, die sich bei der Musikrezeption
im Gehirn manifestieren und den Geschmack ausbilden.
Im „Mitmach Web“, dem Web 2.0, geht es genau um jene Aktivität, die es uns
erlaubt gestalterisch tätig zu werden und sich aktiv um unseren Musikgeschmack
zu kümmern. Um dieses medial so stark genutzte Schlagwort „Web 2.0“
untersuchen zu können, muss dieser Begriff für musikspezifische Angebote
typologisiert
werden.
Dabei
lag
es
auf
der
Hand
die
einzelnen
Anwendungsmöglichkeiten in ein Schema von passiv bis aktiv einzuordnen.
Als Kernaufgabe aller Web 2.0-Angebote stellt sich die Bereitstellung einer
umfassenden Kommentarfunktion heraus. Die User benutzen die Kommentare
untereinander um sich auszutauschen und sich gegenseitig Anerkennung zu
zollen und lassen durch ihre Kommunikation und Partizipation am Web 2.0 einen
User Generated Content entstehen, welcher unzählige Informationen für andere
User und auch Erkenntnisse für die Musikindustrie bereithält.
Das Web 2.0 ist den traditionellen Musikmedien einige Schritte voraus. Nicht nur
das Unmengen an Informationen bezüglich des Musikgeschmacks der User
gesammelt werden können, die Musik wird auch von den Usern mittels Social
Tagging geordnet. Web 2.0-Angebote kennen also ihre Kunden sehr genau und
haben den Vorteil, dass sie sehr preisgünstig agieren können, denn schließlich
stellen die Kunden den Inhalt selbst zur Verfügung.
Die größte Schwierigkeit für Web 2.0-Angebote am Markt bestehen zu bleiben,
ist die kritische Masse zu überschreiten und die Konkurrenz abzuhängen. Ein
erfolgreiches Musikmedium muss als Filter und Mittler in der Menge an
angebotener Musik fungieren und zugleich einen entscheidenden Kundenstock
anhäufen um am Markt bestehen bleiben zu können. Musikspezifische Web 2.0Angebote könnten dabei in der Wertschöpfungskette der Musikindustrie im
110
Bereich der Musikpromotion bzw. dem Musikmarketing besonderen Stellenwert
erhalten. Erfolgsversprechende Plattformen wie „Pandora“ wurden vom Markt
zwar wieder verdrängt. Andere Beispiele wie die Verkäufe von MySpace und
Last.fm könnten aber ein Indiz für den dauerhaften Erfolg vom Web 2.0 als
Musikpromotoren sein.
111
Literatur
ALBY, Tom (2007): Web 2.0. Konzepte, Anwendungen, Technologien. München,
2007
ALTIG, Ulrike; CLEMENT, Michel; PAPIES, Dominik (2008): Marktübersicht und
Marktentwicklung der Musikindustrie. In: CLEMENT, Michael; SCHUSSER,
Oliver; PAPIES, Dominik (Hrsg.) (2008): Ökonomie der Musikindustrie.
Wiesbaden, 2008, S. 17-26
ANDERSON, Chris (2007): The Long Tail. München, 2007
BAACKE, Dieter (Hrsg.) (1998): Handbuch Jugend und Musik. Opladen, 1998
BASTIAN, Hans Günther (1991): Jugend am Instrument. Opladen, 1991
BECK, Klaus (2006): Computervermittelte Kommunikation im Internet. München,
2006
BEHNE,
Klaus-Ernst
(1975):
Musikalische
Konzepte
-
Zur
Schicht-
und
Altersspezifität musikalischer Präferenzen. In: KRAUS, Egon (Hrsg.):
Forschung in der Musikerziehung. Mainz, 1975, S. 35-61
BEHNE, Klaus-Ernst (2002): Musikpräferenzen und Musikgeschmack. In: BRUHN,
Herbert; OERTER, Rolf (Hrsg): Musikpsychologie. Ein Handbuch. 4.
Auflage. Hamburg, 2002, S. 339-353
BENJAMIN, Walter (1989): Gesammelte Schriften Band II/3. Reflexionen zum
Rundfunk. Frankfurt am Main, 1989, S. 818-1526
BERGE, Stefan; BUESCHNIG, Arne (2008): Strategien von Communities im
Web 2.0. In: HASS, Bertold H,; WALSH, Gianfranco; KILIAN, Thomas
(2008): Web 2.0: Neue Perspektiven für Marketing und Medien. Berlin,
2008, S. 23-38
BLAUKOPF, Kurt (2002): Tonträger. In: BRUHN, Herbert; OERTER, Rolf (Hrsg):
Musikpsychologie. Ein Handbuch. 4. Auflage. Hamburg, 2002, S. 175-180
112
BOURDIEU, Pierre (1979): La distinction. Critique sociale du jugement, Paris,
Édition de Minuit, 1979. Deutsch: Die feinen Unterschiede. Kritik der
gesellschaftlichen Urteilskraft. Frankfurt am Main, 1982
BRIEGMANN,Frank;
JAKOB,
Hubert
(2008):
Management
der
Wertschöpfungskette. In: CLEMENT, Michael; SCHUSSER, Oliver; PAPIES,
Dominik (Hrsg.) (2008): Ökonomie der Musikindustrie. Wiesbaden, 2008,
S. 87-98
BROSIUS, Hans Bernt. (2006). Massenkommunikation. In: H. W. Bierhoff & D.
Frey
(Hg.),
Handbuch
der
Sozialpsychologie
und
Kommunikationspsychologie. Göttingen, 2006, S. 588-594
BRUHN, Herbert (2002): Tonpsychologie – Gehörpsychologie - Musikpsychologie.
In:
BRUHN,
Herbert;
OERTER,
Rolf
(Hrsg):
Musikpsychologie.
Ein
Handbuch. 4. Auflage. Hamburg, 2002, S.439-451
BRUHN, Herbert (2008): Musikpsychologie. Das neue Handbuch. Hamburg, 2008
BRUHN, Herbert; OERTER, Rolf; RÖSING, Helmut (2002): Musikpsychologie: Ein
Handbuch. 4. Auflage. Hamburg, 2002
BURKART,
Roland
(2002):
Kommunikationswissenschaft:
Grundlagen
und
Problemfelder. Wien, 2002
BÜTTNER, Katja (2008): Content-Based versus Collaborative Filtering. Frankfurt
am Main, 2008
CHARLTON,
Michael
interdisziplinären
(1997a):
Rezeptionsforschung
Medienwissenschaft.
In:
als
Aufgabe
CHARLTON,
einer
Michael;
SCHNEIDER, Silvia (Hrsg.) (1997):Rezeptionsforschung. Opladen 1997. S.
16- 39
CHARLTON, Michael; SCHNEIDER, Silvia (Hrsg.) (1997b):Rezeptionsforschung.
Opladen 1997
CLEMENT, Michel; PAPIES, Dominik; ALBERS Sönke (2008): Netzeffekte von
Musik. In: CLEMENT, Michael; SCHUSSER, Oliver; PAPIES, Dominik (Hrsg.)
(2008): Ökonomie der Musikindustrie. Wiesbaden, 2008, S. 45-58
113
CLEMENT,
Michel;
SCHUSSER,
Oliver;
PAPIES,
Dominik
(Hrsg.)
(2008):
Ökonomie der Musikindustrie. Wiesbaden, 2008
CRIPE, Billy (2007): Folksonomy, Keywords & Tags: Social & Democratic
Userinteraction in Enterprise Content Management. In: Oracle Business &
Technology
White
Paper:
Abruf
am
12.09.2008
http://www.oracle.com/technology/products/contentmanagement/pdf/OracleSocialTaggingWhitePaper.pdf
DOLLASE, Rainer (1998): Musikpräferenzen und Musikgeschmack Jugendlicher.
In: BAACKE, Dieter (Hrsg.): Handbuch Jugend und Musik. Opladen, 1998,
S. 341-368
DOLLASE, Rainer (2005): Musikalische Sozialisation. In: OERTER, Rolf; STOFFER,
Thomas: Spezielle Musikpsychologie. Göttingen, 2005, S.153-206
DÖRING, Nicola (2003): Sozialpsychologie des Internets: Die Bedeutung des
Internet für Kommunikationsprozesse, Identitäten, soziale Beziehungen
und Gruppen. Göttingen, 2003
EBERSBACH, Anja, GLASER, Markus; HEIGL, Richard (2008): Social Web.
Konstanz, 2008
EIBL, Thomas ; PODEHL, Bernd (2005). Internet. In: Jürgen Hüther/Bernd
Schorb
(Hrsg.),
konzipierte
Grundbegriffe
Medienpädagogik.
Auflage.
(S.
4.,vollständig
170-178)
neu
München:.
http://www.mediacultureonline.de/fileadmin/bibliothek/eiblpodehl_internet
/eibl-podehl_internet.pdf, Abruf am 11.03.2008
ERIKSON, Erik H. (1966): Identität und Lebenszyklus, Frankfurt, 1966
ERIKSON, Erik H. (1973): Identität und Lebenszyklus, Frankfurt, 1973
FRIEBE, Holm; LOBO, Sascha (2007): Wir nennen es Arbeit: Die digitale Boheme
oder: Intelligentes Leben jenseits der Festanstellung. München, 2007
GEBESMAIR, Andreas (2001): Grundzüge einer Soziologie des Musikgeschmacks.
Wiesbaden, 2001
114
GEBESMAIR, Andreas (2008): Die Fabrikationen globaler Vielfalt. Struktur und
Logik der transnationalen Popmusikindustrie. Bielefeld, 2008
GEMBRIS, Heiner (1998): Zum Stand der Erforschung musikalischer Begabung
und Entwicklung am Ende des 20. Jahrhunderts. In: SCHOENEBECK,
Mechthild (Hrsg.): Entwicklung und Sozialisation aus musikpädagogischer
Perspektive. Musikpädagogische Forschung, Bd. 19. Essen, 1998, S. 9-26
GEMBRIS, Heiner (2008): Musikalische Entwicklung im Erwachsenenalter. In:
BRUHN, Herbert (2008): Musikpsychologie. Das neue Handbuch. Hamburg
2008, S. 162-189
GOLDER, Scott A.; HUBERMAN, Bernardo (2008): The Structure of Collaborative
Tagging Systems.
http://www.hpl.hp.com/research/idl/papers/tags/tags.pdf, Abruf am
04.08.2008
GÖTTLICH, Udo (2008): Zur Kreativität des Handelns in der Medienaneignung:
Handlungs- und praxistheoretische Aspekte als Herausforderung der
Rezeptionsforschung. In: WINTER, Carsten; HEPP, Andreas; KROTZ,
Friedrich
Hrsg.
(2008):
Theorien
der
Kommunikations-
und
Medienwissenschaft. Grundlegende Diskussionen, Forschungsfelder und
Theorieentwicklungen. Wiesbaden, 2008, S. 383-400
HASS, Bertold H,; WALSH, Gianfranco; KILIAN, Thomas (2008): Web 2.0: Neue
Perspektiven für Marketing und Medien. Berlin, 2008
HECHENBERGER, Thomas (1999): Zur Funktionalität der Musik und ihrer
Rezeption. Wien, 1999
HEYMANN, Martin (2004): Recommender System in Theorie und Praxis. Frankfurt
am Main, 2004
ISKOLD, Alex: Blogbeitrag vom 28.Nov.2007 auf www.readwriteweb.com;
http://www.readwriteweb.com/archives/blogosphere_long_tail.php, Abruf
am 3.12.2008
115
JAKOB, Hubert (2008): Wirtschaftlichkeit der Musikindustrie. In: CLEMENT,
Michael; SCHUSSER, Oliver; PAPIES, Dominik (Hrsg.) (2008): Ökonomie
der Musikindustrie. Wiesbaden, 2008, S.77-84
JÄSCHKE, Robert; HOTHO, Andreas; SCHMITZ, Christoph; STUMME, Gerd
(2006):
Wege
zur
Entdeckung
von
Communities
in
Folkxonomies.
http://dbs.informatik.unihalle.de/GvD2006/gvd06_jaeschke.pdf , Abruf am
08.08.2008
KASPER,
Helmut;
MAYERHOFER,
Wolfgang
(1996):
Personalmanagement,
Führung, Organisation. Wien, 1996
KERRES, Michael (2006): Potenziale von Web 2.0 nutzen. In: HOHENSTEIN,
Andreas; WILBERS, Karl (Hrsg.): Handbuch E-Learning. 2006, München,
http://mediendidaktik.uni-duisburg-essen.de/system/files/web20-a.pdf,
Abruf am 28.10.2008
KIENITZ, Günter W. (2007). Web 2.0. Der ultimative Guide für die neue
Generation Internet. Kempen, 2007
KILIAN, Thomas; WALSH, Gianfranco; ZENZ, René (2008):Word-of-Mouth im
Web 2.0 am Beispiel von Kinofilmen. In: HASS, Bertold H,; WALSH,
Gianfranco; KILIAN, Thomas (2008): Web 2.0: Neue Perspektiven für
Marketing und Medien. Berlin, 2008, S. 321-338
KOLLMANN, Tobias; STÖCKMANN, Christoph (2008): Diffusion von Web 2.0Plattformen. In: HASS, Bertold H,; WALSH, Gianfranco; KILIAN, Thomas
(2008): Web 2.0: Neue Perspektiven für Marketing und Medien. Berlin,
2008, S. 39-56
KUNZ,
Andreas
(1998):
Aspekte
der
Entwicklung
des
Persönlichen
Musikgeschmacks. Frankfurt am Main, 1998
LEONHARD,
Gerd
(2008):
Music 2.0.
Essays
by
Gerd
Leonhard.
www.music20book.com, Abruf am 23.09.2008
116
LINDNER, Livia (2007): Radiotheorie und Hörfunkforschung: zur Entwicklung des
trialen Rundfunksystems in Deutschland, Österreich und der Schweiz;
Schriften zur Medienwissenschaft 15. Hamburg, 2007
LULL,
James
(1985):
On
the
Communicative
Properties
of
Music.
In:
Communication Research 12/1985, S. 363-372
MAEMPEL, Hans Joachim: Medien und Klangästhetik. In: BRUHN, Herbert (2008):
Musikpsychologie. Das neue Handbuch. Hamburg, 2008, S. 231-252
MAHLMANN, Carl (2008): Managing Marketing und Sales. In: CLEMENT, Michael;
SCHUSSER, Oliver; PAPIES, Dominik (Hrsg.) (2008): Ökonomie der
Musikindustrie. Wiesbaden, 2008, S. 135-166
MISOCH, Sabine (2004): Identitäten im Internet. Selbstdarstellung auf privaten
Homepages. Konstanz, 2004
MORTENSEN, Magnus (2007): Design and Evaluation of a Recommender System.
Master´s Thesis in Computer Science. University of Tromsø, 2007
MORVILLE, Peter; ROSENFELD, Louis (2006): Information Architecture for the
World Wide Web; O´Reilly, Sebastopol, 2006
MÜNCH, Thomas (2008):Musik in den Medien. In: BRUHN, Herbert (2008):
Musikpsychologie. Das neue Handbuch. Hamburg, 2008, S. 266-290
MÜNCH, Thomas; EIBACH, Martin (2005): Musik und Medien. In: OERTER, Rolf;
STOFFER, Thomas: Spezielle Musikpsychologie. Göttingen, 2005, S. 461524
MÜRZL, Gregor; RIEMENSCHNEIDER, Hayko (2008): Recommender System der
anderen
Art:
Kaufempfehlungen
für
Supermarktartikel.
http://www.muerzl.net/data/preis_empfehlung.pdf, Abruf am 01.09.2008
NEVUE, David (2007): How to promote your music on the internet. The
musician´s guide to effective music promotion an the internet. 2007
NIEDERMAIER, Hubertus (2008): Können interaktive Medien Öffentlichkeit
herstellen. In: STEGBAUER, Christian/ JÄCKEL, Michael (Hrsg.): Social
117
Software: Formen der Kooperation in computerbasierten Netzwerken.
Wiesbaden, 2008, S.49-70
O´REILLY, Tim (2005): What is Web 2.0? Design Patterns and Business Models
for
the
Next
Generation
of
Software.
http://www.oreilly.de/artikel/web20.html, Abruf am 15.08.2008
OERTER, Rolf; STOFFER, Thomas (2005): Spezielle Musikpsychologie. Göttingen,
2005
OTTE, Gunnar (2008): Lebensstil und Musikgeschmack. In: GENSCH, Gerhard;
Eva
Maria
Stöckler,
Musikdistribution
Peter
und
Tschmuck
(Hrsg.):
Musikproduktion.
Musikrezeption,
Der
Wandel
des
Wertschöpfungsnetzwerks in der Musikwirtschaft. Wiesbaden, 2008. S. 2556
PETERS,
Isabella;
STOCK,
Wolfgang
G.
(2008):
Folksonomies
in
Wissensrepräsentation und Information Retrieval. In: Wissenschaft und
Praxis 59/2008, S. 77-90
PETERS, Lars (2007): Radio und Musik. In: SCHNEIDER, Beate; WEINACHT,
Stefan (Hrsg.): Musikwirtschaft und Medien. München, 2007. S. 247- 266
PETSCHE, Hellmuth (2002): Zerebrale Verarbeitung. In: BRUHN, Herbert;
OERTER, Rolf (Hrsg): Musikpsychologie. Ein Handbuch. 4. Auflage,
Hamburg, 2002, S. 630-638
PRISS, Uta; POLOVINA, Simon; HILL, Richard (2007): Conceptual Structures:
Knowledge
Architectures
for
Smart
Applications:
15th
International
Conference on Conceptual Structures, ICCS 2007, Sheffield, UK, July 2227, Berlin
PROFIL (17.11.2008): Am Elektro-Lagerfeuer. Nr.47 / 39 Jg. Wien, 2008
REJZLIK, Wolfgang (2001): Musikpräferenzen Jugendlicher. Unter besonderer
Berücksichtigung der massenmedialen Verbreitung von Musik. Wien, 2001
RENNER, Tim (2004): Kinder, der Tod ist gar nicht so schlimm! Über die Zukunft
der Musik- und Medienindustrie. Frankfurt am Main, 2004
118
RICHTER, Alexander; KOCH, Michael (2007): Social Software – Status Quo und
Zukunft.
Technischer
Bericht
Nr.
2007-01,
München,
2007.
http://www.kooperationssysteme.de/wordpress/uploads/RichterKoch2007.
pdf, Abruf am 12.09.08
RÖSING,
Helmut
(1983):
Rezeptionsforschung
in
der
Musikwissenschaft.
Darmstadt, 1983
RÖSING, Helmut (1995): Musikalische Sozialisation. In: HELMS, Siegmund;
SCHNEIDER,
Reinhard;
WEBER,
Rudolf
(Hrsg):
Kompendium
der
Musikpädagogik, 1995, S. 349-372
RÖSING, Helmut; PHELPS, Thomas (2002): Persönlichkeitsentwicklung. In:
BRUHN, Herbert; OERTER, Rolf (Hrsg): Musikpsychologie. Ein Handbuch.
4. Auflage, Hamburg, 2002, S.368-375
SASSENBERG, Kai (2008): Soziale Bindungen von Usern an Web 2.0-Angebote.
In: HASS, Bertold H,; WALSH, Gianfranco; KILIAN, Thomas (2008): Web
2.0: Neue Perspektiven für Marketing und Medien. Berlin, 2008, S. 57-72
SCHENK, Michael (2007): Medienwirkungsforschung. Tübingen, 2007
SCHMIDT,
Jan
(2006):
Social
Software:
Onlinegestütztes
Informations-,
Identitäts- und Beziehungsmanagement. In: Forschungsjournal Neue
Soziale Bewegungen. Nr 2/2006, S. 37-46.
SCHMIDT, Jan (2008): Was ist neu am Social Web? Soziologische und
kommunikationswissenschaftliche Grundlagen. In: ZERFAß Ansgar; Welker
Martin; Jan Schmidt (Hrsg.): Kommunikation, Partizipation und Wirkung
im Social Web. Köln, 2008. S. 18-40
SCHNEIDER, Beate; WEINACHT, Stefan (Hrsg.) (2007): Musikwirtschaft und
Medien. München, 2007
SCHULTZ VON THUN, Friedemann (1982): Miteinander reden (Bd.1). Reinbek,
1982
119
SHUTER DYSON, Rosamund (2002a):Tonalität und Harmoniegefühl. In: BRUHN,
Herbert; OERTER, Rolf (Hrsg): Musikpsychologie. Ein Handbuch. 4.
Auflage, Hamburg, 2002, S. 299-304
SHUTER DYSON, Rosamund (2002b):Einfluss von Elternhaus, Peers, Schule und
Medien. In: BRUHN, Herbert; OERTER, Rolf (Hrsg): Musikpsychologie. Ein
Handbuch. 4. Auflage, Hamburg, 2002, S. 305-316
SMUDITS, Alfred (2002): Mediamorphosen des Kulturschaffens. Kunst und
Kommunikationstechnologien im Wandel. Wien, 2002
SPERLICH, Regina (2005): Popularmusik in der digitalen Mediamorphose. Wien,
2005
SPIEGEL, André (2006):Die Befreiung der Information. Bonn, 2006
STEGBAUER,
Christian/
JÄCKEL,
Michael
(Hrsg.)
(2008):
Social
Software: Formen der Kooperation in computerbasierten Netzwerken.
Wiesbaden, 2008
STEINDL,
Thomas
(2007):
Musikpiraterie.
Entstehung,
Auswirkungen,
Alternativen, Trends. Saarbrücken, 2007
STEINKRAUß,
Niko;
GEMLIN,
Hannes;
GÜNNEL,
Stefan
(2008):
Wettbewerbsanalyse. In: CLEMENT, Michael; SCHUSSER, Oliver; PAPIES,
Dominik (Hrsg.) (2008): Ökonomie der Musikindustrie. Wiesbaden, 2008,
S. 27-44
SZUGAT, Martin (2006): Social Software. Frankfurt am Main, 2006
TOFFLER, Alvin (1980): Die Zukunftschance: Von der Industriegesellschaft zu
einer humaneren Zivilisation. München, 1980
TSCHMUCK, Peter (2003): Kreativität und Innovation in der Musikindustrie.
Innsbruck, 2003
VAN DYK, Tim (2008): Einfluss neuer Technologien auf die Wertschöpfungskette
in der Musikindustrie. In: CLEMENT, Michael; SCHUSSER, Oliver; PAPIES,
120
Dominik (Hrsg.) (2008): Ökonomie der Musikindustrie. Wiesbaden, 2008,
S. 197-210
VOß,
Günter;
RIEDER,
Kerstin
(2006):
Der
arbeitende
Kunde:
Wenn
Konsumenten zu unbezahlten Mitarbeitern werden. Frankfurt am Main,
2006
WARM,
Michael
(2008):
Neue
Geschäftsmodelle
in
der
Musikindustrie:
Erfolgspotenziale unterschiedlicher Spieler vor dem Hintergrund von
Marktanforderungen und Kompetenzprofilen. München, 2008
WINTER, Carsten; HEPP, Andreas; KROTZ, Friedrich Hrsg. (2008): Theorien der
Kommunikations- und Medienwissenschaft. Grundlegende Diskussionen,
Forschungsfelder und Theorieentwicklungen. Wiesbaden, 2008
WINTERHOFF-SPURK, Peter (2004): Medienpsychologie: Eine Einführung (2.
überarbeitete und erweiterte Auflage). Stuttgart, 2004
ZERFAß Ansgar; WELKER Martin; Jan SCHMIDT (Hrsg.): Kommunikation,
Partizipation und Wirkung im Social Web. Köln, 2008
STUDIEN:
SCHEINER Heinz (Hrsg.) (2008): Web 2.0 Tomorrow: Online- und OfflineVerhalten der Web 2.0 Generation; Burda Community Network GmbH,
Tommorow
Publishing
GmbH;
www.burda-community-
network.de/Web_2.0_TOMORROW.pdf; Abruf am 1.12.2008)
FISCH Martin; GSCHEIDLE Christoph (2008): Mitmachnetz Web 2.0: Rege
Beteiligung nur in Communitys. Ergebnisse der ARD/ZDF-Onlinestudie. In:
Media
mit
Perspektiven
Fachzeitschrift
ARD-Forschungsdienst
7/2008,
zu
Medienthemen
http://www.media-
perspektiven.de/uploads/tx_mppublications/Fisch_II.pdf;
Abruf
am
1.12.2008)
GERHARDS Maria; KLINGLER Walter; TRUMP Thilo (2006): Aktive Rezipienten
und Nutzung im Social Web. In: ZERFAß Ansgar; Welker Martin; Jan
121
Schmidt (Hrsg.): Kommunikation, Partizipation und Wirkung im Social
Web, Köln, 2008, S 129-148
122
Herunterladen