Juragarten - Pro Weissenstein

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Juragarten
Die Blaugrashalde
eine fast unendlich lange Geschichte im Juragarten Weissenstein
Wegen des Neubaus der Bergstation wurde im Frühling 2014 ein Teil, der auf der Westseite des Gartens liegenden, steilen Halde abgetragen. Im Botanischen Inventar „JURAGARTEN WEISSENSTEIN“, erstellt 1992,
wurde dieses Areal als wertvolle, erhaltenswerte Blaugrashalde beschrieben.
Durch die genauere Beobachtung des „Bauschadens“ wurde ersichtlich, dass auf diesem Flecken Erde eine
lange Geschichte aufgedeckt wurde. Es wurde ein intaktes Bodenprofil des Hauptrogensteins freigelegt. Eine
ungefähr fünf Meter hohe senkrechte Wand zeigt die zweihundert Millionen Jahre alte Geschichte des
obersten Teils der Erdkruste.
Im damaligen seichten Uferrändern des Tethys-Ozeans lebten im tropisch warmen Wasser unter anderen
auch kleine Schnecken und Muscheln mit einem Kalkmantel. Die abgelagerten Schalen und Skelette bildeten
auf dem Meeresgrund eine dicke Sedimentschicht. Vor 40 Millionen Jahren falteten sich die Gesteinsschichten der obersten Erdkruste. Erst entstanden die Alpen, dann der Jura. Gleichzeitig wirkten die abbauenden
Erosionskräfte des Wassers, des Frosts, mittels mechanischer und chemischer Vorgänge.
Auf der Weissensteinfalte wurden die obersten Gesteinsschichten abgetragen. Das Kurhaus steht auf dem
Schichtbogen des Hauptrogensteins. Auf der Bruchfläche des Gesteins erkennt man die kugelförmigen, den
Fischrogen ähnlichen, versteinerten Schalen. Im Feinschutt über der Verwitterungsschicht, siedelten sich allmählich Pflanzen an und es bildete sich, zusammen mit organischem Material, ein Rohhumusboden. Wahrscheinlich wurde der Weissenstein während der 1.5 Millionen Jahre dauernden Eiszeiten nie durch Gletschereis überfahren. Es entwickelte sich sukzessive eine geschlossene Waldgesellschaft.
Auf Bildern und Postkarten vom Weissenstein und aus den Karten der Landestopografie erkennt man, dass
mindestens seit 1820 auf der Süd- und Westseite des Kurhauses Weissenstein immer ein mehr oder weniger
geschlossener Wald gestockt hat. Während des Baus der Sesselbahn, um 1950, wurde durch den Bergwald
die Einfahrtsschneise zur Bergstation gerodet.
In der Folge konnte sich während rund sechzig Jahren eine Blaugrashalde entwickeln:
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Es war ein Rohhumusboden vorhanden.
Das Areal wurde weder durch Weiden noch durch Mähen genutzt.
Regelmässig wurden aufkommende Sträucher und Bäume entfernt.
Die Steilheit des Geländes förderte die Entwicklung der Pflanzengesellschaft ideal.
Für die Wiederherstellung des Geländes nach den notwendigen, sorgfältig auszuführenden Bauarbeiten sind
folgende Punkte zu beachten:
1. Es ist eine naturnahe Modellierung der Landschaft anzustreben.
2. Die noch vorhandenen Horste des Blaugrases sind total zu schützen.
3. Anschliessend darf das Areal weder genutzt noch begangen werden. Ausgenommen sind, die sorgfältig auszuführenden Pflegearbeiten der Halde.
Diese Geschichte ist heute nicht abgeschlossen und es ist zu hoffen, dass in fünfzig Jahren interessierte Menschen wieder eine geschlossene, vielfältige Pflanzengesellschaft bewundern können, im
besten Fall eine Blaugrashalde.
Blaugrashalde 5.docx
27.09.2014
Die Bilder zur fast unendlichen Geschichte
Bild 1: Areal 34 Blaugrashalde, P1010580.JPG,
14.09.2013
Ein Jahr vor dem Bau der Bergstation der neuen Seilbahn sehen wir hier die typische Blaugrashalde. Dominierend sind die Horste des Blaugrases mit weiteren
Gräsern und Seggen. Eingestreut sind der Jura-Bärenklau mit den rundlichen, meist dreiteiligen Blättern und
die Samenstände des Gelben Enzians. Diese Gesellschaft konnte sich hier, unter der Einfahrtsschneise der
Sesselbahn entwickeln, weil dieses Gebiet während
rund sechzig Jahren weder geweidet noch gemäht
wurde. Zudem wurden die aufkommenden Bäume regelmässig entfernt.
Bild 2.1: Blaugras, Sesleria caerulea, P1020363.JPG
Das einzig Blaue an diesem, in lockeren Wanderhorsten wachsenden
Grases, sind die im frühen Frühling blühenden Spelzen am hohen
Halm.
Bild 2.2 Blaugras, Sesleria caerulea, P1030160.JPG,
24.07.2014
Die grundständigen Blätter bilden im Herbst ein dichtes,
faseriges Geflecht um die die hangabwärts am Boden
aufliegenden Ausläufer. Aus den Blattrippen kann die
Pflanze Wurzeln bilden.
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Blaugrashalde 5.docx
27.09.2014
Bild 2.3 Blaugras, Sesleria caerula, P1030166.JPG,
24.07.2014
Zusammen mit anderen Gräsern oder Seggen bildet es
dichte, treppige Horste, die das Abrutschen des feinen
Gerölls am steilen Hang verhindern. Diese Pflanzengesellschaft ist sehr trittempfindlich und kann deshalb
kaum genutzt werden.
Bild 3: Areal 34 Blaugrashalde, P1020742.JPG,
17.05.2014
Im April 2014 fuhr der Bagger auf und legte die Schneise
für die Einfahrt der Gondeln in die Bergstation frei. Die
Blaugrashalde wurde zu drei Vierteln zerstört.
Bild 4: Areal 34 Felswand aus Hauptrogenstein, P1020748.JPG,
17.05.2014
Die rund 5 Meter hohe Wand zeigt uns die über 200 Millionen Jahre
alte Geschichte, die im Thetys-Ozean begann und über die Auffaltung des Juragebirges geht und hier, im Mai 2014, endet.
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Blaugrashalde 5.docx
27.09.2014
Bild 5: Areal 34 Bodenprofil, P1020754.JPG, 17.05.2014
Auf der kompakten Felsschicht liegt die Verwitterungsschicht mit grobem Schutt, darüber die einen Meter dicke Rohhumusschicht. Einige zehntausend Jahre hat es
gedauert, bis sich dieser Boden entwickelt hat und darauf sukzessive ein Subalpiner Ahorn-Buchenwald, entstanden ist.
Bild 6: Areal 34 mit Fundament des Mastes 17,
P1020974.JPG, 18.06.2014
Das Fundament des Mastes ist betoniert. Die Baugrube
wird mit Blöcken aus der abgebauten Schicht aufgefüllt.
Die steile Halde ist grob geformt.
© Text und Bilder von Willy Bichsel, Pro Weissenstein Juragarten, [email protected]
Siehe auch www.pro-weissenstein.ch
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