PD Dr - Philosophisches Seminar

Werbung
Prof. Dr. Wolfgang Rother
Lehrveranstaltungen
Wintersemester 2003/04
Einführung in die italienische Philosophie der Aufklärung (Vorlesung)
Mit dem Ziel, in die von der Forschung bisher vernachlässigte italienische Philosophie der
Aufklärung einzuführen und vor allem auch ihr Profil herauszuarbeiten, werden u.a. die
Schriften Pietro Verris, des Herausgebers der Mitte der 1760er Jahre in Mailand redigierten
Zeitschrift Il Caffè, und des in seinem Hause verkehrenden Kreises junger Aufklärer vorgestellt und untersucht. Zu Verris Zirkel gehörten der als Gegner der Todesstrafe bekannte, aber
kaum als Philosoph gewürdigte Cesare Beccaria und Reformdenker wie Alfonso Longo und
Sebastiano Franci. Weitere Autoren, die im Laufe der Vorlesung behandelt werden, sind u.a.
Carlo Denina und die Brüder Dalmazzo Francesco und Giambattista Vasco aus dem Piemont,
Pompeo Neri und Carlo Amidei aus der Toskana, Agostino Paradisi aus Modena und der aus
Trient stammende und zeitweise in Chur lebende Carlo Antonio Pilati.
Folgende Themen werden behandelt:
– Begriff des Philosophen und der Philosophie
– Felicità als Grundbegriff systematischen Philosophierens
– Geschlechterdiskurs
– Moralphilosophie
– Politische Philosophie
– Religion und Vernunft, Staat und Kirche
– Strafrechtsphilosophie
– Politische Ökonomie
Sommersemester 2005
Aristoteles, Metaphysik (Seminar)
Die Metaphysik als Erste Philosophie, Ontologie, Substanz- und Prinzipienlehre und (philosophische) Theologie gilt – auch nach der Metaphysikkritik des Logischen Positivismus – als
philosophische Grunddisziplin. Ihre erste umfassende und mehr oder weniger systematische
Behandlung findet sich in den vierzehn Büchern der Metaphysik des Aristoteles, die – wenn
man Kants Urteil glauben will, dass in der Metaphysik «seit Aristoteles’ Zeiten nicht viel Fortschreitens gewesen» ist – für die Disziplin bis in die Neuzeit maßgeblich geblieben sind.
Im Seminar sollen aufgrund einer genauen Lektüre und Interpretation zentraler Textabschnitte die Grundbegriffe der aristotelischen Metaphysik erarbeitet und diskutiert werden.
Wolfgang Rother: Lehrveranstaltungen
Sommersemester 2005
Wissenschaftliches Schreiben (Übung, 14-tägig)
Das Schreiben, die schriftliche Fassung und Präzisierung des Gedankens, gehört wesentlich
zur philosophischen Tätigkeit; philosophische Forschung ist fast ausschließlich in Publikationen – Zeitschriftenartikeln, Büchern – fassbar. Deshalb ist es auch sinnvoll, dass Leistungsnachweise während des Philosophiestudiums zu einem großen Teil schriftlich zu erbringen
sind, als Proseminar-, Seminar- und Lizentiatsarbeit.
Ziel des Schreibseminars ist die Sensibilisierung für stringentes Argumentieren, für einen der
Sache angemessenen Schreibstil, für einen zweckmäßigen Aufbau des Textes wie auch für die
Formalitäten (Zitieren, Anmerkungen, Bibliographien).
Das Schreibseminar richtet sich vor allem an Studierende höherer Semester. Es ist praktisch
und an den Bedürfnissen der Teilnehmenden ausgerichtet. Wir diskutieren Konzepte und
Entwürfe laufender Arbeiten wie auch fertige Texte.
Wintersemester 2005/06
Aristoteles, De anima (Seminar)
In De anima legt Aristoteles eine philosophisch-naturwissenschaftliche Konzeption der Seele
vor, die im Unterschied zu pythagoreischen, platonischen und akademischen Ansätzen und
mithilfe des in der Metaphysik erarbeiteten Begriffsinstrumentariums eine Theorie der Verbindung von Leib und Seele entwickelt und über eine empirische Untersuchung der Lebensfunktionen der beseelten Natur (Pflanze, Tier, Mensch) eine umfassende Erkenntnislehre
(Theorie der Wahrnehmung und des Denkens) ausarbeitet.
Im Seminar soll nach Möglichkeit der gesamte Text gelesen und diskutiert werden. Zur Einführung in relevante Fragestellungen sind Literaturreferate vorgesehen.
Wintersemester 2005/06
Wissenschaftliches Schreiben (Übung, wöchentlich)
Das Schreiben als schriftliche Fassung und Präzisierung des Gedankens, gehört wesentlich
zur philosophischen Tätigkeit; philosophische Forschung ist fast ausschließlich in Publikationen – Zeitschriftenartikeln, Büchern – fassbar. Deshalb ist es auch sinnvoll, dass Leistungsnachweise während des Philosophiestudiums zu einem grossen Teil schriftlich zu erbringen
sind, als Proseminar-, Seminar- und Lizentiatsarbeit.
Ziel des Schreibseminars ist die Sensibilisierung für stringentes Argumentieren, für einen der
Sache angemessenen Schreibstil, für einen zweckmässigen Aufbau des Textes wie auch für
die Formalitäten.
2
Wolfgang Rother: Lehrveranstaltungen
Themen:
– Schreiben als ‘rhetorisches Handeln’
– Wissenschaftsrelevante Textsorten
– Aufbau einer wissenschaftlichen Arbeit
– Wissenschaftssprache, wissenschaftlicher Stil
– Phasen wissenschaftlicher Textproduktion
– Themenfindung, Themeneingrenzung
– Bibliographieren
– Methoden zur Erarbeitung von Literatur
– Gliedern und Ordnen
– Zitieren und Verweisen, Fußnoten, Abkürzungen
– Wissenschaftliche Stilistik
– Überarbeiten und Korrigieren
Das Schreibseminar richtet sich vor allem an Studierende höherer Semester. Es ist praktisch
und an den Bedürfnissen der Teilnehmenden ausgerichtet. Wir diskutieren Konzepte und
Entwürfe laufender Arbeiten wie auch fertige Texte.
Sommersemester 2006
Aristoteles, Politik (Seminar)
Die Politik des Aristoteles gehört zu den grundlegenden Werken der politischen Philosophie.
Ausgehend von einer Anthropologie, die den Menschen als von Natur aus politisches Wesen
fasst, entwickelt Aristoteles eine Theorie des Staates, dessen Zweck in der Realisierung des
menschlichen Glücks besteht, d.h. eines erfüllten und tugendhaften Lebens in Freiheit.
Zum einen sollen die Grundlinien des gesamten Werkes erarbeitet werden. Dazu sind Einführungsreferate (ca. 20 Minuten) zu den einzelnen Büchern der Politik vorgesehen. Zum anderen werden im Seminar zentrale Abschnitte genau gelesen und diskutiert, darunter: Bestimmung und Ursprung der Polis (I 1-2); Individual- und Sozialethik (III 4); Verfassungsformen
(III 7-8); die optimale Verfassung (IV 11); Theorie der Revolution (V 1); Freiheit und Gleichheit
in der Demokratie (VI 2-3); die beste Polis (VII 1-2) und das bestmögliche Leben (VII 8 und
13); Erziehung und Bildung (VIII 1-2).
Sommersemester 2006
Wissenschaftliches Schreiben (Übung, wöchentlich)
Gleiches Programm wie im Wintersemester 2005/06
3
Wolfgang Rother: Lehrveranstaltungen
Wintersemester 2006/07
Die Religionsphilosophie Ludwig Feuerbachs (Seminar)
Im Mittelpunkt des Seminars stehen Lektüre und Interpretation von Ludwig Feuerbachs We-
sen des Christentums (1841), das zu den klassischen Werken der Religionsphilosophie gehört.
Religion ist für Feuerbach eine Gestalt des Selbstbewusstseins, deren Wahrheit und rationaler
Kern freizulegen ist: Gott ist die Projektion des menschlichen Wesens, das Wesen der Religion
ist das Wesen des Menschen. Mit seiner Hermeneutik der ‘Umkehrformel’ realisiert Feuerbach sein Programm der Auflösung der Theologie in Anthropologie und der Überführung der
Religion in Philosophie. Damit bricht er zum einen mit der spekulativen Religionsphilosophie, zum anderen stellt er sich in die Tradition des religionskritischen Diskurses der Aufklärung. Doch Feuerbachs Religionsphilosophie nur als Religionskritik zu lesen, greift vielleicht
zu kurz: Es geht ihm nicht um die Destruktion der Religion, sondern um die Aufdeckung ihrer Wahrheit – so sollte das Wesen des Christentums ursprünglich unter dem Titel ‘Die
Wahrheit der Religion und die Selbsttäuschung der Theologie’ erscheinen.
Im Seminar sollen zum einen sollen die Grundlinien des gesamten Werkes erarbeitet werden.
Dazu sind Einführungsreferate (ca. 20 Minuten) vorgesehen. Zum anderen werden zentrale
Abschnitte genau gelesen und diskutiert.
Frühjahrssemester 2007
Platon, Protagoras (Proseminar)
Platon hat, wie kaum ein anderer Denker, die Philosophie bis in die Gegenwart nachhaltig
geprägt. Im Protagoras, der zu seinen wichtigsten Frühdialogen gehört, überlagern sich
grundlegende Motive theoretischer und praktischer Philosophie. Auf der thematischen Ebene
geht es um moralische Konzepte, d.h. um die Frage nach der Lehrbarkeit der Tugend, nach
dem Wesen und der Einheit der Tugend, nach dem Verhältnis von Tugend und Wissen. Vor
dem historischen Hintergrund der Auseinandersetzung mit der Sophistik, repräsentiert
durch den Gesprächspartner Protagoras aus Abdera, wie auch in der Vorführung und Untersuchung verschiedener Formen des philosophischen Diskurses und Methoden der Wahrheitsfindung werden die Konturen des sokratisch-platonischen Philosophie- und Wissensverständnisses sichtbar.
Im Seminar soll nach Möglichkeit der gesamte Dialog gelesen werden. Zur Vorbereitung der
Diskussion sind gelegentlich kleinere schriftliche Aufgaben zu erledigen.
4
Wolfgang Rother: Lehrveranstaltungen
Herbstsemester 2007
Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts (Seminar)
In seiner Rechtsphilosophie legt Hegel ein auf das Prinzip des freien Willens gegründetes
System praktischer Philosophie vor, in welchem der Gegensatz von Natur- und Staatsrecht,
von Moral und Politik, von individuellem und allgemeinem Willen aufgehoben ist. Im System
des Rechts, verstanden als vernünftiges System sozialer Ordnung, gelangt die Freiheit zu ihrer Verwirklichung.
Ziel des Seminars ist die Erarbeitung und Diskussion der zentralen Konzeptionen der praktischen Philosophie Hegels: Recht, Wille, Freiheit, Eigentum, Moral, Gesellschaft und Staat.
Die ungeheure Komplexität der Hegel’schen Argumentation stellt die Interpretation vor besondere Herausforderungen. Im Seminar werden daher zum einen einschlägige Abschnitte
sehr gründlich gelesen, zum anderen sind einige Einführungs- und Überblicksreferate (ca. 20
Minuten) vorgesehen.
Frühjahrssemester 2008
Hegels Religionsphilosophie (Seminar)
Wenn im Hegel’schen System Kunst, Religion und Philosophie als sukzedierende Gestalten
des absoluten Geistes figurieren, ist damit nicht nur gesagt, dass die Religion in der Philosophie aufgehoben ist, sondern auch, dass die Philosophie erst durch die Religion zu ihrem
wahren Begriff kommt. Die Auseinandersetzung mit den Themen und Phänomenen der Religion wird für Hegel daher – und nicht zuletzt vor dem Hintergrund der von ihm vorausgesetzten Identität der Gegenstände von Religion und Philosophie – zu einer Erörterung grundlegender Fragen der Philosophie.
Im Seminar werden zum einen ausgewählte Abschnitte aus den Vorlesungen über die Philo-
sophie der Religion gelesen, zum anderen werden von den Studierenden zu verfassende kurze
Thesenpapiere diskutiert.
Herbstsemester 2008
Hegel, Phänomenologie des Geistes (Seminar)
In der Phänomenologie des Geistes (1807), konzipiert als Einführung in die philosophische
Wissenschaft, zeigt Hegel den Entwicklungsprozess der Gestalten des Bewusstseins vom
unmittelbaren zum absoluten Wissen auf. Im Seminar lesen wir nach der Vorrede «Vom wissenschaftlichen Erkennen» die Bewusstseinskapitel über die sinnliche Gewissheit, die Wahrnehmung und den Verstand sowie das Kapitel über das Selbstbewusstsein, in dem Hegel die
Dialektik von Herrschaft und Knechtschaft sowie den Dreischritt der Freiheit des Selbstbewusstseins in den Phänomenen des Stoizismus, des Skeptizismus und des unglücklichen
Bewusstseins als der Vorstufe zur Vernunft darstellt.
5
Wolfgang Rother: Lehrveranstaltungen
Frühjahrssemester 2009
Hegels Philosophie des Geistes (Seminar)
Im Seminar lesen wir das Geistkapitel der Phänomenologie. Hier haben wir es nicht mehr mit
«Gestalten nur des Bewusstseins», sondern mit «Gestalten einer Welt» zu tun. Der Geist ist
für Hegel das «absolut reale Wesen», seine Philosophie des Geistes ist eine Philosophie der
sich ihrer selbst bewussten Welt. Ihr Prinzip ist die Freiheit. Im Geistkapitel entwickelt Hegel
eine spekulative praktische Philosophie (Sittlichkeit, Recht, Moralität) und eine spekulative
Geschichte der europäischen Kultur bis zur Französischen Revolution («Die absolute Freiheit
und der Schrecken»).
Herbstsemester 2009
Vorsokratiker (Seminar)
Reizvoll ist die Lektüre vorsokratischer Texte, weil sie in verschiedener Hinsicht zum Anfang
der Philosophie führt. Am Anfang philosophischen Fragens steht die Frage nach dem Anfang
(arché, principium) als dem Urgrund aller Dinge. Da anfängliches Fragen nicht per se philosophisch ist, gerät in der Beschäftigung mit den frühen griechischen Denkern die Frage nach
dem genuin Philosophischen in den Blick – der Weg vom Mythos zum Logos, von der Theologie, der Dichtung und der Lebensweisheit zur Philosophie. Zunächst werden daher ausgewählte Texte aus der vorphilosophischen Tradition diskutiert (z.B. orphische Theo- und
Kosmogonien, Sprüche der Sieben Weisen). Weitere Schwerpunkte des Seminars bilden die
milesischen Naturphilosophen (Thales, Anaximander, Anaximenes) und die frühen italischen
Denker (Xenophanes, Pythagoras). Ausführlich behandelt werden die eleatische Philosophie
und Heraklit sowie die Ontologie der jüngeren Naturphilosophen (Empedokles, Anaxagoras,
Atomisten).
Frühjahrssemester 2010
Lust (Seminar)
Die Lust zählt zu den Grundbegriffen der Philosophie; seit der Antike steht sie im Zentrum
anthropologischer und ethischer Reflexion. Dass die Menschen nach Lust streben und Schmerz
meiden gilt als existenzielle Grundtatsache, deren Bedeutung im Lauf der Geschichte der Philosophie in diversen theoretischen Kontexten und mit den unterschiedlichsten Intentionen
kontrovers diskutiert worden ist. An der Beantwortung der Frage, ob die Lust als Prinzip moralischen Handelns gelten darf, scheiden sich die Geister – nicht erst seit Kant, dessen eudämoniekritische Pflichtethik die Lust als untaugliches Handlungsmotiv diskreditiert hat.
Ziel des Seminars ist eine systematische Analyse der einschlägigen Argumentationen. Diskutiert werden Texte von Platon, Aristoteles, Epikur, Thomas von Aquin, Lorenzo Valla, Pietro
Verri, Kant, Karl Leonhard Reinhold, Hegel, Gustav Theodor Fechner und Sigmund Freud.
6
Wolfgang Rother: Lehrveranstaltungen
Herbstsemester 2010
Heidegger und die Antike (Seminar)
Heideggers Thematisierung der Seinsfrage und sein Programm einer phänomenologischen
Destruktion der abendländischen Metaphysik führen ihn zu einem philosophiehistorischseinsgeschichtlichen Blick auf die Anfänge der Philosophie und zu einer konstruktivkritischen und fruchtbaren Auseinandersetzung mit den Vorsokratikern, mit Platon und Aristoteles. Das griechische Denken wird dabei seinerseits zu einer grundlegenden Inspirationsquelle für Heideggers Philosophie.
Wir lesen im Seminar die folgenden Texte: Der Spruch des Anaximander. – Aletheia (Heraklit,
Fragment 16). – Logos (Heraklit, Fragment 50). – Moira (Parmenides, Fragment VIII, 34-41). –
Platons Lehre von der Wahrheit. – Vom Wesen und Begriff der Physis, Aristoteles, Physik B, 1. –
Hegel und die Griechen.
Frühjahrssemester 2011
Der absolute Geist: Kunst, Religion und Philosophie in Hegels Phäno-
menologie und Enzyklopädie (Seminar)
Kunst, Religion und Philosophie sind die signifikanten Erscheinungsformen der Kultur, die
bei Hegel unter dem Titel des absoluten Geistes figurieren, dessen Gestaltungsprinzip die
Freiheit ist und der sich in den kulturellen Produktions- und Wissensformen unmittelbarer
Anschauung (Kunst), vermittelter Vorstellung (Religion) und spekulativen Denkens (Philosophie) verwirklicht – so legen es jedenfalls die Schlussparagraphen der Enzyklopädie der phi-
losophischen Wissenschaften nahe. Wie komplex die Beziehungen dieser Kultur- und Bewusstseinsformen sind, zeigt die Systematik der Schlusskapitel der Phänomenologie des
Geistes, in denen die Kunst gewissermaßen mythologiegeschichtlich aus der natürlichen
Religion hervorgeht und die Philosophie sich als das Wissen und Denken dessen erweist, was
in der Religion nur vorgestellt und geglaubt werden kann.
Wir lesen im Seminar die Kapitel VII (Die Religion) und VIII (Der absolute Geist) der Phäno-
menologie sowie die §§ 553-577 (Der absolute Geist) der Enzyklopädie.
7
Wolfgang Rother: Lehrveranstaltungen
Herbstsemester 2011
Politische Philosophie der deutschen Aufklärung (Vorlesung)
Weiterführende Vorlesung (BA Philosophie und Politische Wissenschaften)
Vertiefende Vorlesung (MA Philosophie)
Die Vorlesung bietet einen Überblick über die komplexe, von Brüchen, Antizipationen und
Diskontinuitäten gekennzeichnete Entwicklung der deutschen politischen Philosophie in der
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Aufklärung als politischer Diskurs mit dem Anspruch
der Erklärung, Legitimation und Kritik sozialer Wirklichkeiten knüpft an das Naturrecht des
späten 17. Jahrhunderts an, das bis zur Französischen Revolution die Grundlage der praktischen Philosophie bildete. Die Auseinandersetzung mit der Revolution zeigt eine Vielfalt von
Diskursen: Republikanismus, Kosmopolitismus, Menschenrechte, soziale Frage, Verwerfung
und demokratische Legitimierung der Revolution, Reformabsolutismus als Revolutionsprävention, Konservativismus. In der Spätaufklärung schließlich überlagern und durchkreuzen
sich Konzeptionen, die zwischen Glücks-, Staatssicherheits- und Freiheitsmaxime oszillieren: Kameralismus als sozial-, wirtschafts- und finanzpolitischer Interventionsdirigismus,
absolutistische Polizei- und Fürsorgestaatkonzeptionen, Physiokratie und ökonomischer
Liberalismus.
Frühjahrssemester 2012
Die Philosophie der Kyoto-Schule (Seminar)
Die nach dem Wirkungsort Kitaro Nishidas (1870-1945) und Hajime Tanabes (1885-1962)
benannte Kyoto-Schule steht für die Begründung einer eigenständigen japanischen Denktradition, die sich auf dem Nährboden des geistigen Erbes Ostasiens in einer vielgestaltigen Rezeption der europäischen Philosophie (Hegel, Nietzsche, Heidegger u.a.) zu einer bedeutenden philosophischen Strömung des 20. Jahrhunderts entwickelt hat. Mit ihrer Philosophie
des absoluten Nichts fordert sie zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der für das
abendländische Denken entscheidenden parmenideischen Option für das Sein heraus.
Inhaltliche Schwerpunkte des Seminars sind – neben ontologischen Fragen – Themen der
Kunst-, Kultur- und Religionsphilosophie.
8
Wolfgang Rother: Lehrveranstaltungen
Herbstsemester 2012
Kierkegaard, Entweder – Oder (Seminar)
Thema des ersten grossen Werkes Kierkegaards, das 1843 anonym und mit Angabe eines fiktiven Herausgebers in Kopenhagen unter dem Titel «Enten – Eller. Et Livs-Fragment» (Entweder – Oder. Ein Lebensfragment) erschien, ist die Wahrheit. Für den Kritiker des Systemdenkens und Begründer der Existenzphilosophie ist die Wahrheit nicht Gegenstand des Wissens,
sondern eine Existenzform. Kierkegaard entwickelt seine Gedanken nicht in einer streng philosophischen Abhandlung, sondern in einem als «Lebensfragment» bezeichneten polymorphen und vielschichtigen literarischen Text, der an den Figuren des Ästhetikers und des Ethikers zwei Existenzmöglichkeiten vorführt: die des hedonistischen Selbstgenusses, die letztlich in der Verzweiflung scheitert, und die des Selbstseins, die sich durch die Selbstwahl konstituiert, in der sich das Selbst in seiner Freiheit als sittliches Subjekt setzt.
Frühjahrssemester 2013
Geschichtsphilosophie (Seminar)
Die Geschichtsphilosophie als genuin philosophische Reflexion auf Verlauf, Sinn und Ziel
der Geschichte ist ein Kind der Aufklärung. Sie bildet sich heraus in kritischer Distanzierung
von heilsgeschichtlich-theologischen Geschichtsdeutungen einerseits und von rein faktenbezogener, ‘positivistischer’ Geschichtswissenschaft andererseits. Ihre klassische Ausprägung
erhält sie in Hegels Theorie, dass die Vernunft das Movens einer als Verwirklichung der Freiheit zu verstehenden Geschichte sei. Das Seminar spannt den Bogen von den ‘Klassikern’ der
Geschichtsphilosophie (Kant, Hegel, Marx) über die Kritik der Geschichtskultur (Nietzsche)
bis hin zur existenzial-ontologischen Deutung des Geschichtlichen (Heidegger).
Wir lesen im Seminar folgende Texte: Kant: Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht. – Kant: Mutmaßlicher Anfang der Menschengeschichte. – Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte (Einleitung). – Marx/Engels: Die deutsche Ideologie (Abschnitte «Geschichte» und «Über die Produktion des Bewusstseins»). – Nietzsche:
Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben. – Heidegger: Sein und Zeit (Zeitlichkeit und Geschichtlichkeit, §§ 72-76).
9
Wolfgang Rother: Lehrveranstaltungen
Herbstsemester 2013
Angst (Seminar)
Wo das Vertrauen in die Ordnung des Kosmos und in die Weltvernunft erschüttert ist, wird
die Angst zu einer fundamentalen existentiellen Erfahrung und zum Gegenstand philosophischer Reflexion. Die erste grundlegende Analyse der Angst legt Kierkegaard vor. Zentrale
thematische Bezugspunkte seiner Analyse sind das Nichts als der Grund der Angst und die
Freiheit: Angst ist «die Wirklichkeit der Freiheit als Möglichkeit für die Möglichkeit». Im Seminar wird zum einem die Linie von Kierkegaard zu Heidegger und Sartre gezogen, zum anderen werden – den von Kierkegaard selbst deklarierten «psychologischen» Ansatz aufgreifend – die psychoanalytischen Deutungen des Phänomens der Angst in den Blick genommen.
Wir lesen im Seminar folgende Texte: Kierkegaard: Der Begriff Angst (1844). – Heidegger:
Sein und Zeit (1927), §§ 39–41. – Sartre: Das Sein und das Nichts (1943), «Der Ursprung des
Nichts». – Freud: Über die Berechtigung, von der Neurasthenie einen bestimmten Symptomenkomplex als «Angstneurose» abzutrennen (1895). – Freud: Hemmung, Symptom und
Angst (1926).
Frühjahrssemester 2014
Japanische Religionsphilosophie (Seminar, zus. mit Ralph Müller)
Das Seminar bietet eine Einführung in das Denken der Kyoto-Schule. Dabei soll der Frage
nachgegangen, in welches Verhältnis dort die Philosophie zur Religion gerückt wird. Denn
erstens ist Religion in den Texten der japanischen Autoren ein zentrales Thema. Und zweitens betonen gerade ihre westlichen Leser, dass in Japan Philosophie stets in Kontinuität zur
Religion gedacht wird – und damit anders, als es das moderne Selbstverständnis der akademischen Philosophie erwarten liesse. Vor diesem Hintergrund sind unterschiedliche Interpretation möglich: Die Philosophie der Kyoto-Schule ist eine religionsphilosophische Scholastik, wie man sie aus dem europäischen Mittelalter kennt. Oder ihr Denken ist zwar im Kern
religiös, speist sich aber vor allem aus den (philosophischen) Quellen des Buddhismus. Oder
aber die japanischen Denker bieten einen alternativen Weg von der Philosophie zur Religion
(und zurück).
Der Seminarplan sieht vor, zentrale Kapitel aus den Hauptwerken dreier Autorengenerationen (Nishida Kitaro, Nishitani Keiji und Ueda Shizuteru) zu lesen, ihren Rückbezug auf den
Zen-Buddhismus (Dogen) zu erörtern und Fragen zum interreligiösen Dialog zwischen Buddhismus und Christentum anzusprechen.
10
Wolfgang Rother: Lehrveranstaltungen
Frühjahrssemester 2014
Nichts (Seminar)
Warum ist überhaupt Seiendes und nicht vielmehr Nichts? Was ist das Nichts? Ob man diese
Fragen zu den Grundfragen der Philosophie zählt oder sie vielmehr als sinnlose ‘metaphysische’ Scheinfragen betrachtet – das Problem des Nichts hat die Philosophie seit ihren Anfängen begleitet. Im Seminar sollen die ontologischen, erkenntnistheoretischen, sprachphilosophischen, logischen sowie existenz- und religionsphilosophischen Implikationen der Frage
nach dem Nichts herausgearbeitet werden.
Wir lesen im Seminar folgende Texte: Parmenides: Peri physeos, DK 28 B. – Platon: Sophistes, 236c–264b. – Hegel: Wissenschaft der Logik, «Womit muss der Anfang der Wissenschaft
gemacht werden?» – Hegel: Wissenschaft der Logik, Erster Abschnitt, Erstes Kapitel: «Sein».
– Heidegger: Was ist Metaphysik? – Rudolf Carnap: Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache. – Sartre: Das Sein und das Nichts, Erster Teil: «Das Problem des
Nichts». – Koichi Tsujimura: Die Wahrheit des Seins und das absolute Nichts. – Shizuteru
Ueda: Das absolute Nichts im Zen, bei Eckhart und bei Nietzsche.
Herbstsemester 2014
Das Unbewusste (Seminar)
Die rationalistische Philosophie des 17. und 18. Jahrhunderts hat durch ihre implizite oder
explizite Identifizierung von Vorstellen und Denken mit dem Sich-bewusst-sein des Vorgestellten und Gedachten das Unbewusste als Gegenstand philosophischer Reflexion mehr
oder weniger ausgeblendet. Vorbereitet durch die idealistische Philosophie des Bewusstseins
und des Selbstbewusstseins gelangt darauf im 19. Jahrhundert das Unbewusste in den Blick
theoretischer Debatten. Zu den ersten Denkern des Unbewussten gehören Schopenhauer, für
den der grundlegende Begriff seiner Philosophie, der Wille, ohne Bewusstsein ist, und Carl
Gustav Carus, für den das Unbewusste im Zentrum der «Entwicklungsgeschichte der Seele»
steht. An den deutschen Idealismus und an Schopenhauer anknüpfend entwickelt Eduard von
Hartmann seine «Philosophie des Unbewussten»; das Buch war bis ins frühe 20. Jahrhundert
ein Bestseller. Für den Hartmann-Kritiker Nietzsche ist das Dionysische eine «Metapher des
Unbewussten» (Jutta Georg). Einen Höhepunkt der Reflexionen über das Unbewusste stellen
schliesslich die Theorien Freuds dar.
Wir lesen im Seminar folgende Texte: Kant: Von den Vorstellungen, die wir haben, ohne uns
ihrer bewusst zu sein. In: Anthropologie in pragmatischer Hinsicht (1798). – Schopenhauer:
Vom Primat des Willens im Selbstbewusstsein. In: Die Welt als Wille und Vorstellung II
(1844). – Carl Gustav Carus: Einleitung; Vom unbewussten Leben der Seele. In: Psyche. Zur
11
Wolfgang Rother: Lehrveranstaltungen
Entwicklungsgeschichte der Seele (1846). – Eduard von Hartmann: Das Unbewusste in der
Entstehung der Sprache; Das Unbewusste im Denken; Das Unbewusste in der Entstehung der
sinnlichen Wahrnehmung; Das Unbewusste in der Geschichte. In: Philosophie des Unbewussten. Versuch einer Weltanschauung (1869). – Nietzsche: Die dionysische Weltanschauung (1870). – Freud: Zur Psychologie der Traumvorgänge. In: Die Traumdeutung
(1900). – Freud: Die Beziehung des Witzes zum Traum und zum Unbewussten. In: Der Witz
und seine Beziehung zum Unbewussten (1905). – Freud: Das Unbewusste (1915). – Freud:
Das Ich und das Es (1923).
12
Herunterladen