Hintergrundinformation Obst und Gemüse im Quetschbeutel

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Hintergrundinformation
Obst und Gemüse im Quetschbeutel
Kinderlebensmittel
Eltern sind schnell besorgt, wenn ihr Kind vermeintlich zu wenig Obst und Gemüse isst. Der Griff zu fertigen Obst- und Gemüsebreien erscheint als einfache Lösung. Kinder lieben die bunte Aufmachung von
Fruchtzwergen und Co. Eine neue Variante von einem Kinderlebensmittel sind die Quetschbeutel mit
Frucht- und Gemüsepüree, kurz Quetschies. Mit einer Angebotserhebung in Hannover sollte überprüft
werden, ob der Inhalt bzw. die Produkte überzeugen können. Ein Nährwertvergleich mit selbstzubereiteten Pürees erfolgte genauso wie ein Preisvergleich mit Obstbrei im Glas.
Markterhebung
In Hannover wurden bei Discountern und Supermärkten neun verschiedene Quetschbeutel zum Vergleich eingekauft und beurteilt. Bei der Beurteilung wurden die Zutatenlisten überprüft, ob echte Frucht
enthalten ist, Zucker zugesetzt wurde oder Fruchtsaftkonzentrate zum Einsatz kamen. Wir haben Produkte gewählt, die für Kinder ab einem Jahr gedacht sind. Die Produkte sind in der Tabelle aufgeführt.
Ergebnis des Marktchecks
Verkehrsbezeichnung
Sieben Produkte werden als Fruchtmus oder –püree mit dem Hinweis, welche Obst- und Gemüsesorte
verarbeitet wurde, gekennzeichnet. Bei dem „Früchte-Spaß“ von Hipp wird nur von Früchtemischung
gesprochen, auf die Konsistenz wird nicht hingewiesen.
Die genaue Zusammensetzung von Quetschies und auch Smoothies ist rechtlich nicht geregelt und
auch nicht in den Leitlinien des Deutschen Lebensmittelbuchs zu finden.
Verpackungsaufmachung mit Hinweisen
Da sie mit Farben und Illustrationen bunt gestaltet sind, ziehen sie die Aufmerksamkeit der Kinder auf
sich. Bei fünf Beuteln sind ein Babyelefant, Bärengesicht oder lachende Obstgesichter zu sehen.
Die standfesten Beutel werden aus Folie gefertigt, die eine gute Sauerstoffbarriere darstellt und somit
den Inhalt vor Luft schützt. Trotzdem werden vier Produkte unter Schutzatmosphäre verpackt.
Der Inhalt wird über einen Zapfhahn entnommen. Durch die Kombination von Beutel und Zapfhahn wird
nach dem Öffnen der Verpackung eine Haltbarkeit laut Deklaration von ein bis zwei Tagen im Kühlschrank gewährleistet.
Quetschies sind praktisch für unterwegs und zum Mitnehmen in den Kindergarten, da Sie leicht ohne
Löffel gegessen werden können, die Portionen klein und die Müllentsorgung einfach ist. Aufgrund der
Größe des Zapfhahnes ist bei dem Produkt von dm-babylove der Hinweis zu lesen: „Bitte das Kind nicht
unbeaufsichtigt mit der Verschlusskappe spielen lassen“. Und bei Spreewaldhof: „Verschluss nicht geeignet für Kinder unter 4 Jahren (Erstickungsgefahr)“ oder bei erdbär: „Ihr dürft aber nicht unbeaufsichtigt mit unserem Verschluss spielen (Erstickungsgefahr)“.
Bei vier Herstellern erfolgt zusätzlich ein Hinweis, dass das Fruchtpüree nicht zum Dauernuckeln verwendet werden soll als Schutz vor Karies.
Ein Hinweis bei den Hipp-Produkten lautet: „Unsere Empfehlung: Fruchtpüree mit einem Löffel füttern
oder dem Kind selbst zum Löffeln überlassen“. Diese scheinbar nebensächliche Empfehlung wird zum
Hauptkritikpunkt der Quetschbeutel.
Preise
Für ein 90 Gramm Quetschbeutel sind zwischen 0,75 und 0,95 Euro zu zahlen. Somit ergibt sich ein
Durchschnittspreis von 0,90 Euro pro 100 Gramm ergibt. Obstbreie aus dem 190-Gramm-Glas sind ab
0,65 Euro im Angebot zu finden (100 Gramm kosten 0,34 Euro) und somit rund 55 Cent günstiger.
Im Vergleich dazu: Ein Kilo Äpfel aus dem Supermarkt aber auch regional erzeugte Ware sind für 1,99
Euro zu kaufen (100 Gramm kosten so nur 0,02 Euro).
Bedenkt man, dass der Grundsicherungssatz 2014 nach SGB II pro Monat für unter 6-Jährige ca. 85
Euro ist (229 Euro im Monat Gesamt) und somit 2,84 Euro am Tag vorsieht, ist ein Quetschie mit 95
Cent als Zwischenmahlzeit ein teurer Spaß4.
© Verbraucherzentrale Niedersachsen e. V., August 2014
Ernährungsverhalten
Feste Nahrung fördert das Sprechen
Um den siebten Monat herum sollten Babys anfangen mit leichtem Kauen. Beispielsweise Apfelschnitze
zum Knabbern. Kauen stärkt die Kaumuskulatur und unterstützt das Sprechen lernen. Umso mehr die
Kaumuskulatur und die Mundmotorik von Kleinkindern gefördert wird, desto leichter fällt es den Kindern
sprechen zu lernen. Die Motorik und somit auch die Mundmotorik (Bewegungsfähigkeit der Lippen,
Wangen, Lippen und Mund) ist Voraussetzung für das Erlernen des Sprechens.
Daher sind Quetschies kein Ersatz für „echtes“ Obst. Die Kaumuskulatur wird nicht wie bei Obststücken
gefördert, daher sollten Quetschies nicht die tägliche Portion Obst ersetzen und nur als gelegentliche
Zwischenmahlzeit auf dem Speiseplan stehen. Für unterwegs kann klein geschnitztes Obst vorbereitet
werden, bei älteren Kindern kann leicht zu verzehrendes Obst, wie beispielsweise Bananen auch ohne
vorheriges Schneiden gegessen werden.
Der Deutsche Bundeverband für Logopädie empfiehlt außerdem für ältere (Kindergarten-) Kinder:
„Eltern sollten frühzeitig, d.h. bis zum Alter von 3 Jahren, ihre Kleinkinder darin unterstützen Nuckelgewohnheiten (Schnuller, Flasche) abzubauen. Auf diese Weise können auch zusätzliche Probleme, wie z.
B. kieferorthopädische Maßnahmen im Kindes- und Jugendalter evtl. verhindert werden.“3 Daher
scheint also ein Quetschie zum Saugen und Nuckeln nicht geeignet, um Nuckelgewohnheiten abzubauen.
Zusammensetzung und Nährwerte
Bei zwei Produkten (babydream und babylove) sind in der Zutatenliste nur Früchte aufgeführt. Die
„FruchtBar“ und „erdbär“-Beutel wurden mit püriertem Obst hergestellt. Hipp und Spreewaldhof setzen
neben der Frucht auch Püree und Apfelsaftkonzentrat ein. Apfelsaftkonzentrat ist auch bei erdbär aufgeführt mit < 2%, da hier eine Prozentangabe erfolgt, kann gehört sie zu den wertbestimmenden Zutaten.
Trotz der Verpackung wurde bei vier Produkten Zitronensaftkonzentrat, wahrscheinlich zum Oxidationsschutz, zugesetzt. Hipp reichert mit Vitamin C bzw. Acerolasaftkonzentrat an. Spreewald lobt aus, dass
„extra viel natürliches Vitamin C“ enthalten ist, welches durch das Acerolasaftkonzentrat erreicht wird.
Die Quetschies enthalten selten Gemüse und wenn, beschränkt es sich auf Karotte. Der Apfel ist fast
immer dabei, gefolgt von Banane und Birne. Der Apfel ist bei sechs Produkten die Fruchtzutat mit dem
höchsten Anteil von 76 % bis 40 %.
Bei einem Nährwertvergleich mit selbstgemachtem Mus gibt es keinen Vorteil für das Selber kochen mit
Ausnahme des Vitamin C-Gehalts. das bei zwei Anbietern zugesetzt wird. Die Nährwerte der Hauptnährstoffe liegen beim Selbstgemachten Frucht- und Gemüsepüree in ähnlichen Bereichen. Da die
Quetschies vorwiegend auf Basis von Fruchtpüree aus Früchten hergestellt und kaum Konzentrate eingesetzt werden, bleiben die Nährwerte und Vitamine weitgehend erhalten, abgesehen vom Verlust wertvoller Inhaltsstoffe aus den Schalen.
Auslobung: Ohne Zuckerzusatz
Alle Produkte werden auf der Schauseite so ausgelobt.
Der Hinweis „Ohne Zuckerzusatz“ gilt als nährwertbezogene Angaben und ist rechtlich folgendermaßen
geregelt: Das Produkt darf keine zugesetzten Einfach- und Zweifachzucker, zum Beispiel Traubenzucker, Fruchtzucker oder Rübenzucker, oder eine andere Zutat mit süßender Wirkung wie Fruchtsüße
oder Fruchtsirup enthalten. Enthält das Lebensmittel von Natur aus Zucker soll auch ein Hinweis erfolgen: "Enthält von Natur aus Zucker".
Zusammenfassung:
Quellen:
[1] Gebauer-Sesterhenn, Birgit; Pulkkinen, Anne; Dr. med. Edelmann, Katrin, 2011: Die ersten 3 Jahre meines
Kindes. Gräfe & Unzer, München.
[2] Wendlandt, Wolfgang, 2011: Sprachstörungen im Kindesalter. Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
[3] Deutscher Bundesverband für Logopädie 2014: http://www.dbl-ev.de/kommunikation-sprache-sprechen-stimmeschlucken/stoerungen-bei-kindern/praevention-ist-wichtig.html, eingesehen am 01.08.2014.
2
[4] http://www.bundesregierung.de/ContentArchiv/DE/Archiv17/Artikel/2013/09/2013-09-04-grundsicherungerhoehnung-regelbedarf-ab-2014.html
© Verbraucherzentrale Niedersachsen, August 2014
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