16 wissenschaft & praxis rascher verträgliches Blut bereitgestellt werden kann. PatientInnen mit Antikörpern gegen hochfrequente Antigene stellen eine besondere Herausforderung für die Transfusionsdienste dar. Das Screening von BlutspenderInnen auf das Fehlen dieser Antigene (z.B. Vel, Lan) ist dabei ein vorrangiges Ziel. Die bei den SpenderInnen angestrebte Genotypisierung des gesamten Antigenprofils später auch auf die PatientInnen auszudehnen, um bei Transfusionen die Antigenmuster von SpenderInnen und PatientInnen anzugleichen – um die Kreuzprobe wegzulassen –, wird sich praktisch kaum umsetzen lassen. Durch die zahlreichen Polymorphismen werden sich im jeweiligen Blutdepot nie genügend antigenfreie Erythrozytenkonzentrate finden, und die Einberufung von geeigneten SpenderInnen ist organisatorisch nur in Ausnahmefällen zu bewältigen. Die klassische Serologie wird daher bei Antikörpersuche und -differenzierung sowie Verträglichkeitstestung weiterhin einen festen Platz einnehmen. Die DNA-Analyse von Blutgruppenmerkmalen hilft, serologisch unklare Reaktionen abzuklären und liefert im Transfusionswesen, in der Schwangerschaftsbetreuung und in der Abstammungsbegutachtung wesentliche Verbesserungen. Das Miteinander beider Techniken und ihre gegenseitige Ergänzung wird zur Optimierung n auf den genannten Gebieten beitragen. Univ.-Prof. Dr. Diether Schönitzer Vorstand a.D. des Zentralinstituts für Bluttransfusion und Immunologische Abteilung, Innsbruck [email protected] Keine Lösung der Antikörperproblematik auf DNA-Ebene Das wichtigste Aufgabengebiet der Transfusions-Serologie ist der Nachweis von Antikörpern. Das Immunglobulinmolekül weist eine enorme Vielfalt von Konstruktionsmöglichkeiten auf, die mit mehr als 108 angegeben werden. Selbst wenn man sich nur auf den antigenbindenden Teil – der für die Spezifität des Antikörpers maßgeblich ist – konzentriert, so ist dort die Variabilität in der Aminosäuresequenz derart hoch, dass sich verschiedene Antikörper gleicher Spezifität voneinander unterscheiden. Deshalb wird es auch für eine Genotypisierung z.B. eines Anti-D keinen allgemeingültigen Primer geben. Für die außerordentlich organisierte Fort bildung „Stimm- und Sprechtraining“ mit Frau Mag. Brigitta Prochazka suchen wir noch TeilnehmerInnen! Der Termin wurde auf 4./5. September verschoben. Sehen Sie sich dazu bitte die Referenzen von Frau Mag Prochazka an unter: www.anklang.at Nähere Informationen zur Fortbildung auf der Homepage: http://www.meduniwien.ac.at/user/marianne.fliesser-steiner Berufsrisiko HIV-Infektion Präventionsstrategien 1. Auf der Gesetzesebene Gemäß dem ArbeitnehmerInnenSchutzgesetz besteht die Verpflichtung Infektionsprävention im medizinischen Arbeitsumfeld des Arbeitgebers, für die Information der ArbeitnehmerInnen über die GefahDie Möglichkeit einer HIV-Übertragung im ren für Sicherheit und Gesundheit sowie über die Maßnahmen Rahmen der Patientenversorgung ist abschätz- zur Gefahrenverhütung nachweislich und wiederholt Sorge bar und – wie Untersuchungen zeigen – gering. zu tragen. Des Weiteren sind geeignete Schutzmaßnahmen wissenschaft & praxis So liegt z.B. das Risiko nach einer Blutexposi- anzuwenden. tion von Schleimhäuten bei 0,03 %. 2. Auf der Handlungsebene Hauptgefahrenquellen Die Indikationsliste für eine HIV-PEP (Postexpositionelle Prophylaxe) weist klar auf die Infektionswahrscheinlichkeit bei verschiedenen Gegebenheiten hin und zeigt deutlich, wo die Hauptgefahr liegt: in der perkutanen Exposition mit Nadeln, Skalpellen oder Lanzetten, die mit Blut von nachweislich HIV-positiven Patientinnen und Patienten kontaminiert sind. Dabei liegt das Übertragungsrisiko bei etwa 0,3 % (HCV 3 %, HBV 30 %!). Verletzungen mit kontaminierten Hohlnadeln sind gefährlicher als solche mit chirurgischen Nadeln. Das Bewusstmachen von risikoreichen Aktivitäten und Situationen (z.B. „Recapping“; das Drücken von weiteren Nadeln in einen bereits vollen Abfallbehälter; falsche Entsorgung in einen Plastiksack etc.) ist ein erster Schritt zur Sicherheit. Ein Vermeiden derselbigen ist soweit wie möglich durch Training von „sicheren Handlungsabläufen“ unter Anwendung aller gebotenen Schutzmaßnahmen zu erreichen. Obwohl jede Blut- oder Serumprobe als potenziell infektiös anzusehen ist, müssen Proben von HIV-infizierten Personen gekennzeichnet sein. Es ist dafür zu sorgen, dass bei Kenntnis eines HIV-positiven Serostatus einer Patientin/ eines Patienten das untersuchende bzw. weiterbehandelnde Personal darüber, soweit erforderlich, unterrichtet wird. Eine klare Richtlinie zur Vorgangsweise nach Zwischenfällen mit menschlichem Blut oder anderen möglicherweise infek- wissenschaft & praxis tiösen Körperflüssigkeiten sollte aufliegen (z.B. verringern sofortige Desinfektionsmaßnahmen an der kontaminierten Stelle die Gefahr einer Infektion erheblich!). den Daumen gestochen, also bestehende Hygienevorschriften missachtet hatte. Postexpositionelle Prophylaxe (PEP) bei HIV Einhaltung der Meldepflicht bei AIDS Das jeweils am letzten Stand der Technik befindliche Material für die Expositionsprophylaxe sollte vom Arbeitgeber bereitgestellt werden. Die ArbeitnehmerInnen verpflichten sich, dieses sachgemäß zu verwenden und einzusetzen (z.B. Adaptersysteme; Sicherheitskanülen, die nach der Benutzung die Nadelspitze „entschärfen“, indem ein stumpfer Metallstift über die Spitze hinausragt; geeignete Entsorgungsbehälter mit breiter Öffnung und einem festen Stand; flüssigkeitsdichte Operationsmäntel, speziell verstärkte Operationshandschuhe; Masken, Schutzbrillen etc.). Derzeit leben in Österreich etwa 12.000 HIV-infizierte Menschen. Ein erster Gipfel hoher Infektiosität liegt in der Zeit zwischen Infektion und Serokonversion. Körperflüssigkeiten und Ausscheidungen immer als infektiös zu betrachten, ist ein wichtiger Ansatz in der Prävention. Des Weiteren gibt es keine Hinweise dafür, dass das Wissen um den HIV-Status einer Patientin/eines Patienten das Risiko von akzidentiellen Expositionen vermindert. Übertragungen im Krankenhaus oder in der Arztpraxis sind äußerst selten. In Österreich gab es seit den ersten HIV-Patienten vor 26 Jahren bereits mehrere hundert Stichverletzungen beim Personal, das HIV-PatientInnen betreut, eine einzige Infektion ist dabei angegangen. Betroffen war ein Arzt, der sich beim Zurückstecken der Schutzkappe auf die Kanüle in Das im Gesundheitswesen tätige Personal kann sich gegen viele Erkrankungen durch Impfungen schützen: Eine Initiative der Österreichischen AIDS-Gesellschaft Angesichts der schwerwiegenden Konsequenzen einer HIVInfektion wurde seit 1989 bei Gefahr einer Infektion im beruflichen Alltag die postexpositionelle Einnahme von Zidovudine empfohlen. Die Verfügbarkeit neuer antiretroviraler Substanzen hat eine Aktualisierung der Empfehlungen zur postexpositionellen Prophylaxe (PEP) und eine Indikationserweiterung auf nicht-berufliche Expositionen notwendig gemacht. Grundsätzlich gilt: je größer die Virenmenge und je länger die infektiösen Flüssigkeiten auf Wunden, geschädigte Haut oder Schleimhaut/Bindehaut einwirken, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit der Übertragung. Indikationen für eine HIV-PEP Nicht jeder berufliche Risikokontakt führt zu einer HIVÜbertragung. Ist der Serostatus der Indexperson nicht bekannt, sollte eine Empfehlung für eine HIV-PEP zurückhaltend gehandhabt werden. Gegebenenfalls kann eine HIVPEP begonnen werden, bis durch Einlangen der Befunde der Serostatus der Indexperson geklärt ist und über die weitere Vorgehensweise entschieden werden kann. Bei Stich-/Schnittverletzungen im Zusammenhang mit HIV-hältigem Material, Schleimhautkontakt oder Hautkontakt bei gleichzeitig bestehendem Hautekzem, frischer Wunde oder sichtbaren Verletzungen ist eine HIV-PEP indiziert. Bei allen fraglichen HIV-Expositionen ohne bzw. mit geringem Risiko wie z.B. Kontakt von infektiösem Material mit intakter Haut kann von einer HIV-PEP abgesehen werden. Wann sollte mit der HIV-PEP begonnen werden? Das Personal in Krankenhäusern und anderen Gesundheitseinrichtungen, das Kontakt zu PatientInnen oder mit infektiösem Material hat, sollte zum eigenen Schutz und zum Schutz der betreuten Personen nachweislich und ausreichend vor den durch Impfung vermeidbaren Erkrankungen geschützt sein. 1. Routinemäßiger Schutz wie allgemein empfohlen: Diphterie, Pertussis, Poliomyelitis, Tetanus, Masern, Mumps, Röteln 2. Wichtiger Schutz für jegliches Gesundheitspersonal: Varizellen, Hepatitis A, Hepatitis B, jährliche Influenzaimpfung. Neu eintretendes Personal an Abteilungen für Pädiatrie, Geburtshilfe, Infektionskrankheiten, Onkologie und Transplantation sollte vor Dienstantritt die Immunität gegen die durch Impfung vermeidbaren Krankheiten Masern, Mumps, Röteln und Varizellen durch serologische Untersuchung (oder durch Vorlage eines Impfpasses mit je zweimaliger Impfung gegen diese Erkrankungen) nachweisen. Bei fehlender Immunität ist die Impfung anzuraten. 3. Zum eigenen Schutz sollte für Personal an Versorgungseinheiten für Pädiatrie und/oder Infektionskrankheiten und für Laborpersonal eine Immunität gegen Meningokokken gegeben sein. Informationen zum genauen Impfprozedere werden alljährlich vom Obersten Sanitätsrat aktualisiert. Der Impfplan 2009 Österreich des Obersten Sanitätsrates ist erhältlich unter: www.bmgfj.gv.at Im Idealfall innerhalb von 1–2 Stunden, möglichst binnen 36–48 Stunden über einen Zeitraum von vier Wochen. Anfragen im Notfall Über das notwendige Prozedere und die aktuellen Medikationsempfehlungen gibt z.B. die Immunambulanz des Otto-Wagner-Spitals, täglich von 0–24 Uhr, Auskunft. n Tel: 01/91060-42610 oder 01/91060-42710. Dr. Peter Traxler Arzt für Allgemeinmedizin Betriebsarzt im Hanuschkrankenhaus [email protected] www.tropenmedizin.at Linktipp: www.aidsgesellschaft.at Nachdruck aus MEDMIX 3-4/2009 mit freundlicher Genehmigung des Autors. www.medmix.at 17