Studie - FIW München

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Bauaufsichtlich anerkannte Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstelle von Baustoffen und Bauteilen. Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet des Wärme- und Feuchteschutzes
Kritische Betrachtung der Kostensteigerung im
Mehrfamilienhausneubau durch Einführung der
EnEV 2016
Prof.-Dr. Ing. Andreas H. Holm
Dipl.-Ing. Christoph Sprengard
FIW München
Bericht
Forschungsinstitut für Wärmeschutz e.V. München
Lochhamer Schlag 4 | DE-82166 Gräfelfing
Geschäftsführender Institutsleiter:
T+49 89 85800-0 | F +49 89 85800-40
[email protected] | www.fiw-muenchen.de
Prof. Dr.-Ing. Andreas Holm
1
Einleitung
Das Energiekonzept der Bundesregierung [BMWI, 2010] sieht einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand bis zum Jahre 2050 vor. Um dieses ambitionierte Ziel zu
erreichen, soll der Wärmebedarf von Gebäuden bis 2020 um 20%, und der Primärenergiebedarf bis 2050 um 80% gegenüber 2008 gesenkt werden. Die Bundesregierung hat 2011 in ihren Eckpunkten zur Energiewende beschlossen, die Effizienzstandards von Gebäuden ambitioniert zu erhöhen, soweit dies im Rahmen einer
ausgewogenen Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der Belastungen der Eigentümer und Mieter wirtschaftlich vertretbar ist.
Die Energieeinsparverordnung (EnEV) ist ein zentrales Element der Energieeinsparpolitik der Bundesregierung im Gebäudebereich. Durch die Einführung der
EnEV 2009 [EnEV 2009] wurden im Rahmen der wirtschaftlichen Vertretbarkeit insbesondere die energetischen Anforderungen an Neubauten um durchschnittlich
30% verschärft. Die Verschärfung für bestehende Gebäude war geringer und griff
ohnehin nur, wenn größere Änderungen an bestehenden Bauteilen vorgenommen
wurden oder größere An- oder Umbauten errichtet wurden.
Die derzeit gültige Fassung (EnEV 2014) trat am 1. Mai 2014 erst einmal ohne weitere Verschärfungen an die energetischen Standards und nur mit minimalen Änderungen im Nachweisverfahren in Kraft. Die Anhebung der energetischen Standards
wurde bis zum Jahresbeginn 2016 zurückgestellt. Diese sind als eindeutiges Signal
für die notwendige Anpassung der Neubauanforderung im Hinblick auf den bereits
beschlossenen EU-Niedrigstenergiegebäude-Standard zu sehen.
Die energetische Anforderung an den Jahres-Primärenergiebedarf wird bei neu zu
errichtenden Gebäuden um 25 Prozent angehoben. Im Nachweisverfahren geschieht dies über einen Faktor von 0,75, mit dem der Primärenergiebedarf des Referenzgebäudes (der einzuhaltende Maximalwert) zu multiplizieren ist. Die Wärmedämmung der Gebäudehülle muss nun ebenfalls den Anforderungen des Referenzgebäudes entsprechen. Die aus der EnEV 2009 bekannten tabellierten Maximalwerte des Transmissionswärmeverlustes dienen hier nur noch zur Deckelung der Verluste bei Gebäuden mit sehr großem Oberflächen-Volumen-Verhältnis (z.B. für stark
gegliederte Gebäude).
Die Änderungen gelten allerdings erst mit Jahresbeginn 2016. Derzeit wird intensiv
von verschieden Interessengruppen versucht die schon seit langen geplante, bekannte, sinnvolle und notwendige Anpassung der EnEV 2016 auszusetzen. Als
Hauptargument wird herangeführt dass die Novellierung der EnEV 2016 das Bauen
von Wohnraum um 7 bis 8 % verteuert [ARGE Kiel, 2014].
Prüfergebnisse beziehen sich nur auf die genannten Prüfgegenstände. Eine auszugsweise Veröffentlichung des Prüfberichts
ist nur mit einer schriftlichen Genehmigung des Forschungsinstituts für Wärmeschutz e.V. München erlaubt.
2
Fakten zur aktuelle Kostenentwicklung
von Wohnraum in Deutschland
Technologische Entwicklungen haben auch unsere Gebäude in den letzten Jahrzehnten verändert. So sind neben neuen sinnvollen Anforderungen an den Wärme-,
Feuchte-, Schall- und Brandschutz auch gestiegene Ansprüche an den Wohnkomfort der Bewohner entstanden.
Die Diskussion um erhöhte Kosten durch steigende Anforderungen an die Gebäudeenergieeffizienz ist nicht neu. Schon die Novellierung der Wärmeschutzverordnung im Jahr 1995 war für viele Experten der Endpunkt der Entwicklung. Trotzdem
haben alle Novellierungen – stets unter zwingender Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes des EnEG – zum heutigen Stand der EnEV 2014 mit den als wirtschaftlich eingestuften bevorstehenden Verschärfungen 2016 geführt. Möglich wurden diese wirtschaftlichen Anpassungen der Anforderungen u.a. durch stetige Innovation rund um das energieeffiziente Bauen.
Eine korrekte Beurteilung der Investitionskosten zu verschiedenen Betrachtungszeitpunkten ist nur möglich wenn diese preisbereinigt werden. Dies erfolgte korrekterweise mittels des Baupreisindexes. Dieser misst die „durchschnittliche Entwicklung der Preise für ausgewählte, fest umrissene Bauleistungen, die beim Neubau
und der Instandhaltung von Bauwerken erbracht und vom Bauherrn tatsächlich gezahlt werden“ [destatis a].
In der öffentlichen Diskussion wird häufig ein direkter Zusammenhang zwischen regulatorischen Anforderungen an den Wärmeschutz und der Baupreisentwicklung
hergestellt. Die von DESTATIS veröffentlichen Baupreisindizes sind aufgrund der
umfangreichen Datenbasis statistisch gut belastbar. Abbildung 1 stellt die zeitliche
Entwicklung der Preisindizes für die beiden Bauwerkskosten „Rohbau“ und „Ausbau“ für den Neubau von Wohngebäuden seit 1960. Das Jahr 2010 dient als Vergleichsjahr [destatis]. Im Betrachtungszeitraum schwankt die Steigung des Baupreisindexes stärker als die des Verbraucherpreisindexes, im Mittel ist sie jedoch
nahezu gleich groß. Zur Verdeutlichung sind auch die Zeitpunkte der jeweiligen Anpassungen der Wärmeschutzverordnungen (WSchV) bzw. der Energieeinsparverordnungen (EnEV) dargestellt. Auffällig ist, dass keine der Anpassungen der Anforderungen der Energieeffizienz der Gebäude unmittelbar zu einem starken Anstieg
des Baupreisindexes geführt haben. Im Gegenteil, im Jahr 1995 und in den Folgejahren sind trotz Anpassung der WSchV die Bauwerkskosten für Rohbauarbeiten
gefallen. Seit 2000 haben sich die der Kostengruppe (KG) 300 zugeordneten Bauleistungen mit einem Plus von 25,3 % annähernd wie der Verbraucherpreisindex
(26,2 %) entwickelt, die Preise der KG 400 sind mit 45,9 % überdurchschnittlich
stärker gestiegen.
Bemerken muss man, dass im Zeitablauf nur die reinen Preisveränderungen für
identische Bauleistungen beobachtet werden, weil die Qualität und ZusammensetPrüfergebnisse beziehen sich nur auf die genannten Prüfgegenstände. Eine auszugsweise Veröffentlichung des Prüfberichts
ist nur mit einer schriftlichen Genehmigung des Forschungsinstituts für Wärmeschutz e.V. München erlaubt.
zung der Bauleistungen gemäß dem verfolgten Indexkonzept konstant gehalten
werden. Die Zusammensetzung des sogenannten Warenkorbes und die Gewichtung einzelner Bauleistungen innerhalb dieses Korbes liefern Anhaltspunkte dafür,
wie sich gesetzliche Änderungen oder auch geänderte Qualitäten auf das Preisgefüge sämtlicher Bauleistungen und somit auch auf die Höhe der Baukosten auswirken.
Abbildung 1:
Zeitliche Entwicklung der Preisindizes für die beiden Bauwerkskosten „Rohbau KG 300“
und „Ausbau KG 400“ für den Neubau von Wohngebäuden seit 1960. Das Jahr 2010 dient
als Vergleichsjahr. [destatis] Zur Verdeutlichung sind auch die Zeitpunkte der jeweiligen
Anpassungen der Wärmeschutzverordnungen (WSchV) bzw. der Energieeinsparverordnungen (EnEV) dargestellt.
Die Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V. (ARGE Kiel) hat ihn ihrer Studie „Kostentreiber für den Wohnungsbau - Untersuchung und Betrachtung der wichtigsten Einflussfaktoren auf die Gestehungskosten und auf die aktuelle Kostenentwicklung von Wohnraum in Deutschland“ die wichtigsten Kostentreiber auf die Gestehungskosten (Kostengruppen 100 bis 700 nach DIN 276) untersucht [ARGE
Kiel]. Dazu werden die Gestehungskosten für ein Mehrfamilienhaus mit gutem
Wohnkomfort im Jahr 2000 und im Jahr 2014 untersucht. Für das Jahr 2000 liegen
der Studie Bau- bzw. Bauwerkskostendaten von über 250 Neubauvorhaben mit ca.
6.000 WE im mehrgeschossigen Wohnungsbau vor (Bautätigkeit im Zeitraum 1999
bis 2001, Quelle: internes Datenarchiv der ARGE). Für das Jahr 2014 liegen ebenfalls diese Kosten von über 400 Neubauvorhaben mit ca. 11.000 WE im mehrgeschossigen Wohnungsbau vor (Bautätigkeit im Zeitraum 2011 bis 2014, Quelle: internes Datenarchiv der ARGE). Hierbei unterscheidet die Studie in die Gestehungskosten der Bauwerke und die tatsächlichen Bauwerkskosten.
Zitiert wird aus dieser Studie bedauerlicherweise jedoch immer nur ein kleiner Abschnitt zur EnEV. Die genannte Verteuerung durch die Einführung der EnEV 2016
Prüfergebnisse beziehen sich nur auf die genannten Prüfgegenstände. Eine auszugsweise Veröffentlichung des Prüfberichts
ist nur mit einer schriftlichen Genehmigung des Forschungsinstituts für Wärmeschutz e.V. München erlaubt.
von 7-8 % bezieht sich ausschließlich auf die Bauwerkskosten und nicht auf die
vollständigen Gestehungskosten. Die wahren Kostentreiber werden in der Studie
ausführlich und wissenschaftlich fundiert gut dargelegt
Gestehungskosten
Die im nachfolgendem Abschnitt getroffenen Aussagen basieren auf den in der Studie der ARGE Kiel genannten Preisen und Baukosten. Sie werden anders ausgewertet und berücksichtigen die Preisentwicklung. Abbildung 2 vergleicht die Gestehungskosten eines Mehrfamilienhausneubaus mit gutem Wohnkomfort errichtet im
Jahr 2000 (links) nach Anforderungen der damals gültigen Wärmeschutzverordnung
WSchV 1995 und eines Mehrfamilienhauses gleichen Wohnkomfortstandards erbaut im Jahr 2014 nach den Anforderungen der zukünftigen EnEV 2016.
Abbildung 2:
Vergleich der Gestehungskosten eines Mehrfamilienhausneubaus mit gutem Wohnkomfort errichtet im Jahr 2000 (links) nach Anforderungen der damals gültigen Wärmeschutzverordnung WSchV 1995 und eines vergleichbaren Gebäudes erbaut im Jahr 2014
nach den Anforderungen der zukünftigen EnEV 2016. Dargestellt sind die Kosten im jeweiligen Jahr, also ohne Preisbereinigung. Der rote Balken repräsentiert den Anteil der
Bauwerkskosten (KG 300 und 400). Zum Vergleich: Preisbereinigt würden die Gestehungskosten des Gebäudes im Baustandard 2000 im Jahr 2014 bei 2805 €/m² Wohnfläche
liegen.
Dargestellt sind die Kosten im jeweiligen Jahr, also ohne Preisbereinigung. Der rote Balken repräsentiert den Anteil der Bauwerkskosten (KG 300 und 400). Um nahezu 40 Prozent sind die Kosten rund um den Neubau von Mehrfamilienhäusern in
Deutschland seit dem Jahr 2000 gestiegen. Bei den reinen Baupreisen gab es im
gleichen Zeitraum dagegen – wie bei den Lebenshaltungskosten auch –einen Anstieg von rund 27 Prozent. Preisbereinigt würden die Gestehungskosten des Gebäudes aus dem Jahr 2000 im Jahr 2014 bei 2805 €/m² Wohnfläche liegen. Das
gleiche Gebäude errichtet nach den Anforderungen der EnEV 2016 verursacht Gestehungskosten von ca. 3080 €/m² Wohnfläche. Das bedeutet über die Anpassung
der Baupreise hinaus eine Verteuerung von nur 9,8 %. Die Ursachen hierfür sind
Prüfergebnisse beziehen sich nur auf die genannten Prüfgegenstände. Eine auszugsweise Veröffentlichung des Prüfberichts
ist nur mit einer schriftlichen Genehmigung des Forschungsinstituts für Wärmeschutz e.V. München erlaubt.
vielfältig und nicht ausschließlich auf gestiegene energetische Anforderungen zurückzuführen.
Bauwerkskosten
In Tabelle 1 sind für die zwei Mehrfamilienhäuser aus dem Jahr 2000 bzw. 2014 die
ermittelten Bauwerkskosten dargestellt. Außerdem sind hier sowohl die Rohbaukosten (001-006) als auch die Ausbaukosten (007-024) differenziert nach den entsprechenden Leistungsbereichen aufgeführt. Die für das Bezugsjahr 2000 gelisteten
Kosten beziehen sich auf den gesetzlichen Mindeststandard für Wohnungsneubauten nach Wärmeschutzverordnung 1995 in Verbindung mit der damals geltenden
Heizungsanlagenverordnung. Die für das Betrachtungsjahr 2014 gelisteten Kosten
beziehen sich auf den gesetzlichen Mindeststandard für Wohnungsneubauten nach
EnEV 2016 in Verbindung mit dem EEWärmeG in der gültigen Fassung.
Abbildung 3:
Vergleich der Bauwerkskosten eines Mehrfamilienhausneubaus mit gutem Wohnkomfort
errichtet im Jahr 2000 (links) nach Anforderungen der damals gültigen Wärmeschutzverordnung WSchV 1995 und eines vergleichbaren Gebäudes erbaut im Jahr 2014 nach den
Anforderungen der zukünftigen EnEV 2016. Dargestellt sind die Kosten im jeweiligen
Jahr, also ohne Preisbereinigung.
Durch die Berücksichtigung von „Errichtungsjahr“, „Bezugsjahr“ und dem jeweils geltenden „energetischen Standard“ wird die Kostenbetrachtung transparent und vergleichbar. Der direkte Vergleich zeigt, dass sich die gesamten der KG 300 zugeordneten Bauleistungen mit einem Plus von 25 % ebenfalls leicht unterhalb des Verbraucherpreisindex (26,2 %) entwickelt haben. Die technische Anlagen – KG 400
sind dagegen generell deutlich oberhalb der Inflationsrate teurer geworden (+70 %).
Dies zeigt sich insbesondere für Wärmeversorgungsanlagen, Lufttechnische Anlagen und Abwasser-, Wasser-, Gasanlagen. Der Anteil des Rohbaus an den Gesamtbaukosten ist von 54 Prozent (2000) auf 46 Prozent (2014) zurückgegangen.
Durch geringere Lebensdauern der technischen Anlagen erhöhen sich die Gesamtkosten bei einer Betrachtung über den Lebenszyklus hinweg noch weiter.
Prüfergebnisse beziehen sich nur auf die genannten Prüfgegenstände. Eine auszugsweise Veröffentlichung des Prüfberichts
ist nur mit einer schriftlichen Genehmigung des Forschungsinstituts für Wärmeschutz e.V. München erlaubt.
Bei den energiebedingten Kosten seit dem Jahr 2000 hat sich die Wärmedämmung
dabei sogar gegen den allgemeinen Trend entwickelt. So sind die tatsächlichen
Kosten für „Dämmarbeiten“ seit dem Jahr 2000 von 50 €/m² Wohnfläche auf 79 €/m²
Wohnfläche gestiegen. Das bedeutet einen Anstieg von 58 %. Allerdings muss man
anmerken, dass unter Berücksichtigung der Preisbereinigung das gleiche Gewerk
trotz zugenommen Anforderungen an die U-Werte der Gebäudehülle nur um 22,6 %
gestiegen ist. Sie ist günstiger geworden und unterhalb der Teuerungsrate geblieben. Die Materialkosten der Dämmstoffe in einem Neubau betragen hierbei etwa 2
bis 3 Prozent an den gesamten Gestehungskosten.
Abbildung 4 zeigt den energiebedingten Anteil der Bauwerkskosten für die zwei betrachteten Fälle. Insgesamt ist der Anteil von 2000 auf 2014 von 9 % auf 14 % der
gesamten Baukosten (preisbereinigt und bezogen auf 2014) gestiegen. Gleichzeitig
wurde aber der Endenergiebedarf um fast 55 % reduziert, was sich direkt in den
Energiekosten für den Betrieb der Gebäude wiederspiegelt.
Abbildung 4:
Vergleich der energiebedingten Bauwerkskosten eines Mehrfamilienhausneubaus mit
gutem Wohnkomfort errichtet im Jahr 2000 (links) nach Anforderungen der damals gültigen Wärmeschutzverordnung WSchV 1995 und eines vergleichbaren Gebäudes erbaut
im Jahr 2014 (rechts) nach den Anforderungen der zukünftigen EnEV 2016.
Die Höhe der Bauwerkskosten, die aus den bisherigen energetischen Standards
bzw. unterschiedlichen Anforderungsniveaus (einschließlich KfW-Vorgaben für eine
Förderung) resultieren, sind in Tabelle 1 dargestellt. Hinsichtlich der jeweiligen
energetischen Standards bzw. unterschiedlichen Anforderungsniveaus ist über die
Kostenbetrachtung hinaus zu berücksichtigen, dass diese i.d.R. mit unterschiedlichen Energieverbräuchen und Emissionen (CO2-Äquvalente) verbunden sind.
Grundsätzlich weisen Gebäude, die in hohen energetischen Standards errichtet
werden, deutlich geringe Energieverbräuche und Emissionen auf.
Prüfergebnisse beziehen sich nur auf die genannten Prüfgegenstände. Eine auszugsweise Veröffentlichung des Prüfberichts
ist nur mit einer schriftlichen Genehmigung des Forschungsinstituts für Wärmeschutz e.V. München erlaubt.
Tabelle 1:
Ermittelte Bauwerkskosten des Typengebäudes MFH in seiner Grundvariante inkl. Differenzierung der entsprechenden Leistungsbereiche (001-024). Die energiebedingten Gewerke sind rot dargestellt.
Errichtungsjahr
2014
2000
2000
2014
2000
Bezugsjahr
2014
2000
2014
2014
2014
energetischer Standard
EnEV
2016
WSchV
95
WSchV
95
EnEV
2016
WSchV
95
Gewerk
€ je m²
€ je m²
WohnWohnfläche
fläche
(Median) (Median)
Veränderung
€ je m²
Wohnfläche
(Median)
Veränderung
% der Gesamtbauwerkskosten
001 Erdarbeiten
36
26
38%
32
11,7%
2,5%
2,6%
002 Maurer-/Betonarbeiten
423
363
17%
444
-4,9%
29,5%
36,9%
003 Dämmarbeiten
79
50
58%
61
22,6%
5,5%
5,1%
004 Zimmer-/Holzbauarbeiten
47
37
27%
45
3,7%
3,3%
3,8%
005 Klempner-/Stahlbauarbeiten
30
19
58%
23
22,6%
2,1%
1,9%
006 Dachdecker-/abdichtungsarbeiten
42
32
31%
39
6,8%
2,9%
3,3%
Rohbau
658
527
25%
644
2,1%
45,9%
53,6%
007 Sanitäre Installation/Obj.
79
44
80%
58
26,7%
5,5%
4,5%
008 Elektrische Installation
70
44
59%
58
17,3%
4,9%
4,5%
009 Heizungsinstallation
89
36
147%
47
46,8%
6,2%
3,7%
010 Def. Be- und Entlüftung
27
0
-
-
100,0%
1,9%
0,0%
011 Fliesenarbeiten
48
40
20%
53
-9,6%
3,4%
4,1%
012 Tischlerarbeiten (außen)
73
31
135%
41
44,1%
5,1%
3,2%
013 Tischlerarbeiten (innen)
50
35
43%
46
7,9%
3,5%
3,6%
014 Trockenbau
36
27
33%
36
1,3%
2,5%
2,7%
015 Malerarbeiten
41
34
21%
45
-9,1%
2,9%
3,5%
016 Schlosserarbeiten
22
14
57%
18
16,3%
1,5%
1,4%
017 Balkone
58
34
71%
45
22,9%
4,1%
3,5%
018 Innenputz
33
27
22%
36
-7,7%
2,3%
2,7%
019 Estricharbeiten
35
19
84%
25
28,6%
2,4%
1,9%
020 Bodenbelagsarbeiten
39
26
50%
34
12,3%
2,7%
2,6%
021 Küchen
48
28
71%
37
23,2%
3,4%
2,8%
022 Betonwerkstein
17
13
31%
17
-0,6%
1,2%
1,3%
023 Schließanlage
3
2
50%
3
12,3%
0,2%
0,2%
024 Baureinigung
5
3
67%
4
21,1%
0,3%
0,3%
774
456
70%
600
22,5%
54,1%
46,4%
Bauwerkskosten
1.432
983
46%
1.244
13%
100%
100%
Gestehungskosten
3.080
2.209
39%
2.892
215%
225%
Ausbau
Prüfergebnisse beziehen sich nur auf die genannten Prüfgegenstände. Eine auszugsweise Veröffentlichung des Prüfberichts
ist nur mit einer schriftlichen Genehmigung des Forschungsinstituts für Wärmeschutz e.V. München erlaubt.
Abbildung 5 vergleicht die Gestehungskosten eines Mehrfamilienhausneubaus mit
gutem Wohnkomfort errichtet im Jahr 2000 (links) nach Anforderungen der damals
gültigen Wärmeschutzverordnung WSchV 1995 und eines gleichgroßen Mehrfamilienhauses erbaut im Jahr 2014 (rechts) nach den Anforderungen der zukünftigen
EnEV 2016. Die energiebedingten Kosten sind grün dargestellt. Die Zunahme der
energetischen Anforderungen führt zu einem Anteil von nur 12,5 % an der gesamten
Kostensteigerung der Gestehungskosten seit dem Jahr 2000.
Abbildung 5:
Vergleich der Gestehungskosten eines Mehrfamilienhausneubaus mit gutem Wohnkomfort errichtet im Jahr 2000 (links) nach Anforderungen der damals gültigen Wärmeschutzverordnung WSchV 1995 und eines vergleichbaren Gebäudes erbaut im Jahr 2014
(rechts) nach den Anforderungen der zukünftigen EnEV 2016. Die energiebedingten Kosten sind grün dargestellt. Die Zunahme der energetischen Anforderungen führt zu einem
Anteil von 12,5 % an der gesamten Kostensteigerung der Gestehungskosten seit dem
Jahr 2000.
Durch die höheren Standards entstehen Mehrkosten, denen auf der anderen Seite
aber deutlich verringerte Energieverbräuche und damit gesunkene Betriebskosten
entgegenstehen. Damit verbunden sind natürlich auch wesentlich verminderte CO2Ausstöße, deren Reduzierung Deutschland in europäischen und internationalen
Vereinbarungen verbindlich zugestimmt hat. Nachfolgend ist in Tabelle 2 der Endenergieverbrauch typischer Gebäude nach der Wärmeschutzverordnung 1995 und
diversen Energieeinsparverordnungen, sowie die Bauwerks- und Gestehungskosten
dieser Gebäude dargestellt. Hierbei ist die EnEV 2014 als Bezug für die Ermittlung
der prozentualen Steigerungen hergenommen worden. In die Zukunft blickt die Berücksichtigung der Effizienzhäuser 70 und 55 und 40.
Prüfergebnisse beziehen sich nur auf die genannten Prüfgegenstände. Eine auszugsweise Veröffentlichung des Prüfberichts
ist nur mit einer schriftlichen Genehmigung des Forschungsinstituts für Wärmeschutz e.V. München erlaubt.
Tabelle 2:
Bauwerks- und Gestehungskosten (KG 300/400) sowie Endenergieverbrauch von verschiedenen energetischen Standards (Bezug: Typengebäude MFH in seiner Grundvariante) nach ARGE
Endenergieverbrauch
Bauwerkskosten
(Median)
Steigerung
der Bauwerkskosten
Gestehungskosten
(Median)
Steigerung
der Gestehungskosten
kWh/m²a
€ je m² Wohnfläche
%
€ je m² Wohnfläche
%
WSchV 1995
113
1.244*
-7,2
2.892*
-3,1
EnEV 2014
67
1.334
0,0
2.982
0,0
EnEV ab
2016
53
1.432
6,8
3.080
3,2
EffH 70
45
1.484
10,1
3.132
4,8
EffH 55
40
1.567
14,9
3.215
7,2
EffH 40
36
1.685
20,8
3.333
10,5
energetischer Standard
* preisbereinigt für das Errichtungsjahr 2000 und das Betrachtungsjahr 2014
In seiner Studie zur „Wirtschaftlichkeit von Wärmedämmenden Maßnahmen“ stellt
das FIW München im Auftrag des Gesamtverbands der Dämmstoffindustrie (GDI)
Untersuchungen zu den maßgeblichen Einflussfaktoren bei der Berechnung von
Amortisationszeiträumen von wärmedämmenden Maßnahmen zusammen [FIW
2015]. Dabei werden auch diverse Berechnungsmethoden zur Ermittlung der Wirtschaftlichkeit miteinander verglichen. Basis für die Ermittlung der Wirtschaftlichkeit
ist dabei die Berechnung des Mehrkosten-Nutzen-Verhältnisses (MNV), das die
energetisch bedingten Mehrkosten (was für den erhöhten energetischen Standard
benötigt wird) mit der daraus resultierenden Einsparung an Energie (Auswirkung
des erhöhten energetischen Standards) ins Verhältnis setzt. Je kleiner das MNV ist,
umso wirtschaftlicher ist eine Maßnahme.
Für den Fall eines Neubaus eines MFH mit gutem Wohnkomfort betragen die energiebedingten Mehrkosten für den Sprung des Standards WSchV 1995 auf EnEV
2016 188 €/m². Dabei wird der Endenergiebedarf um 60 kWh/² verringert. Daraus
berechnet sich ein MNV von 1,44. Aus wirtschaftlicher Sicht bedeutet das eine
durchschnittliche Amortisationszeit von ca. 10 Jahren. Dabei liegen unter den heutigen Randbedingungen 95 % aller betrachteten Gebäude mit ihrer wirtschaftlichen
Amortisationszeit zwischen 8 und 17 Jahren (schraffierte Fläche in Abbildung 6).
Prüfergebnisse beziehen sich nur auf die genannten Prüfgegenstände. Eine auszugsweise Veröffentlichung des Prüfberichts
ist nur mit einer schriftlichen Genehmigung des Forschungsinstituts für Wärmeschutz e.V. München erlaubt.
Abbildung 6:
Amortisationszeit eines Mehrfamilienhausneubaus mit gutem Wohnkomfort errichtet im
Jahr 2014 nach Anforderungen der zukünftigen EnEV 2016. Die energiebedingten Kosten
im Vergleich zum Standard WSchV 1995 sind (über das MNV von 1,44) grün dargestellt.
Tabelle 3 zeigt, dass die heutigen Anforderungen der EnEV genau auf dem Niveau
der EnEV 2009 sind, denn mit der Novelle 2014 wurden keinerlei Werte „verschärft“.
Die derzeitige Anforderung an die Fassade des sogenannten Referenzgebäudes,
nach dem sich alle Neubauten richten müssen, ist U = 0,28 W/(m²K). Die 2016er
EnEV-Werte werden allerdings heute schon bei den meisten Bauteilen standardmäßig erreicht und sind keine besondere Herausforderung, sondern bereits seit Längerem Stand der Technik. Fenster haben im Referenzgebäude einen U-Wert von nur
1,3 W/(m²K). Der Fenster-Standard heute liegt bei 1,0 W/(m²K) oder besser. Nach
Inkrafttreten der nächsten EnEV-Stufe wird genau das abgebildet, was der Markt
heute längst anbietet. Die EnEV zieht 2016 mit ihrer „Verschärfung“ lediglich das
nach, was seit Jahren bei vielen Architekten und Bauherren längst Alltag ist.
Tabelle 3:
Verschärfung der energetischen Anforderungen an die Wärmedämmung (U-Wert) in
[W/(m²K)] für einzelne Bauteile
EnEV 2014
Bauteil
Altbau
WSchV
84
WSchV
95
EnEV
2002
Außenwand
1,4
0,6
0,5
/0,42)
Fenster
5,2
1)
Dach
1,0
Kellerdecke
0,8
NEH
Potential
0,24
0,18
0,1
1,3
1,3
0,95
0,65
0,25
0,20
0,24
0,18
0,1
0,4
0,35
0,3
0,2
0,2
Referenzgebäude
Sanierung
0,45
/0,352)
0,28
1,8
1,7
0,45
0,3
0,70
0,5
1)
Doppel- oder Isolierverglasung
2)
bei Erneuerungsmaßnahmen mit Außendämmung
Prüfergebnisse beziehen sich nur auf die genannten Prüfgegenstände. Eine auszugsweise Veröffentlichung des Prüfberichts
ist nur mit einer schriftlichen Genehmigung des Forschungsinstituts für Wärmeschutz e.V. München erlaubt.
3
Zusammenfassung
Bauen ist in den letzten Jahren wird immer teurer und komplizierter: Um nahezu 40
Prozent sind die Kosten rund um den Neubau von Mehrfamilienhäusern in Deutschland seit dem Jahr 2000 gestiegen. Bei den reinen Baupreisen gab es im gleichen
Zeitraum dagegen – wie bei den Lebenshaltungskosten auch – lediglich einen Anstieg von rund 27 Prozent. Die zusätzliche Kostensteigerung, die die Preisspirale
beim Wohnungsneubau – und damit auch beim Wohnen – enorm nach oben gedreht hat sind nicht ausschließlich auf die gestiegen Anforderungen des energiesparenden Bauens zurückzuführen. Die Verschärfung der Anforderungen von der
WSchV 1995 hin zu den zukünftigen Anforderungen der EnEV 2016 sind für 12,5 %
der Gestehungskostensteigerung verantwortlich. Die geplante Verschärfung der
EnEV 2016 verteuert die Gestehungskosten um 3,2 %. Gleichzeitig wird aber der
Primärenergiebedarf um 25 % reduziert. Das heißt:

das Anforderungsniveau 2016 ist bei den gewählten Randbedingungen als wirtschaftlich vertretbar einzustufen

die bisherige Referenzanlagentechnik ist in Verbindung mit verbessertem Wärmeschutz auch in 2016 umsetzbar
Durch die Umsetzung der EnEV-Verschärfungen zum 1. Januar 2016 lassen sich
Kostenerhöhungen nicht vermeiden. Aber eine Abkehr von der EnEV wäre für die
klimapolitischen Zielsetzungen fatal. Man darf sich nicht von derzeit niedrigen Energiepreises täuschen lassen: die fossilen Energieträger sind endlich und es ist unsere gesamtgesellschafts- wie sozialpolitische Verpflichtung, mit diesen Energieträgern verantwortungsvoll umzugehen.
Daher ist ein Moratorium abzulehnen und stattdessen zu fordern, nunmehr endlich
die EU Gebäuderichtlinie 2020 in nationales Recht umzusetzen. Anstatt Kostensteigerungen mit energetischen Anforderungen zu begründen, sollten die wahren Kostensteigerungen beleuchtet werden, als da wären:

gestiegene Grundstückskosten ob der hohen Nachfrage und des knappen Angebotes in Ballungszentren

gestiegene Lohnkosten, nicht zuletzt auch durch gesetzlich vorgeschriebenen
Mindestlohn

gestiegene öffentliche Abgaben wie z.B. Grunderwerbsteuer, Grundsteuer

Stellplatzsatzungen

Anforderungen an Barrierefreiheit (z.B. Aufzüge)

hohe Qualitätsanforderungen im öffentlich geförderten Wohnungsbau

Erschließungsbeiträge für soziale Wohnfolgekosten (z.B. Kita, Schule)

hohe Schallschutzanforderungen
Prüfergebnisse beziehen sich nur auf die genannten Prüfgegenstände. Eine auszugsweise Veröffentlichung des Prüfberichts
ist nur mit einer schriftlichen Genehmigung des Forschungsinstituts für Wärmeschutz e.V. München erlaubt.
Dies belegt auch eindeutig eine kritische Betrachtung der Studie der ARGE Kiel. Zitiert wird aus dieser Studie bedauerlicherweise jedoch immer nur ein kleiner Abschnitt zur EnEV, der sich ausschließlich auf die Bauwerkskosten und nicht auf die
vollständigen Gestehungskosten bezieht. Die wahren Kostentreiber werden in der
Studie ausführlich und wissenschaftlich fundiert gut dargelegt.
Die Aussetzung der EnEV würde überdies zu deutlich höheren finanziellen Belastungen der Kommunen und Mieter führen. Schon heute machen die Betriebs- und
Energiekosten einen großen Teil der Haushaltskosten aus. Aus niedrigen Anfangskosten resultieren i.d.R. damit langfristig deutlich höhere Folgekosten.
Die in den nächsten 5 Jahren gebauten oder umgebauten Immobilien werden ab
2021 voraussichtlich nicht in einen energetisch höherwertigen Zustand versetzt. Mit
großer Wahrscheinlichkeit bleiben diese Immobilien in den nächsten Jahrzehnten
unverändert. Die Aussetzung der EnEV würde sich also negativ auf die Standards
des (sozialen) Wohnungsbaus in den Jahren bis zum Inkrafttreten der EUGebäuderichtlinie 2021 auswirken. Das sollte unbedingt verhindert werden.
Deutschland hat sich international verbindlich verpflichtet seinen CO2-Ausstoß bis
zur Mitte dieses Jahrhunderts um 80% zu senken. Die Gefährdung der Energiewende im Gebäudebereich durch ein Aussetzen der EnEV wird Deutschland in seinen
internationalen Einsparverpflichtungen um Jahre zurückwerfen und ist unbedingt zu
vermeiden.
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Literaturverzeichnis
BMWI, 2010. Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige und
bezahlbare Energieversorgung., s.l.: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit (BMU).
Statistisches Bundesamt: Preisindizes für die Bauwirtschaft, Ausgabe 2015
Manteuffel, v., 2014. Preisentwicklung Gebäudeenergieeffizienz - Initialstudie, s.l.:
Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V.- DENEFF.
Walberg et all, 2015. Kostentreiber für den Wohnungsbau: Arbeitsgemeinschaft für
zeitgemäßes Bauen e.V..
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