Die Rechte der nationalen Minderheiten im deutschdänischen Grenzland Ausgewählte Dokumente Herausgegeben von Jørgen Kühl Department of Border Region Studies University of Southern Denmark 2006 Diese Publikation ist im Januar 2006 in elektronisch lesbarer Form auf der Homepage des Institut for Grænseregionsforskning – Syddansk Universitet http://www.ifg.dk publiziert worden. ISBN 87-90163-59-1 INSTITUT FOR GRÆNSEREGIONSFORSKNING Syddansk Universitet Persillegade 6 DK 6200 Aabenraa Telefon: +45 6550 1750 Telefax: +45 7462 5169 E-mail: [email protected] Januar 2006 Vorwort Im deutsch-dänischen Grenzland finden sich drei anerkannte nationale Minderheiten: Im Sønderjyllands Amt in Dänemark lebt die deutsche Minderheit, die schätzungsweise 15.000 Angehörige zählt. Im Landesteil Schleswig im Bundesland Schleswig-Holstein findet sich eine dänische nationale Minderheit, die schätzungsweise 50.000 Angehörige umfasst. Schliesslich findet sich im Kreis Nordfriesland in Schleswig-Holstein sowie auf der Nordseeinsel Helgoland eine friesische Minderheit. Sie zählt ca. 10.000 Personen, die Friesisch als Muttersprache sprechen, sowie weitere ca. 20.000 Personen, die einen der neun friesischen Dialekte verstehen. Schliesslich wird angenommen, dass weitere 20.000 Personen sich der friesischen Gruppe zugehörig fühlen. In dieser Publikation werden eine Reihe dänischer, deutscher, europäischer sowie internationaler Dokumente publiziert, die von zentraler Bedeutung für die Rechte der drei Minderheiten im deutsch-dänischen Grenzland sind. Hier sind lediglich Texte abgedruckt, die nach 1945 beschlossen worden sind. Es handelt sich ferner nicht um eine vollständige Dokumentation. Hinsichtlich der Schleswig-Holsteinisches Landesverfassung, der Grundrechtecharta der Europäischen Union sowie den Konventionen der Vereinten Nationen sind lediglich die Bestimmungen und Artikel ausgewählt und dokumentiert, die sich explizit auf Minderheiten beziehen. Nationale Minderheiten sind neben den hier abgedruckten Dokumenten auch von weiteren internationalen Konventionen, Schlussakten und Dokumenten geschützt bzw. betroffen, die in dieser Sammlung nicht enthalten sind.1 Dokumente, die ursprünglich in englischer, französischer oder dänischer Sprache ausgefertigt worden sind, werden in dieser Publikation in einer deutschen Übersetzung dokumentiert. Die vorliegende Sammlung von Dokumenten zu den Rechten der nationalen Minderheiten im deutsch-dänischen Grenzland wird in der Form einer elektronisch lesbaren Publikation publiziert. Dies geschieht, um den Inhalt für diejenigen Interessenten zugänglich zu machen, die im Rahmen ihrer Arbeit, Studiums oder gesellschaftlichen Tätigkeit einen schnellen Zugriff auf zentrale Dokumente benötigen. Dies betrifft insbesondere die Vereinbarungen und Texte, die von grundlegender Bedeutung für den rechtlichen Status der Minderheiten im deutsch-dänischen Grenzland sind. So wird häufig und vor allem anlässlich des 50. Jubiläums auf die Bedeutung der so genannten Bonn-Kopenhagener Erklärungen von 1955 verwiesen, aber nur wenige kennen den genauen Wortlaut. Die Minderheitenschutzinstrumente des Europarats werden ebenfalls mit zunehmender Häufigkeit mit Bezug auf die Minderheiten im 1 Dies betrifft insbesondere Bestimmungen und Absichtserklärungen hinsichtlich des Status ethnischer und nationaler Minderheiten im Rahmen der KSZE und OSZE sowie die Empfehlungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarats zur Minderheitenthematik. Eine Reihe dieser Dokumente findet sich im englischen Originaltext in Jørgen Kühl (Hg.): Mindretalspolitik, København: Dansk Udenrigspolitisk Institut 1996, S. 377-444. 3 deutsch-dänischen Grenzland genannt, aber auch der Text dieser Abkommen ist einer breiteren Öffentlichkeit kaum direkt zugänglich. Die vorliegende Publikation bietet annotierte Dokumente. Konkret wird jeweils in Anmerkungen auf die relevante Quelle hingewiesen. Für neuere Texte wird ferner eine Internetadresse angeführt, wo der Text im vollen Wortlaut zugänglich ist. Wer sich für eine umfassende Darstellung der nationalen Minderheiten im deutsch-dänischen Grenzland interessiert, findet diese im 2005 anlässlich des 50. Jubiläums der Bonn-Kopenhagener Erklärungen erschienenen Sammelband Jørgen Kühl/Robert Bohn (Hg.): Ein europäisches Modell? Nationale Minderheiten im deutsch-dänischen Grenzland 1945-2005. Das Buch bietet erstmalig in deutscher Sprache eine umfassende Darstellung unterschiedlicher Aspekte der zeitgeschichtlichen Minderheitenthematik im deutsch-dänischen Kontext. Dabei werden auch europäische Vergleiche in die Analyse und Darstellung miteinbezogen. Der interessierte Leser findet in den insgesamt 20 Beiträgen, die von 14 versierten Experten und Praktikern der Thematik verfasst sind, vielfältige Informationen zu den Minderheiten und unter anderem auch eine rechtliche Bewertung derjenigen Dokumente, die auf den folgenden Seiten abgedruckt werden. Der Sammelband bietet ferner ein detalliertes Literaturverzeichnis, eine chronologische Gesamtübersicht der wichtigsten nationalitäten- und minderheitenpolitischen Ereignisse im ehemaligen Herzogtum Schleswig seit 1815, Tabellen, zahlreiche Karten sowie grafische Darstellungen mit den wesentlichsten Informationen zu den drei Minderheitengruppen in der deutsch-dänischen Grenzregion. Jørgen Kühl Aabenraa/Apenrade, Januar 2006 4 Inhaltsverzeichnis Vorwort.................................................................................................3 Die Kieler Erklärung vom 26. September 1949............................................7 Der Kopenhagener Vermerk vom 27. Oktober 1949 ................................... 11 Die Europäische Menschenrechtskonvention ............................................. 16 des Europarats vom 5. November 1950 Ergebnisse der deutsch-dänischen Besprechungen .................................... 17 zu den Rechten der jeweiligen Minderheit vom 28. März 1955 Die Kopenhagener Erklärung vom 29. März 1955 ...................................... 19 Die Bonner Erklärung vom 29. März 1955 ................................................ 21 Landessatzung für Schleswig-Holstein vom 13. Dezember 1949 .................. 24 Verfassung des Landes Schleswig-Holstein .............................................. 24 in der Fassung vom 13. Juni 1990 Gesetz zur Förderung des Friesischen im öffentlichen Raum ....................... 25 (Friesisch-Gesetz) vom 13. Dezember 2004 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte, ....................... 28 Vereinte Nationen, 19. Dezember 1966 Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form ...................... 28 von Rassendiskriminierung, Vereinte Nationen, 7. März 1966 Übereinkommen über die Rechte des Kindes, ........................................... 30 Vereinte Nationen, 20. November 1989 Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen ..................... 31 vom 5. November 1992 Die Gültigkeit der Sprachencharta hinsichtlich der .................................... 53 nationalen Minderheitensprachen im deutsch-dänischen Grenzland Rahmenübereinkommen des Europarats zum Schutz ................................ 55 nationaler Minderheiten vom 1. Februar 1995 Die Gültigkeit des Rahmenübereinkommens hinsichtlich ............................ 66 der nationalen Minderheitensprachen im deutsch-dänischen Grenzland 5 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 2000 .............................. 67 Vertrag über eine Verfassung für Europa – Entwurf -, ............................... 68 die Europäische Union 2004 Quellenverzeichnis ................................................................................ 69 6 Die Kieler Erklärung vom 26. September 19492 Die schleswig-holsteinische Landesregierung, von dem Wunsche erfüllt, ein friedliches Zusammenleben der dänischen Minderheit mit der deutschen Bevölkerung zu sichern, die berechtigten Belange der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein zu gewährleisten und ein gutnachbarliches Verhältnis zum dänischen Volk herbeizuführen, erklärt mit Billigung des schleswig-holsteinischen Landtages und in der bestimmten Erwartung, daß die dänische Regierung der deutschen Minderheit in Dänemark dieselben Rechte und Freiheiten einräumen und garantieren wird, folgendes: I. Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 gewährleistet einem jeden und damit auch jedem Angehörigen der dänischen Minderheit ohne Rücksicht auf die von ihm benutzte Sprache a) das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, sowie die Unverletzbarkeit der persönlichen Freiheit (Artikel 2), b) die Gleichheit vor dem Gesetz (Artikel 3, Abs. 1), c) das Verbot, jemand wegen seiner Abstammung, seiner Sprache, seiner Herkunft oder seiner politischen Anschauungen zu benachteiligen oder zu bevorzugen (Artikel 3, Abs. 3), d) die Glaubens- und Gewissensfreiheit (Artikel 4), e) das Recht der freien Meinungsäußerung und die Pressefreiheit (Artikel 5), f) die Versammlungs- und Vereinsfreiheit (Artikel 8 und 9), g) das Recht, den Beruf und den Arbeitsplatz frei zu wählen (Artikel 12), h) die Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13), i) die freie Gründung und Betätigung der politischen Parteien gemäß Artikel 21, k) den gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung (Artikel 33, Abs. 2), d.h. daß bei den Beamten, Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienstes zwischen Angehörigen der dänischen Minderheit und allen übrigen kein Unterschied gemacht werden darf, 2 GVOBl. Schleswig-Holstein 1949, S. 183ff. 7 l) das allgemeine, unmittelbare, gleiche, freie und geheime Wahlrecht, das auch für die Landes- und Kommunalwahlen gilt (Artikel 28, Abs. 1), m) das Recht, den Schutz der Gerichte anzurufen, wenn er durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird (Artikel 19, Abs. 4). Niemand darf daher auf Grund des geltenden Bundesrechts, das nach Artikel 31 des Grundgesetzes unbedingten Vorrang genießt, wegen seiner Zugehörigkeit zur dänischen Minderheit benachteiligt oder bevorzugt werden. II. In Ausführung dieser Rechtsprinzipien wird hiermit festgestellt: 1. Das Bekenntnis zum dänischen Volkstum und zur dänischen Kultur ist frei. Es darf von Amts wegen nicht bestritten oder nachgeprüft werden. 2. Die dänische Minderheit, ihre Organisationen und Mitglieder dürfen am Gebrauch der gewünschten Sprache in Wort, Schrift oder Druck nicht behindert werden. Der Gebrauch der dänischen Sprache vor den Gerichten und den Verwaltungsbehörden bestimmt sich nach den allgemeinen Gesetzen. 3. Kindergärten, allgemeinbildende Schulen und Volksschulen (auch mit fachlicher Ausrichtung) können von der dänischen Minderheit nach Maßgabe der Gesetze errichtet werden. In Schulen mit dänischer Unterrichtssprache ist ein zureichender Unterricht in deutscher Sprache zu erteilen. Eltern und Erziehungsberechtigte können frei entscheiden, ob ihre Kinder Schulen mit dänischer Unterrichtssprache besuchen sollen. 4. Die Landesregierung hält es für selbstverständlich, daß die parlamentarische Gepflogenheit, alle politischen Gruppen in den Vertretungskörperschaften der Gemeinden, der Ämter, der Kreise und des Landes in angemessener Weise zur Mitarbeit in den Ausschüssen heranzuziehen, ohne Rücksicht auf die jeweiligen Mehrheitsverhältnisse, Anwendung findet. 5. Die Landesregierung hält es für erwünscht, daß der Rundfunk der dänischen Minderheit wie anderen politischen und kulturellen Vereinigungen zugänglich gemacht wird. 6. Die Landesregierung hält es für erwünscht, daß dänische Geistliche und Kirchengemeinden nach vorhergehender Vereinbarung mit den zuständigen kirchlichen bzw. gemeindlichen Stellen Kirchen, Friedhöfe und ähnliche Einrichtungen unter wahlfreier Verwendung der gewünschten Sprache benutzen können. 8 7. Bei Unterstützung und sonstigen Leistungen aus öffentlichen Mitteln, über die nach freiem Ermessen entschieden wird, bleibt die Zugehörigkeit zur dänischen Minderheit als solche unberücksichtigt. 8. Öffentliche Bekanntmachungen sollen den Zeitungen der dänischen Minderheit nicht vorenthalten werden. 9. Das besondere Interesse der dänischen Minderheit, ihre religiösen, kulturellen und fachlichen Verbindungen mit Dänemark zu pflegen, wird anerkannt. 10. Dänische Staatsangehörige, denen die Landesregierung die Genehmigung erteilt hat, als religiöse, kulturelle oder fachliche Berater zu wirken (z. B. Geistliche, Lehrer, Landwirtschaftsberater usw.) dürfen gegenüber anderen Angehörigen entsprechender Berufe bei der Erteilung der Zuzugsgenehmigung und bei der Zuweisung von Wohnraum in der Gemeinde ihres Dienstsitzes nicht benachteiligt werden. Sie dürfen keine politische Betätigung ausüben. 11. Soweit in den vorhergehenden Punkten eine Zuständigkeit des Landes nicht gegeben sein sollte, wird es sich die Landesregierung angelegen sein lassen, sich für ihre Billigung und Durchführung bei den jeweils zuständigen Stellen einzusetzen. III. Zur Prüfung und Klärung von Vorschlägen, Beschwerden und anderen Eingaben der dänischen Minderheit wird ein Ausschuß gebildet. Dieser besteht aus drei Mitgliedern der dänischen Minderheit und drei Mitgliedern, die vom Landesbeauftragten für Schleswig bestellt werden. Die Geschäfte des Ausschusses führt ein Sekretär, der vom Ausschuß aus drei Vorschlägen, die von der dänischen Minderheit aufgestellt werden, mit Mehrheit gewählt und von der Landesregierung angestellt wird. Es ist Aufgabe dieses Sekretärs, zunächst alle Eingaben mit dem Landesbeauftragten für Schleswig oder den örtlich zuständigen Stellen im Verhandlungswege zu erledigen. Soweit dies nicht möglich ist, hat er sie dem Ausschuß zur gutachtlichen Äußerung vorzulegen. Der Landesbeauftragte für Schleswig kann diese und andere Gutachten des Ausschusses anfordern. Findet sich für Gutachten des Ausschusses keine Mehrheit, so können zwei unterschiedliche Gutachten erstattet werden. Die Gutachten des Ausschusses werden der Landesregierung zur abschließenden Entscheidung überwiesen. Wenn Maßnahmen der Selbstverwaltungskörperschaften in Frage kommen, wird die Landesregierung im Rahmen ihrer Befugnisse das Erforderliche veranlassen. 9 Das Nähere bestimmt die Geschäftsordnung, die auch die Wahl des Vorsitzenden und den Wechsel im Vorsitz zwischen den beiden Gruppen des Ausschusses regelt. Die Geschäftsführung beschließt den Ausschuß. Sie bedarf der Genehmigung der Landesregierung. IV. Die hier aufgestellten Grundsätze gelten sinngemäß auch für die friesische Bevölkerung in Schleswig-Holstein. 10 Der Kopenhagener Vermerk vom 27. Oktober 19493 In einem an „die königlich dänische Regierung, vertreten durch Herrn Staatsminister Hans Hedtoft“ gerichteten Antrag vom 3. Oktober 1949 haben Sie als Vertreter des Hauptvorstandes des Bundes deutscher Nordschleswiger um eine Verhandlung mit mir gebeten. In der Eingabe wird gesagt, daß eine Abordnung den Vorschlag eines „Freiheitsbriefes“ für die deutsche Minderheit hier im Lande stellen werde, enstprechend der Erklärung über die Stellung der dänischen Minderheit, die am 26. September 1949 von der schleswig-holsteinischen Landesregierung angefertigt wurde. Im Antrag wird weiter darauf hingewiesen, daß man von „offizieller dänischer Seite daran mitgewirkt hat, die Vereinbarung zwischen der Landesregierung und der dänischen Minderheit zu erreichen, die der Erklärung zu Grunde liegt“, und daß eine „Ordnung, die von dänischer Seite als gut und zweckmäßig für südlich der Grenze angesehen wird, nicht mit Billigkeit als schlecht und unzweckmäßig für nördlich der Grenze angesehen werden kann“. Ferner wird angeführt, daß es unberechtigt wäre, einen Mangel an Loyalität gegenüber dem dänischen Staat als Begründung dafür anzuführen, die deutsche Minderheit auf andere Weise als die dänische zu beurteilen, da „der Staat nur mit Hilfe einer Serie rückwirkender Sondergesetze die deutsche Minderheit kollektiv als illoyal hat stempeln können“. Danach erklärt der Hauptvorstand, nach dessen Meinung „liegt dringender Anlaß vor, eine Kodifizierung der Freiheitsrechte zu wünschen, besonders zur Verwendung im Verhältnis zu örtlichen Behörden“, und es wird angeführt, daß der Hauptvorstand einen Kontaktausschuß zwischen der Minderheit und den dänischen Behörden „als noch notwendiger für die deutsche Minderheit als für die dänische betrachtet“. Aus Anlaß dieses Antrages möchte ich folgendes bemerken: 1. Die Stellung der Regierung zu den Verhandlungen in Kiel Es ist unkorrekt zu sagen, daß man von offizieller dänischer Seite daran „mitgewirkt“ habe, die Vereinbarung zwischen der Landesregierung und den dänischgesinnten Südschleswigern zu erreichen. Der Gedanke einer solchen Vereinbarung ist von der britischen Regierung ausgegangen, um dänischen Wünschen einer Sicherung der Stellung der Südschleswiger entgegenzukommen, und die Tätigkeit der dänischen Regierung anlässlich der Verhandlungen hat sich darauf beschränkt, den Dänischgesinnten Rat zu erteilen. Die Stellung des Oberstleutnants Lunding als Beobachter in den Verhandlungen kennzeichnet auch, daß ein offizielles dänisches „Mitwirken“ nicht stattgefunden hat. 3 Diese Erklärung wurde vom dänischen Ministerpräsidenten Hans Hedtoft am 27. Oktober 1949 vorgetragen. Zitiert nach Ernst Siegfried Hansen: Kurier der Heimat. Das Spiel um Schleswig zwischen Kapitulation und Programm Nord, Bielefeld: Deutscher Heimat-Verlag 1955, S. 463-468. 11 2. Unterschied der Verhältnisse nördlich und südlich der Grenze Die Verhältnisse südlich und nördlich der Grenze sind so verschieden, daß, was gut und zweckmäß auf der einen Seite der Grenze ist, sehr wohl schlecht und unzweckmäßig auf der anderen Seite sein kann. Darf ich darauf hinweisen, daß, während die deutsche Minderheit nördlich der Grenze bereits seit 1920 aus der sehr freisinnigen dänischen Gesetzgebung Vorteile gezogen hat und nach dem Kriege so gut wie keine andere deutsche Minderheit behandelt worden ist, die Dänischgesinnten südlich der Grenze unter sehr schwierigen Bedingungen gelebt haben, namentlich in der nationalsozialistischen Zeit, in der die Behörden mit vielen verschiedenen Mitteln fortwährend versuchte, die Minderheit soviel wie möglich zu reduzieren. 3. Keine Sonderstrafen für die deutsche Minderheit Es ist keine Rede davon, daß der dänische Staat durch „eine Serie rückwirkender Sondergesetze kollektiv“ die deutsche Minderheit als illoyal gestempelt hat. Es ist klar, daß während der Besetzung nicht Gesetze über das Verhältnis gegenüber der Besatzungsmacht angenommen werden konnten, und es wurde deshalb nach der Befreiung als eine politische Notwendigkeit angesehen, eine spezielle Strafgesetzgebung mit rückwirkender Kraft anzunehmen. In dieser Gesetzgebung gibt es keine Bestimmung, die gegen die deutsche Minderheit als solche gerichtet ist. Die deutschgesinnten Nordschleswiger, die auf strafbare Weise mit der Besatzungsmacht zusammengearbeitet haben, sind einzelweise nach genau denselben Gesetzen wie andere dänische Staatsbürger bestraft worden, und durch verschiedene Bestimmungen (Gesetz Nr. 259 vom 1. Juni 1945, § 10, Absatz 1, und Gesetz Nr. 356 vom 29. Juni 1946, vgl. Gesetzbekanntmachung vom 6. Juli 1946, § 3, Nr. 2) wurde sogar die Möglichkeit eröffnet bei Personen, die der deutschen Minderheit angehörten, die Strafe herabzusetzen. Der Justitzminister hat wiederholt der Anklagebehörde eingeschärft, daß diese bei der Behandlung von Strafsachen gegen Mitglieder der deutschen Minderheit das Gericht auf die Strafmilderungsgründe aufmerksam machen solle, die besonders Mitgliedern der deutschen Minderheit zugute kommen könnten, und die Praxis der Gerichte zeigt, daß diese in Fällen, wo der Angeklagte ein deutschgesinnter Nordschleswiger war, in großem Umfange die Strafe milder bemessen hat, als in entsprechenden Fällen, wo der Schuldige nicht Anknüpfung an die Minderheit hatte. In der Begnadigungspraxis des Justizministers ist auch besondere Rücksicht auf deutschgesinnte Nordschleswiger genommen worden. 4. Prinzipielle Erklärung über die Stellung Dänemarks zur deutschen Minderheit Darf ich auch den Anlaß benutzen, um auf die Erklärung hinzuweisen, die von der dänisch-schleswigschen Delegation am 6. März 1919 gegenüber dem Vorsitzenden des sogenannten belgisch-schwedischen Ausschusses auf der Friedenskonferenz nach dem ersten Weltkrieg abgegeben wurde. Die erklärung, die sich auf die Stellung bezog, die die deutsche Minderheit in Nordschleswig bei der Eingliederung des Landesteils in Dänemark bekommen sollte, hat folgenden Wortlaut: 12 „Die Delegierten sind sich darin einig, daß die Wiedervereinigung des dänischen Schleswig mit dem Königreich so erfolgen soll, daß alle zukünftigen Bürger des dänischen Staates nach den gleichen liberalen und demokratischen Grundsätzen behandelt werden und die gleichen Rechte genießen. Daraus ergibt sich beispielsweise, daß das natürliche Recht der deutschen Minderheit, ihre eigene Sprache zu benutzen, respektiert wird. Die Delegierten stellen namentlich fest, daß die freie Schule ein Prinzip ist, dem man in der dänischen Gesetzgebung immer entsprochen hat.“ Die Zusage, die in dieser Erklärung bezüglich der Behandlung der deutschen Minderheit gegeben ist, ist erfüllt worden, teils, als die dänische Verfassung in den süderjütischen Landesteilen Gültigkeit erhielt, teils durch die dänische Gesetzgebung. Die Erklärung bildet weiterhin die Grundlage der Politik Dänemarks gegenüber der Minderheit. 5. Ein Vergleich zwischen den Freiheitsrechten südlich und nördlich der Grenze Eine Untersuchung der Freiheitsrechte, die in der Kieler Erklärung vom 26. September 1949 aufgezählt sind, zeigt, daß die deutsche Minderheit in Nordschleswig bereits im Besitz dieser Rechte ist. Die nachstehende Untersuchung folgt der Kieler Erklärung Punkt für Punkt. Die dänische Verfassung gewährleistet jedem dänischen Staatsbürger und natürlich auch Mitgliedern der deutschen Minderheit ohne Rücksicht auf die Sprache eine Reihe von Rechten. Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und die Unverletzlichkeit der persönlichen Freiheit geht aus den Bestimmungen der Verfassung als Ganzes hervor, besonders aus § 78, ebenso die Gleichheit vor dem Gesetz und das Unzulässige darin, jemanden zu übervorteilen oder zu begünstigen auf Grund seiner Abstammung, Sprache, Herkunft oder politischen Anschauung. Glaubens- und Gewissensfreiheit ist gesichert in den §§ 74 und 76, das Recht zur freien Meinungsäußerung und die Pressefreiheit im § 84, vgl. Gesetz Nr. 147 vom 13. April 1938, über den Gebrauch der Presse, Vereins- und Versammlungsfreiheit in den §§ 85 und 86. Das Recht, den Arbeitsplatz und den Beruf frie zu wählen, geht aus dem § 81 der Verfassung hervor, die Unverletzlichkeit der Wohnung aus § 79, das Recht, politische Parteien zu gründen, aus den §§ 85 und 32. Die gleiche Zulassung zu Ämtern für alle, die die notwendigen Bedingungen erfüllen, geht aus dem Gesetz über Beamte des Staates Nr. 301 vom 6. Juni 1946 und aus den Normalbeamtensatzungen für Stadtgemeinden und für Amtsgemeinden hervor. Das allgemeine, unmittelbare, gleiche, freie und geheime Wahlrecht ist in den §§ 30 und 34 sowie im Gesetz über Wahl zum Reichstag Nr. 279 vom 9. Juni 1948 und in der Gesetzgebung über kommunale Wahl Nr. 291 vom 22. Dezember 1936 gesichert, und schließlich ist das Recht, den Schutz der Gerichte anzurufen, wenn die Behörden jemandens Recht kränken, im § 70 der Verfassung festgelegt. Das Bekenntnis zur deutschen Minderheit und zur deutschen Kultur ist in Dänemark immer frei gewesen und ist von den Behörden nie bestritten oder nachgeprüft worden. 13 Die deutsche Minderheit, ihre Organisationen und Mitglieder werden nicht gehindert und sind nicht gehindert worden im Gebrauch der Sprache, die sie wünschen in Rede, Schrift oder Druck, und es können Maßnahmen getroffen werden, eventuell auftretende Schwierigkeiten bezüglich der Sprache im Gericht und in Fällen, in denen nicht dänisch sprechende Personen sich an die Behörden wenden, zu erleichtern. Kindergärten, allgmeinbildende Schulen und Volkshochschulen, auch fachliche Schulen können von der deutschen Minderheit nach den Gesetzen errichtet werden. Eltern und Erziehungsberechtigte können frei entscheiden, ob ihre Kinder Schulen mit deutscher Unterrichtssprache besuchen sollen. Die dänische Regierung sieht es als eine Selbstverständlichkeit an, daß die Vertreter der deutschen Minderheit im kommunalen und anderen Räten im Verhältnis zu ihrer zahlenmäßigen Stärke mit in die Arbeit hineingezogen werden. Mitglieder der deutschen Minderheit haben auf gleichem Fuß mit anderen dänischen Staatsbürgern das Recht, gegenüber der Radioleitung Sendungen vorzuschlagen. In der Sendung „Huse langs Gränsen“ am 19. März 1948, wiederholt am 22. April, erhielten mehrere deutschgesinnte Nordschleswiger Gelegenheit, sich über die Verhältnisse im Grenzland zu äußern. Solange die Minderheit im Reichstag vertreten war, hatte ihre politische Partei Zugang zum Radio auf gleichem Fuß mit anderen Parteien. Die Leitung der Minderheit wünschte 1943 nicht an der Folketingswahl teilzunehmen, und seither ist sie nicht mehr im Reichstag vertreten gewesen; wenn eine Minderheitenpartei wieder vertreten sein wird, wird der Zugang zum Radio, entsprechend dem Zugang anderer Parteien, ihr wieder offenstehen. Die dänische Volkskirche hat vorläufig in den vier süderjütischen Städten sowohl eine dänische als eine deutsche Gemeinde. Die Minderheit hat die Möglichkeit, Wahlgemeinden und Freigemeinden zu errichten, die in Übereinstimmung mit der allgemeinen dänischen Gesetzgebung Zugang zur Benutzung von Kirchen und Friedhöfen u.a. bekommen können unter wahlfreier Anwendung der Sprache, die sie selbst wünschen. Bei der Verteilung öffentlicher Unterstützung wird kein Unterschied zwischen Staatsbürgern, gleich welcher Gesinnung, gemacht, vgl. § 82 der Verfassung. Solange die deutsche Minderheit nicht eine Tageszeitung hearusgibt, liegt keine Frage bezüglich der Aufnahme öffentlicher Bekanntmachungen in den Zeitungen der Minderheit vor. Wird einmal in der Zukunft eine deutschsprachige Tageszeitung herausgegeben, so glaube ich nicht, daß die Behörden einem solchen Blatt die öffentlichen Bekanntmachungen vorenthalten werden. Das besondere Interesse der deutschen Minderheit an der Pflege ihrer religiösen, kulturellen und fachlichen Verbindungen mit Deutschland innerhalb des Rahmens, den die zu jedem Zeitpunkt an der dänisch-deutschen Grenze geltende Paßordnung zuläßt, ist von den dänischen Behörden immer anerkannt gewesen. Die Bestimmung der Kieler Erklärung darüber, daß dänische Staatsbürger, die von der Landesregierung die Genehmigung erhalten haben, als Mitarbeiter der Minderheit tätig zu sein, bei der Erteilung von Zuzugsgenehmigungen und bei der Wohnungszuteilung in der Gemeinde, wo sie ihre Dienst14 stelle haben, nicht übervorteilt werden dürfen, kann in Dänemark kaum eine Parallele finden, wo keine Rede davon ist, Zuzugsgenehmigungen auszustellen oder Wohnungen anzuweisen in der Weise, wie es in Südschleswig stattfindet. Durch Abschnitt III der Kieler Erklärung ist ein Ausschuß gebildet worden, bestehend aus drei Vertretern der dänischen Minderheit und drei vom Landesbeauftragten für Schleswig ernannten Vertretern. An den Ausschuß soll ein Sekretät geknüpft werden, der durch Mehrheitsbeschluß auf der Grundlage von drei Vorschlägen der Minderheit gewählt werden soll. Er soll von der Landesregierung angestellt werden. Nach der Entwicklung, die stattgefunden hat, und nach der absoluten Gleichheitstradition, die im Verhältnis zwischen deutschgesinnten Nordschleswigern und den dänischen Behörden besteht und weiterhin gelten soll, erscheint es mir weder angemessen noch zweckmäßig, ein besonderes Organ zu schaffen, weshalb ich Ihnen nahe legen möchte, diesen Wunsch aufzugeben. Die deutsche Minderheit hat immer auf gleichem Fuß mit anderen dänischen Staatsbürgern mit sowohl örtlichen als staatlichen dänischen Behörden frei verhandeln können, das wird weiterhin so sein, und es liegt in Ihrer eigenen Hand, die zweckmäßigste Form dafür zu finden. Ich wünsche abschließend hervorzuheben, daß es meine bestimmte Auffassung ist, daß alle dänischen Behörden es sich als eine Ehre anrechnen werden, auch zukünftig der deutschen Minderheit gegenüber konsequent das Gleichheitsprinzip beizubehalten, das ein Teil unserer dänischen und demokratischen Lebenshaltung ist, und daß wir gegenüber allen loyalen Bürgern sowohl dem Geist als der Tat nach die Toleranz zeigen werden, von der wir wünschen, daß sie die Verhältnisse in diesem Land prägen soll. 15 Die Europäische Menschenrechtskonvention des Europarats vom 5. November 1950, Artikel 144 Artikel 14 Der Genuß der in der vorliegenden Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten muß ohne Unterschied des Geschlechts, der Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, politischen oder sonstigen Anschauungen, nationaler oder sozialer Herkunft, Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder des sonstigen Status gewährleistet werden. 4 Diese Konvention umfasst insgesamt 59 Artikel. Der englische Orignaltext ist zugänglich unter http://conventions.coe.int/Treaty/EN/cadreprincipal.htm. 16 Ergebnisse der deutsch-dänischen Besprechungen zu den Rechten der jeweiligen Minderheit vom 28. März 19555 Die deutsch-dänischen Besprechungen über die Rechte der beiderseitigen Minderheiten haben zu folgenden Ergebnissen geführt: I. 1. Die Bundesregierung legt dem Bundestag die beigefügte Erklärung über die allgemeinen Rechte der dänischen Minderheit6 zur Billigung vor. 2. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, daß die im Bundeswahlgesetz vom 8.7.1953 (Bundesgesetzbl. I S. 470) in § 9 Abs. 5 zugunsten der nationalen Minderheiten getroffene Regelung in das künftige Bundeswahlrecht übernommen wird.7 3. Die Landesregierung Schleswig-Holstein hat die Bundesregierung davon unterrichtet, daß sie bereit ist: a) b) c) darauf hinzuwirken, daß der Schleswig-Holsteinische Landtag eine Ausnahmebestimmung von der 5%-Klausel in § 3 des SchleswigHolsteinischen Landeswahlgesetzes zugunsten der dänischen Minderheit baldmöglichst beschließt; die Zuschüsse für die Schulen der dänischen Minderheit in Zukunft wieder auf 80% der laufenden persönlichen und sachlichen Aufwendungen für einen Schüler der öffentlichen Volksschulen im Lande Schleswig-Holstein zu bemessen; gemäß Ziffer XI des Erlasses des Landesministers für Volksbildung vom 7.3.1950 über die Regelung des Schulwesens der dänischen Minderheit auf Antrag die Errichtung von weiterführenden allgemeinbildenden Schulen der dänischen Minderheit mit der Möglichkeit anerkannter Examina unter der Voraussetzung der Angleichung dieser Schulen an das deutsche Schulwesen zu gewähren. 4. Die Bundesregierung gibt im Einvernehmen mit der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung der Erwartung Ausdruck, daß alle beteiligten Stellen sich bemühen werden, die Rechte der Minderheit im Geiste der in Ziffer I genannten Erklärung8 zu achten und zu wahren. 5 Minderheiten im deutsch-dänischen Grenzbereich, Kiel: Landeszentrale für politische Bildung Schleswig-Holstein 1993, S. 232-233; Bundesanzeiger Nummer 63 vom 31.März 1955. 6 D.h. die Bonner Erklärung. 7 Hierin wird festgelegt, dass Wahllisten nationaler Minderheiten von der 5%-Klausel befreit sind. 8 D.h. die Bonner Erklärung. 17 II. 1. Die Dänische Regierung legt dem Folketing die beigefügte Erklärung über die allgemeinen Rechte der deutschen Minderheit9 zur Billigung vor. 2. Die Dänische Regierung wird darauf hinwirken, daß § 4 des Gesetzes Nr. 412 vom 12. Juli 1946, wie durch Gesetz Nr. 214 vom 7. Juni 1952 geändert, baldmöglichst aufgehoben wird.10 Die Dänische Regierung ist bereit, auf Antrag die Errichtung von weiterführenden allgemeinbildenden Schulen der deutschen Minderheit mit der Möglichkeit anerkannter Examina unter der Voraussetzung der Angleichung dieser Schulen an das dänische Schulwesen zu gewähren. 3. Die Dänische Regierung gibt der Erwartung Ausdruck, daß alle beteiligten Stellen sich bemühen werden, die Rechte der Minderheit im Geiste der in Ziffer 1 genannten Erklärung11 zu achten und zu wahren. 9 D.h. die Kopenhagener Erklärung. Dieses Gesetz über deutschsprachige Schulen, deutschsprachigen Unterricht zu Hause etc. in Südjütland verbot die Durchführung staatskontrollierter Examen an Schulen mit deutscher Unterrichtssprache. 11 D.h. die Kopenhagener Erklärung. 10 18 Die Kopenhagener Erklärung vom 29. März 195512 In dem Wunsche, das friedliche Zusammenleben der Bevölkerung beiderseits der dänisch-deutschen Grenze und damit auch der Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen dem Königreich Dänemark und der Bundesrepublik Deutschland allgemein zu fördern und bezugnehmend auf Artikel 14 der Europäischen Konvention für Menschenrechte, gemäß welchem die durch diese Konvention anerkannten Rechte und Freiheiten sichergestellt werden sollen ohne Diskriminierung bezüglich der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, erklärt die Königlich Dänische Regierung zur Bestätigung der für diese Minderheit bereits geltenden Rechtsgrundsätze – wie sie auch in der vom damaligen dänischen Staatsminister Hans Hedtoft an Vertreter der deutschen Minderheit in Nordschleswig am 27. Oktober 1949 abgegebenen Erklärung (dem sogenannten Kopenhagener Vermerk) niedergelegt sind – folgendes: I. Nach dänischem Recht – dem Grundgesetz des Königreichs Dänemark vom 5. Juni 1953 und sonstiger Gesetzgebung – genießt jeder Staatsbürger und somit auch jeder Angehörige der deutschen Minderheit ohne Rücksicht auf die von ihm benutzte Sprache folgende Rechte und Freiheiten: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. Das Recht auf die Unverletzlichkeit der persönlichen Freiheit, die Gleichheit vor dem Gesetz, die Glaubens- und Gewissensfreiheit, das Recht der freien Meinungsäußerung und die Pressefreiheit, die Versammlungs- und Vereinsfreiheit, das Recht, den Beruf und den Arbeitsplatz frei zu wählen, die Unverletzlichkeit der Wohnung, die freie Gründung der politischen Parteien, den gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach seiner Eignung und fachlichen Leistung, d.h. dass bei den Beamten, Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienstes zwischen Angehörigen der deutschen Minderheit und anderen Staatsbürgern kein Unterschied gemacht werden darf, das allgemeine, unmittelbare, gleiche, frei und geheime Wahlrecht, das auch für die Kommunalwahlen gilt, das Recht, den Schutz der Gerichte anzurufen, wenn er sich durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten als verletzt ansieht, das Recht auf gleiche Behandlung, nach dem niemand wegen seiner Abstammung, seiner Sprache, seiner Herkunft oder seiner politischen Anschauung benachteiligt oder bevorzugt werden darf. 12 Zitiert nach Minderheiten im deutsch-dänischen Grenzbereich, Kiel: Landeszentrale für politische Bildung Schleswig-Holstein 1993, S. 235-237; Bundesanzeiger Nummer 63 vom 31.März 1955. 19 II. In Ausführung dieser Rechtsgrundsätze wird hiermit festgestellt: 1. Das Bekenntnis zum deutschen Volkstum und zur deutschen Kultur ist frei und darf von Amts wegen nicht bestritten oder nachgeprüft werden. 2. Angehörige der deutschen Minderheit und ihre Organisationen dürfen am Gebrauch der gewünschten Sprache in Wort und Schrift nicht behindert werden. Der Gebrauch der deutschen Sprache vor den Gerichten und Verwaltungsbehörden bestimmt sich nach den diesbezüglichen gesetzlichen Vorschriften. 3. Allgemeinbildende Schulen und Volkshochschulen (auch mit fachlicher Ausrichtung) sowie Kindergärten können von der deutschen Minderheit gemäß dem in Dänemark geltenden Grundsatz der Unterrichtsfreiheit nach Maßgabe der Gesetze errichtet werden. 4. Da das Verhältniswahlverfahren gemäß der Kommunalgesetzgebung bei der Einsetzung von Ausschüssen in den kommunalen Vertretungskörperschaften Anwendung findet, werden die Vertreter der deutschen Minderheit zur Ausschußarbeit im Verhältnis zu ihrer Anzahl herangezogen. 5. Die dänische Regierung empfiehlt, dass die deutsche Minderheit im Rahmen der jeweils geltenden Regeln für die Benutzung des Rundfunks angemessen berücksichtigt wird. 6. Bei Unterstützungen und sonstigen Leistungen aus öffentlichen Mitteln, über die im Rahmen des Ermessens entschieden wird, wird keine unterschiedliche Behandlung der Angehörigen der deutschen Minderheit gegenüber anderen Staatsbürgern stattfinden. 7. Bei öffentlichen Bekanntmachungen sollen die Zeitungen der deutschen Minderheit angemessen berücksichtigt werden. 8. Das besondere Interesse der deutschen Minderheit, ihre religiösen, kulturellen und fachlichen Verbindungen mit Deutschland zu pflegen, wird anerkannt. 20 Die Bonner Erklärung vom 29. März 195513 In dem Wunsche, das friedliche Zusammenleben der Bevölkerung beiderseits der deutsch-dänischen Grenze und damit auch die Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark allgemein zu fördern und eingedenk der völkerrechtlichen Verpflichtungen, welche die Bundesrepublik durch ihre Mitgliedschaft in der Europäischen Konvention für Menschenrechte hinsichtlich der Verpflichtung zur Nichtdiskriminierung nationaler Minderheiten (Artikel 14) übernommen hat, erklärt die Regierung der Bundesrepublik Deutschland im Sinne der auch im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland festgelegten Grundsätze, auf welche die Schleswig-Holsteinische Landesregierung in ihrer Erklärung vom 26.9.1949 Bezug genommen hatte, folgendes: I. Die Angehörigen der Minderheit genießen wie alle Staatsbürger die im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 garantierten Rechte. Insbesondere haben sie im Rahmen des Grundgesetzes folgende Rechte: 1. Das Recht auf die Unverletzlichkeit der persönlichen Freiheit, 2. die Gleichheit vor dem Gesetz, 3. die Glaubens- und Gewissensfreiheit 4. das Recht der freien Meinungsäußerung und die Pressefreiheit, 5. die Versammlungs- und Vereinsfreiheit, 6. das Recht, den Beruf und den Arbeitsplatz frei zu wählen, 7. die Unverletzlichkeit der Wohnung, 8. die freie Gründung der politischen Parteien, 13 Zitiert nach Minderheiten im deutsch-dänischen Grenzbereich, Kiel: Landeszentrale für politische Bildung Schleswig-Holstein 1993, S. 234-235; Bundesanzeiger Nummer 63 vom 31. März 1955. 21 9. den gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung; bei den Beamten, Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienstes darf zwischen Angehörigen der dänischen Minderheit und anderen Staatsbürgern kein Unterschied gemacht werden, 10. das allgemeine, unmittelbare, freie, gleiche und geheime Wahlrecht, das auch für die Landes- und Kommunalwahlen gilt, 11. das Recht, bei Verletzung von Rechten durch die öffentliche Gewalt den Schutz der Gerichte anzurufen, 12. das Recht auf gleiche Behandlung, nach dem niemand wegen seiner Abstammung, seiner Sprache, seiner Herkunft oder seiner politischen Anschauung benachteiligt oder bevorzugt werden darf II. In Ausführung dieser Rechtsgrundsätze wird hiermit festgestellt: 1. Das Bekenntnis zum dänischen Volkstum und zur dänischen Kultur ist frei und darf von Amts wegen nicht bestritten oder nachgeprüft werden. 2. Angehörige der dänischen Minderheit und ihre Organisationen dürfen im Gebrauch der gewünschten Sprache in Wort und Schrift nicht behindert werden. Der Gebrauch der dänischen Sprache vor den Gerichten und Verwaltungsbehörden bestimmt sich nach den diesbezüglichen gesetzlichen Vorschriften. 3. Bei Unterstützungen und sonstigen Leistungen aus öffentlichen Mitteln, über die im Rahmen des Ermessens entschieden wird, dürfen Angehörige der dänischen Minderheit gegenüber anderen Staatsbürgern nicht unterschiedlich behandelt werden. 4. Das besondere Interesse der dänischen Minderheit, ihre religiösen, kulturellen und fachlichen Verbindungen mit Dänemark zu pflegen, wird anerkannt. III. Die Bundesregierung gibt zur Kenntnis, dass die Landesregierung SchleswigHolstein ihr mitgeteilt hat: 1. 22 Da das Verhältniswahlverfahren gemäß der Kommunalgesetzgebung bei der Einsetzung von Ausschüssen in den kommunalen Vertretungskörper- schaften Anwendung findet, werden die Vertreter der dänischen Minderheit zur Ausschussarbeit im Verhältnis zu ihrer Anzahl herangezogen. 2. Die Landesregierung empfiehlt, dass die dänische Minderheit im Rahmen der jeweils geltenden Regeln für die Benutzung des Rundfunks angemessen berücksichtigt wird. 3. Bei öffentlichen Bekanntmachungen sollen die Zeitungen der dänischen Minderheit angemessen berücksichtigt werden. 4. Im Lande Schleswig-Holstein können allgemeinbildende Schulen und Volkshochschulen (auch solche mit fachlicher Ausrichtung) sowie Kindergärten von der dänischen Minderheit nach Maßgabe der Gesetze errichtet werden. In Schulen mit dänischer Unterrichtssprache ist ein zureichender Unterricht in deutscher Sprache zu erteilen. Eltern und Erziehungsberechtigte können frei entscheiden, ob ihre Kinder Schulen mit dänischer Unterrichtssprache besuchen sollen. 23 Landessatzung für Schleswig-Holstein vom 13. Dezember 194914 Artikel 5 Das Bekenntnis zu einer nationalen Minderheit ist frei; es entbindet nicht von den allgemeinen staatsbürgerlichen Pflichten. Artikel 6 (6) Die Erziehungsberechtigten entscheiden, ob ihre Kinder die Schule einer nationalen Minderheit besuchen sollen. Verfassung des Landes Schleswig-Holstein in der Fassung vom 13. Juni 199015 Artikel 5 Nationale Minderheiten und Volksgruppen (1) (2) Das Bekenntnis zu einer nationalen Minderheit ist frei; es entbindet nicht von den allgemeinen staatsbürgerlichen Pflichten. Die kulturelle Eigenständigkeit und die politische Mitwirkung nationaler Minderheiten und Volksgruppen stehen unter dem Schutz des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände. Die nationale dänische Minderheit und die friesische Volksgruppe haben Anspruch auf Schutz und Förderung. Artikel 8 Schulwesen (1) (2) (3) (4) (5) 14 15 Es besteht allgemeine Schulpflicht. Für die Aufnahme in die weiterführenden Schulen sind außer dem Wunsch der Erziehungsberechtigten nur Begabung und Leistung maßgebend. Die öffentlichen Schulen fassen als Gemeinschaftsschulen die Schülerinnen und Schüler ohne Unterschied des Bekenntnisses und der Weltanschauung zusammen. Die Erziehungsberechtigten entscheiden, ob ihre Kinder die Schule einer nationalen Minderheit besuchen sollen. Das Nähere regelt ein Gesetz. GVOBl. Schleswig-Holstein 1962, S. 123. GVOBl. Schleswig-Holstein 1990, S. 391. 24 Gesetz zur Förderung des Friesischen im öffentlichen Raum (Friesisch-Gesetz) vom 13. Dezember 200416 Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen: Präambel In Anerkennung des Willens der Friesen ihre Sprache und somit ihre Identität auch in Zukunft zu erhalten, im Bewusstsein, dass das Bekenntnis zur friesischen Volksgruppe frei ist, unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Friesen außerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland keinen Mutterstaat haben, der sich ihnen verpflichtet fühlt und Sorge für die Bewahrung ihrer Sprache trägt, im Bewusstsein, dass der Schutz und die Förderung der friesischen Sprache im Interesse des Landes Schleswig-Holstein liegen, unter Berücksichtigung des Rahmenübereinkommens des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten und der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen, unter Berufung auf Artikel 3 des Grundgesetzes und auf Artikel 5 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein beschließt der Schleswig-Holsteinische Landtag das folgende Gesetz: § 1 Friesische Sprache in Behörden (1) Das Land Schleswig-Holstein erkennt die in Schleswig-Holstein gesprochenen friesischen Sprachformen als Ausdruck des geistigen und kulturellen Reichtums des Landes an. Ihr Gebrauch ist frei. Ihre Anwendung in Wort und Schrift im öffentlichen Leben und die Ermutigung dazu werden geschützt und gefördert. (2) Die Bürgerinnen und Bürger können sich in friesischer Sprache an Behörden im Kreis Nordfriesland und auf der Insel Helgoland wenden und Eingaben, Belege, Urkunden und sonstige Schriftstücke in friesischer Sprache vorlegen, § 82 a Abs. 2 bis 4 des Landesverwaltungsgesetzes gilt entsprechend, sofern die Behörde nicht über friesische Sprachkompetenz verfügt. Verwendet eine Bürgerin oder ein Bürger im Verkehr mit den Behörden im Kreis Nordfriesland oder auf der Insel Helgoland die friesische Sprache, können diese Behörden gegenüber dieser Bürgerin oder diesem Bürger ebenfalls die friesische Sprache verwenden, sofern durch das Verwaltungshandeln nicht die Rechte Dritter oder die Handlungsfähigkeit von anderen Trägern der öffentlichen Verwaltung beeinträchtigt wird. 16 GVOBl. Schl.-H. 2004, S. 481. 25 (3) Die Behörden können offizielle Formulare und öffentliche Bekanntmachungen im Kreis Nordfriesland und auf der Insel Helgoland zweisprachig in deutscher und friesischer Sprache abfassen. § 2 Einstellungskriterium Das Land Schleswig-Holstein sowie der Kreis Nordfriesland und die Kommunen im Kreis Nordfriesland und auf der Insel Helgoland berücksichtigen friesische Sprachkenntnisse bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst, soweit es im Einzelfall bei der Wahrnehmung einer konkreten Tätigkeit als erforderlich erachtet wird. § 3 Beschilderung an Gebäuden (1) Im Kreis Nordfriesland und auf der Insel Helgoland ist an Gebäuden der Landesbehörden und an Gebäuden der der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts die Beschilderung zweisprachig in deutscher und friesischer Sprache auszuführen. Vorhandene einsprachige Beschilderung darf durch eine Beschilderung in friesischer Sprache ergänzt werden. (2) Der Kreis Nordfriesland und die Kommunen im Kreis Nordfriesland und auf der Insel Helgoland können an öffentlichen Gebäuden und an den Gebäuden der ihrer Aufsicht unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts im Kreis Nordfriesland und auf der Insel Helgoland die Beschilderung zweisprachig in deutscher und friesischer Sprache ausführen. (3) Das Land Schleswig-Holstein wirkt darauf hin, dass die Beschilderung an anderen öffentlichen Gebäuden sowie topografische Bezeichnungen im Kreis Nordfriesland und auf der Insel Helgoland ebenfalls zweisprachig in deutscher und friesischer Sprache ausgeführt werden. § 4 Siegel und Briefköpfe Die im § 3 genannten Bestimmungen können sinngemäß auch für die durch die Behörden und Körperschaften im Kreis Nordfriesland und auf der Insel Helgoland genutzten Siegel und Briefköpfe angewendet werden. 26 § 5 Friesische Farben und Wappen Die Farben und das Wappen der Friesen können im Kreis Nordfriesland neben den Landesfarben und dem Landeswappen verwendet werden. Die friesischen Farben sind Gold-Rot-Blau. § 6 Ortstafeln Die vorderseitige Beschriftung der Ortstafeln (Verkehrszeichen 310 der StVO) kann im Kreis Nordfriesland nach Maßgabe des § 46 Abs. 2 StVO zweisprachig in deutscher und friesischer Sprache erfolgen. Dieses Ziel haben die Behörden des Landes – gegebenenfalls unter näher zu benennenden Auflagen betreffend Gestaltung und Aufstellung der Schilder – zu beachten und zu fördern. § 7 Verkündung Dieses Gesetz wird in deutscher Sprache und in friesischer Übersetzung verkündet. § 8 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft. 27 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte, Vereinte Nationen,17 19. Dezember 1966, Artikel 2718 Artikel 27 In Staaten mit ethnischen, religiösen oder sprachlichen Minderheiten darf Angehörigen solcher Minderheiten nicht das Recht vorenthalten werden, gemeinsam mit anderen Angehörigen ihrer Gruppe ihr eigenes kulturelles Leben zu pflegen, ihre eigene Religion zu bekenenn und auszuüben oder sich ihrer eigenen Sprache zu bedienen. Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, Vereinte Nationen, 7. März 1966, Artikel 1 & 219 Artikel 1 1. 2. 3. 4. 17 In diesem Übereinkommen bezeichnet der Ausdruck ”Rassendiskriminierung” jede auf der Rasse, der Hautfarbe, der Abstammung, dem nationalen Ursprung oder dem Volkstum beruhende Unterscheidung, Ausschließung, Beschränkung oder Bevorzugung, die zum Ziel oder zur Folge hat, daß dadurch ein gleichberechtigtes Anerkennen, Genießen oder Ausüben von Menschenrechten und Grundfreiheiten im politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen oder jedem sonstigen Bereich des öffentlichen Lebens vereitelt oder beeinträchtigt wird. Dieses Übereinkommen findet keine Anwendung auf Unterscheidungen, Ausschließungen, Beschränkungen oder Bevorzugungen, die ein Vertragsstaat zwischen eigenen und fremden Staatsangehörigen vornimmt. Dies Übereinkommen ist nicht so auszulegen, als berühre es die Rechtsvorschriften der Vertragsstaaten über Staatsangehörigkeit, Staatsbürgerschaft oder Einbürgerung, sofern diese Vorschriften nicht Angehörige eines bestimmten Staates diskriminieren. Sondermaßnahmen, die einzig zu dem Zweck getroffen werden, eine angemessene Entwicklung bestimmter Rassengruppen, Volksgruppen oder Personen zu gewährleisten, die Schutz benötigen, soweit ein solcher erforderlich ist, damit sie die Menschenrechte und Grundfreiheiten gleichberechtigt genießen und ausüben können, gelten nicht als Rassendiskriminierung, sodern diese Maßnahmen nicht die Beibehaltung getrennter Am 18. Dezember 1992 beschlossen die Vereinten Nationen ferner eine Erklärung über die Rechte von Personen, die nationale oder ethnische, religiöse und sprachliche Minderheiten angehören: Declaration on the Rights of Persons Belonging to National or Ethnic, Religious and Linguistic Minorities. 18 BGBl. 1973 II 1553. Die Konvention umfasst insgesamt 53 Artikel. 19 BGBL. 1969 II 961. Die Konvention umfasst insgesamt 25 Artikel. 28 Rechte für verschiedene Rassengruppen zur Folge haben und sofern sie nicht fortgeführt werden, nachdem die Ziele, um derentwillen sie getroffen wurden, erreicht sind. Artikel 2 1. Die Vertragsstaaten verurteilen die Rassendiskriminierung und verpflichten sich, mit allen geeigneten Mitteln unverzüglich eine Politik der Beseitigung der Rassendiskriminierung in jeder Form und der Förderung des Verständnisses unter allen Rassen zu verfolgen; zu diesem Zweck: a) b) c) d) e) 2. verpflichtet sich jeder Vertragsstaat, Handlungen oder Praktiken der Rassendiskriminierung gegenüber Personen, Personen gruppen oder Einrichtungen zu unterlassen und dafür zu sorgen, daß alle staatlichen und örtlichen Behörden und öffentlichen Einrichtungen im Einklang mit dieser Verpflichtung handeln, verpflichtet sich jeder Vertragsstaat, eine Rassendiskriminierung durch Personen oder Organisationen weder zu fördern noch zu schützen noch zu unterstützen, trifft jeder Vertragsstaat wirksame Maßnahmen, um das Vorgehen seiner staatlichen und örtlichen Behörden zu überprüfen und alle Gesetze und sonstigen Vorschriften zu ändern, aufzuheben oder für nichtig zu erklären, die eine Rassendiskriminierung – oder dort, wo eine solche bereits besteht, ihre Fortsetzung – bewirken, verbietet oder beendigt jeder Vertragsstaat jede durch Personen, Gruppen oder Organisationen ausgeübte Rassendiskriminierung mit allen geeigneten Mitteln einschließlich der durch die Umstände erforderlichen Rechtsvorschriften, verpflichtet sich jeder Vertragsstaat, wo immer es angebracht ist, alle eine Rassenintegrierung anstrebenden vielrassigen Organisationen und Bewegungen zu unterstützen, sonstige Mittel zur Beseitigung der Rassenschranken zu fördern und allem entgegenzuwirken, was zur Rassentrennung beiträgt. Die Vertragsstaaten treffen, wenn die Umstände es rechtfertigen, auf sozialem, wirtschaftlichem, kulturellem und sonstigem Gebiet besondere und konkrete Maßnahmen, um die angemessene Entwicklung und einen hinreichenden Schutz bestimmter Rassengruppen oder ihnen angehörender Einzelpersonen sicherzustellen, damit gewährleistet wird, daß sie in vollem Umfang und gleichberechtigt in den Genuß der Menschenrechte und Grundfreiheiten gelangen. Diese Maßnahmen dürfen in keinem Fall der Beibehaltung ungleicher oder getrennter Rechte für verschiedene Rassengruppen zur Folge haben, nachdem die Ziele, um derentwillen sie getroffen wurden, erreicht sind. 29 Übereinkommen über die Rechte des Kindes, Vereinte Nationen, 20. November 1989, Artikel 3020 Artikel 30 In Staaten, in denen es ethnische, religiöse oder sprachliche Minderheiten oder Ureinwohner gibt, darf einem Kind, das einer solchen Minderheit angehört oder Ureinwohner ist, nicht das Recht vorenthalten werden, in Gemeinschaft mit anderen Angehörigen seiner Gruppe seine eigene Kultur zu pflegen, sich zu seiner eigenen Religion zu bekennen und sie auszuüben oder seine eigene Sprache zu verwenden. 20 BGBL. 1992 II 121. Die Konvention umfasst insgesamt 54 Artikel. 30 Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen vom 5. November 199221 Präambel Die Mitgliedstaaten des Europarats, die diese Charta unterzeichnen, in der Erwägung, daß es das Ziel des Europarats ist, eine engere Verbindung zwischen seinen Mitgliedern herbeizuführen, um insbesondere die Ideale und Grundsätze, die ihr gemeinsames Erbe bilden, zu wahren und zu fördern; in der Erwägung, daß der Schutz der geschichtlich gewachsenen Regional- oder Minderheitensprachen Europas, von denen einige allmählich zu verschwinden drohen, zur Erhaltung und Entwicklung der Traditionen und des kulturellen Reichtums Europas beiträgt; in der Erwägung, daß das Recht, im privaten Bereich und im öffentlichen Leben eine Regional- oder Minderheitensprache zu gebrauchen, ein unveräußerliches Recht in Übereinstimmung mit den im Internationalen Pakt der Vereinten Nationen über bürgerliche und politische Rechte enthaltenen Grundsätzen darstellt und dem Geist der Konvention des Europarats zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten entspricht; eingedenk der im Rahmen der KSZE geleisteten Arbeit und insbesondere der Schlußakte von Helsinki von 1975 und des Dokuments des Kopenhagener Treffens von 1990; unter Betonung des Wertes der interkulturellen Beziehungen und der Mehrsprachigkeit sowie in der Erwägung, daß der Schutz und die Förderung der Regional- oder Minderheitensprachen sich nicht nachteilig auf die Amtssprachen und die Notwendigkeit, sie zu erlernen, auswirken sollte; in dem Bewußtsein, daß der Schutz und die Stärkung der Regional- oder Minderheitensprachen in den verschiedenen Ländern und Regionen Europas einen wichtigen Beitrag zum Aufbau eines Europas darstellen, das auf den Grundsätzen der Demokratie und der kulturellen Vielfalt im Rahmen der nationalen Souveränität und der territorialen Unversehrtheit beruht; unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse und der geschichtlich gewachsenen Traditionen in den verschiedenen Regionen der Staaten Europas, sind wie folgt übereingekommen: 21 BGBL. 1998 II 24. Es gibt zwei deutsche Übersetzungen: die bundesdeutsche und die österreichische. Letztere findet sich auf http://www.parlinkom.gv.at/pd/pm/XXI/I/texte/004/I00437_.html. Die beiden Übersetzungen sind fast identisch, unterscheiden sich aber in einigen Begriffen. 31 Teil I Allgemeine Bestimmungen Artikel 1 Begriffsbestimmungen Im Sinne dieser Charta: a) bezeichnet der Ausdruck "Regional- oder Minderheitensprachen" Sprachen, i) die herkömmlicherweise in einem bestimmten Gebiet eines Staates von Angehörigen dieses Staates gebraucht werden, die eine Gruppe bilden, deren Zahl kleiner ist als die der übrigen Bevölkerung des Staates, und ii) die sich von der (den) Amtssprache(n) des Staates22 unterscheiden; er umfaßt weder Dialekte der Amtssprache(n) des Staates23 noch die Sprachen von Zuwanderern; b) bezeichnet der Ausdruck "Gebiet, in dem die Regional- oder Minderheitensprache gebraucht wird", das geographische Gebiet, in dem die betreffende Sprache das Ausdrucksmittel einer Zahl von Menschen ist, welche die Übernahme der in dieser Charta vorgesehenen verschiedenen Schutz- und Förderungsmaßnahmen rechtfertigt; c) bezeichnet der Ausdruck "nicht territorial gebundene Sprachen" von Angehörigen des Staates gebrauchte Sprachen, die sich von der (den) von der übrigen Bevölkerung des Staates gebrauchten Sprache(n) unterscheiden, jedoch keinem bestimmten Gebiet innerhalb des betreffenden Staates zugeordnet werden können, obwohl sie herkömmlicherweise im Hoheitsgebiet dieses Staates gebraucht werden. 22 23 In der österreichischen Fassung: (den) Staatssprache(n). In der österreichischen Fassung: (den) Staatssprache(n). 32 Artikel 2 Verpflichtungen (1) Jede Vertragspartei verpflichtet sich, Teil II auf alle in ihrem Hoheitsgebiet gebrauchten Regional- oder Minderheitensprachen anzuwenden, die der Begriffsbestimmung in Artikel 1 entsprechen. (2) In bezug auf jede nach Artikel 3 im Zeitpunkt der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung bezeichnete Sprache verpflichtet sich jede Vertragspartei, mindestens fünfunddreißig aus Teil III ausgewählte Absätze oder Buchstaben anzuwenden, darunter mindestens je drei aus den Artikeln 8 und 12 und je einen aus den Artikeln 9, 10, 11 und 13. Artikel 3 Einzelheiten der Durchführung (1) Jeder Vertragsstaat bezeichnet in seiner Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde jede Regional- oder Minderheitensprache oder in seinem gesamten Hoheitsgebiet oder einem Teil desselben weniger verbreitete Amtssprache,24 auf welche die nach Artikel 2 Absatz 2 ausgewählten Bestimmungen angewendet werden. (2) Jede Vertragspartei kann jederzeit danach dem Generalsekretär notifizieren, daß sie die Verpflichtungen übernimmt, die sich aus anderen Bestimmungen der Charta ergeben, die sie nicht bereits in ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde bezeichnet hat, oder daß sie Absatz 1 auf andere Regional- oder Minderheitensprachen oder in ihrem gesamten Hoheitsgebiet oder einem Teil desselben weniger verbreitete andere Amtssprachen25 anwenden wird. (3) Die nach Absatz 2 eingegangenen Verpflichtungen gelten als untrennbarer Teil der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung und haben vom Tag ihrer Notifikation an dieselbe Wirkung. Artikel 4 Bestehende Schutzregelungen (1) 24 25 Die Bestimmungen dieser Charta sind nicht als Beschränkung oder Beeinträchtigung von Rechten auszulegen, die durch die Europäische Menschenrechtskonvention gewährleistet sind. In der österreichischen Fassung: Staatssprache. In der österreichischen Fassung: Staatssprache. 33 (2) Diese Charta läßt in einer Vertragspartei bereits bestehende oder in einschlägigen zwei- oder mehrseitigen Übereinkünften vorgesehene günstigere Bestimmungen über den Status der Regional- oder Minderheitensprachen oder die Rechtsstellung der Personen, die Minderheiten angehören, unberührt. Artikel 5 Bestehende Verpflichtungen Die Bestimmungen dieser Charta sind nicht so auszulegen, als gewährten sie das Recht, irgendeine Tätigkeit auszuüben oder irgendeine Handlung vorzunehmen, die gegen die Ziele der Charta der Vereinten Nationen oder sonstige völkerrechtliche Verpflichtungen einschließlich des Grundsatzes der Souveränität und territorialen Unversehrtheit der Staaten verstößt. Artikel 6 Information Die Vertragsparteien verpflichten sich, dafür zu sorgen, daß die betroffenen Behörden, Organisationen und Personen über die in dieser Charta festgelegten Rechte und Pflichten informiert werden. Teil II Ziele und Grundsätze in Übereinstimmung mit Artikel 2 Absatz 1 Artikel 7 Ziele und Grundsätze (1) 34 Hinsichtlich der Regional- oder Minderheitensprachen legen die Vertragsparteien in den Gebieten, in denen solche Sprachen gebraucht werden, unter Berücksichtigung der Situation jeder Sprache ihrer Politik, Gesetzgebung und Praxis folgende Ziele und Grundsätze zugrunde: a) die Anerkennung der Regional- oder Minderheitensprachen als Ausdruck des kulturellen Reichtums; b) die Achtung des geographischen Gebiets jeder Regional- oder Minderheitensprache, um sicherzustellen, daß bestehende oder neue Verwaltungsgliederungen die Förderung der betreffenden Regionaloder Minderheitensprache nicht behindern; c) die Notwendigkeit entschlossenen Vorgehens zur Förderung von Regional- oder Minderheitensprachen, um diese zu schützen; d) die Erleichterung des Gebrauchs von Regional- oder Minderheitensprachen in Wort und Schrift im öffentlichen Leben und im privaten Bereich und/oder die Ermutigung zu einem solchen Gebrauch; e) die Erhaltung und Entwicklung von Verbindungen in den von dieser Charta erfaßten Bereichen zwischen Gruppen, die eine Regionaloder Minderheitensprache gebrauchen, und anderen Gruppen in diesem Staat mit einer in derselben oder ähnlicher Form gebrauchten Sprache sowie das Herstellen kultureller Beziehungen zu anderen Gruppen in dem Staat, die andere Sprachen gebrauchen; f) die Bereitstellung geeigneter Formen und Mittel für das Lehren und Lernen von Regional- oder Minderheitensprachen auf allen geeigneten Stufen; g) die Bereitstellung von Einrichtungen, die es Personen, die eine Regional- oder Minderheitensprache nicht sprechen, aber in dem Gebiet leben, in dem sie gebraucht wird, ermöglichen, sie zu erlernen, wenn sie dies wünschen; h) die Förderung des Studiums und der Forschung im Bereich der Regional- oder Minderheitensprachen an Universitäten oder in gleichwertigen Einrichtungen; i) die Förderung geeigneter Formen des grenzüberschreitenden Austausches in den von dieser Charta erfaßten Bereichen für Regionaloder Minderheitensprachen, die in zwei oder mehr Staaten in derselben oder ähnlicher Form gebraucht werden. (2) Die Vertragsparteien verpflichten sich, sofern dies noch nicht geschehen ist, jede ungerechtfertigte Unterscheidung, Ausschließung, Einschränkung oder Bevorzugung zu beseitigen, die den Gebrauch einer Regionaloder Minderheitensprache betrifft und darauf ausgerichtet ist, die Erhaltung oder Entwicklung einer Regional- oder Minderheitensprache zu beeinträchtigen oder zu gefährden. Das Ergreifen besonderer Maßnahmen zugunsten der Regional- oder Minderheitensprachen, welche die Gleichstellung zwischen den Sprechern dieser Sprachen und der übrigen Bevölkerung fördern sollen oder welche ihre besondere Lage gebührend berücksichtigen, gilt nicht als diskriminierende Handlung gegenüber den Sprechern weiter verbreiteter Sprachen. (3) Die Vertragsparteien verpflichten sich, durch geeignete Maßnahmen das gegenseitige Verständnis zwischen allen Sprachgruppen des Landes zu 35 fördern, indem sie insbesondere Achtung, Verständnis und Toleranz gegenüber den Regional- oder Minderheitensprachen in die Ziele der in ihren Ländern vermittelten Bildung und Ausbildung einbeziehen und indem sie die Massenmedien ermutigen, dasselbe Ziel zu verfolgen. (4) Bei der Festlegung ihrer Politik in bezug auf Regional- oder Minderheitensprachen berücksichtigen die Vertragsparteien die von den Gruppen, die solche Sprachen gebrauchen, geäußerten Bedürfnisse und Wünsche. Sie werden ermutigt, erforderlichenfalls Gremien zur Beratung der Behörden in allen Angelegenheiten der Regional- oder Minderheitensprachen einzusetzen. (5) Die Vertragsparteien verpflichten sich, die in den Absätzen 1 bis 4 genannten Grundsätze sinngemäß auf nicht territorial gebundene Sprachen anzuwenden. Jedoch werden hinsichtlich dieser Sprachen Art und Umfang der Maßnahmen, die getroffen werden, um dieser Charta Wirksamkeit zu verleihen, flexibel festgelegt, wobei die Bedürfnisse und Wünsche der Gruppen, die diese Sprachen gebrauchen, berücksichtigt und ihre Traditionen und Eigenarten geachtet werden. Teil III Maßnahmen zur Förderung des Gebrauchs von Regional- oder Minderheitensprachen im öffentlichen Leben im Einklang mit den nach Artikel 2 Absatz 2 eingegangenen Verpflichtungen Artikel 8 Bildung (1) Im Bereich der Bildung und Erziehung verpflichten sich die Vertragsparteien, in dem Gebiet, in dem solche Sprachen gebraucht werden, unter Berücksichtigung der Situation jeder dieser Sprachen und unbeschadet des Unterrichts der Amtssprache(n) des Staates26 a) 26 i) die vorschulische Erziehung in den betreffenden Regionaloder Minderheitensprachen anzubieten oder ii) einen erheblichen Teil der vorschulischen Erziehung in den betreffenden Regional- oder Minderheitensprachen anzubieten oder iii) eine der unter den Ziffern i und ii vorgesehenen Maßnahmen zumindest auf diejenigen Schüler anzuwenden, deren Fami- In der österreichischen Fassung: der Staatssprache(n). 36 lien dies verlangen, wenn die Zahl der Schüler als genügend groß angesehen wird, oder b) c) d) 27 28 iv) falls die staatlichen Stellen keine unmittelbare Zuständigkeit im Bereich der vorschulischen Erziehung haben, die Anwendung der unter den Ziffern i bis iii vorgesehenen Maßnahmen zu begünstigen und/oder dazu zu ermutigen; i) den Grundschulunterricht in den betreffenden Regional- oder Minderheitensprachen anzubieten oder ii) einen erheblichen Teil des Grundschulunterrichts in den betreffenden Regional- oder Minderheitensprachen anzubieten oder iii) innerhalb des Grundschulunterrichts den Unterricht der betreffenden Regional- oder Minderheitensprachen als integrierenden Teil des Lehrplans vorzusehen oder iv) eine der unter den Ziffern i bis iii vorgesehenen Maßnahmen zumindest auf diejenigen Schüler anzuwenden, deren Familien dies verlangen, wenn die Zahl der Schüler als genügend groß angesehen wird; i) den Unterricht im Sekundarbereich in den betreffenden Regional- oder Minderheitensprachen anzubieten oder ii) einen erheblichen Teil des Unterrichts im Sekundarbereich in den betreffenden Regional- oder Minderheitensprachen anzubieten oder iii) innerhalb des Unterrichts im Sekundarbereich den Unterricht der betreffenden Regional- oder Minderheitensprachen als integrierenden Teil des Lehrplans vorzusehen oder iv) eine der unter den Ziffern i bis iii vorgesehenen Maßnahmen zumindest auf diejenigen Schüler anzuwenden, die oder – wo dies in Betracht kommt – deren Familien dies wünschen, wenn deren Zahl als genügend groß angesehen wird; i) die berufliche27 Bildung in den betreffenden Regional- oder Minderheitensprachen anzubieten oder ii) einen erheblichen Teil der beruflichen Bildung28 in den betreffenden Regional- oder Minderheitensprachen anzubieten oder In der österreichischen Fassung: technische und berufliche. In der österreichischen Fassung: technischen und beruflichen. 37 e) f) 29 iii) innerhalb der beruflichen29 Bildung den Unterricht der betreffenden Regional- oder Minderheitensprachen als integrierenden Teil des Lehrplans vorzusehen oder iv) eine der unter den Ziffern i bis iii vorgesehenen Maßnahmen zumindest auf diejenigen Schüler anzuwenden, die oder – wo dies in Betracht kommt – deren Familien dies wünschen, wenn deren Zahl als genügend groß angesehen wird; i) an Universitäten und anderen Hochschulen Unterricht in den Regional- oder Minderheitensprachen anzubieten oder ii) Möglichkeiten für das Studium dieser Sprachen als Studienfächer an Universitäten und anderen Hochschulen anzubieten oder iii) falls wegen der Rolle des Staates in bezug auf Hochschuleinrichtungen die Ziffern i und ii nicht angewendet werden können, dazu zu ermutigen und/oder zuzulassen, daß an Universitäten und anderen Hochschulen Unterricht in den Regional- oder Minderheitensprachen oder Möglichkeiten zum Studium dieser Sprachen als Studienfächer angeboten werden; i) dafür zu sorgen, daß in der Erwachsenen- und Weiterbildung Kurse angeboten werden, die überwiegend oder ganz in den Regional- oder Minderheitensprachen durchgeführt werden, oder ii) solche Sprachen als Fächer der Erwachsenen- und Weiterbildung anzubieten oder iii) falls die staatlichen Stellen keine unmittelbare Zuständigkeit im Bereich der Erwachsenenbildung haben, das Angebot solcher Sprachen als Fächer der Erwachsenen- und Weiterbildung zu begünstigen und/oder dazu zu ermutigen; g) für den Unterricht der Geschichte und Kultur, die in der Regionaloder Minderheitensprache ihren Ausdruck finden, zu sorgen; h) für die Aus- und Weiterbildung der Lehrer zu sorgen, die zur Durchführung derjenigen Bestimmungen der Buchstaben a bis g erforderlich sind, welche die Vertragspartei angenommen hat; i) ein oder mehrere Aufsichtsorgane einzusetzen, welche die zur Einführung oder zum Ausbau des Unterrichts der Regional- oder Min- In der österreichischen Fassung: technischen und beruflichen. 38 derheitensprachen getroffenen Maßnahmen und die dabei erzielten Fortschritte überwachen und darüber regelmäßig Berichte verfassen, die veröffentlicht werden. (2) Im Bereich der Bildung und Erziehung verpflichten sich die Vertragsparteien in bezug auf andere Gebiete als diejenigen, in denen die Regionaloder Minderheitensprachen herkömmlicherweise gebraucht werden, Unterricht der Regional- oder Minderheitensprache oder Unterricht in dieser Sprache auf allen geeigneten Bildungsstufen zuzulassen, zu ermutigen oder ihn anzubieten, wenn die Zahl der Sprecher einer Regional- oder Minderheitensprache dies rechtfertigt. Artikel 9 Justizbehörden (1) Die Vertragsparteien verpflichten sich, in bezug auf diejenigen Gerichtsbezirke, in denen die Zahl der Einwohner, welche die Regional- oder Minderheitensprachen gebrauchen, die nachstehenden Maßnahmen rechtfertigt, unter Berücksichtigung der Situation jeder dieser Sprachen und unter der Bedingung, daß die Inanspruchnahme der durch diesen Absatz gebotenen Möglichkeiten nach Auffassung des Richters eine ordentliche Rechtspflege nicht behindert: a) in Strafverfahren: i) dafür zu sorgen, daß die Gerichte auf Antrag einer der Parteien das Verfahren in den Regional- oder Minderheitensprachen durchführen, und/oder ii) sicherzustellen, daß der Angeklagte das Recht hat, seine Regional- oder Minderheitensprache zu gebrauchen, und/oder iii) dafür zur sorgen, daß Anträge und Beweismittel, gleichviel ob schriftlich oder mündlich, nicht allein aus dem Grund als unzulässig angesehen werden, weil sie in einer Regionaloder Minderheitensprache abgefaßt sind, und/oder iv) auf Verlangen Schriftstücke, die mit Gerichtsverfahren zusammenhängen, in der betreffenden Regional- oder Minderheitensprache abzufassen, wenn nötig durch Inanspruchnahme von Dolmetschern und Übersetzungen, wodurch den Betroffenen keine zusätzlichen Kosten entstehen dürfen; 39 b) in zivilrechtlichen Verfahren: i) dafür zu sorgen, daß die Gerichte auf Antrag einer der Parteien das Verfahren in den Regional- oder Minderheitensprachen durchführen, und/oder ii) zuzulassen, daß eine Prozeßpartei, wenn sie persönlich vor Gericht erscheinen muß, ihre Regional- oder Minderheitensprache gebrauchen kann, ohne daß ihr dadurch zusätzliche Kosten entstehen, und/oder iii) zuzulassen, daß Urkunden und Beweismittel in den Regionaloder Minderheitensprachen vorgelegt werden, wenn nötig durch Inanspruchnahme von Dolmetschern und Übersetzungen; c) in Verfahren vor Gerichten für Verwaltungssachen: i) dafür zu sorgen, daß die Gerichte auf Antrag einer der Parteien das Verfahren in den Regional- oder Minderheitensprachen durchführen, und/oder ii) zuzulassen, daß eine Prozeßpartei, wenn sie persönlich vor Gericht erscheinen muß, ihre Regional- oder Minderheitensprache gebrauchen kann, ohne daß ihr dadurch zusätzliche Kosten entstehen, und/oder iii) zuzulassen, daß Urkunden und Beweismittel in den Regionaloder Minderheitensprachen vorgelegt werden, wenn nötig durch Inanspruchnahme von Dolmetschern und Übersetzungen; d) (2) 40 dafür zu sorgen, daß den Betroffenen durch die Anwendung des Buchstabens b Ziffern i und iii und des Buchstabens c Ziffern i und iii sowie durch eine notwendige Inanspruchnahme von Dolmetschern und Übersetzungen keine zusätzlichen Kosten entstehen. Die Vertragsparteien verpflichten sich: a) die Rechtsgültigkeit von im Inland abgefaßten Rechtsurkunden nicht allein aus dem Grund zu verneinen, weil sie in einer Regionaloder Minderheitensprache abgefaßt sind, oder b) die Rechtsgültigkeit von im Inland abgefaßten Rechtsurkunden im Verhältnis zwischen den Parteien nicht allein aus dem Grund zu verneinen, weil die Urkunden in einer Regional- oder Minderheiten- sprache abgefaßt sind, und vorzusehen, daß sie gegen beteiligte Dritte, die diese Sprachen nicht gebrauchen, unter der Bedingung verwendet werden können, daß ihnen der Inhalt der Urkunden von der (den) Person(en), welche die Urkunden verwendet (verwenden), zur Kenntnis gebracht worden ist, oder c) (3) die Rechtsgültigkeit von im Inland abgefaßten Rechtsurkunden im Verhältnis zwischen den Parteien nicht allein aus dem Grund zu verneinen, weil die Urkunden in einer Regional- oder Minderheitensprache abgefaßt sind. Die Vertragsparteien verpflichten sich, die wichtigsten Gesetzestexte des Staates sowie diejenigen, welche sich besonders auf Personen beziehen, die diese Sprachen gebrauchen, in den Regional- oder Minderheitensprachen zur Verfügung zu stellen, sofern sie nicht anderweitig verfügbar sind. Artikel 10 Verwaltungsbehörden und öffentliche Dienstleistungsbetriebe (1) Innerhalb der Verwaltungsbezirke des Staates, in denen die Zahl Einwohner, die Regional- oder Minderheitensprachen gebrauchen, nachstehenden Maßnahmen rechtfertigt, und unter Berücksichtigung Situation jeder Sprache verpflichten sich die Vertragsparteien, Rahmen des Zumutbaren: a) der die der im i) sicherzustellen, daß die Verwaltungsbehörden die Regionaloder Minderheitensprachen gebrauchen, oder ii) sicherzustellen, daß diejenigen ihrer Bediensteten, die unmittelbaren Kontakt zur Bevölkerung haben, die Regional- oder Minderheitensprachen in ihrem Umgang mit Personen gebrauchen, die sich in diesen Sprachen an sie wenden, oder iii) sicherzustellen, daß Personen, die Regional- oder Minderheitensprachen gebrauchen, in diesen Sprachen mündliche oder schriftliche Anträge stellen und eine Antwort erhalten können, oder iv) sicherzustellen, daß Personen, die Regional- oder Minderheitensprachen gebrauchen, in diesen Sprachen mündliche oder schriftliche Anträge stellen können, oder v) sicherzustellen, daß Personen, die Regional- oder Minderheitensprachen gebrauchen, in diesen Sprachen abgefaßte Urkunden rechtsgültig vorlegen können; 41 (2) 30 31 32 b) allgemein verwendete Verwaltungsbestimmungen und -formulare für die Bevölkerung in den Regional- oder Minderheitensprachen oder zweisprachig zur Verfügung zu stellen; c) zuzulassen, daß die Verwaltungsbehörden Schriftstücke in einer Regional- oder Minderheitensprache abfassen. In bezug auf die örtlichen und regionalen Behörden, in deren örtlichem Zuständigkeitsbereich die Zahl der Einwohner, welche die Regional- oder Minderheitensprachen gebrauchen, die nachstehenden Maßnahmen rechtfertigt, verpflichten sich die Vertragsparteien, folgendes zuzulassen und/oder dazu zu ermutigen: a) den Gebrauch von Regional- oder Minderheitensprachen innerhalb der regionalen oder örtlichen Behörde; b) die Möglichkeit, daß Personen, die Regional- oder Minderheitensprachen gebrauchen, mündliche oder schriftliche Anträge in diesen Sprachen stellen; c) die Veröffentlichung der amtlichen Schriftstücke der regionalen Behörden durch diese auch in den betreffenden Regional- oder Minderheitensprachen; d) die Veröffentlichung der amtlichen Schriftstücke der örtlichen Behörden durch diese auch in den betreffenden Regional- oder Minderheitensprachen; e) den Gebrauch von Regional- oder Minderheitensprachen durch die regionalen Behörden in deren Ratsversammlungen, ohne jedoch den Gebrauch der Amtssprache(n) des Staates30 auszuschließen; f) den Gebrauch von Regional- oder Minderheitensprachen durch die örtlichen Behörden in deren Ratsversammlungen, ohne jedoch den Gebrauch der Amtssprache(n) des Staates31 auszuschließen; g) den Gebrauch oder die Annahme der herkömmlichen und korrekten Formen von Ortsnamen in Regional- oder Minderheitensprachen, wenn nötig in Verbindung mit dem Namen in der (den) Amtssprache(n).32 In der österreichischen Fassung: Staatssprache(n). In der österreichischen Fassung: Staatssprache(n). In der österreichischen Fassung: Staatssprache(n). 42 (3) (4) (5) In bezug auf die öffentlichen Dienstleistungen, die von den Verwaltungsbehörden selbst oder in deren Auftrag erbracht werden, verpflichten sich die Vertragsparteien, in dem Gebiet, in dem Regional- oder Minderheitensprachen gebraucht werden, unter Berücksichtigung der Situation jeder Sprache und im Rahmen des Zumutbaren: a) sicherzustellen, daß die Regional- oder Minderheitensprachen bei der Erbringung der Dienstleistung gebraucht werden, oder b) zuzulassen, daß Personen, die Regional- oder Minderheitensprachen gebrauchen, in diesen Sprachen einen Antrag stellen und eine Antwort erhalten, oder c) zuzulassen, daß Personen, die Regional- oder Minderheitensprachen gebrauchen, in diesen Sprachen einen Antrag stellen. Die Vertragsparteien verpflichten sich, eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen zu treffen, um die von ihnen angenommenen Bestimmungen der Absätze 1, 2 und 3 in Kraft zu setzen: a) Übersetzen oder Dolmetschen je nach Bedarf; b) Einstellung und, soweit erforderlich, Ausbildung der benötigten Beamten und sonstigen Angehörigen des öffentlichen Dienstes; c) nach Möglichkeit Erfüllung der Wünsche von Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die über Kenntnisse in einer Regional- oder Minderheitensprache verfügen, in dem Gebiet eingesetzt zu werden, in dem diese Sprache gebraucht wird. Die Vertragsparteien verpflichten sich, den Gebrauch oder die Annahme von Familiennamen in den Regional- oder Minderheitensprachen auf Antrag der Betroffenen zuzulassen. Artikel 11 Medien (1) Die Vertragsparteien verpflichten sich, für die Sprecher von Regionaloder Minderheitensprachen in den Gebieten, in denen diese Sprachen gebraucht werden, unter Berücksichtigung der Situation jeder Sprache und in dem Ausmaß, in dem die staatlichen Stellen in diesem Bereich unmittelbar oder mittelbar Zuständigkeit, Befugnisse oder Einfluß haben, unter Achtung des Grundsatzes der Unabhängigkeit und Autonomie der Medien folgende Maßnahmen zu treffen: 43 a) b) c) i) die Einrichtung mindestens eines Hörfunksenders und eines Fernsehkanals in den Regional- oder Minderheitensprachen sicherzustellen oder ii) zur Einrichtung mindestens eines Hörfunksenders und eines Fernsehkanals in den Regional- oder Minderheitensprachen zu ermutigen und/oder sie zu erleichtern oder iii) angemessene Vorkehrungen dafür zu treffen, daß Rundfunkveranstalter Sendungen in den Regional- oder Minderheitensprachen anbieten; i) zur Einrichtung mindestens eines Hörfunksenders in den Regional- oder Minderheitensprachen zu ermutigen und/oder sie zu erleichtern oder ii) zur regelmäßigen Ausstrahlung von Hörfunksendungen in den Regional- oder Minderheitensprachen zu ermutigen und/ oder sie zu erleichtern; i) zur Einrichtung mindestens eines Fernsehkanals in den Regional- oder Minderheitensprachen zu ermutigen und/oder sie zu erleichtern oder ii) zur regelmäßigen Ausstrahlung von Fernsehsendungen in den Regional- oder Minderheitensprachen zu ermutigen und/ oder sie zu erleichtern; d) zur Produktion und Verbreitung von Audio- und audiovisuellen Werken in den Regional- oder Minderheitensprachen zu ermutigen und/oder sie zu erleichtern; e) i) zur Schaffung und/oder Erhaltung mindestens einer Zeitung in den Regional- oder Minderheitensprachen zu ermutigen und/oder sie zu erleichtern oder ii) zur regelmäßigen Veröffentlichung von Zeitungsartikeln in den Regional- oder Minderheitensprachen zu ermutigen und/ oder sie zu erleichtern; i) die zusätzlichen Kosten derjenigen Medien zu decken, die Regional- oder Minderheitensprachen gebrauchen, wenn das Recht eine finanzielle Hilfe für die Medien allgemein vorsieht, oder f) 44 soweit Hörfunk und Fernsehen eine öffentliche Aufgabe erfüllen: ii) g) die bestehenden Maßnahmen finanzieller Hilfe auf audiovisuelle Produktionen in Regional- oder Minderheitensprachen zu erstrecken; die Ausbildung von Journalisten und anderem Personal für Medien zu unterstützen, die Regional- oder Minderheitensprachen gebrauchen. (2) Die Vertragsparteien verpflichten sich, den freien direkten Empfang von Hörfunk- und Fernsehsendungen aus Nachbarländern in einer Sprache zu gewährleisten, die in derselben oder ähnlicher Form wie die Regionaloder Minderheitensprache gebraucht wird, und die Weiterverbreitung von Hörfunk- und Fernsehsendungen aus Nachbarländern in einer solchen Sprache nicht zu behindern. Sie verpflichten sich ferner, sicherzustellen, daß die Freiheit der Meinungsäußerung und die freie Verbreitung von Informationen in den Printmedien in einer Sprache, die in derselben oder ähnlicher Form wie die Regional- oder Minderheitensprache gebraucht wird, keiner Einschränkung unterworfen werden. Da die Ausübung der erwähnten Freiheiten Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, kann sie bestimmten, vom Gesetz vorgesehenen Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer unentbehrlich sind, um die Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten. (3) Die Vertragsparteien verpflichten sich, sicherzustellen, daß die Interessen der Sprecher von Regional- oder Minderheitensprachen innerhalb etwaiger im Einklang mit dem Gesetz geschaffener Gremien, die für die Gewährleistung von Freiheit und Pluralismus der Medien verantwortlich sind, vertreten oder berücksichtigt werden. Artikel 12 Kulturelle Tätigkeiten und Einrichtungen (1) In bezug auf kulturelle Einrichtungen und Tätigkeiten – insbesondere Bibliotheken, Videotheken, Kulturzentren, Museen, Archive, Akademien, Theater und Kinos sowie literarische Werke und Filmproduktionen, volkstümliche Formen des kulturellen Ausdrucks, Festspiele und die Kulturindustrien, einschließlich unter anderem des Einsatzes neuer Technologien – verpflichten sich die Vertragsparteien, in dem Gebiet, in dem solche Sprachen gebraucht werden, in dem Ausmaß, in dem die staat45 lichen Stellen in diesem Bereich Zuständigkeit, Befugnisse oder Einfluß haben, 46 a) zu den Regional- oder Minderheitensprachen eigenen Formen des Ausdrucks und der Initiative zu ermutigen sowie die verschiedenen Zugangsmöglichkeiten zu den in diesen Sprachen geschaffenen Werken zu fördern; b) die verschiedenen Zugangsmöglichkeiten zu den in Regional- oder Minderheitensprachen geschaffenen Werken in anderen Sprachen zu fördern, indem sie Tätigkeiten auf dem Gebiet der Übersetzung, Synchronisation, Nachsynchronisation und Untertitelung unterstützen und ausbauen; c) in Regional- oder Minderheitensprachen den Zugang zu Werken zu fördern, die in anderen Sprachen geschaffen worden sind, indem sie Tätigkeiten auf dem Gebiet der Übersetzung, Synchronisation, Nachsynchronisation und Untertitelung unterstützen und ausbauen; d) sicherzustellen, daß die für die Veranstaltung oder Unterstützung kultureller Tätigkeiten verschiedener Art verantwortlichen Gremien bei den Unternehmungen, die sie ins Leben rufen oder unterstützen, in angemessener Weise dafür sorgen, daß die Kenntnis und der Gebrauch von Regional- oder Minderheitensprachen sowie Regional- oder Minderheitenkulturen berücksichtigt werden; e) Maßnahmen zu fördern, um sicherzustellen, daß die für die Veranstaltung oder Unterstützung kultureller Tätigkeiten verantwortlichen Gremien über Personal verfügen, das die betreffende Regional- oder Minderheitensprache sowie die Sprache(n) der übrigen Bevölkerung beherrscht; f) zur unmittelbaren Mitwirkung von Vertretern der Sprecher einer bestimmten Regional- oder Minderheitensprache bei der Bereitstellung von Einrichtungen und der Planung kultureller Tätigkeiten zu ermutigen; g) zur Schaffung eines oder mehrerer Gremien, die für die Sammlung, Aufbewahrung und Aufführung oder Veröffentlichung von in den Regional- oder Minderheitensprachen geschaffenen Werken verantwortlich sind, zu ermutigen und/oder sie zu erleichtern; h) wenn nötig Übersetzungs- und Terminologieforschungsdienste zu schaffen und/oder zu fördern und zu finanzieren, insbesondere im Hinblick auf die Erhaltung und Entwicklung geeigneter Terminologie in jeder Regional- oder Minderheitensprache für die Bereiche Verwaltung, Handel, Wirtschaft, Gesellschaft, Technik oder Recht. (2) In Bezug auf andere Gebiete als diejenigen, in denen die Regional- oder Minderheitensprachen herkömmlicherweise gebraucht werden, verpflichten sich die Vertragsparteien, wenn die Zahl der Sprecher einer Regionaloder Minderheitensprache dies rechtfertigt, geeignete kulturelle Tätigkeiten und Einrichtungen in Übereinstimmung mit Absatz 1 zuzulassen, dazu zu ermutigen und/oder sie vorzusehen. (3) Die Vertragsparteien verpflichten sich, bei der Verfolgung ihrer Kulturpolitik im Ausland Regional- oder Minderheitensprachen und die in ihnen zum Ausdruck kommenden Kulturen angemessen zu berücksichtigen. Artikel 13 Wirtschaftliches und soziales Leben (1) (2) In bezug auf wirtschaftliche und soziale Tätigkeiten verpflichten sich die Vertragsparteien, im ganzen Land: a) aus ihrem Recht jede Bestimmung zu entfernen, die den Gebrauch von Regional- oder Minderheitensprachen in Urkunden betreffend das wirtschaftliche oder soziale Leben, insbesondere Arbeitsverträge, sowie in technischen Schriftstücken wie Gebrauchsanweisungen für Erzeugnisse oder Anlagen ungerechtfertigt verbietet oder einschränkt; b) die Aufnahme von Klauseln, die den Gebrauch von Regional- oder Minderheitensprachen ausschließen oder einschränken, in innerbetriebliche Vorschriften und Privaturkunden zumindest zwischen Personen, die dieselbe Sprache gebrauchen, zu verbieten; c) Praktiken entgegenzutreten, die den Gebrauch von Regional- oder Minderheitensprachen im Zusammenhang mit wirtschaftlichen oder sozialen Tätigkeiten behindern sollen; d) den Gebrauch von Regional- oder Minderheitensprachen durch andere als die unter den Buchstaben a bis c genannten Mittel zu erleichtern und/oder dazu zu ermutigen. In Bezug auf wirtschaftliche und soziale Tätigkeiten verpflichten sich die Vertragsparteien, insoweit die staatlichen Stellen zuständig sind, in dem Gebiet, in dem die Regional- oder Minderheitensprachen gebraucht werden, im Rahmen des Zumutbaren: a) in ihre Finanz- und Bankvorschriften Bestimmungen aufzunehmen, die im Wege von Verfahren, welche mit den Handelsbräuchen vereinbar sind, den Gebrauch von Regional- oder Minderheiten47 sprachen beim Ausstellen von Zahlungsanweisungen (Schecks, Wechseln usw.) oder sonstigen Finanzdokumenten ermöglichen, oder, wo dies in Betracht kommt, die Durchführung solcher Bestimmungen sicherzustellen; b) in den ihrer unmittelbaren Kontrolle unterstehenden Wirtschaftsund Sozialbereichen (öffentlicher Sektor) Maßnahmen zur Förderung des Gebrauchs von Regional- oder Minderheitensprachen zu ergreifen; c) sicherzustellen, daß soziale Einrichtungen wie Krankenhäuser, Altersheime und Heime die Möglichkeit bieten, Sprecher einer Regional- oder Minderheitensprache, die auf Grund von Krankheit, Alter oder aus anderen Gründen der Betreuung bedürfen, in deren eigener Sprache aufzunehmen und zu behandeln; d) durch geeignete Mittel sicherzustellen, daß Sicherheitsvorschriften auch in Regional- oder Minderheitensprachen zugänglich sind; e) dafür zu sorgen, daß Informationen der zuständigen staatlichen Stellen über die Rechte der Verbraucher in Regional- oder Minderheitensprachen erhältlich sind. Artikel 14 Grenzüberschreitender Austausch Die Vertragsparteien verpflichten sich: 48 a) bestehende zwei- und mehrseitige Übereinkünfte anzuwenden, die sie mit den Staaten verbinden, in denen dieselbe Sprache in derselben oder ähnlicher Form gebraucht wird, oder sich, wenn nötig, um den Abschluß solcher Übereinkünfte zu bemühen, um dadurch Kontakte zwischen den Sprechern derselben Sprache in den betreffenden Staaten in den Bereichen Kultur, Bildung und Erziehung, Information, berufliche Bildung und Weiterbildung zu fördern; b) zugunsten von Regional- oder Minderheitensprachen die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, insbesondere zwischen regionalen oder örtlichen Behörden, zu erleichtern und zu fördern, in deren örtlichem Zuständigkeitsbereich dieselbe Sprache in derselben oder ähnlicher Form gebraucht wird. Teil IV Anwendung der Charta Artikel 15 Regelmäßige Berichte (1) Die Vertragsparteien legen dem Generalsekretär des Europarats in einer vom Ministerkomitee zu bestimmenden Form in regelmäßigen Abständen einen Bericht über ihre in Übereinstimmung mit Teil II dieser Charta verfolgte Politik und über die in Anwendung der von ihnen angenommenen Bestimmungen des Teiles III getroffenen Maßnahmen vor. Der erste Bericht wird innerhalb des Jahres vorgelegt, das auf das Inkrafttreten der Charta für die betreffende Vertragspartei folgt, die weiteren Berichte in Abständen von drei Jahren nach Vorlage des ersten Berichts. (2) Die Vertragsparteien veröffentlichen ihre Berichte. Artikel 16 Prüfung der Berichte (1) Die dem Generalsekretär des Europarats nach Artikel 15 vorgelegten Berichte werden von einem nach Artikel 17 eingesetzten Sachverständigenausschuß geprüft. (2) In einer Vertragspartei rechtmäßig gegründete Organisationen oder Vereinigungen können den Sachverständigenausschuß auf Fragen aufmerksam machen, die sich auf die von der betreffenden Vertragspartei nach Teil III dieser Charta eingegangenen Verpflichtungen beziehen. Nach Konsultation der betroffenen Vertragspartei kann der Sachverständigenausschuß diese Informationen bei der Ausarbeitung des in Absatz 3 genannten Berichts berücksichtigen. Diese Organisationen oder Vereinigungen können außerdem Erklärungen zu der von einer Vertragspartei in Übereinstimmung mit Teil II verfolgten Politik vorlegen. (3) Auf der Grundlage der in Absatz 1 genannten Berichte und der in Absatz 2 erwähnten Informationen arbeitet der Sachverständigenausschuß einen Bericht für das Ministerkomitee aus. Diesem Bericht werden die Stellungnahmen, um welche die Vertragsparteien ersucht wurden, beigefügt; er kann vom Ministerkomitee veröffentlicht werden. (4) Der in Absatz 3 genannte Bericht enthält insbesondere die Vorschläge des Sachverständigenausschusses an das Ministerkomitee für die Aus49 arbeitung von etwa erforderlichen Empfehlungen des Ministerkomitees an eine oder mehrere Vertragsparteien. (5) Der Generalsekretär des Europarats erstattet der Parlamentarischen Versammlung alle zwei Jahre ausführlich Bericht über die Anwendung der Charta. Artikel 17 Sachverständigenausschuß (1) Der Sachverständigenausschuß besteht aus einem Mitglied je Vertragspartei, das vom Ministerkomitee aus einer Liste von durch die betreffende Vertragspartei vorgeschlagenen Persönlichkeiten von höchster Integrität und anerkannter Sachkenntnis in den durch die Charta erfaßten Angelegenheiten ausgewählt wird. (2) Die Mitglieder des Ausschusses werden für die Dauer von sechs Jahren ernannt; Wiederernennung ist zulässig. Kann ein Mitglied seine Amtszeit nicht beenden, so wird es nach dem in Absatz 1 festgelegten Verfahren ersetzt; das an seine Stelle tretende Mitglied vollendet die Amtszeit seines Vorgängers. (3) Der Sachverständigenausschuß gibt sich eine Geschäftsordnung. Sein Sekretariat wird durch den Generalsekretär des Europarats versehen. Teil V Schlußbestimmungen Artikel 18 Diese Charta liegt für die Mitgliedstaaten des Europarats zur Unterzeichnung auf. Sie bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung. Die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt. Artikel 19 (1) 50 Diese Charta tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem fünf Mitgliedstaaten des Europarats nach Artikel 18 ihre Zustimmung ausgedrückt haben, durch die Charta gebunden zu sein. (2) Für jeden Mitgliedstaat, der später seine Zustimmung ausdrückt, durch die Charta gebunden zu sein, tritt sie am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde folgt. Artikel 20 (1) Nach Inkrafttreten dieser Charta kann das Ministerkomitee des Europarats jeden Nichtmitgliedstaat des Europarats einladen, der Charta beizutreten. (2) Für jeden beitretenden Staat tritt die Charta am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Hinterlegung der Beitrittsurkunde beim Generalsekretär des Europarats folgt. Artikel 21 (1) Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde einen oder mehrere Vorbehalte zu Artikel 7 Absätze 2 bis 5 anbringen. Weitere Vorbehalte sind nicht zulässig. (2) Jeder Vertragsstaat, der einen Vorbehalt nach Absatz 1 angebracht hat, kann ihn durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation ganz oder teilweise zurücknehmen. Die Rücknahme wird mit dem Eingang der Notifikation beim Generalsekretär wirksam. Artikel 22 (1) Jede Vertragspartei kann diese Charta jederzeit durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation kündigen. (2) Die Kündigung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von sechs Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär folgt. Artikel 23 Der Generalsekretär des Europarats notifiziert den Mitgliedstaaten des Rates und jedem Staat, der dieser Charta beigetreten ist: a) jede Unterzeichnung; 51 b) jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde; c) jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Charta nach den Artikeln 19 und 20; d) jede nach Artikel 3 Absatz 2 eingegangene Notifikation; e) jede andere Handlung, Notifikation oder Mitteilung im Zusammenhang mit dieser Charta. Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten diese Charta unterschrieben. Geschehen zu Straßburg am 5. November 1992 in englischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär des Europarats übermittelt allen Mitgliedstaaten des Europarats und allen zum Beitritt zu dieser Charta eingeladenen Staaten beglaubigte Abschriften. 52 Die Gültigkeit der Sprachencharta hinsichtlich der nationalen Minderheitensprachen im deutsch-dänischen Grenzland Anlässlich der Unterzeichnung und Ratifizierung der Sprachencharta hat Dänemark am 8. September 2000 eine Erklärung über die Anwendung der übernommenen Verpflichtungen im Teil II der Charta abgegeben:33 Dänemark wird folgende Bestimmungen im Teil III der Sprachencharta auf die deutsche Minderheitensprache in Sütjütland anwenden: Artikel Artikel Artikel Artikel Artikel Artikel Artikel 8, Abs. 1 a iii; b iv, c iii/iv, d iii; e ii, f ii, g; h; i; stk. 2; 9, Abs. 1 b iii; c iii; stk. 2 a/b/c; 10, Abs. 1 a v; stk. 4 c; stk. 5; 11, Abs. 1 b i/ii, c i/ii; d, e i, f ii; g, stk. 2; 12, Abs. 1 a; b; d; e; f; g; stk. 2; stk. 3 13, Abs. 1 a; c; d; stk. 2 c; 14, a; b. Gleichzeitig werden Artikel 9, Abs. 1 b iii, og 1 c iii so verstanden, dass die nationale Gesetzgebung Bestimmungen darüber enthalten kann, dass fremdsprachige Dokumente allgemein bei Gerichten mit einer Übersetzung vorzulegen sind. Anlässlich der Unterzeichnung und Ratifizierung der Sprachencharta hat die Bundesrepublik Deutschland am 23. Januar 1998 eine Erklärung über die Anwendung der übernommenen Verpflichtungen im Teil II der Charta abgegeben:34 Hinsichtlich der Sprache Dänisch im dänischen Sprachgebiet in Schleswig-Holstein gelten folgende Bestimmungen: Artikel Artikel Artikel Artikel Artikel Artikel Artikel 8, Abs. 1 a iv; b iv; c iii/iv; d iii; e ii; f ii/iii; g; h; i; stk. 2; 9, Abs. 1 b iii; c iii; stk. 2 a; 10, Abs. 1 a v; stk. 4 c; stk. 5; 11, Abs. 1 b ii; c ii; d; e ii; f ii; stk. 2; 12, Abs. 1 c; d; e; f; g; stk. 2; stk. 3; 13, Abs. 1 a; c; d; stk. 2 c; 14 a; b. 33 Siehe den englischen Wortlaut http://conventions.coe.int. Die Bundesrepublik definiert im Rahmen der Sprachencharta Dänisch, Obersorbisch, Untersorbisch, Nordfriesisch, Saterland-Friesisch und Romanes als Minderheitensprachen. Ausserdem wird Niederdeutsch als Regionalsprache anerkannt. Hier werden lediglich die Bestimmungen hinsichtlich Dänisch und Nordfriesisch angeführt. Der englische Wortlaut der Erklärung der Bundesregierung findet sich unter http://conventions.coe.int. 34 53 Hinsichtlich Nordfriesisch im nordfriesischen Sprachgebiet in SchleswigHolstein gelten folgende Bestimmungen: Artikel 8, Abs.. 1 a iii/iv; b iv; c iv; e ii; f iii; g; h; i; stk. 2; Artikel 9, Abs. 1 b iii; c iii; stk. 2 a; Artikel 10, Abs. 1 a v; stk. 4 c; stk. 5; Artikel11, Abs. 1 b ii; c ii; d; e ii; f ii; stk. 2; Artikel 12, Abs. 1 a; b; c; d; e; f; g; h; stk. 2; stk. 3; Artikel 13, Abs. 1 a; c; d; Artikel 14 a. 54 Rahmenübereinkommen des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten vom 1. Februar 199535 Die Mitgliedstaaten des Europarats und die anderen Staaten, die dieses Rahmenübereinkommen unterzeichnen – in der Erwägung, daß es das Ziel des Europarats ist, eine engere Verbindung zwischen seinen Mitgliedern herbeizuführen, um die Ideale und Grundsätze, die ihr gemeinsames Erbe bilden, zu wahren und zu fördern; in der Erwägung, daß eines der Mittel zur Erreichung dieses Zieles in der Wahrung und in der Entwicklung der Menschenrechte und Grundfreiheiten besteht; in dem Wunsch, die Wiener Erklärung der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten des Europarats vom 9. Oktober 1993 in die Tat umzusetzen; entschlossen, in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet das Bestehen nationaler Minderheiten zu schützen; in der Erwägung, daß die geschichtlichen Umwälzungen in Europa gezeigt haben, daß der Schutz nationaler Minderheiten für Stabilität, demokratische Sicherheit und Frieden auf diesem Kontinent wesentlich ist; in der Erwägung, daß eine pluralistische und wahrhaft demokratische Gesellschaft nicht nur die ethnische, kulturelle, sprachliche und religiöse Identität aller Angehörigen einer nationalen Minderheit achten, sondern auch geeignete Bedingungen schaffen sollte, die es ihnen ermöglichen, diese Identität zum Ausdruck zu bringen, zu bewahren und zu entwickeln; in der Erwägung, daß es notwendig ist, ein Klima der Toleranz und des Dialogs zu schaffen, damit sich die kulturelle Vielfalt für jede Gesellschaft als Quelle und Faktor nicht der Teilung, sondern der Bereicherung erweisen kann; in der Erwägung, daß die Entwicklung eines toleranten und blühenden Europas nicht allein von der Zusammenarbeit zwischen den Staaten abhängt, sondern auch der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen lokalen und regionalen Gebietskörperschaften unter Achtung der Verfassung und der territorialen Unversehrtheit eines jeden Staates bedarf; im Hinblick auf die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Protokolle dazu; 35 BGBL 1997 II 31. 55 im Hinblick auf die den Schutz nationaler Minderheiten betreffenden Verpflichtungen, die in Übereinkommen und Erklärungen der Vereinten Nationen und in den Dokumenten der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, insbesondere dem Kopenhagener Dokument vom 29. Juni 1990, enthalten sind; entschlossen, die zu achtenden Grundsätze und die sich aus ihnen ergebenden Verpflichtungen festzulegen, um in den Mitgliedstaaten und in den anderen Staaten, die Vertragsparteien dieser Übereinkunft werden, den wirksamen Schutz nationaler Minderheiten sowie der Rechte und Freiheiten der Angehörigen dieser Minderheiten unter Achtung der Rechtsstaatlichkeit, der territorialen Unversehrtheit und der nationalen Souveränität der Staaten zu gewährleisten; gewillt, die in diesem Rahmenübereinkommen niedergelegten Grundsätze mittels innerstaatlicher Rechtsvorschriften und geeigneter Regierungspolitik zu verwirklichen – sind wie folgt übereingekommen: Abschnitt I Artikel 1 Der Schutz nationaler Minderheiten und der Rechte und Freiheiten von Angehörigen dieser Minderheiten ist Bestandteil des internationalen Schutzes der Menschenrechte und stellt als solcher einen Bereich internationaler Zusammenarbeit dar. Artikel 2 Dieses Rahmenübereinkommen ist nach Treu und Glauben, im Geist der Verständigung und Toleranz und in Übereinstimmung mit den Grundsätzen guter Nachbarschaft, freundschaftlicher Beziehungen und der Zusammenarbeit zwischen den Staaten anzuwenden. Artikel 3 1. Jede Person, die einer nationalen Minderheit angehört, hat das Recht, frei zu entscheiden, ob sie als solche behandelt werden möchte oder nicht; aus dieser Entscheidung oder der Ausübung der mit dieser Entscheidung verbundenen Rechte dürfen ihr keine Nachteile erwachsen. 2. 56 Angehörige nationaler Minderheiten können die Rechte und Freiheiten, die sich aus den in diesem Rahmenübereinkommen niedergelegten Grundsätzen ergeben, einzeln sowie in Gemeinschaft mit anderen ausüben und genießen. Abschnitt II Artikel 4 1. Die Vertragsparteien verpflichten sich, jeder Person, die einer nationalen Minderheit angehört, das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf gleichen Schutz durch das Gesetz zu gewährleisten. In dieser Hinsicht ist jede Diskriminierung aus Gründen der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit verboten. 2. Die Vertragsparteien verpflichten sich, erforderlichenfalls angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um in allen Bereichen des wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Lebens die vollständige und tatsächliche Gleichheit zwischen den Angehörigen einer nationalen Minderheit und den Angehörigen der Mehrheit zu fördern. In dieser Hinsicht berücksichtigen sie in gebührender Weise die besonderen Bedingungen der Angehörigen nationaler Minderheiten. 3. Die in Übereinstimmung mit Absatz 2 ergriffenen Maßnahmen werden nicht als Diskriminierung angesehen. Artikel 5 1. Die Vertragsparteien verpflichten sich, die Bedingungen zu fördern, die es Angehörigen nationaler Minderheiten ermöglichen, ihre Kultur zu pflegen und weiterzuentwickeln und die wesentlichen Bestandteile ihrer Identität, nämlich ihre Religion, ihre Sprache, ihre Traditionen und ihr kulturelles Erbe, zu bewahren. 2. Unbeschadet der Maßnahmen, die im Rahmen ihrer allgemeinen Integrationspolitik getroffen werden, sehen die Vertragsparteien von Zielsetzungen oder Praktiken ab, die auf die Assimilierung von Angehörigen nationaler Minderheiten gegen deren Willen gerichtet sind, und schützen diese Personen vor jeder auf eine solche Assimilierung gerichteten Maßnahme. Artikel 6 1. Die Vertragsparteien fördern den Geist der Toleranz und des interkulturellen Dialogs und treffen wirksame Maßnahmen zur Förderung der gegenseitigen Achtung und des gegenseitigen Verständnisses sowie der Zusammenarbeit zwischen allen in ihrem Hoheitsgebiet lebenden Menschen unabhängig von deren ethnischer, kultureller, sprachlicher oder religiöser Identität, und zwar insbesondere in den Bereichen Bildung, Kultur und Medien. 2. Die Vertragsparteien verpflichten sich, geeignete Maßnahmen zu treffen, um Menschen zu schützen, die wegen ihrer ethnischen, kulturellen, 57 sprachlichen oder religiösen Identität diskriminierenden, feindseligen oder gewalttätigen Handlungen oder der Androhung solcher Handlungen ausgesetzt sein können. Artikel 7 Die Vertragsparteien stellen sicher, daß das Recht aller Angehörigen einer nationalen Minderheit, sich friedlich zu versammeln und sich frei zusammenzuschließen, sowie ihr Anspruch auf freie Meinungsäußerung und auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit geachtet werden. Artikel 8 Die Vertragsparteien verpflichten sich anzuerkennen, daß jede Person, die einer nationalen Minderheit angehört, das Recht hat, ihre Religion oder Weltanschauung zu bekunden sowie religiöse Einrichtungen, Organisationen und Vereinigungen zu gründen. Artikel 9 1. Die Vertragsparteien verpflichten sich anzuerkennen, daß das Recht jeder Person, die einer nationalen Minderheit angehört, auf freie Meinungsäußerung die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen in der Minderheitensprache ohne Eingriffe öffentlicher Stellen und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen einschließt. Die Vertragsparteien stellen im Rahmen ihrer Rechtsordnung sicher, daß Angehörige einer nationalen Minderheit in bezug auf ihren Zugang zu den Medien nicht diskriminiert werden. 2. Absatz 1 schließt nicht aus, daß die Vertragsparteien Hörfunk-, Fernsehoder Lichtspielunternehmen einem Genehmigungsverfahren ohne Diskriminierung und auf der Grundlage objektiver Kriterien unterwerfen. 3. Die Vertragsparteien hindern Angehörige nationaler Minderheiten nicht daran, Printmedien zu schaffen und zu nutzen. Innerhalb des gesetzlichen Rahmens für Hörfunk und Fernsehen stellen sie soweit wie möglich und unter Berücksichtigung des Absatzes 1 sicher, daß Angehörigen nationaler Minderheiten die Möglichkeit gewährt wird, eigene Medien zu schaffen und zu nutzen. 4. Die Vertragsparteien ergreifen im Rahmen ihrer Rechtsordnung angemessene Maßnahmen, um Angehörigen nationaler Minderheiten den Zugang zu den Medien zu erleichtern sowie Toleranz zu fördern und kulturellen Pluralismus zu ermöglichen. 58 Artikel 10 1. Die Vertragsparteien verpflichten sich anzuerkennen, daß jede Person, die einer nationalen Minderheit angehört, das Recht hat, ihre Minderheitensprache privat und in der Öffentlichkeit mündlich und schriftlich frei und ungehindert zu gebrauchen. 2. In Gebieten, die von Angehörigen nationaler Minderheiten traditionell oder in beträchtlicher Zahl bewohnt werden, bemühen sich die Vertragsparteien, sofern die Angehörigen dieser Minderheiten dies verlangen und dieses Anliegen einem tatsächlichen Bedarf entspricht, soweit wie möglich die Voraussetzungen dafür sicherzustellen, daß im Verkehr zwischen den Angehörigen dieser Minderheiten und den Verwaltungsbehörden die Minderheitensprache gebraucht werden kann. 3. Die Vertragsparteien verpflichten sich, das Recht jeder Person, die einer nationalen Minderheit angehört, zu gewährleisten, in möglichst kurzer Frist36 in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe ihrer Festnahme und über die Art und den Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung in Kenntnis gesetzt zu werden sowie sich in dieser Sprache, erforderlichenfalls unter unentgeltlicher Beiziehung eines Dolmetschers, zu verteidigen. Artikel 11 1. Die Vertragsparteien verpflichten sich anzuerkennen, daß jede Person, die einer nationalen Minderheit angehört, das Recht hat, ihren Familiennamen (Vaternamen) und ihre Vornamen in der Minderheitensprache zu führen, sowie das Recht auf amtliche Anerkennung dieser Namen, wie dies nach der Rechtsordnung der jeweiligen Vertragspartei vorgesehen ist. 2. Die Vertragsparteien verpflichten sich anzuerkennen, daß jede Person, die einer nationalen Minderheit angehört, das Recht hat, für die Öffentlichkeit sichtbar Schilder, Aufschriften und Inschriften sowie andere Mitteilungen privater Art in ihrer Minderheitensprache anzubringen. 3. In Gebieten, die traditionell von einer beträchtlichen Zahl von Angehörigen einer nationalen Minderheit bewohnt werden, bemühen sich die Vertragsparteien im Rahmen ihrer Rechtsordnung, einschließlich eventueller Übereinkünfte mit anderen Staaten, und unter Berücksichtigung ihrer besonderen Gegebenheiten, traditionelle Ortsnamen, Straßennamen und andere für die Öffentlichkeit bestimmte topographische Hinweise auch in der Minderheitensprache anzubringen, wenn dafür ausreichende Nachfrage besteht. 36 Für Deutschland: unverzüglich. 59 Artikel 12 1. Die Vertragsparteien treffen erforderlichenfalls Maßnahmen auf dem Gebiet der Bildung und der Forschung, um die Kenntnis der Kultur, Geschichte, Sprache und Religion ihrer nationalen Minderheiten wie auch der Mehrheit zu fördern. 2. In diesem Zusammenhang stellen die Vertragsparteien unter anderem angemessene Möglichkeiten für die Lehrerausbildung und den Zugang zu Lehrbüchern bereit und erleichtern Kontakte unter Schülern und Lehrern aus unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen. 3. Die Vertragsparteien verpflichten sich, die Chancengleichheit von Angehörigen nationaler Minderheiten beim Zugang zu allen Bildungsstufen zu fördern. Artikel 13 1. Im Rahmen ihres jeweiligen Bildungssystems erkennen die Vertragsparteien an, daß Angehörige einer nationalen Minderheit das Recht haben, eigene private Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen zu gründen und zu betreiben. 2. Die Ausübung dieses Rechts bringt für die Vertragsparteien keine finanziellen Verpflichtungen mit sich. Artikel 14 1. Die Vertragsparteien verpflichten sich anzuerkennen, daß jede Person, die einer nationalen Minderheit angehört, das Recht hat, ihre Minderheitensprache zu erlernen. 2. In Gebieten, die von Angehörigen nationaler Minderheiten traditionell oder in beträchtlicher Zahl bewohnt werden, bemühen sich die Vertragsparteien, wenn ausreichende Nachfrage besteht, soweit wie möglich und im Rahmen ihres Bildungssystems sicherzustellen, daß Angehörige dieser Minderheiten angemessene Möglichkeiten haben, die Minderheitensprache zu erlernen oder in dieser Sprache unterrichtet zu werden. 3. Absatz 2 wird angewendet, ohne daß dadurch das Erlernen der Amtssprache oder der Unterricht in dieser Sprache berührt wird. Artikel 15 Die Vertragsparteien schaffen die notwendigen Voraussetzungen für die wirksame Teilnahme von Angehörigen nationaler Minderheiten am kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Leben und an öffentlichen Angelegenheiten, insbesondere denjenigen, die sie betreffen. 60 Artikel 16 Die Vertragsparteien sehen von Maßnahmen ab, die das Bevölkerungsverhältnis in von Angehörigen nationaler Minderheiten bewohnten Gebieten verändern und darauf gerichtet sind, die Rechte und Freiheiten einzuschränken, die sich aus den in diesem Rahmenübereinkommen niedergelegten Grundsätzen ergeben. Artikel 17 1. Die Vertragsparteien verpflichten sich, nicht in das Recht von Angehörigen nationaler Minderheiten einzugreifen, ungehindert und friedlich Kontakte über Grenzen hinweg zu Personen herzustellen und zu pflegen, die sich rechtmäßig in anderen Staaten aufhalten, insbesondere zu Personen mit derselben ethnischen, kulturellen, sprachlichen oder religiösen Identität oder mit demselben kulturellen Erbe. 2. Die Vertragsparteien verpflichten sich, nicht in das Recht von Angehörigen nationaler Minderheiten auf Teilnahme an der Tätigkeit nichtstaatlicher Organisationen sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene einzugreifen. Artikel 18 1. Die Vertragsparteien bemühen sich, erforderlichenfalls zwei- und mehrseitige Übereinkünfte mit anderen Staaten, insbesondere Nachbarstaaten, zu schließen, um den Schutz von Angehörigen der betroffenen nationalen Minderheiten sicherzustellen. 2. Gegebenenfalls treffen die Vertragsparteien Maßnahmen zur Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Artikel 19 Die Vertragsparteien verpflichten sich, die in diesem Rahmenübereinkommen niedergelegten Grundsätze zu achten und zu verwirklichen und dabei Beschränkungen, Einschränkungen oder Abweichungen, soweit solche erforderlich sind, nur insoweit vorzunehmen, als sie in völkerrechtlichen Übereinkünften, insbesondere der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und den Protokollen dazu, vorgesehen und für die sich aus den genannten Grundsätzen ergebenden Rechte und Freiheiten von Belang sind. Abschnitt III Artikel 20 Bei der Ausübung der Rechte und Freiheiten, die sich aus den in diesem Rahmenübereinkommen niedergelegten Grundsätzen ergeben, haben Angehörige einer nationalen Minderheit die innerstaatlichen Rechtsvorschriften und die 61 Rechte anderer, insbesondere diejenigen von Angehörigen der Mehrheit oder anderer nationaler Minderheiten, zu achten. Artikel 21 Die Bestimmungen dieses Rahmenübereinkommens sind nicht so auszulegen, als gewährten sie das Recht, irgendeine Tätigkeit auszuüben oder irgendeine Handlung vorzunehmen, die den wesentlichen Grundsätzen des Völkerrechts, insbesondere der souveränen Gleichheit, der territorialen Unversehrtheit und der politischen Unabhängigkeit der Staaten, zuwiderläuft. Artikel 22 Die Bestimmungen dieses Rahmenübereinkommens sind nicht als Beschränkung oder Minderung der Menschenrechte und Grundfreiheiten auszulegen, die nach den Gesetzen einer Vertragspartei oder nach einer anderen Übereinkunft, deren Vertragspartei sie ist, gewährleistet sind. Artikel 23 Die Rechte und Freiheiten, die sich aus den in diesem Rahmenübereinkommen niedergelegten Grundsätzen ergeben, sind, soweit sie Gegenstand einer entsprechenden Bestimmung in der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder den Protokollen dazu sind, in Übereinstimmung mit diesen zu verstehen. Abschnitt IV Artikel 24 1. Das Ministerkomitee des Europarats überwacht die Durchführung dieses Rahmenübereinkommens durch die Vertragsparteien. 2. Vertragsparteien, die nicht Mitglieder des Europarats sind, nehmen am Durchführungsmechanismus in einer noch zu bestimmenden Art und Weise teil. Artikel 25 1. Innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Rahmenübereinkommens für eine Vertragspartei übermittelt diese dem Generalsekretär des Europarats vollständige Informationen über die Gesetzgebungsmaßnahmen und andere Maßnahmen, die sie zur Verwirklichung der in diesem Rahmenübereinkommen niedergelegten Grundsätze getroffen hat. 62 2. Danach übermittelt jede Vertragspartei dem Generalsekretär regelmäßig und sooft das Ministerkomitee dies verlangt jede weitere Information, die für die Durchführung dieses Rahmenübereinkommens von Belang ist. 3. Der Generalsekretär leitet die nach diesem Artikel übermittelten Informationen an das Ministerkomitee weiter. Artikel 26 1. Bei der Beurteilung der Angemessenheit der Maßnahmen, die von den Vertragsparteien zur Verwirklichung der in diesem Rahmenübereinkommen niedergelegten Grundsätze getroffen wurden, wird das Ministerkomitee von einem beratenden Ausschuß unterstützt, dessen Mitglieder anerkanntes Fachwissen auf dem Gebiet des Schutzes nationaler Minderheiten besitzen. 2. Die Zusammensetzung dieses beratenden Ausschusses und sein Verfahren werden vom Ministerkomitee innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Rahmenübereinkommens festgelegt. Abschnitt V Artikel 27 Dieses Rahmenübereinkommen liegt für die Mitgliedstaaten des Europarats zur Unterzeichnung auf. Bis zum Tag des Inkrafttretens liegt das Übereinkommen auch für jeden anderen vom Ministerkomitee dazu eingeladenen Staat zur Unterzeichnung auf. Es bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung. Die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt. Artikel 28 1. Dieses Rahmenübereinkommen tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem zwölf Mitgliedstaaten des Europarats nach Artikel 27 ihre Zustimmung ausgedrückt haben, durch das Übereinkommen gebunden zu sein. 2. Für jeden Mitgliedstaat, der später seine Zustimmung ausdrückt, durch das Rahmenübereinkommen gebunden zu sein, tritt es am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde folgt. 63 Artikel 29 1. Nach Inkrafttreten dieses Rahmenübereinkommens und nach Konsultation der Vertragsstaaten kann das Ministerkomitee des Europarats durch einen mit der in Artikel 20 Buchstabe d der Satzung des Europarats vorgesehenen Mehrheit gefaßten Beschluß jeden Nichtmitgliedstaat des Europarats, der nach Artikel 27 eingeladen wurde, zu unterzeichnen, dies aber noch nicht getan hat, und jeden anderen Nichtmitgliedstaat einladen, dem Übereinkommen beizutreten. 2. Für jeden beitretenden Staat tritt das Rahmenübereinkommen am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Hinterlegung der Beitrittsurkunde beim Generalsekretär des Europarats folgt. Artikel 30 1. Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde einzelne oder mehrere Hoheitsgebiete, deren internationale Beziehungen er wahrnimmt, bezeichnen, auf die dieses Rahmenübereinkommen Anwendung findet. 2. Jeder Staat kann jederzeit danach durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung die Anwendung dieses Rahmenübereinkommens auf jedes weitere in der Erklärung bezeichnete Hoheitsgebiet erstrecken. Das Rahmenübereinkommen tritt für dieses Hoheitsgebiet am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Erklärung beim Generalsekretär folgt. 3. Jede nach den Absätzen 1 und 2 abgegebene Erklärung kann in bezug auf jedes darin bezeichnete Hoheitsgebiet durch eine an den Generalsekretär gerichtete Notifikation zurückgenommen werden. Die Rücknahme wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär folgt. Artikel 31 1. Jede Vertragspartei kann dieses Rahmenübereinkommen jederzeit durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation kündigen. 2. 64 Die Kündigung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von sechs Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär folgt. Artikel 32 Der Generalsekretär des Europarats notifiziert den Mitgliedstaaten des Rates, anderen Unterzeichnerstaaten und jedem Staat, der diesem Rahmenübereinkommen beigetreten ist: a. jede Unterzeichnung; b. jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde; c. jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Rahmenübereinkommens nach den Artikeln 28, 29 und 30; d. jede andere Handlung, Notifikation oder Mitteilung im Zusammenhang mit diesem Rahmenübereinkommen. Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Rahmenübereinkommen unterschrieben. Geschehen zu Straßburg am 1. Februar 1995 in englischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär des Europarats übermittelt allen Mitgliedstaaten des Europarats und allen zur Unterzeichnung dieses Rahmenübereinkommens oder zum Beitritt dazu eingeladenen Staaten beglaubigte Abschriften. 65 Die Gültigkeit des Rahmenübereinkommens hinsichtlich der nationalen Minderheitensprachen im deutsch-dänischen Grenzland Dänemark37 Anlässlich der Unterzeichnung und Ratifizierung des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten hat Dänemark am 22. September 1997 folgende Erklärung zur Anwendung des Rahmenübereinkommens abgegeben: Im Zusammenhang mit der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde zum Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten durch Dänemark wird hiermit erklärt, dass das Rahmenübereinkommen auf die deutsche Minderheit in Südjütland im Königreich Dänemark Anwendung findet.38 Deutschland Anlässlich der Unterzeichnung und Ratifizierung des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten hat die Bundesrepublik Deutschland am 12. Mai 1995 und 10. September 1997 folgende Erklärung zur Anwendung des Rahmenübereinkommens abgegeben:39 Das Rahmenübereinkommen enthält keine Definition des Begriffs der nationalen Minderheiten. Es ist deshalb Sache der einzelnen Vertragsstaaten zu bestimmen, auf welche Gruppen es nach der Ratifizierung Anwendung findet. Nationale Minderheiten in der Bundesrepublik Deutschland sind die Dänen deutscher Staatsangehörigkeit und die Angehörigen des sorbischen Volkes mit deutscher Staatsangehörigkeit. Das Rahmenübereinkommen wird auch auf die Angehörigen der traditionell in Deutschland heimischen Volksgruppen der Friesen deutscher Staatsangehörigkeit und der Sinti und Roma deutscher Staatsangehörigkeit angewendet.40 37 Deutsche Fassung zitiert nach http://www.admin.ch/ch/d/sr/0_441_1. Im englischen Original: “In connection with the deposit of the instrument of ratification by Denmark of the Framework Convention for the Protection of National Minorities, it is hereby declared that the Framework Convention shall apply to the German minority in South Jutland of the Kingdom of Denmark”, http://conventions.coe.int. 39 Deutsche Fassung zitiert nach http://www.admin.ch/ch/d/sr/0_441_1. 40 Im englischen Original: “The Framework Convention contains no definition of the notion of national minorities. It is therefore up to the individual Contracting Parties to determine the groups to which it shall apply after ratification. National Minorities in the Federal Republic of Germany are the Danes of German citizenship and the members of the Sorbian people with German citizenship. The Framework Convention will also be applied to members of the ethnic groups traditionally resident in Germany, the Frisians of German citizenship and the Sinti and Roma of German citizenship”, http://conventions.coe.int. 38 66 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 2000, Artikel 21 & 2241 Artikel 21 Nichtdiskriminierung Diskriminierungen, insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung, sind verboten. Im Anwendungsbereich des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Vertrags über die Europäische Union ist unbeschadet der besonderen Bestimmungen dieser Verträge jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten. Artikel 22 Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen Die Union achtet die Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen. 41 http://europa.eu.int. Die Charta umfasst insgesamt 54 Artikel. 67 Vertrag über eine Verfassung für Europa – Entwurf -, die Europäische Union 200442 Artikel I-2: Die Werte der Union Die werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichlich und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Angehörigen von Minderheiten. Diese Werte sind allen Mitgliedsstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Tolerenz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet. Artikel I-7: Grundrechte (1) Die Union erkennt die Rechte, Freiheiten und Grundsätze an, die in der Charta der Grundrechte als Teil II enthalten sind. (2) Die Union tritt der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten bei. Der Beitritt zu dieser Konvention ändert nicht die in der Verfassung festgelegten Zuständigkeiten der Union. (3) Die Grundrechte, wie sie in der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben, gehören zu den als allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts. 42 Zitiert nach der deutschen Übersetzung der vorläufigen konsolidierten Fassung des Vertrages über eine Verfassung für Europa, beschlossen auf der Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedsstaaten, Brüssel, 25.6.2004. Informationen – Materialien – Dokumente: Vertrag über eine Verfassung für Europa – Entwurf -, Berlin: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Juli 2004, http://www.bundesregierung.de/Anlage685691/Text+der+EUVerfassung+zum+Download.pdf. Der Verfassungsnetwurf besteht aus vier Teilen, von denen Teil II die Charta der Grundrechte der Union ist. 68 Quellenverzeichnis Bundesanzeiger Nummer 63 vom 31.März 1955 Bundesgesetzblatt (BGBl.) 1973 II 1553 BGBL. 1969 II 961 BGBL. 1992 II 121 BGBL 1997 II 31 BGBL. 1998 II 24 Gesetz- und Verordnungsblatt Schleswig-Holstein (GVOBl.) 1949, S. 183 GVOBl. Schleswig-Holstein 1962, S. 123 GVOBl. Schleswig-Holstein 1990, S. 391 GVOBl. Schleswig-Holstein 2004, S. 481 Ernst Siegfried Hansen: Kurier der Heimat. Das Spiel um Schleswig zwischen Kapitulation und Programm Nord, Bielefeld: Deutscher Heimat-Verlag 1955 Informationen – Materialien – Dokumente: Vertrag über eine Verfassung für Europa – Entwurf -, Berlin: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Juli 2004 Minderheiten im deutsch-dänischen Grenzbereich, Kiel: Landeszentrale für politische Bildung Schleswig-Holstein 1993, S. 232-233 Internetquellen http://www.admin.ch http://conventions.coe.int. http://europa.eu.int http://www.parlinkom.gv.at Weiterführende Literatur Jørgen Kühl/Robert Bohn (Hg.): Ein europäisches Modell? Nationale Minderheiten im deutsch-dänischen Grenzland 1945-2005, Bielefeld: Verlag für Regionalgeschichte 2005 69