Erfolgsfaktoren im Social Entrepreneurship

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ERFOLGSFAKTOREN IM SOCIAL
ENTREPRENEURSHIP
Bachelorarbeit
vorgelegt von
Karolin König
Frankfurt am Main, 3. März 2014
Inhaltsverzeichnis
Abstract .................................................................................................................. 1
1
2
3
4
Einleitung...................................................................................................... 2
1.1
Motivation der Arbeit ........................................................................... 2
1.2
Ziel und Vorgehensweise ..................................................................... 3
Theoretische Betrachtung von Social Entrepreneurship ......................... 5
2.1
Definition und Charakteristik ............................................................... 5
2.2
Abgrenzung der Begrifflichkeiten ........................................................ 7
2.3
Soziale Innovationen .......................................................................... 10
2.4
Besonderheiten in Deutschland .......................................................... 11
2.5
Erfolgsmessung .................................................................................. 13
Analyse der Erfolgsfaktoren ..................................................................... 17
3.1
Personelle Dimension ......................................................................... 17
3.2
Organisationelle Dimension ............................................................... 19
3.3
Zwischenfazit ..................................................................................... 29
Vorstellung erfolgreicher Social Entrepreneure ..................................... 31
4.1
Premium ............................................................................................. 31
4.2
Elektrizitätswerke Schönau (EWS) .................................................... 34
4.3
wellcome ............................................................................................ 36
4.4
Zwischenfazit ..................................................................................... 38
5
Schlussbetrachtung .................................................................................... 40
6
Literaturverzeichnis .................................................................................. 43
IV
Abstract
1
Abstract
Social Entrepreneure nutzen innovative Ansätze für die Lösung eines gesellschaftlichen, sozialen
oder auch ökologischen Problems. Sie wollen mit unternehmerischen Mitteln einen positiven
Wandel in der Gesellschaft anregen. Sie sind damit wichtige Impulsgeber für den Sozialstaat und
haben eine zentrale Pilot- und Schrittmacherfunktion. Die vorliegende Arbeit untersucht die
Erfolgsfaktoren im Social Entrepreneurship in Deutschland. Die Analyse erfolgt auf der Grundlage
der Auswertung aktueller Fachliteratur und Experteninterviews mit Unternehmern,
Sozialinvestoren und Förderern. Die Einschätzung, ob ein Social Entrepreneur erfolgreich ist, ist
dabei nicht nur subjektiv, sondern auch abhängig von dessen Zielsetzung.
Im Ergebnis konnten 14 Erfolgsfaktoren für Social Entrepreneurship identifiziert werden: die
Persönlichkeitsmerkmale Kreativität, Risikobereitschaft, Flexibilität und Innovationsfähigkeit;
eine charismatische und engagierte Gründerpersönlichkeit sowie Motivation und Kenntnisse des
Themenfelds; eine klare Vision und eine daraus abgeleitete Strategie; Kenntnisse über die
Zielgruppe und das Einbeziehen dieser; den gesellschaftlichen Bedarf realistisch einschätzen; ein
vorhandenes Geschäftsmodell; eine professionelle Organisationsebene, Transparenz und
Governance-Strukturen; ein Team aus vielen helfenden Händen; eine persönliche und partizipative
Kommunikation; ein Qualitätsmanagementsystem; eine langfristige und innovationsfreundliche
Finanzierung; die Skalierung und Verbreitung der Idee bzw. des Konzeptes sowie die Nutzung
von Netzwerken und Kooperationen.
Es zeigte sich, dass nicht alle Social Entrepreneure ein ausgereiftes Geschäftsmodell haben. In
Deutschland sind sie zu einem gewissen Teil abhängig von öffentlichen Förderungen oder
Spenden. Social Entrepreneure leisten mitunter Pionierarbeit für nachhaltiges Wirtschaften.
Vorreiter haben gezeigt, dass durch Social Entrepreneurship soziale Innovationen möglich sind
und erfolgreich vom Markt angenommen werden. Es ist anzunehmen, dass dies erst der Anfang
ist und noch viel Potenzial im Social Entrepreneurship steckt.
2
Einleitung
1 Einleitung
1.1
Motivation der Arbeit
Unsere Gesellschaft begegnet globalen Herausforderungen wie Klimawandel, knappen
Ressourcen, abnehmender Biodiversität, sozialen Problemen und weltweiter Armut.1 Die Lösung
der damit verbundenen Probleme wird dabei häufig im technologischen Fortschritt gesehen. Es
wird jedoch immer deutlicher, dass technologischer Fortschritt allein nicht ausreichen wird, um
diese Herausforderungen anzugehen.2 Hier liegt die Hoffnung auf Social Entrepreneurship (SE)
diese Probleme durch soziale Innovationen in Form von nachhaltigen Geschäftsmodellen zu
bewältigen.
In Deutschland gewinnt SE an Dynamik und liegt offensichtlich im „Trend“. Das zeigen die
jährliche Präsentation von sog. „Ashoka-Fellows“ auf dem ersten Vision Summit 2007 in Berlin,
der Einrichtung der ersten deutschen Professur für SE an der Leuphana Universität Lüneburg 2009,
der Forscherverbund der Stiftung Mercator „Innovatives Soziales Handeln – Social
Entrepreneurship“ (2009-2012) an acht deutschen Universitäten und Forschungsinstituten sowie
das 2010 gegründete Magazin für Social Business und gesellschaftliche Innovation „enorm –
Wirtschaft für den Menschen“.
3
Die Auszeichnung von Muhammad Yunus 2006 mit dem
Friedensnobelpreis sorgte dafür,4 dass SE zunehmend als Chance wahrgenommen wird, soziale
Probleme mithilfe innovativer marktorientierter Ansätze zu lösen. Das Phänomen ist nicht neu, die
Ideen und Konzepte durchaus.
Besonders in den angelsächsischen Staaten entwickelte sich offensichtlich ein regelrechter Hype
um SE. Die Übertragung auf den deutschen Wohlfahrtsstaat ist nach Heinze nur begrenzt
möglich.5 Die Forschung in Deutschland steht insgesamt erst am Anfang, da sich die Debatte um
SE vergleichsweise spät entwickelt hat.6 Zurückgeführt werden kann dies im Wesentlichen auf die
Ausprägung der Sozialleistungen in Deutschland.
1
Vgl. UNO 2014; OECD 2014.
Vgl. Rückert-John 2013, S. 7.
3
Vgl. Hackenberg; Empter 2011, S. 11 ff.
4
Vgl. Yunus 2008, S. 3 ff.
5
Vgl. Heinze et al. 2011, S. 100.
6
Vgl. Roder 2011, S. 151; vgl. Beckmann 2011, S. 69.
2
Einleitung
1.2
3
Ziel und Vorgehensweise
Die vorliegende Arbeit untersucht SE in Deutschland. Dabei gilt es herauszufinden, was SE
benötigt um eine möglichst große soziale Wirkung zu erzielen und gleichzeitig erfolgreich am
Markt zu sein. Denn so kann SE mit unternehmerischen Mitteln die Lage von Betroffenen
verbessern und bestenfalls das soziale Problem lösen. Aufgrund der Besonderheiten der
Bundesrepublik Deutschland, die sich in einem vergleichsweise hohen Maß an Sozialleistungen
und einer Vielzahl an Wohlfahrtsorganisationen niederschlagen, wird diese Arbeit auf den
Standort Deutschland begrenzt. Das Ziel ist es die Erfolgsfaktoren für SE zu ermitteln. Diese
können für Menschen, die in diesem dynamischen Umfeld aktiv werden wollen, hilfreich sein, um
ihr Projekt von Anfang an erfolgreich zu gestalten. Ebenso können bereits tätige Social
Entrepreneure für die erfolgreiche Ausrichtung ihres Konzeptes und soziale Investoren für ihre
Investitionsentscheidungen davon profitieren.
Um die Erfolgsfaktoren im SE herauszustellen, erfolgt zunächst im Kapitel zwei eine Definition
von SE, eine begriffliche Abgrenzung von Social Business, CSR, gemeinnützigen Organisationen
etc. sowie eine genaue Betrachtung der Besonderheiten für Deutschland. Es wird definiert was
Erfolg für einen Social Entrepreneur bedeutet und eine Messmethode für soziale Wirkmessung
vorgestellt. Im Kapitel drei werden die Erfolgsfaktoren für SE aus Literatur und den Ergebnissen
geführter Experteninterviews aggregiert und analysiert. Dafür wird neben der personellen
Dimension ebenfalls die organisationelle Dimension eines SE betrachtet, um eine umfassende
Aussage treffen zu können. Die erfolgreichen Praxisbeispiele Premium, die Elektrizitätswerke
Schönau und wellcome werden anschließend in Kapitel vier vorgestellt.
Experteninterviews
Um einen praktischen Bezug für diese Arbeit zu generieren, wurden Expertenmeinungen aus dem
Umfeld des SE berücksichtigt. Dabei sollten möglichst unterschiedliche Perspektiven von
Unternehmern, Sozialinvestoren und Förderern aufgenommen werden.
4
Einleitung
Name
Position
Institution
Beschreibung
Dr. Philipp
Leitung Analyse und
Phineo
Beratung für soziale
Hoelscher
Forschung
Uwe
Zentraler Moderator
Lübbermann
und Gründer
Laura
Leitung Fellowauswahl Ashoka
Förderer für Social
Haverkamp
und Kommunikation
Entrepreneurship
Joscha Lautner Mitgründer
Investoren
Premium
Kollektivunternehmen
HUB
Co-working und
München
Netzwerk für
gesellschaftliche
Innovationen
Abbildung 1: Übersicht Experten für Interviews, eigene Darstellung
Die Ergebnisse der Interviews flossen in diese Arbeit.
Theoretische Betrachtung von Social Entrepreneurship
5
2 Theoretische Betrachtung von Social Entrepreneurship
In diesem Kapitel wird verdeutlicht, was unter den Begriffen Social Entrepreneur und SE
verstanden wird. Es wird eine begriffliche Abgrenzung zu Social Business, Venture Philanthropie,
Corporate Social Responsibility und gemeinnützigen Organisationen vorgenommen. Soziale
Innovationen werden erläutert und abschließend aufgezeigt, was Erfolg für einen Social
Entrepreneur bedeuten kann.
2.1
Definition und Charakteristik
„Social entrepreneurs are not content just to give a fish, or teach how to fish. They will not rest
until they have revolutionized the fishing industry.“ Bill Drayton, Gründer und CEO von Ashoka7
In der Literatur ist aktuell eine Vielfalt der begrifflichen Konzepte von Social Entrepreneur und
SE zu finden, einheitliche oder gar exakte Definitionen fehlen bislang. 8 Im Folgenden wurden
diverse Konzepte zusammengeführt, eine Charakterisierung des Social Entrepreneurs
vorgenommen und SE beschrieben.
Charakteristik eines Social Entrepreneurs
Ein Social Entrepreneur identifiziert ein gesellschaftliches oder soziales Problem und findet mit
unternehmerischer Kreativität eine innovative Lösung für dieses. Durch die Verbreitung und
Nachahmung des Konzeptes schafft er einen sozialen Mehrwert.9 Nach Hackenberg und Empter
kann es sich dabei auch um ein ökologisches Problem handeln.10
Für Perrini sind Social Entrepreneure „..change promoters in society; they pioneer innovation
within the social sector through the entrepreneurial quality of a breaking idea...”11 Sie streben
langfristig eine Verbesserung der gesellschaftlichen Strukturen an.12 Das zeigt auch die folgende
Definition von Perrini für SE.
Perrini definiert SE „..as a dynamic process created and managed by an individual or team (the
innovative social entrepreneur) which strives to exploit social innovation with an entrepreneurial
7
Ashoka (2012a), S. 2.
Vgl. Hackenberg; Empter 2011, S. 13.
9
Vgl. Perrini 2006, S. 57 ff.; vgl. Hackenberg; Empter 2011, S. 11; vgl. Martin; Osberg 2007.
10
Vgl. Hackenberg; Empter 2011, S. 11.
11
Perrini 2006, S. 57 ff.
12
Vgl. Perrini 2006, S. 57 ff.; vgl. Martin; Osberg 2007.
8
6
Theoretische Betrachtung von Social Entrepreneurship
mindset and a strong need for achievement, in order to create new social value in the market and
community at large.”13 SE meint also eine unternehmerische Tätigkeit, die sich für einen positiven
Wandel in der Gesellschaft einsetzt. Dafür bedarf es sozialer Innovationen. Im Kapitel 2.3 soll auf
diese näher eingegangen werden.
SE meint gesellschaftliches Unternehmertum. Häufig wird SE als ‚Soziales Unternehmertum‘
übersetzt. Allerdings bedeutet nach Habisch ‚social‘ hier nicht ‚sozial‘, sondern „auf die
Gesellschaft bezogen“.14 Die Bezeichnung als ‚social‘ zeigt dabei in zweifacher Weise die
gesellschaftliche Relevanz auf: zum einen hinsichtlich des Aufgabenspektrums und zum anderen
die Ausstrahlungskraft in die Gesellschaft.15
Die Adressaten von SE werden als Personen wahrgenommen, denen „Hilfe zur Selbsthilfe“
gewährt wird.16 Das Engagement von Social Entrepreneuren ist vielfältig und kann sich u. a. auf
die Bereiche Bildung, Kampf gegen Armut, Umweltzerstörung, Diskriminierung und Integration
von Randgruppen oder kulturellen Wandel beziehen.17
Social Entrepreneure können und wollen (sozial-)staatliches Handeln nicht ersetzen, sondern
liefern Impulse, die der Sozialstaat institutionalisieren und dauerhaft umsetzen kann. Darin liegt
das gesellschaftspolitische Potential.18 Es kommt ihnen deshalb eine zentrale Pilot- und
Schrittmacherfunktion
sowie
eine
wichtige
Orientierungsfunktion
zu.19
Denn
Social
Entrepreneure besitzen wohl im Gegensatz zu staatlichen Einrichtungen die nötige Flexibilität und
Innovationsfähigkeit.
Social Entrepreneure verknüpfen soziales Engagement und unternehmerisches Handeln. Eine
solche Verknüpfung von unterschiedlichen Handlungsorientierungen ist indes nicht neu.20 Das
Ziel von SE ist ein Problem langfristig zu lösen. Damit nehmen sie in Kauf sich selbst
abzuschaffen, in dem sie sich überflüssig machen. Es handelt sich damit um ein
Übergangsphänomen.21
13
Perrini 2006, S. 57 ff.
Habisch 2011, S. 49.
15
Vgl. Heinze et al. 2011, S. 91.
16
Habisch 2011, S. 56 ff.
17
Vgl. Habisch 2011, S. 49 ff.
18
Vgl. Habisch 2011, S. 58.
19
Vgl. Hackenberg; Empter 2011, S. 15 ff.
20
Vgl. Evers; Ewert 2010, S. 104 ff.
21
Vgl. Beckmann 2011, S. 83.
14
Theoretische Betrachtung von Social Entrepreneurship
7
Zwischenfazit
SE setzt sich mit unternehmerischen Mitteln für einen positiven Wandel in der Gesellschaft ein.
Dabei nutzen Social Entrepreneure innovative Ansätze für die Lösung eines gesellschaftlichen,
sozialen oder auch ökologischen Problems. Sie zielen darauf ab, ihre Konzepte zu verbreiten, um
einen größtmöglichen sozialen Mehrwert zu schaffen. Sie sind damit wichtige Impulsgeber für den
Sozialstaat und haben eine zentrale Pilot- und Schrittmacherfunktion.
2.2
Abgrenzung der Begrifflichkeiten
Neben den Begriffen Social Entrepreneur und SE werden in Literatur und Praxis weitere Begriffe
verwendet, die dieses Phänomen beinhalten. Die Grenzen scheinen oft fließend. Im Folgenden
soll eine begriffliche Abgrenzung erfolgen.
Social Business (Sozialunternehmen)
Der Initiator von Social Business (Sozialunternehmen), Muhammad Yunus, definiert diese als
Unternehmen, die einzig zu dem Zweck gegründet wurden, brennende soziale Herausforderungen
zu beheben und dabei ökologisch nachhaltig sind bei angemessener Bezahlung ihrer Mitarbeiter.
Muhammad Yunus wurde 1940 in Bangladesch geboren. Er studierte in den USA. Nach seiner
Rückkehr nach Bangladesch gründete die Grameen Bank, die Mikrokredite an Arme Menschen
vergibt. Dieses Konzept wurde weltweit ausgeweitet und 2006 mit dem Friedensnobelpreis
ausgezeichnet. 22
Social Business und SE meinen nicht dasselbe. Das Konzept des SE ist weiter gefasst. Der
Hauptunterschied liegt im Umgang mit dem Gewinn. In einem Sozialunternehmen wird keine
Dividende ausgezahlt. Überschüsse verbleiben im Unternehmen und werden dazu verwendet, um
die Expansion zu finanzieren, neue Produkte oder Dienstleistungen zu entwickeln oder weiteren
gesellschaftlichen Nutzen zu erzielen.23 Sozialunternehmen agieren deshalb transparenter. Bei SE
ist der Umgang mit Gewinnen im Unterschied dazu nicht streng geregelt.
Venture Philanthropie
Venture Philanthropie beschreibt einen Ansatz der Philanthropie, der sich stark an
unternehmerischen Prinzipien annähert. Venture Philanthropen sind soziale Investoren oder auch
strategisch fördernde Stiftungen, deren Interesse in der Entfaltung der größtmöglichen Wirkung
22
23
Vgl. Yunus 2008, S. 24 ff.
Vgl. Yunus 2008, S. 24 ff.
Theoretische Betrachtung von Social Entrepreneurship
8
einer non-profit-Organisation im gemeinnützigen Sektor liegt.24 Sie stehen für das
„..uneigennützige und freigiebige Engagement wohlhabender Individuen, die ihr privates
Vermögen für die Verbesserung der Lebensbedingungen anderer Menschen und für gemeinnützige
Zwecke einsetzen.“25
Venture Philanthropie ist damit eine Mischform zwischen einerseits klassischen Spenden und
andererseits gewinnorientiertem Privatsektor. In den Ansatz wurden einige Methoden aus dem
Bereich des venture capital aufgenommen und auf den gemeinnützigen Sektor übertragen. Der
unternehmerische Ansatz beinhaltet, dass die eingesetzten Ressourcen eine Rendite, vor allem eine
soziale, erbringen sollen. Das zurückgeflossene Geld wird nicht als Profit im klassischen Sinne
verstanden, sondern wieder in soziale Projekte investiert. Neben dem finanziellen Engagement
werden die geförderten Vorhaben in der Regel auch mit Mentoring, Beratung und
Netzwerkkontakten (Drei-Säulen-Modell) unterstützt.26
Venture Philanthropen sind in den USA häufiger und länger anzutreffen,27 zudem herrscht im
Vergleich zu Deutschland eine ausgeprägte Spendenmentalität. Der Unterschied zwischen
Venture Philanthropen und Social Entrepreneuren liegt in der unternehmerischen Tätigkeit.
Venture Philanthropen sind also Investoren und stellen Kapital zur Erfüllung sozialer Zwecke zur
Verfügung, ohne dabei selbst unternehmerisch tätig zu werden.
Corporate Social Responsibility
Corporate Social Responsibility (CSR) meint die freiwillige gesellschaftliche Verantwortung von
Unternehmen, andere Organisationen und Institutionen über ihre rechtlichen Pflichten hinaus.
Nach der Europäischen Union ist CSR ein System, dass „..den Unternehmen als Grundlage dient,
auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in
die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren“. 28 Im Vordergrund steht für
gewinnorientierte Unternehmen allerdings die unternehmerische Tätigkeit. Hingegen ist für einen
SE das primäre Ziel der gesellschaftliche Wandel.29
24
Vgl. Alberg-Seberich; Wolf 2011, S. 287 ff.
Stein 2011, S. 38.
26
Vgl. Alberg-Seberich; Wolf 2011, S. 287 ff.
27
Vgl. Hoelscher 2011, S. 2-3
28
Kommission der Europäischen Gemeinschaften 2001, S. 7.
29
Vgl. Hackenberg; Empter 2011, S. 11.
25
9
Theoretische Betrachtung von Social Entrepreneurship
Unter der hypothetischen Annahme von idealen Rahmenbedingungen können gewinnorientierte
Unternehmen im Vergleich zu Social Entrepreneuren das leistungsfähigere Mittel sein, um
gesellschaftliche Probleme langfristig anzugehen. Eine ideale Rahmenordnung bedeutet in diesem
Zusammenhang, es gibt keine negativen externen Effekte wie beispielsweise nicht bepreiste
Umweltverschmutzung. In vielen realen Problemkontexten ist genau diese Voraussetzung nicht
gegeben. Der indirekte Mechanismus der ‚unsichtbaren Hand des Marktes‘ führt nicht zu
gesellschaftlich gewünschten Ergebnissen. Social Entrepreneure setzen häufig genau an solch
lückenhafte oder dysfunktionale Rahmenbedingungen an und versuchen mit der ‚sichtbaren Hand‘
einer Problemlösung näher zu kommen. Dabei internalisieren sie negative externe Effekte. 30
Der Vorteil von Social Entrepreneuren liegt in der längeren Betrachtung. Soziale Probleme sind
komplex und Lösungsstrukturen müssen erst mit einigem Aufwand aufgebaut werden. Die Suche
nach der Lösung eines gesellschaftlichen Problems orientiert sich nicht daran, wie die
maximalen Profite für das Unternehmen generiert werden, sondern bis tatsächlich eine Lösung für
das gesellschaftliche Problem gefunden wird. 31
Gemeinnützige Organisationen
Gemeinnützige
Organisationen
bzw.
Non-Profit-Organisationen
und
Nichtregierungsorganisationen (NGOs) unterscheiden sich nicht in der Zielsetzung von Social
Entrepreneuren, sondern in der Wahl der Mittel. Gemeinnützige Organisationen finanzieren sich
über Spenden und leisten so vor allem in Notsituationen wichtige Beiträge. Die Abhängigkeit vom
stetigen Strom der Spenden bedeutet einen hohen Ressourcenaufwand, weshalb die Reichweite
und Wirksamkeit von gemeinnützigen Organisationen begrenzt sind.32
Social Entrepreneure sind Innovatoren im gemeinnützigen Sektor. Im Unterschied zu
gemeinnützigen Organisationen sind sie nicht dauerhaft und ausschließlich auf Spenden
angewiesen. Sie entwickeln vielmehr ein Geschäftsmodell und bringen verschiedene Gruppen zur
Kooperation zusammen.33 Zudem werden die Adressaten von SE in unterschiedlicher Ausprägung
in die Hilfeleistung mit einbezogen, anders als Caritas im Sinne des mitleidigen Teilens.34
30
Vgl. Beckmann 2011, S. 77 ff.
Vgl. Beckmann 2011, S. 81.
32
Vgl. Yunus 2008, S. 11 ff.
33
Vgl. Habisch 2011, S. 49 ff.
34
Vgl. Habisch 2011, S. 56 ff.
31
Theoretische Betrachtung von Social Entrepreneurship
10
Zwischenfazit
Es gibt eine Vielzahl von Begrifflichkeiten um das SE. Die Grenzen sind zumeist fließend. Im
Gegensatz zu Social Business ist der Begriff SE weiter gefasst und Überschüsse müssen nicht
zwingendermaßen im Unternehmen verbleiben. Venture Philanthropen sind soziale Investoren,
die im Vergleich zu Social Entrepreneuren selbst nicht unternehmerisch tätig werden. Die
gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen (CSR) ist freiwillig, im Vordergrund steht für
diese die unternehmerische Tätigkeit. Von gemeinnützigen Organisationen unterscheiden sich
Social Entrepreneure in der Wahl der Mittel, da die Finanzierung von gemeinnützigen
Organisationen auf Spenden basiert.
2.3
Soziale Innovationen
Wie die Definition im Kapitel 2.1 gezeigt hat, bedarf SE sozialer Innovationen. Im Folgenden soll
auf soziale Innovation näher eingegangen werden.
Eine soziale Innovation kann definiert werden als „..eine von bestimmten Akteuren bzw.
Akteurskonstellationen ausgehende intentionale, zielgerichtete Neukonfiguration sozialer
Praktiken in bestimmten Handlungsfeldern bzw. sozialen Kontexten mit dem Ziel, Probleme oder
Bedürfnisse besser zu lösen bzw. zu befriedigen, als dies auf der Grundlage etablierter Praktiken
möglich ist“.35 Eine soziale Innovation kann also eine Verhaltensänderung und ein Umdenken
einer Bevölkerungsgruppe sein.
Nach Meinungen von Experten gewinnen soziale Innovationen gegenüber technischen
Innovationen auch unter wirtschaftlichen Aspekten zunehmend an Bedeutung.36 Sie sind aufgrund
gesellschaftlicher Probleme durch den demografischen Wandel oder den Folgen des
Klimawandels notwendig und können proaktiv dazu beitragen, diese zu beheben.37
Beispiele für soziale Innovationen durch zivilgesellschaftliche Akteure sind kollektive
Nutzungsformen, wie Co-Housing oder Urban Gardening sowie neuartige Netzwerke von
Erzeugern und Konsumenten, wie in der Slow Food-Bewegung, auf Erzeugermärkten oder in
Energiegenossenschaften.38 Es gibt eine Vielzahl von Geschäftsmodellen, die aus sozialen
Innovationen hervorgehen, wie das Beispiel Car-Sharing zeigt. Die vorliegende Arbeit
35
Howaldt 2010, S. 89.
Vgl. Howaldt 2010, S. 90.
37
Vgl. Howaldt 2010, S. 90.
38
Vgl. Rückert-John 2013, S. 36.
36
11
Theoretische Betrachtung von Social Entrepreneurship
konzentriert sich auf nachhaltige Geschäftsmodelle, insbesondere die Social Entrepreneure, die
durch ihre unternehmerische Tätigkeit soziale Ziele erreichen wollen.
Zwischenfazit
Eine soziale Innovation ist eine Neukonfiguration sozialer Praktiken, in deren Folge nachhaltige
Geschäftsmodelle, wie SE, entstehen können.
2.4
Besonderheiten in Deutschland
In Deutschland treffen Social Entrepreneure auf ein besonderes Umfeld, da bereits ausgeprägte
Sozialleistungen durch etablierte Anbieter bestehen.
Die Sozialleistungen werden in Deutschland von öffentlichen Trägern (Staat), freien Trägern
(Wohlfahrtsorganisationen) sowie privat-gewerblichen Dienstleistungsanbietern erbracht.
Sozialleistungen in
Deutschland
Öffentliche Träger
Bundesanstalt für Arbeit,
Jugend- und Sozialamt
Freie Träger
Wohlfahrtsverbände
(Deutscher Caritasverband,
Diakonie)
Privat-gewerbliche Anbieter
(Bundesverband privater
Träger der freien Kinder-,
Jugend- und Sozialhilfe)
Abbildung 2: Anbieter von Sozialleistungen in Deutschland, eigene Darstellung
Traditionell herrschte in Deutschland eine duale Aufspaltung der sozialen Dienste in öffentliche
und freie Träger. Seit der Einführung des Neuen Steuerungsmodells (NSM) zu Beginn der 1990er
Jahre wurden verstärkt betriebswirtschaftliche Prinzipien auf die öffentlich getragenen sozialen
Dienste übertragen. Durch die Nutzung des Budgetprinzips und die Einführung des Wettbewerbs
bei der Vergabe von öffentlich finanzierten sozialen Dienstleistungen traten die privatgewerblichen Dienstleistungsanbieter in den Markt.39
39
Vgl. Bogumil et al. 2007; vgl. Heinze et al. 2011, S. 88.
Theoretische Betrachtung von Social Entrepreneurship
12
Wohlfahrtsverbände
Die Wohlfahrtsverbände als freie Träger sind die zentralen Träger sozialer Dienstleistungen.40 Da
sich die Tätigkeiten von Social Entrepreneuren somit am ehesten mit diesen Anbietern
überschneiden können, soll im Nachfolgenden auf diese Akteure genauer eingegangen werden.
In der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e. V. sind die Spitzenverbände der
Freien Wohlfahrtspflege vertreten (Deutscher Caritasverband, Diakonie, Deutsches Rotes Kreuz,
Arbeiterwohlfahrt, der Paritätische sowie die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden). Sie übernehmen
soziale Hilfen auf freigemeinnütziger Grundlage im Gesundheitssektor, in der Altenhilfe, der
Kinder- und Jugendhilfe sowie der Behindertenhilfe.41
Freie Wohlfahrtspflege unterscheidet sich von den öffentlichen Trägern sowie auf
Gewinnerzielung ausgerichtete gewerbliche Anbieter. Das Zusammenspiel öffentlicher und freier
Wohlfahrtspflege ist weltweit einmalig. Die Wohlfahrtsverbände sind ein wichtiger Bestandteil
des Sozialstaates, dessen soziales Netz ohne die Arbeit der Wohlfahrtsverbände nicht
funktionieren würde. Die Einrichtungen und Dienste der Wohlfahrtsverbände beschäftigen rund
1,4 Millionen Menschen in Deutschland hauptamtlich; schätzungsweise 2,5 bis 3 Millionen
Menschen leisten ehrenamtlich engagierte Hilfe. Die Verbände verfolgen unterschiedliche
weltanschauliche oder religiöse Motive und Zielvorstellungen. Gemeinsam knüpfen sie alle
unmittelbar an die Hilfsbereitschaft und an die Solidarität der Bevölkerung an.42
Die Übertragung des SE aus dem angelsächsischen Raum auf den deutschen Wohlfahrtsstaat ist
nur begrenzt möglich. Es bedarf einer Anpassung von Begrifflichkeiten und Konzepten an das
jeweilige wohlfahrtsstaatliche Regime und die jeweiligen institutionellen Kontexte. Eine solche
Theoriebildung für Deutschland steht noch aus. Diese würde eine Überprüfung ermöglichen, ob
es sich bei SE um ein konsistentes Konzept handelt, inwieweit es sich besser als das bereits
vorhandene „Dritter Sektor“-Modell eignet und ob es den Charakter eines Leitbildes für die
Modernisierung der etablierten wohlfahrtsstaatlichen bzw. sozialpolitischen Strukturen
entwickeln kann.43
40
Vgl. Heinze et al. 2011, S. 89.
Vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege 2014.
42
Vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege 2014.
43
Vgl. Heinze et al. 2011, S. 100.
41
Theoretische Betrachtung von Social Entrepreneurship
13
Zwischenfazit
In Deutschland bestehen bereits ausgeprägte Sozialleistungen durch den Sozialstaat und die
Wohlfahrtsorganisationen. Letztere sind dabei die zentralen Träger der sozialen Dienstleistungen,
weshalb es mit diesen Akteuren am ehesten zu Überschneidungen in Bezug auf die Tätigkeiten
von Social Entrepreneuren kommen kann.
2.5
Erfolgsmessung
„Success is the ability to go from failure to failure without losing your enthusiasm.“ Winston
Churchill
Um die Erfolgsfaktoren im SE bestimmen zu können, muss zunächst geklärt werden, wann ein
Social Entrepreneur als erfolgreich bezeichnet werden kann. Anschließend wird eine Methode zur
sozialen Wirkungsmessung, das Social Return on Investment, vorgestellt.
Definition von Erfolg
Das Verständnis von Erfolg ist subjektiv und hängt von der Perspektive des Betrachters ab. So
kann ein Unternehmen aus Sicht des Investors erfolgreich sein, wenn es eine möglichst hohe
Rendite hat, für einen Unternehmer kann u. U. das Überleben in den Anfangsjahren Erfolg
bedeuten und aus Sicht des Mitarbeiters ist es womöglich der Erhalt des Arbeitsplatzes.
Nach Bermann ist Erfolg der Grad der Zielerreichung bezüglich eines effektiven und effizienten
Einsatzes von Ressourcen innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums.44 Der Erfolg eines SE ist
abhängig von der Zielsetzung, es bedarf somit zunächst Klarheit über die Zielkonzeption, um den
Erfolg messen zu können.45
Im Rahmen der Experteninterviews wurden die Teilnehmer befragt, was Erfolg für einen Social
Entrepreneur bedeutet. Die Ergebnisse sind nicht eindeutig. Das subjektive Empfinden für Erfolg
kann damit bestätigt werden. Im Anhang befinden sich eine Zusammenfassung der Antworten. Im
Folgenden soll eine Kurzfassung der unterschiedlichen Antworten gegeben werden:
Ein Social Entrepreneur ist erfolgreich, wenn er…
44
45
Vgl. Berman 2006, S. 5.
Vgl. Roder 2011, S. 86.
Theoretische Betrachtung von Social Entrepreneurship

14
eine reale, soziale Veränderung dauerhaft schafft, diese weitergibt und dabei
überlebensfähig ist.46

Klarheit über den Wirkungsmechanismus und ein tragfähiges Geschäftsmodell hat, ohne
Abhängigkeiten aufgrund von Subventionen und Spenden.47

eine Lösung für ein gesellschaftliches Problem hat. Ein selbsttragendes Geschäftsmodell
ohne Abhängigkeiten von Spenden und öffentlichen Zuschüssen ist keine Voraussetzung,
denn das Finanzierungsmodell ist Mittel zum Zweck.48

einen signifikanten Beitrag zur Bekämpfung eines sozialen Problems leistet, die soziale
Wirkung steht vor der Ökonomischen. Auch in diesem Fall ist die Finanzierung Mittel zum
Zweck.49
Gemeinsam haben die Ergebnisse, dass ein Social Entrepreneur erfolgreich ist, wenn er eine
soziale Wirkung erzielt, durch eine soziale Veränderung oder die Lösung eines sozialen Problems.
Bei dem Aspekt der Finanzierung gehen die Meinungen der Experten auseinander. Für einen Teil
der Experten bedeutet Erfolg neben der sozialen Wirkung ein tragendes Geschäftsmodell ohne
Abhängigkeiten von Spenden und Subventionen. Für den anderen Teil ist die Finanzierung ein
‚Mittel zum Zweck‘ und die Lösung des gesellschaftlichen Problems steht im Vordergrund.
Definition von Erfolg für diese Arbeit
In dieser Arbeit gilt ein Social Entrepreneur als erfolgreich, wenn er mithilfe eines
Geschäftsmodells, welches das Unternehmen trägt, ein soziales Problem löst bzw. eine
gesellschaftliche Veränderung anstößt. Spendengelder und Förderungen gerade in der
Anfangsphase sind dabei kein Hindernis.
Soziale Wirkmessung
Der ökonomische Erfolg eines Social Entrepreneur kann wie bei jedem anderen Unternehmen
mithilfe von Zahlen gemessen werden und wird u.a. ausgedrückt als Gewinn und Umsatz oder in
Rentabilität für das Eigen- und Fremdkapital.50 Die Messung der sozialen Wirkung eines Social
Entrepreneurs ist im Gegensatz dazu weder einfach noch eindeutig. Da in dieser Arbeit die
Besonderheiten des SE im Vordergrund stehen, wird insbesondere auf die soziale Wirkmessung
46
Vgl. König 28.01.2014.
Vgl. König 30.01.2014b.
48
Vgl. König 30.01.2014a.
49
Vgl. König 04.02.2014.
50
Vgl. Amann; Petzold 2014, S. 98 ff.
47
15
Theoretische Betrachtung von Social Entrepreneurship
eingegangen und die Messung des ökonomischen Erfolgs aufgrund des begrenzten Umfangs der
Arbeit verzichtet.
In der Datenbank „Tools and Resources for Assessing Social Impact“ des Foundation Center
befinden sich derzeitig mehr als 170 Ansätze, um soziale Wirkung zu operationalisieren, zu
messen oder zu bewerten.51 Die Entscheidung für eine Methode zur sozialen Wirkungsmessung
richtet sich nach der Zielsetzung des Social Entrepreneurs und den vorhandenen Möglichkeiten
(Wissen, Ressourcen etc.). Mögliche Aspekte sind Erfassungsqualität (Objektivität, Validität,
Reliabilität),
Erhebungsumfang,
Kommunizierbarkeit,
Widerspruchsfreiheit,
Manipulationsfreiheit, Implementierungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit einer Methodik.52 Jede
Methode besitzt Vor- und Nachteile sowie Limitierungen hinsichtlich Umsetzung und Erfassung
der Wirkung.53
Im Folgenden wird die Methode des Social Return on Investment zur sozialen
Wirksamkeitsmessung (Social Impact Measurement) vorgestellt, da sich diese als gängige
Methode herausgestellt hat und anschließend auf Probleme und Hürden der sozialen
Wirksamkeitsmessung eingegangen.
Social Return on Investment
Bei dem Social Return on Investment (SROI) handelt es sich um einen wirkungsorientierten,
monetären Ansatz. Analog zum betriebswirtschaftlichen Return on Investment (ROI) werden
Investitionen den entstehenden Erträgen gegenüber gestellt. Dabei sind drei Kategorien
hinsichtlich der Wertschöpfung relevant: Ökonomische, soziale und sozioökonomische Werte.
Soziale Werte sind nicht monetarisierbar, allerdings können sozioökonomische Werte messbar
und sichtbar gemacht werden und dienen als soziale Werte, die ökonomisch quantifizierbare
Auswirkungen haben. Das Ergebnis einer SROI-Berechnung ist eine Kennzahl (SROI
Koeffizient). Diese gibt den gesellschaftlichen Mehrwert in monetarisierter Form für die
eingesetzten Investitionen an.54
Probleme und Hürden der sozialen Wirksamkeitsmessung
Social Impact Measurement (SIM) ist verschiedenen Spannungsfeldern ausgesetzt.
51
Vgl. Foundation Center 2014.
Vgl. Repp 2013, S. 32.
53
Vgl. Mildenberger et al. 2012, S. 304 ff.
54
Vgl. Emerson et al. 2000, S. 137 ff.; Emerson 2008, S. 393.
52
Theoretische Betrachtung von Social Entrepreneurship
16
Nach Repp fehlt ein eindeutiges Verständnis von sozialer Wirkungsmessung, die Methoden sind
unzureichend und es mangelt an empirischen Untersuchungen.55 Zudem haben externe
Stakeholder verschiedenartige Anforderungen an die Wirkmessung.56 Nach Meinung der Experten
stellen der unklare Erfolgsbegriff57 und fehlende Umsetzungskompetenzen sowie begrenzte
Ressourcen58 ebenso Hürden dar.
SIM wird von unterschiedlichen Akteuren (Wissenschaft, Praktikern und Social Entrepreneuren)
angewendet, die jeweils einen eigenen Umgang mit diesem Problemfeld haben. Nach Nicholls hat
sich die Wissenschaft zu wenig mit dem Paradoxon SE auseinandergesetzt und die Ansichten der
zentralen Akteure, der Social Entrepreneure bisher marginalisiert.59
Nach Roder ist die Messbarkeit der Ziele eines Social Entrepreneurs eine weitere Hürde. Zudem
sollte die Untersuchung von Ursache-Wirkungs-Beziehungen sowie die Attributionsproblematik
(=Zuschreibung von Ursache und Wirkung) der Gegenstand weiterer Forschungen sein.60
Zwischenfazit
Die Einschätzung, ob ein Social Entrepreneur erfolgreich ist, ist nicht nur subjektiv, sondern auch
abhängig von dessen Zielsetzung. Experten sind der Meinung, dass Erfolg im SE bedeutet, eine
soziale Wirkung zu erzielen. Ein tragendes Geschäftsmodell ist dabei nicht für alle Experten von
Beginn an notwendig.
Es existiert eine Vielzahl an Methoden zur sozialen Wirkmessung. Jede Methode besitzt Vor- und
Nachteile. Eine gängige Methode ist der Social Return on Investment, bei welcher eine Kennzahl
den gesellschaftlichen Mehrwert in monetarisierter Form für die eingesetzten Investitionen
ausdrückt. Es bestehen zudem einige Probleme und Hürden bei der sozialen Wirkungsmessung,
wie unzureichende Methoden, verschiedene Anforderungen seitens der Stakeholder, unklare
Erfolgsdefinition, fehlende Kompetenzen sowie Ressourcenbeschränkung.
55
Vgl. Repp 2013, S. 14.
Vgl. Repp 2013, S. 71 ff.
57
Vgl. Repp 2013, S. 14; Vgl. Roder 2011, S. 101.
58
Vgl. Nicholls 2010, S. 626; Vgl. Repp 2013, S. 14; Vgl. Roder 2011, S. 101.
59
Vgl. Nicholls 2010, S. 626.
60
Vgl. Roder 2011, S. 101, 151.
56
Analyse der Erfolgsfaktoren
17
3 Analyse der Erfolgsfaktoren
Nachdem erläutert wurde, was SE ist und was Erfolg für Social Entrepreneure bedeutet, soll nun
die Analyse der Erfolgsfaktoren angeschlossen werden. Dafür werden die Literatur und die
Ergebnisse der Experteninterviews aggregiert und analysiert.
Die erfolgsrelevanten Faktoren lassen sich nach Jacobsen in drei Dimensionen aufteilen: die
personelle, organisationelle und externe Dimension. Diese Arbeit bezieht sich auf das
Geschäftsmodell und den Social Entrepreneur, weshalb der Fokus auf der personellen und
organisationellen Dimension liegt. Innerhalb der personellen Dimension werden die
Persönlichkeitsmerkmale und das Humankapital betrachtet. Die organisationelle Dimension
beinhaltet die Strategie und Planung, die Organisationsstruktur sowie die Skalierung.61
Da Social Entrepreneure mit unternehmerischen Mitteln gesellschaftliche Probleme lösen, werden
im Folgenden, wenn möglich, die Erfolgsfaktoren für Unternehmer im Allgemeinen dargestellt
und die Besonderheiten von SE herausgestellt. Die 14 identifizierten Erfolgsfaktoren von SE
werden anschließend in den jeweiligen Dimensionen kurz dargestellt.
3.1
Personelle Dimension
Neben den Persönlichkeitsmerkmalen wird innerhalb der personellen Dimension
das Humankapital betrachtet.
3.1.1 Persönlichkeitsmerkmale
Die Persönlichkeitsmerkmale, welche ein Unternehmer generell mitbringen sollte, sind Kreativität
und Intuition zur Entwicklung einer Geschäftsidee sowie die Fähigkeit, sie zur Reife zu bringen.
Andere Eigenschaften, die förderlich sind, wie Initiative, das Bedürfnis nach Leistung und
Ehrgeiz, Risikobereitschaft, Flexibilität, die Fähigkeit Entscheidungen treffen zu können, in
Krisen durchzuhalten, mit Menschen umgehen zu können, hart und mit viel Energie zu arbeiten
sowie Mitarbeiter und sich selbst motivieren zu können..62
Erfolgsfaktor #1: Die Fähigkeiten Kreativität, Risikobereitschaft, Flexibilität und
Innovationsfähigkeit
61
62
Vgl. Jacobsen 2003, S. 129 ff.
Vgl. Jacobsen 2003, S. 129 ff.
Analyse der Erfolgsfaktoren
18
Für einen Social Entrepreneur sind im besonderen Maße die Fähigkeiten Kreativität,
Risikobereitschaft und Flexibilität von Bedeutung.63 Ebenso relevant sind Engagement und
Innovationsfähigkeit, um für ein bislang vernachlässigtes gesellschaftliches Problem ein
neuartiges Lösungsangebot zu entwickeln.64 Nach Heinze begründet sich die Risikobereitschaft
aus einer philanthropischen Haltung, das Engagement ist oftmals biographisch erklärbar.65 Die
Innovationsfähigkeit und Risikobereitschaft wurden durch die Experteninterviews bestätigt. 66
In einem Experteninterview wurde zudem die Fähigkeit genannt, die Balance zwischen dem
Arbeiten am Gemeinwohl und dem Wirtschaften zu halten. Es bedarf der persönlichen Integration,
d.h. „…das Thema für das der Social Entrepreneur kämpft in die persönliche Auseinandersetzung
mit sich selbst aufnehmen.“67
Erfolgsfaktor #2: Eine charismatische und engagierte Gründerpersönlichkeit
Für die Umsetzung und die Initiierung von Projekten ist insbesondere eine charismatische und
engagierte Gründerpersönlichkeit entscheidend. Diese fördert die Vernetzung aller Beteiligten.68
Das konnte durch die Befragung der Experten bestätigt werden.69 Auch in der Auswahl der Ashoka
Fellows ist der Fokus auf eine Person ersichtlich, denn Ashoka fördert prinzipiell keine
Organisationen sondern Persönlichkeiten.70 Gerade für Investoren spielt die Person des Social
Entrepreneurs eine zentrale Rolle bei der Investitionsentscheidung.71
3.1.2 Humankapital
Aus der Humankapitaltheorie lässt sich ableiten, dass die Humankapitalausstattung
(Bildungsniveau, Branchenkenntnisse, Selbständigkeitserfahrung und Führungserfahrung) des
Unternehmers „..ein wichtiger Faktor für die Überlebensfähigkeit eines neugegründeten Betriebes
ist.“72 Betriebswirtschaftliche Kenntnisse sind außerordentlich erfolgsrelevant bzw. die Einsicht
Outsourcing für Tätigkeiten wie Marketing, Personalführung, Organisation, Finanzierung etc. zu
nutzen. Erfolgsentscheidend sind jedoch nach Jacobsen „weder die Persönlichkeitsmerkmale,
63
Vgl. Hackenberg; Empter 2011, S. 15; Roder 2011, S. 130.
Vgl. Hackenberg; Empter 2011, S. 15.
65
Vgl. Heinze et al. 2011, S. 91.
66
Vgl. König 04.02.2014.
67
König 30.01.2014b.
68
Vgl. Jansen et al. 2013, S. 376.
69
Vgl. König 30.01.2014a; König 04.02.2014.
70
Vgl. Ashoka 2012b, S. 5.
71
Vgl. Roder 2011, S. 129.
72
Brüderl et al. 1991, S. 92–93.
64
19
Analyse der Erfolgsfaktoren
noch das Humankapital (...), sondern lediglich, ob diese Faktoren zusammen genommen beim
Entrepreneur zu einem entsprechenden unternehmerischen Verhalten führen.“73
Erfolgsfaktor #3: Motivation und Kenntnisse des Themenfelds
Im Kontext von SE sind zusätzlich wesentliche Faktoren die Motivation, Kenntnisse des
Themenfelds und Erfahrungen mit den Zielgruppen sowie besondere Qualifikationen für die
gewählte Herangehensweise. Unter Gründungs- und Führungserfahrung fallen sowohl die
Initiierung von Projekten als auch Unternehmensgründungen.74
Die Ausstattung des
Humankapitals bezüglich Bildungsniveau, Berufserfahrung etc. konnte in den Interviews nicht
validiert werden.
3.2
Organisationelle Dimension
Die Strategie und Planung, die Organisationsstruktur sowie die Skalierung werden in der
organisationellen Dimension betrachtet.
3.2.1 Strategie und Planung
Die strategische Ebene konkretisiert, wie ein Unternehmer seine Vision und Ziele umsetzen
möchte.75 Für Unternehmer im Allgemeinen ist eine klare, strukturierte, nachhaltige strategische
Ausrichtung erfolgsförderlich. Daneben sollte eine intensive, systematische, formalisierte und
detaillierte Planung (Cash-Flow, Personal- und Finanzbedarf) erfolgen. Zeitgleich sollte die
Flexibilität zur Anpassung an eine sich verändernde Umwelt gegeben sein.76
Erfolgsfaktor #4: Eine klare Vision und eine daraus abgeleitete Strategie
Eine Vision ist ein konkretes Zukunftsbild, welches angestrebt wird, jedoch im derzeitigen
Moment noch nicht realisierbar ist.77 Es handelt sich dabei um eine langfristige Zielsetzung. Für
einen Social Entrepreneur ist die Vision deshalb wichtig, weil sie ausschlaggebend für alle
Aktivitäten der Organisation ist. Sie bildet in diesem Zusammenhang einen permanenten
Orientierungsrahmen für die gesellschaftliche Veränderung, die angestrebt werden soll.78 Wie
wichtig eine Vision ist, wurde auch in den Experteninterviews herausgestellt. Dazu zählt es ein
73
Jacobsen 2003, S. 129 ff.
Vgl. Roder 2011, S. 129–130.
75
Vgl. Bleicher 2004, S. 80 ff.
76
Vgl. Jacobsen 2003, S. 129 ff.
77
Vgl. Bleicher 2004, S. 105–106.
78
Vgl. Roder 2011, S. 132.
74
Analyse der Erfolgsfaktoren
20
Ziel zu haben und dieses zu formulieren sowie eine klare Zielfokussierung neben einer Strategie,
die sich aus einer übergeordneten Vision ableitet.79
Erfolgsfaktor #5: Die Zielgruppe kennen und einbeziehen
Nachdem die Vision eines SE definiert ist, gilt es die Zielgruppe zu identifizieren. Je klarer das
Bild der Zielgruppe ist, desto genauer kann diese angesprochen werden. Die Zielgruppe ist der
direkte Empfänger des Angebots des Social Entrepreneurs. Personen oder Organisationen, die von
den Aktivitäten des Social Entrepreneurs profitieren oder von ihm beeinflusst werden, zählen
ebenfalls zur Zielgruppe.80 Von besonderer Bedeutung ist für die erfolgreiche Umsetzung eines
Projektes, das aktive Einbeziehen der konkreten Zielgruppe bereits in die Planungs- und später in
die Umsetzungsphase.81 Die enge Zusammenarbeit mit der Zielgruppe und die Einbeziehung
dieser konnte in den Experteninterviews verifiziert werden. Dabei ist nach Meinung eines
Experten das Empowerment ein wichtiger Aspekt82, also das Übertragen von Verantwortung auf
die Zielgruppe.
Erfolgsfaktor #6: Den gesellschaftlichen Bedarf kennen und realistisch einschätzen
Aus der Zielgruppe des SE ergibt sich das soziale Problem, welches bekämpft werden soll. Das
Vorhandensein eines gesellschaftlichen Missstandes begründet eine Intervention durch den Social
Entrepreneur. Die Existenz der Organisation muss einen Nutzen für aktuelle und potenzielle
Stakeholder bieten können.83 Die Analyse des Bedarfs und der Zielgruppe wurde auch in den
Experteninterviews genannt: „Den Bedarf und die Zielgruppe kennen, auf den Bedarf reagieren
und das Projekt darauf zuschneiden.“84 Ein Risiko bei der Bedarfsanalyse sind falsche Annahmen
bzgl. der Ursache-Wirkungs-Beziehung. Die Herangehensweise des Social Entrepreneurs würde
dann am Kern des Problems vorbeigehen. Es besteht zudem die Gefahr, dass das soziale Problem
objektiv nicht existiert bzw. keine bedeutende gesellschaftliche Relevanz hat und nur durch den
Social Entrepreneur als solches wahrgenommen wird.85 Es ist folglich nicht nur ein Erfolgsfaktor
den gesellschaftlichen Bedarf zu kennen, sondern ihn auch realistisch einzuschätzen.
79
Vgl. König 04.02.2014.
Vgl. Roder 2011, S. 134.
81
Vgl. Jansen et al. 2013, S. 376.
82
Vgl. König 30.01.2014a.
83
Vgl. Roder 2011, S. 131.
84
König 04.02.2014.
85
Vgl. Roder 2011, S. 133.
80
21
Analyse der Erfolgsfaktoren
Ein SE benötigt das Wissen um die Folgen und Nebenfolgen seines Handelns, um einen direkten
sozialen Nutzen zu erzielen.86 Die Relevanz der Klarheit über die gesellschaftliche Wirkung sowie
den Wirkungsmechanismus konnte in den Experteninterviews bestätigt werden.87
Erfolgsfaktor #7: Ein vorhandenes Geschäftsmodell
Eine klare Geschäftsidee erkennt echte Marktchancen, ist problemlösungsorientiert und sollte auch
einem Laien einfach verständlich zu machen sein. Dabei hat es sich für herkömmliche
Unternehmen als erfolgsförderlich herausgestellt, „…wenn die Geschäftsideen zwar innovativ,
aber nicht allzu ausgefallen sind.“
88
Maßgeblich erfolgsrelevant ist die Entwicklung eines
gezielten Geschäftsmodells inklusive eines finanziellen Konzepts.89 Im Gegensatz dazu, verhält
es sich bei einem SE bezogen auf den Innovationscharakter einer Geschäftsidee anders. Ein
Merkmal des SE ist der Innovationscharakter der Herangehensweise und eine neuartige Lösung
für ein gesellschaftliches Problem.90 Dass eine innovative Idee inhärent für einen SE ist, kann
durch die Experteninterviews validiert werden.91
Die
Notwendigkeit
eines
vorhandenen
Geschäftsmodells
wurde
ebenfalls
in
den
Expertengesprächen aufgeführt. Dazu zählt die Frage nach der Einkommensgenerierung und der
wirtschaftlichen Grundlage.92 Allerdings ging die Meinung der Experten an dem Punkt eines
tragenden Geschäftsmodells auseinander. Für Ashoka beispielsweise ist dies keine
Voraussetzung bei der Auswahl seiner Fellows, da die Lösung eines gesellschaftlichen Problems
im Vordergrund steht. Diese Meinung teilten nicht alle Experten.93 Nach Weber ist jedoch die
Grundvoraussetzung für jede Ausweitung und Skalierung eines Sozialunternehmens „…ein
ausgereiftes, tragfähiges operatives Modell.“94
Wie bereits im Kapitel 2.5. erläutert wurde, wird Erfolg subjektiv bewertet und unterschiedlich
definiert. Für diese Arbeit ist aufgrund der unternehmerischen Tätigkeit eines Social Entrepreneurs
ein tragendes Geschäftsmodell ein Erfolgsfaktor, da die Abhängigkeit von Spenden zu erheblichen
Ressourcenaufwand führen kann, siehe dazu auch Kapitel 2.2. Gemeinnützige Organisationen.
86
Vgl. Beckmann 2011, S. 76.
Vgl. König 30.01.2014b.
88
Jacobsen 2003, S. 129 ff.
89
Vgl. Jacobsen 2003, S. 129 ff.
90
Vgl. Roder 2011, S. 134.
91
Vgl. König 30.01.2014a.
92
Vgl. König 30.01.2014b.
93
Vgl. König 30.01.2014a; König 30.01.2014b.
94
Weber et al. 2013, S. 75.
87
Analyse der Erfolgsfaktoren
22
3.2.2 Organisationsstruktur
Erfolgsfaktor #8: Professionalität der Organisationsebene, Transparenz und GovernanceStrukturen
Nach Jacobsen sind Firmen, die von Beginn an professionell aufgebaut werden, erfolgreicher als
solche, die diesen Aspekt außer Acht lassen. Eine formale interne Organisation, die dennoch
Flexibilität zulässt, erscheint ebenfalls erfolgsförderlich.95 Der Grad der Professionalität der
Organisationsebene konnte durch die Expertengespräche für SE verifiziert werden. Zusätzlich
wurden auf dieser Ebene Transparenz nach innen und außen, klare Governance-Strukturen sowie
die Fähigkeiten Chancen zu nutzen genannt.96 Zudem wurde ein anderer Umgang mit Führung
empfohlen. Dieser beinhaltet, dass das Oberziel nicht aus den Augen verloren wird und dieses den
Beteiligten konsistent kommuniziert wird. Auch die Öffnung des Unternehmens und das Teilen
des Wissens mit allen Stakeholdern wurden als Erfolgsfaktoren genannt, ebenso wie das Zulassen
der Mitsteuerung durch die Beteiligten.97
Erfolgsfaktor #9: Ein Team aus vielen helfenden Händen
Unternehmensgründungen als Team wirken insbesondere bei technologieorientierten Firmen
erfolgsversprechender. Besonders in Fällen, „…wenn die Partner Entscheidungen gemeinsam
treffen, ambitioniert und engagiert sind und über unterschiedliche Ausbildungen und Erfahrungen
verfügen, die sich ergänzen.“98 Dies konnte für Social Entrepreneure in den Experteninterviews
nicht bestätigt werden. Dauerhaftes Engagement durch eine Person als ‚Motor‘ und dazu viele
helfende Hände sind gerade im Falle des Premium-Kollektivs ein Erfolgsfaktor.99
Dass Abhängigkeit von einer Gründerpersönlichkeit allerdings auch problematisch werden kann,
beinhaltete ein Experteninterview: „Zu Beginn bedarf es eines charismatischen Leaders, der
Andere begeistern und mitreißen kann und dafür sorgt, dass eine Idee groß wird. Beim Wachstum
kann es schwierig werden, wenn diese Person nicht abgeben kann und aufgrund der Tatsache, dass
eine Persönlichkeit nicht multiplizierbar ist.“100
95
Vgl. Jacobsen 2003, S. 129 ff.
Vgl. König 04.02.2014.
97
Vgl. König 28.01.2014.
98
Jacobsen 2003, S. 129 ff.
99
Vgl. König 28.01.2014.
100
König 04.02.2014.
96
23
Analyse der Erfolgsfaktoren
Erfolgsfaktor #10: Marketing und Kommunikation – persönlich und partizipativ
Im
allgemeinen
Unternehmenskontext
ist
ein
Marketing
erfolgsförderlich,
das
auf
Kundenorientierung und die Qualität des Produkts bzw. der Dienstleistung ausgerichtet ist. Eine
starke Marktorientierung ist nach Jacobsen besonders wichtig.101 Sozialunternehmerische
Kommunikation sollte nach Hackenberg „problembewusst, professionell und persönlich“ sein.102
Social Entrepreneure können durch den partizipativen Ansatz der Neuen und Sozialen Medien
über „Social Marketing Menschen zu umweltfreundlichem Verhalten und zum Engagement für
Entwicklungszwecke anregen und damit zu sozialem Wandel beitragen.“103 Wichtig ist die
persönliche Ansprache der Zielgruppe mit einer positiven Botschaft. Durch ein Angebot konkreter
Handlungsmöglichkeiten kann diese selbst aktiv werden und zusätzlich ihrem persönlichen
Umfeld einen Impuls für nachhaltiges Verhalten geben. Dazu ermöglicht die Eventkultur, als
neues Kommunikationsfeld, persönliche Begegnungen und Erlebnisse und ist damit zentraler
Kanal, um eine emotionale Bindung zur betroffenen Organisation und ihrer Botschaft herzustellen.
Der Erfolgsfaktor für Social Entrepreneure ist die Kenntnis und systematische Anwendung von
diesen Methoden.104
In den Expertengesprächen wurden dazu eine situativ und individuell angepasste
Kommunikation105 sowie die Bildung einer Markenpersönlichkeit genannt, „..die Stellung
bezieht.“106 Die Kommunikation mit der Zielgruppe sollte barriere-arm und direkt erfolgen.107
Erfolgsfaktor #11: Ein vorhandenes Qualitätsmanagementsystem
Das Ziel eines Qualitätsmanagementsystems ist es, „..die Fähigkeit eines Unternehmens
aufzuzeigen, das Ziel der Kundenzufriedenheit zu erfüllen.“108
Die Bedeutung der
Kundenorientierung wurde bereits im Bereich Marketing und Kommunikation aufgegriffen. Auch
in den Experteninterviews hat sich das Qualitätsmanagement als Erfolgsfaktor herausgestellt,
insbesondere die Wirkungsorientierung und eine regelmäßige Kultur des Hinterfragens (Wurden
die gesetzten Ziele erreicht? Wo gibt es Verbesserungspotenzial? etc.).109 Dabei dienen die
101
Vgl. Jacobsen 2003, S. 129 ff.
Hackenberg; Empter 2011, S. 26.
103
Jansen et al. 2013, S. 380–381.
104
Vgl. Jansen et al. 2013, S. 380–381.
105
Vgl. König 30.01.2014a.
106
König 28.01.2014.
107
Vgl. König 28.01.2014.
108
Roder 2011, S. 139.
109
Vgl. König 04.02.2014.
102
Analyse der Erfolgsfaktoren
24
systematische Wirkungsmessung und Reporting als interne Steuerungsmechanismen und sind
wichtig für die Legitimation der Arbeit eines Social Entrepreneurs.110
Erfolgsfaktor #12: Eine langfristige und innovationsfreundliche Finanzierung
Eine solide finanzielle Grundausstattung ist für ein Unternehmen erfolgsentscheidend.
Risikobereitschaft und Eigenkapital des Entrepreneurs sind erfolgsförderlich. Ein sparsamer
Umgang mit den finanziellen Ressourcen, eine hohe Produktivität und geringe Gemeinkosten sind
dabei wichtig. Ein weiteres Kriterium für ein erfolgreiches Unternehmen ist, ob ein Unternehmer
seinen Lebensunterhalt aus dem erwirtschafteten Gewinn finanzieren kann.111
Social Entrepreneure haben besondere Bedürfnisse hinsichtlich ihrer Finanzierung. Diese sind
während ihres Lebenszyklus unterschiedlich: In der Gründungsphase benötigen sie Unterstützung
von Kapitalgebern und freiwilligen Engagierten. Diese müssen normativ überzeugt werden. Neben
innovationsfreundlichem Kapital können Vertrauensnetzwerke, sog. ‚crowdfunding‘ und
freiwillige Arbeitsleistungen eine wesentliche Rolle spielen. Nach Jansen ist „..zentral für die
Entstehung und Umsetzung von innovativen Projekten außerdem, dass Transparenz bezüglich des
Zugangs zu Fördertöpfen und Finanziers hergestellt oder zumindest gefördert wird und dass
bürokratische Hürden soweit möglich minimiert werden.“112
Für die Entfaltung ihrer Wirkung benötigen innovative Projekte im sozialen Bereich Zeit. Deshalb
ist eine längerfristige Finanzierung als bisher üblich wichtig, damit die Social Entrepreneure eine
entsprechende Planungssicherheit erlangen. Ein Umdenken in der Förderpraxis auf politischer
Ebene ist darum laut Jansen unvermeidlich.113 Wie bereits unter dem Erfolgsfaktor #7: Ein
vorhandenes Geschäftsmodell aufgeführt wurde, ging die Meinung der Experten zur Tragfähigkeit
eines Geschäftsmodells auseinander.
Einnahmequellen
Nach Erhebung des Forscherverbundes der Stiftung Mercator erzielen Social Entrepreneure
durchschnittlich 21 Prozent der Einnahmen aus dem Geschäft mit der eigentlichen Zielgruppe.
36,2 Prozent der Einnahmen stammen aus öffentlichen Geldern (Leistungsentgelte und
Zuschüsse), Spenden und Stiftungsbeiträge stehen für 17,4 Prozent der Einnahmen. Weitere
110
Vgl. Jansen et al. 2013, S. 370.
Vgl. Jacobsen 2003, S. 129 ff.
112
Jansen et al. 2013, S. 369, 377.
113
Vgl. Jansen et al. 2013, S. 369, 377.
111
Analyse der Erfolgsfaktoren
25
Einnahmequellen sind Sponsoring, Mitgliedsbeiträge und andere Einkommensströme. Mehr als
die Hälfte der Social Entrepreneure wirtschaftet mit Einnahmen von unter € 250.000.114
Abbildung 3: Einnahmequellen von Social Entrepreneuren, eigene Darstellung
Es zeigt sich, dass Einnahmen aus öffentlichen Förderungen den größten Einnahmenposten
darstellen. Ob es ein Erfolgsfaktor ist als Social Entrepreneur zu wissen, wie man an öffentliche
Förderungen kommt, konnte durch die Interviews nicht bestätigt werden. Jedoch ist im
Sozialgesetzbuch (SGB) klar geregelt, welche Leistungen der Staat abdeckt. Identifiziert der
Social Entrepreneur einen Bedarf, der im SGB noch nicht enthalten ist, wird es nach Meinung
eines Experten schwer an öffentliche Gelder zu kommen.115
114
115
Vgl. Spiess-Knajl et al. 2013, S. 28 ff.
Vgl. König 04.02.2014.
26
Analyse der Erfolgsfaktoren
3.2.3 Skalierung und Kooperationen
Erfolgsfaktor #13: Skalierung und Verbreitung der Idee bzw. des Konzeptes
Das Centre for Advancement of Social Entrepreneurship definiert die Skalierung von SE wie folgt
„Scaling Social Impact is the process of closing the gap between the real and ideal conditions as
pertains to particular social needs or problems. Scaling social impact can occur by increasing the
positive social impact created, decreasing the negative social impact of others, or decreasing the
social need or demand.”116 Durch eine Verbreitung der Ansätze von SE kann der soziale Nutzen
möglichst vielen Menschen zukommen. So werden erfolgreich erprobte Ansätze ausgeweitet, statt
immer wieder nach neuen Ideen zu suchen. Häufig wird aus diesem Grund die Skalierung von
außen verlangt.117 Die Wirkungsskalierung bzw. Skalierung muss nicht notwendigerweise eigenes
Wachstum bedeuten. Auch ein 'scaling of ideas', eine Verbreitung im indirekten Sinn, ist
möglich.118 Die Skalierung ist ein sehr wichtiger Punkt, weshalb sie im Folgenden genauer
betrachtet wird.
Nach Weber gibt es sieben Faktoren, damit ein Social Entrepreneur erfolgreich skalieren kann.
Zusammenfassend
sind
dies
Überzeugung,
Managementkompetenz,
Replizierbarkeit,
Mobilisierung relevanter Ressourcen, Legitimation und Reputation sowie Transferkosten,
Kontrolle und Partner.
Überzeugung und Bereitschaft: Es erleichtert den Skalierungsprozess erheblich, wenn der Social
Entrepreneur von Anfang an den Willen zur Skalierung hat, da so Strukturen und Prozesse mit
Blick auf Replizierbarkeit, Einfachheit, Standardisierbarkeit etc. aufgesetzt werden.
Managementkompetenz: Die frühzeitige Etablierung einer Wirkungsanalyse ist zentral, um die
soziale Wirkung früh und signifikant zu erhöhen.
Replizierbarkeit: Die Replizierbarkeit ist ‚das Herz jeder Skalierung‘. Dazu zählt eine klare
Fokussierung auf soziale, wertschöpfende Prozesse. Standardisierung und Technisierung sind
hilfreiche Voraussetzungen.
116
Centre for Advancement of Social Entrepreneurship 2014.
Vgl. Bradach 2003.
118
Vgl. Jansen et al. 2013, S. 100.
117
27
Analyse der Erfolgsfaktoren
Mobilisierung relevanter Ressourcen: Eine frühe Integration von starken Partnern aus Industrie,
Wissenschaft, Politik und ebenso Nichtregierungsorganisationen (NGOs) kann eine enorme
Hebelwirkungen im Skalierungsprozess entfalten. Da sich der Social Entrepreneur so zu Beginn
der Wachstumsphase auf Inhalte und weniger auf kontinuierliche Ressourcenmobilisierung
konzentrieren kann. Zudem werden auf diese Weise Widerstände und die Wahrnehmung als
Bedrohung von Seiten der NGOs vermieden. Durch solche Kooperationen entsteht jedoch auch
eine Abhängigkeit des SE von diesen starken Partnern. Dies kann sich durch eine mögliche
Einflussnahme negativ auf die strategische Entwicklung auswirken sowie durch einen finanziellen
Rückzug dessen Existenz gefährden (die Gefahr des sogenannten „mission drift“).
Legitimation und Reputation: Medienwirksame Multiplikatoren, große Industrieunternehmen,
Stiftungen, NGOs und prominente Schirmherren verschaffen Social Entrepreneuren zu einer
Bekanntheit im Markt, weshalb auch die Legitimation und Reputation steigt. Damit einhergehen
neue Zugänge zu relevanten Ressourcen wie Finanzen, Wissen, Arbeitskräfte und eine gesteigerte
Nachfrage nach den angebotenen Produkten und Dienstleistungen auf Seiten der Betroffenen.
Transferkosten: Abhängig von der Skalierungsstrategie entstehen Transferkosten u. a. durch
notwendige Anpassungen an veränderte Kontexte, neue Zielgruppen, Marktbedingungen oder
Produkterfordernisse. Die Auswirkungen sind erfolgsentscheidend.
Kontrolle
und
Partner:
Mit
Partnerschaften
gehen
reduzierte
Kontroll-
und
Steuerungsmöglichkeiten einher. Die zentrale Frage ist, ob der Social Entrepreneur eine reduzierte
Verantwortung und Einflussnahme auf Mitarbeiter und Organisation gutheißt oder ob er der
Meinung ist, dass er die Dinge nicht aus der Hand geben kann.119
Für eine stärkere Wirkungsverbreitung sind außerdem eine gründliche Analyse und
Nachweisbarkeit der eigenen Wirkung sowie die systematische Auswahl und Planung der
Skalierungsstrategien zu berücksichtigen.120 Der Erfolgsfaktor der Wirkungsskalierung und die
Offenheit gegenüber indirektem Wachstum und Kooperationen wurden in den Experteninterviews
bestätigt. Diese können durch eine gute Positionierung erreicht werden.121
119
Vgl. Weber et al. 2013, S. 20, 75–76.
Vgl. Jansen et al. 2013, S. 370.
121
Vgl. König 30.01.2014a.
120
28
Analyse der Erfolgsfaktoren
Verteilungskonflikte zwischen den neuen und etablierten Akteuren (Social Entrepreneuren und
den etablierten Trägern) sollte durch eine wechselseitig wertschätzende Kommunikation
vermieden werden. Als sinnvoll erachtet wird es, „..den Schwerpunkt der öffentlichen Debatte von
Akteuren (...) auf die eigentlichen Produkte und Prozesse (d. h. soziale Innovationen und neue
Problemlösungen) zu verlagern.“122 Es bedarf gut ausgebauter Kooperationsstrukturen, denn
innovative Projekte entstehen vor allem auf lokaler Ebene in Kooperation von verschiedenen
Organisationen und Akteuren.123
Aus Sicht der Experten decken die Wohlfahrtsverbände traditionsgemäß große Bereiche der
sozialen Infrastruktur in Deutschland ab. Kleine Neugründungen haben es „im Revier dieser
Platzhirsche“ schwer.124
Erfolgsfaktor #14: Die Nutzung von Netzwerken und Kooperationen
Der Aufbau, die Pflege und die Nutzung professioneller Netzwerke tragen erheblich zum Erfolg
von Gründungen von Unternehmen bei. Konkret geht es um das Sammeln von Informationen und
die Unterstützung bzw. Beratung bei wichtigen Entscheidungen. Die Inanspruchnahme von
professioneller
Hilfe,
insbesondere
in
Finanz-und
Buchhaltungsfragen
erhöht
die
Wahrscheinlichkeit von Erfolg.125 Auch Roder betont, dass Netzwerke und Kooperationen den
Social Entrepreneur stärken und so eine Verringerung des Risikos darstellen.126
Für die erfolgreiche Umsetzung von SE ist von besonderer Bedeutung, dass Experten aktiv in die
Planungs- und Umsetzungsphase der Projekte mit einbezogen werden.127
Der Nutzen von
Kooperationen wurde auch in den Experteninterviews aufgegriffen. Zusätzlich genannt wurde,
dass „..geteiltes Wissen sich multipliziert; zudem ist der Markt groß genug und es ist genug für
alle da und deshalb ist die Zusammenarbeit angenehmer und stressfreier und somit effizienter.“128
Strategietypen der Skalierung
Für eine Skalierung stehen die folgenden Strategietypen zur Verfügung:
122
Jansen et al. 2013, S. 373 ff.
Vgl. Jansen et al. 2013, S. 373 ff.
124
König 04.02.2014.
125
Vgl. Jacobsen 2003, S. 129 ff.
126
Vgl. Roder 2011, S. 136–139.
127
Vgl. Jansen et al. 2013, S. 376.
128
König 28.01.2014.
123
29
Analyse der Erfolgsfaktoren

Kapazitätserweiterung - Intensivierung der sozialen Aktivitäten aus der bisherigen Region
heraus

Strategische
Ausdehnung
-
Aufbau
neuer
Standorte,
Einführung
neuer
Produkte/Dienstleistungen, Ansprache neuer Zielgruppen

Vertraglich fundierte Partnerschaft - Errichtung neuer Standorte in Zusammenarbeit mit festen
Vertragspartnern

Wissensdiffusion - Verbreitung der Idee ohne gleichzeitige Vergrößerung der eigenen
Organisation129
Hindernisse der Wirkungsskalierung deutscher Sozialunternehmen
Hindernisse der Wirkungsskalierung deutscher Sozialunternehmen sind u. a. eine starke und
komplexe lokale Verwurzelung, das fehlende Angebot qualifizierter Talente und passender
Finanzierungsangebote, Konkurrenzdenken, Qualitätssicherung und fehlende Kompetenzen der
Wirkungsskalierung sowie kein Interesse an dieser.130
Social Franchise
Eine Möglichkeit zur Wirkungsskalierung ist das Social Franchising. Die „Generationsbrücke
Deutschland“ soll als Beispiel diese Funktionsweise verdeutlichen. Im Rahmen einer Kooperation
zwischen einem Pflegeheim und einer (Grund-)Schule werden durch die Generationsbrücke
Deutschland junge und alte Menschen regelmäßig und langfristig zusammen gebracht, um
wechselseitig Freude und Zuwendung zu erfahren. Zwischen dem Pflegeheim und der
Generationsbrücke Deutschland wird ein Kooperationsvertrag geschlossen, welcher den Partnern
das Recht gibt, die Inhalte sowie den Namen der Generationsbrücke Deutschland zu nutzen. Die
jährlichen Lizenzgebühren investiert die Generationsbrücke Deutschland in die anfängliche
Schulung vor Ort und weitere Materialien. Zusätzlich gibt es einen sehr umfangreichen Leitfaden.
Es erfolgen jährliche Qualitätskontrollen.131
3.3
Zwischenfazit
Mithilfe der Literatur und der Experteninterviews konnten die folgenden Erfolgsfaktoren für SE
identifiziert werden:
129
Vgl. Weber et al. 2013, S. 23–24.
Vgl. Jansen et al. 2013, S. 109 ff.
131
Vgl. Weber et al. 2013, S. 46.
130
Analyse der Erfolgsfaktoren
30
Persönlichkeitsmerkmale
#1:
Die Fähigkeiten Kreativität, Risikobereitschaft, Flexibilität und Innovationsfähigkeit
#2:
Eine charismatische und engagierte Gründerpersönlichkeit
Humankapital
#3:
Motivation und Kenntnisse des Themenfelds
Strategie und Planung
#4:
Eine klare Vision und eine daraus abgeleitete Strategie
#5:
Die Zielgruppe kennen und einbeziehen
#6:
Den gesellschaftlichen Bedarf kennen und realistisch einschätzen
#7:
Ein vorhandenes Geschäftsmodell
Organisationsstruktur
#8:
Professionalität der Organisationsebene, Transparenz und Governance-Strukturen
#9:
Ein Team aus vielen helfenden Händen
#10: Marketing und Kommunikation – persönlich und partizipativ
#11: Ein vorhandenes Qualitätsmanagementsystem
#12: Eine langfristige und innovationsfreundliche Finanzierung
Skalierung und Kooperationen
#13: Skalierung und Verbreitung der Idee bzw. des Konzeptes
#14: Die Nutzung von Netzwerken und Kooperationen
Es handelt sich dabei um keine abschließende Aufstellung. Genau wie die Beurteilung von Erfolg
ist die Bewertung der Erfolgsfaktoren subjektiv, abhängig von der Zielsetzung und kann zu
unterschiedlichen Ergebnissen führen.
Vorstellung erfolgreicher Social Entrepreneure
31
4 Vorstellung erfolgreicher Social Entrepreneure
Nachdem die Erfolgsfaktoren für SE identifiziert und beschrieben wurden, sollen nun konkrete
Erfolgsbeispiele von SE vorgestellt werden. Social Entrepreneure sind in unterschiedlichen
Bereichen tätig. Die Wahl der Unternehmen soll das berücksichtigen. Die Meinungen der
Experten, welche Social Entrepreneure sich als Best Practice eignen, wurden mit einbezogen. Im
Anhang findet sich die vollständige Aufstellung. Im Folgenden wird das Kollektivunternehmen
Premium aufgrund seiner Eignung als Prototyp für ein neuartiges Wirtschaftssystem, die
Energiegenossenschaft Elektrizitätswerke Schönau, der erste bürgereigene Netzbetreiber und
Ökostromanbieter in Deutschland sowie wellcome, eine Unterstützung von Familien, die durch
Ihre Arbeit eine neues Bewusstsein für den Wert der Familie schaffen, vorgestellt. Diese drei
Unternehmen wurden durch die Experten als Best Practice identifiziert (Premium132,
Elektrizitätswerke Schönau133, wellcome134).
Die Social Entrepreneure sollen unter Berücksichtigung der Definition für einen erfolgreichen
Social Entrepreneur für diese Arbeit (Kapitel 2.6) unter den folgenden Aspekten betrachtet
werden: vorhandenes Geschäftsmodell, soziales Problem bzw. gesellschaftliche Veränderung, die
bewirkt werden soll sowie die Erfolgsfaktoren, die sich im besonderen Maße abbilden.
4.1
Premium
Die nachfolgende Darstellung von Premium beruht auf dem Experteninterview mit dem Gründer
und zentralen Moderator Uwe Lübbermann und der Homepage des Unternehmens. Das
Kollektivunternehmen Premium entstand aufgrund der Rezepturänderung der Afri Cola durch den
neuen Besitzer ohne die Verbraucher darüber zu informieren. Diese haben sich zusammen
geschlossen, die Rezeptur von einem ehemaligen Abfüller erhalten und produzieren seit dem ihre
eigene ‚Premium-Cola‘.
Geschäftsmodell
Premium ist seit mehr als 12 Jahren am Markt. Produktion, Logistik und Handel sind maximal
ausgelagert und werden von selbstständigen Partnerunternehmen ausgeführt. Die Grundidee ist
der Zusammenschluss zu einem Wirtschaftsnetzwerk aller, die einen Beitrag zum Produkt leisten
oder es konsumieren: Hersteller, Spediteure, Händler, Gastronomen und insbesondere auch
132
König 28.01.2014.
König 30.01.2014b.
134
König 04.02.2014.
133
Vorstellung erfolgreicher Social Entrepreneure
32
Konsumenten. Alle Fragen zu Organisation und Konditionen werden in einer Konsensdemokratie
von allen Beteiligten, inklusive der Konsumenten, gleichberechtigt diskutiert. Die Summe der
Beteiligten ergibt das Premium-Kollektiv.135
Durch die Konsensdemokratie hat jeder Stakeholder die Möglichkeit, sein Veto einzulegen. Das
führt zu einem fairen Miteinander, denn sobald sich ein Akteur ausgebeutet fühlt, kann er die
Zusammenarbeit beenden. Schriftliche Verträge gibt es nicht. Ein wichtiger Bestandteil des
Unternehmens sind Kooperationen. Diese gibt es in unterschiedlichen Ausführungen. „Denn der
Markt ist groß genug für alle“ so Uwe Lübbermann, Gründer und zentraler Moderator. Auch der
Umgang mit Wissen ist besonders. Laut Uwe Lübbermann multipliziert sich geteiltes Wissen und
so unterstützt er nicht nur Gründer in seiner Branche mit kostenloser Beratung, sondern stellt auch
sein ganzes Wissen zur Verfügung. Premium verzichtet auf den Einsatz von Fremdkapital und
Werbemaßnahmen.136
Premium beruht auf verschiedene Management- und Prozessinnovationen, wie die Open
Innovation: „…der gesamte oder ein Teil des Entwicklungsprozesses für alle Beteiligten offen
gelegt und eine aktive Mitarbeit von Kunden und Anwendern wird so ermöglicht.“ 137 Außerdem
ist Premium eine User Innovation: „Ein Anwender oder eine Gruppe von Anwendern erfährt ein
Bedürfnis, welches nicht von auf dem Markt befindlichen Produkten oder Dienstleistungen
befriedigt wird, und entwickelt daraufhin eine individuelle Lösung um seine/ihre Bedürfnisse zu
befriedigen.“138
Gesellschaftliche Wirkung
Premium hat eine soziale Innovation mit unternehmerischen Mitteln umgesetzt, indem ein
politisches Instrument zur Entscheidungsfindung (Konsensdemokratie) in ein Unternehmen
integriert wurde. Damit wurde die faire Beteiligung aller Stakeholder sowie Transparenz in der
kompletten Wertschöpfungskette erreicht.
135
Vgl. Premium 2014.
König 28.01.2014.
137
Jan Bierwald laufend.
138
Jan Bierwald laufend.
136
Vorstellung erfolgreicher Social Entrepreneure
33
Premium zeigt eine ganz andere Form des Wirtschaftens: Gemeinsam statt gegeneinander und
solides Wachstum ganz ohne Fremdkapital und ohne Werbung. Durch die Beratungsleistung und
die Offenlegung des Wissens gestaltet Premium eine faire Getränkewirtschaft.139
Erfolgsfaktoren
Die Erfolgsfaktoren, die sich bei Premium im besonderen Maße hervorheben, sind:
#2: Eine charismatische und engagierte Gründerpersönlichkeit
Uwe Lübbermann ist Gründer und zentraler Moderator des Premiumkollektivs.
#5: Die Zielgruppe kennen und einbeziehen
Durch die Konsensdemokratie werden alle Stakeholder in die Entscheidungen mit einbezogen und
können aktiv mitgestalten. Zudem entstand das Unternehmen durch die Konsumenten, weshalb
deren Bedürfnisse von Anfang an berücksichtigt worden.
#7: Ein vorhandenes Geschäftsmodell
Das Geschäftsmodell wurde oben bereits beschrieben.
#9: Ein Team aus vielen helfenden Händen
Das Premiumkollektiv bildet das Team aus vielen helfenden Händen.
#13: Skalierung und Verbreitung der Idee bzw. des Konzeptes
Aufgrund der Konsensdemokratie ist das Unternehmen nicht unendlich erweiterbar, da dieses
System zeitaufwendig ist und ein hoher Abstimmungsbedarf entsteht. Die Übertragung auf andere
Unternehmen ist möglich, dabei unterstützt Premium andere Unternehmen aktiv das Konzept zu
übernehmen und stellt diesen ihr „Betriebssystem“ zur Verfügung. 140
#14: Die Nutzung von Netzwerken und Kooperationen
Kooperationen stellen einen wichtigen Bestandteil für das Kollektivunternehmen dar. Die enge
Zusammenarbeit mit allen Beteiligten z. B. in Form von Kooperationen ist für das
Kollektivunternehmen Grundvoraussetzung.
139
140
Vgl. König 28.01.2014.
Vgl. Premium 2014.
Vorstellung erfolgreicher Social Entrepreneure
34
Premium dient als Prototyp für ein neuartiges Wirtschaftssystem, indem die Teilnehmenden die
unternehmerische Freiheit genutzt haben, um Wirtschaften neu zu definieren.
4.2
Elektrizitätswerke Schönau (EWS)
Die nachfolgende Darstellung der Elektrizitätswerke Schönau (EWS) beruht auf den
Wirkungsanalysen 2012 der Ashoka Fellows141. Die Elektrizitätswerke Schönau sind der erste
bürgereigene Netzbetreiber und Ökostromanbieter Deutschlands. Für die Gründerin, Ursula
Sladek, sind die EWS der reale Beweis für demokratische, saubere Stromversorgung.
Geschäftsmodell
Die EWS betreiben das Stromnetz in Schönau und acht weiteren Kommunen und versorgen
bundesweit mehr als 135000 Privathaushalte, Gewerbebetriebe und Industrieunternehmen mit
rund 560 Mio. kWh regenerativen Strom pro Jahr (Stand 08/2012). EWS-Strom und Gas kann im
gesamten Bundesgebiet bezogen werden. Die Genossen der Eigentümergesellschaft eG kommen
aus ganz Deutschland und auch aus dem Ausland. Der Umsatz lag 2011 bei 100 Mio. € (21,5 %
Zuwachs seit 2010).
Die EWS sind strengen ökologischen und gesellschaftlichen Leitlinien verpflichtet.
Geschäftsführung und Gesellschafter setzen nicht auf unbedingte Gewinnmaximierung, sondern
reinvestieren große Teile des Gewinns in nachhaltige, dezentrale und demokratische
Energieversorgung. Die EWS fördert kleine ökologische Anlagen in Bürgerhand, die
bedarfsgerecht arbeiten und den regionalen Gegebenheiten angepasst sind.
Gesellschaftliche Wirkung
Obwohl der größte Anteil (77%) der CO2-Emissionen durch fossile Brennstoffe (insb. Kohle)
verursacht wird, basiert die deutsche Energieversorgung immer noch zu 80% auf zentralen (Kohleund Atom-) Kraftwerken der großen Energieversorger. Diese herkömmlichen zentralen
Versorgungskraftwerke haben einen niedrigen Wirkungsgrad (35%) und schaffen wirtschaftliche
und politische Abhängigkeiten. Die ungeklärte Endlagerung des Atommülls und die potenziell
verheerenden Folgen bei Großunfällen diskreditieren die Atomkraft. Trotz all dieser
141
Vgl. Ashoka 2012a, S. 76–77.
Vorstellung erfolgreicher Social Entrepreneure
35
offensichtlichen Problemlagen und der Liberalisierung des deutschen Strommarktes bewegen sich
die großen Energieversorger seit Jahrzenten kaum.
Die Einsparung durch den verbrauchten EWS Strom lagen 2011 gegenüber dem normalen
Energiemix bei 276.080 t CO2 und 336 kg Atommüll. Zudem betreiben sie CO2-Spar- und
Effizienzprojekte sowie Bildungs- und Aufklärungskampagnen wie Energiesparseminare und
beraten Bürger-Energie-Projekten.
Erfolgsfaktoren
Die Erfolgsfaktoren, die sich bei der externen Betrachtung von EWS besonders abbilden, sind:
#2: Eine charismatische und engagierte Gründerpersönlichkeit
Hinter EWS steht die Gründerin Ursula Sladek.
#5: Die Zielgruppe kennen und einbeziehen
Die EWS ist eine Energiegenossenschaft und bildet so ein Netzwerk aus Konsumenten, die aktiv
einbezogen werden.
#7: Ein vorhandenes Geschäftsmodell
Das Geschäftsmodell wurde oben bereits beschrieben.
#9: Ein Team aus vielen helfenden Händen
Die Anzahl der Beschäftigten lag 2011 bei 86 festangestellten Mitarbeitern.
#13: Skalierung und Verbreitung der Idee bzw. des Konzeptes
Die EWS möchten in Zukunft geographisch expandieren und neue Zielgruppen erreichen. Die
Versorgung von acht weiteren Kommunen zeigt, dass das Konzept erweiterbar ist.
#14: Die Nutzung von Netzwerken und Kooperationen
Die EWS fertigt gemeinsam mit Kommunen an partizipativen Konzepten, die Bürger an ihrer
kommunalen Stromversorgung beteiligt.
Vorstellung erfolgreicher Social Entrepreneure
36
Die Elektrizitätswerke Schönau wurden für Ihren Einsatz mit dutzenden Preisen und
Auszeichnungen gewürdigt, darunter Deutscher Umweltpreis (2013), Goldman Environmental
Prize (2011), QUERDENKER®-Award (2010), Ashoka Fellow (seit 2008) uvm.142
4.3
wellcome
Die nachfolgende Darstellung von wellcome beruht auf den Wirkungsanalysen 2012 der Ashoka
Fellows143. Das Leben mit Kindern ist ein großes Abenteuer. Familien brauchen Unterstützung,
um den Herausforderungen gewachsen zu sein. wellcome hilft mit praktischer Unterstützung durch
Ehrenamtliche und verknüpft dabei fachliche Hilfe und bürgerschaftliches Engagement. 2.300
wellcome-Ehrenamtliche helfen bundesweit an über 200 Orten Familien nach der Geburt eines
Kindes wie sonst Nachbarn und Freunde. Die Ehrenamtlichen sind selbst Mütter. Damit beugt
wellcome Krisen vor und unterstützt die positive emotionale Bindung zum Neugeborenen.
wellcome wurde 2002 von Rose Volz-Schmidt gegründet.
Geschäftsmodell
Eine Fachkraft – z. B. Sozialpädagogin, Hebamme, – koordiniert ein wellcome-Team, bestehend
aus ca. 15 Ehrenamtlichen. Neben der „Praktischen Hilfe nach der Geburt“, hilft wellcome seit
2009 „Familien in Not“. wellcome initiiert Patenschaften, die zeitlich begrenzt eine Familie in
einer schwierigen Lage finanziell unterstützen. Neben der finanziellen Hilfe lotsen die Fachkräfte
aus dem bundesweiten wellcome-Netzwerk die Familien in das professionelle Netzwerk der
frühen Hilfen.
Die wellcome gGmbH arbeitet in einem innovativen Social Franchise System mit etablierten
lokalen Partnerorganisationen. Franchisenehmer sind beispielsweise die Freien Träger der
Jugendhilfe. Mit diesem System aus Kooperationsverträgen bleiben die administrativen Strukturen
schlank und die Multiplikation der wellcome-Teams geschieht mit gleichbleibend hoher Qualität.
Derzeit sind mehr als 200 wellcome Teams in 15 Bundesländern aktiv.
2011 betreute wellcome 3.330 Familien mit praktischer Hilfe nach der Geburt und führte 12.500
Beratungsgespräche. Durch das Projekt Familien in Not konnten 670 Patenschaften mit einem
Gesamtvolumen von 500.000 Euro initiiert und so 1.850 Kinder in 742 Familien geholfen werden.
142
143
Vgl. Elektrizitätswerke Schönau 2014.
Vgl. Ashoka 2012a, S. 88–89.
Vorstellung erfolgreicher Social Entrepreneure
37
Gesellschaftliche Wirkung
Das gesellschaftliche Bild der glücklichen Familie entspricht selten der Realität: Familien aus allen
sozialen Schichten fühlen sich nach der Geburt eines Kindes oft hilflos und allein. Es fehlt ihnen
die praktische Unterstützung und das alltägliche Erfahrungswissen, das früher von Müttern und
Großmüttern an die junge Familie weitergegeben wurde. Die zunehmende Mobilität vieler
Menschen führt zum Wegfall herkömmlicher Netzwerke. Auch den demografischen Wandel
erleben Familien besonders stark. Die Herkunftsfamilien werden immer kleiner und eine familiäre
Unterstützung, sei es in Form von Zeit oder Geld für schwierige Übergangszeiten, ist oft nicht
vorhanden. Eltern, die ohne Unterstützung zurechtkommen müssen, sind häufig erschöpft,
manchmal überfordert. Dies wirkt sich negativ auf Kind und Eltern aus. Auch schwerwiegendere
Folgen sind möglich: Depressionen, ernste Paarkrisen bis hin zur Gewalt.
Wissenschaftliche Evaluationen bestätigten, dass sowohl das Angebot „Praktische Hilfe“ als auch
„Familien in Not“ entlastend und stabilisierend wirkt und damit Krisen vorbeugt. Das SocialFranchise-System spricht Familien-Einrichtungen an, die Professionalität und Ehrenamt verbinden
wollen. Ehrenamtliche geben ihre Erfahrungen aktiv weiter und durch die wellcome
Koordinatorinnen werden Familien bei Bedarf ins Netz früher Hilfen vermittelt. Über die
politische Arbeit stößt wellcome ein neues Bewusstsein für den Wert der Familie an.
Im neuen Kinderschutzgesetz wurde das Modul der Unterstützung durch Ehrenamtliche im
Bereich Früher Hilfen erstmalig verankert. Kooperationen mit Unternehmen, Stiftungen und
Verbänden unterstützen das Anliegen, Familien von Anfang an zu stärken.
Erfolgsfaktoren
Die Erfolgsfaktoren, die sich bei der externen Betrachtung von wellcome auffällig zeigen, sind:
#2: Eine charismatische und engagierte Gründerpersönlichkeit
Die Gründerin Rose Volz-Schmidt.
#3: Motivation und Kenntnisse des Themenfelds
Rose Volz-Schmidt ist Sozialpädagogin und selbst Mutter von drei Kindern. Nach der Geburt ihres
ersten Kindes erkannte sie die fehlende Unterstützung und gründete wellcome.
Vorstellung erfolgreicher Social Entrepreneure
38
#5: Die Zielgruppe kennen und einbeziehen
Das Netzwerk der Ehrenamtlichen besteht aus Frauen, die selbst Mütter sind und die Bedürfnisse
einer Familie kennen.
#7: Ein vorhandenes Geschäftsmodell
Das Geschäftsmodell wurde oben bereits beschrieben.
#9: Ein Team aus vielen helfenden Händen
Das wellcome-Team besteht aus 2.300 Ehrenamtlichen.
#13: Skalierung und Verbreitung der Idee bzw. des Konzeptes
Durch das Social Franchise System ist wellcome bereits in 15 Bundesländern aktiv und kann
weiter ausgebaut werden.
#14: Die Nutzung von Netzwerken und Kooperationen
wellcome kooperiert mit Unternehmen, Stiftungen und Verbänden.
Die Idee von wellcome wurde mehrfach ausgezeichnet, wie z.B. mit dem Social Entrepreneur 2007
der Schwab-Stiftung. Die Gründerin, Rose Volz-Schmidt, erhielt 2009 Bundesverdienstkreuz und
ist seit 2008 Ashoka Fellow.144
4.4
Zwischenfazit
Die Erfolgsfaktoren, die im besonderen Maße bei den drei vorgestellten Social Entrepreneuren
(Premium, EWS und wellcome) herausgestellt werden konnten, sind:
#2:
Eine charismatische und engagierte Gründerpersönlichkeit
#5:
Die Zielgruppe kennen und einbeziehen
#7:
Ein vorhandenes Geschäftsmodell
#9:
Ein Team aus vielen helfenden Händen
#13: Skalierung und Verbreitung der Idee bzw. des Konzeptes
#14: Die Nutzung von Netzwerken und Kooperationen
144
Vgl. Wellcome 2014.
Vorstellung erfolgreicher Social Entrepreneure
39
Es handelt sich dabei um eine externe Betrachtung. Die Untersuchung zeigt nicht, dass die anderen
Faktoren weniger relevant sind, sondern das der Fokus der Darstellung eher auf diesen Faktoren
liegt.
40
Schlussbetrachtung
5 Schlussbetrachtung
Social Entrepreneure nutzen innovative Ansätze für die Lösung eines gesellschaftlichen, sozialen
oder auch ökologischen Problems. Sie wollen mit unternehmerischen Mitteln einen positiven
Wandel in der Gesellschaft anregen. Um einen größtmöglichen sozialen Mehrwert zu schaffen, ist
ihnen daran gelegen, ihre Konzepte zu verbreiten. Sie sind damit wichtige Impulsgeber für den
Sozialstaat und haben eine zentrale Pilot- und Schrittmacherfunktion. In Deutschland bestehen
bereits ausgeprägte Sozialleistungen durch den Sozialstaat und die Wohlfahrtsorganisationen.
Letztere sind dabei die zentralen Träger der sozialen Dienstleistungen, weshalb es mit diesen
Akteuren am ehesten zu Überschneidungen in Bezug auf die Tätigkeiten von Social
Entrepreneuren kommen kann.
Die Einschätzung, ob ein Social Entrepreneur erfolgreich ist, ist nicht nur subjektiv, sondern auch
abhängig von dessen Zielsetzung. Experten sind der Meinung, dass Erfolg im SE bedeutet, eine
soziale Wirkung zu erzielen. Ein tragendes Geschäftsmodell ist dabei nicht für alle Experten von
Beginn an notwendig. Es existiert eine Vielzahl an Methoden zur sozialen Wirkmessung. Jede
Methode besitzt Vor- und Nachteile. Eine gängige Methode ist der Social Return on Investment,
bei der eine Kennzahl den gesellschaftlichen Mehrwert in monetarisierter Form für die
eingesetzten Investitionen ausdrückt. Es bestehen zudem einige Probleme und Hürden bei der
sozialen Wirkungsmessung, wie unzureichende Methoden, verschiedene Anforderungen seitens
der
Stakeholder,
unklare
Erfolgsdefinition,
fehlende
Kompetenzen
sowie
Ressourcenbeschränkung.
Mithilfe der Literatur und der Experteninterviews konnten die folgenden Erfolgsfaktoren für
Social Entrepreneurship identifiziert werden:
Persönlichkeitsmerkmale
#1:
Die Fähigkeiten Kreativität, Risikobereitschaft, Flexibilität und Innovationsfähigkeit
#2:
Eine charismatische und engagierte Gründerpersönlichkeit
Humankapital
#3:
Motivation und Kenntnisse des Themenfelds
Schlussbetrachtung
41
Strategie und Planung
#4:
Eine klare Vision und eine daraus abgeleitete Strategie
#5:
Die Zielgruppe kennen und einbeziehen
#6:
Den gesellschaftlichen Bedarf kennen und realistisch einschätzen
#7:
Ein vorhandenes Geschäftsmodell
Organisationsstruktur
#8:
Professionalität der Organisationsebene, Transparenz und Governance-Strukturen
#9:
Ein Team aus vielen helfenden Händen
#10: Marketing und Kommunikation – persönlich und partizipativ
#11: Ein vorhandenes Qualitätsmanagementsystem
#12: Eine langfristige und innovationsfreundliche Finanzierung
Skalierung und Kooperationen
#13: Skalierung und Verbreitung der Idee bzw. des Konzeptes
#14: Die Nutzung von Netzwerken und Kooperationen
Es handelt sich dabei um keine abschließende Aufstellung. Genau wie die Beurteilung von Erfolg
ist die Bewertung der Erfolgsfaktoren subjektiv, abhängig von der Zielsetzung und kann zu
unterschiedlichen Ergebnissen führen.
Wieviel Unternehmer steckt im Social Entrepreneur?
Beim genaueren Betrachten zeigt sich, dass nicht alle Social Entrepreneure ein ausgereiftes
Geschäftsmodell haben. In Deutschland sind sie zu einem gewissen Teil abhängig von öffentlichen
Förderungen oder Spenden. Letzteres nimmt ihnen zu einem bestimmten Grad die ‚Schlagkraft‘,
da das Akquirieren von Spenden zeitaufwendig ist und so vorhandene Ressourcen nicht dem
eigentlichen sozialen Geschäftszweck zufließen können. Im schlimmsten Fall kann es zu einem
„mission drift“ kommen, der ungewollten Einflussnahme durch den Geldgeber und damit einer
Veränderung der Mission des Social Entrepreneurs.
Social Entrepreneure leisten mitunter Pionierarbeit für nachhaltiges Wirtschaften, was das Beispiel
Premium zeigt. Sie sind damit Wegbereiter, die wesentliche neue Erkenntnisse liefern und
unverzichtlich für den nötigen gesellschaftlichen Transformationsprozess sind. Vorreiter haben
gezeigt, dass durch SE soziale Innovationen möglich sind und erfolgreich vom Markt
Schlussbetrachtung
42
angenommen werden. Es ist anzunehmen, dass dies erst der Anfang ist und noch viel Potenzial im
Bereich SE steckt. Dazu ist es notwendig, dass jeder Social Entrepreneur und angehender Social
Entrepreneur sein Potenzial der Erfolgsfaktoren überprüft.
43
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