Zentrum für Fisch- und Wildtiermedizin Abteilung für Wildtiere Institut für Tierpathologie, Vetsuisse Fakultät, Universität Bern, Postfach 8466, CH-3001 Bern; Tel. 031 631 24 43; Fax 031 631 26 11 Merkblatt Enzootische Pneumonie (EP) bei Wildschweinen N. Wu Die enzootische Pneumonie (EP) ist eine ansteckende, bakterielle Lungenentzündung der Schweine. Es sind vor allem Mastjäger und Absetzferkel betroffen1. Neben Hausschweinen können aber auch Wildschweine Keimträger sein1. Erreger Die EP wird durch sehr kleine, zellwandlose Bakterien hervorgerufen (Mycoplasma hyopneumoniae). Sie sind obligate Parasiten von Zelloberflächen, besonders von Schleimhäuten2 der Atemwege6. Diese Erreger sind sehr wirtsspezifisch und überleben schlecht ausserhalb des Wirtes2. Übertragung Die Übertragung erfolgt v.a. durch Tiertransporte und durch die Luft (aerogen). Die infizierten Schweine atmen die Keime aus, welche bei nasskaltem Wetter mehrere Kilometer weit fliegen können und so entfernte Schweine anstecken1. Deswegen ist oft eine saisonale Häufung der Fälle zwischen November und März zu beobachten. Infizierte Mastbetriebe stellen das grösste Risiko dar. Innerhalb eines Betriebs wird die Infektion durch Faktoren wie Stallklima und Belegdichte begünstigt6. Oft werden die Keime durch Tiere, die infiziert aber gesund sind (sogenannte Träger), in Betriebe eingeschleppt und so infizieren sich dann weitere Tiere. Die Übertragung kann auch indirekt durch Kontakt mit mit Hustensekret kontaminierten Stiefeln oder Kleidern geschehen1. Symptome Nach einer Inkubationszeit von 2 bis 4 Wochen zeigen die Schweine respiratorische Symptome wie feuchten und später trockenen Husten, meist ausgelöst durch das Auftreiben ruhender Tiere, Fütterung oder Herumjagen6. Dazu zeigen sie verminderte Fresslust, Dezember 2010 Wachstum- und Gewichteinbussen1. Bei unkomplizierter EP, ohne sekundäre bakterielle Infektion, haben die Tiere kein Fieber und keine Atembeschwerden6. Die Wildschweine können Träger von M. hyopneumoniae sein, ohne typische Symptome zu zeigen5. Epidemiologie Wildschweine stehen im Verdacht, eine Rolle als Reservoir für den Erreger der Enzootischen Pneumonie zu spielen, d.h. als potentielle Ansteckungs-Quelle für Hausschweine4,3. Gefahr für den Menschen Der Erreger der EP ist für den Menschen nicht gefährlich. Fleischprodukte von infizierten Tieren, die klinisch gesund sind, können bedenkenlos konsumiert werden1. Situation in Europa und in der Schweiz Die Enzootische Pneumonie gehört in der Schweiz zu den zu bekämpfenden, meldepflichtigen Tierseuchen. Die Krankheit kommt beim Hausschwein weltweit vor. Nach dem Abschluss der landesweiten Flächensanierungen in der Schweiz Ende 2003 gelten alle Schweinebestände als anerkannt frei von der Enzootischen Pneumonie2. Trotz dieser Sanierung treten sporadisch noch vereinzelte Fälle auf. Im Juli 2007 brach die Krankheit in einer Genfer Schweinezucht aus, in einer Region mit hoher Wildschweindichte. Da die epidemiologischen Untersuchungen keine klaren Hinweise auf die Herkunft der Infektion gaben, wurde eine Studie bei Wildschweinen durchgeführt. Die Resultate zeigen, dass mehrere der untersuchten Wildschweinproben, DNA von M. hyopneumoniae enthielten, teilweise ohne erkennbare Lungenentzündung. Dies deutet darauf hin, dass sich Haus- und Wildschweine gegenseitig anstecken können4. In Europa wurde bis jetzt nur in drei Länder das Serum von Wildschweinen nach EPAntikörpern untersucht: Slowenien, Frankreich und Spanien. In Frankreich wurden in 58%, in Slowenien in 21% der Tiere Antikörper gegen M. hyopneumoniae nachgewiesen, während in Südzentral-Spanien keine Antikörper nachgewiesen wurden 3 7,8. Die Zuverlässigkeit der serologischen Tests für M. hyopneumoniae ist jedoch umstritten. Literatur: 1. Anonym. 2004. Enzootische Pneumonie (EP) und Actinobazillose (APP). Faltblatt BVET. http://www.bvet.admin.ch/shop/00005/00013/index.html?lang=de 2. Anonyme. 2005. Enzootische Pneumonie. Merkblatt BVET. 3. Marois, C. et al. 2007. Mise en évidence de Mycoplasma hyopneumoniae chez le sanglier en France. Journées Recherche Porcine. 39, 433-434 4. Mermod, Laurence et al. 2007. Mycoplasma hyopneumoniae bei Wildschweinen im Kanton Genf. Information des Veterinärdienstes und des Landschaftsamtes des Kantons Genf sowie des Institut Galli-Valerio, Lausanne. 5. Office vétérinaire cantonal (Genève). 2007. Rapport d’activité 2007. 6. Skript Krankheiten der Schweine, CD Kurs. 7. Vengust, G. et al. 2006. A serological Survey of selected pathogens in wild boar in Slovenia. Journal. Vet. Med, B 53, 24-27. 8. Vicente, J. et al. 2002. Antibodies to selected viral and bacterial pathogens in European wild boars from southcentral Spain. J. of wildlife disease, 38 (3), 649-652 Dezember 2010