Elementargeometrie Vorlesung im Sommersemester 2014 gehalten von Prof. Dr. Helga Baum LATEX-Mitschrift: Simon Kempendorf Stand: 7. Juli 2014 Inhaltsverzeichnis I Grundlagen der Geometrie I.1 Axiome der ebenen (absoluten) Geometrie . . I.1.1 Das Inzidenzaxiom . . . . . . . . . . . I.1.2 Das Abstandsaxiom . . . . . . . . . . . I.1.3 Das Trennungsaxiom . . . . . . . . . . I.1.4 Das Winkelmaßaxiom . . . . . . . . . . I.1.5 Das Kongruenzaxiom . . . . . . . . . . I.1.6 Parallele und senkrechte Geraden . . . I.2 Axiome der absoluten Geometrie des Raumes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 1 3 5 6 8 12 14 II Euklidische Geometrie II.1 Das Euklidische Parallelenaxiom und erste Folgerungen . . . . II.2 Existenz und Eindeutigkeit der Euklidischen Geometrie . . . . II.2.1 Existenz einer Euklidischen Geometrie . . . . . . . . . II.2.2 Die Eindeutigkeit der Euklidischen Geometrie . . . . . II.3 Besondere Punkte und Linien im Euklidischen Dreieck . . . . II.4 Geraden und Winkel am Kreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . II.5 Flächeninhalt für ebene Figuren in der Euklidischen Geometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 16 22 22 29 33 35 42 . . . . 47 47 53 59 61 . . . . 63 63 67 67 70 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III Isometrien und konforme Abbildungen III.1 Isometrien der absoluten Geometrie . . . . . . . . . III.2 Klassifikation der Isometrie der Euklidischen Ebene III.3 Ähnlichkeitsabbildungen der Euklidischen Ebene . . III.4 Die Inversionen am Kreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV Hyperbolische Geometrie IV.1 Das nicht-Euklidische Parallelenaxiom und seine Folgerungen IV.2 Modelle für hyperbolische Ebenen . . . . . . . . . . . . . . . IV.2.1 Möbiustransformationen und Doppelverhältnis . . . . IV.2.2 Die Poincare-Halbebene . . . . . . . . . . . . . . . . Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A1 Kapitel I Grundlagen der Geometrie • Euklid (3. Jahrhundert v. Chr.), 13 Bücher (2000 akadem. Lehrbuch) • D. Hilbert (1899) Grundlagen der Geometrie • C.D. Birkhoff (1932) (Abstand und Winkelmaß) Voraussetzung: R, +, ·, :, −, <, | · |, Mengenlehre (A, B, A ∪ B, ∩, ×, A \ B, ∅, ...) I.1 Axiome der ebenen (absoluten) Geometrie Grundbegriffe: (E, G, d, w) • E= 6 ∅ Ebene“ ” • G Menge von Teilmengen von E • Elemente von E heißen Punkte“ ” • Elemente von G heißen Geraden“ ” (P, Q, A, B, ...) (g, l, m, n, ...) • d : E × E −→ R Abstandsfunktion • w : W = {(A, S, B) ∈ E × E × E | A 6= S, B 6= S} −→ R Winkelmaß I.1.1 Das Inzidenzaxiom E 1: Inzidenzaxiom (1) Jede Gerade enthält mindestens 2 Punkte (2) Zu zwei Punkten P, Q ∈ E mit P 6= Q existiert genau eine Gerade g ∈ G mit P, Q ∈ g (3) Es existieren mindestens 3 Punkte, die nicht auf einer gemeinsamen Gerade liegen Bezeichnung: P Q Gerade durch P und Q (E 1 (2)) Definition: Ein Paar (E, G) aus einer Menge von Punkten und einer Menge von Geraden, das das Axiom E 1 erfüllt heißt Inzidenzebene. Satz I.1: In jeder Inzidenzebene (E, G) gilt: 1 2 KAPITEL I. GRUNDLAGEN DER GEOMETRIE 1. Es existieren mindestens 3 verschiedene Geraden 2. l, g ∈ G ⇒ l = g, g ∩ l = ∅ oder g ∩ l = {Punkt} Beweis. 1. Seien P, Q, R ∈ E, die nicht auf einer gemeinsamen Geraden liegen. Betrachte die Geraden P Q, P R, RQ. Behauptung: Die Geraden sind verschieden. Angenommen P Q = P R =: g ⇒ P, Q, R ∈ g Widerspruch zur Vor. Analog die anderen Fälle. 2. Seien g, l ∈ G und g 6= l, g ∩ l 6= ∅ Behauptung: g ∩ l = {Punkt}. Angenommen P, Q ∈ l ∩ g, P 6= Q ⇒ P, Q ∈ l, P, Q ∈ g. Nach E 1 (2) ⇒ l = g Widerspruch zur Vor. Definition: • Zwei Geraden g, l ∈ G heißen parallel :↔ g = l oder g ∩ l = ∅ (Symbol: g k l) • P, Q, R ∈ E heißen kollinear , wenn sie auf einer gemeinsamen Gerade liegen Modelle für Inzidenzebenen (1) Endliche Geometrie E := {P, Q, R} G := {{P, Q}, {P, R}, {R, Q}} (2) Cartesische Ebene (R2 , G(R2 )) E := R2 = {(x, y) | x, y ∈ R} g ∈ G(R2 ) :↔ g = {(x, y) ∈ R2 | ax + by + c = 0} für (a, b, c) ∈ R3 , (a, b) 6= (0, 0) (3) Rationale Cartesische Ebene (Q2 , G(Q2 )) E := Q × Q l ∈ G(Q ) :↔ l = g ∩ Q2 2 für eine g ∈ G(R2 ) (4) Die Poincare-Halbebene (H, G(H)) E := H := {(x, y) ∈ R2 | y > 0} G(H) := {la , lb,r | a, b ∈ R, r ∈ R+ } la = {(x, y) ∈ H | x = a} a ∈ R lb,r = {(x, y) ∈ H | (x − b)2 + y 2 = r2 } b ∈ R, r ∈ R+ (5) Die Poincare-Kreisscheibe (D, Gp (D)) E := D := {(x, y) ∈ R2 | x2 + y 2 < 1} G(D) := {gc,d , ĝa,b | (c, d) ∈ R2 , (c, d) 6= (0, 0), a, b ∈ R2 , a2 + b2 > 1} gc,d = {(x, y) ∈ D | cx + dy = 0} ĝa,b = {(x, y) ∈ D | (x − a)2 + (y − b)2 = a2 + b2 − 1} I.1. AXIOME DER EBENEN (ABSOLUTEN) GEOMETRIE 3 (6) Die Cayley-Klein-Ebene (D, GK (D)) E := D = {(x, y) ∈ R2 | x2 + y 2 < 1} GK (D) := {g = l ∩ D | l ∈ G(R2 )} (7) Das Hyperbolid (F, G(F )) E := F := {(x, y, z) ∈ R3 | x2 + y 2 = z 2 − 1, z > 0} G(F ) := {F ∩ {Ebene in R3 durch (0, 0, 0)}} (8) Die Spähre (S 2 , G(S 2 )) S 2 = {(x, y, z) ∈ R3 | x2 + y 2 + z 2 = 1} G(S 2 ) := {S 2 ∩ {Ebene in R3 durch (0, 0, 0)}} | {z } Großkreis auf S 2“ ” (S 2 , G(S 2 )) ist keine Inzidenzebene (erfüllt nicht E 1 (2)) (9) Die projektive Ebene (P2 , G(P)) Führe Äquivalenzrelation auf S 2 ein: P ∼ Q :⇔ P = ±Q (P, Q ∈ S 2 ) P2 := S 2 |∼ Π : S 2 −→ P2 P −→ [P ] E := P2 G(P2 ) := {Π(l) | l ∈ G(S 2 )} ⇒ (P2 , G(P2 )) ist Inzidenzebene I.1.2 Das Abstandsaxiom E 2: Abstandsaxiom Für jede Gerade g ∈ G existiert eine bijektive Abbildung ϕ : g −→ R sodass d(P, Q) = |ϕ(P ) − ϕ(Q)| ∀P, Q ∈ g Dann gilt: • d(P, Q) ≥ 0 ∀P, Q ∈ E d(P, Q) = 0 ⇔ P = Q • d(P, Q) = d(Q, P ) ∀P, Q ∈ E • card(g) = card(R) ∀g ∈ G Definition: Die Abbildung ϕ : g −→ R aus Axiom E 2 heißt Koordinatensystem auf g. Satz I.2: Voraussetzung: E 1, E 2 Sei g Gerade und A, B ∈ g, A 6= B, dann existiert genau ein Koordinatensystem (KS) von g mit ϕ(A) = 0, ϕ(B) > 0. Beweis. siehe Übungen. 4 KAPITEL I. GRUNDLAGEN DER GEOMETRIE E 1 liefert die Möglichkeit, eine Zwischenrelation auf Geraden zu definieren. Definition: Seien A, B, Q ∈ E. Man sagt Q liegt zwischen A und B, wenn gilt: (1) A, B, Q sind kollinear, d.h. es existiert g ∈ G mit A, B, Q ∈ g (2) Es existiert ein Koordinatensystem ϕ von g, sodass ϕ(Q) zwischen ϕ(A) und ϕ(B) liegt (in R), d.h. es gilt ϕ(A) ≤ ϕ(Q) ≤ ϕ(B) oder ϕ(B) ≤ ϕ(Q) ≤ ϕ(A) Bezeichnung: A − Q − B Bemerkung: Es gilt: A − Q − B ⇔ A, B, Q kollinear und d(A, B) = d(A, Q) + d(Q, B). Die Zwischenrelation erlaubt es, Strecken und Strahlen zu definieren: Definition: Seien A, B ∈ E, A 6= B • AB := {Q ∈ E | A − Q − B} Strecke zwischen A und B • AB −→ := {Q ∈ E | A − Q − B oder A − B − Q} • Int AB := AB \ {A, B} • Int AB −→ := AB −→ \ {A} Strahl mit Anfangspkt. A in Rtg. B Inneres der Strecke AB Inneres des Strahls AB −→ • |AB| := d(A, B) Länge der Strecke AB (=Abstand von A zu B) • M ∈ E heißt Mittelpunkt der Strecke AB, wenn A − M − B und d(A, M ) = d(M, B) ⇔ |AM | = |M B| (existiert nach Axiom E 2: Wähle KS ϕ von g = AB mit ϕ(A) = 0, ϕ(B) > 0. Dann existiert genau ein Punkt M ∈ g mit ϕ(M ) = ϕ(B) ). 2 ⇒ Sei g ∈ G und P ∈ g. Wählen A, B ∈ g mit A 6= P, B 6= P und A − P − B. ˙ }∪˙ Int P B ⇒ g = Int P A∪{P −→ −−→ Ist ϕ ein KS von g mit ϕ(P ) = 0 und ϕ(B) > 0 ⇒ Int P A = {Q ∈ E | Q ∈ g, ϕ(Q) < 0} −→ Int P B = {Q ∈ g | ϕ(Q) > 0} −−→ Beispiel 1: Sei (R2 , G(R2 )) die Cartesische Ebene. Betrachte d : R2 × R2 −→ R , i = 1, 2 , P = (p1 , p2 ), Q = (q1 , q2 ) d1 (P, Q) := |p1 − q1 | + |q2 − p2 | ( Taxifahrermetrik“) ” p d2 (P, Q) := |p1 − q1 |2 + |q2 − p2 |2 ( Euklidische Metrik“) ” d∗ (P, Q) := min{1, d2 (P, Q)} =⇒ (R2 , G(R2 ), di ) i = 1, 2 erfüllt E 1 und E 2, (R2 , G(R2 ), d∗ ) erfüllt nicht E 2 I.1. AXIOME DER EBENEN (ABSOLUTEN) GEOMETRIE I.1.3 5 Das Trennungsaxiom Definition: Eine Teilmenge H ⊂ E heißt konvex , wenn für A, B ∈ H auch AB ⊂ H gilt. E 3: Trennungsaxiom (1) Sei g ∈ G. Dann existieren 2 nichtleere, disjunkte, konvexe Teilmengen H1 , H2 ⊂ E, ˙ 2. sodass E \ g = H1 ∪H (2) Ist A ∈ H1 und B ∈ H2 ⇒ AB ∩ g 6= ∅ H1 und H2 heißen die Seiten von g. Dann gilt: Ist A ∈ E \ g. Dann sind die beiden Seiten von g gegeben durch H+ (g, A) = {Q ∈ E \ g | AQ ∩ g = ∅} H− (g, A) = {Q ∈ E \ g | AQ ∩ g 6= ∅} Satz I.3: Es gelten E 1, E 2 und E 3. Seien g, l ∈ G mit g ∩ l = {P }. Sei A ∈ l, A 6= P ⇒ Int P A = l ∩ H+ (g, A) −→ Beweis. Sei B ∈ l und B 6= P und B − P − A. ˙ }∪˙ Int P A Dann gilt: l = Int P B ∪{P −−→ −→ • Q ∈ Int P B ⇔ P 6= Q und Q − P − A −−→ ⇔ P ∈ AQ und P 6= Q ⇔ P ∈ g ∩ AQ, Q ∈ /g ⇔ Q ∈ H− (g, A) ∩ l • Q ∈ Int P A ⇔ P 6= Q und P − Q − A oder P − A − Q −→ ⇔P ∈ / AQ und Q ∈ /g ⇔ Q ∈ H+ (g, A) ∩ l Definition: Seien A, B, C ∈ E nicht kollinear. Dann heißt 4ABC := AB ∪ BC ∪ AC Dreieck mit den Eckpunkten A, B, C. Satz I.4: (Postulat von Pasch) Voraussetzung: Es gelten E 1-E 3 Sei l ∈ G und 4ABC ein Dreieck in E. Dann tritt einer der folgenden Fälle auf: (1) l ∩ 4ABC = ∅ (2) l ∩ 4ABC enthält einen Eckpunkt von 4ABC (3) l ∩ 4ABC enthält genau 2 Punkte. (d.h. schneidet l das 4ABC im Inneren einer Seite des Dreiecks, dann schneidet l auch eine der gegenüberliegenden Seiten von 4ABC.) 6 KAPITEL I. GRUNDLAGEN DER GEOMETRIE Beweis. siehe Übungen. Bemerkung: Es gelten E 1 und E 2. Dann ist E 3 äquivalent zum Postulat von Pasch. Beispiel 2: Betrachte die Cartesische Ebene (R2 , G(R2 ), d2 ). Entferne einen Streifen aus R2 : E := {(x, y) ∈ R2 | x < 0 oder x ≥ 1} E1 := {(x, y) ∈ E | x < 0} E2 := {(x, y) ∈ E | x ≥ 0} G(E) := {l ∩ E | l ∈ G(R2 )} dˆ2 : E × E −→ R ( dˆ2 (P, Q) := d2 (P, Q) d2 (P, Q) − d2 (R0 , R1 ) wenn (P, Q) ∈ Ei × Ei für i = 1, 2 wenn (P, Q) ∈ Ei × Ej , i 6= j Dann erfüllt (E, G(E), dˆ2 ) die Axiome E 1 und E 2, aber nicht E 3. Angenommen, E 3 würde gelten, dann müsste nach Satz I.4 das Postulat von Pasch gelten. Das Postulat von Pasch gilt nicht, da l ∩ 4ABC = {D} Widerspruch zur Vor. I.1.4 Das Winkelmaßaxiom Seien (E, G, d) gegeben mit E 1-E 3. Definition: Seien A, B, S ∈ E mit A 6= S, B 6= S. Dann heißt ^ASB := SA −→ ∪ SB −→ Winkel mit Scheitelpunkt S und Schenkeln SA −→ und SB −→. 1. Fall: A, S, B sind kollinear. • gilt A − S − B dann heißt ^ASB gestreckter Winkel • gilt S − A − B oder S − B − A (d.h. B ∈ SA −→), dann heißt ^ASB Nullwinkel 2. Fall: A, S, B sind nicht kollinear, dann heißt ^ASB echter Winkel . Dann heißt Int ^ASB := H+ (SA, B) ∩ H+ (SB, A) Winkelfläche oder Inneres des Winkels ^ASB. Es existieren Kriterien dafür, dass P ∈ Int ^ASB. (Übungsaufgaben 4, 5) Wiederholung: (E, G, d, w) Geometrie E 1 Inzidenzaxiom (Punkte und Geraden zueinander) E 2 Abstandsaxiom (Punkte auf Geraden) E 3 Trennungsaxiom (Teilt Ebene in zwei konvexe, disjunkte Halbebenen auf) heute folgt: E 4 Winkelmaßaxiom Sei 4ABC ein Dreieck mit den Eckpunkten A, B, C 4ABC := AB ∪ BC ∪ CA ^A := ^CAB, ^B := ^ABC, ^C := ^BCA ^A, ^B, ^C heißen Innenwinkel von 4ABC im jeweiligen Eckpunkt. E 4: Winkelmaßaxiom Das Winkelmaß w : W := {(A, S, B) ∈ E × E × E | A 6= S, B 6= S} −→ R ordnet jedem Winkel ^ASB eine korrekt definierte Zahl |^ASB| := w(A, S, B) ∈ [0, π] zu, sodass gilt: I.1. AXIOME DER EBENEN (ABSOLUTEN) GEOMETRIE 7 (1) |^ASB| = 0 ⇔ ^ASB Nullwinkel |^ASB| = π ⇔ ^ASB gestreckter Winkel (2) Sei H eine Seite der Geraden SA, S 6= A. Sei α ∈ (0, π). Dann existiert genau ein Strahl SC −→ mit C ∈ H und |^ASC| = α. (3) Sei ^ASB ein echter Winkel und P ∈ Int ^ASB. Dann gilt: |^ASB| = |^ASP | + |^P SB| Bezeichnung: α := |^ASB| heißt Maß des Winkels ^ASB. ( ^ASB ist ein Winkel der Größe ” |^ASB|“). ◦ (Gradmaß in der Schule: ^ASB ist Winkel mit dem Grad |^ASB| · 180 π Spezielle Winkel: Seien g und l Gerade mit g ∩ l = {S}. Seien A, B ∈ g \ {S} und A − S − B, C, D ∈ l \ {S} mit C − S − D Betrachte ^ASC. Definition: ^BSC und ^ASD heißen Nebenwinkel zu ^ASC (bzgl. g bzw. l). ^BSD heißt Scheitelwinkel zu ^ASC. Satz I.5: (Nebenwinkelsatz) Sei (E, G, d, w) eine Geometrie, die E 1 - E 4 erfüllt. Sei g eine Gerade, H eine Seite von g und C ∈ H, seien A, S, B ∈ g mit S 6= A, S 6= B und A − S − B. Sei α := |^ASC| und β := |^CSB|. Dann gilt: α+β =π (Dies ist das Analogon zu E 4 (3) für gestreckte Winkel.) Beweis. Nach E 4 (1) ⇒ 0 < α, β < π. 1. Angenommen α + β < π. Da 0 < α + β < π =⇒ es existiert Q ∈ H sodass |^ASQ| = α + β. E 4 (2) Da Q, C ∈ H und |^ASC| < |^ASQ| =⇒ C ∈ Int ^ASQ ÜA 5a =⇒ | |^ASC {z } | + |^CSQ| = |^ASQ| = α + β E 4 (3) α =⇒ |^CSQ| = β. Es gilt: Q und B liegen auf der gleichen Seite von CS und 0 < β = |^BSC| = |^CSQ| < π =⇒ SQ = SB =⇒ Q ∈ g Widerspruch zur Vor.da Q ∈ H (Seite von g). E 4 (2) − → −→ 2. Angenommen α + β > π. Da 0 < α, β < π. Wähle γ ∈ (0, β) mit α + γ > π Betrachte Q ∈ H+ (CS, B) mit |^CSQ| = γ (E 4 (2)) B, Q liegen auf gleicher Seite von CS und |^CSQ| < |^CSB| =⇒ Q ∈ Int ^CSB = ÜA 5a H+ (CS, B) ∩ H+ (g, C) =⇒ Q ∈ H+ (g, C) =⇒ |^ASQ| < π (E 4 (1)) Q und A liegen auf verschiedenen Seiten von SC =⇒ C ∈ Int ^ASQ ÜA 4d =⇒ | ^ASC | + | ^CSQ | = |^ASQ| < π | {z } E 4 (3) | {z } α =⇒ α + γ < π γ Widerspruch zur Vor.(Wahl von γ). 8 KAPITEL I. GRUNDLAGEN DER GEOMETRIE 1. und 2. =⇒ α + β = π Satz I.6: (Scheitelwinkelsatz) Sei (E, G, d, w) eine Geometrie, die E 1 - E 4 erfüllt. Seien g und l Geraden mit l ∩ g = {S} Seien A, B ∈ g \ {S} mit A − S − B, C, D ∈ l \ {S} mit C − S − D. Dann gilt: |^BSC| = |^ASD| |^CSA| = |^DSB| Beweis. |^BSC| + |^CSA| = π (Nebenwinkelsatz) |^CSA| + |^ASD| = π (ebenso) |^ASD| + |^DSB| = π (ebenso) =⇒ |^BSC| = |^ASD|, |^CSA| = |^DSB| Bemerkung: Ist (E, G, d) eine Geometrie, die E 1 - E 3 erfüllt. Dann existieren unendlich viele Winkelmaße w, die das Axiom E 4 erfüllen (ÜA 6*). I.1.5 Das Kongruenzaxiom Sei (E, G, d, w) eine Geometrie, die E 1 - E 4 erfüllt. Definition: • Zwei Strecken AB und A0 b0 heißen kongruent (AB ' A0 B 0 ) :↔ |AB| = |A0 B 0 | • Zwei Winkel ^ASB und ^A0 S 0 B 0 heißen kongruent (^ASB ' ^A0 S 0 B 0 ) :↔ |^ABS| = |^A0 S 0 B 0 | • Zwei Dreiecke 4ABC und 4A0 B 0 C 0 heißen kongruent, wenn es eine bijektive Abbildung ϕ : {A, B, C} −→ {A0 B 0 C 0 } mit ϕ(A) = A0 , ϕ(B) = B 0 , ϕ(C) = C 0 gibt, sodass die korrespondierenden Seiten und Innenwinkel von 4ABC und 4A0 B 0 C 0 kongruent sind, d.h. ^A ' ^A0 , ^B ' ^B 0 , ^C ' ^C 0 Bezeichnung: 4ABC ' 4A0 B 0 C 0 . Das Symbol bedeutet auch, dass ϕ(A) = A0 , ϕ(B) = B 0 , ϕ(C) = C 0 ' ist eine Äquivalenzrelation. E 5: Kongruenzaxiom (SWS) Seien 4ABC und 4A0 B 0 C 0 zwei Dreiecke in E und gelte AB ' A0 B 0 , AC ' A0 C 0 und ^A ' ^A0 . Dann gilt: 4ABC ' 4A0 B 0 C 0 Satz I.7: (Basiswinkelsatz) Sei (E, G, d, w) eine Geometrie, die Axiome E 1 - E 5 erfüllt. Sei 4ABC ein Dreieck mit |AC| = |BC| ( 4ABC ist ein gleichschenkliges Dreieck“). ” Dann gilt: |^A| = |^B| Beweis. Es gilt, dass 4ABC ' 4BAC, denn • AC ' BC, BC ' AC • ^C ' ^C I.1. AXIOME DER EBENEN (ABSOLUTEN) GEOMETRIE 9 =⇒ 4ABC ' 4BAC =⇒ |^A| = |^B| E5 Def. Definition: Sei A ein Eckpunkt von 4. Dann heißen die beiden Nebenwinkel zum Innenwinkel ^A Außenwinkel von 4 im Eckpunkt A. Diese beiden Außenwinkel sind Scheitelwinkel zueinander. Satz I.8: (Außenwinkelsatz) Sei (E, G, d, w) eine Geometrie, die Axiome E 1 - E 5 erfüllt. Dann sind die Außenwinkel in einem Eckpunkt eines Dreiecks größer als die Innenwinkel in beiden anderen Eckpunkten des Dreiecks. Beweis. Sei D ∈ AB / AB. Betrachte den Außenwinkel ^CBD. −→ mit D ∈ Behauptung: |^CBD| > |^C| und |^CBD| > |^A| Sei E der Mittelpunkt von CB und F ∈ AE −→ mit |AE| = |EF | und A − E − F . Da CE ' EB, AE ' EF, ^CEA ' ^BEF (Scheitelwinkel) =⇒ 4AEC ' 4F EB =⇒ |^C| = |^EBF | E5 Def. F B ∩ Int AD =⇒ B ∈ Int ^EF B =⇒ D und E liegen auf verschiedenen Seiten von −−→ −−→ 6= ∅ ÜA 4 F B =⇒ F ∈ Int ^EBD =⇒ |^EBD| = | ^EBF BD} | =⇒ |^CBD| > |^C| | {z } | + | ^F | {z ÜA 4 E 4 (3) =|^C| ≥0 Die Behautptung |^A| < |^CBD| zeigt man analog durch |^CBD| = |^ABD0 | und analoge Argumente. Definition: Sei 4ABC ein Dreieck in E. Dann heißt IW S(4ABC) := |^A| + |^B| + |^C| Innenwinkelsumme von 4ABC. Satz I.9: (Innenwinkelsumme im Dreieck) Sei (E, G, d, w) eine Geometrie, die Axiome E 1 - E 5 erfüllt. Dann gilt für jedes Dreieck 4 in E: IW S(4) ≤ π Beweis. α := |^A| , β := |^B| , γ := |^C| 1. Schritt: Die Summe zweier Innenwinkel im 4ABC ist kleiner als π: Beweis: Sei D ∈ AB / AB. Sei δ := |^CBD|. −→ mit A − B − D und D ∈ Nach dem Außenwinkelsatz (Satz 8) gilt: δ > α und δ > γ. Außerdem gilt: β + δ = π (Nebenwinkelsatz) =⇒ β + α < π und β + γ < π. Analog zeigt man γ + α < π. 2. Schritt: Sei 4ABC ein Dreieck und α das Maß eines Innenwinkels von 4ABC. Dann existiert ein Dreieck 40 mit IW S(4ABC) = IW S(40 ) und einem Innenwinkel von Maß ≤ α2 . Beweis: 4 = 4ABC und α = |^A| Konstruiere 40 : Sei O ∈ CB der Mittelpunkt der Strecke CB (existiert nach Axiom E 2). 0 0 0 Sei A0 ∈ AO −→ mit A − O − A und |AO| = |OA | (A eindeutig bestimmt nach E 2). Betrachten 4ACO und 4A0 BO. Nach Konstruktion: CO ' OB , AO ' OA0 , ^AOC ' ^BOA0 10 KAPITEL I. GRUNDLAGEN DER GEOMETRIE =⇒ 4ACO ' 4A0 BO E5 =⇒ ^CAO ' ^OA0 B , ^ACO ' ^OBA0 α1 := |^BAO|, α2 := |^OAC|, β := |^B|, β 0 := |^OBA0 |, α0 := |^OA0 B|, γ := |^C| =⇒ IW S(4ABC) = γ + α1 + α2 +β | {z } E4 =α (E 4) IW S(4ABA0 ) = α1 + β + β 0 +α0 (wobei β 0 = γ und α2 = α0 ) | {z } E4 =⇒ IW S(4ABC) = IW S(4ABA0 ) , α = α1 + α2 =⇒ α1 ≤ α 2 oder α2 ≤ α2 . Im ersten Fall: fertig, im zweiten fall: α0 ≤ α2 : fertig. 3. Schritt: Zum Beweis der Behauptung: Angenommen IW S(4ABC) > π. D.h. es existiert ε > 0 mit IW S(4ABC) = π + ε. Dann existiert nach Schritt 2 eine Folge von Dreiecken 4n , n ∈ N, mit IW S(4n ) = IW S(4ABC) und jedes Dreieck 4n hat einen Innenwinkel vom Maß αn ≤ 2αn Sei n0 ∈ N mit 2αn0 < ε =⇒ αn0 < ε für einen Innenwinkel von 4n0 =⇒ Die Summe der Maße der beiden anderen Innenwinkel in 4n0 ist IW S(4n0 )−αn0 = π + ε − αn0 > π | {z } Widerspruch zu Schritt 1. >0 =⇒ Annahme falsch =⇒ IW S(4ABC) ≤ π Definition: Ein echter Winkel ^ASB heißt • stumpfer Winkel :↔ |^ASB| > • rechter Winkel :↔ |^ASB| = π 2 • spitzer Winkel :↔ |^ASB| < π 2 π 2 Aus dem Innenwinkelsatz folgt: Ist ein Innenwinkel in einem Dreieck stumpf oder ein rechter Winkel, so sind die anderen beiden Innenwinkel spitz. Definition: Seien g1 und g2 zwei Geraden, die von einer 3. Geraden l geschnitten werden. l ∩ gi = {Si } , ^1 := ^AS1 C , ^2 := ^BS2 C , ^3 := ^S1 S2 D Die Winkel ^2 und ^2 heißen Stufenwinkel an den geschnittenen Geraden g1 und g2 . Die Winkel ^1 und ^3 heißen Wechselwinkel an den geschnittenen Geraden g1 und g2 . Satz I.10: Sei (E, G, d, w) eine Geometrie, die Axiome E 1 - E 5 erfüllt. Dann gilt: Sind die Stufenwinkel (bzw. die Wechselwinkel) an zwei geschnittenen Geraden g1 und g2 kongruent, so sind g1 und g2 parallel. Beweis. Angenommen unter der Voraussetzung des Satzes wäre g1 ∦ g2 . =⇒ g1 ∩ g2 = {P } Nach Voraussetzung gilt: α := |^1 | = |^2 |. Betrachte die Innenwinkel im 4P S1 S2 : |^P S1 S2 |+|^S1 S2 P | = π − α} | {z Nebenwinkelsatz π Widerspruch zu Satz 9 Satz I.11: Sei (E, G, d, w) eine Geometrie, die Axiome E 1 - E 5 erfüllt. Dann gilt für A, B, C ∈ E: d(A, B) ≤ d(A, C) + d(C, B) + α |{z} Scheitelwinkelsatz = I.1. AXIOME DER EBENEN (ABSOLUTEN) GEOMETRIE 11 (Gleichheit gilt gdw. C ∈ AB). Beweis. 1. Fall: A, B, C sind nicht kollinear. Betrachten das Dreieck 4ABC: Sei D ∈ AC −→ mit A − C − D und |CD| = |BC|. Sei δ := |^CBD| = |^CDB|. Basiswinkelsatz C ∈ Int AD =⇒ Int BC −−→ ∈ Int ^ABD. ÜA 4 α := |^A| , β := |^B| , γ := |^C| Innenwinkel von 4ABC Nach E 4 =⇒ |^ABD| = β + δ > δ = |^BDA|. Betrachte 4ABD =⇒ |AD| > |AB| =⇒ d(A, B) = |AB| < |AD| = d(A, D) ÜA 7 = A−C−D d(A, C) + d(C, D) 2. Fall: A, B, C sind kollinear: a) A − C − B ⇔ d(A, B) = d(A, C) + d(C, B) b) C − A − B und A 6= C ⇔ d(C, B) = d(C, A) + d(A, B) ⇔ d(A, B) = d(C, B) − d(C, A) < d(C, B) + d(C, A) | {z } >0 da A6=C c) A − B − C (und B 6= C) ⇔ d(A, C) = d(A, B) + d(B, C) ⇔ d(A, B) = d(A, C) − d(C, B) < d(A, C) + d(C, B) | {z } >0 Folgerung: Sei (E, G, d, w) eine Geometrie, die Axiome E 1 - E 5 erfüllt. Dann ist d : E × E −→ R eine Metrik auf E, d.h. es gilt: • d(P, Q) ≥ 0 ∀P, Q ∈ E , d(P, Q) = 0 ⇔ P = Q • d(P, Q) = d(Q, P ) ∀P, Q ∈ E • d(P, Q) ≤ d(P, R) + d(R, Q) ∀P, Q, R ∈ E Bemerkung: Beispiel: ( R2 , G(R2 ) , d1 , | {z } Cartesische Ebene w |{z} ) erfüllt E 1 - E 4. bel. Winkelmaß Diese Geometrie erfüllt nicht E 5. Nach Definition von d1 gilt: d1 (A, B) = d1 (A, C) + d1 (C, B) aber C ∈ / AB Widerspruch Satz 11 Kongruenzsätze in Geometrien (E, G, d, w) mit E 1 - E 5 Satz I.12: (Kongruenzsatz WSW) Seien für zwei Dreiecke 4 und 40 zwei Winkel und die davon eingeschlossene Seite kongruent, so ist 4 ' 40 . Beweis. A0 B 0 Sei OBdA 4 = 4ABC , 40 = 40 A0 B 0 C 0 und ^A ' ^A0 , ^B ' ^B 0 , AB ' 1. Fall: CB ' C 0 B 0 =⇒ 4ABC ' 4A0 B 0 C 0 nach E 5 12 KAPITEL I. GRUNDLAGEN DER GEOMETRIE 2. Fall: CB 6' C 0 B 0 OBdA |CB| > |C 0 B 0 |. Dann existiert genau ein E ∈ Int CB mit |BE| = |B 0 C 0 |. Betrachten 4EAB und 4C 0 A0 B 0 : =⇒ |AB| = |A0 B 0 | , |^B| = |^B 0 | , |BE| = |B 0 C 0 | =⇒ 4EAB ' 4C 0 A0 B 0 =⇒ |^EAB| = |^A0 | = |^A|(∗) E5 Da E ∈ Int CB =⇒ Int AE | ^CAB | {z } | > |^EAB| −→ ⊂ Int ^CAB =⇒ E4 =⇒ 2. Fall tritt nicht auf =⇒ Behauptung. Widerspruch zu (*) ^A Satz I.13: (WWS) Zwei Dreiecke 4 und 40 sind kongruent ⇔ Zwei Winkel und eine nicht dazwischen liegende Seite sind kongruent Beweis. Sei 4 = 4ABC, 40 = 4A0 B 0 C 0 und es gelte ^A ' ^A0 , ^B ' ^B 0 und BC ' B 0 C 0 1. Fall: Ist |AB| = |A0 B 0 | =⇒ 4ABC ' 4A0 B 0 C 0 nach SWS (E 5) 2. Fall: |AB 6= |A0 B 0 | OBdA |AB| > |A0 B 0 | Betrachte E ∈ Int AB mit |EB| = |A0 B 0 | (nach E 2). Dann gilt: 4CEB ' 4C 0 A0 B 0 (nach E 5: SWS =⇒ |^CEB| = |^C 0 A0 B 0 | = |^A0 | = |^A| V or. Dies widerspricht dem Außenwinkelsatz: ^CEB ist Außenwinkel von 4AEC in Eckpunkt E. =⇒ |^CEB| > |^CAE| = |^A|. Dieser Fall tritt somit nicht ein. =⇒ Behauptung. Satz I.14: (SSS) 4 ' 40 ⇔ Alle 3 Seiten sind zueinander Kongruent. Beweis. Übung Satz I.15: (SsW) 4 ' 40 ⇔ Zwei Seiten und der der längeren Seite gegenüberliegende Winkel sind kongruent. Beweis. ÜA 5. I.1.6 Parallele und senkrechte Geraden In diesem Abschnitt: Sei (E, G, d, w) eine Geometrie, die Axiome E 1 - E 5 erfüllt. Zwei Geraden l und g heißen parallel :↔ l = g oder l ∩ g = ∅ (siehe I.1.1) Bezeichnung: g k l Definition: Zwei Geraden g und l stehen senkrecht aufeinander (schneiden sich orthogonal, Symbol: g ⊥ l) :↔ g ∩ l = {P } und |^AP B| = π2 für A ∈ g \ {P }, B ∈ l \ {P } (Nach Neben- und Scheitelwinkelsatz ist dies unabhängig von der Wahl von A, B.) I.1. AXIOME DER EBENEN (ABSOLUTEN) GEOMETRIE 13 Satz I.16: Sei (E, G, d, w) eine Geometrie, die Axiome E 1 - E 5 erfüllt. 1. Seien l, l0 , g Geraden mit l ⊥ g und l0 ⊥ g. Dann gilt: l k l0 . 2. Sei P ∈ E und g eine Gerade. Dann existiert genau eine Gerade l mit P ∈ l und l ⊥ g. Bezeichnung: l heißt Lot durch P auf g und F mit {F } = l ∩ g heißt Fußpunkt oder Lotpunkt dieses Lotes. Beweis. 1. =⇒ Die Stufenwinkel an den geschnittenen Geraden l und l0 sind gleich (= π2 ) =⇒ l k l0 . Satz 10 2. Existenz des Lotes: Fall a) P ∈ g. Wähle A ∈ g, A 6= P . Sei H eine Seite von g (E 3). Dann existiert ein Q ∈ H mit |^AP Q| = π2 . (E 4 (2)). =⇒ l = P Q ist ein Lot auf g durch P.(g ∩ P Q = {P } (E 3)). g ⊥ P Q Fall b) P ∈ / g. Seien A, B ∈ g mit A 6= B. Sei α := |^ABP |. Dann existiert genau ein Q ∈ H− (g, P ) mit |^ABQ| = α = |^ABP | (E 4 (2), E 3) und |BQ| = |BP | (E 2). Betrachten die Strecke P Q. Nach E 3 =⇒ P Q ∩ g = {H} 1. Fall: H = B =⇒ α + α = π (Nebenwinkelsatz) =⇒ α = π2 =⇒ P Q ⊥ g, d.h. P Q ist das Lot durch P auf g. 2. Fall: H 6= B =⇒ 4P BH ' 4QBH (SWS = E 5) =⇒ |^P HB| = |^QHB| =: β Nach Nebenwinkelsatz: β + β = π =⇒ β = π2 =⇒ P Q ⊥ g, d.h. P Q ist ein Lot durch P auf g. Eindeutigkeit des Lotes: Angenommen, es existieren l, l0 Lote durch P auf g. =⇒ P ∈ l ∩ l0 =⇒ l0 ∩ l 6= ∅. l ⊥ g und l0 ⊥ g =⇒ l k l0 =⇒ l = l0 0 Punkt 1) l ∩ l 6= ∅ Definition: Seien A, B Punkte mit A 6= B und M der Mittelpunkt von AB, d.h. M ∈ AB mit |AM | = |M B|. Dann heißt das Lot durch M auf AB die Mittelsenkrechte auf AB. Satz I.17: Sei (E, G, d, w) eine Geometrie, die Axiome E 1 - E 5 erfüllt. Für die Mittelsenkrechte in von AB gilt: m = {P ∈ E | |AP | = |BP | } | {z } | {z } =d(A,P ) =d(B,P ) Beweis. ( ⇒“) Sei P ∈ m =⇒ 4AP M ' 4BP M (SWS = E 5) =⇒ |P A| = |P B| =⇒ P ∈ ” Rechte Seite der Behauptung.. ( ⇐“) Sei Q ∈ E mit |AQ| = |BQ| Q = M → fertig, da M ∈ m. ” Sei Q 6= M . Nach SSS =⇒ 4AQM ' 4BQM . =⇒ |^AM Q| = |^BM Q| =: β Nach Nebenwinkelsatz =⇒ 2β = π =⇒ β = π2 =⇒ QM ist orthogonal zu AB =⇒ QM = m =⇒ Q ∈ m 14 KAPITEL I. GRUNDLAGEN DER GEOMETRIE Satz I.18: (!) Sei (E, G, d, w) eine Geometrie, die Axiome E 1 - E 5 erfüllt. Sei P ∈ E und l eine Gerade mit P ∈ / l. Dann existiert mindestens eine Gerade g mit P ∈ g und l k g. Beweis. Sei h das Lot durch P auf l. Sei g das Lot durch P auf h. Dann sind nach Stufenwinkelsatz l k g. Die Eindeutigkeit der parallelen Geraden g k l mit P ∈ g kann man nicht beweisen aus den Axiomen E 1 - E 5! (Das hat man 2000 Jahre lang versucht!) Lobatschewski, 1826 (publiziert 1829), hat die Existenz einer Geometrie mit mehr als einer Parallelen erkannt. J. Bolyai (1830/32), ebenfalls mit anderen Methoden. C.F. Gauß (publiziert 1856), ebenfalls, aber erst nach seinem Tod publiziert. E. Betrami (1868) hat das 1. Modell der nicht-Euklidschen Geometrie angegeben. Auf der Rotationsfläche gilt E 1 - E 5, aber es existiert mehr als eine Parallele g durch P zu l. Definition: Ein 4-Tupel (E, G, d, w), das die Axiome E 1 - E 5 erfüllt heißt absolute ebene Geometrie (oder absolute Ebene). + Euklidsches Parallelenaxiom Zu jedem P ∈ E, l ∈ G mit P ∈ / l existiert genau eine g ∈ G mit P ∈ g und g k l −→ Ebene Euklidische Geometrie nicht-Euklidsche Parallelenaxiom Es existiert P ∈ E, l ∈ G mit P ∈ / l, sodass mindestens 2 Geraden g1 , g2 ∈ G mit P ∈ g1 ∩ g2 und g1 k l, g2 k l −→ Ebene nicht-Euklidische Geometrie (hyperbolische Geometrie, LobatschewskiGeometrie) I.2 Axiome der absoluten Geometrie des Raumes Grundbegriffe: (R, G, F, d, w) wobei • R 6= ∅ Raum“ ” • G Menge von Teilmengen von R • F Menge von Teilmengen von R • Die Elemente von R heißen Punkte“ ” • Die Elemente von G heißen Geraden“ ” • Die Elemente von F heißen Ebenen“ ” • d : R × R −→ R Abstandsfunktion • w : W = {(A, S, B) ∈ R3 | A 6= S, B 6= S} −→ R Winkelmaß Definition: (R, G, F, d, w) heißt absolute räumliche Geometrie (absoluter Raum), wenn die folgenden Axiome R 1 - R 5 erfüllt sind. R 1: Inzidenzaxiom I.2. AXIOME DER ABSOLUTEN GEOMETRIE DES RAUMES 15 (1) Jede Gerade enthält mindestens 2 Punkte (2) Durch 2 verschiedene Punkte P, Q ∈ R läuft genau eine Gerade g, d.h. es existiert genau eine g ∈ G mit P, Q ∈ g (Bezeichnung: g = P Q) (3) Jede Ebene E ∈ F enthält mindestens 3 nicht kollineare Punkte (4) Durch drei nicht kollineare PUnkte P, Q, R ∈ R verläuft genau eine Ebene, d.h. ∃!E ∈ F mit P, Q, R ∈ E (5) Ist E eine Ebene und P, Q ∈ E, P 6= Q =⇒ P Q ⊂ E (6) Sind E1 und E2 zwei verschiedene Ebenen und ist E1 ∩ E2 6= ∅, dann ist E1 ∩ E2 eine Gerade (7) Es existieren mindestens 4 Punkte, die nicht auf einer gemeinsamen Geraden und nicht auf einer gemeinsamen Ebene liegen. R 2: Abstandsaxiom = E 2 (d.h. es existieren AB, AB −→, ^ASB, ...) R 3: Trennungsaxiom In jeder Ebene E ∈ F gilt E 3 R 4: Winkelmaßaxiom In jeder Ebene E ∈ F gilt das Axiom E 4 R 5: Kongruenzaxiom = E 5 Definition: • Zwei Geraden g und l heißen parallel , wenn l = g oder g ∩ g = ∅ und l und g liegen in einer gemeinsamen Ebene. l und g heißen windschief , wenn l ∩ g = ∅ und l und g nicht in einer gemeinsamen Ebene liegen. • Zwei Ebenen E1 und E2 heißen parallel , wenn E1 = E2 oder E1 ∩ E2 = ∅. • Eine Gerade l und eine Ebene E heißen parallel , wenn l ⊂ E oder l ∩ E = ∅ • Eine Gerade l steht senkrecht auf einer Ebene E (l ⊥ E), wenn l ∩ E = {Q} und für jede Gerade g ⊂ E mit Q ∈ g gilt l ⊥ g. Satz I.19: (o.B.) 1. ( Räumliches Trennungsaxiom“) Ist E ⊂ R eine Ebene. Dann existieren zwei nichtleere, ” ˙ 2 und ist A ∈ R1 , B ∈ disjunkte, konvexe Teilmengen R1 und R2 ⊂ R mit R\E = R1 ∪R R2 so gilt AB ∩ E 6= ∅ 2. Sei E Ebene und P ∈ R. Dann existiert genau eine Gerade l mit P ∈ l und l ⊥ E (l heißt Lot von P auf E, Q mit l ∩ E = {Q} heißt Fußpunkt des Lots von P auf E) 3. Sei l eine Gerade und P ein Punkt. Dann existert genau eine Ebene E mit P ∈ E und l⊥E Kapitel II Euklidische Geometrie II.1 Das Euklidische Parallelenaxiom und erste Folgerungen Sei (E, G, d, w) eine absolute ebene Geometrie. E 6: Euklidisches Parallelenaxiom Sei l eine Gerade und P ein PUnkt mit P ∈ / l. Dann existiert genau eine zu l parallele Gerade g mit P ∈ g. Definition: Ein Tupel (E, G, d, w) heißt ebene Euklidische Geometrie (kurz: Euklidische Ebene), wenn die Axiome E 1 - E 6 gelten. Bemerkung: In einer Euklidischen Ebene ist k eine Äquivalenzrelation. Satz II.1: (Stufen- und Wechselwinkelsatz an geschnittenen k Geraden) Die Stufenwinkel (bzw. die Wechselwinkel) an geschnittenen parallelen Geraden in der Euklidischen Ebene sind kongruent. Beweis. Seien g1 und g2 parallel, g1 6= g2 und l Gerade mit l ∩ gi = {Si }, i = 1, 2. Seien ^1 und ^2 Stufenwinkel in S1 bzw. S2 und H die Seite von l mit ^1 , ^2 ⊂ H ∪ l. Sei α := |^1 |. Sei U ∈ l, U 6= S2 . U liegt auf einem Schenkel von ^2 . Da 0 < α < π, existiert V ∈ H, sodass |^U S2 V | = α (E 4 (2)) =⇒ Die Stufenwinkel ^1 und ^U S2 V an den geschnittenen Geraden g1 und S2 V sind kongruent =⇒ g1 k S2 V Satz I.10 Da S2 ∈ S2 V, S2 ∈ g2 , g2 k g1 , S2 V k g1 =⇒ S2 V = g2 =⇒ V ∈ g2 =⇒ ^U S2 V = ^2 =⇒ α = E6 |^2 | Satz II.2: (Innenwinkelsumme) Die Innenwinkelsumme für jedes Euklidische Dreieck ist π. Beweis. Sei 4ABC ein beliebiges Dreieck der Euklidischen Ebene. Standardbezeichnung: α := |^A|, β := |^B|, γ := |^C| Behauptung: α + β + γ = π. Sei l die Parallele durch C zu AB. Seien E, F ∈ g mit C ∈ Int EF und E und B liegen auf 16 II.1. DAS EUKLIDISCHE PARALLELENAXIOM UND ERSTE FOLGERUNGEN 17 verschiedenen Seiten von AC. =⇒ A ∈ Int ^E ⊂ B ÜA 5 =⇒ Nebenwinkelsatz π = |^ECB| + |^BCF | = |^ECA| + |^ACB| + |^BCF | = α+γ+β Satz 1,d.h. E 6 Definition: Zwei Dreiecke 4ABC und 4A0 B 0 C 0 in E heißen ähnlich, wenn es eine bijektive Abbildung π : {A, B, C} −→ {A0 , B 0 , C 0 } mit ϕ(A) = A0 , ϕ(B) = B 0 , ϕ(C) = C 0 , sodass ^A ' ^A0 , ^B ' ^B 0 , ^C ' ^C 0 Bezeichnung: 4ABC ∼ 4A0 B 0 C 0 (dies bezeichnet auch die Zordnung der Ecken zueinander). ∼ ist Äquivalenzrelation auf der Menge der Dreiecke. Satz II.3: (Ähnlichkeitssatz) Sei (E, G, d, w) eine Geometrie, die Axiome E 1 - E 6 erfüllt. Zwei Euklidische Dreiecke sind genau dann ähnlich, wenn die Längen der zueinander korrespondierenden Seiten proportional sind, d.h. 4ABC ∼ 4A0 B 0 C 0 ⇔ ∃r ∈ R+ sodass |AC| |BC| |AB| r = |A 0 B 0 | = |A0 C 0 | = |B 0 C 0 | . Beweis. ( ⇒“) ” Seien 4ABC ∼ 4A0 B 0 C 0 : Sei r := Idee: |AB| . |A0 B 0 | z.z. r = |AC| |A0 C 0 | = |BC| |B 0 C 0 | • Beweis für r ∈ N mit vollständiger Induktion • Beweis für r ∈ Q+ mit r = k1 , ki k2 ∈N • Beweis für r ∈ R+ mit Approximation durch rationale Zahlen 1. Schritt: Beweis für r ∈ N: Induktionsanfang: r = 1 r = 1 =⇒ 4ABC und 4A0 B 0 C 0 erfüllen ^A ' ^A0 , ^B ' ^B 0 , |AB| = |A0 B 0 | =⇒ 4ABC ' 4A0 B 0 C 0 =⇒ |AC| = |A0 C 0 |, |BC| = |B 0 C 0 | X WSW Induktionsschritt: IVor: Behauptung gelte für ein r ∈ N. Zu zeigen: Behauptung gilt dann auch für ein r + 1. Seien 4ABC ∼ 4A0 B 0 C 0 und |AB| = (r + 1)|A0 B 0 |. (z.z. —BC— = (r+1)—B’C’—, —AC— = (r+1)—A’C’—) Seien D, D0 ∈ A0 B 0 mit |A0 D| = r|A0 B 0 |, |A0 D0 | = (r + 1)|A0 B 0 | = |AB|. (E 2) V or Seien l und l0 die Parallelen durch D bzw. D0 zu B 0 C 0 . (E 6 f olgtl k l0 ). α0 := |^A0 |, β 0 := |^B 0 | Nach Satz 1 sind die Maße der Winkel bei D und D0 = β 0 := |^B 0 |. Sei E der Schnittpunkt von A0 C 0 mit l und E 0 Schnittpunkt von A0 C 0 mit l0 . (Diese Punkte existieren nach dem V. Postulat von Euklid (ÜA 10).) Sei g die Parallele zu A0 D durch E und {H} = g ∩ D0 E 0 Nach Satz 1 =⇒ α0 = |^E 0 EH| und β 0 = |^EHE 0 |. Das Viereck EDD0 H ist ein 18 KAPITEL II. EUKLIDISCHE GEOMETRIE Parallelogramm (ED = l k E 0 D0 = l0 , DD0 k g = EH) Parallelogrammgesetz =⇒ |DE| = |HD0 |, |DD0 | = |EH| = |A0 B 0 | =⇒ 4A0 B 0 C 0 ' 4EHE 0 =⇒ |E 0 E| = |A0 C 0 |, |HE 0 | = |B 0 C 0 | (*) WSW Nach Konstruktion gilt: 4A0 B 0 C 0 ∼ 4A0 DE und |A0 D| = r · |A0 B 0 | =⇒ |A0 E| = Ind. Vor r|A0 C 0 |, |DE| = r|B 0 C 0 | (**) =⇒ |A0 D0 | = (r + 1)|A0 B 0 | = |AB| , |^A| = |^A0 | = |^E 0 A0 D0 |, |^B| = |^B 0 | = |^A0 D0 E 0 | =⇒ 4ABC ' 4A0 D0 E 0 =⇒ |AC| = |A0 E 0 | = |A0 E| + |EE 0 | = r|A0 C 0 | + |A0 C 0 | = (r + 1)|A0 C 0 | (∗)(∗∗) |BC| = |D0 E 0 | = |D0 H| + |HE 0 | = r|B 0 C 0 | + |B 0 C 0 | = (r + 1)|B 0 C 0 | (∗)(∗∗) =⇒ Behauptung ( ⇒“) des Satzes gilt für r ∈ N. ” 2. Schritt: Zeige Behauptung ( ⇒“) des Satzes für r ∈ Q+ . ” Sei r = kk12 , k1 , k2 ∈ N, k2 ≥ 2. Betrachte ein Hilfsdreieck 4DEF mit 4DEF ∼ 4A0 B 0 C 0 und |A0 B 0 | = k2 · |DE|. Dieses Dreieck 4DEF existiert nach Konstruktion (s.Abb.): Da α0 + β 0 < π =⇒ es existiert Schnittpunkt F (V. Postulat von Euklid) Nach Schritt 1 =⇒ |A0 C 0 | = k2 |DF 0 |, |B 0 C 0 | = k2 |EF |, da k2 ∈ N. Sei 4ABC ∼ 4A0 B 0 C 0 und |AB| = r · |A0 B 0 | = Da 4A0 B 0 C 0 ∼ 4DEF =⇒ 4ABC ∼ 4DEF k1 k2 · |A0 B 0 | = k1 · |DE| Schritt 1 =⇒ |AC| = k1 |DF |, |BC| = k1 |EF | =⇒ |AC| = Damit ist Schritt 2 bewiesen. k1 k2 · |A0 C 0 |, |BC| = k1 |B 0 C 0 |. k2 3. Schritt: Sei r ∈ R+ \ Q+ : 0 0 Seien q1 , q2 ∈ Q+ mit 0 < q1 < r < q2 Wähle D1 , D2 , D ∈ A B mit |A0 Di | = − − → qi · |A0 B 0 |, i = 1, 2 , |A0 D| = r · |A0 B 0 | = |AB| V or. Sei l die Parallele zu B 0 C 0 durch D, li die Parallele durch Di , i = 1, 2. =⇒ l k l1 , l k l2 , l1 k l2 {Ei } = A0 C 0 ∩ li , {E} = A0 C 0 ∩ l α = |^A| = |^A0 |, β = |^B| = |^B 0 | Nach Satz II.1 (Stufenwinkelsatz an geschnittenen Parallelen) =⇒ 4A0 DE ' 4ABC (WSW, da |A0 D| = |AB| und anliegende Winkel sind kongruent) =⇒ |A0 E| = |AC|, |DE| = |BC| (**) Nach Innenwinkelsatz =⇒ 4A0 B 0 C 0 ∼ 4A0 Di Ei ∼ 4ADE (WWW) und |A0 Di | = qi |A0 B 0 |, qi ∈ Q+ . Nach Schritt 2 =⇒ |A0 Ei | = qi |A0 C 0 |, |Di Ei | = qi |B 0 C 0 | |A0 E| |A0 E2 | |A0 E1 | < < = q2 0 0 0 0 |A C | |A C | |A0 C 0 | |D1 E1 | |DE| |D2 E2 | < |B 0 C 0 | < |B 0 C 0 | = q2 |B 0 C 0 | =⇒ q1 = q1 = II.1. DAS EUKLIDISCHE PARALLELENAXIOM UND ERSTE FOLGERUNGEN 19 Das heißt: ∀q1 , q2 ∈ Q+ mit 0 < q1 < r < q2 gilt |A0 E| |DE| < q2 , q1 0 0 < q2 0 0 |A C | |B C | lim q1 < qi →r r≤ |DE| |A0 E| ≤ r , r ≤ ≤r |A0 C 0 | |B 0 C 0 | |A0 E| |DE| = |A0 C 0 | |B 0 C 0 | |BC| |AC| =⇒ r = 0 0 = 0 0 (**) |A C | |B C | =⇒ r = Damit ist ( ⇒“) bewiesen. ” ( ⇒“) Behauptung: Seien 4ABC und 4A0 B 0 C 0 Dreiecke mit ” Dann sind 4ABC ∼ 4A0 B 0 C 0 |AB| |A0 B 0 | = |AC| |A0 C 0 | = |BC| |B 0 C 0 | =: r 0 0 mit |A0 D| = r|A0 B 0 |. Beweis: Konstruiere Hilfsdreiecke: Sei D ∈ A B − − → Sei l die Parallele zu B 0 C 0 durch D und {E} = l ∩ A0 C 0 . Nach Stufenwinkel- und Innenwinkelsatz =⇒ 4A0 B 0 C 0 ∼ 4A0 DE (***) |A0 D| |A0 B 0 | | {z } Aus dem 1. Teil des Beweises folgt: = |A0 E| |A0 C 0 | = |DE| |B 0 C 0 | =r (nach Wahl an D) |A0 E| |AC| = =⇒ |A0 E| = |AC| und |A0 D| = |AB| |A0 C| |A0 C 0 | |DE| |BC| r = 0 0 = 0 0 =⇒ |DE| = |BC| |B C | |B C | 0 =⇒ 4ABC ' 4A DE =⇒ r = SSS =⇒ 4ABC ∼ 4A0 DE ∼ 4A0 B 0 C 0 =⇒ 4ABC ∼ 4A0 B 0 C 0 (∗∗∗) Bemerkung: Sei (E, G, d, w) eine absolute ebene Geometrie. Seien 4, 40 zwei Dreiecke mit 4 ∼ 40 aber 4 6' 40 =⇒ Es gilt E 6 Satz II.4: (Strahlensatz) Seien g1 , g2 verschiedene Geraden einer Euklidischen Ebene, die sich in einem Punkt S schneiden. Seien l1 und l2 parallele Geraden, die g1 , g2 außerhalb von S schneiden. Seien {Ai } = li ∩ g1 , {Bi } = li ∩ g2 , i = 1, 2. |SB1 | |A1 B1 | 1| Dann gilt: |SB = |SA = |A |SA2 | 1| 2 B2 | Beweis. Nach Stufenwinkelsatz an geschnittenen Parallelen (Satz II.1) =⇒ 4SA1 B1 ∼ |SA1 | Satz II.3 |SA2 | 4SA2 B2 =⇒ = |SB1 | |SB2 | = |A1 B1 | |A2 B2 | Betrachten ein rechtwinkliges Dreieck 4ABC. Standardbezeichnung: α := |^A|, β := |^B|, γ := |^C| , c := |AB|, b := |AC|, a := |CB| 20 KAPITEL II. EUKLIDISCHE GEOMETRIE Sei γ = |^C| = π2 . Fälle das Lot von C auf die Gerade AB, H sei der Fußpunkt des Lotes. Dann gilt H ∈ Int AB, da α und β spitze Winkel sind. (Denn sonst wäre α oder β recht oder stumpf.) Sei |CH| =: h, p := |AH|, q := |HB| (Standardbezeichnungen) =⇒ ABC ∼ 4ACH , 4BAC ∼ 4BCH =⇒ c Satz 3 b 2 = a h = b p , c a = b h = a q =⇒ a = c · q , b2 = c · p , h = a b ·p , b a · q ⇒ h2 = p · q , a2 + b2 = c · (q + p) = c2 Satz II.5: In einem rechtwinkligen Euklidischen Dreieck 4ABC mit γ = |^C| = den obigen Bezeichnungen: π 2 gilt mit (1) Satz von Pythagoras: c2 = a2 + b2 (2) Höhensatz: h2 = p · q (3) Kathetensatz: a2 = c · q , b2 = c · p Bezeichnung: (für rechtwinklige Dreiecke) Hypothenuse = Seite, die dem rechten Winkel gegenüberliegt Katheten = Seiten, die einen Eckpunkt haben, der den rechten Innenwinkel hat. Satz II.6: (Umkehrung Satz 5) Sei 4ABC ein Dreieck mit den obigen Bezeichnungen. Gilt eine der drei Gleichungen (mit obigen Bezeichnungen) (1) c2 = a2 + b2 (2) h2 = p · q oder (3) a2 = c · q und b2 = c · p Dann ist 4ABC rechtwinklig mit |^C| = π 2 Beweis. ÜA 15. Betrachten wieder ein rechtwinkliges Dreieck 4ABC mit |^C| = π2 . =⇒ α = |^A| , β = |^B| ∈ (0, π2 ) Definition: |Gegenkathete| a = c |Hypothenuse| b |Akathete| cos α := = c |Hypothenuse| sin α := sin α und cos α sind nw von α abhängig und cos α, sin α ∈ (0, 1). Definition: sin 0 := 0 , cos 0 := 1 , sin π2 := 1 , cos π2 := 0 α ∈ ( π2 , π] dann sei sin α := sin(π − α) , cos α := − cos(π − α) =⇒ sin, cos : [0, π] −→ [−1, 1] Dann gilt: cos2 α + sin2 α = α ∈ [0, π] aus Def. b2 c2 + a2 c2 = a2 +b2 c2 = 1 (Pythagoras für α ∈ (0, π2 ), für die anderen II.1. DAS EUKLIDISCHE PARALLELENAXIOM UND ERSTE FOLGERUNGEN 21 Satz II.7: Sei 4ABC ein beliebiges Euklidisches Dreieck mit den obigen Bezeichnungen. Dann gilt: (1) (Sinussatz) sin α a = sin β b = sin γ c (2) (Cosinus-Satz) a2 = b2 + c2 − 2bc · cos α b2 = a2 + c2 − 2ac · cos β c2 = a2 + b2 − 2ab · cos γ Beweis. zu (1): a) Sei α, β < π2 . Betrachte das Lot von C auf AB mit Lotfußpunkt F . Dann liegt F ∈ Int AB. =⇒ sin α · b = h , sin β · a = h =⇒ sina α = sinb β b) Sei α ≥ π 2 oder β ≥ π 2 Beweis analog (ÜA) c) Analog: Fälle Lot von B auf AC =⇒ sin α a = sin γ c =⇒ Sinussatz zu (2): a) Sei 0 < α, β < π2 . =⇒ h = b · sin α , |AF | = b · cos α Pythagoras im 4CF B :=⇒ a2 = h2 + (c − |AF |)2 = h2 + c2 + |AF |2 − 2c · |AF | = b2 sin2 α + c2 + b2 · cos2 α − 2cb · cos α =⇒ a2 = b2 + c2 − 2bc · cos α b) Analog beweist man dies im Fall α ≥ π 2 oder β ≥ π 2 c) Analog beweist man die anderen beiden Gleichungen Satz II.8: Sei (E, G, d, w) eine absolute ebene Geometrie. Das heißt, es gelten die Axiome E 1 - E 5. Dann sind die folgenden Eigenschaften äquivalent: (1) Es gilt das Euklidische Parallelenaxiom E 6. (2) Es gilt das V. Postulat von Euklid. (3) Die Innenwinkelsumme in jedem Dreieck ist π. (4) Es gibt ein Dreieck 4 mit IW S(4) = π. (5) Die Stufenwinkel an geschnittenen parallelen Geraden sind kongruent. (6) Es existieren zwei Dreiecke 4 und 40 mit 4 ∼ 40 , aber 4 6' 40 Beweis. (1) ⇔ (2) (ÜA 10, Übung) 22 KAPITEL II. EUKLIDISCHE GEOMETRIE (1) ⇔ (3), (1) ⇔ (4) (ÜA 12) (1) ⇔ (5) Satz II.1 ((1) ⇒ (5), (5) ⇒ (1) ÜA 13) (1) ⇒ (6), (6) ⇒ (1) (Übung) (1) ⇒ (6) Betrachte 4ABC mit |^A| = π2 , |AB| = 1, |AC| = 1 Basiswinkelsatz und Innenwinkelsatz =⇒ |^C| = |^B| = π4 4A0 B 0 C 0 mit |^A0 | = π2 , |A0 B 0 | = |A0 C 0 | = 2 =⇒ |^C 0 | = |^B 0 | = wie oben 0 0 0 π 4 y 4ABC ∼ 4A0 B 0 C 0 aber 4ABC 6' 4A B C Definition: Ein Tupel (R, G, F, d, w) aus PUnktmenge R, Menge von Geraden G und Menge von Ebenen F, Abstandsfunktion d, Winkelmaßfunktion w heißt räumliche Euklidische Geometrie (Euklidischer Raum), wenn die Axiome R 1 - R 5 gelten und zusätzliche das räumliche Euklidische Parallelenaxiom R 6 := E 6 (mit dem entsprechenden Parallelenbegriff). Satz II.9: Sei (R, G, F, d, w) eine räumliche Euklidische Geometrie. Ist E eine Ebene und P Punkt mit P ∈ / E. Dann existiert genau eine Ebene Ê mit P ∈ Ê und Ê k E. Beweis. ÜA. II.2 Existenz und Eindeutigkeit der Euklidischen Geometrie Fragen: • Existiert überhaupt eine Euklidische Geometrie? • Existieren ggf. verschiedene Euklidische Geometrien? II.2.1 Existenz einer Euklidischen Geometrie Geben ein konkretes Modell an (mit Methoden der Vektorrechnung und analytischen Geometrie aus der VL Lineare Algebra I). Definition: Ein Tupel (A, V (A), +) bestehend aus einer PUnktmenge A 6= ∅, einem ndimensionalen, reellem Vektorraum V (A) und einer Operation + A × V (A) → A − − (P, → v ) 7→ P + → v heißt n-dimensionaler reeller affiner Raum, wenn gilt: − − • P +→ o = P , wobei → o ∈ V (A) Nullvektor − − • (P + → v)+→ w =P +( → − − +→ w} |v {z ) Summe im VRV (A) II.2. EXISTENZ UND EINDEUTIGKEIT DER EUKLIDISCHEN GEOMETRIE 23 − − • ∀P, Q ∈ A existiert genau ein Vektor → v ∈ V (A) mit Q = P + → v −→ − Bezeichnung: → v =: P Q Verbindungsvektor von P nach Q Beispiel 3: A = Rn (Spaltenvektoren) V (Rn ) := R (Spaltenvektoren) + n Rn ×V (R −→ Rn ) p1 v1 p1 + v 1 .. .. . . , . 7→ .. pn vn pn + v n − − Sei (Oi , a = (→ a1 , ..., → an )) ein Koordinatensystem des affinen Raums (A, V (A), +), d.h. O ∈ A − − und (→ a1 , ..., → an ) ist Basis in V (A). Dann ist (A, V (A), +) isomorph zu (Rn , V (Rn ), +). ϕa : V (A) → V (Rn ) v1 n X .. → − → − v = vj aj 7→ . j=1 vn VR-Isomorphismus ϕ(O,a) : A → Rn bijektive Abbildung λ1 n X .. → − P =O+ λj aj 7→ . j=1 λn Dann kommutiert A× V (A) ↓ ϕ(O,a) × ϕa n R × V (Rn ) + 7→ A ↓ ϕ(O,a) + 7→ Rn (Rn , V (Rn ), +) affiner Raum. W k ⊂ V (Rn ) k-dimensionaler VR. Dann heißt E k := P + W k ⊂ Rn für einen Punkt P ∈ Rn k-dimensionale Ebene in Rn . − − − − k = 1: W 1 = R→ v ,→ v 6= o =⇒ E 1 = P + R→ v = {P + λ→ v | λ ∈ R} Gerade − − − − k = 2: W 2 = Span(→ v1 , → v2 ) =⇒ E 2 = P + W 2 = {P + λ1 → v1 + λ2 → v2 | λ1 , λ2 ∈ R} 2-dim. Ebene im Rn Definition: h, iRn : V (Rn ) × V (Rn ) → R − − h→ v ,→ w iRn := n X j=1 vj w j mit v1 w1 .. → .. → − − wobei v = . , w = . vn wn 24 KAPITEL II. EUKLIDISCHE GEOMETRIE heißt das Euklidische Skalarprodukt auf dem VR V (Rn ). k · k : V (Rn ) → R≥0 v uX p u n 2 → − → − − vj , → v = (v1 , ..., vn )T v 7→ k v k := hv, viRn = t j=1 − heißt Euklidische Norm auf V (Rn ). kvk heißt auch Länge von → v. Dann gilt die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung (CSU): − − |h→ v ,→ w iRn | ≤ kvk · kwk − − ∀→ v ,→ w ∈ V (Rn ) − − (Gleichheit gilt gdw. → v und → w linear abhängig sind.) d.h.: − − h→ v ,→ w iRn −1 ≤ → ≤1 − − k v k · k→ wk Definition: Die Funktion de : Rn × Rn −→ R≥0 definiert durch v uX q u n −→ −→ −→ de (P, Q) :=kP Qk = hP Q, P QiRn = t (qj − pj )2 j=1 q1 − p1 −→ P Q = Q − P = ... qn − pn für P = (p1 , ..., pn )T , Q = (q1 , ..., qn )T heißt Euklidische Abstandsfunktion auf Rn . Zur Definition eines Winkelmaßes benutzen wir h, iRn und die analytisch definierte Cosinus Funktion. Betrachte: ∞ X zk z ∈ C Exponentialreihe z ∈ C −→ e := k! k=0 • cz konvergiert in C∀z ∈ C • e0 = 1, ez · ew = ez+w , ez = ez̄ Insbesondere: • Sei α ∈ R =⇒ |eiα |z = eiα · eiα = eiα · eiα = eiα · e−iα = e0 = 1, d.h. die komplexen Zahlen eiα , α ∈ R, liegen auf dem Einheitskreis S q := {z ∈ C | |z| = 1} C ' R2 , z = x + iy 7→ (x, y) , z̄ = x − iy |z|2 = x2 + y 2 II.2. EXISTENZ UND EINDEUTIGKEIT DER EUKLIDISCHEN GEOMETRIE 25 Definition: cos, sin : R −→ R sind definiert durch cos α := Re(eiα ) sin α := Im(eiα ) =⇒eiα = cos α + i sin α =⇒ cos2 α + sin2 α = 1 = |eiα |2 =⇒ cos, sin : R −→ R sind stetig-diffbare Funktionen Kurvenverlauf von cos: • cos ist 2π-periodisch • cos 0 = 1, cos π = −1 • cos|[0,π] ist streng monoton fallend, π 2 ist die Nullstelle von cos|[0,π] cos π =0 2 Die Umkehrfunktion von cos|[0,π] heißt Arcuscosinus-Funktion: arccos := (cos|[0,π] )−1 : [−1, 1] −→ [0, π] Definition: (Rn , V (Rn ), +, h, iRn ) heißt n-dimensionaler affiner Euklidischer Raum. − − Definition: Seien → v ,→ w 6= o − − h→ v ,→ wi → − → − ^( v , w ) := arccos ∈ [0, π] kvk · kwk | {z } ∈[−1,1] − − heißt Winkel zwischen → v und → w. − − • ^(→ v ,→ w ) ist korrekt definiert (CSU) − − • ^(→ v ,→ w) = 0 ⇔ − → v kvk = − → w kwk − − • ^(→ v ,→ w) = π ⇔ − → v kvk w = − kwk − → − − − − • ^(→ v ,→ w ) = π2 ⇔ hv, wiRn = 0 (dann sagt man: → v und → w stehen senkrecht aufeinander, sind orthogonal). Definition: Die Funktion we : W := {(A, S, B) ∈ (Rn )3 | A 6= S, B 6= S} −→ [0, π] definiert durch −→ −→ hSA, SBiRn we (A, S, B) := ^(SA, SB) = arccos kSAk · kSBk heißt Euklidisches Winkelmaß auf Rn . Das heißt: Der n-dimensionale affine Euklidische Raum (Rn , V (Rn ), +, h, iRn ) definiert eine − − Menge von Punkten, Rn , eine Menge von Geraden, G(Rn ) := {P + R→ v | P ∈ Rn , → v ∈ V (Rn ) \ {0}}, Menge von k-dimensionalen Ebenen, F k (Rn ) := {P + W k | P ∈ Rn , W k ⊂ V (Rn )k-dim VR}, die Euklidische Abstandsfunktion de : Rn × Rn −→ R und die Euklidische Winkelmaßfunktion we : W −→ [0, π]. (Rn , V (Rn ), +, h, iRn ) (Rn , G(Rn ), F k (Rn ), de , we ) 26 KAPITEL II. EUKLIDISCHE GEOMETRIE Satz II.10: 1. (R2 , G(R2 ), de , ww ) ist eine ebene Euklidische Geometrie 2. (R3 , G(R3 ), F 2 (R3 ), de , we ) ist eine räumliche Euklidische Geometrie. Bezeichnung: Dieses Modell heißt das Cartesische Modell der Euklidischen Geometrie. Beweis. 1. Ebener Fall: n = 2. z.z. die Axiome E 1 - E 6 sind erfüllt. (a) Inzidenzaxiom E 1: (R2 , G(R2 )) ist Inzidenzebene (b) Abstandsaxiom E 2: − − Sei g = P +R→ v , kvk = 1, eine Gerade in G(Rn ). Dann ist ϕ : g −→ R, P +λ→ v 7→ λ ein Koordinatensystem von g (c) Trennungsaxiom E 3: − Sei g = P + R→ v eine Gerade, kvk = 1. − Es existiert bis auf Vorzeichen genau ein Vektor → n ∈ V (R2 ) mit knk = 1, hv, niR2 = 0 − − (→ v ,→ n ) heißt orthonormale Basis von (V (R2 ), h, iR2 ). − − 2 R = P + Span(→ v ,→ n) → − − H+ := {P + λ1 v + λ2 → n | λ1 , λ2 ∈ R, λ2 > 0} → − → − H− := {P + λ1 v + λ2 n | λ1 , λ2 ∈ R, λ2 < 0} Dann erfüllen H+ , H− das Trennungsaxiom (Vektorrechnung). (d) Das Winkelmaßaxiom E 4: Sei A, S, B ∈ R2 , S 6= A, S 6= B −→ −→ ^ASB := {S + λSA | λ ≥ 0} ∪ {S + µSB | µ ≥ 0} Definiert ein Maß für ^ASB mittels we : −→ −→ |^ASB| := ^(SA, SB) =: we (A, S, B) −→ −→ −→ −→ SB SA , iR2 =⇒|^ASB| ist korrekt definiert, da ^(SA, SB) = arccosh kSAk kSBk Spezielle Eigenschaften dieses Winkelmaßes: −→ −→ → − − − SA → SB v = kSAk ,− w = kSBk , A0 = S + → v , B0 = S + → w H sei eine Seite von SA, wobei H = H+ (SA, B), falls B ∈ / SA. → − → − − 2 Dann sei ( v , n ) eine ONB von (V (R ), h, iR2 ), sodass S + → n ∈ H. Dann gilt mit α := |^ASB| ∈ [0, π]: − − − − − − i. → w = cos α · → v + sin α · → n , denn → w = λ1 → v + λ2 → n Basisdarstellung von → − − − − w =⇒ λ ≥ 0 und 1 = k→ w k2 = h→ w,→ w i = λ2 + λ2 2 1 2 − − cos α = h→ w,→ v i = λ1 → λ22 = 1 − cos2 α = sin2 α =⇒ λ2 = sin α λ2 ≥ 0 −→ ii. Sei K := {P ∈ R | kSP k = 1} der Kreis um S vom Radius 1 und KA0 B 0 ⊂ K der Kreisbogen zwischen A0 und B 0 in H ∪ SA. Dann ist α ∈ [0, π) die Länge von KA0 B 0 . 2 Erinnerung: Ist γ : [a, b] → Rn C 1 -Kurve. Dann gilt: l(γ) = Rb a von γ) kγ 0 (t)kdt (Länge II.2. EXISTENZ UND EINDEUTIGKEIT DER EUKLIDISCHEN GEOMETRIE 27 Parametisieren KA0 B 0 duch eine C 1 -Kurve: γ : [0, α] → R2 − − γ(t) := S + cos t→ v + sin t→ n γ ist bijektiv von [0, α] auf KA0 B 0 und C 1 -Funktion, d.h. γ parametisiert KA0 B 0 . − − γ 0 (t) = − sin t→ v + cos t→ n 0 0 0 2 2 kγ (t)k = hγ (t), γ (t)i = sin t + cos t = 1∀t ∈ [0, α] Zα Zα → l(γ) = kγ 0 (t)kdt = 1dt = α 0 0 → α ist die Länge von KA0 B 0 Das Axiom E 4 ist erfüllt, denn: E 4 (1) |^ASB| = 0 ⇔ Nullwinkel CSU |^ASB| = π ⇔ gestreckter Winkel CSU E 4 (2) Sei g Gerade mit S, A ∈ g mit S 6= A und H eine Seite von g. −→ − → − → − Sei α ∈ (0, π). Fixiere die ONB (→ v = SA −→ , n ) mit S + n ∈ H und betrachte kSAk − − B := S + cos α→ v + sin α→ n ∈H =⇒ α = |^ASB| Der Strahl SB −→ ist eindeutig bestimmt. E 4 (3) Sei ^ASB ein echter Winkel und P ∈ Int ^ASB Da |^ASB| die Länge des Kreisbogens KA0 B 0 beschreibt, =⇒ |^ASB| = |^ASP | + |^P SB|. (e) Das Kongruenzaxiom E 5: −−→ −→ −→ z.z. Seien 4ABC und 4A0 B 0 C 0 Dreiecke in R2 mit kABk = kA0 B 0 k, kACk = −−→ kA0 C 0 k, |^A| = |^A0 | Dann gilt: 4ABC ' 4A0 B 0 C 0 Idee: Konstruiere eine längen- und winkelmaßtreue Abbildung f : R2 → R2 mit f (A0 ) = A, f (B 0 ) = B und f (C 0 ) = C −−−−−−→ −→ (längentreu: kf (P )f (Q)k = kP Qk) (winkelmaßtreu: |^f (P )f (S)f (Q)| = |^P SQ|) 1. Schritt Bilden A0 auf A ab durch: t : R2 → R2 −−→ P 7→ P + A0 A =⇒ • t(A0 ) = A −−−−−→ −→ • t(P )t(Q) = t(Q) − t(P ) = Q − P = P Q =⇒ t ist längen- und winkelmaßtreu. t(A0 ) = A00 , t(B 0 ) = B 00 , t(C 0 ) = C 00 28 KAPITEL II. EUKLIDISCHE GEOMETRIE 2. Schritt Führe B 00 durch eine Drehung in B über. − −− → − AB 00 Sei → v := − , H eine Seite von AB 00 mit H = H+ (SB 00 , B), falls B ∈ / SB 00 −− → kAB 00 k − − − Betrachte die ON-Basis (→ v ,→ n ) mit A + → n ∈H Sei δ := |^B 00 AB| Betrachte die Drehung um δ: dδ : R2 → R2 − − P 7→ A + (cos δ · λ1 − sin δ · λ2 )→ v + (sin δ · λ1 + cos δ · λ2 )→ n −→ − − AP = λ1 → v + λ2 → n Dann: • dδ (B 00 ) = B • dδ ist abstandstreu • dδ ist winkelmaßtreu (einsetzen und ausrechnen). Sei A000 := dδ (A00 ) = A, B 000 := dδ (B 00 ) = B, C 000 := dδ (C 00 ) Fall a) C 000 und C liegen auf der gleichen Seite von AB. =⇒ |AC| = |A000 C 000 | = |AC 000 |, |^BAC| = |^BAC 000 | =⇒ E 4 (2), E 2 C = C 000 In diesem Fall sei σ : R2 → R2 die Identität σ := id. Fall b) C 000 ∈ H− (AB, C) 3. Schritt |^CAB| = |^C 000 AB| −→ − → − → − → − AB Sei → v := − → und ( v , n ) eine ONB mit A + n ∈ H+ (AB, C). kABk Betrachte die Speigelung σ an AB: σ : R2 → R2 − − P 7→ σ(P ) := A + λ1 → v − λ2 → n −→ − − AP = λ1 → v + λ2 → n Dann gilt: • σ(C 000 ) = C • σ ist abstands- und winkelmaßtreu (einsetzen und ausrechnen). Sei f : R2 → R2 die Abbildung f := σ · dδ · t. Dann gilt: f (A0 ) = A, f (B 0 ) = B, f (C 0 ) = C und f ist abstands- und winkelmaßtreu. =⇒ |C 0 B 0 | = |f (C 0 )f (B 0 )| = |CB| , |^A0 B 0 C 0 | = |^f (A0 )f (B 0 )f (C 0 )| = |^ABC| , |^A0 C 0 B 0 | = |^f (A0 )f (C 0 )f (B 0 )| = |^ACB| (f) Das Euklidische Parallelenaxiom E 6: −−→ − − Sei l = Q0 + R→ v eine Gerade in R2 und P ∈ / l. Dann ist (→ v , Q0 P ) eine Basis in V (R2 ). − Sei g = P + R→ w eine Gerade durch P . − − Dann gilt: l k g ⇔ l ∩ g = ∅ ⇔ → w ∈ R→ v (lineares Gleichungssystem) =⇒ (R2 , G(R2 ), de , we ) erfüllt E 1 - E 6 II.2. EXISTENZ UND EINDEUTIGKEIT DER EUKLIDISCHEN GEOMETRIE 29 2. Räumlicher Fall (n = 3): z.z. (R3 , G(R3 ), F 2 (R3 ), de , we ) erfüllt die Axiome R 1 - R 6. (a) Inzidenzaxiom R 1: Nachweis mit Methoden der analytischen Geometrie und Vektorrechnung (b) R 2 - R 6: z.z. In jeder Ebene E ∈ F 2 (R3 ) gelten E 1 - E 6: E ist ein 2-dimensionaler affiner Raum: E = P + W 2 , P ∈ R3 , W 2 ⊂ V (R3 ) 2-dim. Unterraum − − Wähle eine ONB a = (→ a1 , → a2 ) in W 2 bzgl. h, iR3 − − =⇒ (P, a = (→ a1 , → a2 )) ist ein Koordinatensystem von E. Dann ist der affine Euklidische Raum (E, W 2 , +, h, i := h·, ·iR3 |W ×W ) isomorph zu (R2 , V (R2 ), +, h, iR2 ) (mittels des Koordinatensystems (oben)) In (R2 , V (R2 ), +, h, iR2 ) gelten E 1 - E 6 → auf E gelten E 1 - E 6. II.2.2 Die Eindeutigkeit der Euklidischen Geometrie ˆ ŵ) heißen isomorph, wenn Definition: Zwei ebene absolute Geometrien (E, G, d, w), (Ê, Ĝ, d, es eine bijektive Abbildung Φ : E → Ê gibt, sodass ˆ 1. d(P, Q) = d(Φ(P ), Φ(Q))∀P, Q ∈ E (Φ ist abstandstreu) 2. Ist g ∈ G, so ist Φ(g) ∈ Ĝ und die Abbildung G → Ĝ, g 7→ Φ(g) ist bijektiv. (Φ ist geradentreu) 3. w(A, S, B) = ŵ(Φ(A), Φ(S), Φ(B))∀A, S, B ∈ E mit S 6= A, S 6= B (Φ ist winkelmaßtreu) Analog definiert man die Isomorphie von räumlichen absoluten Geometrien. Wir fordern dann zusätzlich, dass Φ auch ebenentreu ist. Satz II.11: 1. Jede ebene Euklidische Geometrie (E, G(E), d, w) ist isomorph zur Cartesischen Euklidischen Ebene (R2 , G(R2 ), de , we ). 2. Jede räumliche Euklidische Geometrie (R, G(R), F(R), d, w) ist isomorph zum Cartesischen Euklidischen Raum (R3 , G(R3 ), F 2 (R3 ), de , we ). Beweis. 1. Ebener Fall: Sei (E, G(E), d, w) eine Euklidische Ebene. Fixiere O ∈ E und eine Gerade g1 durch O. Sei g2 das Lot auf g1 durch O. Fixiere Koordinatensystem ϕi auf gi mit ϕi (0) = 0 (Satz 2). Sei Pi der Fußpunmkt des Lots auf gi durch P . Dann ist Φ : E → R2 ϕ1 (P1 ) P 7→ ϕ2 (P2 ) eine bijektive Abbildung. (Koordinatensystem auf E mit Ursprung 0 und den Koordinatenaxen (g1 , ϕ1 ), (g2 , ϕ2 ). 30 KAPITEL II. EUKLIDISCHE GEOMETRIE (a) Φ ist abstandstreu: z.z. de (Φ(P ), Φ(Q)) = d(P, Q)∀P, Q ∈ E P, Q ∈ E Betrachte den Schnittpunkt S des Lots von Q auf g1 und von P auf g2 . Nach Konstruktion sind QQ2 , P2 P, g1 parallel zueinander und die Geraden g2 , P P1 , Q1 Q parallel zu einander. =⇒ |^P SQ| = π2 und nach Parallelogrammregel ist d(P, Q) = d(P1 , Q1 ), d(Q, S) = d(Q2 , P2 ) Nach Pythagoras gilt: d(P, Q)2 = d(P, S)2 + d(S, Q)2 = d(P1 , Q1 )2 + d(Q2 , P2 )2 = E |ϕ1 (P1 ) − ϕ1 (Q1 )|2 + |ϕ2 (Q2 ) − ϕ2 (P2 )|2 = de (Φ(P ), Φ(Q))2 =⇒ d(P, Q) = de (Φ(P ), Φ(Q)) d, de ≥ 0 (b) P hi erhält die Zwischenrelation: Behauptung: A − B − C in E ⇔ Φ(A) − Φ(B) − Φ(C) in R2 A − B − C =⇒ d(A, B) + d(B, C) = d(A, C) Def. =⇒ de (Φ(A), Φ(B)) + de (Φ(B), Φ(C)) = de (Φ(A), Φ(C)) (a) =⇒ Φ(B) ∈ Φ(A)Φ(C) Satz I.11 =⇒ Φ(A) − Φ(B) − Φ(C) Def. Umkehrung gilt, da Φ bijektiv ist und Φ−1 ebenfalls abstandstreu ist. Dann das gleiche Argument mit Φ−1 durchführen. (c) Φ ist gereadentreu: z.z. Ist g ∈ G(E) =⇒ Φ(g) := {Φ(P ) | P ∈ g} ∈ G(R2 ) Seien A, B ∈ g, A 6= B → Φ(A), Φ(B) ∈ R2 def. eindeutig bestimmte Gerade ĝ := Φ(A)Φ(B). Zeigen: Φ(G) = ĝ Sei R ∈ g =⇒ R − A − B, A − R − B oder A − B − R =⇒ Φ(R) − Φ(A) − Φ(B), Φ(A) − Φ(R) − Φ(B) oder Φ(A) − Φ(B) − Φ(R) (b) =⇒ Φ(R) ∈ ĝ =⇒ Φ(g) ⊂ ĝ Da Φ bijektiv und Φ−1 die Zwischenrelation erhält, gilt mit dem gleichen Argument: Φ−1 ⊂ g −1 =⇒ ĝ = |ΦΦ {z } ⊂ Φ(g) ⊂ ĝ =⇒ ĝ = Φ(g) Id Die Abbildung G(E) → G(R2 ) g 7→ Φ(g) ist bijektiv, denn die Umkehrabbbildung ist gegeben durch G(R2 ) → G(E) ĝ 7→ Φ−1 (ĝ) II.2. EXISTENZ UND EINDEUTIGKEIT DER EUKLIDISCHEN GEOMETRIE 31 (d) Φ ist winkelmaßtreu: z.z. ∀S, A, B ∈ E mit S 6= A, S 6= B gilt |^ASB| = |^Φ(A)Φ(S)Φ(B)| = −−−−−−→ −−−−−−−→ ^(Φ(S)Φ(A), Φ(S)Φ(B)) ( 0 =⇒ ^ASB gestreckter oder Nullwinkel i. |^ASB| = π ( 0 =⇒ |^Φ(A)Φ(S)Φ(B)| = (b) π ii. Vereinbarung: P ∈ E. Dann sei P̂ := Φ(P ) Ist |^ASB| = π2 =⇒ |^ÂŜ B̂| = π2 : Beweis: Pythagoras in E (Satz II.5) d(A, S)2 + d(S, B)2 = d(A, B)2 =⇒de (Â, Ŝ)2 + de (Ŝ, B̂)2 = de (Â, B̂)2 (a) Umkehrung des Satzes von Pythagoras (Satz II.6) =⇒ 4ÂŜ B̂ ist rechtwinklig mit |^Ŝ| = π 2 iii. Behauptung: Sei α ∈ [0, π], sodass gilt: Ist |^ASB| = α, so ist auch |^ÂŜ B̂| = α Dann gilt auch: Ist |^ASB| = α2 , so gilt |^ÂŜ B̂| = α2 Beweis: 4ASB und |^BAS| = α2 Sei C ∈ H− (AS, B) mit |AB| = |AC| und |^SAC| = α2 =⇒ |^CAB| = α E4 =⇒ |^Ĉ ÂB̂| = α Vor. 4BAS ' 4CAS (SWS) =⇒ |BS| = |CS| Im Bilddreieck 4ÂB̂ Ĉ gilt: |ÂB̂| = |AB| = |AC| = |ÂĈ| |B̂ Ŝ| = |BS| = |CS| = |Ĉ Ŝ| =⇒ 4ÂŜ B̂ ' 4ÂŜ Ĉ SSS =⇒ |^Ŝ ÂB| = |^Ŝ ÂĈ| = 12 |^B̂ ÂĈ| = α =⇒ |^Ŝ ÂB̂| = =⇒ α 2 (ii)(iii) iv. Sei α ∈ {k · 2πn | n ∈ N, k ∈ N} ∩ [0, π] Dann gilt: Ist |^ASB| = α =⇒ |^ÂŜ B̂| = α v. Behauptung: α ∈ [0, π] und α ∈ / {k · 2πn | n ∈ N, k ∈ N} Dann gilt: |^ASB| = α =⇒ |^ÂŜ B̂| = α π Beweis durch Approximation: Sei n ∈ N. Dann existiert ein k ∈ N mit k · n < | {z2 } =:αn π α < (k + 1) n | {z 2 } =:βn =⇒ |βn − αn | = π −→ 2n n→∞ 0 32 KAPITEL II. EUKLIDISCHE GEOMETRIE =⇒ αn −→ α, βn −→ α n→∞ n→∞ Sei |^ASB| = α— Seien Bn , Cn ∈ H+ (SA, B) mit |^ASBn | = αn , |^ASCn | = βn und B ∈ Int ^Bn SCn R(da αn < α < βn ) =⇒ Cn Bn ∩ SB −→ 6= ∅ R =⇒ Cˆn Bˆn ∩ Ŝ B̂ 6= ∅ −→ =⇒ B̂ ∈ Int ^Bˆn Ŝ Cˆn Nach Vor. =⇒ αn = |^ÂŜ Bˆn | < |^ÂŜ B̂| < |^ÂŜ Cˆn | = βn =⇒ αn < |^ÂŜ B̂| <= βn ∀n ∈ N =⇒ α ≤ |^ÂŜ B̂| ≤ α lim n→∞ =⇒ |^ÂŜ B̂| = α =⇒ Φ ist ein Isomorphismus der ebenen Geometrien (E, G(E), d, w) und (R2 , G(R2 ), de , we ). (a)-(d) 2. Räumlicher Fall n = 3: Führen analog ein Koordinatensystem auf R ein: Sei E ⊂ R eine Ebene und fixiere ein Koordinatensystem (O, (g1 , ϕ1 ), (g2 , ϕ2 )) von E. Sei g3 das Lot auf E durch O und ϕ3 ein Koordinatensystem von g3 mit ϕ3 (0) = 0. P ∈R: Sei P̃ der Fußpunkt des Lots durch P auf E. Sei P3 ∈ g3 der Fußpunkt des Lots von P auf g3 in der Ebene durch P, P̃ und O. Definition: Ψ : R → R3 P 7→ (ϕ1 (P1 ), ϕ2 (P2 ), ϕ3 (P3 )) {z } | Φ(P̃ ) Koordinatensystem von R mit Ursprung O und den Achsen (gi , ϕi ), i = 1, 2, 3 Man zeigt analog wie bei 1.: Ψ ist bijektiv, abstandstreu, geraden- und ebenentreu und winkeltreu. Vergleich der geometrischen und der analytischen Definition von cos Nach Satz 11 genügt zu zeigen: Beide Definitionen stimmen für die Cartesische Ebene (R2 , G(R2 ), de , we ) überein. α = |^BAC|, |^ACB| = π2 Analytische Def. von cos α −→ −→ hAC, ABiR2 cos α := −→ −→ kACkkABk Geometrische Definition cos α := b c II.3. BESONDERE PUNKTE UND LINIEN IM EUKLIDISCHEN DREIECK cos α = = = = −→ −→ hAC, ABiR2 −→ −→ kACkkABk −→ −→ hAC, ABiR2 b·c 1 −→ −→ −−→ · hAC, AC + CBiR2 bc −→ −→ −→ −−→ 1 · (hAC, ACiRn + hAC, CBiR2 ) | {z } {z } | bc −→ kACk2 = II.3 33 =0 da |^C|= π2 b2 b = bc c Besondere Punkte und Linien im Euklidischen Dreieck (E, G, d, w) Euklidische Ebene, P ∈ E, r ∈ R+ • A, B, C nicht kolliniear • 4ABC := AC ∪ CB ∪ BA • α := |^A| , β := |^B| , γ := |^C| • a := |BC| , b := |AC| , c := |AB| • K(P, r) := {Q ∈ E | |P Q| = d(P, Q) = r} Kreis um (den Mittelpunkt) P von Radius r • Int K(P, r) := {Q ∈ E | |P Q| < r} Inneres von K(P, r) (offene Kreisscheibe) • Out K(P, r) := {Q ∈ E | |P Q| > r} Äußeres von K(P, r) Definition: 4ABC Dreieck in E. 1. Die Mittelsenkrechten von 4ABC sind die Mittelsenkrechten auf den Dreiecksseiten AB, AC, BC 2. Die Höhen von 4ABC sind die Lote von den Eckpunkten auf die Geraden, die jeweils gegenüberliegende Dreiecksseite geg. sind. 3. Die Seitenhalbierenden von 4ABC sind die Geraden, die die Eckpunkte und den Mittelpunkt der jeweils gegenüberliegenden Seite des Dreiecks. 4. Die Winkelhalbierenden des Dreiecks sind die Strahlen, die in den Eckpunkten beginnen und ins Innere des Dreiecks zeigen und das Maß des Innenwinkels der jeweiligen Ecken halbieren. Satz II.12: (Mittelsenkrechten und Umkreis) Die drei Mittelsenkrechten eines Euklidischen Dreiecks 4ABC schneiden sich in einem Punkt PM und es gilt: |APM | = |BPM | = |CPM | =: R 34 KAPITEL II. EUKLIDISCHE GEOMETRIE Beweis. ma , mb , mc seien die Mittelsenkrechten auf BC, AC, AB. Die Mittelpunkte von BC, AC, AB seien MC , MB , MA . Sei P der Schnittpunkt von ma und mb . z.z. P liegt auf mc : Da P ∈ ma , P ∈ mb , folgt aus Satz I.17: |P C| = |P B| , |P A| = |P C| =⇒ |P B| = |P A| =⇒ P ∈ mc Satz I.17 Definition: Der Kreis K(PM , R) heißt Umkreis von 4ABC. Satz II.13: (Höhenschnittpunkt) Die drei Höhen eines Euklidischen Dreiecks 4ABC schneiden sich in einem Punkt PH . Beweis. Konstruieren ein Hilfsdreieck 4A∗ B ∗ C ∗ . Sei gC die parallele Gerade durch C zu AB, gA die parallele Gerade durch A zu BC und gB die parallele Gerade durch B zu AC {A∗ } = gC ∩ gB , {B ∗ } = gA ∩ gC , {C ∗ } = gA ∩ gB Nach Parallelogrammregel folgt dann |B ∗ C| = |CA∗ | = |AB| , |B ∗ A| = AC ∗ | = |BC| , |C ∗ B| = |BA∗ | = |AC| =⇒ A ist Mittelpunkt von B ∗ C ∗ , B ist Mittelpunkt von C ∗ A∗ , C ist Mittelpunkt von A∗ B ∗ . Nach Stufenwinkelsatz an geschnittenen parallelen Geraden sind die Höhen im Dreieck 4ABC die Mittelsenkrechten im 4A∗ B ∗ C ∗ . Nach Satz II.12 =⇒ Die Höhen vom 4ABC schneiden sich in einem Punkt. Satz II.14: Die Winkelhalbierenden eines Euklidischen Dreiecks 4ABC schneiden sich in einem Punkt PW . Sind Fa , Fb , Fc die Fußpunkte der Lote von PW auf die Dreiecksseiten BC, AC bzw. AB, dann gilt |PW Fa | = |PW Fb | = |PW Fc =: r Beweis. Seien wa , wb , wc die Winkelhalbierenden der Innenwinkel ^A, ^B bzw. bei C. Sei P der Schnittpunkt von wa und wb . z.z. P liegt auch auf wc . Seien Fa , Fb , Fc die Fußpunkte der Lote von P auf BC, AC bzw. AB. Wissen: |^Fb AP | = |^P AFc | , |^Fa BP | = |^Fc BP | Nach Kongruenzsatz WWS =⇒ 4AFb P ' 4AFc P , 4BFa P ' 4BFc P =⇒ |P Fb | = |P Fc | , |P Fc | = |P Fa | =⇒ |P Fa | = |P Fb | Nach Kongruenzsatz SsW =⇒ 4P Fb C ' 4P Fa C =⇒ |^P CFb | = |^P CFa | =⇒ CP −→ ist Winkelhalbierende an der Ecke C, d.h. wc = CP −→ =⇒ P ∈ wc . Definition: Der Kreis K(PW , r) heißt Inkreis von 4ABC. Satz II.15: (Seitenhalbierende und Schwerpunkt) Die Seitenhalbierenden eines Euklidischen Dreiecks 4ABC schneiden sich in einem Punkt PS . Dieser Schnittpunkt teilt den Abschnitt jeder Seitenhalbierenden im Innern des Dreiecks im Verhältnis 2 : 1 (vom Eckpunkt aus). II.4. GERADEN UND WINKEL AM KREIS 35 Beweis. Seien Ma , Mb , Mc die Mittelpunkte von |BC|, |CA| bzw. |AB|. Seien sa , sb , sc die Seitenhalbierenden auf |BC|, |CA|, |AB|. Sei P der Schnittpunkt von sa und sb . z.z. P ∈ sc . Zeige zunächst, dass |AP | = 2 · |P Ma |. (d.h. P teilt den Abschnitt AMa von sa im Verhältnis 2 : 1. Betrachte die parallelen Geraden zu sb durch A, durch Mc , durch Ma , durch C. Seien X, Y ∈ AC wie im Bild die Schnittpunkte von AC mit den entsprechenden parallelen Geraden. (X Schnittpunkt der parallelen Gerade durch MC , Y der durch Ma .) Wenden Strahlensatz aus Ecke A an: =⇒ |AMc | |AX| 1 1 1 = = =⇒ |AX| = · |AMb | = · |AC| 2 |AB| |AMb | 2 4 Strahlensatz aus Ecke C =⇒ =⇒ |AX| = |CY | = 1 |CMa | |CY | 1 1 = = =⇒ |CY | = · |CMb | = · |AC| 2 |CB| |CMb | 2 4 1 4 · |AC| =: x Strahlensatz aus A: =⇒ =⇒ =⇒ =⇒ |AMb | 2x 2 |AP | = = = |AMa | |AY | 3x 3 2 2 |P A| = · |AMa | = · (|AP | + |P Ma |) 3 3 1 2 · |P A| = · |P Ma | 3 3 |AP | = 2 · |P Ma | Betrachten jetzt sa und sc und führen die gleiche Konstruktion aus: Sei P ∗ der Schnittpunkt von sa und sc . Betrachten analog zu oben parallele Geraden zu sc . Dann folgt: |AP ∗ | = 2 · |P ∗ Ma | =⇒ P ∗ teilt |AMa | von A aus gesehen im Verhältnis 2 : 1. =⇒ P = P ∗ → P ∈ sc . Das Teilungsverhältnis gilt für jede Seitenhalbierende (Vertauschen der Bezeichnungen). Definition: Der Schnittpunkt PS heißt Schwerpunkt von 4ABC. II.4 Geraden und Winkel am Kreis Voraussetzung: (E, G, d, w) Euklidische Ebene Lemma 1: Sei K ⊂ E ein Kreis und g ⊂ E eine Gerade. Dann enthält K ∩ g höchstens 2 Punkte. Beweis. Sei K = K(M, r) = {Q ∈ E | |M Q| = r}. Angenommen, es existieren A, B, C ∈ E verschieden und {A, B, C} ⊂ K ∩ g. O.B.d.A.: A − C − B. 1. Fall: M ∈ g. Wähle Koordinatensystem ϕ auf g, sodass ϕ(M ) = 0, ϕ(C) > 0. r = |M A| = |ϕ(M ) − ϕ(A)| = |ϕ(A)| = r 36 KAPITEL II. EUKLIDISCHE GEOMETRIE r = |M B| = |ϕ(M ) − ϕ(B)| = |ϕ(B)| = r r = |M C| = |ϕ(M ) − ϕ(C)| = |ϕ(C)| = r =⇒Es kann nur auftreten: • ϕ(A) = ϕ(B) = r =⇒ A = B Widerspruch zur Vor. • ϕ(A) = −r, ϕ(B) = r =⇒ B = C Widerspruch zur Vor. • ϕ(A) = r, ϕ(B) = −r =⇒ A = C Widerspruch zur Vor. 2. Fall: M ∈ / g. Betrachte die Dreiecke 4AM C, triangleCM B. Nach Voraussetzung: |M A| = |M C| = |M B| = r Basiswinkelsatz im gleichschenkligen Dreieck und nach Innenwinkelsatz im Dreieck =⇒ π 2 π β := |^BCM | = |^CBM | < 2 α := |^CAM | = |^ACM | < Da C ∈ AB =⇒ Nebenwinkelsatz α+β =π Widerspruch zur Vor. Definition: • Eine Gerade g heißt Sekante des Kreises K, wenn #(g ∩ K) = 2. • Eine Gerade g heißt Tangente des Kreises K, wenn #(g ∩ K) = 1. (Der Schnittpunkt heißt dann Berührungspunkt von g und K.) • Die Strecke zwischen 2 vrschiedenen Punkten von K heißt Sehne von K. (Abschnitt einer Sekante) • Eine Sehne auf der der Mittelpunkt von K liegt heißt ein Durchmesser von K. Lemma 2: Sei P ∈ K := K(M, r) und g eine Gerade durch P . Dann gilt: g ist Tangente an K (mit Berührungspunkt P ) ⇔ g ⊥ M P Beweis. ( ⇒“) Angenommen g 6⊥ M P . ” Sei F der Fußpunkt des Lots von M auf g (→ P 6= F ) Sei Q ∈ g mit Q 6= P, |F P | = |F Q. =⇒ 4M F P ' 4M F Q =⇒ |M Q| = |M P | = r =⇒ Q∈K =⇒ g wäre keine Tangente =⇒ SWS Widerspruch zur Vor. II.4. GERADEN UND WINKEL AM KREIS 37 ( ⇐“) Sei M P ⊥ g. z.z. g Tangente. ” Sei Q ∈ g mit Q 6= P . Satz von Pythagoras im rechtwinkligen Dreieck 4M P Q: |M Q|2 = |M P |2 + |P Q|2 | {z } >0 da P 6=Q =⇒|M Q| > r =⇒Q ∈ / K(M, r) Satz II.16: (Satz von Thales) Sei K = K(M, r) ein Kreis und AB Durchmesser von K. Sei C ∈ K \ {A, B} Dann gilt: |^ACB| = π 2 Beweis. Basiswinkelsatz =⇒ α := |^M AC| = |^M CA| , β := |^M BC| = |^M CB| =⇒ |^ACB| = α + β E4 Innenwinkelsatz: IW S(4ABC) = π = α + β + α + β = 2(α + β) =⇒ α + β = |^ACB| = π 2 Definition: Sei AB eine Sehne im Kreis K = K(M, r). Dann heißt ^AM B Mittelpunktswinkel (Zenitwinkel) über AB und ^ACB Umfangswinkel (Peripheriewinkel) über AB. Satz II.17: (Umfangswinkelsatz) Sei AB eine Sehne von K = K(M, r), die kein Durchmesser ist, C, D ∈ K \ {AB} mit C ∈ H+ (AB, M ), D ∈ H− (AB, M . Dann gilt: |^AM B| = 2|^ACB| 1 |^ADB| = π − · |^AM B| = π − |^ACB| 2 Beweis. Sei ϕ := |^ACB| , ψ := |^AM B| 1. Behauptung: 2ϕ = ψ Basiswinkelsatz =⇒ α := |^M AC| = |^M CA| , β := |^M BC| = |^M CB| , δ := |^M AB| = |^M BA| E 4 =⇒ α + β = ϕ Innenwinkelsumme im 4ABC: π = ϕ + (α + δ) + (δ + β) = ϕ + 2δ + α + β | {z } π =ϕ im 4AM B: π = ψ + 2δ =⇒ π = 2ϕ + 2δ = 2ϕ + π − ψ =⇒ 2ϕ = ψ 2. Sei α̂ := |^DAM | = Basiswinkelsatz E 4 =⇒ α̂ + β̂ =: γ =: |^ADB| |^ADM | , β̂ := |^BDM | = |^DBM | 38 KAPITEL II. EUKLIDISCHE GEOMETRIE ψ = ψ1 + ψ2 und 2α̂ + ψ1 = π , 2β̂ + ψ2 = π =⇒ 2(α̂ + β̂ ) + ψ1 + ψ2 = 2π =⇒ γ = π − ψ2 | {z } | {z } γ ψ Folgerung: 1. Alle Umfangswinkel auf der gleichen Seite einer Sehne sind gleich groß 2. Das Maß der Umfangswinkel auf verschiedenen Seiten von AB summiert sich zu π 3. Die Winkelsumm am Mittelpunkt M ist: ψ + ψ +π − 2β + π − 2α = ψ + 2π − 2(α + β = ψ + 2π − 2ϕ = 2π | 1 {z }2 | {z } ϕ ψ Satz II.18: (Sehnen-Tangentenwinkel) Sei AB eine Sehne eines Kreises K = K(M, r), C ∈ K \ {A, B}. Sei P ein Punkt auf der Tangente g an K im Punkt A und P und C liegen auf verschiedenen Seiten der Geraden AB. Dann gilt: |^P AB| = |^ACB| Sehnen-Tangentenwinkel Umfangswinkel Beweis. 1. Fall: C und M liegen auf der gleicher Seite von AB. 2ϕ = |^AM B| (Satz 17) π ψ 2α + ψ = π =⇒ α = − 2 2 Da g ⊥ AM =⇒ |^P AM | = =⇒ |^P AB| = π 2 −α= π 2 wobei α := |^BAM | = |^P AB| + α ψ = 2 Satz 17 ϕ 2. Fall: C und M auf verschiedenen Seiten von AB. γ := |^ACB| =⇒ γ = π − Satz 17 ψ 2 π ψ − 2 2 π π π ψ ψ =⇒|^P AB| = + α = + − = π − = γ = |^ACB| 2 2 2 2 2 α := |^BM A| =⇒ π = 2α + ψ , α = Satz II.19: (Tangentensatz) Sei AB eine Sehne des Kreises K = K(M, r), P ein Punkt auf AB im Äußeren von K. Sei g eine Tangente an K mit P ∈ g und {C} = g ∩ K. Dann gilt: |AP | · |BP | = |CP |2 II.4. GERADEN UND WINKEL AM KREIS 39 Beweis. Betrachten die Sehne BC in K. Satz 18 =⇒ α := |^BAC| = |^BCP | , β = |^AP C| Betrachten 4AP C, 4CP B =⇒ 4AP C ∼ 4CP B (3 gleiche Winkelmaße) WWW Satz II.3 =⇒ |AP | |CP | = |P C| |P B| =⇒ |AP | · |BP | = |CP |2 Satz II.20: (Sekantensatz) Sei K = K(M, r) und P ein Punkt im äußeren von K. Seien g und g 0 zwei Sekanten von K mit P ∈ g ∩ g 0 und {A, B} = K ∩ g, {A0 B 0 } = K ∩ g 0 . Dann gilt: |AP | · |BP | = |A0 P | · |B 0 P | Beweis. Sei l die Tangente an K durch P , {C} = K ∩ l. Satz 19 =⇒ |AP | · |BP | = |CP |2 = |A0 P | · |B 0 P | Satz II.21: (1. Sehnensatz) Sei K = K(M, r) ein Kreis und P ein Punkt im Inneren von K. Seien AB und A0 B 0 zwei Sehnen von K durch P . Dann gilt: |AP | · |BP | = |A0 P | · |B 0 P | Beweis. Betrachten die Sehne A0 B. ^A0 AB und ^A0 B 0 B sind Umfangswinkel auf der gleichen Seite von M =⇒ |^A0 AB| = |^A0 B 0 B| Scheitelwinkelsatz =⇒ |^BP B 0 | = |^A0 P A| =⇒ 4A0 AP ∼ 4BB 0 P |AP | 0 Satz II.3 |B P | =⇒ = |A0 P | |BP | =⇒ |AP | · |BP | = |A0 P | · |B 0 P | Satz II.22: (2. Sehnensatz) Sei AB eine Sehne im Kreis K = K(M, r) und P ∈ AB. Dann gilt: |AP | · |BP | = r2 − |M P |2 Beweis. Für P = M gilt die Behauptung. Sei P 6= M . Betrachte neue Sehne A0 B 0 durch P mit A0 B 0 ⊥ M P . =⇒ 4A0 M P ' 4B 0 M P =⇒ |A0 P | = |B 0 P | =⇒ |A0 P | · |B 0 P | = |A0 P |2 | {z } = Pythagoras |A0 M |2 − |M P |2 = r2 − |M P |2 =|AP |·|BP | (Satz 21) Definition: Seien A, B, C, D 4 Punkte in E mit folgenden Eigenschaften: • Je 3 davon sind nicht kollinear • AB, BC, CD, DA schneiden sich höchstens in den Eckpunkten. Dann heißt ABCD := AB ∪ BC ∪ CD ∪ DA Viereck in E. Innenwinkel an den Eckpunkten von ABCD: ^A := ^DAB , ^B := ^ABC , ^C := ^BCD , ^D := ^CDA 40 KAPITEL II. EUKLIDISCHE GEOMETRIE Diagonalen in ABCD sind die Strecken AC und BD. Gegenüberliegende Seiten: AB und CD, AC und BD. Gegenüberliegende Winkel: ^A und ^C, ^B und ^D Definition: := ABCD heißt konvex , wenn ABCD vollständig auf einer abgeschlossenen Seite bzgl. jeder Kante von ABCD liegt. (z.B. ⊂ H+ (AB, C) ∪ AB usw. für die anderen Seiten) Lemma 3: Sei = ABCD ein Viereck. Dann sind folgende Bedingungen äquivalent: 1. ist konvex 2. Die Diagonalen von schneiden sich 3. Jede Seite von liegt in einer Halbebene von E, in die die gegenüberliegende Seite E teilt. 4. Jeder Eckpunkt von liegt im Inneren des Winkels der gegenüberliegenden Ecke. Beweis. ÜA Definition: 1. = ABCD heißt Sehnenviereck , wenn es einen Kreis K gibt, mit A, B, C, D ∈ K. (dann sind AB, BC, CD, DA Sehnen von K). 2. ABCD heißt Tangentenviereck , wenn es einen Kreis K gibt, der die Seiten AB, BC, CD, DA in jeweils einem Punkt berührt (d.h. AB, BC, CD, DA sind Tangenten an K). Bemerkung: Sehnen- und Tangentenvierecke sind konvex. Satz II.23: (Satz über Sehenviereck) 1. In jedem Sehenviereck ergänzen sich die Maße von gegenüberliegenden Innenwinkeln zu π. 2. Jedes Viereck, in dem sich die Maße der gegenüberliegenden Innenwinkel zu π ergänzen, ist ein Sehnenviereck. Beweis. 1. Die Diagonalen schneiden sich: DB ∩ AC 6= ∅ =⇒ D und B liegen auf verschiedenen Seiten von AC. Satz 17 =⇒ |^D| + |^B| = π. (analog für das andere Paar von Winkeln) 2. Sei ABCD mit |^A| + |^C| = π , |^B| + |^D| = π. Dann ist ABCD konvex (denn ((Skizze eines nicht konvexen Vierecks)) =⇒ |^A| + |^C| < π Widerspruch zur Vor.) Betrachten den Umkreis von 4ABC (→ Mittelsenkrechten) 0 1. Fall: Angenommen, D liegt im Inneren von K. Verlängere (?) AD −−→. D sei der 2. Schnittpunkt von AD mit K =⇒ ABCD0 ist Sehnenviereck =⇒ |^B| + |^AD0 C| = π, nach Vor.: |^B| + 1) |^ADC| = π =⇒ |^AD0 C| = |^ADC| Das widerspricht dem Stufenwinkelsatz an geschnittenen Geraden (da DC 6k D0 C) II.4. GERADEN UND WINKEL AM KREIS 41 2. Fall: D ∈ Out K. Dies führt man mit analogen Argumenten zum Widerspruch. =⇒ D ∈ K =⇒ ABCD Sehnenviereck Satz II.24: 1. Ist ABCD ein Tangentenviereck, dann gilt: |AB| + |CD| = |BC| + |DA| (∗) 2. Ist ABCD ein konvexes Viereck mit (∗), dann ist ABCD ein Tangentenviereck. Beweis. 1. Seien P, Q, R, S die Berührpunkte des Innenkreises von ABCD mit AB, BC, CD bzw. DA. Punkt A: 4AP M ' 4ASM (SsW) =⇒ |AP | = |AS| =: a analog von Ecken B, C, D aus, erhält man =⇒ |BQ| = |P B| =: b, |CQ| = |CR| =: c, |RD| = |DS| =: d =⇒ |AB| + |CD| = a + b + c + d = |AD| + |BC| 2. Sei ABCD ein konvexes Viereck mit |AB| + |CD| = |BC| + |AD| 1. Fall: |AB| = |BC| Dann ist |DC| = |DA| =⇒ 4ABD ' 4CBD (SSS) =⇒ |^A| = |^C| und DB ist die Winkelhalbierende von ^D, ^B, da ABCD ein konvexes Viereck ist. Sei MA der Schnittpunkt der Winkelhalbierenden von ^A mit DB. Sei MC der Schnittpunkt der Winkelhalbierenden von ^C mit DB. =⇒ 4ABMA ' 4CBMC (WSW) =⇒ |BMA | = |BMC | =⇒ MA = MC =: M =⇒ Alle 4 Winkelhalbierenden von ^A, ^B, ^C, ^D schneiden sich in M ∈ BD. ÜA 16: d(M, AB) = d(M, AD) = d(M, DC = d(M, BC) =: r =⇒ AB, BC, CD, DA liegen tangential an dem Kreis K(M, r). =⇒ ABCD ist ein Tangentenviereck. 2. Fall: |AB| = 6 |BC| OBdA sei |AB| > |BC| =⇒ |AD| > |CD| Vor. Seien C 0 ∈ AB mit |BC| = |BC 0 | =: b und C 00 ∈ AD mit |DC| = |DC 00 | =: c Sei a = |AC 0 |, ã = |AC 00 | =⇒ a + b + c = b + c + ã =⇒ a = ã Vor. Betrachte 4CC 00 C 0 Ecke A: Sei MA der Schnittpunkt der Winkelhalbierenden von ^A mit C 0 C 00 =⇒ 4C 0 MA A ' 4C 00 MA A (SWS) =⇒ •|C 0 MA | = |C 00 MA |, d.h. MA ist der MIttelpunkt von C 0 C 00 •|^C 0 MA A| = |^C 00 MA A| = π2 wegen Nebenwinkelsatz =⇒ Die Winkelhalbierende von ^A ist die Mittelsenkrechte von 4CC 00 C 0 auf 42 KAPITEL II. EUKLIDISCHE GEOMETRIE C 0 C 00 =⇒ Die Winkelhalbierende von ^D ist die Mittelsenkrechte von 4CC 00 C 0 auf analog C 00 C =⇒ Die Winkelhalbierende von ^B ist die Mittelsenkrechte von 4CC 00 C 0 auf analog CC 0 =⇒ Diese 3 Winkelhalbierenden schneiden sich in einem Punkt M . =⇒ d(M, AB) = d(M, AD) = d(M, DC) = d(M, BC) =: r ÜA 16 Da ABCD konvex =⇒ M liegt im Inneren von ^C =⇒ M liegt auf Winkelhalbierenden bei c =⇒ K(M, r) ist der Innkreis von ABCD =⇒ ABCD ist ein Tangentenviereck. II.5 Flächeninhalt für ebene Figuren in der Euklidischen Geometrie Voraussetzung: (E, G, d, w) Euklidische Ebene Elementargeometrischer Begriff von Flächeninhalt. Frage: Wie kann man die Größe“ ( Flächeninhalt“) von Flächenstücken M ⊂ E messen? ” ” µ : M ⊂ E → [0, ∞] ? M 7→ µ(M) = Flächeninhalt von M“ ” Definition: µ(M) für gewisse Teilmengen M ⊂ E durch Axiome. Axiome für Flächeninhalt µ A1: Sei ABCD ein Rechteck und RABCD := ABCD∪Int ABCD die Rechtecksfläche. Int ABCD := H+ (AB, C) ∩ H+ (CD, A) ∩ H+ (BC, A) ∩ H+ (AD, C) Dann gilt: µ(RABCD) = |AB| · |BC| A 2: Sei 4ABC ein Dreieck und DABC := 4ABC ∪ Int 4ABC. Seien 4ABC ' 4A0 B 0 C 0 . Dann gilt: µ(DABC) = µ(DA0 B 0 C 0 ) A 3: Seien D1 und D2 zwei Dreiecksflächen, die keinen gemeinsamen Punkt in ihrem Inneren haben. Dann gilt: µ(D1 ∪ D2 ) = µ(D1 ) + µ(D2 ) (Additivität von µ) Satz II.25: Sei 4ABC ein Dreieck mit den Standardbezeichnungen. Dann gilt: µ(DABC) = 1 · hc · c 2 II.5. FLÄCHENINHALT FÜR EBENE FIGUREN IN DER EUKLIDISCHEN GEOMETRIE43 Beweis. 1. Fall: 4ABC ist rechtwinklig mit |^B| = π2 Ergänze 4ABC zu einem Rechteck ABCD. (Lotfällen auf A, Winkel vom Maß α = |^A| in C an AC antragen auf Seite H− (AC, B)) =⇒ Erhalte Schnittpunkt D nach V. Postulat von Euklid. |^C| = π2 in ABCD nach Konstruktion. =⇒ AB k CD Stufenwinkelsatz π 2 Stufenwinkelsatz der Euklidischen Geometrie =⇒ |^CDA| = Da AB k DC, BC k AD =⇒ |AB| = |DC|, |AD| = |BC| =⇒ 4ACB ' 4ACD (SSS) =⇒ µ(DACB) = µ(DACD) A2 nach A 3: µ(RABCD) = µ(DACB) + µ(DACB) 1 =⇒ µ(DABC) = hc · c 2 2. Fall: |^B| < π 2 1 ·hc ·|AP |+ 12 ·hc ·|P B| 1. Fall 2 1. µ(DABC) = µ(DAP C)+µ(DP BC) = A3 1 2 = 12 ·hc ·|AB| = · hc · c 2. µ(DP BC) = µ(DCP A) + µ(DCAB) =⇒ µ(DABC) = 12 hc · (|P A| + |AB|) − 21 · hc · |P A| = 1 2 · hc · c 3. Fall: analog Satz II.26: (Heronsche Formel) Sei 4ABC ein Dreieck mit den Standardbezeichnungen. p = Umfangs von 4ABC. Dann gilt: p 1 · hc · c = p(p − a)(p − b)(p − c) | {z } 2 Symm. ina,b,c 1 (a 2 + b + c) die Hälfte des 44 KAPITEL II. EUKLIDISCHE GEOMETRIE Beweis. 1 (a + b + c)(b + c − a)(a − (b − c))(a + (b − c)) 16 1 = (b + c)2 − a2 a2 − (b − c)2 16 1 = (b2 − c2 )2 − a4 + a2 ((b + c)2 + (b − c)2 ) | {z } 16 p(p − a)(p − b)(p − c) = (Faktoren > 0 2a2 (b2 +c2 ) =⇒ 1 b2 c 2 − p(p − a)(p − b)(p − c) = 4b2 c2 − (b2 − c2 )2 +a4 − 2a2 (b2 + c2 ) {z } 4 16 | (b2 +c2 )2 1 2 1 (b + c2 − a2 )2 = (2bc · cos α)2 Cosinussatz 16 16 1 2 2 1 2 2 2 = b c cos α = b c (1 − sin2 α) 4 4 1 2 2 1 2 2 2 = b c − b c sin α 4 4 = r p =⇒ p(p − a)(p − b)(p − c) = wobei α = |^A| 1 1 2 2 2 b c sin α = b · c · sin α 4 2 Nach Def. von sin α gilt: hc sin α = b p 1 =⇒ p(p − a)(p − b)(p − c) = hc · c 2 Folgerung: Für den Flächeninhalt eines Dreiecks DABC gilt: p 1 1 1 µ(DABC) = hc · c = ha · a = hb · b = p(p − a)(p − b)(p − c) 2 2 2 Folgerung: Für jede Dreiecksfläche DABC gilt: p2 µ(DABC) ≤ √ 3·3 und ” = “ ⇔ a = b = c d.h. 4ABC gleichseitig Beweis. Sei x1 := p − a, x2 := p − b, x3 := p − c =⇒ x1 , x2 , x3 > 0 Dann gilt die Ungleichung: √ x1 + x2 + x3 3 x1 · x 2 · x3 ≤ (∗) (Gleichheit bei: x1 = x2 = x3 ) | {z } 3 | {z } Geometrisches Mittel Arithmethisches Mittel =⇒ µ(DABC)2 = p(p − a)(p − b)(p − c) = px1 x2 x3 Satz 26 ≤ p· (∗) (x1 + x2 + x3 )3 p · p3 p4 = = 27 27 27 Gleichheit wenn x1 = x2 = x3 D.h. µ(DABC) ≤ p√2 3 3 , =“⇔ x1 = x2 = x3 ⇔ a = b = c ” II.5. FLÄCHENINHALT FÜR EBENE FIGUREN IN DER EUKLIDISCHEN GEOMETRIE45 Folgerung: (o.B.) Für jede Dreiecksfläche DABC gilt: 1 · b · c · sin α 2 µ(DABC) = Definition: Eine Teilmenge P ⊂ E heißt Polygon, wenn es endlich viele Dreiecksflächen D1 , D2 , . . . , Dk , k ≥ 1 gibt, sodass 1. P = k S Di i=1 2. ∀i 6= j gilt: Di ∩ Dj ist leer, eine gemeinsame Ecke oder eine gemeinsame Seite. Die Menge solcher Dreiecksflächen {D1 , . . . , Dk } mit 1. und 2. heißt Triangulierung von P. Satz II.27: Sei P ein Polygon mit {D1 , . . . , Dk } und {D10 , . . . , Dl0 } zwei Triangulierungen von P. Dann gilt: k l X X µ(Di ) = µ(Dj0 ) i=1 j=1 Beweis. (siehe H. Koch: Einführung in die Mathematik“, Satz 7.4. ” Definition: P ⊂ E sei ein Polygon und {D1 , . . . , Dk } eine Triangulierung von P. µ(P) := k X µ(Di ) i=1 heißt Flächeninhalt (Flächenmaß) von P. (korrekt definiert nach Satz 27) Definition: Sei M ⊂ E. sup{µ(P) | P Polygon und P ⊂ M}, falls (*) nicht leer und beschränkt | {z } (∗) µ(M) := ∞, falls (*) nicht beschränkt 0, es existiert kein Polygon P mit P ⊂ M d.h. (*) = ∅ heißt inneres Flächenmaß von M. ( µ(M) := inf{µ(P) | P Polygon , M ⊂ P} ∞, falls kein Polygon Pexistiert mit M ⊂ P heißt äußeres Flächenmaß von M. Definition: Eine Menge M ⊂ E heißt messbar, wenn µ(M) = µ(M). In diesem Fall heißt µ(M) := µ(M) = µ(M) das Flächenmaß (Flächeninhalt) von M. Bemerkung: Nicht jede Teilmenge M ⊂ E ist messbar: 46 KAPITEL II. EUKLIDISCHE GEOMETRIE 1. Ist M ein Punkt oder eine Strecke, dann ist M messbar und µ(M) = 0. • Es existiert kein Polygon P mit P ⊂ M. =⇒ µ(M) = 0 • µ(M) = 0, da jedes Rechteck P = ... M enthält. =⇒ µ(M) = 0 2. M ⊂ E sei eine Gerade. Dann ist M nicht messbar, da µ(M) = 0 , µ(M) = ∞ (es existiert kein Polygon, das die Gerade enthält) 3. Sei E = R2 die Cartesische Euklidische Ebene. M = [0, 1] × [0, 1] ∩ Q × Q ⊂ R2 Dann ist M nicht messbar: • M enthält kein Polygon =⇒ µ(M) = 0 • µ(M) = µ([0, 1] × [0, 1]) = 1 0 ∞ Satz II.28: Sei M ⊂ E eine Teilmenge und {Mn }∞ n=1 , {M }n=1 Folgen von messbaren Teilmengen von E mit 1. Mn ⊂ M ⊂ M0 ∀n ∈ N 2. lim µ(Mn ) = lim µ(M0n ) n→∞ n→∞ Dann ist M messbar und es gilt: µ(M) = lim µ(Mn ) = lim µ(M0n ) n→∞ n→∞ Beweis. siehe H. Koch: Einführung in die Mathematik“, Satz 7.6. ” Satz II.29: Sei K(M, r) := {P ∈ E | |M P | ≤ r} die abgeschlossene Kreisscheibe um M von Radius r. Dann ist K(M, r) messbar und es gilt: µ(K(M, r)) = π · r2 Beweis. Idee: Polygone im Kreis (Sehnen) und um den Kreis (Tangenten) mit immer mehr Eckpunkten. Kapitel III Isometrien und konforme Abbildungen III.1 Isometrien der absoluten Geometrie Sei (E, G, d, w) eine absolute ebene Geometrie. Das heißt, es gelten die Axiome E 1 - E 5. Definition: Eine Abbildung Φ : E → E heißt Isometrie der absoluten ebenen Geometrie, wenn d(Φ(P ), Φ(Q)) = d(P, Q) ∀P, Q ∈ E Satz III.1: Für eine Isometrie Φ : E → E gilt: 1. Φ ist bijektiv 2. Φ ist winkeltreu, d.h. |^Φ(A)Φ(S)Φ(B)| = |^ASB| ∀A, B, S ∈ E, A 6= S, B 6= S 3. Φ ist geradentreu, d.h. G→G l 7→ Φ(l) := {Φ(P ) | P ∈ l} ist korrekt definiert und bijektiv. Beweis. (a) Φ ist injektiv, denn: Seien Φ(P ) = Φ(Q) =⇒ d(Φ(P ), Φ(Q)) = 0 = Isometrie d(P, Q) =⇒ P = Q (b) A − B − C ⇔ Φ(A) − Φ(B) − Φ(C) : Denn: A − B − C ⇔ A, B, C sind kollinear mit B ∈ AC und d(A, B) + d(B, C) = d(A, C) Def. ⇔ Φ Isometrie d(Φ(A), Φ(B)) + d(Φ(B), Φ(C)) = d(Φ(A), Φ(C)) und somit nach Drei- ecksungleichung (Satz I.11) Φ(B) ∈ Φ(A)Φ(C) ⇔ Φ(A) − Φ(B) − Φ(C) (c) Φ ist winkeltreu: Seien A, S, B ∈ E und A 6= S, B 6= S =⇒ Φ injektiv Φ(A) 6= Φ(S), Φ(B) 6= Φ(S) • ^ASB Nullwinkel ⇔ ^Φ(A)Φ(S)Φ(B) ist Nullwinkel (b) 47 48 KAPITEL III. ISOMETRIEN UND KONFORME ABBILDUNGEN • ^ASB gestreckter Winkel ⇔ ^Φ(A)Φ(S)Φ(B) gestreckter Winkel (b) • A, S, B nicht kollinear ⇔ Φ(A), Φ(S), Φ(B) nicht kollinear. b) Da Φ Isometrie folgt nach (SSS): 4ASB ' 4Φ(A)Φ(S)Φ(B) =⇒ |^ASB| = |^Φ(A)Φ(S)Φ(B)| (d) Φ ist surjektiv: Sei P ∈ E. Suche ein Urbild Q ∈ E mit Φ(Q) = P . Betrachte beliebiges Dreieck 4ABC in E. und das Bilddreieck“ 4Φ(A)Φ(B)Φ(C). ” OBdA liege P nicht auf der Geraden Φ(A)Φ(B). Sei α := |^Φ(B)Φ(A)P |, b := |Φ(A)P |. Betrachte die Punkte Q1 , Q2 ∈ E, die wegen E 4 (2) und E 2 und E 3 durch folgende Bedingungen eindeutig bestimmt sind: Q1 ∈ H+ (AB, C) , Q2 ∈ H− (AB, C) |^BAQ| = α , |AQi | = b Da Φ Isometrie =⇒ |Φ(A)Φ(Qi )| = |AQi | = b = |Φ(A)P | =⇒ |^Φ(B)Φ(A)Φ(Qi )| = α (c) =⇒ E 4 (2), E 2 P = Φ(Q1 ), falls Φ(Q1 ) ∈ H+ (Φ(A)Φ(B), P ) oder P = Φ(Q2 ) sonst. (e) Φ ist geradentreu: • Sei l Gerade in G. z.z. Φ(l) = {Φ(P ) | P ∈ l} ist eine Gerade. Seien A, B ∈ l, A 6= B d.h. l = AB und ˆl := Φ(A)Φ(B). z.z. ˆl = Φ(l). – Sei P ∈ ˆl. Da Φ surjektiv ist, existiert Q ∈ E mit Φ(Q) = P . =⇒ Q, A, B sind kollinear, da Φ(Q) = P, Φ(A), Φ(B) kollinear (a) =⇒ Q ∈ l =⇒ Φ(Q) ∈ Φ(l) =⇒ ˆl ⊂ Φ(l) – Sei P ∈ Φ(l). Angenommen P ∈ / Φ(A)Φ(B). Sei Q ∈ E mit Φ(Q) = P . Nach (a) gilt dann: Q ∈ / AB = l =⇒ P ∈ / Φ(l) Widerspruch zur Vor. =⇒ Φ(l) = Φ(A)Φ(B) = ˆl. Das heißt, die Abbildung Φ̂ : G → G l 7→ Φ(l) = {Φ(P ) | P ∈ l} ist eine korrekt definierte Abbildung und diese Abbildung ist bijektiv, denn die Abbildung G→G ˆl 7→ Φ−1 (ˆl) = {Φ−1 (P ) | P ∈ ˆl} ist die inverse Abbildung zu Φ̂. Definition: Sei R, G, F, d, w) eine absolute räumliche Geometrie. Eine Abbildung Φ : R → R heißt Isometrie, falls d(Φ(P ), Φ(Q)) = d(P, Q) ∀P, Q ∈ R III.1. ISOMETRIEN DER ABSOLUTEN GEOMETRIE 49 Satz III.2: Sei Φ : R → R eine Isometrie eines absoluten Raumes. Dann gilt: 1. Φ ist bijektiv. 2. Φ ist winkeltreu, d.h. |^ASB| = |^Φ(A)Φ(S)Φ(B)| ∀A, B, S ∈ R, S 6= A, S 6= B 3. Φ ist geradentreu 4. Φ ist ebenentreu, d.h. Φ:F →F E 7→ Φ(E) = {Φ(P ) | P ∈ E} ist korrekt definiert und bijektiv. Beweis. Analog zu Satz 1. Definition: Isom(E, d) := {Φ : E → E | Φ Isometrie} heißt Isometrie-Gruppe von (E, d). Insbesondere: • idE ∈ Isom(E, d) • Φ, ψ ∈ Isom(E, d) =⇒ Φ ◦ ψ ∈ Isom(E, d) • Φ ∈ Isom(E, d) =⇒ Φ−1 ∈ Isom(E, d) Geradenspiegelungen Sei g eine Gerade in E, P ∈ / g. Sei l das Lot von P auf g (Satz I.16), F Fußpunkt des Lots und sei P 0 ∈ l definiert durch 1. P 0 ∈ H− (g, P ) 2. P 0 ∈ l 3. |F P 0 | = |F P | (das bestimmt P 0 eindeutig nach E 3, E 2). P 0 heißt Spiegelpunkt von P an g. Insbesondere ist g die Mittelsenkrechte auf P P 0 . Definition: Die Abbildung Sg : E → E ( p 7→ P P Spiegelpunkt von P an g 0 heißt Geradenspiegelung an der Geraden g. =⇒ • Sg2 = IdE (d.h. Sg ist eine Involution) wenn P ∈ g wenn P ∈ /g 50 KAPITEL III. ISOMETRIEN UND KONFORME ABBILDUNGEN • Sg (P ) = P ⇔ P ∈ g • m, g Geraden. Dann gilt: Sg = Sm ⇔ g = m Sg (m) = m ⇔ m = g oder m ⊥ g Satz III.3: Jede Geradenspiegelung Sg : E → E ist eine Isometrie. Beweis. Seien P, Q ∈ E, P 6= Q und P 0 := Sg (P ), Q0 := Sg (Q). z.z. |P 0 Q0 | = |P Q| 1. Fall: P, Q ∈ g =⇒ P 0 = P, Q0 = Q → |P Q| = |P 0 Q0 | 2. Fall: P ∈ / g, Q ∈ g =⇒ Q liegt auf der Mittelsenkrechten g von P P 0 . =⇒ |P Q| = |P 0 Q| = |P 0 Q0 | Satz I.17 3. Fall: P, Q ∈ / g und P Q ⊥ g. Sei F der Schnittpunkt von g und P Q. Nach Satz I.2 existiert ein Koordinatensystem ϕ auf P Q mit ϕ(F ) = 0. Nach Definition von P 0 , Q0 gilt: ϕ(P 0 ) = −ϕ(P ), ϕ(Q0 ) = −ϕ(Q) (E 2) =⇒ |P Q| = d(P, Q) = |ϕ(P ) − ϕ(Q)| = | − (ϕ(P 0 ) − ϕ(Q0 ))| = |ϕ(P 0 ) − ϕ(Q0 )| = d(P 0 , Q0 ) = |P 0 Q0 | E2 4. Fall: P, Q ∈ / g und P Q 6⊥ g Sei M Fußpunkt des Lots von P auf g. Sei N Fußpunkt des Lots von Q auf g. =⇒ N 6= M Nach (SWS) =⇒ 4P M N ' 4P 0 M N =⇒ |^M N P | = |^M N P 0 | =: α =⇒ da QQ0 ⊥ g : |^P N Q| = |^P 0 N Q0 | Nach (SWS) =⇒ 4P N Q ' 4P 0 N Q0 =⇒ |P Q| = |P 0 Q0 | Definition: Ein Punkt P ∈ E heißt Fixpunkt einer Abbildung Φ : E → E, wenn Φ(P ) = P . Satz III.4: Sei Φ : E → E eine Isometrie der absoluten ebenen Geometrie. Dann gilt: 1. Seien P, Q zwei verschiedene Fixpunkte von Φ. Dann gilt: Φ(A) = A ∀A ∈ P Q 2. Seien P, Q, R drei nicht kollineare Fixpunkte von Φ. Dann gilt: Φ = idE . Insbesondere ist jede Isometrie durch das Bild von drei nicht kollinearen Punkten eindeutig bestimmt. Beweis. 1. Seien P, Q ∈ E, P 6= Q mit Φ(P ) = P, Φ(Q) = Q. Nach Satz III.3 =⇒ Φ(P Q) = Φ(P )Φ(Q) = P Q (Φ ist geradentreu) Sei A ∈ P Q und B := Φ(A). z.z. B = A. =⇒ |AP | = |Φ(A)Φ(P )| = |BP | , |AQ| = |Φ(A)Φ(Q)| = |BQ| (*) Angenommen A 6= B: Satz I.17 =⇒ P, Q liegen auf der Mittelsenkrechten von AB (*) III.1. ISOMETRIEN DER ABSOLUTEN GEOMETRIE 51 Nach Wahl von A, B gilt: A, B, P, Q liegen auf der gleichen Geraden. =⇒ P = Q = Mittelpunkt von AB Widerspruch (da P 6= Q) =⇒ A = B =⇒ Φ(A) = A ∀A ∈ P Q 2. Seien P, Q, R ∈ E nicht kollinear und Φ(P ) = P, Φ(Q) = Q, Φ(R) = R. Behauptung: Φ = idE Betrachte 4P QR = P Q ∪ QR ∪ RP Nach 1. gilt: Φ(X) = X ∀X ∈ 4P QR. Sei A ∈ E beliebig mit A ∈ / 4P QR. Sei B ∈ 4P QR kein Eckpunkt. Betrachte die Gerade l := AB. Nach dem Postulat von pasch (Satz I.4) gilt: l schneidet 4P QR in einem weiteren Punkt C. =⇒ Φ(B) = B, Φ(C) = C, B 6= C =⇒ Φ(A) = A da A ∈ BC =⇒ Φ = idE 1. Seien Φ und ψ Isometrien, A, B, C ∈ E nicht kollinear und Φ(A) = ψ(A) , Φ(B) = ψ(B) , Φ(C) = ψ(C). ψ ist bijektiv und die Abbildung F := ψ −1 ◦ Φ : E → E ist eine Isometrie. =⇒ F (A) = ψ −1 ◦ Φ(A) = A , F (B) = ψ −1 ◦ Φ(B) = B , F (C) = ψ −1 ◦ Φ(C) = C =⇒ F = idE =⇒ ψ = Φ. Satz III.5: Seien 4ABC ' 4DEF . Dann existiert genau eine Isometrie Φ : E → E mit Φ(A) = D , Φ(B) = E , Φ(C) = F . Bemerkung: Deshalb heißen Isometrien auch Kongruenzabbildungen. Beweis. (1) A 7→ D: Ist A 6= D dann sei die Gerade mq die Mitelsenkrechte von AD. Sei Φ1 : E → E , ( ide A = D Φ1 := Sm1 A 6= D =⇒ Φ1 ist eine Isometrie (Satz III.3) und Φq (A) = D , B1 := Φ1 (B), C1 := Φ1 (C) (2) B1 7→ E: Falls E 6= B1 sei m2 die Mittelsenkrechte von B1 E. Behauptung: D ∈ m2 : Denn: |DE| = |AB| = = |Φ1 (A)Φ1 (B)| = |DB1 | =⇒ D liegt auf der Mittel' Φ1 Isometrie Satz I.17 senkrechten m2 von B1 E. Definiere Φ2 : E → E ( Φ2 := idE Sm2 wenn B1 = E B1 6= E =⇒ Φ2 ist eine Isometrie mit Φ2 (B1 ) = E, Φ2 (D) = D. Satz III.3 Sei C2 := Φ2 (C1 ) 52 KAPITEL III. ISOMETRIEN UND KONFORME ABBILDUNGEN (3) C2 7→ F : Falls C2 6= F dann sei m3 die Mittelsenkrechte auf C2 F . Behauptung: D, E ∈ m3 Denn: |DF | = |AC| = |Φ1 (A)Φ1 (C)| = |DC1 | = |Φ2 (D)Φ2 (C1 )| = |DC2 | ' =⇒ D ∈ m3 = Mittelsenkrechte auf F C2 . Satz I.17 |EF | = |BC| = |Φ1 (B)Φ1 (C)| = |B1 C1 | = |Φ2 (B1 )Φ2 (C1 )| = |EC2 | ' =⇒ E ∈ m3 Satz I.17 Definiere Φ3 : E → E ( Φ3 := idE Sm3 wenn C2 = F C2 6= F =⇒ Φ3 ist Isometrie mit Φ3 (D) = D, Φ3 (E) = E, Φ3 (C2 ) = F . Betrachte nun Φ := Φ3 ◦ Φ2 ◦ Φ1 : E → E. Dann ist Φ Isometrie und Φ(A) = Φ3 Φ2 (D) = D , Φ(B) = Φ3 Φ2 (B1 ) = Φ3 (E) = E , Φ(C) = Φ3 Φ2 (C1 ) = Φ3 (C2 ) = F . Das zeigt die Existenz von Φ. Eindeutigkeit von Φ folgt aus Satz 4 (Punkt 2). Satz III.6: 1. Jede Isometrie der absoluten Ebene E ist das Produkt von höchstens 3 Geradenspiegelungen. 2. Hat die Isometrie Φ einen Fixpunkt, so ist Φ entweder eine Geradenspiegelung oder das Produkt von 2 Geradenspiegelungen. 3. Die Isometrie Φ hat zwei verschiedene Fixpunkte P, Q ⇔ Φ = idE oder Φ = SP Q Beweis. Φ : E → E Isometrie 1. Seien A, B, C ∈ E nicht kollinear (E 1) und D := Φ(A), E := Φ(B), F := Φ(C). =⇒ 4ABC ' 4DEF Φ Isom. =⇒ Φ = Φ3 ◦ Φ2 ◦ Φ1 aus Satz 5, d.h. Φ ist Produkt von höchstens 3 GeradenBeweis Satz 5 spiegelungen. 2. Sei A ∈ E mit Φ(A) = A. Betrachte dann in 1. das Dreieck 4ABC → Φ = Φ2 ◦ Φ1 in Satz 5. 3. Seien A, B ∈ E Fixpunkte von Φ, A 6= B. Betrachte in 1. das Dreieck 4ABC. =⇒ Φ = Φ3 ◦ Φ2 ◦ Φ1 = Φ3 Identität oder Spiegelung an Geraden. Beweis Satz 5 to do: es fehlen wenige Minuten Definition: Seien M1 , M2 ⊂ E Teilmengen. Dann heißt M1 kongruent zu M2 (M1 ' M2 ), wenn es eine Isometrie Φ gibt mit Φ(M1 ) = M2 Bemerkung: Bemerkung: Die analogen Resultate gelten für räumliche absolute Geometrien (R, G, F, d, w). • Jede Isometrie ist Verknüpfung von höchstens 4 Ebenenspiegelungen • Eine Isometrie Φ hat 4 nicht-ko..?? Fixpunkte ⇔ Φ = IdR III.2. KLASSIFIKATION DER ISOMETRIE DER EUKLIDISCHEN EBENE 53 Ebenenspiegelung E ⊂ R Ebene, P ∈ /E Sei l das Lot durch P auf E mit dem Fußpunkt F . Dann sei der Spiegelpunkt P 0 von P an E der Punkt • P0 ∈ l • P 0 ∈ H− (E, P ) • |F P 0 | = |F P | SE : R → R ( P 7→ P wenn P ∈ E P Spiegelpunkt wenn P ∈ /E 0 Beweis geht analog zum ebenen Fall. III.2 Klassifikation der Isometrie der Euklidischen Ebene Sei (E, G, d, w, ) Euklidische Ebene. (Es gilt zusätzlich E 6) Ziel: Wollen Isom (E, d) genauer beschreiben. Definition: Eine Abbildung t : E → E heißt Translation (oder Verschiebung), wenn t = IdE oder t hat keinen Fixpunkt und P, Q ∈ E mit P 6= Q gilt: 1. P t(P ) k Qt(Q) 2. |P t(P )| = |Qt(Q)| 3. Ist Qt(Q) 6= P t(P ), dann liegen t(Q) und t(P ) auf der gleichen Seite von P Q. Ist Qt(Q) = P t(P ) = g, so gilt für jedes Koordinatensystem ϕ(t(P ))−ϕ(P ) = ϕ(t(Q))− ϕ(Q) Dann gilt: • Jede Translation t ist durch den Wert eines Punktes P ∈ E eindeutig bestimmt. • Für 2 verschiedene Punkte P, Q ∈ E existiert genau eine Translation t mit t(P ) = Q (da das Axiom E 6 gilt) Bezeichnung: t = tP Q Translation in Richtung des Strahls P Q um den Betrag |P Q| − − → −→ Satz III.7: (Irgendeiner der vorigen Dinge...) Satz III.8: 1. Jede Translation ist eine Isometrie der Euklidischen Ebene. Jede Gerade l geht in eine zu l parallele Gerade t(l) über (d.h. l k t(l)). 2. Trans(E, d) = {t : E → E | t Translation } ist mit ◦ eine abelsche Gruppe. 54 KAPITEL III. ISOMETRIEN UND KONFORME ABBILDUNGEN 3. Trans(E, d) ist ein reeller Vektorraum und wirkt einfach-transitiv auf E, d.h. für P, Q ∈ E existiert genau eine Translation t mit Q = t(P ), d.h. (E, Trans(E, d), +) mit E × Trans(E, d) → E (P, t) 7→ P + t := t(P ) −→ ist ein affiner Raum. (Bezeichnung: Wenn Q = t(P ), dann t = P Q = tP Q . − − → Beweis. 1. Sei t : E → E Translation mit t 6= IdE . P, Q ∈ E mit P 6= Q z.z. d(P, Q) = d(t(P ), t(Q)) Fall a) P, Q, t(P ), t(Q) liegen auf einer Geraden g. Sei ϕ ein Koordinatensystem auf g. =⇒ d(t(P ), t(Q)) = |ϕ(t(P ))−ϕ(t(Q))| = |ϕ(P )−ϕ(Q)| = da ϕ(t(P ))−ϕ(P )=ϕ(t(Q))−ϕ(Q) E2 d(P, Q) Fall b) Qt(Q) 6= P t(P ) Behauptung: QP k t(Q)t(P ) Sei l die zu P Q parallele Gerade durch t(P ) und Q0 der Schnittpunkt von l mit Qt(Q). Q0 liegt auf der gleichen Seite von P Q wie t(P ), t(Q) (nach E 3) Dann ist P t(P )Q0 Q ein Parallelogramm. Parallelogrammregel der Euklidischen Geometrie =⇒ |P t(P )| = |QQ0 | , |P Q| = |t(P )Q0 | Nach Def. von t =⇒ |P t(P )| = |Qt(Q)| = |QQ0 | =⇒ t(Q) = Q0 (nach E 2) =⇒ P Q k t(P )t(Q) (∗) und d(P, Q) = |P Q| = |t(P )t(Q)| = d(t(P ), t(Q))| =⇒ t ist Isometrie Sei g eine Gerade in E und g = QP . =⇒ t(g) = t(Q)t(P ) (Satz III.1) Nach (*) ist g = QP k t(Q)t(P ) = t(g) 2. und 3. ÜA (siehe VL lineare Algebra) ± Definition: Eine Abbildung D = DM,α : E → E heißt Drehung um den Punkt (Drehzentrum) M ∈ E mit dem Drehwinkel α ∈ [0, π], wenn 1. D(M ) = M 2. |M P | = |M D(P )| ∀P ∈ E 3. α = |^P M D(P )| 4. Für α ∈ (0, π) ist die Drehrichtung“ folgendermaßen festgelegt: ” Fixisere ein Koordinatensystem ((g1 , ϕ1 ), (g2 , ϕ2 )) mit Ursprung M . Das Koordinatensystem zerlegt E in 4 Quadranten: H1 : ϕ1 > 0, ϕ2 ≥ 0 H2 : ϕ1 ≤ 0, ϕ2 > 0 III.2. KLASSIFIKATION DER ISOMETRIE DER EUKLIDISCHEN EBENE 55 H3 : ϕ1 ≤ 0, ϕ2 < 0 H4 : ϕ1 ≥ 0, ϕ2 < 0 1. - 3. bestimmt D eindeutig für α = 0, π + DM,α ist die Drehung in positive Richtung (bzgl. des Koordinatensystems), d.h. wenn P ∈ Hi + so liegt DM,α (P ) auf der Seite von M P auf der Hi+1 liegt. − DM,α ist die Drehung in negative Richtung (bzgl. des Koordinatensystems), d.h. wenn P ∈ Hi − so liegt DM,α (P ) auf der Seite von M P auf der Hi−1 liegt. ± Satz III.9: Jede Drehung DM,α : E → E ist eine Isometrie. Beweis. ± 1. α = 0 =⇒ DM,0 = IdE X ± 2. α = π =⇒ DM,π (P ) =: P 0 ist gegeben durch P 0 − M − P und |P 0 M | = |M P | ± Seien Q, P ∈ E, Q0 = DM,π (Q) =⇒ 4M P Q ' 4M 0 P 0 Q0 =⇒ |P Q| = d(P, Q) = |P 0 Q0 | = d(P 0 Q0 ) ± =⇒ DM,π ist Isometrie + 3. Sei α ∈ (0, π). Fixiere Koordinatensystem mit Ursprung M . Es genügt DM,α zu betrachten (sonst ϕ2 7→ −ϕ2 ). 1. Fall: Q ∈ Int ^P M P 0 Sei β := |^P M Q| =⇒ |^QM P 0 | + β = α =⇒ |^QM P 0 | = α − β E4 |^P 0 M Q0 | = α − (α − β) = β =⇒ 4P M Q ' 4P 0 M Q0 (SW S) =⇒ |P Q| = |P 0 Q0 | + + =⇒ d(DM,α (P ), DM,α (Q)) = d(P, Q). Analog führt man den Beweis für die anderen Lagen von Q bzgl. P und P 0 . (Es folgt dann immer 4P M Q ' 4P 0 M Q0 ). Spezialfall: Punktspiegelung Definition: Sei Z ∈ E. Eine Abbildung SZ : E → E heißt Punktspiegelung an dem Punkt Z ∈ E, wenn 1. SZ (Z) = Z 2. Für alle P 6= Z gilt für P 0 = SZ (P ) P 0 − Z − P und |P 0 Z| = |ZP | Dann gilt: SZ = DZ,π Definition: Eine Abbildung Φ : E → E heißt Gleitspiegelung, wenn sie die Verknüpfung einer Translation t und einer Geradenspiegelung Sg ist mit g k P t(P ), d.h. Φ = t ◦ Sg mit g k P t(P ). Dann gilt: 1. Jede Gleitspiegelung ist eine Isometrie 56 KAPITEL III. ISOMETRIEN UND KONFORME ABBILDUNGEN 2. t ◦ Sg = Sg ◦ t falls g k P t(P ) Bemerkung: Evaluierung: https://www2.hu-berlin.de/unizensus/evaluation/ Passwort: Fermat 1641 (17.06. - 04.07.14) Satz III.10: Sei (E, G, d, w) eine Euklidische Geometrie, Φ ∈ Isom(E, d) und sei Fix := {F ∈ E | Φ(F ) = F } die Fixpunktmenge von Φ. Dann gilt einer der folgenden Fälle: Isometrie Φ IdE Sg ± DM,α , α 6= 0 Φ Translation (6= Id) oder Gleitspiegelung Fix(Φ) enthält 3 nicht kollineare Punkte g Gerade {M } leer Das heißt, jede Isometrie Φ ∈ Isom(E, d) hat die Form Φ = t ◦ σ, wobei t eine Translation und σ Drehung oder Geradenspiegelung. Beweis. 1. Nach Satz 6: Φ hat 3 nicht kollineare Fixpunkte ⇔ Φ = IdE 2. Φ 6= IdE . Satz 6 =⇒ Fix(Φ) = {M } =⇒ Φ = Sg ◦ Sl Fix(Φ) ⊃ {M, N }(M 6= N ) =⇒ Fix(Φ) = g =⇒ Φ = Sg 3. Satz 6 =⇒ Jede Isometrie Φ ist das Produkt von höchstens 3 Geradenspiegelungen. D.h. es bleibt folgendes zu untersuchen: • Bestimme alle Abbildungen Φ = Sg ◦ Sl mit Fix(Φ) = {M } oder Fix(Φ) = leer. • Bestimme alle Abbildungen Φ = Sg ◦ Sl ◦ Sh mit Fix(Φ) ohne Fixpunkt 4. Sei Φ = Sg ◦ Sl wobei g 6= l 1. Fall: g k l Sei P 0 = Sl (P ), P 00 = Sg (P 0 ) Sei n das Lot von P auf g (und l) und Fg Fußpunkt von n auf g, Fl Lotfußpunkt auf l. =⇒ |Fl Fg | ist unabhängig von P , Fl Fg unabhängig von P . −−→ Behauptung: Φ = Sg ◦ Sl = t2·Fl Fg Beweis: Sei ϕ ein Koordinatensystem von n. Da − −− → P, P 0 , P 00 , Fl , Fg ∈ n =⇒ ϕ(P ) − ϕ(Fl ) = ϕ(Fl ) − ϕ(P 0 ) , ϕ(P 0 ) − ϕ(Fg ) = ϕ(Fg ) − ϕ(P 00 ) | {z } Def. von Sl ,Sg 00 0 =⇒ ϕ(P ) = 2ϕ(Fg ) − ϕ(P ) = 2ϕ(Fg ) − 2ϕ(Fl ) + ϕ(P ) =⇒ ϕ(P 00 ) − ϕ(P ) = 2(ϕ(Fg ) − ϕ(Fl )) 00 =⇒ |P 00 P | = 2|Fg Fl | und Richtung von P Fl Fg −−P→“ = ”Richtung“ von − ” −→ =⇒ tP P 00 = t2Fl Fg − −− → − −− → =⇒ Φ(P ) = P 00 = tP P 00 (P ) = t2Fl Fg (P ) − −− → − −− → =⇒ Φ = t2Fl Fg − −− → ∀P ∈ E III.2. KLASSIFIKATION DER ISOMETRIE DER EUKLIDISCHEN EBENE 57 2. Fall: l ∩ g = {M }. Sei α der Schnittwinkel zwischen g und l mit α ∈ (0, π2 ] + Behauptung: Dann gilt: Φ = Sg ◦ Sl = DM,α Fixieren ein Koordinatensystem mit dem Ursprung M , ((g1 , ϕ1 ), (g2 , ϕ2 )), sodass g1 = l, (g2 , ϕ2 ) so gewählt, dass g den Quadranten ϕ1 ≥ 0, ϕ2 > 0 durchläuft. + Zeigen die Behauptung Φ = Sg ◦ Sl = DM,α an 2 Beispielen für die Lage von P ∈ E (die anderen Fälle beweist man analog). P 0 = Sl (P ), P 00 = Sg (P 0 ) 4M P 0 F ' 4M P F (SSS) =⇒ α1 := |^P M F | = |^P 0 M F | Analog: α2 := |^P 0 M F 0 | = |^P 00 M F 0 | und |M P | = |M P 0 | = |M P 00 | + + + =⇒ Φ(P ) = DM,2α · DM,2α (P ) = DM,2α (P ). Da in unserer Situation gilt: P 0 ∈ 2 1 Int(^F 0 M F 00 ) =⇒ α = α1 + α2 ∈ (0, π2 ] − − + Φ(P ) = DM,2α ·DM,2α = DM,2α =⇒ α+α1 +α2 = π =⇒ π2 −α1 + π2 −(α2 −ε)+. . . 2 1 5. Sei Φ = Sg ◦ Sl ◦ Sh (g, h, l verschieden) 1. Fall: Seien g k l k h Sei n eine zu h parallele Gerade mit n = tFl Fg (h) − −− → =⇒ Sg ◦ Sl = t2Fl Fg = Sn ◦ Sh − −− → =⇒ Φ = Sg ◦ Sl ◦ Sh = Sn ◦ Sh ◦ Sh = Sh → Φ ist eine Geradenspiegelung | {z } =IdE 2. Fall: g ∩ l ∩ h = {Z} Dann ist Φ = Sg ◦ Sl ◦ Sh eine Geradenspiegelung. 3. Fall: g k l und h schneidet g und l =⇒ Φ = Sg ◦ Sl ◦ Sh Gleitspiegelung 4. Fall: g, l, h in allgemeiner Lage =⇒ Φ = Sg ◦ Sl ◦ Sh Gleitspiegelung (2. - 4. Fall ÜA) Wie sehen die Isometrien im Cartesischen Modell der Euklidischen Geometrie aus? (R2 , V (R2 ), +, h, iR2 ) (R2 , G(R2 ), de , we ) − − g ∈ G(R2 ) ⇔ g = Q + R→ v , Q ∈ R2 , → v ∈ V (R2 ) q −→ −→ −→ de (P, Q) := kP Qk := hP Q, P QiR2 −→ −→ ! −→ −→ hSP , SQiR2 |^(P SQ)| := ^(SP , SQ) := arccos ∈ [0, π] −→ −→ kSP kkSQk (P 6= S, Q 6= S) Definition: Eine lineare Abbildung L : V (R2 ) → V (R2 ) heißt orthogonal , wenn − − − − hL(→ v , L(→ w iR2 = h→ v ,→ w iR2 v → − L wirkt als Matrix auf v = 1 : v2 − − ∀→ v ,→ w ∈ V (R2 ) to do: es fehlen wenige Zeilen 58 KAPITEL III. ISOMETRIEN UND KONFORME ABBILDUNGEN Dann gilt: L ist orthogonal ⇔ L ◦ Lt = E O(2) := {A ∈ M (2; R) | A ◦ At = E} heißt orthogonale Gruppe Satz III.11: Für eine Matrix A ∈ M (2, R) und einen Punkt a ∈ R2 sei ΦA,a : R2 → R2 die −−→ Abbildung ΦA,a (x) = a + A(OX) ∀x ∈ R2 Dann gilt: Isom(R2 , de ) = {ΦA,a | a ∈ R2 , A ∈ O(2)} Beweis. 1. {ΦA,a | A ∈ O(2), a ∈ R2 } ⊂ Isom(R2 , de ) : Beweis: z.z. de (ΦA,a (x), ΦA,a (y)) = de (x, y) −→ −−−−− − → −−−−−−−−−−→ −−− −− −− → ΦA,a (x)ΦA,a (y) = A(OX)A(OY ) p −−−−−−−−−−→ → A(− → 2 xy), xy)i =⇒ de (ΦA,a (x), ΦA,a (y)) = kΦA,a (x)ΦA,a (y)k = hA(− R = A∈O(2) p− → − → 2= hxy, xyi R de (x, y) =⇒ ΦA,a ∈ Isom(R2 , de ) 2. Behauptung: Isom(R2 , de ) ⊂ {Φa,a | A ∈ O(2), a ∈ R2 }: Vorbemerkung: → und A, B ∈ O(2) =⇒ A ◦ B ∈ O(2) ΦA,a ◦ ΦB,b (x) = • ΦA,a ◦ ΦB, b = ΦA◦B,a+A(− Ob) − → − → −−→ −−→ −−→ ΦA,a (ΦB,b (x)) = ΦA,a (b+B(OX)) = a+A(Ob+B(OX)) = a + A(Ob) + (A ◦ B)(OX) = | {z } | {z } Punkt Vektor → (∗) ΦA◦B,a+A(− Ob) • Nach Satz 10 gilt: Jede Isometrie Φ ∈ Isom(R2 , de ) ist das Produkt einer Translation mit einer Drehung oder Geradenspiegelung. =⇒ Es gzz.: Jede Translation, jede Drehung, jede Geradenspiegelung liegt in {ΦA,a | A ∈ O(2), a ∈ R2 } (a) t Translation: −−−→ −−−→ −−→ −−→ =⇒ xt(x) = Ot(o) =⇒ t(x) = x + t(o) − O = t(0) + OX = t(o) +E(OX) =⇒ |{z} ∈R2 t = ΦE,t(o) ε Drehung um M ∈ R2 um Winkel α, ε = ±1 : (b) DM,α K(M,1)Kreis um M von Radius 1. 1 0 → − − − − e1 = ,→ e2 = lege die Orientierung im R2 durch (→ e1 , → e2 ) fest. 0 1 Def. des Winkelmaßes: −−→ − − =⇒ Ist Q ∈ H+ ∩ K(M, 1) =⇒ M Q = cos(β)→ e1 + sin β · → e2 − − → − − Ist Q ∈ H− ∩ K(M, 1) =⇒ M Q = cos(β) · → e1 − sin β · → e2 = analyt. cos und sin Fkt. − − cos(−β)→ e1 + sin(−β)→ e2 −−→ → − − =⇒ M Q = cos(δβ) e1 + sin(δβ) · → e2 wobei β := |^P1 M Q| ∈ [0, π] , δ = ( +1 wenn Q ∈ H+ −1 wenn Q ∈ H− −−→ −−→ δβ ∈ [−π, π] orientierter Winkel zwischen M P1 und M Q im Punkt M . Die orientierten Winkel addieren sich. III.3. ÄHNLICHKEITSABBILDUNGEN DER EUKLIDISCHEN EBENE 59 Sei P ∈ R2 , P 6= M . −−→ → − → − P =⇒ M −−→ = cos(δβ) e1 + sin(δβ) e2 wobei β := |^P M P1 | kM P k −−→ − − ε =⇒ DM,α (P ) = M + kM P k(cos(δβ + εα)→ e1 + sin(εα + δβ)→ e2 ) −−→ cos(δβ) cos(εα) − sin(δβ) cos(εα) ε = ±1 = M + kM P k = M + Add. Th. sin(δβ)+ cos(εα) cos(δβ) sin(εα) −−→ −−→ −−→ cos(δβ) cos(εα) − sin(εα) P = M + kM P kDεα ( M kM P k −−→ ) = kM P k sin(δβ) sin(εα) cos(εα) | {z } =:Dεα =Drehmatrix um orient. Winkel εα −−→ −→ = M − Dεα (OM ) +Dεα (OP ) | {z } −−→ −−→ M + Dεα ( M P |{z} − − → =OP −OM =⇒ ε DM,α Punkt −→ und Dεα ∈ O(2) (ausrechnen) = ΦDεα ,M − Dεα(− OM ) (c) Spiegelung an Geraden g: − − − − g = Q + R→ v , k→ v k = 1, (→ v ,→ n ) ONB in V (R2 ) −→ −→ − → −→ − → Def. von Sg =⇒ P ∈ R2 und QP = hQP , → v i− v + hQP , → n i− n Dann gilt für Sg (P ): −→ − → −→ − → −→ −→ −→ Sg (P ) = Q + hQP , → v i− v − hQP , → n i− n , QP = OP − OQ −→ − −→ − −→ − → −→ − → = Q − hOQ, → v i + hOQ, , i→ n +hOP , → v i− v − hOP , → n i− n | {z } =:Q0 P1 → v1 → 0 −1 v1 −v2 −→ − − → − π Sei P = , v = , n = D2 ( v ) = = , OP = P2 v2 1 0 v2 v1 P1 P2 −→ → −→ → v1 −v2 − → − − → − =⇒ hOP , v i v −hOP , n i n = (p1 ·v1 +p2 ·v2 ) −(−v2 p1 +p2 v1 ) = v2 v1 2 p1 v1 − v22 2v1 v2 2 2 2v1 v2 v2 − v1 p2 {z } | {z } | − =:A→ v − − → =OP −→ → → =⇒ Sg (P ) = Q0 + A− v ∈ O(2) (nachrechnen) v (OP ) und A− =⇒ Sg = ΦA→ − v ,Q0 =⇒ Isom(R2 , de ) ⊂ {ΦA,a | A ∈ O(2), a ∈ R2 } III.3 Ähnlichkeitsabbildungen der Euklidischen Ebene (E, G, d, w) Euklidische Ebene Definition: Eine Abbildung S := SZ,k : E → E heißt zentrische Streckung mit Streckzentrum Z ∈ E und dem Streckungsfaktor K ∈ R \ {0}, wenn folgendes gilt: 1. S(Z) = Z 2. Ist k > 0 : ∀P ∈ E : S(P ) ∈ ZP −→ Ist k < 0 : S(P ) ∈ ZP \ ZP ∀P 6= Z −→ 60 KAPITEL III. ISOMETRIEN UND KONFORME ABBILDUNGEN 3. |ZS(P )| = |k| · |ZP | Daraus folgt: • SZ,1 = IdE , SZ,−1 = SZ Punktspiegelung an Z • SZ,−|k| = SZ ◦ SZ,|k| = SZ,|k| ◦ Sz • SZ,k ◦ SZ,l = SZ,k·l • SZ1 ,k ◦ SZ2 ,l ist eine zentrische Streckung, wenn k · l 6= 1 und eine Translation, wenn k·l =1 Satz III.12: Sei S = SZ,k : E → E eine zentrische Streckung. Dann folgt: 1. S ist bijektiv 2. d(S(P ), S(Q)) = |k| · d(P, Q) 3. g Gerade in E =⇒ S(g) ist eine Gerade und g k S(g) |S(P )S(Q)| = |k| · |P Q| ∀P, Q ∈ E 4. S erhält die Winkelmaße: |^S(P )S(A)S(Q)| = |^P AQ| ∀P, A, Q ∈ E, P 6= A, Q 6= A Beweis. 1. SZ,k ◦ SZ, 1 = SZ,1 = IdE , SZ, 1 ◦ SZ,k = SZ,1 = IdE k k =⇒ (SZ,k )−1 = SZ, 1 k 2. Seien P, Q ∈ E, P 6= Q )| = |k| = |ZS(Q)| Da |ZS(P |ZP | |ZQ| Umkehrung des 1. Strahlensatzes (→ Übungen) =⇒ QP k S(Q)S(P ) 2. Strahlensatz =⇒ |Z(S(P )| |ZP | = |k| = |S(Q)S(P )| |QP | =⇒ d(S(Q), S(P )) = |S(Q)S(P )| = |k||QP | = |k|d(Q, P ) 3. Sei g = P Q. Dann gilt S(g) = S(P )S(Q) (Beweis genau wie in Kapitel III.1, Satz 1) und S(P Q) = S(P )S(Q) aus 2. folgt dann auch S(g) k g 4. Seien A, P, Q ∈ E, A 6= P, A 6= Q OBdA seien P, A, Q nicht kollinear =⇒ S(P ), S(A), S(Q) nicht kollinear Wissen: |S(A)S(Q)| = |k| · |AQ|, |S(A)S(P )| = |k| · |AP |, |S(P )S(Q)| = |k| · |P Q| (nach 2.) =⇒ 4P AQ ∼ 4S(P )S(A)S(Q) Ähnlichkeitssatz =⇒ |^S(P )S(A)S(Q)| = |^P AQ| Zentrische Streckung in der Cartesischen Ebene: −→ SZ,k (P ) = Z + k · ZP Definition: Eine Abbildung Φ : E → E heißt Ähnlichkeitsabbildung, wenn Φ die Verknüpfung von zentrischen Streckungen und Isometrien ist. Die Ähnlichkeitsabbildungen bilden eine Gruppe. III.4. DIE INVERSIONEN AM KREIS 61 Satz III.13: Sei Φ : E → E Ähnlichkeitsabbildung. Dann gilt: 1. Φ ist bijektiv 2. Φ ist geradentreu (g Gerade =⇒ Φ(g) Gerade) 3. Φ erhält Winkelmaße 4. Es existiert r ∈ R+ mit d(Φ(P ), Φ(Q)) = r · d(P Q) ∀P, Q ∈ E Beweis. (Def. und Satz III.1, Satz III.12) Satz III.14: Zwei Dreiecke 4ABC und 4A0 B 0 C 0 sind genau dann ähnliche, wenn es eine Ähnlichkeitsabbildung Φ : E → E gibt mit Φ(A) = A0 , Φ(B) = B 0 , Φ(C) = C 0 Beweis. (⇒) Seien 4ABC ∼ 4A0 B 0 C 0 . Nach Satz II.3 gilt: |A0 B 0 | |A0 C 0 | |B 0 C 0 | = = =: k |AB| |AC| |BC| Betrachte die zentrische Streckung SA,k .E → E Nach Satz 12 =⇒ |S(A)S(B)| = k · |AB| = |A0 B 0 | 0 0 0 0 |A C | , |S(B)S(C)| = k · |B | = |B C | =⇒ 4S(A)S(B)S(C) ' 4A0 B 0 C 0 =⇒ Satz III.5 0 (SSS) , |S(A)S(C)| = k · |AC| = 0 es existiert Isometrie σ : E → E mit σ(S(A)) = A0 , σ(S(B)) = B 0 , σ(S(C)) = C =⇒ Φ = σ ◦ SA,k erfüllt die Eigenschaften (⇐) Φ Ähnlichkeitsabbildung mit Φ(A) = A0 , .... Dann ist Φ nach Satz 13 winkelmaßtreu =⇒ 4ABC ∼ 4A0 B 0 C 0 III.4 Die Inversionen am Kreis (E, G, d, w) Euklidische Ebene K := K(M, r) Kreis um M von Radius r Definition: Eine Abbildung I := IK : E \ {M } → E \ {M } heißt Inversion (Spiegelung) am Kreis K, wenn gilt: 1. I(P ) ∈ M P −−→ 2. |M P | · |M I(P )| = r2 Bemerkung: 2 1. IK = IdE\{M } 2. Fix(IK ) = K Satz III.15: Sei K = K(M, r) ein Kreis in E, I = IK : E \ {M } → E \ {M } die Spiegelung (Inversion) an K. Dann gilt: 1. Gerade g durch M wird auf sich selbst abgebildet 62 KAPITEL III. ISOMETRIEN UND KONFORME ABBILDUNGEN 2. Gerade g mit M ∈ / g wird auf einen Kreis durch M abgebildet 3. K̂ Kreis mit M ∈ K̂ wird auf Gerade g mit M ∈ / g (abgebildet?) 4. K̂ Kreis mit M ∈ / K̂ wird auf einen Kreis I(K̂) mit M ∈ / I(K̂) abgebildet Beweis. Übungen (Beispiele für hyperbolische Isometrie) Kapitel IV Hyperbolische Geometrie IV.1 Das nicht-Euklidische Parallelenaxiom und seine Folgerungen Sei (E, G, d, w) eine absolute ebene Geometrie. Wir wollen Geometrien betrachten, die das Euklidische Parallelenaxiom nicht erfüllen. E 6n Es existiert eine Gerade g und ein Punkt P , P ∈ / g, sodass mindestens zwei Parallenen zu g durch P existieren. Erinnerung: Eine zu g parallele Gerade durch P findet man immer mit der Doppellotkonstruktion. h Lot von P auf g, l Lot auf h durch P . =⇒ l k g, P ∈ l Satz II.18 Definition: Eine ebene absolute Geometrie (E, G, d, w), die das nicht-Euklidische Parallelenaxiom E 6n erfüllt, heißt eine hyperbolische Geometrie (hyperbolische Ebene, LobatschewskiGeometrie, manchmal nicht-Euklidische Geometrie). Satz IV.1: Es sei (E, G, d, w)eine ebene hyperbolische Geometrie. Dann existieren für alle Geraden g und alle Punkte P ∈ / g unendliche viele Geraden l, P ∈ l, l k g. Beweis. Sei (E, G, d, w)eine hyperbolische Ebene. 1. Wissen (Übung): E 6 ⇔ ∃g ∈ G : ∃P ∈ / g : ∃!l ∈ G, l 3 P, l k g. Also E 6n ist äquivalent zu: Für alle Geraden g und alle P ∈ / g existieren mindestens 2 Parallelen l, ˆl zu g mit P ∈ l ∩ ˆl. 2. z.z. Es gibt sogar unendlich viele Parallelen. Sei nun g eine beliebige Gerade, P ∈ / g ein beliebiger Punkt. F Lotfußpunkt von P auf g. Seien h1 , h2 Geraden durch P, h1 k g, h2 k g. Bi ∈ hi , beide auf gleicher Seite von P F . Ci ∈ hi , auf anderer Seite als Bi . OBdA B2 ∈ H− (h1 , F ). (Sonst h1 , h2 umbenennen). Betrachte X ∈ Int B1 B2 , lx := P X. Behauptung: lX ∩ g = ∅ (da Int B1 B2 unendlich viele Punkte enthält, existieren dann auch unendlich viele Parallelen durch P zu g). Annahme: (a) P X ∩ g 6= ∅, {S} = P X ∩ g. −−→ −−→ Da X ∈ H− (h1 , F ) =⇒ P X ∩ h1 6= ∅ −−→ 63 Widerspruch zu ÜA 4, weil X ∈ Int B1 B2 64 KAPITEL IV. HYPERBOLISCHE GEOMETRIE (b) Sei {X̂} = lX ∩ C1 C2 lx schneidet h1 , h2 in P =⇒ X̂ ⊂ Int ^C1 P C2 = H+ (h1 , C2 ) ∩ H+ (h2 , C1 ) =⇒ Int P X̂ ⊂ Int ^C1 P C2 −−→ Annahme: P x̂ ∩ g 6= ∅, {Ŝ} = P X̂ ∩ g, P X̂ ∩ h2 6= ∅ =⇒ lx ∩ g = ∅, d.h. −→ −−→ −−→ lx k g, P ∈ lX Widerspruch zur Vor. ÜA 4 Satz IV.2: In jeder hyperbolischen Ebene gilt: 1. Sind 4ABC ∼ 4A0 B 0 C 0 (alle Winkel stimmen überein), so gilt 4ABC ' 4A0 B 0 C 0 . 2. Für alle 4ABC gilt IW S(4ABC) < π 3. Jeder Außenwinkel eines Dreiecks ist größer als die Summe der Winkelmaße der nichtanliegenden Innenwinkel. Beweis. 1. Aus 4ABC ∼ 4A0 B 0 C 0 und 4ABC 6' 4A0 B 0 C 0 =⇒ E 6 gilt. Satz II.8, Übung 2. In der absoluten Ebene gilt IW S(4) ≤ π (Satz I.9) und E 6 ⇔ ∃4 mit IW S(4) = π. 3. δ Maß des Außenwinkels, Nebenwinkel zu β =⇒ β = π − δ mit 2.: α + β + γ < π =⇒ α + π − δ + γ < π =⇒ α + γ < δ In der hyperbolischen Ebene gibt es verschiedene Typen von Parallelen. Euklidisch: Es existiert eine Gerade l mit l ⊥ g1 , l ⊥ g2 , l ist gemeinsames Lot von P auf g1 , g2 . Hyperbolisch: Es existieren parallele Geraden mit gemeinsamer Senkrechten und welche ohne. (später: Modelle der hyperbolischen Geometrie genauer). la ⊥ kb,r ⇔ a = b (mehr dazu in den Übungen.) Wollen als nächstes diese Typen von Parallelen genauer charakterisieren: Satz IV.3: Sei (E, G, d, w) eine absolute ebene Geometrie. Sei g ∈ G, P ∈ / g und F der C ∩ g = ∅ Fußpunkt des Lotes von P auf g. Dann gilt: |^F P C| = 6 π2 =⇒ P −→ Beweis. a) Sei |^F P C| = π2 . Dann ist P C Lot auf F P durch P . =⇒ g k P C =⇒ P C ∩g =∅ −→ Umk. Stufenwinkelsatz (Satz I.10) b) Sei |^F P C| > π2 Annahme: P C ∩ g = {S} =⇒ 4P F S hat IW S > π −→ Widerspruch zur Vor. andere Möglichkeit: Wählen A ∈ H+ (F P, C) mit |^F P A| = π 2 =⇒ P A k g (siehe a) P C und g liegen auf verschiedenen Seiten von P A =⇒ P C ∩g =∅ −→ −→ Andererseits: ∀C ∈ g : P C ∩ g 6= ∅. −→ Suchen nun den größten“ Winkel, sodass P C g noch schneidet. −→ ” Begriff des Grenzwinkels zu g in P mit dem man alle wichtigen Abweichungen der hyperbolischen von der Euklidischen Geometrie beschreibt IV.1. DAS NICHT-EUKLIDISCHE PARALLELENAXIOM UND SEINE FOLGERUNGEN65 Definition: Sei g ∈ G, P ∈ / g. Die Zahl π π w(P, g) := sup{|^F P C| ∈ [0, ) | P C ∩ g = 6 ∅} ∈ [0, ] −→ 2 2 heißt der Grenzwinkel in P zu g. Andere Charakterisierung von v(P, g): Satz IV.4: Es sei (E, G, d, w)eine absolute Ebene. g ∈ G, P ∈ / g. F Lotfußpunkt von P auf g. Dann gilt: 1. Ist c ∈ E mit |^F P C| = w(P, g) =⇒ P C k g 2. Ist c ∈ E mit |^F P C| > w(P, g) =⇒ P C ∩ g = ∅ 3. Ist c ∈ E mit |^F P C| < w(P, g) =⇒ P C ∩ g = ∅ Insbesondere w(P, g) = min{|^F P C| | P C ∩ g = ∅} −→ to do: Mitschrift vom 25.6. Erinnerung: Sei (E, G, d, w)hyperbolische Ebene g Gerade in E und P ∈ E, P ∈ / g, F Fußpunkt des Lots von P auf g ω(P, g) := sup{|^F P C| | P C ∩ g 6= ∅} = min{|^F P C| | P C ∩ g = ∅} Grenzwinkel zu −→ −→ (P, g). Ist C ∈ E mit ω(P, g) = |^F P C| =⇒ P C ∩ g = ∅, d.h. P C k g. P C ist dann asymptotisch parallel zu g. Es gilt: ω(P, g) ∈ (0, π2 ) Ziel: ω(P, g) hängt nur von Abstand d(P, g) ab. d(P, g) := inf{d(P, Q) | Q ∈ g} = d(P, F ), wobei F das Lot von P auf g ist. Satz IV.11: Seien (P, g), (P 0 , g 0 ) Paare von Punkt und Gerade mit Punkt ∈ / Gerade und 0 0 gelte d(P, g) = d(P , g ). Dann gilt: ω(P, g) = ω(P 0 , g 0 ) Beweis. Sei F Fußpunkt des Lots von P auf g, F 0 Fußpunkt des Lots von P 0 auf g 0 . Sei C ∈ E mit P C ∩ g = {S} −→ Wähle auf g 0 einen Punkt S 0 mit |F S| = |F 0 S 0 | (E 2). Nach Kongruenzaxiom (SWS) =⇒ 4F P S ' 4F 0 P 0 S 0 =⇒ |^F P S| = |^F 0 P 0 S 0 | 0 0 0 =⇒ {|^F P C| | P C ∩ g 6= ∅} ⊂ {|^F 0 P 0 C 0 | | P −→ −−C → ∩ G 6= ∅} 0 0 0 =⇒ sup{|^F P C| | P C ∩ g 6= ∅} ≤ sup{|^F 0 P 0 C 0 | | P −→ −−C → ∩ g 6= ∅} sup =⇒ ω(P, g) ≤ ω(P 0 , g 0 ) Vertauschen Reihenfolge von (P, g) und (P 0 , g 0 ) ω(P 0 , g 0 ) =⇒ gleiches Argument ω(P 0 , g 0 ) ≤ ω(P, g) =⇒ ω(P, g) = 66 KAPITEL IV. HYPERBOLISCHE GEOMETRIE Definition: Lobatschewski-Funktion π Π : R+ → (0, ) 2 x 7→ ω(P, g) wobei x = d(P, g) (Nach Satz 11 ist Π unabhängig von Wahl von (P, g)) E 2 =⇒ F P \ {F } ist bijektiv abzubilden auf R+ −→ Satz IV.12: Es gilt: 1. Π : R+ → (0, π2 ) ist streng monoton fallend 2. Π ist stetig 3. lim Π(x) = 0 x→∞ 4. lim Π(x) = x→0 π 2 Insbesondere ist Π : R+ → (0, π2 ) bijektiv, und Π−1 : (0, π2 ) → R+ ist stetig. Beweis. siehe Buch von A.Filler Bemerkung: Ist (E, G, d, w)eine hyperbolische Ebene. Dann ist (E, G, k · d, w) für jedes k ∈ R+ ebenfalls eine hyperbolische Ebene (da in hyperbolischen Geometrien ähnliche Dreiecke kongruent sind). In einer hyperbolischen Geometrie kann man eine Längeneinheit festlegen: Sei l ein Lot auf g und P ∈ l mit ω(P, g) = π4 Definition: Die Zahl sd := Π−1 ( π4 ) heißt Längeneinheit der hyperbolischen Ebene. (distant scale) ˆ g) wenn ω(P, g) = Nach Def. gilt für jede Abstandsfunktion dˆ : sdˆ = d(P, Dann gilt für jede hyperbolische Ebene (E, G, d, w): π 4 sk·d = k · sd ∀k ∈ R+ (denn sd = d(P, g) =⇒ k · sd = (k · d)(P, g) = sk·d ˆ ŵ) sind isomorph, wenn ihre Satz IV.13: Zwei hyperbolische Ebenen (E, G, d, w)und (Ê, Ĝ, d, Längeneinheiten sd und sdˆ übereinstimmen. (D.h. bis auf Umskalierung sind alle hyperbolischen Ebenen isomorph.) Beweis. G.E. Martin, Foundations of Geometry and the Non-Euklidian Plane, Kap. 33 IV.2. MODELLE FÜR HYPERBOLISCHE EBENEN 67 IV.2 Modelle für hyperbolische Ebenen IV.2.1 Möbiustransformationen und Doppelverhältnis Identifizieren die affine Euklidische Ebene R2 mit der komplexen Zahlenebene C. z = x + iy entspricht dem Paar x y. z̄ = xp − iy Euklidische Spiegelung von z an reeler Achse R |z| = x2 + y 2 Euklidischer Abstand von 0 ∈ C und z ∈ C z = |z| · eiθ , eiθ = cos θ + i sin θ trigonometrische Darstellung von z (x + iy)(a + ib) := (xa − yb) + i(xb + ya) Dann gilt: i2 = −1 Erweitern C durch eine zusätzliche Zahl ∞ ( unendlich ferner Punkt“) zu C̄ := C ∪ {∞} und ” definieren folgende Rechenregeln: ∞ + a := a + ∞ := ∞ ∀a ∈ C ∞ · a := a · ∞ := ∞ ∀a ∈ C \ 0 a := 0 ∀a ∈ C ∞ a := ∞ ∀a ∈ C \ {0} 0 (∞ + ∞, ∞ · ∞, ∞ , ∞ , 0 , 0 · ∞ sind nicht definiert) ∞ 0 0 Bei dieser Erweiterung kann man komplexe Zahlen a ∈ C \ {0} durch 0 teilen! a b Definition: Sei A := ∈ GL(2, C) eine komplexe 2x2-Matrix mit detA := ad − bc 6= 0 c d Dann heißt die Abbildung ΦA : C̄ → C̄ az + b ,z = 6 ∞ ΦA (z) := cz + d a ,z = ∞ c gebrochen lineare Abbildung oder Möbiustransformation. Dann gilt: • ΦE (z) = z∀z ∈ C für E = 1 0 0 1 d.h. ΦE = IdC̄ • ΦA·B = ΦA · ΦB (einsetzen und Nachrechnen) für A, B ∈ GL(2, C) D.h. man kann mit Möbiustransformation wie mit Matrizen aus GL(2, C) rechnen. Insbesondere: ΦA ist bijektiv und (ΦA )−1 = ΦA−1 a b Bemerkung: A = =⇒ A−1 = c d 1 detA d −b −c a 68 KAPITEL IV. HYPERBOLISCHE GEOMETRIE • ΦλA = ΦA ∀λ ∈ C \ {0}, A ∈ GL(2, C) Satz IV.14: Jede Möbiustransformation auf C̄ ist die Verknüpfung von Abbildungen folgenden Typs: • Translationen (Verschiebungen) tz0 (z) := z + z0 , z ∈ C tz0 (∞) := ∞ • Spiegelungen an der reellen Achse g1 : Sg1 (z) = z̄ , ∀z ∈ C Sg1 (∞) := ∞ • Drehung um 0 um orientierten Winkel θ: Dθ (z) = eiθ · z , z ∈ C Dθ (∞) := ∞ • zentrische Streckung mit Zentrum 0 ∈ C und Streckfaktor r ∈ R+ : S0,r (z) = r · z , ∀z ∈ C S0,r (∞) := ∞ • Inversion am Kreis K = K(0, 1): I0,1 (z) = z1 , ∀z ∈ C \ {0} I0,1 (∞) := 0 I0,1 (0) := ∞ Beweis. a b 1. Fall: A = ∈ GL(2, C), d.h. a · d 6= 0 0 db a 0 1 d =⇒ A = · =⇒ ΦA = Φ b · Φ a 0 1 0 d 0 1 d 0 d 0 1 ( z + w, z ∈ C (z) = = t w ∈ C: Φ d.h. Φ w 1 w 1 w ∞, z = ∞ 0 1 0 1 a · z = | a | · eiθ · z, z ∈ C (z) = = S a ◦D d d Φ d.h. Φ G 0,| a | a 0 a 0 ∞, z = ∞ 0 d 0 d 0 1 2. Fall: A = ∈ GL(2, C) 1 0 1, z ∈ C ΦA (z) = z d.h. ΦA = Sg1 ◦ I0,1 0, z = ∞ a b 3. Fall: A = ∈ GL(2, C) beliebig, c 6= 0 c d −DetA ac 0 1 c d (nachrechnen) =⇒ A = ◦ ◦ 0 1 1 0 0 1c Behauptung folgt aus Fall 1 und 2. IV.2. MODELLE FÜR HYPERBOLISCHE EBENEN 69 Verallgemeinerter Kreis in C := Kreis in C oder Gerade in C Diese kann man durch den gleichen Typ Gleichung beschreiben: Seien E, G ∈ R, F ∈ C mit |F |2 > E · G KE,F,G := {z ∈ C | E|z|2 + F z + F̄ z̄ + G = 0} E = 0 ⇔ KE,F,G Gerade, E 6= 0 ⇔ KE,F,G Kreis Verallgemeinerter Kreis in C̄ = C ∪ {∞} := Kreis in C oder Gerade in C ∪ {∞} to do: Mitschrift vom 2.7. Ziel: Möbiustransformationen sind winkeltreu R2 affine Euklidische Ebene Definition: Γ ⊂ R2 heißt Kurve in R2 , wenn es eine injektive C 1 -Funktion γ : I ⊂ R → R2 gibt, sodass Im γ = Γ und γ 0 (t) 6= 0 ∀t ∈ I Γ heißt reguläre Parametrisierung von Γ. Tangente an Γ im Punkt γ(t) : T anγ(t) Γ = γ(t) + Rγ 0 (t) Jede reguläre Parametrisierung γ legt eine Durchlaufrichtung von Γ fest. Γ mit fixierter Durchlaufrichtung heißt orientierte Kurve. Seien Γ1 , Γ2 ⊂ R2 zwei orientierte Kurven, die sich im Punkt p schneiden. − − − − Seien T anp Γ1 = p + R→ v 1 , T anp Γ2 = p + R→ v2 , → v 1, → v 2 entsprechend der Orientierung gewählt. − − Dann heißt ^(Γ1 , Γ2 ) := ^(→ v 1, → v 2 ) (Euklidischer Schnittwinkel zwischen den gerichteten Tangenten an Γ1 bzw. Γ2 in p) Euklidischer Schnittwinkel von Γ1 , Γ2 in p. − − Erinnerung (Kap II.2): ^(→ v 1, → v 2 ) := arccos → → h− v 1 ,− v 2 iR2 → → k− v 1 k·k− v 2k ∈ [0, π] v v x 11 → − → − , v 2 = 21 Bemerkung: Bei Identifizierung R2 ' C ( 7→ x+iy) gilt für v 1 = y v12 v22 und die zugehörigen komplexen Zahlen v1 := v11 + iv12 , v2 := v21 + iv22 − − − h→ v 1, → v 2 iR2 = Re(v1 · v¯2 ), k→ v 1 k = |v1 | − − 1 ·v¯2 D.h. ^p (Γ1 , Γ2 ) = arccos( Re(v ) wobei → v 1, → v 2 Richtungsvektoren von T anp Γ1 , T anp Γ2 ent|v1 |·|v2 | sprechend der Orientierung. Bemerkung: Ist γh : I → R2 reguläre Parametrisierungen der orientierten Kurveh Γh , h = − − 1, 2, dann kann man → v 1 = γ10 (0), → v 2 = γ20 (0) Satz IV.21: Seien Γ1 , Γ2 zwei orientierte Kurven in C, die sich im Punkt p ∈ C schneiden und Φ : C → C eine Möbiustransformation mit Φ(Γk ) ⊂ C, k = 1, 2, dann gilt: Φ(Γ1 ), Φ(Γ2 ) sind orientierte Kurven und ^Φ(p) (Φ(Γ1 ), Φ(Γ2 )) = ^p (Γ1 , Γ2 ) to do: Beweis.. 70 KAPITEL IV. HYPERBOLISCHE GEOMETRIE IV.2.2 Die Poincare-Halbebene (Henri Poincare 1854 - 1912) Punktmenge: H := {z ∈ C | Im z > 0} hyperbolische Geraden: G(H) = {la , lb,r | a, b ∈ R, r ∈ R+ } la = {a + iy | y ∈ R+ }, lb,r = {z ∈ H | |z − b| = r} Wissen bereits: (H, G(H)) erfült das Inzidenzaxiom E 1. Die reellen Zahlen s1 = b + r, s2 = b − r heißen Grenzpunkte der hyperbolischen Geraden lb,r . Die Zahlen s1 = a und s2 = ∞ heißen Grenzpunkte der hyperbolischen Geraden la . Definition: Seien z1 , z2 ∈ H. Dann heißt dH (z1 , z2 ) := | ln DV (z1 , z2 , s1 s2 )| der hyperbolische Abstand von z1 und z2 in H. (wobei s1 , s2 die Grenzpunkte der eindeutig bestimmten hyperbolischen Geraden durch z1 und z2 (ex. nach E 1).) Wissen aus Satz 20: DV (z1 , z2 , s1 , s2 ) ∈ R (alle 4 Punkte liegen auf verallg. Kreis in C). Noch z.z.: DV (z1 , z2 , s1 , s2 ) > 0. 1. Fall: z1 , z2 ∈ lb,r =⇒ s1 = b + r, s2 = b − r z ∈ lb,r ⇔ |z − b| = r ⇔ z = b + reiθ , θ ∈ (0, π) iθ2 −b−r iθ1 −b−r −s1 1 : b+re = : zz22 −s = b+re DV (z1 , z2 , s1 , s2 ) = zz11 −s −s2 b+reiθ1 −b+r b+reiθ2 −b+r 2 tan tan θ1 2 θ2 2 eiθ1 −1 eiθ1 +1 : eiθ2 −1 = eiθ2 +1 todo: Begründung > 0, da θ1 , θ2 ∈ (0, π) 2. Fall: z1 , z2 ∈ la =⇒ s1 = a, s2 = ∞, z1 = a + iy1 , z2 = a + iy2 =⇒ DV (z1 , z2 , s1 , s2 ) = z1 −s1 z2 −s1 = a+iy1 −a a+iy2 −a D.h. Wenn z1 , z2 ∈ lb,r =⇒ dH (z1 , z2 ) = | ln( = tan tan θ1 2 θ2 2 y1 y2 >0 )| = | ln(tan( θ21 ) − ln(tan θ22 )| Wenn z2 , z2 ∈ la =⇒ dH (z1 , z2 ) = | ln( yy12 )| = | ln(y1 ) − ln(y2 )| Die Winkelmaß-Funktion: wH : {(z1 , z, z2 ) ∈ H | z1 6= z, z2 6= z} → [0, π] wH (z1 , z, z2 ) := Euklidischer Winkel zwischen den gerichteten Tangenten an die hyperbolischen Geraden zz1 , orientiert durch zz1 , zz2 orientiert durch zz2 −→ −→ Damit haben wir die Poincare-Halbebene definiert: (H, G(H), dH , wH ) Ziel: Satz 22. Satz IV.22: (H, G(H), dH , wH ) erfüllt die Axiome E 1 - E 5, E 6n der hyperbolischen Geometrie. to do: Beweis... Index Innenwinkel von 4ABC im jeweiligen Eckpunkt, 6 Innenwinkelsumme, 16 Innenwinkelsumme von 4ABC, 9 Inneres der Strecke, 4 Inneres des Strahls, 4 absolute ebene Geometrie, 14 Inneres des Winkels ^ASB, 6 Arcuscosinus-Funktion, 25 inneres Flächenmaß, 45 Außenwinkel, 9 Inversion (Spiegelung) am Kreis, 61 Außenwinkelsatz, 9 Inzidenzebene, 1 Isometrie, 47, 48 Basiswinkelsatz, 8 Isometrie-Gruppe, 49 Cartesische Modell der Euklidischen Geome- isomorph, 29 trie, 26 k-dimensionale Ebene in Rn , 23 Dreieck mit den Eckpunkten A, B, C, 5 Katheten, 20 Durchmesser, 36 kollinear, 2 kongruent, 8, 52 Ebene, 1 Kongruenzsatz SSS, 12 echter Winkel, 6 Kongruenzsatz SsW, 12 Euklidische Abstandsfunktion, 24 Kongruenzsatz SWS, 8 Euklidische Norm auf V (Rn ), 24 Kongruenzsatz WSW, 11 Euklidische Skalarprodukt, 24 Kongruenzsatz WWS, 12 Euklidischer Schnittwinkel, 69 konvex, 5 Euklidisches Winkelmaß auf Rn , 25 Konvexes Viereck, 40 Koordinatensystem auf g, 3 Fixpunkt einer Abbildung, 50 Kurve, 69 Flächeninhalt, 45 Ähnliche Dreiecke, 17 Ähnlichkeitssatz, 17 äußeres Flächenmaß, 45 1. Sehnensatz, 39 2. Sehnensatz, 39 Flächenmaß, 45 Fuspunkt oder Lotpunkt, 13 Lange eines Vektors, 24 Lot durch P auf g, 13 Länge der Strecke, 4 Längeneinheit der hyperbolischen Ebene, 66 Geraden, 1 Geradenspiegelung, 49 gestreckter Winkel, 6 Maß des Winkels, 7 Gleitspiegelung, 55 Mittelpunkt der Strecke, 4 Grenzpunkte der hyperbolischen Geraden, 70 Mittelpunktswinkel, 37 Grenzwinkel, 65 Mittelsenkrechte auf einer Strecke, 13 Mittelsenkrechten im Dreieck, 33 Heronsche Formel, 43 Mittelsenkrechten und Umkreis, 33 hyperbolische Abstand, 70 Möbiustransformation, 67 Hypothenuse, 20 Höhen im Dreieck, 33 n-dimensionaler affiner Euklidischer Raum, 25 Höhenschnittpunkt, 34 Nebenwinkel, 7 Nullwinkel, 6 Inkreis, 34 A1 A2 orientierte Kurve, 69 orthogonale Gruppe, 58 Orthogonale lin. Abb., 57 orthonormale Basis, 26 parallel, 2, 12, 15 Polygon, 45 Punkte, 1 Punktspiegelung, 55 rechter Winkel, 10 regulare Parametrisierung, 69 räumliche Euklidische Geometrie, 22 Satz uber Sehenviereck, 40 Satz von Thales, 37 Satz über Tangentenviereck, 41 Scheitelwinkel, 7 Schwerpunkt, 35 Sehne, 36 Sehnen-Tangentenwinkel, 38 Sehnenviereck, 40 Seiten von g, 5 Seitenhalbierende im Dreieck, 33 Seitenhalbierende und Schwerpunkt, 34 Sekante, 36 Sekantensatz, 39 senkrecht, 15 Spiegelpunkt, 49 spitzer Winkel, 10 Strahl mit Anfangspkt. A in Rtg. B, 4 Strecke zwischen A und B, 4 Stufenwinkel, 10 stumpfer Winkel, 10 Tangente, 36 Tangentensatz, 38 Tangentenviereck, 40 Translation, 53 Triangulierung, 45 Umfangswinkel, 37 Umfangswinkelsatz, 37 Umkreis, 34 Verbindungsvektor, 23 Viereck, 39 Wechselwinkel, 10 windschief, 15 Winkel, 6 Winkel zwischen zwei Vektoren, 25 Winkelfläche, 6 INDEX Winkelhalbierende im Dreieck, 33 zentrische Streckung, 59 Zwischenrelation, 4