8 2 Merkmale der Sozialwissenschaften Bevor ich den Vergleich als sozialwissenschaftliche Methode erläutern werde, untersuche ich die Kriterien, mit deren Hilfe man eine Methode als sozialwissenschaftliche bestimmen kann. In einem ersten Schritt untersuche ich, anhand welcher Kriterien sich Wissenschaften von den Nicht-Wissenschaften unterscheiden. Mithilfe dieser Kriterien können wissenschaftliche von nicht-wissenschaftlichen Vergleichen unterschieden werden. In einem zweiten Schritt untersuche ich, anhand welcher Kriterien sich die Sozialwissenschaften von den übrigen Wissenschaften unterscheiden. Mithilfe dieser Kriterien können sozialwissenschaftliche von sonstigen wissenschaftlichen Vergleichen unterschieden werden.25 2.1 Merkmale der Wissenschaften 2.1.1 Definition des Begriffs >Wissenschaft< Eine aktuelle und ausführliche Definition des Begriffs >Wissenschaft< stammt von Wohlgenannt: „Unter „Wissenschaft“ verstehen wir einen widerspruchsfreien Zusammenhang von Satzfunktionen (Aussageformen) oder geschlossenen Satzformeln (Aussagen), die einer bestimmten Reihe von Satzbildungsregeln entsprechen und den Satztransformationsregeln (logischen Ableitungsregeln) genügen“26 Ich gehe die Bestimmungen der Definition Schritt für Schritt durch; dabei beschränke ich mich auf Erläuterungen zu Aussagen, Satztransformationsregeln und zur Widerspruchsfreiheit, da Erläuterungen zu Satzfunktionen und Satzbildungsregeln für das Verständnis der folgenden Kapitel nicht relevant sind. Außerdem beschränke ich mich darauf, wissenschaftliche und nicht-wissenschaftliche Aussagen im Hinblick auf deren Anspruch zu vergleichen, nicht im Hinblick darauf, ob sie diesem Anspruch gerecht werden.27 25 Bei beiden Untersuchungen ist zu bedenken, dass es zahlreiche - und meist umstrittene Ausnahmen gibt, da Nicht-Wissenschaften, Wissenschaften und Sozialwissenschaften jeweils sehr heterogene Untersuchungsgegenstände sind. Auf die erforderlichen Differenzierungen verzichte ich, da andernfalls die Erläuterungen zu umfangreich und unübersichtlich wären. 26 Wohlgenannt, R., Wissenschaft, 1969, S. 197. 27 Vgl. Homans, G. C., Sozialwissenschaft, 1972, S. 19. Unter „nicht-wissenschaftlichen Aussagen“ verstehe ich all die Aussagen, die den für die Wissenschaften geltenden Regeln nicht entsprechen müssen. Dass diese Aussagen den Anforderungen entsprechen, ist allerdings möglich. 9 2.1.2 Aussage In diesem Abschnitt werde ich zunächst die Elemente der Aussagen, die Begriffe, danach die einfachen Aussagen und schließlich die komplexen Aussagen erläutern. 2.1.2.1 Begriff Was ist ein Begriff? „Ein Begriff ist ein mit einem bestimmten Wort (bzw. einer Wortkombination) bezeichneter Vorstellungsinhalt.“28 Beispiel: Wenn man die Wörter „Haus“ oder „maison“ liest oder hört, dann denkt man an etwas, das auf dem Erdboden steht, Außenwände hat, über ein Dach verfügt etc. Der Begriff ist die Gesamtheit dieser gedachten Eigenschaften. Zwei Wörter („Haus“ und „maison“) können ein und denselben Begriff (>Haus<) ausdrücken. Neben dem Begriff >Haus< und dem sprachlichen Ausdruck „Haus“ gibt es als Drittes den Objektbereich, nämlich die Gesamtheit aller Häuser. Die Bereiche stehen in Beziehung zueinander: Die Beziehung eines Begriffs zum sprachlichen Ausdruck kann auf einem Kontinuum mit den Polen “eindeutig“ und „mehrdeutig“ verortet werden.29 Beispiel: Das Wort „Tor“ ist mehrdeutig: man kann an einen Menschen (der Tor) oder an eine Sache (das Tor) denken. Die Beziehung eines Begriffs zum Objekt kann auf einem Kontinuum mit den Polen „völlig vage“ und „völlig präzise“ verortet werden: „Bei einem völlig präzisen Begriff läßt sich für jeden beliebigen Gegenstand entscheiden, ob er unter diesen Begriff fällt oder nicht“30, bei einem völlig vagen Begriff ist das nicht möglich. Beispiel: Selbst wenn das Wort „Tor“ nur die Bedeutung >verschließbare Maueröffnung< hätte und somit eindeutig wäre, so könnte die Beziehung zwischen Begriff und Objekt dennoch unpräzise sein, z. B. wenn schwer zu entscheiden ist, ob eine bestimmte Maueröffnung unter den Begriff >Tor< oder >Fenster< fällt. In Wissenschaft und Nicht-Wissenschaft werden Begriffe verwendet; in der Wissenschaft sollen präzisere Begriffe verwendet werden, denn präzise und eindeutige Begriffe sind Voraussetzung für die empirische Überprüfbarkeit; in der Alltagssprache begnügt man sich oft mit mehrdeutigen und vagen Begriffen. Eine 28 Mayntz, R./Holm, K./Hübner, P., Methoden, 1974, S. 9 Vgl. Wohlgenannt, R., Wissenschaft, 1969, S. 97. 30 Wohlgenannt, R., Wissenschaft, 1969, S. 102. 29 10 präzisere Bestimmung der Begriffe ist mithilfe von Definition, Begriffsanalyse oder Explikation möglich.31 Die Gesamtheit der Begriffe kann eingeteilt werden in logische Begriffe, z. B. >und<, >oder<, >nicht<, >wenn ..., dann ... .<, und nicht-logische Begriffe. Die nicht-logischen Begriffe können eingeteilt werden in solche, deren Inhalt Einheiten sind (z. B. Personen, Dinge, Ereignisse etc.), und solche, deren Inhalt Merkmalsausprägungen sind (z. B. Alter, Größe etc.).32 Begriffe, deren Inhalt Einheiten sind, können eingeteilt werden in Individualbegriffe (z. B. >Max Weber<) und Allgemeinbegriffe (z. B. >Mensch<).33 Begriffe, deren Inhalt Merkmalsausprägungen sind, können eingeteilt werden in solche, deren Inhalt Individualmerkmale, und solche, deren Inhalt Gruppenmerkmale sind. Individual- und Gruppenmerkmale können zum einen unterteilt werden in einstellige und mehrstellige Merkmale.34 Zu den einstelligen Merkmalen zählen solche, die eine Einheit ohne Bezug auf eine andere Einheit bestimmen, z. B. >... ist 20 Jahre alt.<, >... ist katholisch.< etc. Zu den mehrstelligen Merkmalen zählen solche, die eine Einheit mithilfe (mindestens) einer weiteren Einheit bestimmen, z. B. > ... ist mächtiger als ... .<, >... ist beliebter als ... .< etc. Individual- und Gruppenmerkmale können zum anderen unterteilt werden nach dem quantitativen Gehalt und nach den Übergängen zwischen den Merkmalsausprägungen. Der quantitative Gehalt ist die Menge der erlaubten Aussagen: Qualitative Variablen, z. B. Geschlecht oder Erziehungsstil, erlauben nur Aussagen über Gleichheit und Ungleichheit; ordinale Variablen, z. B. soziale Schichten oder Noten, erlauben zusätzlich Aussagen über die Richtung (kleiner, größer); metrische Variablen, z. B. Kinderzahl, erlauben zusätzlich Aussagen über zahlenmäßige Verhältnisse (x- mal kleiner/größer).35 Die Übergänge zwischen Merkmalsausprägungen können diskret oder kontinuierlich sein. Ein kontinuierlicher Übergang ist gekennzeichnet durch „die 31 Vgl. zur Explikation: Carnap, R./Stegmüller, W., Logik, 1959, S. 12-15; vgl. zur Definition: Kutschera, F. von/Breitkopf, A., Logik, 1992, S. 139-149; vgl. u. a. zur operationalen Definition: Mayntz, R./Holm, K./Hübner, P., Methoden, 1974, S. 14-22. 32 Vgl. Mayntz, R./Holm, K./Hübner, P, Methoden, 1974, S. 11-12. 33 Vgl. dagegen Carnap, R., Welt, 1998, S. 213-216; ihm zufolge kann „jeder Begriff ... als Individualbegriff und auch als Allgemeinbegriff aufgefaßt werden.“ (ebd., S. 213, Kursiv nicht im Original). 34 Vgl. Opp, K.-D., Methodologie, 1995, S. 20. 35 Vgl. Wolff, W., Statistik, 2000, S. 37-38. 11 Möglichkeit einer unendlichen Teilbarkeit in immer wieder Teilbares“36, bei einem diskreten Übergang besteht eine solche Möglichkeit nicht.37 2.1.2.2 Einfache Aussagen Begriffe können zu Aussagen verknüpft werden. Der sprachliche Ausdruck einer Aussage ist ein Aussagesatz.38 Die Aussagesätze können unterteilt werden in logische und faktische Aussagesätze.39 Logische Sätze sind entweder analytische oder kontradiktorische Sätze. Ein analytischer Satz, z. B. „Der Kreis ist rund.“, kann nur wahr sein. Ein kontradiktorischer Satz, z. B „Der Kreis ist eckig.“, kann nur falsch sein. Die Wahrheit logischer Sätze ist durch eine Begriffsexplikation erkennbar.40 Faktische Aussagesätze sind synthetische Sätze. Ein synthetischer Satz kann wahr oder falsch sein.41 Vertreter der Korrespondenztheorie der Wahrheit gehen davon aus, dass die Wahrheit der synthetischen Sätze durch eine empirische Überprüfung erkannt werden kann, indem untersucht wird, ob Objekt und Aussage übereinstimmen (korrespondieren).42 Nach der Anzahl der Objekte, über die eine Aussage gemacht wird, unterteilt man die Aussagesätze in singuläre und nicht-singuläre Aussagesätze.43 Durch singuläre Aussagesätze wird einer Einheit ein Merkmal zugesprochen. Beispiel: „Max Weber hat einen Vater.“ Durch nicht-singuläre (mit anderen Worten: generelle) Aussagesätze wird mehreren oder allen Einheiten ein Merkmal zugesprochen. Beispiel: „Alle Menschen haben einen Vater.“ Wenn man von Wohlgenannts Definition der „Wissenschaft“ ausgeht, dann enthalten Wissenschaften - im Unterschied zu den Nicht-Wissenschaften - nur Aussagesätze.44 36 Herold, N., Kontinuum, 1976, Sp. 1045. Vgl. Hume, D., Traktat, 1989, S. 44-49; Kant, I., Kritik, 1998, A523-527. 38 Laut Frege können Aussagen auch durch Fragesätze ausgedrückt werden; Frage- sowie Ausrufe-, Befehls- und Bittsätze können weder falsch noch wahr sein; vgl. ders., Gedanke, 1976, S. 34-35. 39 Vgl. Wohlgenannt, R., Wissenschaften, 1969, S. 72. 40 Vgl. Opp, K.-D., Methodologie, 1995, S. 177-179. 41 Kant zufolge gibt es synthetische Sätze a priori, die nicht analytisch sind und nur wahr sein können (vgl. Kant, I., Vernunft, 1998, A6-A13 und B10-B24); eine empirische Überprüfung ist nicht erforderlich. Zweifel an der Unterscheidung zwischen synthetischen und analytischen Sätzen äußert u. a. Quine, W. V. O., Empiricism, 1951, S. 20-43. 42 Detaillierter vgl. Gloy, K., Wahrheitstheorien, 2004. 43 Vgl. Opp, K.-D., Methodologie, 1995, S. 31. 44 Vgl. dagegen Becher, E., Geisteswissenschaften, 1921, S. 6: Wissenschaft ist „ein gegenständlich geordneter Zusammenhang von Fragen, ... Urteilen ... Untersuchungen und Begründungen“ (Kursiv nicht im Original). 37 12 In Wissenschaften und Nicht-Wissenschaften werden sowohl analytische als auch synthetische Sätze und sowohl singuläre als auch nicht-singuläre Sätze verwendet; die Korrespondenztheorie ist die Wahrheitstheorie, die „sowohl unser alltägliches, vorwissenschaftliches Denken wie auch unser wissenschaftliches beherrscht.“45 2.1.2.3 Komplexe Aussagen Einfache Aussagen können zu komplexen Aussagen verknüpft werden. Man unterscheidet:46 Disjunktionen (>... oder ... .<), Konjunktionen (>... und ... .<), Negationen (>... nicht ... .<; >Kein ... .<), Implikationen (>Wenn ..., dann ... .<) und Äquivalenzen (>Dann und nur dann ..., wenn ... .<). In Wissenschaft und Nicht-Wissenschaften werden komplexe Aussagen verwendet. 2.1.3 Transformationsregeln (Logische Ableitungsregeln) Aus einfachen und komplexen Aussagen können weitere Aussagen abgeleitet werden. Ich beschränke mich auf die Darstellung eines Syllogismus, da dieser eine sehr ähnliche Struktur - aber nicht die gleiche Funktion - wie eine Erklärung hat:47 1. Es gibt eine generelle Aussage; z. B.: „Je wertvoller für eine Person eine Aktivitätseinheit ist, die sie von einer anderen Person erhält, desto häufiger wird sie sich Aktivitäten zuwenden, die von der anderen Person mit dieser Aktivität belohnt werden.“48 2. Es gibt wenigstens eine singuläre Aussage, in der die Bedingung genannt wird, z. B.: „Die Beratung durch B ist für A sehr wertvoll.“ 3. Explanandum: „A bezeugt B sehr oft Respekt.“ Wissenschaftliche Erklärungen müssen vier Adäquatheitsbedingungen erfüllen:49 „Das Explanandum muß im Explanans tatsächlich logisch enthalten sein ... . Das Explanans muß (mindestens) ein allgemeines Gesetz enthalten. Das Explanans muß empirischen Gehalt besitzen, 45 Gloy, K., Wahrheitstheorien, 2004, S. 93. Vgl. dagegen Lamnek, S., Sozialforschung, S. 258: Ihm zufolge findet die Korrespondenztheorie v. a. in der quantitativen, die Konsensus- und Diskurstheorie v. a. in der qualitativen Forschung Geltung. 46 Vgl. u. a. Tugendhat, E./Wolf, U., Propädeutik, 1997, S. 104-126. 47 Vgl. zu diesem Beispiel: Lindenberg, S./Wippler, R., Theorienvergleich, 1978, S. 222-223. Ich greife dieses Beispiel einer deduktiv-nomologischen Erklärung in Kapitel 2.2.2 wieder auf. Vgl. zu kausal-statistischen Erklärungen: Scriven, M., Explanation, 1975, S. 3-16; zu pragmatischen Erklärungen: van Fraassens, B., Explanation, 1985, S. 639-651. 48 Homans, G. C., Elementarformen, 1972, S. 47. 49 Die erste Bedingung gilt nicht notwendigerweise für einen Syllogismus: ein Syllogismus kann auch dann korrekt sein, wenn beide Prämissen falsch sind. Vgl. Lauth, B./Sareiter, J., Wissenschaftstheorie, 2002, S. 30-35. 13 d. h. Gesetz und Randbedingungen müssen empirisch prüfbar sein. Und schließlich: Die Aussagen im Explanans müssen wahr sein.“50 Gegen die erste Bedingung kann man folgenden Einwand vorbringen:51 Angenommen, der Schluss sei: „Sokrates ist ein Lebewesen.“ Dies sei erklärbar durch die Prämissen: „Jeder Mensch ist ein Lebewesen.“ und „Sokrates ist ein Mensch.“ Entweder bedeutet die erste Prämisse, dass jeder bisherige Mensch ein Lebewesen ist: dann ist das Explanans logisch nicht enthalten. Oder die Prämisse bedeutet, dass jeder Mensch ein Lebewesen ist: dann muss man den Schluss bereits kennen; man muss bereits wissen, dass u. a. Sokrates ein Lebewesen ist.52 Bezüglich der vierten Bedingung steht man vor dem Problem, dass umstritten ist, was Wahrheit ist. Die Korrespondenztheorie der Wahrheit ist zwar am verbreitetsten, aber sie gilt als „so vage und unpräzise, dass sich bei intensiverem Studium mit ihr nichts anfangen lässt.“53 Sowohl in den Wissenschaften als auch in den Nicht-Wissenschaften sollen als Antwort auf Warum-Fragen Erklärungen verwendet werden. In den Wissenschaften sollen die formalen und inhaltlichen Anforderungen an Erklärungen vollständig erfüllt sein. Ich finde es plausibel, dass offensichtliche Verstöße gegen diese Anforderungen auch in den Nichtwissenschaften nicht erlaubt sind. Allerdings gibt es Nichtwissenschaftler, die aufgrund mangelnder Begabung, Ausbildung oder Ausrüstung subtilere Verstöße nicht erkennen.54 Außerdem „pflegt man im Alltag die Anfangsbedingungen ebenso wie die Gesetzesaussagen zu unterdrücken oder unvollständig zu lassen, weil man sie in einer gegebenen Situation für selbstverständlich hält.“55 Ich halte es für plausibel, dass Attributionsfehler, Unvollständigkeiten etc. allerdings auch im wissenschaftlichen Alltag vorkommen.56 50 Esser, H., Soziologie, 1996, S. 43. Vgl. zu weiteren Einwänden Lambert, K./Brittan, G. G. jr., Wissenschaftsphilosophie, 1991, S. 2589. Ich verwende nicht das Beispiel Lindenbergs und Wipplers, da ich das klassische Beispiel für die Erläuterung für geeigneter halte. 52 Descartes, R., nimmt an, „daß die Dialektiker mit ihrer Kunst keinen Syllogismus bilden können, der etwas Wahres erschließt, wenn sie nicht zuvor seine Materie bewiesen haben, d. h. wenn sie nicht dieselbe Wahrheit, die in ihm deduziert wird, schon vorher erkannt haben“ (Regeln, 1973, S. 67). 53 Gloy, K., Wahrheitstheorien, 2004, S. 93; vgl. dort auch die Kritik an sprachpragmatischen Wahrheitstheorien, S. 191-226. 54 Vgl. zu Attributionsfehlern Herkner, W., Attribution, 1980, S. 33-43; S. 187-294. 55 Poser, H., Wissenschaftstheorie, 2001, S. 44. 56 Vgl. Esser, H., Soziologie, 1993, S. 62. 51 14 2.1.4 Widerspruchsfreier Zusammenhang „Widerspruchsfreiheit“ meint wenigstens zweierlei: Zum einen darf ein Satz keinen Widerspruch enthalten. Zum anderen dürfen zwei oder mehr Sätze einer Wissenschaft einander nicht widersprechen. Diese Forderung wird u. a. damit begründet, dass aus einem Widerspruch jeder beliebige Satz ableitbar sei.57 Ob ein Zusammenhang von Aussagesätzen widerspruchsfrei ist, kann auf wenigstens zwei Weisen überprüft werden:58 durch Konfrontation mehrerer Sätze innerhalb der Wissenschaft oder durch Konfrontation mit einem Aussagesatz anderer Zusammenhänge. Im Unterschied zu nicht-empirischen Wissenschaften sind empirische Wissenschaften auch prüfbar durch Konfrontation mit Sätzen, die ein Faktum beschreiben (Basissätze). Durch eine empirische Prüfung können Popper zufolge generelle Aussagesätze nicht verifiziert, d. h. als wahr erkannt werden. Denn der induktive Schluss von einer begrenzten Anzahl geprüfter Fakten auf die Wahrheit des generellen Aussagesatzes sei nicht zulässig. Durch eine empirische Prüfung könnten generelle Aussagesätze jedoch falsifiziert, d. h. als falsch erkannt werden. Wenn durch mehrere Prüfungen ein genereller Aussagesatz nicht falsifizierbar sei, gälte dieser als bewährt.59 Man kann drei Gütekriterien für eine empirische Überprüfung unterscheiden: „Objektivität“ bezeichnet das Ausmaß, in dem mehrere Prüfer bei der Untersuchung desselben Gegenstandes übereinstimmen.60 Meist schränkt man den Kreis der Prüfer auf diejenigen ein, die „hinlänglich intelligent, ausgebildet und ausgerüstet“61 sind. „Reliabilität“ bezeichnet das „Ausmaß ..., in dem wiederholte Messungen eines Objektes mit einem Meßinstrument die gleichen Werte liefern.“62 „Validität“ bezeichnet wenigstens zweierlei: „Interne Validität“ bezeichnet das Ausmaß, in dem Veränderungen der abhängigen Variable ausschließlich durch Veränderungen der unabhängigen Variable bedingt sind; Störeinflüsse also ausgeschlossen werden können.63 „Externe Validität“ bezeichnet das Ausmaß, in 57 Vgl. Popper, K. R., Logik, 1994, S. 58. Vgl. Opp, K.-D., Methodologie, 1995, S. 184. 59 Vgl. Popper, K. R., Logik, 1994, S. 8. 60 Vgl. Häcker, H., Objektivität, 1998, S. 589. 61 Wohlgenannt, R., Wissenschaft, 1969, S. 112. 62 Schnell, R./Hill, P. B./Esser, E., Methoden, 1999, S. 145. 63 Vgl. Bay, R. H./Lück, H. E., Forschungspraxis, 1981, S. 50. 58 15 dem ein Ergebnis der Untersuchungssituation auch auf andere Situationen, „speziell auf die Alltagsrealität übertragbar ist.“64 Sowohl in den Wissenschaften als auch in den Nicht-Wissenschaften sollen Widersprüche vermieden werden. Das Ausmaß, in dem die Gütekriterien erfüllt sind, ist sowohl in den Wissenschaften als auch in den Nicht-Wissenschaften relevant.65 2.1.5 Fazit Es gibt Unterschiede zwischen den Anforderungen an wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche Aussagen, aber erstens nicht sehr viele, zweitens sind die Unterschiede eher graduell (Präzision, Eindeutigkeit) oder werden nicht von allen geteilt. Folgende Tabelle fasst das Teilkapitel zusammen: Kriterium Nicht-wissenschaftliche Wissenschaftliche Aussagen Aussagen Verwendung logischer Begriffe erlaubt ja ja Verwendung von Individual- und ja ja Geforderte Eindeutigkeit der Begriffe gering hoch Geforderte Präzision der Begriffe gering hoch Verwendung von Aussagesätzen erlaubt ja ja Verwendung von Befehls-, Frage- oder ja nein ja ja ja ja ja ja Aussagen sollen widerspruchsfrei sein ja ja Gütekriterien für empirische Überprüfung ja ja Allgemeinbegriffen erlaubt Wunschsätzen erlaubt Korrespondenztheorie als bevorzugte Wahrheitstheorie Adäquatheitsbedingungen sollen vollständig erfüllt sein Zur Beantwortung von Warum-Fragen werden Erklärungen gefordert sollen erfüllt sein Tabelle 1: Vergleich nicht-wissenschaftlicher und wissenschaftlicher Aussagen 64 Bay, R. H./Lück, H. E., Forschungspraxis, 1981, S. 50. Vgl. Heider, F., Beziehungen, 1977; vgl. u. a. das ANOVA-Modell von: Kelley, H. H., attribution, 1973, S. 107-128: Die durch Person X vermutete Ursache des Handelns einer anderen Person P hängt u. a. vom Ausmaß des wahrgenommenen Konsensus ab (Hoher Konsensus liegt vor, wenn bislang alle Personen in einer ähnlichen Situation so handelten wie P). Hoher Konsensus liegt u. a. vor bei hoher Objektivität (d. h. hoher Übereinstimmung im Urteil). 65 16 2.2 Merkmale der Sozialwissenschaften Im vorangegangenen Abschnitt habe ich Unterschiede zwischen Wissenschaften und Nichtwissenschaften untersucht. Im Folgenden untersuche ich, inwieweit sich die Sozialwissenschaften von den übrigen Wissenschaften im Gegenstand und in der Methode unterscheiden.66 Zu den Sozialwissenschaften zählen u. a. Psychologie, Wirtschaftswissenschaften, Politologie, (Kunst-)Geschichte und Soziologie. Ich beschränke mich darauf, die Soziologie stellvertretend für alle Sozialwissenschaften mit den übrigen Wissenschaften zu vergleichen.67 Die Soziologie ist am geeignetsten für eine solche Stellvertreterfunktion, da sie als die allgemeinste der Sozialwissenschaften gilt.68 2.2.1 Gegenstand Als Gegenstand der Sozialwissenschaften im allgemeinen und der Soziologie im speziellen gilt Zweierlei: soziales Handeln (oder auch: soziales Verhalten) und soziale Strukturen.69 2.2.1.1 Soziales Handeln Soziales Handeln ist eine Art des Handelns. Ich werde zuerst das Handeln, dann das soziale Handeln erläutern. Max Weber definiert „Handeln“ folgendermaßen: „„Handeln“ soll dabei ein menschliches Verhalten (einerlei ob äußeres oder innerliches Tun, Unterlassen oder Dulden) heißen, wenn und insofern als der oder die Handelnden mit ihm einen subjektiven Sinn verbinden.“70 Folgende sozialwissenschaftliche Besonderheiten lassen sich ableiten:71 Handeln ist ein menschliches Verhalten. Dies ist Homans zufolge „der augenscheinlichste Unterschied zwischen den Sozialwissenschaften und den übrigen 66 Zum Verhältnis zwischen Natur- und Sozialwissenschaften vgl. Topitsch, E., Verhältnis, 1966, S. 57-71; Kritik an Topitsch stammt von Habermas, J., Dualismus, 1982, S. 89-143; v. a. S. 118-121. Zum Verhältnis zwischen nomothetischen Natur- und idiographischen Geisteswissenschaften vgl. u. a. Windelband, W., Geschichte, 1924, S. 136-160. 67 Vgl. Esser, H., Anstöße, 2004, S. 7. 68 Vgl. Schimank, U., Handeln, 2000, S. 9. 69 Vgl. Wiswede, G., Soziologie, 1998, S. 22: „Soziologie sei die Lehre vom sozialen Verhalten (sozialen Handeln) und den sozialen Strukturen (sozialen Gebilden).“ 70 Weber, M., Grundbegriffe, 1984, S. 19. 71 Vgl. ähnlich Schmidt, G., Weber, 1987, S. 25. 17 Wissenschaften.“72 Nur Sozialwissenschaftler „untersuchen das Verhalten von Dingen, die so sind wie sie selbst.“73 Zweitens wird der Gegenstandsbereich eingeschränkt auf sinnhaftes Verhalten - im Unterschied zu nicht-sinnhaftem Verhalten. Damit ist ein zweiter Unterschied zwischen Sozialwissenschaften und den übrigen Wissenschaften benannt: die „Beachtung der Kategorie des „Sinns“, zu der es in den Naturwissenschaften in der Tat kein Äquivalent gibt, und damit: des Aspektes des „Verstehens““74. Verstehen meint „den Vorgang, in welchem wir aus Zeichen, die von außen sinnlich gegeben sind, ein Inneres erkennen“75. Das Handeln ist das äußere Zeichen, mit dessen Hilfe man ein Inneres, z. B. eine Kognition, erkennt.76 Gegenstand der Sozialwissenschaften ist das soziale Handeln. Dies bedeutet eine dritte Einschränkung des Gegenstandsbereiches. Weber definiert „Soziales Handeln“ als Handeln, „welches seinem von dem oder den Handelnden gemeinten Sinn nach auf das Verhalten anderer bezogen wird und daran in seinem Ablauf orientiert ist.“77 Wenn man davon ausgeht, dass es nicht nur ein sozial handelndes Individuum gibt, sondern mehrere, und wenn man das soziale Handeln dieser Individuen vergleicht, dann kann man Gemeinsamkeiten und Unterschiede erkennen. Den Soziologen interessieren v. a. die Gemeinsamkeiten. „Und erst mit dieser Orientierung an den von konkreten Menschen abstrahierenden, vereinfachenden und typisierenden Mustern des Handelns und der sozialen Beziehungen wird die Soziologie zu einer Sozial-Wissenschaft“78. 2.2.1.2 Struktur Merkmale, „die als relativ fortdauernd oder beharrend angesehen werden“79, bezeichnet man als „Strukturen“. Gesellschaftliche Strukturen gelten - im Unterschied zu anderen Strukturen, z. B. der Chemie oder Physik - als weniger lange andauernd und als räumlich begrenzt. Die Strukturen einer Gesellschaft können 72 Homans, G. C., Sozialwissenschaft, 1972, S. 69. Homans, G. C., Sozialwissenschaft, 1972, S. 69. Vgl. u. a. Lamnek, S., Sozialforschung, Bd. 1, S. 14-15. 74 Esser, H., Anstöße, 2004, S. 8. 75 Dilthey, D., Hermeneutik,1924, S. 318. 76 Schütz, A., Wirklichkeit, 1971, S. 6, nennt die gedanklichen Konstruktionen der alltäglichen Wirklichkeit „Konstruktionen ersten Grades“ und die Konstruktionen des Sozialwissenschaftlers „Konstruktionen zweiten Grades“. 77 Weber, M., Grundbegriffe, 1984, S. 19. Kritisch hierzu vgl. Schütz, A., Aufbau, 1987, S. 24-27. 78 Esser, H., Soziologie, 1993, S. 419; Kursiv im Original; Fettdruck nicht im Original. 79 Wiswede, G., Soziologie, 1998, S. 24. 73 18 eingeteilt werden in Strukturen der Merkmalsverteilung und institutionelle Strukturen:80 Die Strukturen der Merkmalsverteilung können weiter unterteilt werden; entsprechend der Unterscheidung zwischen ein- und zweistelligen Merkmalen in Abschnitt 2.1.2.1 unterscheidet Esser u. a. zwischen Verteilungsstrukturen und Beziehungsstrukturen: Die Verteilungsstruktur ergibt sich aus der „Verteilung der absoluten Merkmale der Einheiten einer Gesellschaft“81. Die Beziehungsstruktur ergibt sich „aus den besonderen Mustern der relationalen Eigenschaften der Einheiten der Gesellschaft“82. Beide Strukturarten sind raumzeitlich verortbar. Die institutionelle Struktur „ist die Gesamtheit der formellen wie der informellen Regeln und kulturellen Werte, die die Grundlage für die Handlungskoordination der Akteure ... bilden.“83 Im Unterschied zu den beiden oben genannten Strukturarten existiert die institutionelle Struktur insofern, „als sie sich in ... Praktiken realisiert und als Erinnerungsspuren, die das Verhalten bewusst handelnder Subjekte orientieren.“84 Einerseits bedingen die Strukturen einer Gesellschaft das soziale Handeln; andererseits werden durch das soziale Handeln die institutionellen Strukturen ,verkörpert’ und solche Strukturen reproduziert, die wiederum das soziale Handeln bedingen. Beispiel: Indem man einem gebrechlichen Menschen Hilfe anbietet, wird sichtbar, dass man dem Gebot der Hilfsbereitschaft folgt; außerdem mag ein solches Vorbild andere dazu bewegen, sich ebenfalls hilfsbereit zu verhalten. Eine solche Reproduktion erfolgt meist routiniert. Die Folgen des sozialen Handelns können zum einen vorhergesehen oder nicht vorhergesehen, zum anderen erwünscht oder nicht erwünscht sein.85 80 Vgl. Esser, H., Soziologie, 1993, S. 419-467, dort statt „Strukturen der Merkmalsverteilung“ „soziale Strukturen“; dort auch Erläuterungen zur Infrastruktur und Super-Struktur. 81 Esser, H., Soziologie, 1993, S. 428, Kursiv im Original. 82 Esser, H., Soziologie, 1993, S. 431, Kursiv im Original. 83 Esser, H., Soziologie, 1993, S. 437. 84 Giddens, A., Konstitution, 1988, S. 69; vgl. auch Esser, H., der die beiden ersten Strukturarten als „empirische Angelegenheiten“ (Soziologie, 1993, S. 436) bezeichnet, während die institutionelle Struktur den „nicht direkt sichtbaren ... Hintergrund ... abgibt.“ (ebd., S. 437). 85 Vgl. Schimank, U., Weiterungen, 2002, S. 503. Zu weiteren Differenzierungen vgl. Kron, Th., Transintentionalität, 2002, S. 466-477. 19 2.2.2 Methode Eine Methode ist „ein systematisches, geregeltes und planvolles Vorgehen, um ein Ziel zu erreichen.“86 Im Abschnitt 2.1.3 wurde die Struktur einer (nomologischdeduktiven) Erklärungsmethode vorgestellt. Die Sozialwissenschaften bedienen sich ebenfalls dieser Methode; eine Besonderheit der sozialwissenschaftlichen Erklärung ergibt sich aus der Forderung nach der „Beachtung der Kategorie des „Sinns“ ... und damit des Aspektes des „Verstehens““.87 Ein Beispiel einer soziologischen Erklärung stammt von Lindenberg und Wippler.88 Beiden Autoren zufolge besteht eine „Theorie kollektiver Tatbestände und Prozesse“ mindestens aus zwei Erklärungen, „die in einer solchen Weise miteinander verbunden sind, daß das Explanandum der ersten Erklärung ein Teil des Explanans der zweiten ist.“89 Die erste Erklärung enthält im Explanans zum einen „allgemeine Aussagen über Verhalten, Kognitionen oder Motivationen“90; zum anderen wenigstens eine Randbedingung. Während die Gültigkeit eines Naturgesetzes weder räumlich noch zeitlich als eingeschränkt gilt, gilt die Gültigkeit sozialwissenschaftlicher Gesetzesaussagen als eingeschränkt, da „mit der Veränderung der Randbedingungen, auch diese „Gesetze“ ihren scheinbar ehernen Charakter verlieren.“91 Im Explanandum der ersten Erklärung „stehen die individuellen Effekte, die aus den Propositionen [gemeint sind die generellen Aussagen] und Anfangsbedingungen abzuleiten sind.“92 Die zweite „Erklärung“ enthält im Explanans - im einfachsten Fall93 - zum einen eine partielle Definition94, zum anderen wenigstens zwei Randbedingungen; eine 86 Lankenau, K./Zimmermann, G. E., Methoden, 2000, S. 216. Um ein Vorgehen als „Methode“ zu bezeichnen, sind Vergleiche erforderlich, durch die das geforderte Vorgehen (systematisch, geregelt, planvoll) mit dem tatsächlichen Vorgehen verglichen wird. 87 Esser, H. Soziologie, 1993, S. 8. 88 Ich verzichte auf die Darstellung Essers Modell der soziologischen Erklärung. Erstens, da ich Lindenbergs und Wipplers Modell für auf weniger Zeilen darstellbar halte, zweitens schreibt Esser selbst, sein „Modell folgt in seiner Grundstruktur einigen früheren Vorschlägen. insbesondere Siegwart Lindenberg und Reinhard Wippler“ (Esser, H. Soziologie, 1993, S. 98, Fußnote 3. Zeichensetzung wie im Original) 89 Lindenberg, S./Wippler, R., Theorienvergleich, 1978, S. 225. 90 Lindenberg, S./Wippler, R., Theorienvergleich, 1978, S. 222. 91 Esser, H., Anstöße, 2004, S. 21. Essers Aussage gilt auch für Naturgesetze, denn auch diese gelten nur unter bestimmten Bedingungen. Vgl. zur Gültigkeit von Naturgesetzen: Poser, H., Wissenschaftstheorie, S. 65. 92 Lindenberg, S./Wippler, R., Theorienvergleich, 1978, S. 223. Vgl. das Beispiel im vorangegangenen Teilkapitel. 93 In einem komplexeren Fall enthielte das Explanans z. B. Implikationsaussagen; vgl. Lindenberg, S./ Wippler, R., Theorienvergleich, 1978, S. 224. 20 dieser Randbedingungen ist das Explanandum der ersten Erklärung. Im Explanandum der zweiten Erklärung stehen die kollektiven Effekte. Beispiel: Die partielle Definition lautet: „Wenn A B Respekt erzeugt und B sich durch A respektiert fühlt und wenn A und B dies in gleicher Weise wahrnehmen, dann besteht zwischen A und B eine Statusstruktur.“95 Die erste Randbedingung ist: A erzeugt B Respekt. Die zweite Randbedingung ist: Die einseitige Respektbezeugung wird durch A und B in gleicher Weise wahrgenommen. Bei der zweiten „Erklärung“ handelt es sich allerdings nicht um eine Erklärung, da im Explanans lediglich eine partielle Definition enthalten ist. Etwas kryptisch schreiben Lindenberg und Wippler selbst: „Die zweite Erklärung erfüllt also nur formal (d. h. in Bezug auf die Argumentationsstruktur) die Anforderungen des „covering law model“ und lässt andere Erfordernisse unberücksichtigt.“96 2.2.3 Fazit Gegenstand der Sozialwissenschaften sind soziales Handeln und gesellschaftliche Strukturen, die sich wechselseitig bedingen. Soziales Handeln ist sinnhaft und eine Tätigkeit eines - dem Forschersubjekt ähnlichen - Subjekts; gesellschaftliche Strukturen sind raum-zeitlich begrenzt. Im Unterschied dazu ist der Gegenstand anderer Wissenschaften weder sinnhaft noch dem Forschersubjekt ähnlich; nichtgesellschaftliche Strukturen gelten als raum-zeitlich weniger begrenzt. Sozialwissenschaftliche Erklärungen bedürfen - im Unterschied zu Erklärungen anderer Wissenschaften - zusätzlich der Methode des Verstehens. 94 Bei einer partiellen Definition wird das zu Definierende nur unter Bedingungen definiert; vgl. Essler, W. K., Definition, 1970, S. 124-137. Beispiel: Eine partielle Definition des Begriffs „wasserlöslich“ lautet: „Wenn etwas in Wasser gegeben wird und wenn es sich dann auflöst, nennen wir es wasserlöslich.“ (Poser, H., Wissenschaftstheorie, 2001, 95-96). 95 Lindenberg, S./Wippler, R., Theorienvergleich, 1978, S. 223. 96 Lindenberg, S./Wippler, R., Theorienvergleich, 1978, S. 225.