Panaritium/Phlegmone - Elite Magazin Online

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KLAUENKRANKHEITEN
Panaritium/Phlegmone
Panaritium ist eine eitrige, sich weitläufig vom Zwischenklauenspalt ausbreitende
Entzündung des Bindegewebes. Sie setzt oft sehr plötzlich ein und ist nur mit einer
lokalen Behandlung und dem zusätzlichen Einsatz von Antibiotika zu behandeln.
P
anaritium gehört zu den wenigen plötzlich einsetzenden Fußkrankheiten beim Rind. Es wird auch als
„Zwischenzehen-Phlegmone“ oder wegen der durch die
Schwellung abstehenden Haare als „Igel“ bezeichnet.
1. Entstehung
Die Zwischenzehen-Phlegmone kommt abhängig von
den Auslösern häufig nur bei einzelnen Tieren, aber auch
„seuchenartig“ in ganzen Herden vor. Vorwiegend sind
die Hintergliedmaßen der Tiere betroffen.
Die zunächst mit einem Ödem (eingelagertes Gewebswasser) beginnende Entzündung des Bindegewebes im
Zwischenklauenbereich wird schnell zu einer flächenhaft
fortschreitenden, eitrigen Entzündung (Phlegmone).
Häufig treten Phlegmonen bei hohen Umgebungstemperaturen mit hoher Luftfeuchtigkeit im Frühjahr oder
Sommer aufgrund des erhöhten Keimdrucks auf. Eine
Aufweichung des Zwischenklauenspaltes durch Kot und
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Urin sorgt für eine Vorschädigung der Haut. Kleinste
Verletzungen der Zwischenzehenhaut können den Weg
für eindringende Erreger bereiten. Verursacht werden
diese z. B.
■ bei sehr hartem Weideuntergrund (trockene Sommer)
und / oder Triebwegen, Ästen oder Steinen,
■ bei aufgeweichter Haut durch spießende Strohhalme,
■ durch hervorstehende Befestigungselemente von
Boxenabtrennungen,
■ auf Laufflächen mit unebener Oberfläche, Rillen oder
Prägevertiefungen,
■ durch das Rutschen und Spreizen der Klauen auf
rutschigen Böden.
Insbesondere die Keime, die bei einer Klauenfäule im
Zwischenklauenspalt vorherrschen, spielen eine auslösende Rolle. Weitere auslösende Bakterien sind Pansenbewohner; sie vermehren sich unter Luftabschluss in den
Ritzen der lädierten Haut und produzieren dort Toxine
(Giftstoffe), die die Hautzellen zum Absterben bringen.
Nun können weitere Erreger wie Staph. aureus oder E. coli
eindringen. Vereinzelt kommen auch hochgradig
pathogene (krankmachende) Stämme von Fusobacterium necrophorum vor.
2. Diagnose
Zwischenklauenbereich und Kronsaum sind geschwollen, blau-rötlich verfärbt und deutlich warm. Panaritium
geht mit rasch einsetzenden Schmerzen und einer
deutlichen Lahmheit einher. Wird ein „dicker Fuß“
bemerkt, muss das Tier umgehend selektiert werden,
jedoch nicht in die Abkalbebox (Ansteckungsgefahr!).
Erkrankte Tiere haben oft Fieber, zeigen Fressunlust
und oftmals einen drastischen Milchrückgang. Eine
Temperatur über 39,5 °C weist auf ein Übergreifen der
Infektion auf den Körper hin.
Anschließend muss der Fuß im Klauenstand angehoben und untersucht werden, denn einige andere Erkrankungen zeigen ähnliche Symptome, müssen aber anders
behandelt werden.
Nach der sorgfältigen Reinigung der Klaue wird eine
Funktionelle Klauenpflege durchgeführt (auch an den
gesunden Klauen!). Käsiger, schmieriger Belag bedeckt
die kurz nach Einsetzen der Erkrankung auftretenden
Risse auf der Haut. Es kann zum Absterben des betroffenen Gewebes kommen, ein typischer Geruch entsteht.
Die Infektion kann im weiteren Verlauf Gelenke und
Sehnenscheiden angreifen, im schlimmsten Fall kommt
es zu einer Blutvergiftung. Keime werden mit dem Blut in
den ganzen Körper geschwemmt und verursachen dort
Abszesse oder akute Entzündungen (Leber, Lunge, Herz).
3. Angussverband mit Schmierseife
Der rasche Einsatz geeigneter Therapiemaßnahmen
führt in den meisten Fällen zu einer vollständigen
Heilung. Die lokale Behandlung steht an erster Stelle. Die
Klaue wird sorgfältig mit Seife und Bürste unter fließendem, warmem Wasser gereinigt, Beläge und abgestorbenes Gewebe werden so entfernt. Feuchte Verbände mit
Schmierseifenlösung haben sich in der Praxis bewährt,
wenn es sich um eine akute Entzündung und Schwellung
handelt und die Veränderungen noch nicht auf innere
Strukturen (Gelenke etc.) übergegriffen haben. Möglich
sind hier hohe Verbände oder der Einsatz von Kunststoffschuhen (z. B. Practic Boot, Demotec). Die Angussbehandlung muss über ein bis drei Tage täglich kontrolliert
und erneuert werden.
Bei der weiteren Behandlung werden oberflächliche
Veränderungen nach dem Trocknen z. B. mit einem Föhn
mit antibiotikahaltigen Sprays abgedeckt. Bei absterbendem Gewebe kann ein Novaderma-Verband die
Heilung beschleunigen (Wartezeiten beachten, Verband
nach einem, dann nach 3 Tagen wechseln). Der Verband
verhindert zudem eine weitere Verbreitung der Erreger im
Bestand. Ohne Verband darf die Kuh nicht wieder in die
Herde zurück!
Eine chirurgische Entfernung des infizierten und des
abgestorbenen Gewebes kann nur der Tierarzt unter
örtlicher Betäubung vornehmen.
Antibiotika einsetzen
Bei einer eindeutigen Diagnose und zusätzlich zur
lokalen Therapie, insbesondere bei Fieber, ist eine
Injektion von Antibiotika in ausreichend hoher Dosis
über mindestens 3 bis 7 Tage angezeigt. Neben Penicillin
und Sulfonamiden stehen auch Medikamente mit
deutlich kürzerer bzw. ohne Wartezeit zur Verfügung.
Gleichzeitig müssen über 1 bis 3 Tage schmerzstillende, entzündungshemmende Medikamente gespritzt
werden. Das ermöglicht eine rasche Erholung der Tiere,
anderenfalls wird der Milchrückgang die Leistungsfähigkeit dauerhaft beeinträchtigen.
Ungünstig hinsichtlich einer vollständigen Heilung
wirkt sich die Ausbreitung der Infektion über die Gefäße
aus, die bis zur Beteiligung des Herzens gehen können.
Deshalb müssen erkrankte Tiere wiederholt einer kompletten Untersuchung unterzogen werden. Herzgeräusche, anhaltend hohes Fieber und Fressunlust weisen
auf eine schlechte Heilungsaussicht hin.
4. Prophylaxe
Zur Vermeidung von Panaritium haben sich folgende
Maßnahmen bewährt:
■ Trockene, hygienische Lauf- und Standflächen
(Schiebereinsatz erhöhen, Reinigungsroboter auf Spalten),
■ bequeme Liegeboxen,
■ angenehmes Stallklima (Ventilatoren),
■ Keimreduktion durch Reinigung und Desinfektion im
Stall (v. a. bei gehäuftem Auftreten),
■ sofortige Behandlung erkrankter Tiere.
Bei einer Phlegmone ist der Kronsaum stark geschwollen. Die
Kuh entlastet den schmerzempfindlichen Fuß. Fotos: Fiedler
Klauengesundheit
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