Pettenkofer-Preisverleihung 26.11.2015 Thema: „Metabolische Adaptation von Wirt und Erreger bei bakteriellen Infektionen: Bedeutung für die Pathogenität und Virulenz“ Prof. Dr. Dirk Bumann Zusammenfassung Infektionskrankheiten sind ein enormes weltweites Problem. In den meisten Fällen dringen zu Beginn der Infektion nur wenige Erreger in die Gewebe ein. Zur Krankheit kommt es erst, wenn diese Erreger genügend Nährstoffe im Wirtsgewebe finden und sich vermehren können. Welche Nährstoffe sind das, und mit welchen Stoffwechselwegen können Krankheitserreger sie nutzen? Wir untersuchen diese Fragen bei wichtigen bakteriellen Erregern mit völlig unterschiedlichen Lebensstilen. Shigellen vermehren sich rasant in Darmzellen und lösen lebensbedrohliche blutige Durchfällen (Ruhr) aus. Shigellen zapfen dabei einen Hauptstoffwechselweg der Darmzellen, die Glykolyse, an und erhalten so einen ständigen Nährstoffnachschub, der ihnen ein aussergewöhnlich schnelles Wachstum ermöglicht. Salmonellen lösen ebenfalls Durchfälle aus, aber einige Stämme können sich auch im ganzen Körper ausbreiten und dann die noch gefährlichere Krankheit Typhus verursachen. Bei dieser Krankheit leben Salmonellen in Fresszellen, den sogenannten Makrophagen. In diesen Zellen haben Salmonellen aber keinen freien Zugang zum Zellinhalt, weil sie von einer Membran umschlossen sind, die den Zugang zu Nährstoffen begrenzt. Die meisten Salmonellen wachsen deshalb nur sehr langsam und tragen kaum zum Krankheitsverlauf bei. Anderseits sind solch langsam wachsenden Salmonellen wenig empfindlich gegen Antibiotika und können deshalb leicht Rückfälle auslösen, wenn man die Behandlung zu früh abbricht. Als dritten Erreger untersuchen wir Pseudomonaden, die sich außerhalb von Zellen in Gewebeflüssigkeiten vermehren und u.a. schwere Lungenentzündungen auslösen können. Immer mehr Pseudomonaden sind resistent gegen fast alle Antibiotika. Pseudomonaden lassen nur wenige Chemikalien durch ihre Zellhülle passieren und diese schlechte Durchgängigkeit ist auch ein Haupthindernis bei der Entwicklung neuer Antibiotika. Allerdings müssen Pseudomonaden zumindest manche Nährstoffe aufnehmen, um überhaupt wachsen zu können. Durch welche Poren sie Nährstoffe aufnehmen und wie Antibiotika dieselben Aufnahmewege ausnützen könnten, untersuchen wir gerade. Unser Vergleich zeigt, dass verschiedene Erreger völlig unterschiedliche Ernährungweisen benutzen. Eine allgemein wirksame Bekämpfung von Infektionen ist auf dieser Grundlage schwierig. Vor allem unsere neuen Ergebnisse helfen aber, dringend benötigte neue Antibiotika gegen den Problemkeim Pseudomonas zu entwickeln.