B^a^i~g\ZhX]^X]iZ :EITSCHRIFTFÓRHISTORISCHE"ILDUNG C 21234 ISSN 0940 -ÊÊ 4163 Heft 4/2009 Militärgeschichte im Bild: Bundeskanzler Konrad Adenauer und der israelische Premierminister David Ben-Gurion bei ihrem ersten Zusammentreffen am 14. März 1960. Wehrmacht 1935 Frauen im Krieg Pfalz 1945 bis 1949 Afghanistan 1979 ÌBÀ}iÃV V ÌV iÃÊÀÃV Õ}Ã>Ì Impressum Editorial Militärgeschichte Zeitschrift für historische Bildung Herausgegeben vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt durch Oberst Dr. Hans Ehlert und Oberst i.G. Dr. Hans-Hubertus Mack (V.i.S.d.P.) Produktionsredakteur der aktuellen Ausgabe: Oberstleutnant Dr. Harald Potempa Redaktion: Hauptmann Matthias Nicklaus M.A. (mn) Hauptmann Magnus Pahl M.A. (mp) Oberstleutnant Dr. Harald Potempa (hp) Major Klaus Storkmann M.A. (ks) Mag. phil. Michael Thomae (mt) Bildredaktion: Dipl.-Phil. Marina Sandig Lektorat: Dr. Aleksandar-S. Vuletić Layout/Grafik: Maurice Woynoski / Medienwerkstatt D. Lang Karten: J. Zwick, Gießen / MGFA Anschrift der Redaktion: Redaktion »Militärgeschichte« Militärgeschichtliches Forschungsamt Postfach 60 11 22, 14411 Potsdam E-Mail: MGFARedaktionMilGeschichte@ bundeswehr.org Telefax: 03 31 / 9 71 45 07 Homepage: www.mgfa.de Manuskripte für die Militärgeschichte werden an diese Anschrift erbeten. Für unverlangt ein­ gesandte Manuskripte wird nicht gehaftet. Durch Annahme eines Manuskriptes erwirkt der Herausgeber auch das Recht zur Veröffent­ lichung, Übersetzung usw. Honorarabrechnung erfolgt jeweils nach Veröffentlichung. Die Redaktion behält sich Kürzungen eingereichter Beiträge vor. Nachdrucke, auch auszugsweise, fotomechanische Wiedergabe und Übersetzung sind nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung durch die Redaktion und mit Quellenangaben erlaubt. Dies gilt auch für die Aufnahme in elektronische Datenbanken und Vervielfältigungen auf CD-ROM. Die Redaktion hat keinerlei Einfluss auf die Gestaltung und die Inhalte derjenigen Seiten, auf die in dieser Zeitschrift durch Angabe eines Link verwiesen wird. Deshalb übernimmt die Redaktion keine Verantwor­ tung für die Inhalte aller durch Angabe einer Link­ adresse in dieser Zeitschrift genannten Seiten und deren Unterseiten. Dieses gilt für alle aus­ge­ wählten und angebotenen Links und für alle Sei­ ten­inhalte, zu denen Links oder Banner führen. Das biblische Wort »Was du tust, bedenke das Ende« (Jesus Sirach 7, 36) stand bei der Konzeption des vorliegenden Heftes Pate. Vor 75 Jahren, im März 1935, wurde in Hitler-Deutschland die Wehrmacht aufgestellt. Aus der kleinen Berufsarmee Reichswehr entstand innerhalb kürzester Zeit eine Wehrpflichtigenarmee in Millionenstärke. Sie bestand zum ers­ten Male in der deutschen Geschichte aus drei Teilstreitkräften: Heer, Kriegsmarine und Luftwaffe. Sie war zunächst wichtiges Mittel der NS-Außen­politik, dehnte dann ab 1939 in mehreren Angriffskriegen den NS-Macht­bereich gewaltig aus und kapitulierte nach vernichtenden Rückschlägen im Mai 1945 bedingungslos. Der Beitrag von Harald Potempa beleuchtet die Geschichte deutscher Streitkräfte von 1933 bis 1945 unter dem Aspekt der Veränderung. Der Faden der Eroberung Europas durch die Wehrmacht wird im Historischen Stichwort am Beispiel des Unternehmens »Weserübung« aufgenommen. Er wird auch in der Rubrik »Die Historische Quelle« mit Blick auf Heinrich Himmlers Flaggenbefehl von 1945 weitergesponnen. Die NS-Führung bekämpfte zunehmend das eigene Volk. Dass – aus deutscher Perspektive – einem Ende auch immer ein Anfang inne­wohnt, zeigt der Beitrag von Falko Heinz. Er arbeitet exemplarisch für Landau (Pfalz) heraus, wie sich die Besatzungspolitik in der französischen Zone 1945 bis 1949 gestaltete. Er beschreibt, wie lange es dauerte, bis aus Besatzern und Besetzten Freunde und Partner wurden. Auf die große Bedeutung von Freundschaft und Partnerschaft für die westdeutsche Außenpolitik in der Nachkriegszeit weist bereits das Titelbild der vorliegenden Ausgabe hin: das Treffen von Konrad Adenauer und Ben Gurion im März 1960, das am Anfang der neuen, besonderen deutschisraeli­schen Beziehungen stand. Zwei Großbeiträge wiederum zeigen in eindringlicher Weise, dass die Mili­tärgeschichte des 20. Jahrhunderts nicht nur durch die deutsche Brille wahrge­nom­men werden sollte. Rüdiger von Dehn stellt den Wandel des Frauenbildes in den USA in beiden Weltkriegen am Beispiel ausgewählter militärischer Plakate dar. Bernhard Chiari schließlich erinnert an die Besetzung Afghanistans durch die Sowjetunion 1979 und somit an den Beginn eines zehnjähri­gen mörderischen und brutalen Kleinkrieges. Der Krieg in Afghanistan endete nicht vor 20 Jahren mit dem sowjetischen Rückzug, er hält bis heute – freilich unter anderen Umständen und mit neuen Fronten – an. Ein Hinweis in eigener Sache: Die Abonnenten der »Militärgeschichte« bitten wir, die neuen Bezugsbedingungen auf dem Rückumschlag des Heftes zu beachten. Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wünschen wir eine gewinnbringende Lektüre der aktuellen Ausgabe und ein glückliches sowie friedliches 2010. © 2009 für alle Beiträge beim Militärgeschichtlichen Forschungsamt (MGFA) Sollten nicht in allen Fällen die Rechteinhaber ermittelt worden sein, bitten wir ggf. um Mitteilung. Druck: SKN Druck und Verlag GmbH & Co., Norden ISSN 0940-4163 Dr. Harald Potempa Oberstleutnant Inhalt Von der Reichswehr zur Wehrmacht: Die Veränderung deutscher Streitkräfte 1933 bis 1945 4 Oberstleutnant Dr. Harald Potempa, geboren 1963 in Dorfen/Lkrs. Erding/Oberbayern, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am MGFA Frauenbilder in der US-Propaganda 1917 bis 1945 Oberstleutnant d.R. Wissenschaftlicher Direktor Dr. Bernhard Chiari, geboren 1965 in Wien, Leiter des Moduls Einsatzunterstützung am MGFA 22 Medien online/digital 24 Lesetipp 26 Quellen deutscher Militärgeschichte 28 Geschichte kompakt 29 Ausstellungen 30 Militärgeschichte im Bild Erstes Zusammentreffen 31 12 Bundeskanzler Konrad Adenauer und der israelische Premierminister David Ben­Gurion bei ihrem ersten Zusammen­ treffen am 14. März 1960. Hauptmann d.R. Dr. Falko Heinz, geboren 1976 in Mainz, Historiker Der sowjetische Einmarsch in Afghanistan und die Besatzung 1979 bis 1989 Das historische Stichwort: Unternehmen »Weserübung« 1940 8 Dr. Rüdiger von Dehn, geboren 1981 in Haan/Rheinland, Dekansassistent und Qualitäts­ manager im Fachbereich A an der Bergischen Universität Wuppertal Landau in der Pfalz unter französischer Besatzung und als Garnisonsstandort 1945 bis 1949 Service Foto: ullstein bild-dpa 16 Weitere Mitarbeiter dieser Ausgabe: Hauptmann Michael Berger, Wissenschaftlicher Mitarbeiter MGFA; Oberleutnant d.R. Heiner Bumüller, Account Manager für den Bereich Energiewirtschaft; Dr. Andreas Kunz, Referatsleiter im Barch, Freiburg i.Br.; Knud Neuhoff, Berlin, Lektor. Von der Reichswehr zur Wehrmacht ullstein bild-Imagno Von der Reichswehr zur Wehrmacht: 5Wehrpflicht. Vereidigung der Rekruten der Deutschen Wehrmacht, 16. März 1935. Die Veränderung deutscher Streitkräfte 1933 bis 1945 D ie deutschen Streitkräfte waren 1933 bis 1945 drei großen Wandlungsprozessen unterworfen: Die kleine homogene Berufsarmee, die sich als »Führerheer« begreifende Reichswehr, wurde erstens ab 1935 ­unter der neuen Bezeichnung Deutsche Wehrmacht zur heterogenen Wehr­ pflich­tigenarmee in Millionenstärke. Zweitens bedeutete dies zugleich den Übergang vom Friedensheer einer Mittelmacht zur potenziellen Kriegswaffe einer Großmacht. Dem schloss sich drittens der Wandel von der Vorkriegsarmee der NS-Diktatur zur Armee des totalisierten Krieges ab 1939 an, was noch einmal Aufrüstung, Vergrößerung aber auch Änderung in der sozia­ len Zusammensetzung der Streitkräfte bedeutete. Diese Prozesse lassen sich anhand der Durchdringung der Truppe mit der NS-Ideologie, des Wandels der Eidesfor­mel sowie der Indienstnahme der Preußischen Reformer aus dem 19. Jahrhundert erkennen. Zeitlicher Überblick Das »Gesetz über den Aufbau der Wehrmacht« vom 16. März 1935 und das Wehrgesetz vom 21. Mai 1935 beendeten die Existenz der Reichswehr. Diese hatte aus 100 000 Mann Reichsheer und 15 000 Mann Reichsmarine bestanden. Die neue Wehrmacht bestand aus drei Teilstreitkräften, dem Heer, der Kriegsmarine und der Luftwaffe. Innerhalb weniger Jahre rüstete Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 das NS-Regime massiv auf. Allein beim Heer stieg die Zahl der Soldaten bis Ende 1936 auf 550 000, 1939 waren daraus 2,75 Millionen Mann geworden. Die Kriegsmarine erreichte bis 1939 eine Stärke von 40 000 Mann, die Luftwaffe zählte zu Kriegsbeginn 400 000 Mann. Insgesamt haben von 1935 bis 1945 über 18 Millionen Menschen in der Wehrmacht gedient, ca. 5,2 Millionen verloren ihr Leben, etwa die Hälfte davon in den letzten acht Monaten des Krieges. Der schnelle Aufbau der Wehrmacht war nur in der NS-Diktatur möglich. Der »gleichgeschaltete« Reichstag winkte sämtliche Finanzierungspläne zur Aufrüstung durch. Bereits in der Reichswehr entworfene Militärplanun­ gen wurden nun aufgegriffen. Grundsätzlich sollte im künftigen Krieg eine Wiederholung des festgefahrenen Stellungskrieges der Jahre 1914 bis 1918 unbedingt vermieden werden. Daher setzten die deutschen Planer auf die Wiedergewinnung der Beweglichkeit, was sich in der vorangetriebenen Motorisierung, Mechanisierung der Streitkräfte und dem Einsatz der neuen Luftwaffe niederschlug, wodurch Vorstöße in die Tiefe des Raumes möglich wurden. Nach dem Kriegsbeginn 1939 gelang es der Wehrmacht bis 1942, große Teile Europas zu erobern, zu beherrschen und zu unterjochen. Die vernichtenden Gegenschläge der Alliierten führten ab 1943 zu einem Wechsel in der Initiative. Die Wehrmacht befand sich nun in der Defensive und konnte nur noch die Niederlage hinauszögern. Am Ende stand die bedingungslose Kapitulation im Mai 1945. Der Zweite Weltkrieg brachte ca. 55 Millionen Menschen den Tod. NS-Ideologie und Truppe ullstein bild-Imagno Aus Sicht der Nationalsozialisten hatte im November 1918 nicht die militärische Situation, sondern die zusammengebrochene Moral – d.h. der nicht mehr vorhandene Wille zur Fortsetzung des Kampfes – von Truppe und Bevölkerung zur Niederlage geführt. Dieser Zustand der Moral sei die wesentliche Ursache von Revolution, Waffenstillstand und des Friedens von Versailles 1919, der von den meisten Deutschen als tiefe Demütigung empfunden wurde. Die Nationalsozialisten machten kommunistische »Wühlarbeit«, jüdisches Wirken, Entschlusslosigkeit der alten Eliten und Schwächen im »Inneren Gefüge« der Truppe für die Untergrabung der Moral und damit für den Zusammenbruch von Front und Heimatfront verantwortlich. So etwas dürfe sich niemals wiederholen. Die Reichswehr wie auch später die Wehrmacht ging davon aus, dass der künftig zu führende Revanchekrieg noch härter, noch brutaler und noch totaler sein würde. Die Radikalisierung der Kriegsvorstellungen nach dem Ersten Weltkrieg verbanden NS-Vordenker mit der Idee der »Volksgemeinschaft«. Eine »ari­ sche«, »rassisch« definierte Gemeinschaft sollte entstehen, in der und Standes- und Klassenunterschiede keine Rolle mehr spielten. Die Wehrmacht sollte die »Volksgemeinschaft in Waffen« bilden. Im Gegensatz zur Berufsarmee der Reichs­wehr wurde die Wehrmacht ab 1935 konsequent als Wehrpflichtigenarmee aufgebaut. Die Soldaten der Reichswehr bildeten hierfür das 5Tag der Wehrmacht. Deutsche Flugzeuge über dem Zeppelinfeld in Nürnberg, 1935. Stammpersonal, das nun durch Veteranen des Ersten Weltkrieges und der Freikorps sowie Freiwillige, die bisher nicht gedient hatten, ergänzt wurde. Die Laufbahngruppen waren bereits in der Reichswehr durchlässiger geworden. Aufgrund des großen aufbaubedingten Personalbedarfs der Wehrmacht und infolge der späteren Kriegsverluste erweiterte sich die Durchlässigkeit zwischen den Laufbahngruppen und führte dazu, dass die Auswahlkriterien für den Aufstieg modifiziert wurden. Für Unteroffiziere und Mannschaften erhöhte sich in der Wehrmacht die Chance, Offizier zu werden. Die »Verfügung zur Förderung von Führerpersönlichkeiten« vom 4. November 1942 markierte einen Meilenstein in diesem Prozess. Der Grundsatz der Beförderung nach Dienstalter wurde durch die »Tapferkeitsbeförderung« ergänzt. Im Frühjahr 1944 entstammten bereits 64 Prozent des deutschen Offizierkorps den Mannschaftsdienstgra­ den. Generale und Oberste in einem Alter von Anfang dreißig Jahren blieben zwar in der Wehrmacht eine Ausnahme, aber es gab sie – ganz im Gegensatz zu den deutschen Streitkräften vor 1918. Diese in Einzelfällen immens gesteigerte soziale Mobilität bedeutete einen Wandel der deutschen Streitkräfte. Hier trat also eine »Innovation« zu Tage: Die soziale Öffnung des Offizierkorps schuf eine »Volksarmee« – umso mehr, je länger der Krieg dauerte und je verlustreicher er geführt wurde. Das Gewicht des Faktors »Moral« äußerte sich ab 1935 unter anderem darin, dass bei den Soldaten zunehmend abweichende Geisteshaltungen erfasst und geahndet wurden. Die Truppe wurde hinsichtlich ihrer Gesinnung nicht mehr sich selbst überlassen. Die Soldaten hatten fortan von der Idee des Nationalsozialismus überzeugt zu sein und wurden während des Krieges propagandistisch dafür zu begeistern versucht. Die Propaganda, die seit 1933 massiv von den NS-Machthabern für ihre Ziele instrumentalisiert wurde, hatte nicht nur in der Wehrmacht, sondern auch für die Truppe zu wirken. So wurde in der Heimat, in den besetzten Gebieten, im rückwärtigen Raum und an der Front jeder »Angriff« auf die Moral der Truppe unbarmherzig ge­ ahndet. Hierzu zählten etwa das Verteilen von Flugblättern, die Weitergabe Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 von Parolen, das Hören ausländischer Rundfunksender, Spionage, Sabotage und Zersetzung. Sie wurden einem bewaffneten Angriff gleichgesetzt. Als Mittel zur Durchsetzung dieses Zieles wurde in der Endphase des Krieges schließlich – analog zur Anwendung von Ideologie in der sowjetischen Roten sowie der chinesischen Volksbefreiungsarmee – die Stelle des NSFO, des »Nationalsozialistischen Führungs­ offiziers«, geschaffen. Dessen Aufgabe bestand in der Indoktrination der Truppe. Das NS-Regime griff damit das Mittel des »Vaterländischen Unterrichtes« aus dem Ersten Weltkrieg, welcher der Truppe den politi­schen Sinn des Kampfes verdeutlichen sollte, wieder auf und radikalisierte es. Laut Erlass von 1941 war »die Erhaltung der Mannszucht«, d.h. der »Moral« auch die Aufgabe der Kriegsgerichte, die zahlreiche Todesurteile für relativ geringfügige Vergehen verhängten. 1944/45 rief das NS-Regime eine militante Partisanenorganisation ins Leben: den »Werwolf«. Der verdeckte Kampf gegen die Alliierten war nur ein Auftrag dieser Organisation. Der Kampf gegen Deutsche, die mit dem Gegner zusammenarbeiteten erschien mindestens ebenso wichtig. ­Somit sollte der »Werwolf« die drakonischen Strafen der Stand- und Feldgerichte sowie des Volksgerichtshofes ergänzen und zur ideologischen Durchdringung des deutschen Militärs in der Endphase des Zweiten Weltkrieges beitragen. Bereits die Guerilla- bzw. Partisanenkriege bis 1918 verbanden die Vernichtung der gegnerischen Streitmacht in Ansätzen auch mit der »Ausrottung« der Bevölkerung und der Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges bedeutete der Begriff der » Vernichtung« in erster Linie das Niederkämpfen gegnerischer Streitkräfte mit dem Ziel, sie an der Fortsetzung des Kampfes zu hindern. Diese Definition wandelte sich in den folgenden Jahren. Da Juden und Kommunisten nach der nationalsozialistischen Weltanschauung über Staatsgrenzen hinweg agierten, konnte sich der Vernichtungskampf gegen sie nicht mehr ausschließlich auf Deutschland beschränken. Während des Zweiten Weltkrieges wurde – besonders an der Ost- und Südostfront – Vernichtung ullstein bild Von der Reichswehr zur Wehrmacht 5Deutsche Panzer auf dem Vormarsch in der Sowjetunion, Juli 1941. mit Massenmord gleichgesetzt. Dies betraf neben den Juden auch die »Partisanen« und ihre Helfer. SS und Wehrmacht agierten dabei Hand in Hand. Insgesamt ging die Totalisierung des Krieges mit Ideologisierung und Brutalisierung einher. Dies galt für Nationalsozialismus, Faschismus und Kommunismus gleichermaßen. »Säubern« und »Vernichten« waren zwar keine Besonderheiten Hitler-Deutschlands,« singulär war jedoch die organisierte Vernichtung der europäischen Juden. Eide – Spiegelbild des Staates »Ich schwöre Treue der Reichsverfassung und gelobe, dass ich als tapferer Soldat das Deutsche Reich und seine gesetzmäßigen Einrichtungen jederzeit schützen, dem Reichspräsidenten und meinen Vorgesetzten Gehorsam leisten will«. Die Eidesformel der Reichswehr vom 14. August 1919 brach radikal mit der bisherigen Praxis. Sie lautete nun in ganz Deutschland für alle Laufbahngruppen gleich und kannte keine religiöse Beteuerungsformel mehr. Gemäß der Verfassung vom 11. August 1919 war das Ressort Militärwesen zur alleinigen Reichsangelegenheit geworden. Es wurde ein Reichswehrministerium geschaffen. Oberbefehlshaber der Reichswehr war der vom Volke gewählte Reichspräsident, der den jeweiligen Reichskanzler ohne Mitwirkung des Reichstages berief oder entließ. So konnte Reichspräsident Paul von Hindenburg am 30. Januar 1933 auch Adolf Hitler zum Reichskanzler ernennen, ohne dass dieser über eine parlamentarische Mehrheit verfügte. Mit Brutalität und Skrupellosigkeit verwandelte Hitler Deutschland binnen weniger Monate in eine Diktatur. Die Verfassung von 1919 blieb zwar Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 auch nach dem »Ermächtigungsgesetz« vom Februar 1933 in Kraft, die Grundrechte galten jedoch nicht mehr. Auch die Stellung des Militärs im Staate änderte sich. Das spiegelte sich im Dezember 1933 in der Neuvereidigung der Reichswehr: »Ich schwöre bei Gott diesen heiligen Eid, dass ich meinem Volk und Vaterland allzeit treu und redlich dienen und als tapfe­ rer und gehorsamer Soldat bereit sein will, jederzeit für diesen Eid mein Leben einzusetzen«. Die religiöse Beteuerungsformel hielt damit wieder Einzug. Es wurde »bei Gott« geschworen, der Eid selbst war somit heilig. Die Verfassung fand keine Erwähnung mehr, die Bezeichnung »Deutsches Reich« war ebenso gelöscht worden. Die Soldaten sollten nun »Volk und Vaterland« dienen. Im August 1934 wurde die gesamte Reichswehr abermals vereidigt: »Ich schwöre bei Gott diesen heiligen Eid, dass ich dem Führer des Deutschen Reiches und Volkes Adolf Hitler, dem Oberbefehlshaber [Obers­ ten Befehlshaber ab 20. Juli 1935] der Wehrmacht, unbedingten Gehorsam leisten und als tapferer Soldat bereit sein will, jederzeit für diesen Eid mein Leben einzu setzen«. Diese Eidesformel wurde bis 1945 beibehalten. Die religiöse Beteuerung war belassen, die Vereidigung auf eine Person wieder eingeführt worden. Neu war jedoch der »unbedingte Gehorsam«. Nach dem Tod Paul von Hindenburgs vereinigte Adolf Hitler die Ämter des Reichskanzlers und des Reichspräsiden­ ten in seiner Person. Somit war er auch Oberbefehlshaber der Reichswehr. Den Vorschlag für den Eidestext hatte das Reichswehrministerium selbst unterbreitet. Die Macht im NS-Staat ruhte nun auf zwei Säulen: der Reichswehr/ Wehrmacht und der NSDAP. SZ Photo Die Indienstnahme der ­Preußischen Reformer ullstein bild-Archiv Gerstenberg Die NS-Propaganda bezog sich wiederholt auf das preußische Beispiel der Jahre 1806 bis 1815. Die preußische Niederlage von Jena und Auerstedt 1806 wurde mit dem Kriegsende 1918 verglichen. Der Neuaufbau der preußischen Armee wurde der Aufstellung der Wehrmacht gleichgesetzt. Dieses Traditionsverständnis spiegelte sich u.a. in der Benennung der Schlachtschiffe »Scharnhorst« und »Gneisenau« wider. Die Befreiungskriege der Jahre 1813-1815 fanden in der Formulierung vom »Großdeutschen Befreiungskampf« für den Krieg ab 1939 ihre Entsprechung. Die staatsbürgerlichen Ideale der Militärreformer blieben freilich gänzlich außen vor. Weiterhin versuchte das NS-Regime, das in den Reformen verwendete Gedankengut der Volksbewaffnung in Gestalt des Landsturmes propagandistisch auszuschlachten. So verwundert es nicht, dass der Geburtstag Scharnhorst (12. November) im Jahre 1944 zum »Tag des Deutschen Volkssturmes« erklärt wurde. Die Mischung aus engagierten Militärs und bewaffneten Bürgern, die gemeinsam dem Feinde trotzten, fand im letzten deutschen Durchhaltefilm »Kolberg« (1945) Verwendung. In diesem Spielfilm wurde das Bündnis zwischen dem Kol- 5Volkssturm-Plakat mit Aufschrift »Um Freiheit und Leben«, 31. Oktober 1944. 5Panzervernichtungstrupp der Festung Breslau, 1. März 1945. berger Bürgermeister Joachim Nettelbeck und dem Festungskommandanten Major August Neidhardt von Gneisenau beschworen. Eine besondere Bedeutungssteigerung erhielt das Eiserne Kreuz. Es war als Kriegsauszeichnung im Jahre 1813 von dem preußischen König FriedrichWilhelm III. in zwei Klassen gestiftet worden. Es konnte an alle Dienstgrade verliehen werden und wurde 1870/71 sowie im Ersten Weltkrieg jeweils erneuert. Es war darüber hinaus ein militärisches Symbol. Allerdings stand es – abgesehen von dem in 115 Jahren nur zwanzig Mal verliehenen Großkreuz des Eisernen Kreuzes – immer im Schatten der »Halsorden«. Diese wurden nur an Offiziere verliehen. Dazu gehörten der preußische Pour-le­Mérite, der bayerische Militär-MaxJoseph-Orden und der österreichische Militär-Maria-Theresien-Orden. Die letzten beiden waren sogar mit der Verleihung des persönlichen Adelstitels verbunden. Das Ende der Monarchien bedeutete auch das Aus für die Halsorden. Sie wurden 1939 nicht erneut vergeben. Stattdessen wurde ein um den Hals zu tragendes Ritterkreuz zum Eisernen Kreuz mit den Zusätzen des Eichenlaubes, der Schwerter sowie der Brillanten geschaffen. Dadurch wurde die Auszeichnung zum Orden, der an Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften verliehen werden konnte. Das Hakenkreuz trat dabei an die Stelle der königlichen Initialen. Die Mischung aus Preußentum und Nationalsozialismus war kennzeichnend für die Propa- gandastrategie des NS-Regimes. Unterschiedliche Traditionen sollten miteinander verschmolzen werden, um eine gedachte Einheit zu erzielen: Preußen und Deutschland; Nationalsozialismus und Militär; Tradition, Militärreform und politische Revolution. Fazit Zwischen 1933 und 1945 durchliefen die deutschen Streitkräfte drei große Wandlungsprozesse. Aus der als »unpolitisch« geltenden Berufsarmee der Reichswehr wurde die »politische« Wehrpflichtigenarmee Wehrmacht. Sie wurde als »Volksgemeinschaft in Waffen« von der NS-Diktatur zu Überfall, Eroberung und Vernichtung eingesetzt. In den Jahren 1939 bis 1942 vergrößerte sie den deutschen Machtbereich und gab dem totalen Krieg in jeder Hinsicht ein neues Gepräge. Die Wehrmacht unterschied sich von ihren Vorgängerarmeen vor allem hinsichtlich ihres Kriegsbildes, ihrer Moral, ihres Eides und der Instrumentalisierung der Preußischen Reformer. Harald Potempa Literaturtipp Harald Potempa, Im Schatten der Niederlage: Deutsche Streitkräfte von Compiègne (1918) bis Reims (1945) – Reformen und Ideologie im Zeitalter der Weltkriege? In: Karl-Heinz Lutz, Martin Rink und Marcus v. Salisch (Hrsg.) Reform – Reorganisation – Transformation. Zum Wandel in Deutschen Streitkräften von den preußischen Heeresreformen bis zur Transformation der Bundeswehr, München 2010, S. 229–244. Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 Frauenbilder in der US-Propaganda Frauenbilder in der US­Propaganda 1917 bis 1945 Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 ullstein bild / Granger Collection I n westlich orientierten Staaten hat sich das Bild der Frau in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stark verändert. Dies gilt besonders für den Zeitraum der beiden Weltkriege. Am Beispiel der Rolle der Frau in der USKriegspropaganda soll versucht werden, diese Wandlungsprozesse im Folgenden kurz zu beleuchten. Waren die Frauen auf den Plakaten der US-Kriegspropaganda des Ersten Weltkriegs noch mythisch verklärte Fi­ gu­ren, wie zum Beispiel eine »Miss Li­ ber­ty«, die zum finanziellen Opfer für die Freiheit des eigenen Landes ermahn­te, so wandelte sich das Frauenbild mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs: Frauen wurden nun als denkende und bewusst handelnde Individuen dargestellt. 4Kämpfe oder kaufe Kriegs­ Eine von diesen Frauen war Mary B. anleihen! Johnston. Sie trat am 8. Dezember 1942 Werbeplakat ihren freiwilligen Dienst im neu gegrün­ von Howard deten »Women’s Army Auxiliary Corps« Chandler Christy (WAAC) an. Dabei war ihr durchaus 1917/18. bewusst, dass sie auf unbestimmte Zeit Familie und Heimat verlassen würde. vice Pilots) dienten ihre Kameradinnen Die am 7. Dezember 1941 über Ame- in der Luftwaffe. Bis zu 350 000 Frauen rika hereingebrochene Gewalt betraf sollten insgesamt während des Zweijeden – nun unabhängig vom Ge- ten Weltkrieges im Dienst der US-Streit­ schlecht. Vorbei waren die Zeiten, in kräfte stehen. denen die Mütter, Ehefrauen und Schwestern in die Sicherheit des Over there! Amerikas Frauen als Hauses verbannt wurden, während Werbemittel 1917/18 Ehemänner, Söhne oder Brüder ihre Heimat in fernen Ländern verteidigten. 1917/18 war an solche Entwicklungen Schon bald begannen auch die Frauen, noch nicht einmal zu denken. Frauen, Posten in den US-Streitkräften einzu- die erst 1921 das Wahlrecht bekommen nehmen – als Krankenschwestern, Pilo­ sollten, wurden von der Kriegsindus­ tinnen, Funkerinnen oder Versorgungs­ trie vor allen Dingen dazu benötigt, offiziere. Neben dem WAAC wurde im um für Kriegsanleihen an der HeimatJuli 1943 das »Women Army Corps« front zu werben. Ein Blick auf die pa­ (WAC) gegründet. Ein Jahr zuvor hatte trio­tisch-propagandistischen Werbepla­ die Navy begonnen, junge Frauen als kate dieser Jahre unterstreicht diesen WAVEs (Women Accepted for Volun- Eindruck. tary Emergency Service) zu rekrutieSo zeigt das Bild von Charles Rayren. Als WASPs (Women Airforce Ser- mond Macauley 1917 die Figur der überall bekannten »Miss Liberty«, die ähnlich ihrem männlichen Partner »Uncle Sam« auf den Bildbetrachter zeigt und befehlend ruft: »You buy a Liberty Bond. Lest I perish.«, was soviel bedeutet wie: »Kaufe Kriegsanleihen oder ich werde untergehen!« Jeder sollte seinen finanziellen Beitrag leisten, damit Präsident Woodrow Wilson die Demokratie weltweit verbreiten konnte. Der Krieg in Europa kostete viel Geld. »Miss Liberty« – und damit das Abbild einer Idealvorstellung von Weiblichkeit und Freiheit in der Neuen Welt – war letztlich aber nur Mittel zum Zweck. Sie rief zur Unterstützung des seit 1917 auch amerikanischen Krieges auf, den die Männer in der »1st Marine Division« oder aber in den Reihen der »1st Infantry Division« auszufechten hatten. die Werte der Demokratie aufzurufen vermag, aber im eigenen Land noch nicht einmal hätte wählen dürfen. Haskell Coffin verwendete für sein Plakat die historische Gestalt der Jungfrau von Orléans. Die Botschaft des Plakats lautete: Jeanne d’Arc hatte Frankreich einst gerettet. An den »Women of America« liege es nun, 1918 die Zukunft ihres eigenen Landes zu sichern. Erstmals bekam so das angeblich schwache Geschlecht eine Aufgabe bei der Kriegführung zugewiesen. Wenngleich Jeanne d’Arc in voller Rüstung den amerikanischen Hausfrauen und Müttern entgegentrat und damit einen klaren Kampfeswillen signalisierte, sollten die Amerikanerinnen nicht mit der Waffe in der Hand dem Feind entgegentreten, sondern den Krieg lediglich durch Kauf von Sondermarken unterstützen. Mehr als ein monetärer Beitrag wurde von den Frauen der unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten nicht erwartet. Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 Corbis Daneben stellte Howard Chandler zu sehen. Umgearbeitet zum Schild »Christy« eine in jungfräuliches Weiß wird es letztlich zum Symbol des amegekleidete junge Dame, die mit dem rikanischen Kriegsanspruches, als »Star-Spangled Banner« in der Hand Schutzmacht für Frieden in der Welt den langen US-Truppenkolonnen den und Freiheit in Frankreich zu kämpfen. Besonders augenfällig ist der untere Weg zur Front in Frankreich zeigen sollte. Fast wehmütig und mit voller Teil des Plakats gestaltet, der sinngeHingabe schwingt sie das Sternenban- bend für das ganze Bild an sich erner, den entschlossen voranschreiten- scheint: Die kampfbereite »Miss Liden Soldaten zum Abschied. Es sollten berty« steht zusammen mit dem Pfadvor allem Emotionen angesprochen finder auf einer Steinplatte, die den werden, die allein durch die engels- Schriftzug »Weapons for Liberty« trägt. gleiche Gestalt vor dem Hintergrund Künstlerisch anspruchsvoll wurde den des blutigen Schlachtens in Europa Amerikanern einmal mehr die Botausgelöst wurden. Da reichte es völlig schaft vermittelt, dass es weiterer aus, den Betrachtern des Plakats ein- Gelder bedurfte, wenn der Freiheit und fach noch die wenigen Worte entge- der zukünftigen Generation nicht sehr genzuhalten, dass diese entweder ak- bald das Fundament unter den Füßen tiv zu kämpfen hätten oder aber weiter weggezogen werden sollte. den Waffengang durch Kriegsanleihen Interessant ist hier sicherlich die (»War Bonds«) unterstützen müssten. Kombination einer Frauengestalt mit Es galt, die Werte der unbefleckten den Symbolen des Krieges. Wie die Weiblichkeit auf dem männlich domi- Mutter der Nation wurde »Miss Li­ nierten Feld der Ehre auf dem alten berty« als überragende Frauengestalt Kontinent zu verteidigen. Die Frauen gezeigt, die zwar für den Kampf um durften nur den Weg dorthin weisen – mitzukämpfen schien nicht gewollt, gar aussichtslos zu sein. 1918 wurde diese Haltung durch ein Plakat von Henry Raleigh unterstrichen, als dieser eine gesichtslose Frau – die abgebildete Person wendet dem Betrachter den Rücken zu – mit einem Kind auf dem Arm fragen ließ: »[m]ust children die and mothers plead in vain?« Die Aufgabe der Ehefrau und Mutter war es, sich um das Wohl der Familie zu sorgen, das der Gatte in weiten Fernen mit der Waffe in der Hand zu behaupten wusste. In der Heimat oblag es der Frau also einzig und allein, die klassischen – puritanischen – Werte der USA hochzuhalten, die nur eine in Sicherheit lebende Familie mit sich bringen konnte. Ein ähnliches Motiv einer Frau mit einem Jugendlichen (Abb. rechts) zeich­ nete J.C. Ley­endecker, der auf seinem Bild einen Pfadfinder vor »Miss Li­ ber­ty« knien lässt, die von ihm ein geschliffenes Schwert gereicht bekommt. Es sind die Insignien der Macht, die sie in der Hand hält, um so, auf alle Eventualitäten des Krieges vorbereitet, in die Zukunft zu blicken. Bemerkenswert ist die Symbolik, die Leyendecker 4Waffen für die Freiheit. Werbe­ in das Propagandaplakat hineinbrachte. plakat von Neben dem Sternenbanner, das die Joseph von Protagonistin umhüllt, ist auf der rechChris­tian Leyen­ ten Bildseite das Staatssiegel der USA decker, 1917/18. Frauenbilder in der US-Propaganda Entferntesten gedacht hatte. Es war nicht mehr nur das starke Geschlecht, das auf allen Ebenen des Alltags den Ton angeben konnte. Durch die Wehrpflicht wurden auf einen Schlag Stellen in den unterschiedlichsten Wirtschaftsfeldern – ja im ganzen Leben des Lan­des – vakant, die aus Mangel an Männern kaum mehr zu besetzen waren. Dieser neue Krieg forderte seinen Tribut. Wenn das große Arsenal der Demokratie, wie Präsident Franklin D. Roosevelt sein Land bezeichnete, nicht alsbald leer sein sollte, musste ein Ersatz geschaffen werden. Immer weniger wurde auf »die Zartheit des weiblichen Geschlechts« geachtet, wenn es nun darum ging, Hitlers Großmachtträumen ein Ende zu bereiten und der japanischen Expansion im Pazifik Einhalt zu gebieten. »Miss Libertys« Charme reichte dafür alleine nicht mehr aus. Was man jetzt brauchte, waren junge und entschlossene Frauen, die bereit waren, in der Heimat und in Übersee eigenverantwortlich zu handeln. Bereits 1943 wurden erste Befürchtungen in die Öffentlichkeit getragen, dass die meisten Frauen wohl kaum ihre neuen Freiheiten und vor allem ihre dadurch gewonnene finanzielle Unabhängigkeit mit dem Kriegsende wieder aufgeben würden. Überall waren sie nun bald zu finden – die Plakate, auf denen eben diese ullstein bild / Granger Collection Coffins Plakat wirkt aus heutiger Sicht wie ein Widerspruch in sich. Einerseits setzte er das »schwache« Geschlecht kriegerisch in Szene, andererseits wertete er mit dem Aufruf »Buy War Savings Stamps« die Rolle der Frau in der US-Gesellschaft wieder ab. So durfte sie ja eben nicht mit gezogenem Schwert oder gefälltem Bajonett auf deutsche Schützengräben zustürmen und eigene Heldentaten vollbringen, wie es die berühmte Geschlechtsgenossin aus dem Hundertjährigen Krieg einst getan hatte. Es entsprach nicht dem Rollenverständnis und dem Gesellschaftsbild der damaligen Zeit, dass die Dame des Hauses in einen Krieg zog, der sich ohnehin bereits seinem Ende neigte. Noch war Amerika nicht dazu bereit, alle Personalressourcen in eine Schlacht zu werfen, deren erster Schuss auf den Straßen Sarajevos 1914 gefallen war. In »God’s Own Country« sollten die Macht und die politischen Möglichkeiten der Frauen weiterhin in Grenzen gehalten werden. Genauer gesagt: Es war in den Jahren des Ersten Weltkrieges einfach noch nicht notwendig geworden, dass Frauen in den Reihen der Streitkräfte deren Schlagkraft und Organisationsfähigkeit erhöhten. Als »Miss Liberty« überhöht, reichte es 1917/18 völlig aus, dass idealisierte Frauengestalten an den Plakatwänden ihren Beitrag zum Krieg leisteten. Sie waren nicht viel mehr als eine brauchbare Folie, die auf den von Männern geführten Kampf gelegt werden konnte, sodass familiäre und mütterliche Emotionen angesprochen wurden, um durch den Kauf weiterer Kriegsanleihen aller Art den Söhnen der Nation die richtige Unterstützung zu gewähren. Erst als sich der Rauch über den Wracks der in Pearl Harbor bombardierten Schlachtschiffe verzogen hatte, war 1941 die Sicht auf eine neue Rolle der Frau in einem moderner gewordenen Amerika freigegeben – in den Streitkräften zu Lande, zu Wasser und in der Luft. We can do it! 1941–1945 So zynisch es auch klingen mag: Mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges entwickelten sich neue gesellschaftliche Chancen für die amerikanischen Frauen, an die 1918 noch niemand im 10 5Dan V. Smith, »Dies ist auch mein Krieg!« Werbe­plakat für den Freiwilligendienst der U.S. Army1943. Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 neue Generation zum Dienst in den Streitkräften beziehungsweise in den Hilfskorps der Marineinfanterie, des Heeres, der Luftwaffe oder der Marine aufgerufen wurde. »Be a Marine. Free a Marine to fight« oder »Wanted: More Navy Nurses. Be a Commissioned Officer in the U.S. Navy« waren nunmehr die Devisen, mit denen Frauen aus dem ganzen Land zum aktiven Kriegsbeitrag motiviert werden sollten. Alle militärischen Ränge standen dafür offen. Man begann, dem weiblichen Geschlecht mehr zuzutrauen als dies noch Jahre zuvor der Fall gewesen war. »Miss Liberty« wurde – sinnbildlich gesprochen – von den Machern der Propagandaplakate wieder auf ihren Sockel im Hafen von New York zurückgestellt. An ihre Stelle traten neue Frauenbilder, die durch ihre Unifor­ men und einzelne Kriegsszenen gekenn­ zeichnet waren. Bisweilen gelang es, gesellschaftliche Schranken zu überwinden – gar aufzulösen. Die »Women Veterans Historical Collection« der University of North Carolina in Greensboro (http://library.uncg.edu) bietet ­einen sehr guten Überblick darüber, wie dies letztlich erfolgreich umgesetzt wurde. »This Is My War Too!« Mit dieser selbstbewussten Feststellung veröffentlichte Dan V. Smith 1943 ein Plakat (Abb. links), mit dem neue Mitglieder für das WAAC des Heeres geworben wurden. Die abgebildete Dame zeigte keine Pa­rallele mehr zum noch aus dem Ersten Weltkrieg bekannten Mus­ ter der Stilisierung von Mythen- oder Heldengestalten. Es war eine Amerikanerin, die sich mit aufrechtem Blick vor das Sternenbanner stellte und so den Schutz der Nation übernehmen wollte. Ohne jede Fremdbestimmung konnten nun die Frauen selbst darüber entscheiden, wo und in welcher Form sie im Krieg dienen wollten. Die McCandish Litho Cooperation legte noch im selben Jahr mit einem eige­nen Marinecorps-Poster nach. Die Nuancen zwischen Vorder- und Hintergrund sind hierbei besonders interessant. So stand die Frau nunmehr vor der kämpfenden Truppe – Marines in diesem Fall – und war als einzige Person überhaupt deutlich erkennbar. Sie war diejenige, die mit klaren Zügen aus dem gesichtslosen Massenheer der Marineinfanterie herausstach. Mit ent- K.J.Historical/Corbis schlossenem Blick schaute sie in die Laufrichtung der hinter ihr auf einer Insel landenden Soldaten. Auch sie schien den Feind fest im Blick zu haben, was sie ganz zu einem selbstständig handelnden Wesen in einer hervorgehobenen Stellung machte, ohne das Amerika nicht mehr auszukommen vermochte. Mit den schon erwähnten neu gewonnenen Freiheiten der Frauen in der amerikanischen Gesellschaft spielend, entwickelte das Steele Savage Recruit­ ing Publicity Bureau der U.S. Army 1944 eine neue Botschaft. Für Amerika, aber besonders für sich selbst, sollten die Frauen einer der vier Teilstreitkräfte beitreten, die überall in der Welt im Kampf standen. Jedes Engagement würde früher oder später zu einer neuen gesellschaftlichen Stellung führen, die ihnen niemand mehr streitig machen könnte. Die Botschaft des Plakats war damit also mehr als eindeutig. Nur galt sie ausschließlich für weiße Amerikanerinnen. Zu einer neuen Größe sollten die Frauen im Land gemacht werden, was auf einem seit 1942 in Umlauf gebrachten Plakat der US-Armee sehr wörtlich genommen wurde. Kurzerhand war einer marschierenden Formation von WAACs eine der Uniformträgerinnen vorangestellt worden, die in ihrer Körpergröße ungefähr dem Vierfachen dessen entsprach, was ansonsten auf den Plakaten allgemein üblich war. Frauen in den Farben der Streitkräfte zu sehen, schien in jeder Hinsicht zum Blickfang geworden zu sein. 1944 holte ein anderes Rekrutierungsbüro sehr weit aus, als der Bogen vom noch laufenden Krieg hin zum Bürgerkrieg der Jahre 1861 bis 1865 geschlagen wurde. Wiederum war es die Frau, die als einzige eine Identität zeigte und damit dem Werbungsposter für das WAC ein Gesicht gab (Abb. rechts). Entscheidend ist aber wiederum die Verbindung der Worte aus einem Vers der »Battle Hymne of the Republic« und der bildlichen Darstellung. »Mine Eyes Have Seen the Glory« wurde über den Schattenriss von vorrückenden Soldaten gestellt, vor denen wiederum eine Angehörige des Armee­ hilfskorps stand. Der Krieg am fernen Ort wurde allein durch ihre Gedanken zur Realität erhoben oder zu einer real 5Meine Augen haben den Ruhm gesehen. Werbeplakat von Jes Schlaikjer, 1944. wirken­den Vision gemacht. Durch den fehlen­den nächsten Vers des Liedes erfolgte schließlich eine politisch-reli­ giöse Aufladung der Bildkomposition. Zum damaligen Zeitpunkt dürfte jedem Betrachter klar gewesen sein, dass es gerade auf diesen Vers ankam und dieser selbstständig mit dem Blick auf das Pos­ter hinzuzufügen war. So vervollständigten die Worte »of the ­coming of the Lord« den allgemein bekannten Teil der Bürgerkriegshymne. Damit war der Kreuzzug Amerikas gegen das Dritte Reich und das kaiserliche Japan endgültig in der Propaganda zu einem Kampf um selbst definierte Werte ­gemacht worden, der durch die Frauen mitgetragen werden konnte und musste. Mit dem Ende des Krieges im September 1945 war die bisherige Entwick- lung hin zu einer neuen gesellschaftlichen Position der Frau nicht mehr aufzuhalten. Von New York bis Los Angeles und von Seattle bis Houston würde fortan immer wieder die Bemerkung zu hören sein: »Schau Dir die an – jung, weiblich und im Krieg!« – und dies war keine propagandistische Phrase mehr. Rüdiger von Dehn Literaturtipp P.N. Poulos (Hrsg.), A Woman’s War Too. U.S. Women in the Military in World War II., Washington D.C. 1996. Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 11 Süddeutscher Verlag Landau (Pfalz) 1945–1949 Landaus Oberbürgermeister intervenierte Anfang der 1990er Jahre in Paris. Er wollte den Abzug der etwa 3000 französischen Soldaten aus der pfälzischen Stadt verhindern. Aus den Besatzern waren längst Freunde geworden. Der Versuch blieb ­erfolglos und so endete am 18. April 1999 mit der Verabschiedung des »2e Régiment d’Artillerie« die französische ­Präsenz in Landau nach 54 Jahren. Die Anfänge der Garnison waren keineswegs spannungsfrei. Der vorliegende Beitrag versucht, diese schwierigen Beziehungen zwischen Besatzern und Besetzten im Zeitraum 1945 bis 1949 nachzuzeichnen. Besatzung 1945 12 Rue des Archives / CCI/SZ Photo E rst im Februar 1945 wurde Frankreich auf der Konferenz von Jalta neben den USA, der Sowjetunion und Großbritannien in den Kreis der Siegermächte aufgenommen und mit einer eigenen Besatzungszone in Deutschland bedacht. Es hatte zu diesem Zeitpunkt über vier Jahre deut­sche Besatzung hinter sich, war vom Krieg schwer gezeichnet und nun die bei weitem schwächste Siegermacht, die zudem mit einer tiefen wirtschaftlichen und innenpolitischen Krise zu kämpfen hatte. Die französi­schen Truppen, die im Frühjahr 1945 deutschen Boden betraten, legten davon anschaulich Zeugnis ab. Logistisch vom amerikani­ schen Verbündeten abhängig, bot das französische Militär im Vergleich zur bestens ausgerüsteten US-Armee ein geradezu klägliches Bild. Dem schlechten Zustand der französischen Besatzungstruppen stand deren Auftreten diametral entgegen. In diesem spiegelte sich ein oftmals demonstrativ und unter Androhung drakonischer Strafen eingefordertes Sicherheitsbedürfnis. Am 22. März 1945 rückte die amerikanische Armee nahezu kampflos in Landau ein. Sechs Tage zuvor hatten Verbände der US-Luftwaffe die weitgehend unverteidigte Stadt bombardiert. Mehr als ein Drittel des Stadtgebiets lag in Trümmern. Am 13. April 1945 übertrugen die Amerikaner die Verwaltung von Stadt und Landkreis Lan- 5Speyer 1945: Die französische Armee nimmt deutsche Geiseln gefangen, die für einen Anschlag verantwortlich gemacht wurden. Im Hintergrund das Hauptquartier der örtlichen französischen Militärregierung. Landau in der Pfalz unter französischer Besatzung und als Garnisons­standort 1945 bis 1949 dau der französischen Armee. Kurz zuvor war dies für die Kreise Berg­za­bern, Germersheim und Speyer erfolgt. Die französische Militärregierung Anders als die auf ihre Rolle als Besatzungsmacht gründlich vorbereiteten Amerikaner hatten die Franzosen erst wenige Monate vor dem Einmarsch ihrer Truppen auf deutsches Territorium mit dem improvisierten Aufbau einer eigenen Besatzungsverwaltung begonnen. Nachdem mit den amerikanischen Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 auch französische Truppen in die Südpfalz vorgestoßen waren, forderte die mit der Kontrolle der vier südpfälzischen Kreise beauftragte 1. Französi­ sche Armee zur Verwaltung des besetzten Gebiets mehrere in Frankreich aufgestellte »Détachements« der Militärregierung an. Bis zur bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945 oblag dem nach Landau entsandten »Détachement« nicht nur die Übernahme der deutschen Zivilverwaltung, sondern auch die Herstellung von Sicherheit und Ordnung im rückwärtigen Opera- Bis zur Einnahme der neuen Organisationsstruktur bestanden überall in der französischen Zone teilweise massive Spannungen zwischen der sich kon­solidierenden Militärregierung und den oft eigenmächtig operierenden Besatzungstruppen. Mit der erst danach möglichen Durchsetzung einer gesamtzonalen französischen Besatzungspolitik ging eine personelle Verstärkung der Landauer Militärregierung einher. Ende November 1945 war deren Umfang auf elf Besatzungsoffiziere, sieben Unteroffiziere und drei Sekretärinnen angewachsen. Infolge mangelhafter Gesamtausstattung und Überlastung des bis Ende 1946 schrittweise verkleinerten Mitarbeiterstabes verschlechterte sich die personelle und materielle Einsatzbereitschaft jedoch erheblich. Massive Überarbeitung des Personals sowie interne Kritik am französischen Oberkommando waren die Folge. Ihre Arbeit konnte die Landauer Militärregierung in den Jahren darauf dennoch ohne größere Reibungsverluste fortsetzen. Mit Inkrafttreten des Besatzungsstatuts am 21. September 1949 begann der Übergang von der Militär­regierung zur kontrollierten Selbstregierung Westdeutschlands und damit eine neue Phase französischer Besatzungs- und Deutschlandpolitik. Rue des Archives / CCI/SZ Photo tionsgebiet der französischen Streitkräfte. Zur Verwirklichung dieses Ziels standen dem »Détachement« anfänglich nicht mehr als drei Besatzungsoffiziere und eine Schreibkraft zur Verfügung. Nach der Kapitulation und der »Berli­ ner Erklärung« vom 5. Juni 1945, mit der die vier Siegermächte die oberste Regierungsgewalt in Deutschland übernahmen, verlagerte sich der Aufgabenschwerpunkt der Landauer Militärregierung auf die direkte Verwaltung des besetzten Kreisgebiets. In der Zwischenzeit begann die französische Besatzungsmacht, die Strukturen für eine eigenständige, vom amerikanischen Modell losgelöste Besatzungsverwaltung zu schaffen. Am 15. Juni 1945 verfügte die Regierung in Paris die Errichtung des »Commandement en Chef Français en Allemagne«, des französischen Oberkommandos in Deutschland, mit Sitz in Baden-Baden. Nach Inbesitznahme der gesamten Besatzungszone am 10. Juli 1945 wurde die Trennung von Militär- und Zivilverwaltung mit der Einrichtung des »Gouvernement Militaire en Zone Française d’Occupation«, der gleichfalls in Baden-Baden angesiedelten Zentralbehörde der Militärregierung, vollzogen. 5Die vier alliierten Besatzungszonen in Deutschland nach 1945. Französische Karte, die Symbole der Sowjetunion in der Farbgebung der NS-Fahne verwendet. Die französische Garnison Die Soldaten der Landauer Garnison waren Angehörige der 5. Panzerdivision, einem Großverband der im Frühjahr 1944 mit amerikanischer Hilfe aufgestellten 1. Französischen Armee. Mitte Juli 1945 zählte die Garnison ungefähr 1300 französische Soldaten. Da eine Unterbringung der Besatzungstruppen in den von amerikanischen Fliegerbomben schwer in Mitleidenschaft gezogenen Kasernenanlagen im Süden der Stadt zunächst unmöglich war, quartierte sich das französische Militär in beschlagnahmten Privatwohnungen und Schulhäusern ein. Für die Stadt, in der von bis zu 6400 vor dem Krieg bestehenden Wohnungen 670 völlig und 788 teilweise zerstört sowie 1100 beschädigt waren, bedeutete der stetig wachsende Wohnraumbedarf der Besatzungsmacht eine zusätzliche Verschärfung der ohnehin angespann­ ten Wohnraumsituation. Während die Mannschaften ab Herbst 1945 nach und nach in die wiederhergerichteten Kasernenanlagen umzogen, lebten Offiziere und teils auch Unteroffiziere sowie viele Mitarbeiter der Militär- und Besatzungsverwaltung mit ihren zugezogenen Angehörigen auch weiterhin in requirierten Anwesen und Einzelzimmern. Während die Truppenstärke in der französischen Zone sank, wurde Landau im Zuge der Umgruppierung der Besatzungsarmee ab Frühjahr 1946 kontinuierlich zum Großstandort ausgebaut. Ein Jahr nach Einzug der französischen Truppen hatte sich der ­Umfang des im Stadtgebiet für Besatzungszwecke beschlagnahmten Wohnraums mehr als verdoppelt. Im Oktober 1946 betreute das zur materiellen Versorgung der französischen Einwohnerschaft ins Leben gerufene »Bureau de Logement« am Standort nicht weniger als 336 Familien sowie 469 unverheiratete Offiziere und Unteroffiziere. Im Januar 1948 hatte die Landauer Garnison mit 3300 Soldaten und Zivilangehörigen eine solche Größe erreicht, dass die personell unterbesetzte Besatzungsverwaltung in erhebliche Schwierigkeiten geriet, die bedarfsgerechte Wohnraumlenkung zu bewältigen. Als die Beschlagnahmung städtischen Wohnraums im August 1948 eingestellt wurde, befanden sich noch 356 Woh- Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 13 Rue des Archives / CCI/SZ Photo (Kartenausschnitt) Landau (Pfalz) 1945–1949 5Die französische Besatzungszone in Deutschland nach 1945. nungen und 154 möblierte Einzelzimmer im Besitz französischer Quartiergäste. Erst nach langjährigen Bemühungen der Stadtverwaltung wurde auch die letzte der nur schrittweise von der Besatzung geräumten Wohnungen im November 1956 freigegeben. Requisitionen und ­Reparationen In großem Umfang wurden nicht nur Gebäude und Wohnungen requiriert, sondern auch die dazugehörigen Inneneinrichtungen. Weiterhin beschlagnahmte die Besatzungsmacht auch große Mengen an Haushalts- und Küchen­artikeln sowie zahlreiche Rundfunkgeräte. Ein beliebter Requisitionsgegenstand war neben Kraftfahrzeugen auch das Transportmittel Fahrrad, vom dem die Militärregierung in Stadt und Landkreis Landau allein im August 1945 nicht weniger als 350 Stück einzog. Bis März 1948 entstanden der Stadt durch französische Requisitionen aller Art Gesamtkosten in Höhe von fast drei Millionen Reichsmark. Die französische Besatzungsmacht bediente sich auch ausgedehnter Reparationen, die auf der Konferenz von Jalta zwischen den alliierten Siegermächten vereinbart und mit dem »Pots- 14 damer Abkommen« Anfang August 1945 präzisiert worden waren. Seit Beginn der Okkupation verfolgte die französische Politik das Ziel der maximalen wirtschaftlichen Nutzung der Zone, das mittels Abbau von Industrieanlagen, Entnahmen aus der laufenden Produktion und an französischen Bedürfnissen orientierten Exporten erreicht wurde und vorrangig dem Wiederaufbau in Frankreich zugute kam. Konkrete Nachweise für in Landau im industriellen Sektor angeordnete Produktionsentnahmen sind nur schwierig zu führen. Im Agrar­bereich finden sich ausdrücklich als Reparationen betitelte Ausfuhren dagegen bei der Tabakproduktion, einer Anzahl requirierter Pferde und einer im Herbst 1945 aus dem Landkreis nach Frankreich exportierten Liefermenge von 1,3 Millionen Liter Wein. Auch mehrere Tausend Kubikmeter Holz aus dem Landauer Stadtwald wurden als Reparationsgut nach Frankreich verfrachtet. Lebensmittelversorgung Gegenüber dem vorletzten Kriegsjahr, in dem die Lebensmittelversorgung zu keinem Zeitpunkt ernsthaft gefährdet war, verschlechterte sich die Ernäh- Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 rungslage ab Frühjahr 1945 drastisch. Der Rückgang des durch Verpflegungsansprüche des Besatzungsmilitärs zusätzlich dezimierten Viehbestandes führte schon im Sommer 1945 zu gravierenden Engpässen bei der rationierten Fleisch- und Fettversorgung, die von der Bevölkerung mit Beunruhigung aufgenommen wurden. Weiter sinkende Zuteilungsmengen im Frühjahr 1946 taten ein Übriges, sodass die Hungerkrise im Sommer 1946 einen ersten Höhepunkt erreichte. Die Folge war der Besatzungsmacht zunehmend entgegenschlagender Unmut breiter Bevölkerungskreise, welche die Franzo­ sen für ihre Notlage verantwortlich machten. Tatsächlich überstiegen die hohen Lebensmittel- und insbesondere Fleischrationen des französischen Militärs den Tagessatz des deutschen Normalverbrauchers ab 1946 zeitweise um das Dreißigfache. Durch den wochenlang anhaltenden strengen Frost des ungewöhnlich harten Winters 1946/47 spitzte sich die Hungerkrise weiter zu, um sich im außergewöhnlich heißen, von einer langanhaltenden Dürrepe­ riode gekennzeichneten Sommer 1947 abermals zu verschärfen. Die tatsächlich ausgegebenen Lebensmittelratio­ nen fielen um noch einmal rund ein Drittel geringer aus, als die kümmerlichen offiziellen Zuteilungsmengen versprachen. Der wachsende Unmut der ausgezehrten Bevölkerung, die in der französischen Besatzungsmacht mehrheitlich weiterhin den Alleinschuldigen für die prekäre Versorgungslage ausmachte, erreichte im Sommer 1947 ihren Höhepunkt. Erst im Frühjahr 1948 verhinderten die französische Zone erreichende Lebensmittelimporte das weitere Absinken des Ernährungsstandards, sodass die offiziellen Rationen ab Mai 1948 anstiegen. Dennoch musste es die Landauer Bevölkerung noch im Juni 1948 hinnehmen, dass nicht ein einziges Gramm der für diesen Monat vorgesehenen Fleischzuteilung wegen rückständiger, noch zu erfüllender Pflichtlieferungen an die französische Armee zur Ausgabe gelangte. Erst im Zuge der sich allmählich bessernden Ernährungslage setzten die französischen Militärbehörden die belastenden Entnahmen aus der landwirtschaftlichen Produktion der Zone am 30. September 1948 offi­ ziell aus. Restriktionen und Repressionen Rue des Archives / CCI/SZ Photo Die französische Besatzungsherrschaft bedeutete für die Landauer Bevölkerung nicht nur eine Verschlechterung der allgemeinen Lebensbedingungen, sondern auch eine zusätzliche Beschränkung bürgerlicher Freiheitsrechte, allem voran der Bewegungsfreiheit. Überschreitungen der nach Kriegsende fortbestehenden nächtlichen Ausgangssperre wurden von der Besatzungsgerichtsbarkeit unnachgiebig geahndet. Die Militärregierung untersagte das Verlassen der Stadt zunächst, während sie den Verkehr von Ort zu Ort weitgehend und das Radfahren anfangs vollständig verbot. Zwar gab die Besatzungsmacht den Personenverkehr innerhalb des Landkreises ab August 1945 frei, doch blieben Reisen über die Kreisgrenzen hinweg noch bis Oktober 1945 auf wenige Ausnah- mefälle beschränkt. Ein Ende fand die Einschränkung der Bewegungsfreiheit erst mit Inkrafttreten des Besatzungsstatuts, als die Militärregierung in Baden-Baden das für den Kraftfahrzeugverkehr geltende Sonn-, Feiertags- und Nachtfahrverbot offiziell aufhob. Aus Prestigegründen, aber auch aus der Befürchtung heraus, von der deutschen Bevölkerung als Sieger nicht ernst genommen zu werden, verpflichtete die französische Militärregierung die Landauer Einwohnerschaft im April 1945 sogleich demonstrativ zum Grüßen der schnell das Stadtbild beherrschenden französischen Trikolore sowie zur Ehrerbietung gegenüber französischen Offizieren. Als unbotmäßige Respektlosigkeit ausgelegte Zuwiderhandlungen gegen die auch bei der Flaggenhissung und beim Spielen der französischen Nationalhymne geltende Grußpflicht wurden insbeson- dere in den ersten Besatzungs­monaten hart bestraft. Geltung verschaffte den französischen Anordnungen das »Einfache Militärgericht Landau«, das als Herrschaftsinstrument der Militärregierung an entscheidender Stelle zur Disziplinierung der Einwohner des Kreisgebiets beitrug. Ausschreitungen und ­ wischenfälle Z Die Erwartungshaltung der Landauer Einwohnerschaft, deren Wahrnehmung an die negativen Erfahrungen der nur 15 Jahre zurückliegenden französischen Okkupation nach dem Ersten Weltkrieg anknüpfte, wurde durch das Verhalten der ersten in Landau eingerückten französischen Armee-Einheiten bestätigt. Die Gewalttaten und Übergriffe aus den Reihen der meist zweitklassigen, in der Zusammensetzung höchst heterogenen Truppenteile prägten das Bild der französischen Besatzungsmacht langfristig. Neben den oftmals als arrogant empfundenen französischen Offizieren traten vor allem die vorwiegend im nördlichen Afrika rekrutierten Mannschaften der 1. Französischen Armee in der Frühphase der Besetzung durch besondere Gewaltbereitschaft gegenüber der Zivil­ bevölkerung hervor. Besonders häufig waren Raubüberfälle, bei denen die Opfer nicht selten schwere Misshandlungen über sich ergehen lassen mussten. Außerdem kam es zu einer ganzen Reihe von Vergewaltigungen, die sowohl in Landau selbst als auch in einigen der umliegenden Landgemeinden verübt wurden. Der militärischen Führung gelang es erst Mitte 1946, die Ausschreitungen unter Kontrolle zu ­bringen. Disziplinare Verfehlungen einzelner französischer Garnisonsangehöriger sowie beständige Auseinandersetzun­ gen und Zwischenfälle im alltäglichen Zusammenleben sorgten jedoch auch nach 1949 für Konfliktpotenzial. Falko Heinz Literaturtipps 5Die französische Armee war 1945 an der Eroberung der Pfalz beteiligt. Neben dem Wegweiser nach Maximiliansau (Rheinland-Pfalz) findet sich die Aufschrift »Ici l´Allemagne« (Hier Deutschland). Falko Heinz, Landau in der Pfalz unter französischer Besatzung 1945–1949, Frankfurt a.M. u.a. 2008 (= Militärhistorische Untersuchungen, 9). Volker Koop, Besetzt. Französische Besatzungspolitik in Deutschland, Berlin 2005. Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 15 Sowjetischer Einmarsch in Afghanistan Die sowjetische Armee stand von 1979 bis 1989 mit bis zu 120 000 Mann in Afghanistan. Der Einmarsch und die anschließende Besetzung des Landes riefen einen »Heiligen Krieg« (Dschihad) hervor, den die Truppen der UdSSR und die Verbände der kommunistischen afghanischen Regierung in Kabul gegen das Heer der Mudschaheddin, der »Heiligen Krieger«, nicht gewinnen konnten. Die Erfahrung von Überfällen, Hinterhalten und einem gnadenlosen Kampf Mann gegen Mann wurde für die Soldaten der Roten Armee und für die gesamte Bevölkerung der Sowjetunion zum Trauma. Die Hauptlast des Krieges hatten jedoch die Afghanen zu tragen. 1,3 Mil­ lionen Menschen starben, viele Einwohner flohen ins Ausland. 15 000 Sowjetsoldaten, die meis­ ten von ihnen junge Wehrpflich­ tige, fielen in Afghanistan. Sowohl in der UdSSR und ihren Nachfolgestaaten als auch in Afghanistan selbst hinterließ die Zeit der Besatzung tiefe Narben. Die Erinnerung an mehr als neun Jahre Krieg und Kampf reicht bis in unsere Tage: So versuchen die Oppositionellen Militanten Kräfte (Opposing Militant Forces, OMF) in Afghanistan, zu denen auch die Taliban zählen, in ihren Informationskampagnen die derzeitige Präsenz der internationalen Staatengemeinschaft mit der sowjetischen Fremdherrschaft auf eine Stufe zu stellen. 16 Planeta Verlag Der sowjetische Einmarsch in Afghanistan und die ­Besatzung 1979 bis 1989 5Sowjetischer Konvoi unter Beschuss von Mudschaheddin. W ährend in Westeuropa und in den USA die Familien Weih­ nachten feierten, landeten in der Nacht vom 25. auf den 26. Dezember 1979 die ersten von 7000 sowjetischen Elitesoldaten der 103. Luftlandedivision aus dem weißrussischen Witebsk in Kabul. Sie nahmen zunächst den Flughafen und wenig später die zentralen Punkte der Hauptstadt in Besitz. Unter dem Decknamen »Schtorm (Sturm) – 333« erreichten Teile einer insgesamt 650 Mann starken Sondereinheit des sowjetischen Geheimdienstes KGB am 27. Dezember den Regierungspalast nahe der Stadt. Spezialkräfte in afghanischen Uniformen liquidierten den afghanischen Präsidenten und Führer der regierenden Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 Demokratischen Volkspartei Afghanistans (DVPA), Hafisullah Amin. Als seinen Nachfolger setzte die sowjetische Führung Babrak Karmal ein, der wie Amin Gründungsmitglied der DVPA war. Kurz nach den erfolgreichen Opera­ tionen in Kabul und der Besetzung mehrerer kleinerer Flugfelder im Land überschritten Verbände der 5. und 108. Motorisierten Schützendivisionen den Fluss Amudarja, die südliche Grenze der UdSSR zu Afghanistan. Im weiteren Verlauf stießen mechanisierte Bodentruppen unter Nutzung der Ringstraße (siehe Karte) vor. Der Angriff gehörte zu den größten militärischen Operationen, die sowjetische Streitkräfte in der Nachkriegszeit außerhalb Mudschaheddin Das Wort »Mudschaheddin« (Singular: Mudschahed) stammt aus dem Persischen und bezeichnet jemanden, der den »Heiligen Krieg« (Dschihad) zu seiner eigenen Sache macht und damit den Islam verbreitet oder schützt. Der Begriff wurde während der sowjetischen Besatzung Afghanistans von 1979 bis 1989 gebräuchlich und ist seitdem als Selbstbezeichnung für die Angehörigen islamistischer Guerilla-Gruppen verbreitet. Mudschaheddin kämpften ebenso während des Balkankrieges auf der Seite der bosnisch-muslimischen Truppen wie im Algerischen Bürgerkrieg, in Kaschmir und im Irak. Aktuell ist zu be-obachten, dass auch die Taliban ihre Kämpfer immer wieder als Mudschaheddin bezeichnen. April 1978 nominell unter kommunistischer Führung stand. In der »SaurRevolution« hatte sich damals die DVPA Nur Mohammed Tarakis an die Macht geputscht, die autoritäre Regierung von Mohammed Da’ud gestürzt und in Afghanistan ein volksdemokratisches System eingeführt. Dieses litt allerdings auch unter neuem Namen unter altbekannten Machtkämpfen und innergesellschaftlichen Spannungen. Innerhalb der DVPA tobten Konflikte zwischen der Fraktion der »Chalk« (Volk) unter dem Paschtunen Taraki, seit April 1978 afghanischer Präsident, und Hafisullah Amin einerseits sowie den Anhängern der »Parcham« (Banner) unter Babrak Karmal andererseits. Taraki, Amin, Karmal und weitere Führer der DVPA verband picture alliance-dpa/Lehtikuva der UdSSR durchgeführt haben. Der sowjetische Vormarsch traf in einigen Städten zwar auf den Widerstand afghanischer Truppen, doch gelang es der Führung in Moskau bis zum Januar 1980 nahezu ungehindert, im Landmarsch sowie im Lufttransport 80 000 Mann nach Afghanistan zu verlegen. Widerstand gegen eine derartige Streitmacht erschien chancenlos. Die Besetzung des Landes war der Auftakt für einen mehr als neun Jahre währenden Krieg zwischen den sowjetischen Truppen und der Armee einer neu installierten kommunistischen Regierung in Kabul auf der einen sowie einer Streitmacht von Stammeskriegern auf der anderen Seite. Die sowjetische Intervention rief einen »Heiligen Krieg« (Dschihad) hervor, den die Mudschaheddin (siehe Kasten) aus den unzugänglichen Gebirgsregionen Afghanistans oder von Pakistan aus führten. Dabei wurden sie immer wirksamer mit Material und Logistik von den Geheimdiensten der USA und Chinas unterstützt. Trotz der erheblichen technischen Überlegenheit gelang es den Besatzern nicht, die ausufernden Kämpfe im Land siegreich zu beenden. Im Verlauf der militärischen Auseinandersetzungen mussten etwa 15 000 sowjetische Soldaten ihr Leben lassen. Erst die Veränderung der geopolitischen Lage durch Glasnost und Perestroika sowie das internationale Genfer Afghanistan-Abkommen von 1988 schufen die Voraussetzungen für den Abzug der letzten sowjetischen Truppen am 15. Februar 1989. ein komplexes, in Jahrzehnten gewachsenes Konkurrenzverhältnis, überlagert durch bestehende Stammes-, Fami­ lien- und Freundschaftsbeziehun­gen. Mit wenig Begeisterung beobachtete die sowjetische Führung von Moskau aus, dass die afghanischen Kommunisten neben weltanschaulichen Fragen vor allem die Sicherung individueller Machtpositionen und die Ausschaltung von Gegnern umtrieb. Viele Führer der DVPA verstanden ihre Ämter und Funktionen als Pfründe, die man wiederum an verdiente Gefolgsleute vergeben konnte. Insbesondere Tarakis Konkurrent Hafisullah Amin bereicherte sich als Chef der Geheimpolizei an Besitztümern des Exkönigs Sahir Schah und des gestürzten Präsidenten Da’ud oder verteilte diese großzügig an eigene Günstlinge. Er ließ schließlich Taraki im Oktober 1979 ermorden und beerbte ihn als afghanisches Staatsoberhaupt, während ihr gemeinsamer Gegner Babrak Karmal als Botschafter ins Ausland abgeschoben wurde. Als die sowjetische Führung Karmal Ende 1979 aus dem erzwungenen Exil zurückholte und an die Spitze der afghanischen Kommunisten stellte, tat sie dies im Bewusstsein, mit Hafisullah Amin ein unberechenbares Risiko für die sowjetische Kommunismus afghanischer ­Prägung Der sowjetische Einmarsch im Dezember 1979 traf ein Land, das bereits seit 5Der afghanische Staatschef Nadschibullah (Bildmitte) bei der Verabschiedung sowje­ tischer Truppen, Kundus 1986. Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 17 Sowjetischer Einmarsch in Afghanistan Vormachtstellung in Afghanistan beseitigen zu müssen. In den afghanischen Provinzen hatten die Menschen die kommunistische »Saur-Revolution« mehrheitlich als einen Kampf der Clans und Ethnien um die Macht verstanden. Die Herrschaft der in sich zerstrittenen DVPA hatte der sowjetischen Regierung vor Augen geführt, dass sich eine zentral gesteuerte Umgestaltung des Landes nur unter größten Schwierigkeiten und gegen den Widerstand der Masse der ländlichen Bevölkerung erreichen ließ. Die DVPA hatte seit 1978 den Anspruch erhoben, die afghanische Gesellschaft nach sowjetischen Vorstellungen zu modernisieren und umzuformen. Die überwiegend paschtunisch geführte »Chalk«, die zum Zeitpunkt ihrer Machtergreifung nicht mehr als 10 000 Mitglieder gezählt hatte, scheiterte mit dem Versuch einer rabiaten Landreform und anderer tief greifender Veränderungen. Wiederholt hatten sowjetische Diplomaten der Regierung in Kabul empfohlen, bei der Sowjetisierung einen behutsamen Kurs einzuschlagen, auf die regionalen und lokalen Machtverhältnisse Rücksicht zu nehmen und selbst der Religionsausübung zunächst keine Hindernisse in den Weg zu legen. Die Moskauer Führung bevorzugte für Afghanistan Modelle aus der Frühphase der UdSSR, als der noch schwache Zentralstaat versuchte, den sowjetischen Nationalitäten sozialistische Inhalte zu vermitteln, ohne dabei gleich deren gewachsene Kulturen zu zerstören. Was die Erfolgsaussichten der Umbaubestrebungen und die Zuverlässigkeit der afghanischen Genossen betraf, hegte die Führung der UdSSR gravierende Bedenken. Trotzdem unterstützte der Kreml den »sozia­ listischen Bruderstaat« mit Waffen und Beratern. Freilich stieß die DVPA in Afghanis­ tan nicht nur auf Widerstand. Ihre Repräsentanten begriffen sich als Kämpfer für den Fortschritt und lehnten die traditionelle afghanische Gesellschaftsordnung ebenso wie die Herrschaft lokaler Stammesführer als rückwärts­ gewandt und perspektivlos ab. Das Projekt des Sozialismus dagegen sicherte in den Augen der DVPA breiten Bevölkerungsschichten den Zugang zu Bildung und Kultur. Afghanistan öff- 18 nete sich der (sozialistischen) Welt. Erstmals verließen Menschen in größerer Zahl das Land für Zwecke der Ausbildung oder der Erholung. Die neue Zeit brachte insbesondere in der Haupt­ stadt Kabul eine neue Generation von Schriftstellern, Filmemachern und Künstlern hervor, allerdings um den Preis der Emigration, Verhaftung oder Liquidierung jener Intellektuellen, die sich dem Sozialismus entgegenstellten. Die afghanischen Konfliktparteien ließen sich nicht einfach ideologischen Lagern zuordnen, wie sich dies die sowjetische Führung 1978 vorgestellt haben mochte. Die Führer der DVPA – die übrigens mit dem Kommunismus häufig erst im Verlauf ihrer Ausbildung an Universitäten der USA in Berührung gekommen waren – blieben trotz politischer Bekenntnisse doch immer auch Akteure im traditionellen afghanischen Kampf um die Macht. Sie sahen sich einer Gesellschaft gegenüber, die zu großen Teilen den Kommunismus als Bedrohung der eigenen, althergebrachten Kultur ablehnte. Präsident Karmal musste ebenso wie ab 1986 sein Nachfolger, der ehemalige Chef der afghanischen Geheimpolizei, Mohammed Nadschibullah, mehr und mehr den Ausgleich mit regionalen Machthabern, religiösen Führern und selbst mit den Mudschaheddin suchen. Es ist von symbolischer Bedeutung, dass der Kommunist Karmal die traditionelle Landesfahne in Schwarz-RotGrün wieder einführte, die sein Vorgänger Taraki durch ein rotes Banner hatte ersetzen lassen. Bezeichnenderweise brach auch die Regierung Nadschibullahs nicht mit dem sowjetischen Abzug von 1989 zusammen. Sie überstand 1990 den Putschversuch des Verteidigungsministers Schahnawas Tanai und verlor erst 1992 ihre Macht an die Mudschaheddin. Gründe für den sowjetischen Einmarsch Zeitgenössische Beobachter interpretierten die sowjetische Intervention meist als einen folgerichtigen Schritt der Supermacht beim »Aufmarsch am Indischen Ozean«. Afghanistan und »die Afghanen« spielten nach dieser Sicht die Rolle passiver Opfer im Kampf der UdSSR und der USA als neue Spieler im »Great Game«. Daher Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 wurden der »Heilige Krieg« der Mudschaheddin gegen die Aggressoren und ihr Kampf um Freiheit und Selbstbestimmung im Westen meist glorifiziert. In der Rückschau erscheinen die Ereignisse komplizierter und vielschich­ tiger. Die UdSSR ließ sich in Afghanistan in einen Konflikt hineinziehen, der Züge einer schweren staatlichen und gesellschaftlichen Krise zeigte. Bis kurz vor dem Einmarsch lehnten sowohl eine Mehrheit im sowjetischen Politbüro als auch die meisten der Spitzenmilitärs das Abenteuer einer Truppenentsendung ab. Der KGB empfahl eine Vermittlung innerhalb der DVPA und die indirekte Unterstützung der afghanischen Führung beim Kampf um die Macht im Land. Die angespannte Lage in Afghanistan war zuletzt am 15. März 1979 offenbar geworden, als in Herat ein Aufstand losbrach. Bewohner der Stadt, Guerillakämpfer und Soldaten der örtlichen Garnison lieferten sich vier Tage lang blutige Gefechte mit afghanischen Regierungstruppen. Die Märzunruhen in Herat forderten 5000 Tote, darunter 50 sowjetische Militärberater und ihre Familienangehörigen. Sie waren der Auftakt für schwere Kämpfe, in deren Verlauf Teile der Provinzen Kunar und Paktia und selbst einzelne Stadtviertel von Kabul an aufständische Milizen verloren gingen. Hatte die Führung der »Chalk« es noch verstanden, ihre Rivalen innerhalb der DVPA auszuschalten, so erwies sie sich nun mit der militärischen Bedrohung überfordert. Amin wurden Verbindungen zum amerikanischen Geheimdienst CIA, zur Regierung Pakistans und zu islamistischen Führern nachgesagt. Nachdem ein Attentat auf ihn gescheitert war, ging Amin seinerseits gewaltsam gegen die Anhänger Tarakis vor und ließ diesen am 9. Oktober 1979 ermorden. In den Wochen vor dem sowjetischen Einmarsch versuchte Amin in völliger Verkennung der eigenen Lage seine Position gegenüber der sowjetischen Führung zu stärken, indem er demonstrativ die Kontakte zu den USA ausbaute. Für die sowjetische Führung wurde er endgültig untragbar. Letztlich dürfte für die Intervention – in Übereinstimmung mit der Breschnew-Doktrin, die von der beschränkten Souveränität der sozialistischen Staa- ten ausging und daraus das Recht ableitete, bei Gefährdung des Sozialismus in diesen Staaten entsprechend einzugreifen, und angesichts einer unsicheren Südflanke – ausschlaggebend gewesen sein, dass Moskau das Erstarken eines militanten Islams befürchtete. Dies bedeutete aus sowjetischer Sicht eine erhebliche Bedrohung der eigenen Interessen. Mit der DVPA, deren Führer annahmen, sie könnten die UdSSR für ihre eigenen Ziele instrumentalisieren, erschien eine erfolgreiche Bekämpfung dieser Gefahr unmöglich. Die Invasion diente in erster Linie dem Zweck, die ungeliebte Regierung Hafisullah Amin zu ersetzen, nachdem dies zuvor mit anderen Mitteln gescheitert war. Trotz gewichtiger Bedenken entschloss sich die sowjetische Führung Ende des Jahres 1979 schließlich zum Einmarsch in Afghanistan. Besatzung und Widerstand Sowjetische Truppen nahmen zunächst die großen Städte und Garnisonen in Besitz und sicherten die wichtigsten Verkehrsverbindungen und Kommunikationslinien. Die sowjetische Führung richtete sieben Militärkommandos ein, in denen sowjetische Generäle mithilfe ihrer eigenen Verbände und der Truppen der neuen afghanischen Zentralregierung für Ruhe und Ordnung im Land sorgen sollten. Den Afghanen kam dabei vor allem die Aufgabe zu, die Provinzen zu sichern, doch zeigten sie sich mit diesem Auftrag rasch überfordert. Schon wenige Monate nach der Invasion wurden aus den meisten Regionen sowie aus Kabul Kämpfe unterschiedlicher Intensität gemeldet. Die Städte Dschalalabad und Herat gerieten zeitweise unter die Kontrolle der Mudschaheddin. Bereits im März 1980 begann eine erste sowjetische Großoffensive gegen die Provinz Badachschan sowie gegen die östli­ chen, hauptsächlich von Paschtunen besiedelten Gebiete an der Grenze zu Pakistan. Von der westpakistanischen Stadt Peschawar aus formierte sich der afgha­ nische Widerstand. Dort errichteten muslimische Freischärler unterschiedli­ cher Ausrichtung ihre Versorgungsbasen, unterstützt und teilweise finanziert durch den pakistanischen Geheim­ dienst Inter-Services Intelligence (ISI). Die Parteien, Stämme und Gruppen des Widerstandes verbanden rasch wechselnde Allianzen, doch verfügten sie über keine gemeinsame Vision für die Zukunft. Vielmehr vereinte sie die Ablehnung einer fremden, nicht-muslimischen Armee im eigenen Land, die Bekämpfung der kommunistischen Zentralregierung in Kabul, die mit Unterstützung der Sowjetunion die Idee eines modernen Zentralstaates auf ihre Fahnen schrieb, sowie nicht zuletzt die Verteidigung traditioneller Lebensweise und Kultur. Die Mudschaheddin verhandelten jedoch sowohl mit afghanischen Kommunisten in Kabul als auch mit sowjetischen Truppenführern, wenn sie sich hiervon Vorteile versprachen. Selbst der einflussreichste Führer der Mudschaheddin, der »Löwe von Pandschir« Achmad Schah Massud, bildete in dieser Hinsicht keine Ausnahme. Die Mudschaheddin verfügten weder über moderne und schwere Bewaffnung noch über zentrale Kom- Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 19 Sowjetischer Einmarsch in Afghanistan picture alliance-dpa mando- und Kommunikationsstrukturen. Seit 1986 erhielten sie von den USA tragbare Luftabwehrsysteme vom Typ »Stinger«. Vielen Beobachtern galt die Lieferung der »Stinger« als Wendepunkt in diesem Konflikt, der entscheidend zum Rückzug der Sowjets beigetragen habe. Doch ist auch bekannt, dass amerikanische Waffenlieferungen innerhalb der sowjetischen Führung die Position der »Falken« nachhaltig stärkten. Unter Generalsekretär Michail Gorbatschow und unter den Bedingun­ gen der beginnenden Perestroika diskutierte die sowjetische Führung bereits 1986 intensiv über eine politische Lösung des Afghanistan-Problems. Das Engagement des Auslandes zugunsten Afghanistans verzögerte daher eher den Entschluss zum Truppenabzug – übrigens ganz im Sinne der CIA, die das Engagement der UdSSR in Afghanistan vor allem unter dem Aspekt einer fortlaufenden Schwächung der gegnerischen Supermacht bewertete. Die technische Unterlegenheit der Mudschaheddin machte gleichzeitig ihre Stärke gegenüber einer modernen Besatzungsarmee aus. Ortskenntnisse und die Unterstützung durch die Bevölkerung erwiesen sich gegenüber der sowjetischen Luftaufklärung als überlegen. In einem Land fast ohne Fernmelde-Infrastruktur erbrachte ein archaisch anmutendes Netz von Spähern und Boten verlässlichere Informationen als die elektronische Kampfführung oder sowjetische V-Leute. Es ist bezeichnend, dass in der Roten Armee für die Mudschaheddin die Bezeichnung »Duchy« (Geister) verbreitet war: Die afghanischen Krieger entzogen sich sowjetischem Artilleriefeuer und selbst den intensiven Bombardements aus der Luft, um dann wenig später wie aus dem Nichts aufzutauchen und im Kampf Mann gegen Mann Angst und Schrecken zu verbreiten. Die Schläge der Besatzungsarmee hingegen gingen häufig ins Leere. Die sowjetischen Soldaten wurden im Verlauf der folgenden neun Jahre Teil eines ausufernden Krieges, an dessen Ende 1,3 Millionen tote afghanische Zivilisten und Kämpfer sowie mehr als fünf Millionen (und damit ein Drittel der Vorkriegsbevölkerung) Flüchtlinge und weitere zwei Millionen Binnenflüchtlinge standen, die teils bis heute nicht in ihre angestammten Siedlungsgebiete zurückgekehrt sind. Auswirkungen des Krieges 5Mudschaheddin in den afghanischen Bergen, Aufnahme von 1985. 20 Die sowjetische Armee durchlief in Afghanistan einen schmerzlichen Lernprozess. Schon bald wurde deutlich, dass mit den klassischen, im Kalten Krieg für den westeuropäischen Kriegsschauplatz entwickelten Einsatz­ grundsätzen keine Erfolge zu erzielen waren. Vor allem in den Luftlandeund Luftunterstützungsverbänden, in erster Linie aber in den Spezialtruppen trug man dieser Erkenntnis rasch Rechnung. Für das Gros der sowjetischen Mot.-Schützenverbände experimentierte die Rote Armee mit neuen Gliederungen und gemischten Kampfgruppen, doch wirkten sich Veränderungen in Ausrüstung und Ausbildung hier nur sehr langsam aus. Eine zentrale Rolle im Kampf gegen die Mudschaheddin spielten die zunächst praktisch unangreifbaren Hubschrauber, allen voran die schwer bewaffnete und für alle Afghanistan-Kämpfer legendäre Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 Mi-24 (im NATO-Sprachgebrauch: Hind). Alle angestrebten Veränderungen bei Taktik und Ausrüstung konnten ein wesentliches Ziel der Besatzungsarmee nicht erreichen: die dauerhafte Sicherung von Versorgungs- und Kommunikationslinien. Die sowjetischen Truppen beherrschten zwar die größeren Städte sowie zentrale Punkte, ihnen gelang es aber während des gesamten Krieges nicht, abgelegene Regionen wie das Pandschir-Tal einzunehmen. Die Mudschaheddin konnten hingegen immer größere Teile der ländlichen ­Gebiete unter ihre Kontrolle bringen. In Afghanistan dienten nie mehr als 120 000 Rotarmisten gleichzeitig, während die USA in (Süd-)Vietnam, das etwa ein Viertel der Fläche Afghanistans ausmachte, zeitweise eine halbe Million Soldaten stationiert hatten. Sowje­tische Kommandeure mussten für große Operationen »Regiments­äqui­ valente« aus verschiedenen Bereichen »zusammenborgen«. Die Sowjetarmee bestand nicht nur aus Elitesoldaten, sondern vor allem aus jungen Wehrpflichtigen. Diese stamm­ten zu Beginn des Krieges häufig aus sowjetischen Unionsrepubliken mit muslimischer Prägung wie Usbekistan, Kasachstan und Turkmenistan. Im Verlauf der Besatzung wurden vermehrt Slawischstämmige oder Männer aus den baltischen Republiken eingezogen, um unerwünschte Kontakte zur Bevölkerung und vor allem zu den Mudschaheddin zu verhindern. Neben der Brutalität ihres Einsatzes machte den Besatzungssoldaten der Gedanke an die Rechtmäßigkeit und Sinnhaftigkeit ihres Dienstes zu schaffen. Er untergrub die Moral, während unter den Mudschaheddin Selbstbewusstsein und Siegeszuversicht wuchsen. Von 642 000 sowjetischen Soldaten, die bis zum Rückzug in Afghanistan dienten, wurden mehr als 70 Prozent verwundet oder erkrankten ernsthaft, etwa 150 000 Mann alleine an Hepatitis und Typhus. Die Erfahrung des jahrelangen Krieges wurde für viele zum lebenslangen Trauma, und bis heute stehen die zurückgekehrten »Afganzy«, viele von ihnen versehrt an Körper und Geist, am Rand der Gesellschaft. Sowohl aufseiten der Regierungstruppen und Sicherheitskräfte als auch unter den Mudschaheddin und der So- picture alliance-dpa 5Abziehende sowjetische Soldaten. Auf dem Spruchband steht: »Sei gegrüßt, Heimat!« wjetarmee ereigneten sich Übergriffe und Verbrechen in erheblichem Ausmaß. Zudem desertierten die afghanischen Soldaten in Scharen. Umfasste die Regierungsarmee vor 1978 noch 100 000 Mann, schwand ihre Zahl nach einem Jahr sowjetischer Besatzung auf nicht mehr als 30 000. Die meisten waren demoralisiert, schlecht ausgebildet und wenig motiviert, in einen Kampf gegen die zu allem entschlossenen Mudschaheddin zu ziehen. Viele schlossen sich den Milizen der Warlords an und setzten den Krieg auf eigene Rechnung fort. Neben dem militärischen Gegner wurde vor allem die Zivilbevölkerung zum Opfer der Kämpfe. Im Verlauf von Militäroperationen gegen die Mudscha­ heddin zerstörten die Sowjets systematisch Dörfer und Landstriche. Mord, Raub und Plünderungen waren weit verbreitet. Afghanische Widerstandskämpfer lenkten durch gezielte Angriffe das sowjetische Artilleriefeuer auf zivile Siedlungspunkte, deren Bewohner am Verlassen ihrer Dörfer gehindert wurden. Durch den sowjeti­ schen Beschuss getötete Zivilisten wurden dann den Medien als unschuldige Opfer präsentiert. Demoralisierte sowjetische Truppenführer verkauften Waffen und Gerät an den Gegner. Alkoholismus und Drogenkonsum verstärkten bestehende Probleme der Menschenführung. An Straßensperren wurden Zivilisten ausgeraubt und dann oft als angebliche oder tatsächliche Mudschaheddin erschossen. In den sowjetischen Streitkräften war für dieses Verfahren der Begriff »jemanden nach Kabul bringen« verbreitet. Afghanistan erlebte während der Besatzung – entgegen den Verheißungen des Sozialismus – eine weitgehende Zerstörung und Fragmentierung. Die Intervention von 1979 schuf die Rahmenbedingungen für die Fortsetzung und Radikalisierung des Bürgerkriegs, statt ihn zu beenden. In Afghanistan rief sie den internationalen islamischen Fundamentalismus auf den Plan, der heute eine weltweite Bedrohung der Sicherheit darstellt. Vor allem aber machte die Sowjetherrschaft deutlich, dass der Einsatz militärischer Mittel allein in einem komplexen Umfeld wie Afghanistan nicht ausreicht, um von Kabul aus einen stabilen Zentralstaat zu etablieren. Bernhard Chiari Literaturtipps Bernhard Chiari (Hrsg.), Wegweiser zur Geschichte: ­Afghanistan, 3., durchges. und erw. Aufl., Paderborn u.a. 2009. Conrad Schetter, Kleine Geschichte Afghanistans, München 2004. Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 21 Das historische Stichwort »Weserübung« 1940 ullstein bild Service 5Versenkung der »Blücher« im Oslofjord, 9. April 1940. D as Unternehmen »Weser­übung« bezeichnete den deutschen Überfall auf die neutralen Staaten Dänemark (»Weserübung Süd«) und Norwegen (»Weserübung Nord«) ab 9. April 1940. Es endete mit der Kapitulation der Streitkräfte der Königreiche Dänemark am 9. April und Norwegen am 10. Juni 1940. Von deutscher Seite waren Verbände bzw. Einheiten der Kriegsmarine, des Heeres und der Luftwaffe im Einsatz: Es handelte um die bis dahin größte triphibische Operation. Die deutsche Führung ließ in ihre Angriffspläne mehrere Überlegungen einfließen: Erstens hatte die Erfahrung des Ersten Weltkrieges gelehrt, wie wichtig Welthandelswege und Rohstoffe für die Kriegführung waren. Hierbei kam Skandinavien eine bedeutende Rolle zu: Die Erzlieferungen aus dem schwedischen Kiruna über Narvik machten nahezu 50 Prozent des deutschen Erzbedarfs aus. Das schwedische Erz wurde von Narvik aus unter dem Schutz der norwegischen Neutralität nach Deutschland verschifft. Zweitens benötigten Kriegsmarine und Luftwaffe für den bevorstehenden Waffengang mit dem britischen Welt- 22 reich Häfen und Flugplätze in Norwegen. Außerdem konnten so die Ostseezugänge gesperrt werden. Das Heer wiederum sah in der Invasion Dänemarks die einzige Chance, Norwegen erobern zu können. Es war auf die Trans­ portkapazitäten der anderen Teilstreitkräfte angewiesen. Drittens wurde vermutet, dass auch die Alliierten die Bedeutung Skandinaviens erkannt hatten und dort ebenfalls landen wollten. Die deutsche Seite griff auf eine Studie des Konteradmirals Wolfgang Wegener aus den 1920er Jahren zurück. Er hatte die völkerrechtswidrige Besetzung der neutralen Staaten Norwegen und Dänemark zum festen Bestandteil marinestrategischer Planungen im Falle einer kriegerischen Auseinandersetzung mit Großbritannien gemacht. Das ganze Unternehmen sollte den Charakter einer »friedlichen Besetzung« tragen, Skandinavien zu seinem »eigenen« Schutz vor den Westmächten besetzt werden. Im Vorfeld der Invasion kam es am 14. Februar 1940 zur sogenannten Altmark-Affäre: Der britische Zerstörer »Cossack« drang am 16. Februar auf direkten Befehl von Premierminister Winston S. Churchill in norwegisches Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 Hoheitsgebiet ein, um britische Gefangene auf dem deutschen Versorger »Altmark« zu befreien. Diese massive Verletzung der norwegischen Neutralität verstärkte die deutschen Befürchtungen, wonach die Regierung in Oslo den neutralen Status nicht entschieden genug gegenüber britischen Verletzun­ gen verteidigen würde. Wenige Tage nach dem Ereignis beauftragte Hitler General der Infanterie Nikolaus von Falkenhorst mit der Planung und Leitung einer Invasion in Norwegen. Der Befehl für die »Weserübung« wurde Anfang März von Hitler unterzeichnet, am 20. März meldete Falkenhorst den Abschluss der Vorbereitungen. Tatsäch­ lich war bereits am 6. April eine briti­ sche Brigade in Stavanger gelandet, erhielt aber am Tag darauf den Befehl sich zurückzuziehen. Zwei Tage später begann die britische Marine norwegi­ sche Gewässer zu verminen, um deutsche Erztransporter aus der norwegischen Neutralitätszone heraus ins ­offene Meer zu drängen. Die deutsche Invasion erschien somit als direkte Antwort auf die britische Aktion. Während das norwegische Parlament über eine angemessene Reaktion auf die britische Verletzung der Neutralität beriet, zertruppe nahezu nicht existierten. Die Kriegsschiffgruppe 1 war unterdessen in Narvik gelandet und die Stadt wurde kampflos übergeben. Wenig spä­ ter kapitulierte Bergen. Lediglich Kristiansand und Oslo wurden erfolgreich verteidigt. In der völlig irrigen Annahme, dass man in Oslo freundlich empfangen würde, fuhr die Kriegsschiff­ gruppe 5 mit dem Schweren Kreuzer »Blücher« an der Spitze in den Oslo­ fjord ein und wurde an der engsten Stelle des Fjords von norwegischen Küstenbatterien unter Feuer genommen. Der moderne, erst kurz zuvor in Dienst gestellte Kreuzer sank mit 1000 Mann. Schon bald beherrschte die deutsche Luftwaffe den Luftraum über den Schiff­fahrtsrouten nach Norwegen, da der Großteil der norwegischen Luftwaffe am Boden zerstört worden war. Am 20. April hatten die Okkupanten ganz Südnorwegen und das Flachland eingenommen, nur das Inland war immer noch in norwegischer Hand. Die Alliierten waren in dieser Situation keine große Hilfe mehr. Zwei für Norwegen eingeplante britische Divisio­ nen wurden nach Frankreich umgeleitet. Da die Häfen in deutscher Hand waren, konnten sie nicht mehr von britischen Schiffen angelaufen werden. In der Nacht zum 28. April trat dann die endgültige Wende im Kampf um Norwegen ein: Der Kommandeur der britischen Streitkräfte erhielt den Befehl zur Evakuierung Südnorwegens, und auch 4000 französische Gebirgsjäger, die in Namsos gelandet waren, zogen sich aus dem Gebiet zurück. Der Krieg um Norwegen fand jetzt in erster Linie in und um Narvik statt. Die Situation für die dort eingeschlossenen deutschen Truppen, Gebirgsjäger unter General Eduard Dietl und 2600 Besatzungsmitglieder deutscher Kriegsschiffe, wurde kritisch. Am 28. Mai schlug jedoch eine letzte französisch-norwegische Offensive in Narvik fehl und am 7. Juni wurde der Kampf in Norwegen endgültig beendet. Durch die deutsche Westoffensive war von Großbritannien und dem inzwischen besetzten Frankreich keine Hilfe mehr zu erwarten. Der König floh nach London, um von dort den Widerstand zu organisieren. Am 10. Juni war Norwegen endgültig besetzt. Auf deutscher Seite hatten 130 000 Mann an der »Weserübung« teilgenom­ men, denen 60 000 norwegische und 35 000 britische, französische sowie exil­ polnische Soldaten gegenüberstanden. Während der Kampfhandlungen fielen 4296 Briten, 1335 Norweger und je 530 Polen und Franzosen. Die Wehrmacht zählte 1317 Gefallene, 1604 Verwundete und 2375 Vermisste. Die Luftwaffe verlor 242 Maschinen; die Kriegsmarine einen schweren Kreuzer, zwei leichte Kreuzer, zehn Zerstörer, ein Torpedoboot und vier U-Boote. Die Seestreitkräfte büßten damit rund ein Drittel ihres Bestandes ein. Es war der Anfang vom Ende der deutschen Zerstörerwaffe, was sich bitter rächen sollte. Das harte deutsche Besatzungsregime dauerte bis Mai 1945. Heiner Bumüller ullstein bild befanden sich die deutschen Kriegs­schiff­ gruppen bereits vor der norwegi­schen Küste. Frankreich und Großbritannien sandten eine Note an die Regierung Norwegens, in der erklärt wurde, dass Deutschland an einer Invasion gehindert werden müsse. Die deutsche Generalidee bestand darin, mit Verbänden aus Heer, Marine und Luftwaffe gleichzeitig anzugreifen. An einem bestimmten Tag (»Weser­ tag«) sollten sieben Punkte (»Landungs­ plätze«) in Dänemark und Norwegen von jeweils einer Kampfgruppe zur selben Zeit (»Weserzeit«) angegriffen werden. Das setzte eine umfangreiche Planung und Koordinierung der drei Teilstreitkräfte voraus, die damit am 14. Dezember 1939 begonnen hatten. Die ausgewählten Ziele lagen mehrere hundert Kilometer voneinander entfernt, was einen genauen Zeit- und Marschplan notwendig machte. Die Operation hatte schnell zu erfolgen, da man die maritime Überlegenheit der Westmächte bei einer längeren Ausein­ andersetzung fürchtete. In Dänemark sollten auf dem Seeweg Kampfgruppen des Heeres durch die Marine in Middelfart, Nyborg, Korsør, Kopenhagen und Gedser angelandet werden. Gleichzeitig sollten Heeresverbände auf dem Landweg in Dänemark einfallen. Norwegen sollte durch in Narvik, Trondheim, Bergen, Christiansand, Egersund, Arendal und Oslo durch die Marine angelandete Heeresverbände gesichert werden, einzig Stavanger war aus der Luft zu erobern. Weitere Heeresverbände wurden auf Handelsschiffen nachgeführt. Auftrag war zunächst, die Hafenstädte gegen die Briten zu sichern und die norwegische Mobilmachung zu verhindern. Die Operation »Weserübung Süd« war am 10. April 1940 aus deutscher Sicht erfolgreich abgeschlossen, die Wehrmacht konnte die dänischen Bahnund Straßenverbindungen für den Nachschub nach Norwegen ebenso nutzen wie die Flugplätze und Häfen des Landes. Der norwegische Generalstab befahl für die Felddivisionen in Südnorwegen eine Teilmobilisierung. Diese bestand jedoch nur auf dem Papier, da die Küs­ tenforts bloß ein Drittel ihrer Sollstärke aufwiesen, die Infanterie schlecht ausgestattet war und Luftwaffe sowie Pan- 5Deutsche Gebirgsjäger in Nordnorwegen, 20. Mai 1940. Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 23 Service Medien online/digital Andreas Hofer www.1809-2009.eu Am 20. Februar 1810 – vor zweihundert Jahren – wurde Andreas Hofer in Mantua auf direkten Befehl Napoleons standrechtlich erschossen. Er war der Führer des gegen die bayerische und französische Besatzung gerichteten Tiroler Aufstandes von 1809. Neben dem Krieg in Spanien von 1808 bis 1814 waren die Vorgänge in Tirol der Beginn des modernen Guerilla- und Volkskrieges. Die Erhebung von 1809 und ihr Anführer Andreas Hofer sind bis heute wichtige Elemente der Tiroler Landeskultur. Daher ist auch das Lied »Zu Mantua in Banden«, das Hofers letzten Gang besingt, seit 1948 die Tiroler Landeshymne. Auf einer eigenen Internetseite (www.1809-2009.eu) erinnert das Land Tirol unter dem Motto »Geschichte trifft Zukunft« an die Ereignisse vor 200 Jahren. »Geschichte trifft Zukunft« ist eine wahre Fundgrube zum Tiroler Aufstand. Sie wird in deutsch, italienisch und ladinisch angeboten. Die Seite gliedert sich in die Rubriken »Kalender«, »Geschichte«, »Zukunft«, »Projekt« und Service«, die jeweils durch ihre Vielfalt bestechen. Die Rubrik »Geschichte« beginnt mit einer Spalte zur Person Hofers, setzt sich fort im Gedenkjahr 1959 »Mythos Freiheitskampf«, bietet u.a. Texte zur Geschichte Tirols im Europa der napoleonischen Kriege, aber auch zur späteren Erinnerungskultur. Die Rubrik »Zukunft« zeigt 27 Statements zu der Frage: »Welche Stärken hat ein Land, welche Verbesserungsmöglichkeiten und welche Zukunftsperspektiven gibt es?«. Die Rubrik »Projekt« zeigt die 24 vielfältigen Möglichkeiten, öffentlichkeitswirksam über den Tiroler Aufstand nachzudenken: Mal-, Literaturund Kreativwettbewerbe, Jugendquiz, Dichterlesungen etc. Die Rubrik »Service« bietet u.a. einen Überblick über die wichtigste Literatur zu Tirol 1809 bzw. den Hinweis auf ausleihbare Filme sowie die Wanderausstellung »Tirol 1809. Vom Freiheitskampf zum Kassenschlager«. Die Internetseite wurde für das Jubiläumsjahr 2009 erstellt. Sie bleibt aber auch danach interessant. Sowohl die Ereignisse selbst, als auch deren Wirkungsgeschichte, der Bezug zur Gegenwart und Ausblicke auf die Zukunft werden dort geboten. Sie enthält somit alle Aspekte, die auch für die historisch-politische Bildung von Bedeutung sind. hp Hannoveraner Armee Deutsche Militärgeschichte darf nicht mit preußischer Militärgeschichte gleichgesetzt werden! Diese Warnung entspringt keinem bayerischen Schulbuch, sondern ist die logische Konsequenz der territorialen und staatlichen Zersplitterung Deutschlands in seiner Geschichte. Ein Blick auf die Internseite des Arbeitskreis hannoversche Militärgeschichte zeigt dies sehr eindrucksvoll: Die Kurfürsten/Könige von Hannover waren während des 18. und frühen 19. Jahrhunderts auch Könige von England und Schottland. Dies hatte zur Folge, dass die hannoveranischen Truppen für das britische Empire nahezu weltweit eingesetzt wurden. Somit bietet die Seite sehr viel mehr als nur regionale Nabelschau. Die Spalte »Nec Aspera Terrent« (Auch Widerwärtigkeiten schrecken nicht) bietet einen Überblick über die Hannoveraner Militärgeschichte von 1617 bis 1866 und ergänzt sie durch ausgewählte bio­ grafische Skizzen. Die einzeln aufzurufenden Kriegsschauplätze machen deutlich, dass Auslandseinsätze im globalisierten Kontext keine Erfindung des 21. Jahrhunderts sind: Gibraltar, Minorca, Ostindien, Albanien, Ungarn, Spanien u.v.a.. Einen besonderen Stellenwert nehmen die napoleonischen Kriege ein. Sie werden unter der Rubrik »King´s German Legion« behandelt. Es waren zu einem nicht geringen Teil »deutsche« Truppen, mit denen der Herzog von Wellington seinen Krieg in Spanien und Portugal gegen Napoleon führte. Gleiches galt für seine Armee in der Schlacht von Waterloo am 18. Juni 1815, in der Napoleon – mit preußischer Hilfe – endgültig besiegt wurde. Das Ende des selbstständigen Königreichs Hannover und seiner Armee kam mit der Niederlage von 1866. Die letzte Schlacht der Hannoveraner bei Langensalza wird auf der Internetseite ausgiebig dargestellt. Preußen verleibte sich die Gebiete kurzerhand ein. www.hannoversche-militaergeschichte.org Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 digital Allerdings wurden die Traditionen der untergegangen Armee auch im preußischen Militär weiter gepflegt bzw. erneuert. Eines der berühmtesten Symbole dieser Traditionspflege dürfte das blaue Ärmelband des Füsilier-Regimentes (1. Hannoversches) Nr. 73 mit der Aufschrift » Gibraltar« sein. Der Kriegsfreiwillige Ernst Jünger trug es 1914. hp Russlands mitgehen, ihr Leid, ihre Qualen sehen: »Sie baten unter Tränen, wir sollten sie doch mitnehmen und nicht hier sterben lassen, so weit entfernt von den ihrigen.« Der Film zeigt, wie sich ein junges Mädchen ihre blonden Haare abschneidet und für zwei Taler verkauft. Die Taler spendet sie dem Kampf gegen die Franzosen – auch sie will ihren bescheidenen Anteil für die Befreiung leisten: »Ein Frisör bot mir 2 Thaler für mein Haar. Ich hatte nun auch etwas, dass ich geben konnte fürs Vaterland.« »Napoleon und die Deutschen« zeigt nicht so sehr die »große Geschichte«, sondern lässt diese an persönlichen Schicksalen lebendig und anschaulich werden. Fazit: sehenswert. ks www.arte-edition.de Napoleon und die Deutschen Napoleon wusste, dass die Politik eines Staates in seiner geografischen Situation angelegt war. Gerade im Fall Napoleons galt aber auch der Umkehrschluss: Seine Politik und seine Kriege veränderten die Geografie Europas. Unter seiner Führung beherrschte Frankreich Europa wie kaum ein Staat zuvor oder danach. Diese Herrscht war nur kurz, sie prägte aber die Geschichte der besetzten Länder nachhaltig und bis in die Gegenwart – auch die der Deutschen. Heute ist weitgehend vergessen: Die deutschen Länder waren nicht nur von französischen Truppen besetzt, weite Gebiete gehörten zeitweise auch zu Frankreich. Bis 1798 wurden die linksrheinischen Gebiete von Worms über Köln bis Wesel Frankreich angegliedert. 1810 wurden auch weite Teile Norddeutschlands – von Bremen über Hamburg bis Lübeck französische Departements. Die Bewohner dieser Gebiete wurden formal Franzosen – die Männer hatten Wehrdienst in der französischen Armee zu leisten. Auch ihre Geschichte zeichnet die neue TV-Dokumentation nach. »Napoleon und die Deutschen« ist eine Gemeinschaftsproduktion der ARD und des deutsch-französischen Kulturkanals ARTE. Die Sendung liegt nun auch als DVD vor. In einer gelungenen Mischung aus Dokumentation und gespielten Szenen findet der Betrachter einen leicht gemachten Zugang zur Geschichte der napoleonischen Zeit. Er sieht, wie norddeutsche junge Männer in die französische Armee gezwungen werden. Er kann ihren Weg in die Weiten Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 25 Service Lesetipp Aufstände Deutsche jüdische Soldaten Preußen W I P illiam R. Polk führt an elf Fallbeispielen aus, wie vielschichtig die Thematik des Kleinkrieges in Geschichte und Gegenwart tatsächlich ist. Er behandelt dabei den Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, die spanische Guerilla gegen Napoleon, die Situation auf den Philippinen, den irischen Unabhängigkeitskampf, Tito, den griechischen Widerstand, Kenia, Algerien, die Franzosen sowie die Amerikaner in Vietnam. Er geht schließlich auf den afghanischen Widerstand gegen die Briten im 19. und gegen die Russen im 20. Jahrhundert ein. Vor allen Dingen aber diskutiert er ausführlich, inwieweit sich »Erfahrungen« eines Kriegsschauplatzes auf andere Szenarien tatsächlich übertragen lassen. Polk arbeitet eindrucksvoll heraus, wie sehr die vorgeblich »weichen« Faktoren Kultur, Ideologie und William R. Polk, Aufstand. Widerstand gegen Fremdherrschaft: vom amerikanischen Unabhängigkeitskrieg bis zum Irak, Hamburg 2009. ISBN 9783-86854-210-3; 340 S., 32,00 Euro politisches Bewusstsein der Aufständischen den Charakter der Kämpfe prägen. Er hält es zu Recht für ein Grundübel, sich bei der Analyse von Guerillakriegen nur auf vorgeblich »harte« militärische Faktoren konzentrieren zu wollen. Er zeigt, wie schnell sich aus winzigen Gruppen, die Terrorakte begehen, gewaltige Widerstandsbewegungen bilden können, die zum Mittel der Guerilla greifen. Nach Polks Analyse beginnt Phase 1 eines Aufstandes dann, wenn aus der kleinen Gruppe akzeptierte Vorkämpfer für die nationale Sache geworden sind. Phase 2 beginnt in dem Moment, in dem die Verwaltungsstrukturen der Besatzer sowie ihrer einheimischen Helfer zerschlagen und durch eigene ersetzt werden. In Phase 3 schließlich gehen die Aufständischen von den Nadelstichen zum regulären Krieg über. hp 26 nsgesamt 30 Beiträge von 22 Autorinnen und Autoren sind in dem anzuzeigenden Sammelband vereinigt. Somit wird das Thema »Juden und Militär in Deutschland« sachkundig, weitreichend und facettenreich dargestellt. Ganz besonders aber ist hervorzuheben, dass anhand von Fallbeispielen Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie sich diese Thematik für die historischpolitische Bildung der Bundeswehr nutzen lässt. Das Buch ist in die Abschnitte »Grundlagen«, »Rückblick«, »Ein ambivalentes Verhältnis: Jüdische Identität, deutsche Nation und deutsche Armee«, »Standpunkt und Ausblicke«, »Seitenblicke« sowie »Bundeswehr, Antisemitismus heute und Umgang mit der NS-Vergangenheit« gegliedert. Vorgestellt wird die Stellung jüdi­ scher Soldaten in Deutschland vom Kaiserreich bis in die Gegenwart. Darüber hinaus wird die Situation in den Streitkräften der k.u.k. Monarchie, der Republik Österreich, der Schweiz und der Republik Spanien (1931–1936/39) dargestellt. Die Beiträge über die Erfahrungen der Unteroffizierschule der Luftwaffe sowie des Fernmeldebataillons 284 »im Dialog mit jungen Juden« laden zur Nachahmung für andere Truppenteile förmlich ein. Nicht zuletzt ist der Artikel über den »Versuch, Betroffenheit bei der heutigen Generation für die NSVerbrechen zu erreichen«, zu erwähnen. Darin wird beschrieben, wie die Wanderausstellung »Deutsche jüdische Soldaten« für die historische Bildung in der Truppe eingesetzt werden kann. hp Michael Berger und Gideon Römer-Hillebrecht (Hrsg.), Juden und Militär in Deutschland. Zwischen Integration, Assimilation, Ausgrenzung und Vernichtung, Baden-Baden 2009 (= Forum Innere Führung, 31). ISBN 978-3-8329-4471-1; 373 S., 49 Euro Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 reußen ist weit mehr als nur der Name eines früheren deutschen Landes. »Preußen« steht als historischer Begriff für einen Großteil der deutschen Geschichte: sowohl für den Staat als auch das Militär, aber auch für Kultur. Um Preußen ranken sich Mythen und Legenden. Bis heute schwankt die Sicht auf Preußen zwischen Verteu- Monika Wienfort, Geschichte Preussens, München 2008 (= C.H. Beck Wissen), ISBN 978-3-406-56256-3; 128 S., 7,90 Euro Frank-Lothar Kroll, Die Hohenzollern, München 2008 (= C.H. Beck Wissen). ISBN 978-3-406-536267; 128 S., 7.90 Euro felung und Verklärung. Gegen Mythenbildung hilft Wissen. Die Beck´sche Reihe Wissen hat sich daher zu Recht gleich zweimal der Geschichte Preußens angenommen. Monika Wienforts Buch bietet einen Gesamtüberblick der Entwicklung Preußens vom Mittelalter bis in das 20. Jahrhundert. Sie endet nicht mit der – nur noch formellen Auflösung des Landes Preußen 1947 –, sondern richtet ihren Blick abschließend auf die »Gegenwart Preußens«. Frank-Lothar Kroll beschreibt die Familiengeschichte derer zu Hohenzollern. Er zeigt den Aufstieg der Dynastie aus dem abgelegenen Schwaben bis an die Spitze einer europäischen Großmacht. Sein Buch ergänzt somit Wienforts Buch sinnvoll und nahezu zwingend. Zusammen geben beide knapp gehaltenen und sehr handlichen Werke einen guten ersten Überblick über die Geschichte Preußens – jenseits von Verteufelung und Verklärung. ks Kommissarbefehl Alltag im Kalten Krieg E D in Teil des Vernichtungskrieges gegen die Sowjetunion waren die „Richtlinien für die Behandlung politischer Kommissare“ vom 6. Juni 1941, kurz Kommissarbefehl genannt. Er enthielt die Weisung an die Truppe, Politkommissare der Roten Armee und von anderen sowjetischen Staatsorganen entgegen dem damals geltenden Völkerrecht nicht als Kriegsgefangene zu behandeln, sondern sie unmittelbar nach der Gefangennahme zu erschießen. Die Existenz des Kommissarbefehls konnte nach dem Krieg nicht geleugnet werden, wohl aber die Weitergabe des Befehls von den höheren Wehrmachtkommandobehörden an die »Truppe« sowie seine Durchführung. Verlässliche (Gesamt-)Zahlen über tatsächlich umgebrachte PolitKommissare gab es bislang nicht, sondern lediglich Einzelfalluntersuchun­ gen. Diese Lücke hat Felix Römer mit seiner fulminanten Studie geschlossen. Er wertete sämtliche verfügbaren Quellen – Berichte und Meldungen von den drei Heeresgruppen bis hinunter zu den fast 150 deutschen Divisionen des Ostheeres – im Hinblick auf den Kommissarbefehl aus. Römer hat herausgefunden, dass der Befehl nicht nur von einzelnen, sondern von den weitaus Frontverbänden ausgeführt wurde: 3430 Kommissare wurden nachweislich exekutiert, aufgrund nicht vollzähliger Überlieferung schätzt Römer die Gesamtzahl der Erschossenen sogar auf bis zu 10 000. Römers Arbeit leistet somit einen weiteren Beitrag, das Bild von der »sauberen Wehrmacht« in den Bereich der Legende zu verweisen. mp Felix Römer, Der Kommissarbefehl. Wehrmacht und NS-Verbrechen an der Ostfront 1941/42, Paderborn u.a. 2008. ISBN 978-3-506-76595-6; 668 S., 44,90 Euro enjenigen, die sich schon immer mit der Frage beschäftigt haben, wie sich die Unterschiede zwischen den Streitkräften eines totalitären Staates und einer parlamentarischen Demokratie definieren lassen, sei das Buch von Sten Nadolny und Jens Sparschuh Sten Nadolny und Jens Sparschuh, Putz- und Flickstunde. Zwei kalte Krieger erinnern sich, München 2009. ISBN 9783-492-05230-6; 208 S., 16,95 Euro wärmstens empfohlen. Es liefert die entsprechende, wenn auch nicht ganz ernst gemeinte Antwort: Die einen singen beim Marsch zum Frühstück, die anderen nicht. Dieser zugegebenermaßen dürftige Erkenntnisgewinn wäre zu vernachlässigen, wenn die zwei renommierten Autoren aus den ehemals verfeindeten deutschen Lagern des Kalten Krieges beim Schwelgen in den Erinnerungen an ihre Militärzeit nicht noch auf mehr, teilweise erheiternde Denkwürdigkeiten von großem Unterhaltungswert gestoßen wären. Denn als Überraschung erweist sich bei der Lektüre des Bandes, dass die Gegensätze, abgesehen von der weltanschaulichen Ausrichtung, so groß nicht waren, wovon der Titel beredtes Zeugnis ablegt. Aber das Buch bietet mehr als eine schlichte Aneinanderreihung von in der einen oder anderen Art hinlänglich bekannten Zoten und Eskapaden, es versucht vielmehr anhand der Vita der beiden Schriftsteller dem Wesen des Soldaten und des ihn umgebenden Systems auf den Grund zu gehen, mit oftmals überraschenden Ergebnissen. Erstaunlich scheint ferner, und diese Verwunderung teilen die Autoren mit ihren Lesern, dass die ambivalente Prägekraft der militärischen Sozialisation auch über den Abstand der Jahrzehnte hinweg zwar abgemildert, aber doch ungebrochen ist. Somit sind die Reflexionen über den Stellenwert des Wehrdienstes für das Leben und Schaffen zweier deutscher Literaturgrößen auch für Ungediente von großem Interesse. Knud Neuhoff Mauern als Grenzen V or 20 Jahren fiel nach 28 Jahren Existenz die Berliner Mauer und mit ihr der »Eiserne Vorhang«, der die Menschen in Ost- und West-Europa trennte. Bereits vor ca. 4000 Jahren wurde jedoch bereits eine Landmauer im Zweistromland, dem heutigen Irak, errichtet. Während diese Anlage kaum erhalten und erst in den letzten Jahrzehnten durch Archäologen wiederentdeckt wurde, ist die Chinesische Mauer allein aufgrund ihrer Größe und Länge seit Generationen bekannt – und doch in mancherlei Hinsicht für viele unbekannt. Denn faktisch handelt es sich bei ihr, wie auch bei anderen Sperranlagen nicht um eine einzige, sondern um viele, die von verschiedenen Herrschern zu unterschiedlichen Zeiten errichtet wurden. Daher auch die unterschiedlichen Angaben zur Länge dieses größten Denkmals der Welt: 500012000 km! Über Entstehung, Bauweise, Funktion, Bedeutung, aber auch Misserfolg von Mauern und anderer Sperranlagen als Grenzen erzählt der hier vorgestellte Band. Der Leser erfährt auch, Astrid Nunn (Hrsg.), Mauern als Grenzen, Mainz 2009. ISBN 9783-8053-3934-6; 216 S., 29,90 Euro welche Rolle Mauern an sich für einige Kulturen bzw. Herrschaftsgebiete spielten: für die antiken Griechen z.B. eine geringe, für das spätere Römische Reich nach dem Abschluss seiner Expansion eine zunehmend wichtigere. Der Limes in Germanien und der Hadrianswall in Britannien sind die bekanntesten, jedoch keineswegs einzigen Beispiele. Angesichts der Vielzahl staatlicher Sperranlagen, musste die Herausgeberin eine Auswahl treffen. Daher findet sich keine eigener Beitrag zum »Eisernen Vorhang«, sondern nur zur Berliner Mauer. Dieses erscheint aber auch als das einzige Manko dieses interessanten, auch exzellent bebilderten Bandes. Aleksandar-S. Vuletić Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 27 Service Die historische Quelle Bundesarchiv-Militärarchiv Terror gegen die eigene Bevölkerung. Der Endkampf des »Dritten Reiches« 1945 Das Bild der Wehrmacht ist geprägt von den Eroberungsfeldzügen des »Dritten Reichs«. Bekannt ist hinlänglich auch die Teilhabe des Militärs an der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik und der menschenverachtenden, verbrecherischen Gewaltherrschaft in den von der Wehrmacht besetzten Ländern. Daneben sind die militärischen Niederlagen der Wehrmacht, allen voran der Untergang der 6. Armee in Stalingrad zum Jahreswechsel 1942/43, geläufig. Der Zweite Weltkrieg in Europa war längst entschieden, als die Alliierten im Jahre 1945 zur Eroberung Deutschlands ansetzten. Die sogenannten Endkämpfe erstreckten sich dennoch über fünf Monate, bis die Wehrmacht am 8. Mai 1945 bedingungslos kapitulierte. Sie war während dieser letzten Phase zu keinen wirklichen Offensivanstrengungen mehr fähig; aus eigener Kraft konnte sie den Zusammenhang der eigenen Linien kaum wahren. Eine Randnotiz der Wehrmachtgeschichte war diese Phase allerdings keineswegs: Denn die Verlängerung der nationalsozialistischen Herrschaft forderte unter den deutschen Soldaten einen Blutzoll, der jeden Monat zwischen Dezember 1944 und April 1945 ein Mehrfaches der dramatischen Verluste von Stalingrad betrug. Die immensen Verluste unter der Zivilbevölkerung und die materiellen Schäden, wie die Zerstörungen von Wohngebäuden oder von Verkehrswegen, in der Schlussphase des Krieges an der »Heimatfront« werden sich wohl nie genau beziffern lassen. Die Wehrmachtgeneralität stellte sich der befohlenen Selbstzerstörung Deutschlands nicht in den Weg. Im Gegenteil: Sie führte ihren Anteil am Untergangsszenario Hitlerswillig aus. Neben der unaufhörlichen Forderung an die Soldaten zum blindwütigen und sinnentleerten Weiterkämpfen riefen Militärs unterschiedlicher Hierarchieebenen auch zur Gewaltanwendung gegenüber Zivilisten auf, die der sinnlosen Zerstörung ihrer Lebenswelt zu entgehen versuchten. In diesem Zusammenhang ist auch das abgedruckte Dokument zu verstehen. Es stammt aus den Akten des im Frühjahr 1945 am Oberrhein eingesetzten Armeeoberkommandos 19. Gemeinsam mit Dienststellen der NSDAP hatten Vertreter der Wehrmachtführung die in Himmlers berüchtigtem »Flaggenbefehl« vom 28. März 1945 befohlenen Terrormaßnahmen regelrecht eingefordert. Dies bedeutete, dass die verantwortlichen Kommandeure vor Ort mit der Todesstrafe rechnen mussten, wenn sie die weiße Fahne hissten, um Städte und Dörfer vor der sicheren Vernichtung zu retten. Es sind zahlreiche Fälle bekannt, bei denen Soldaten noch versuchten, Zerstörung durch Kapitulation zu verhindern, nicht wenige wurden deshalb hingerichtet. Der Ehrenrettung einer Einrichtung, deren Soldaten sich oftmals nur allzu willfährig 28 Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 6 Abschrift eines Befehls Heinrich Himmlers (Chef der Deutschen Polizei, Reichsführer-SS und Befehlshaber des Ersatzheeres), datiert auf den 29. März 1945, BArch, RH 20-19/196. dem nationalsozialistischem Regime angedient haben, kann das nicht gereichen. Die Wehrmacht insgesamt war bis zu ihrem Ende sowohl Stütze als auch ausführender Arm einer zutiefst amoralischen, verbrecherischen Herrschaft. Andreas Kunz Literaturtipp Herfried Münkler, Machtzerfall. Die letzten Tage des Dritten Reiches. Dargestellt am Beispiel der hessischen Kreisstadt, Friedberg, 2. erg. und verb. Aufl., Hamburg 2005. Militärgeschichte kompakt Januar 1920 1960 Der Völkerbund entsteht Das Jahr Afrikas Nach dem Ersten Weltkrieg sollte eine weltumspannende Organisation geschaffen werden, die künftige Kriege verhindern sollte. Weiterhin mussten abgetrennte Territorien der Kriegsverlierer verwaltet werden. Die Schaffung eines Völkerbundes war ein erklärtes US-amerikanisches Kriegsziel gewesen und auch Bestandteil der Friedensverträge von 1919/20. Am 10. Januar 1920 erfolgte die Ratifizierung der Satzung des Völkerbundes. Die USA traten dem Völkerbund jedoch nicht bei, weil der US-Senat Präsident Woodrow Wilson die notwendige Zustimmung zum Vertrag verweigert hatte. Die Struktur der Organisation erinnert an die heutigen Vereinten Nationen (UNO): Neben der Völkerbundversammlung, die einmal im Jahr tagte und deren Beschlüsse Einstimmigkeit voraussetzten, gab es den Völkerbundrat mit den ständigen Mitgliedern Großbritannien, Frankreich, Italien, Japan, Deutschland (seit 1926), UdSSR (seit 1934), sowie zwölf nicht ständigen Mitgliedern. Auch hier mussten Entscheidungen einstimmig getroffen werden, etwaige Konfliktparteien hatten kein Stimmrecht. Hinzu kam das ständige Generalsekretariat mit seinem Generalsekretär Erst im Laufe der 1920er Jahre traten die Verliererstaaten des Ersten Weltkriegs dem Völkerbund bei. Deutschland wurde im Jahre 1926 Mitglied. Bereits 1933 trat es unter dem NS-Regime wieder aus. Die Satzung des Völkerbundes sah vor, dass im Falle eines Kriegs gegen ein Mitglied die übrigen Staaten sofort und direkt – also ohne Völkerbundbeschluss – Hilfe leisten sollten, was jedoch in der Praxis nie geschah. Ein geplantes Protokoll der Völkerbundversammlung zur friedlichen Beilegung internationaler Krisen scheiterte am Widerstand Großbritanniens. Der japanische Überfall auf Nordostchina im Jahre 1931 hatte keine Maßnahmen des Völkerbundes zur Folge. Das italienische Vorgehen gegen Äthiopien 1935 wurde zwar mit Sanktionen beantwortet, die aber unterlaufen wurden. Spanien verließ den Völkerbund nach dem Bürgerkrieg 1939. Die Sowjetunion wurde wegen des sowjetisch-finnischen Winterkrieges 1940 ausgeschlossen. Die Völkerbundversammlung löste sich formell 1946 auf. Im Jahr zuvor war bereits eine „Nachfolgeorganisation“ gegründet worden: die Vereinten Nationen. hp Für Afrika brachte das Ende des Zweiten Weltkrieges nicht die Freiheit. Die politische Landkarte des Kontinents blieb nach 1945 vielmehr nahezu unverändert. Es dominierten weiterhin die Farben europäischer Kolonialmächte. Großbritanniens Gebiete erstreckten sich vom Nil bis an die Grenze Südafrikas. Frankreich herrschte über Nord-, Westund Zentralafrika. Angola, Mosambik und weitere kleine Gebiete gehörten zu Portugals Kolonialreich. Selbst das kleine Belgien hielt während des Krieges und nach 1945 seine Macht im riesigen Kongo, dem späteren Zaire, aufrecht. Lediglich Ägypten, Äthiopien, Liberia und Südafrika waren – formell – unabhängige Staaten. Nachdem 1956 bereits Marokko, Tunesien und der Sudan in die Unabhängigkeit entlassen worden waren, markierte besonders das Jahr 1960 das Ende der Kolonialherrschaft. Am 1. Januar 1960 gab Frankreich Kamerun frei, im April Togo und im Juni Madagaskar. Im August zogen sich die Franzosen aus Benin, Niger, Burkina Faso, der Elfenbeinküste, dem Tschad, der Zentralafrikanischen Republik, Kongo-Brazzaville, Gabun und Senegal zurück. Großbritannien entließ Somalia und Nigeria in die Unabhängigkeit. Blutig verlief der Weg in die Unabhängigkeit für BelgischKongo. Als das Land am 30. Juni 1960 seine Unabhängigkeit von Belgien erlangte, wählte das neue Parlament den Sozialisten Patrice Lumumba, gegen den Widerstand Belgiens und der Oberschicht des Landes, zum ersten Ministerpräsidenten. Im September 1960 übernahm die Armee unter Joseph Mobutu – einem früheren Feldwebel – in einem von den USA und Belgien unterstützten Putsch die Macht. Der riesige und rohstoffreiche Kongo war westlichen Industrienationen zu wichtig, um ihn unter sowjetischen Einfluss geraten zu lassen. Im Januar 1961 wurde Lumumba grausam ermordet. Mobutus Gewaltherrschaft über das nunmehrige Zaire hielt bis 1997. Frankreich wollte seine Kolonie Algerien keinesfalls aufgeben Dort tobte seit 1954 ein kriegerischer Konflikt, der erst 1962 mit der Unabhängigkeit des Landes endete. Insgesamt erhielten 17 afrikanische Kolonien 1960 ihre Unabhängigkeit. Portugal verteidigte sein Kolonialreich in blutigen Kriegen noch bis 1974/75. Die politische Landkarte Afrikas erhielt ihre heutige Gestalt erst 1990 bzw. 1993, als sich Südafrika aus Namibia und Äthiopien aus Eritrea zurückzogen. 4Juli 1960: Der 4Erste ­Sitzung der Vollversammlung des Völkerbundes im Refor­ma­ tions­saal in Genf, 15. Nov. 1920. erste gewählte kongolesische Ministerpräsident, Patrice ­Lumumba, trifft auf den neuen Armeechef des Landes, Oberst Joseph Mobutu. Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 ullstein bild – TopFoto ullstein bild ks 29 • Berlin Reform – Reorganisa­ tion – Transformation. Zum Wandel in deutschen Streitkräften von den preußischen Heeresreformen bis zur Transformation der Bundeswehr Stadtgeschichtl. Museum Spandau – Zitadelle Am Juliusturm 1 13599 Berlin-Spandau Telefon: 0 30 / 35 49 44-0 Telefax: 0 30 / 35 49 44-20 5 www.zitadelle-spandau.de 17. Dezember 2009 bis 14. Februar 2010 Montag bis Sonntag 10.00 bis 17.00 Uhr Eintritt: 4,50 Euro ermäßigt: 2,50 Euro Ausstellungen Mittwoch bis Montag 10.00 bis 18.00 Uhr Eintritt: 12,00 Euro ermäßigt: 10,00 Euro • Herne AufRuhr 1225! Ritter, Burgen und Intrigen ... LWL-Museum für Archä­ologie Westfälisches Landes­ museum Europaplatz 1 44623 Herne Telefon: 02 32 3 / 94 62 8 0 oder -24 Telefax: 02 32 3 / 94 62 83 3 www.lwl-landesmuseumherne.de 27. Februar bis 28. November 2010 Dienstag bis Mittwoch und Freitag Melitta Gräfin 9.00 bis 17.00 Uhr Stauffenberg Donnerstag Luftwaffenmuseum der 9.00 bis 19 Uhr Bundeswehr Samstag bis Sonntag Groß-Glienicker Weg 11.00 bis 18.00 Uhr 14089 Berlin-Gatow Eintritt: 3,50 Euro Telefon: 0 30 / 36 87-26 01 ermäßigt: 2,00 Euro Telefax: 0 30 / 36 87-26 10 www.luftwaffenmuseum.de • Karlsruhe 16. Oktober 2009 bis 30. Mai 2010 Das Königreich der April bis Oktober Vandalen Dienstag bis Sonntag Badisches Landes­ 9.00 bis 18.00 Uhr museum November bis März Schloss Karlsruhe 9.00 bis 16.00 Uhr Schlossbezirk 10 Eintritt frei 76131 Karlsruhe Telefon: 07 21 / 92 66 51 4 Wall Patrol: Die West­ Telefax: 07 21 / 92 66 53 7 mächte an der Berliner www.landesmuseum.de Mauer 1961–1990 24. Oktober 2009 bis Alliiertenmuseum 21. Februar 2010 Clayallee 135 Dienstag bis Mittwoch 14195 Berlin und Freitag bis Sonntag Telefon: 0 30 / 81 81 99 0 10.00 bis 18.00 Uhr Telefax: 0 30 / 81 81 99 91 Donnerstag www.alliiertenmuseum.de 10.00 bis 21.00 Uhr 6. November 2009 bis Eintritt: 8,00 Euro 5. April 2010 ermäßigt: 6,00 Euro Donnerstag bis Dienstag 10.00 bis 18.00 Uhr • Nordholz Eintritt frei Luftkreuzer aus Brühl – 100 Jahre Luftschiffbau Luise. Leben und Schütte-Lanz Mythos der Königin Schloss Charlottenburg, AERONAUTICUM Deutsches LuftschiffNeuer Flügel und und Marineflieger­ Mausoleum Spandauer Damm 10–22 museum Peter Strasser-Platz 3 14059 Berlin Telefon: 03 31 / 96 94 20 0 27637 Nordholz Telefax: 03 31 / 96 94 10 7 Telefon: 04 74 1 / 18 19-13 oder -11 www.spsg.de 6. März bis 30. Mai 2010 Telefax: 04 74 1 / 1819-15 30 www.aeronauticum.de 21. Juni 2009 bis 30. April 2010 Februar bis November 10.00 bis 18.00 Uhr Dezember bis Januar 10.00 bis 16.00 Uhr Eintritt: 6,50 Euro ermäßigt: 2,50 Euro • Oranienburg Vergessene Ver­nich­ tung? Polnische und tschechische Intel­li­genz in den Kon­zen­tra­tionslagern Sachsenhausen und Ravensbrück am Beginn des 2. Weltkriegs Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen Straße der Nationen 22 16515 Oranienburg Telefon: 03 30 1 / 20 02 00 Telefax: 03 30 1 / 20 02 01 www.stiftung-bg.de 22. November 2009 bis 31. Mai 2010 Dienstag bis Sonntag 8.30 bis 16.30 Uhr Eintritt frei • Prora Dauerausstellung zur NVA-Geschichte Kulturkunststatt Prora Objektstraße Block 3/ Treppenhaus 2 18609 Prora Telefon: 03 83 93/ 32 69 6 www.kulturkunststatt.de/ nva.html Ganzjährig täglich geöffnet 11.00 bis 16.00 Uhr Eintritt: 6,50 Euro ermäßigt: 3,50 Euro • Stuttgart Schätze des Alten Syrien – Die Entdeckung des Königreichs Qatna Landesmuseum Württemberg Schillerplatz 6 70173 Stuttgart Telefon: 07 11 / 89 53 54 45 Telefax: 07 11 / 89 53 54 44 www.landesmuseumstuttgart.de 17. Oktober 2009 bis 14. März 2010 Dienstag bis Sonntag 10.00 bis 18.00 Uhr Eintritt: 10,00 Euro ermäßigt: 7,00 Euro Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 Heft 1/2010 Service Militärgeschichte Zeitschrift für historische Bildung Vorschau Das Heft 1 des Jahres 2010 der Militärgeschichte wirft in vielerlei Hinsicht einen Blick über die Grenzen Deutschlands. Markus Vogt beschreibt umfassend die SS-Organisation »Lebensborn«. Nach den Maßstäben der NS-Ideologie schrieb der eingetragene Verein als Ziele die Rettung der »nordischen Rasse« und die »qualitative Verbesserung« des Erbgutes unter »Zuchtkriterien« fest. Fortpflanzung und Vermehrung wurden im wahrsten Sinn des Wortes zur Staatssache gemacht. Neun Lebensborn-Heime existierten in Deutschland; die meisten, 16 an der Zahl, befanden sich im Ausland, davon zehn allein in Norwegen. Ein Schwerpunkt des Aufsatzes liegt daher auch auf diesem Land. Matthias Nicklaus stellt die britische Regi­ mentswirtschaft des 18. Jahrhunderts vor. Regimenter waren im damaligen Britannien keine militärisch-taktischen Gebilde, sondern fungierten als mittelgroße Unternehmen. Ein prägendes Element war der Handel mit Offizierstellen, die regelrecht verkauft wurden. Den größten Krieg auf südamerikani­ schem Boden stellt Ralph Rotte in seinen Ausführungen in den Mittelpunkt der Betrach­tung: Zwischen 1864 und 1870 kämpfte Paraguay gegen eine Dreier-Al­ lianz, bestehend aus Brasilien, Argentinien und Uruguay. Die Verluste dieses blutigen Krieges waren unvorstellbar hoch: Paraguay verlor mit rund 220 000 Menschen beinahe die Hälfte seiner Einwohner, zudem büßte es ein Viertel seines Staatsgebietes ein. An den Folgen leidet das Land noch heute. Schließlich widmet sich Peter Grupp dem »Soldatsein« des Weltbürgers Harry Graf Kessler im Ersten Weltkrieg, mithin einem bislang wenig beachteten Aspekt im Leben des Publizisten, Diplomaten und Pazifisten Kessler, dessen Tagebücher eines der bedeutendsten Zeugnisse der ersten Jahrhunderthälfte darstellen. mt Militärgeschichte im Bild März 1960: Erstes Zusammentreffen von Konrad Adenauer und David Ben Gurion E len« geboren. Er emigrierte 1906 nach Palästina und studierte in Saloniki – damals Osmanisches Reich – Jura. Obwohl er im Ersten Weltkrieg für die Aufstellung bewaffneter jüdischer Einheiten in der türkischen Armee plädierte, wurde er des Landes verwiesen. In den USA warb er Freiwillige für die britische Jewish Legion und kehrte 1917 nach Palästina zurück, wo er Mitglied diverser zionistischer und sozialistischer Gruppierungen war. Er verlas 1948 die Unabhängigkeitserklärung des Staates Israel, wurde sein erster Premierminister und führte das Land im Unabhängigkeitskrieg. Konrad Adenauer studierte Jura und Staatswissenschaften in Freiburg i.Br., München und Bonn. Nach Tätigkeit als Jurist wurde er 1909 Erster Beigeordneter der Stadt Köln, 1917 Oberbürgermeister und 1918 erfolgte seine Berufung in das Preußische Herrenhaus. Von 1920 bis 1933 war er Präsident des Preußischen Staatsrates, wurde jedoch von den Nationalsozialisten seiner Ämter enthoben und im Umfeld des 20. Juli 1944 sogar inhaftiert. Nach dem ullstein bild – Meldepress s ist heute nicht ungewöhnlich, dass die deutsche Bundeskanzlerin mit dem israelischen Premierminister zusammentrifft. Vor 50 Jahren jedoch – also gerade einmal 15 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges – sah die Situation gänzlich anders aus. Bundeskanzler Konrad Adenauer und Premierminister David Ben Gurion hatten zwar des Öfteren brieflich miteinander verkehrt, noch nie persönlich mitein­ ander gesprochen. Dies geschah zum ersten Mal am 14. März 1960 in der 35. Eta­­ge des Waldorf-Astoria in New York. Beide Politiker hatten sehr unterschiedliche Lebenserfahrungen gemacht. Der rheinische Katholik Konrad Adenauer (1876-1967) – ehemaliger Zentrumspolitiker und nun CDU-Vorsitzender – traf den Vorsitzenden der sozialdemokratischen Arbeiterpartei Israels David Ben Gurion (1886–1973). Beide hatten die Ordnung des »langen 19. Jahrhunderts«, ihren Zusammenbruch und das Zeitalter der Weltkriege erlebt. David Ben Gurion (geb. David Gruen) wurde in Płońsk im damals russisch beherrschten »Kongresspo- 5Erster dienstlicher Besuch von deutschen Offizieranwärtern in Israel. Einweisung eines deutschen Soldaten durch israelische Ausbilder, 3. Mai 1998. Krieg setzte ihn die britische Besatzungsmacht als Oberbürgermeister von Köln ein. Es folgte der Aufstieg innerhalb der neugegründeten CDU. 1948 war Adenauer Vorsitzender des Parlamentarischen Rates, ein Jahr später wurde er erster Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Nicht nur die Biografien der beide Politiker, sondern auch die Situation der von ihnen geführten Staaten unterschieden sich deutlich. Unter dem Eindruck des sich verschärfenden OstWest-Gegensatzes wurden 1949 vergleichsweise friedlich zwei deutsche Staaten gegründet: die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik. Sie beide gehörten jeweils unterschiedlichen Bündnissys­ te­men im Kalten Krieg an. Der Staat Israel entstand nach Abzug der Briten aus dem Mandatsgebiet Paläs­tina. Unmittelbar nach der Unabhängigkeitserklärung begann der Unabhängigkeitskrieg gegen die benachbarten arabischen Staaten, dem mehrere Waffengänge folgten. Israel sah sich von Feinden umzingelt, befand sich nicht in einer Rand- sondern in einer Mittellage. Das kleine Land benötigte dringend ausländische Anerkennung und Unterstützung. Bereits 1952 war im sogenannten Luxemburg-Abkommen mit westdeutschen »Wiedergutmachungszahlungen« begonnen worden. Adenauer war aus moralischen, aber auch politischen Gründen bereit, dem Staat Israel zu helfen. Die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Staaten wurden 1965 aufgenommen. Die sicherheitspolitische Zusammenarbeit begann bereits Ende der 1950er Jahre. Heute ist es selbstverständlich, dass die Streitkräfte beider Staaten zusammenarbeiten und sich auf allen Ebenen austauschen. So ist seit vielen Jahren Tradition, dass deutsche Offizieranwärter an gemeinsamen Übungen mit ihren israelischen Kameraden teilnehmen. Michael Berger / Harald Potempa Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2009 31 NEUE PUBLIKATIONEN DES MGFA Frank Nägler, Der gewollte Soldat und sein Wandel. Personelle Rüstung und Innere Führung in den Aufbaujahren der Bundeswehr 1956 bis 1964/65, München: Oldenbourg 2010, VIII, 534 S. (= Sicherheitspolitik und Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland, 9), 39,80 Euro ISBN 978-3-486-58815-6 Vom Hohenzollernpalais zum Militärgeschichtlichen Forschungsamt. Die Villa Ingenheim in Potsdam. Im Auftrag des MGFA hrsg. von Jörg Duppler, Hans Ehlert und Arnim Lang. Unter Mitwirkung von Andreas Groh, Berlin: be.bra wissenschaft verlag 2010, 182 S., 24,95 Euro ISBN 978-3-937233-51-2 Potsdamer Schriften zur Militärgeschichte, Band 8 %JF7JMMB*OHFOIFJN JO1PUTEBN be.bra wissenschaft Zum Wandel in deutschen Streitkräften von den preußischen Heeresreformen bis zur Transformation der Bundeswehr Herausgegeben von Karl-Heinz Lutz, Martin Rink und Marcus von Salisch Oldenbourg Militärgeschichtliches Forschungsamt Der vorliegende Band thematisiert einen Aspekt der deutschen Besatzungsherrschaft in Polen nach dem deutschen Überfall Anfang September 1939 und dem dadurch entfesselten Zweiten Weltkrieg. Das Deutsche Reich annektierte polnisches Staatsterritorium und schuf neue Reichsgaue: darunter das »Wartheland«. Gauleiter und Reichsstatthalter wurde der Senatspräsident der Freien Stadt Danzig Arthur Greiser. Alexander Kranz fragt nach dessen Einfluss auf die Besatzungsherrschaft und der persönlichen Verantwortung Greisers für die Ermordung zahlreicher Polen und Juden. Es zeigt sich, dass dieser nationalsozialistische Parteifunktionär nicht nur williger Vollstrecker, sondern prägendes Element des Besatzungsregimes war, ein »Motor der ›Endlösung‹« (Ian Kershaw). ISBN 978-3-941571-05-1 Alexander Kranz Reichsstatthalter Arthur Greiser und die »Zivilverwaltung« im Wartheland 1939/40 Die Bevölkerungspolitik in der ersten Phase der deutschen Besatzungsherrschaft in Polen MGFA Reform − Reorganisation − Transformation. Zum Wandel in deutschen Streitkräften von den preußischen Heeresreformen bis zur Transformation der Bundeswehr. Im Auftrag des MGFA hrsg. von Karl-Heinz Lutz, Martin Rink und Marcus von Salisch, München: Oldenbourg 2010, XII, 568 S., 34,80 Euro ISBN 978-3-486-59714-1 Alexander Kranz, Reichsstatthalter Arthur Greiser und die „Zivilverwaltung“ im Wartheland 1939/40. Die Bevölkerungspolitik in der ersten Phase der deutschen Besatzungsherrschaft in Polen, Potsdam: Militärgeschichtliches Forschungsamt 2009, 76 S. (= Potsdamer Schriften zur Militärgeschichte, 8) ISBN 978-3-941571-05-1 ents rsandabonnem Einführung eines Ve ab Heft 1/2010 ­ 10 führt das Militär Mit dem Jahrgang 20 ngsamt (MGFA) ein geschichtliche Forschu te. Die Kontaktadresse für die »Militärgeschich Versandabonnement lautet: e Bildung« ein. Zeitschrift für historisch t gilt ein Preis von gsamt men ichtliches Forschun ch es rg Für das Jahresabonne tä ili M d un rwertsteuer € 14,00 inklusive Meh Schriftleitung Deutschlands). Die alb rh ne erger (in n ste ko nd Versa m Ende z.Hd. Frau Mauersb zu n he oc W s ch se gt 1 Potsdam Kündigungsfrist beträ fach 60 11 22, 1441 aben st sg Po lau ze Ein 4 509 Sie en llt So 599, Fax: 0331/971 4 71 /9 31 des Bezugszeitraums. 03 l.: s Te da aktieren Sie bitte bestellen wollen, kont hungsamt. Mail: ndeswehr.org Forsc eMauersberger@bu Militärgeschichtliche tin ris Ch g rla Ve m vo endet das bislang Mit dem Heft 4/2009 tene erfolgt bH (Hamburg) angebo ng des Abonnements uu tre Be e Di bH E.S. Mittler & Sohn Gm Gm uck und Verlag, g E.S. Mittler & Sohn über die Firma SKN Dr 506 Norden, Abonnement. Der Verla bisherigen Verlags, 26 e , Stellmacher Straße 14 enten in en und das MGFA laden di nd we zu A GF M s ss an da die sich mit den Intere Abonnenten ein, sich chrift zum its Ze e . di rd in wi rh n ite tze we se wenn sie n wollen. Verbindung he zie be eis Pr n te er nd unverä www.mgfa.de www.mgfa.de %JF7JMMB*OHFOIFJNJO1PUTEBN 7PN)PIFO[PMMFSOQBMBJT[VN.JMJUÊSHFTDIJDIUMJDIFO'PSTDIVOHTBNU 3FGPSN 3FPSHBOJTBUJPO 5SBOTGPSNBUJPO