Sind Diabetiker Risikopatienten für eine MRSA-Besiedlung

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Frage an PD Dr. Winfried Ebner
Sind Diabetiker Risikopatienten für eine MRSA-Besiedlung oder -Infektion? Sollten Diabetespatienten grundsätzlich
auf MRSA und andere multiresistente Erreger (MRE) gescreent werden?
Es ist wissenschaftlich durchaus umstritten, ob der Aufwand für
ein großflächiges mikrobiologisches MRSA-Screening einen klaren Vorteil bringt. Qualifiziertes Personal, das kontinuierlich mit
schwer kranken Patienten arbeitet, hat eine wesentlich größere
Bedeutung als teilweise aufwändige technische Maßnahmen. Ein
gezieltes, risikoadaptiertes Screening von chronisch kranken Patienten ist aber angezeigt.
Das Robert Koch-Institut (RKI) benennt folgende Risikogruppen:
1. Patienten mit bekannter MRSA-Anamnese
2. Patienten aus Einrichtungen mit bekannt hoher MRSA-Prävalenz
3. Patienten mit einem stationären Krankenhausaufenthalt (über
drei Tage) in den zurückliegenden 12 Monaten
4. Patienten, die (beruflich) direkten Kontakt zu Tieren in der landwirtschaftlichen Tiermast (Schweine) haben
5. Patienten, die während eines stationären Aufenthaltes Kontakt
zu MRSA-Trägern hatten,
6. Patienten mit zwei oder mehr der nachfolgenden Risikofaktoren: chronische Pflegebedürftigkeit, Antibiotikatherapie in
den zurückliegenden sechs Monaten, liegende Katheter (z. B.
Harnblasenkatheter, PEG-Sonde), Dialysepflichtigkeit, Hautulcus, Gangrän, chronische Wunden, tiefe Weichteilinfektionen,
Brandverletzungen.
Zweifellos finden sich Patienten mit einem Diabetes mellitus, je nach
Stadium der Erkrankung, gleich in mehreren dieser Risikogruppen.
Die Indikation für ein MRSA-Screening für Diabetespatienten
besteht somit auf jeden Fall, zumindest in einem fortgeschrittenen
Stadium der Erkrankung. Das Screening sollte dabei den Nasen-Rachen-Raum und vorhandene Hautläsionen umfassen, evtl. ergänzt
durch Abstriche von Kathetereintrittstellen und einer Urinuntersuchung bei liegendem Blasendauerkatheter. Analog zu dialysepflichtigen Patienten scheint ein Screening in einem halbjährlichen Intervall sinnvoll zu sein, zumindest, wenn die Patienten wiederholt
ambulant oder stationär behandelt werden. Ist ein Diabetespatient
www.diabetologie-online.de
als MRSA-Träger bekannt, ist ein weiteres regelmäßiges Screening
nicht notwendig.
Dekolonisierungsmaßnahmen werden beim Diabetespatienten
oftmals erfolglos sein, und zwar umso erfolgloser, je mehr MRSA-begünstigende Faktoren wie liegende Katheter oder chronische Wunden vorhanden sind. Dennoch sollte selbstverständlich zumindest
ein konsequenter Versuch einer Dekolonisierung gemacht werden.
Jeder weitere Versuch sollte aber unter dem Gesichtspunkt von möglichen Nebenwirkungen (Hautschädigung, evtl. Mupirocin-Resistenz von MRSA) sorgfältig gegen die Erfolgsaussichten abgewogen
werden. Nach einer Dekolonisierungsbehandlung sollte nochmals
ein Screening des Nasen-Rachen-Raumes und aller vormals MRSApositiven Lokalisationen erfolgen.
Ein Screening von Diabetespatienten sollte nicht nur im Hinblick
auf evtl. einzuleitende Hygienemaßnahmen durchgeführt werden. Das
Wissen um den MRSA-Status des Patienten kann auch wertvolle Informationen für das Ansetzen einer empirischen Antibiotikatherapie im Falle
einer Infektion liefern.
Für weitere MRE wie Vancomycinresistente Enterokokken (VRE) oder
Extended Spectrum Beta-Lactamase
(ESBL)-bildende Erreger sind die Risikogruppen nicht gut definiert. Aus
Dr. Winfried Ebner
theoretischen Überlegungen sind
Institut für Umweltmedizin
aber die Risikofaktoren (Krankenund Krankenhaushygiene,
hausaufenthalte, AntibiotikatherapiUniklinik Freiburg
en, chronische Wunden) die gleichen
E-Mail: winfried.ebner@
wie bei MRSA, ein Screening unter
uniklinik-freiburg.de
Umständen deshalb auch sinnvoll.
Diabetes-Forum 9/2013 |
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